Jörg Dendl
Im Schatten des Baffomet
Die Templer und ihr Mythos
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Die Templer – ein Ritterorden mit Geheimnis?
Das Rätsel des Beginns
Neun Jahre ohne Aufgabe?
Die Bauten auf dem Tempelberg
Die Templer und die Gotik
Der Schlag gegen den Orden
Der Baffomet
Der Schatz des Visitators
Jacques de Molay auf dem Scheiterhaufen
Abkürzungen:
Literatur:
Impressum neobooks
Mit dem Jahr 1095 brach das Zeitalter der Kreuzzüge an, das insbesondere den Charakter des Rittertums wesentlich verändern sollte. Waren die Ritter bis in diese Zeit durch ihr blutiges „Handwerk“ fern der Kirche und des ewigen Seelenheils, so sollte zunächst das Versprechen des Nachlasses aller zeitlichen Sündenstrafen falls sie gegen die Heiden kämpften einen Wandel ihres Selbstverständnisses bewirken. Als Kreuzfahrer taten sie ein gottgefälliges Werk, Kriegszüge wurden nun zu Wallfahrten. Dem ersten Kreuzzug, dessen Abschluss die Eroberung Jerusalems war, folgten sieben weitere dieser Unternehmen in den folgenden 192 Jahren, bis schließlich das Heilige Land für die Christen verloren ging.
Ziel und der Mittelpunkt der Kreuzzüge war Jerusalem, die Heilige Stadt. Nach der Eroberung durch die Kreuzfahrer am 15. Juli 1099 entstand hier ein christlicher Staat im Nahen Osten, der zwar nie eine große territoriale Ausdehnung erreichte, aber in den Jahrzehnten seiner Existenz die Politik dieses geographischen Raumes maßgeblich mitbestimmte. Jerusalem wurde in den ersten Jahrzehnten der christlichen Herrschaft als Hauptstadt des „Königreiches Jerusalem“ zum Zentrum aller Institutionen. Hier bildete sich mit dem Templerorden auch der erste Ritterorden, der hier bis zur Eroberung Jerusalems durch Sultan Saladin (Slt. 1175-1193) im Jahr 1187 seinen Sitz behielt.
Seitdem am Ende des 18. Jahrhunderts das Interesse am Templerorden erwachte, waren zahllose Historiker bemüht, anhand der vorhandenen Annalen, Chroniken, Urkunden und Akten, die Einzelheiten über diesen Ritterorden enthalten, seine Geschichte zu rekonstruieren. Der Orden galt noch in der französischen Geschichtsschreibung des 17. Jahrhunderts als verdammt. Ein französischer König hatte diesen Orden vernichtet und so sahen sich die französischen Historiker bis zum Ende der Monarchie Frankreichs dazu angehalten, das 400 Jahre zuvor gefällte Urteil – und die angeblichen Beweise gegen den Orden – zu verteidigen. Nach dem Ende der Monarchie wendete sich das Blatt. Nun zählten die Templer mit einem Mal zu den unschuldigen Opfern der verhassten französischen Könige und die Forscher machten sich an eine Rehabilitierung. Diese Bemühungen schöpften nun auch aus Quellenmaterial, das durch die Feldzüge Napoleon Bonapartes in Italien nach Frankreich gekommen war und weiteren Akten, die in Frankreich selbst in den Archiven entdeckt wurden. Die Auswertung dieser Quellen geschah allerdings nicht immer mit Vorsicht und Zurückhaltung, sondern einige Forscher verstiegen sich zu komplexen Annahmen, die selbst nur auf vagen Vermutungen beruhten. Doch ihre fantastischen Thesen zur Geschichte des Templerordens fanden rasche Verbreitung. So gelang es in späteren, zurückhaltenderen Veröffentlichungen oft nicht mehr, die einmal in die Welt gesetzten Spekulationen wieder zu entkräften. Sie entwickelten ein Eigenleben und gerade im 20. Jahrhundert entstand eine ganze Literaturgattung zur rein spekulativen Deutung historischer Phänomene, die mittlerweile völlig selbständig neben der wissenschaftlichen Geschichtsforschung existiert.
Zunächst betrifft das die Gründung des Ordens, denn selbst über die Gründer des Ordens ist nur sehr wenig bekannt . Auch zu den ersten neun Jahren des Ordens gibt es viele Spekulationen. Alle übrigen Rätsel stehen weitestgehend mit dem Ende des Ordens in Verbindung, vor allem mit dem Vorwurf der Idol-Verehrung.
Was im Jahr 1119 in Jerusalem tatsächlich geschah, wird nie abschließend zu klären sein. Zwanzig Jahre zuvor hatten am 15. Juli 1099 die Teilnehmer des Ersten Kreuzzuges Jerusalem nach fünfwöchiger Belagerung im Sturm erobert. In den folgenden Jahren konnten die ersten Herrscher des neugegründeten „Königreichs Jerusalem“, Herzog Gottfried von Bouillon (Kg. 1099-1100) und sein Bruder Balduin I. von Boulogne (Kg. 1100-1118) zwar ihren Staat konsolidieren, aber weiterhin blieben Überfälle durch Beduinen und muslimische Banden auf die Pilgerkarawanen ein Problem. Ein stehendes Heer gab es im Heiligen Land nicht, die Kreuzfahrer kamen für einige Zeit ins Land, nahmen an den Kämpfen gegen die Muslime teil und zogen dann wieder heimwärts.
Unter diesen Rittern war auch Graf Hugo von der Champagne. Er hatte zwar nicht am Ersten Kreuzzug teilgenommen, war aber wohl um das Jahr 1104 im Heiligen Land und unternahm eine weitere Reise dorthin im Jahr 1113. In diesen Jahren muss im Umfeld des Grafen die Idee zur Gründung einer „militia Christi“ entstanden sein, eines Ordens von kämpfenden Mönchen. Schon zu dieser Zeit muss sich Graf Hugo selbst mit dem Gedanken getragen haben, einer solchen Gemeinschaft beizutreten, denn Ivo von Chartres wies ihn in einem Brief darauf hin, dies sei unmöglich, da er verheiratet sei. [Migne, Patrologia Latina, Vol. 162, col. 251f., ep. 245]
Mit der eigentlichen Gründung des Templerordens hatte Graf Hugo dann auch nichts zu tun, wenn mit Hugo de Payens auch einer seiner direkten Untergebenen zum Gründer der Gemeinschaft werden sollte. Erst im Jahr 1125 verzichtete Graf Hugo de Champagne zugunsten seines Neffen Thibaut auf seine Grafschaft und trat – wohl noch in Frankreich – offiziell dem Templerorden bei, wie Alberich von Troisfontaines berichtet. Noch im gleichen Jahr machte er sich auf den Weg ins Heilige Land. Auf dieser Reise starb der Graf, wohl ohne Jerusalem erreicht zu haben. [Chronicon Willelmi Godelli (s. D. Bouquet, XIII, 673D) und Chroncion anonymi canonici Laudunensis (D. Bouquet, XIII, 678n); Jubainville, 1860, S. 98-141]
Der Name des Gründers und ersten Großmeisters der Templer, Hugo de Payens, erscheint auf Urkunden der Jahre 1100 und 1113, die zeigen, dass er zum engen Umfeld des Grafen von der Champagne gehörte. Wann Hugo de Payens ins Heilige Land kam, ist allerdings nicht bekannt. Für seine Beteiligung am Ersten Kreuzzug, die immer wieder behauptet wird, gibt es keine historischen Belege, ebenso wenig, dass er Graf Hugo ins Heilige Land begleitete. Alle diesbezüglichen Annahmen und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen sind reine Spekulation.