Mit der Lektüre von Lean UX schicken Sie sich an, eine völlig neuartige Entwicklungsmethode zu erkunden. Denjenigen von uns, die bislang in traditionellen Managementtechniken verhaftet waren, mögen die im Folgenden beschriebenen Verfahrensweisen zunächst ein wenig verwirrend erscheinen. Ich persönlich finde es in diesem Zusammenhang recht hilfreich, ein typisches modernes Unternehmen einmal aus der Vogelperspektive zu betrachten und jedes seiner »Silos der funktionellen Exzellenz« einzeln zu erkunden. Stellen Sie sich die einzelnen Geschäftsbereiche – etwa das Marketing, die Betriebsleitung, die Produktion, die IT, das Engineering, das Design usw. – einfach als gut funktionierende, fein säuberlich aneinandergereihte Silos vor.
Und nun greifen Sie sich eins dieser Silos heraus, öffnen es und blicken von oben in sein Inneres hinein. Was würden Sie dort sehen? Da es sich um ein modernes Unternehmen handelt, würden Sie wahrscheinlich feststellen, dass jeder einzelne Silo-Geschäftsbereich auf maximale Effizienz ausgelegt ist. Und damit diese Effizienz gewährleistet werden kann, kommen vermutlich hochgradig iterative, kundenorientierte Ansätze zur Problemlösung zum Einsatz. So könnte etwa in der Produktion das traditionelle Lean Thinking Anwendung finden. Im Engineering oder in der IT wird dagegen vielleicht eine Variante der agilen Entwicklung praktiziert, während das Marketing möglicherweise auf das Customer Development und die Betriebsleitungsebene auf DevOps zurückgreift. Und im Designbereich werden selbstverständlich die neuesten Techniken hinsichtlich Design Thinking, Interaction Design und User Research eingesetzt.
Wenn Sie dann wieder aus Ihrer erhöhten Perspektive herauszoomen, werden Sie vermutlich folgenden Eindruck haben: »In diesem Unternehmen kommen so viele verschiedene rigorose, hypothesengetriebene, kundenorientierte und iterative Methoden zur Anwendung – hier wird zweifellos extrem agil gearbeitet, sodass sehr schnell auf veränderte Marktbedingungen reagiert werden kann und kontinuierlich Neuerungen eingeführt werden!« Diejenigen von uns, die in modernen Unternehmen tätig sind, wissen allerdings nur allzu gut, wie sehr dieser Eindruck täuscht.
Doch wie ist es möglich, dass unsere bereichsspezifischen Silos nach dem Agilitätsprinzip arbeiten und unsere Unternehmen trotzdem hoffnungslos unflexibel und träge sind? Nun, wir haben aus unserem erhöhten Blickwinkel etwas Wesentliches übersehen: Auch wenn die einzelnen Abteilungen die agilen Praktiken durchaus würdigen und anwenden, ist ihre Vernetzung untereinander weiterhin in einer antiquierten industriellen Vergangenheit stecken geblieben.
Schauen Sie sich dazu das folgende Beispiel an, das Ihnen hoffentlich ein wenig vertraut vorkommen wird. Ein Unternehmen sieht sich gezwungen, zur Sicherung seines Überlebens einige Neuerungen einzuführen. Also beauftragt es ein Designteam (hausintern oder auch extern), die Zukunftsaussichten der Branche zu untersuchen und Empfehlungen für innovative neue Produkte auszusprechen, die die Zukunft des Betriebs sichern könnten. Damit brechen aufregende Zeiten an: Kunden werden befragt, ihr Verhalten wird beobachtet und analysiert. Es werden reihenweise Experimente, Umfragen, Fokusgruppen, Prototypentwürfe und Smoke Tests durchgeführt. Neue Konzepte werden in schneller Folge entworfen, getestet, verworfen und optimiert.
Und was passiert dann? Die Designer präsentieren voller Stolz – und von dem Unternehmen begeistert gefeiert – ein umfassendes Pflichtenheft mit den gewonnenen Erkenntnissen und den dazugehörigen Empfehlungen. Die Iterationen, die Experimente, die Untersuchungen, all das hat jetzt ein Ende. Nun ist das Engineering gefragt, den Plan in die Tat umzusetzen. Doch selbst wenn der Engineering-Prozess agil ist, bleibt das Pflichtenheft starr fixiert. Was also passiert, wenn die Techniker feststellen, dass die Spezifikationen nicht praktikabel oder sogar in Teilen fehlerhaft sind? Was, wenn die Konzepte zwar unter »Laborbedingungen« prima funktioniert haben, aber keinen kommerziellen Anreiz bieten? Was, wenn sich die Marktbedingungen seit der ursprünglichen »Lernphase« verändert haben?
Ich hatte einmal mit einem Unternehmen zu tun, das eine mehrjährige Branchenstudie in Auftrag gegeben hatte – nebenbei bemerkt für ein horrendes Honorar. Das Ergebnis dieser Studie war eine beeindruckende »Ausblick in die Zukunft«-Installation, die in der Unternehmenszentrale zu besichtigen war. In dem Ausstellungsraum war eine Extrapolation der in den kommenden zehn Jahren zu erwartenden Entwicklung der Branche, in der dieses Unternehmen tätig war, zu bewundern – einschließlich funktionierender Demoversionen futuristischer Produktkonzepte. Sie können sich sicher schon denken, was in den darauf folgenden zehn Jahren passierte: absolut nichts! Das Unternehmen rotierte Hunderte, wenn nicht gar Tausende von Geschäftsführern, Managern und Arbeitern durch diesen Ausblick in die Zukunft. Und tatsächlich wirkte der Ausstellungsraum zehn Jahre später keineswegs mehr futuristisch. Trotz aller Widrigkeiten hatten sich die Vorhersagen als weitestgehend zutreffend und präzise erwiesen. Und doch hatte es das Unternehmen nicht geschafft, auch nur eine einzige der in dem begleitenden Pflichtenheft gegebenen Empfehlungen kommerziell zu verwerten. Also fragte ich nach, was sie denn als Nächstes planen würden – und bekam zur Antwort, dass man sich erneut an die damals beauftragten Designer wenden und eine Prognose für die nächsten zehn Jahre anfordern würde! Mit anderen Worten: Das Unternehmen gab seinen eigenen Technikern und Managern die Schuld dafür, dass die Kommerzialisierung fehlgeschlagen war – nicht den Designern.
Wenn ich Nicht-Designern diese Geschichte erzähle, reagieren sie oftmals entsetzt und versuchen, mich davon zu überzeugen, dass dies alles die Schuld der abgehobenen Designfirma sei. Erzähle ich dieselbe Geschichte hingegen leitenden Senior Executives – ob nun in gestandenen, großen Unternehmen oder in Start-ups –, zucken diese regelrecht zusammen. Sie sind unaufhörlich mit den Beschwerden der einzelnen Geschäftsbereiche konfrontiert, die allesamt von sich behaupten, dass sie selbst doch superschnell und topaktuell arbeiteten und nur die anderen Abteilungen das Unternehmen ausbremsen würden. Wenn das ganze Unternehmen daran scheitert, neue Wachstumsquellen zu erschließen, sind die Schuldzuweisungen in aller Regel vielfältig und zahlreich.
Das eigentliche Problem liegt allerdings nicht bei den Designern oder den Technikern oder gar der Führungsebene. Es besteht vielmehr in den Systemen, die wir zum Aufbau von Unternehmen nutzen: In einer Welt, die einem kontinuierlichen Wandel unterworfen ist, errichten wir nach wie vor linear aufgestellte Unternehmen. In einer Welt, die interdisziplinäre Zusammenarbeit fordert, errichten wir nach wie vor Silo-Geschäftsbereiche. Und schließlich investieren wir in einer Welt, die zur Gewährleistung kontinuierlicher Innovation nach ständiger Experimentierbereitschaft verlangt, nach wie vor in Analysen und debattieren über Spezifikationen und die effiziente Produktion von Deliverables (Interimsversionen).
2009 begann ich erstmals, über ein neuartiges Konzept namens »Lean Startup« zu schreiben und zu sprechen, und 2012 veröffentlichte ich mein Buch »Lean Startup: Schnell, risikolos und erfolgreich Unternehmen gründen« (Redline Verlag, 2014). Seit damals konnte ich ein beachtliches Wachstum und eine zunehmende Verbreitung dieses Konzepts beobachten – von Branche zu Branche, von Geschäftsbereich zu Geschäftsbereich, von Aufgabenbereich zu Aufgabenbereich. Wann immer wir neues Terrain erkunden, verlassen wir uns auf weitsichtige Pioniere, die uns dabei helfen, die Kernprinzipien zu übersetzen und neue Prozesse für deren Implementierung zu entwickeln.
Lean UX repräsentiert einen wichtigen Schritt in dieser Evolution. Zum allerersten Mal haben wir einen umfassenden Überblick darüber, wie die Lean-Startup-Prinzipien in einem Designkontext Anwendung finden. Unterdessen stellt uns diese Entwicklungsmethode auch wichtige neue Tools und Techniken zur Verfügung, um eine überragende Zusammenarbeit, schnellere Lieferungen und – was am wichtigsten ist – dramatisch bessere Produkte zu erzielen.
Lean Startup ist in etwa mit einem überdimensionalen Zelt vergleichbar: Es baut auf bewährten Konzepten aus vielen Disziplinen auf, vom Lean Manufacturing bis zum Design Thinking. Es stellt uns ein gemeinsames Vokabular sowie einen Satz von Konzepten zur Verfügung, die sich nutzen lassen, um die Geschäftsergebnisse innerhalb des gesamten Unternehmens zu beschleunigen. Wir brauchen keine Zeit mehr mit Diskussionen darüber zu verschwenden, wer denn nun Schuld hat und welche Abteilung heute das Sagen haben sollte.
Meine Hoffnung ist, dass wir alle Jeff Gothelfs Aufruf Folge leisten, »aus dem Deliverables-Geschäft auszubrechen« und uns wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren, nämlich die Verpflichtung des gesamten Unternehmens auf seine vorrangigste Aufgabe: die vollkommene Zufriedenstellung seiner Kunden.
Es ist Zeit, die Silos einzureißen, die Clans zu einen und an die Arbeit zu gehen.
Eric Ries
30. Januar 2013
San Francisco, CA
Es gibt viele Leute, die mit ihrer Geduld, ihrer Unterstützung und ihren Anregungen zum Gelingen der zweiten Ausgabe dieses Buches beigetragen haben. Wir möchten uns einen Moment Zeit nehmen, um ihnen zu danken.
Einen wesentlichen Anteil an unseren neu gewonnenen Erkenntnissen haben unsere Kollegen bei Neo, einer wirklich bahnbrechenden Beratungsfirma, bei der wir Erfahrungen über Anfang, Aufbau, Wachsen und Endphase eines Unternehmens sammeln konnten. Dazu gehören Giff Constable, Ben Burton, Jono Mallanyk, Anil Podduturi, Jonathan Irwin, Tim Lombardo, Corey Innis, David Bland, Nicole Rufuku, Ian McFarland, Rabble, Paul Wilson, Mike Doel, Gina Winkler, Ken Barker, Julia Mantel, Balin Brandt und viele andere. Wir haben versucht, unsere eigenen Ideen zu nutzen, um ein Unternehmen aufzubauen, das viele der in diesem Buch dargelegten Taktiken, Techniken und Sichtweisen getestet, erweitert, überprüft und untermauert hat. Wir sind den Kollegen und Kunden außerordentlich dankbar für alles, was wir von ihnen lernen konnten.
Danken möchten wir auch den vielen Leuten, die Referenzmaterial beigesteuert haben. Wie schon bei der ersten Ausgabe des Buches hatten wir am Ende mehr Fallstudien und Artikel, als wir verwenden konnten, sodass ein Teil des wunderbaren Materials, das uns unsere Kollegen zur Verfügung gestellt haben, einfach nicht mehr mit aufgenommen werden konnte. Dieser Umstand sagt allerdings mehr über unseren Schreibprozess aus als über die Qualität der Beiträge. Vor diesem Hintergrund bedanken wir uns bei Lane Goldstone, Emily Holmes, Mikael Lindh, Helene Brinkgaard, Henriette Hosbond, James Kelway, Ann Yauger, Archie Miller, Beth Sutherland, Tony Collins, Derya Eilertsen, Bill Scott, Cody Evol, Shilpa Dhar, Jeff Harrell, Dave Cronin, Dan Harrelson, Alethea Hannemann, Kristen Teti und Matthew Hayto.
Ich möchte meinem Koautor und Geschäftspartner Josh Seiden danken. Obwohl wir drei Bücher gemeinsam verfasst haben und viel Zeit mit gemeinsamen Projekten, gemeinsamem Unterrichten und gemeinsamer Freizeit verbracht haben, suchen wir doch immer wieder nach Gelegenheiten zur Zusammenarbeit. Ich lerne unaufhörlich aus unserer Partnerschaft. Außerdem mache ich mich gerne über sein Alter lustig (Tipp: Er ist schon ganz schön alt).
Letzten Endes muss man bei jedem Projekt Opfer bringen, und dieses Buch bildet da keine Ausnahme. Ich bin nach all den Jahren, die nach dem Erscheinen der ersten Ausgabe vergangen sind, noch immer erstaunt und dankbar, mit welcher Hingabe und Geduld meine Familie mich unterstützt. Meine Frau Carrie musste es viel zu oft hinnehmen, dass ich in meinem Büro, in irgendwelchen Hotelzimmern in fernen Städten, oder auf den Flügen dorthin, auf meiner Computertastatur herumtippte. Aber dieses Opfer ist nicht vergebens. Ich hoffe, dass ich meinen Töchtern Grace und Sophie vorleben kann, scheinbar Unmögliches zu erreichen, wenn man den Mut aufbringt, es einfach zu versuchen, selbst wenn man nicht glaubt, zu wissen, was man tut. Ich liebe euch alle. Danke.
In diesem Buch beschreiben Jeff und ich einen durch und durch kollaborativen Arbeitsstil. Das ist eindeutig die von mir bevorzugte Arbeitsweise – mit anderen zusammenzuarbeiten, gibt mir stets das Gefühl, mehr dazuzulernen und insgesamt effizienter zu sein. Was auch immer ich zu diesem Buch beitragen konnte, ist das Ergebnis ganz wunderbarer verschiedener Formen der Zusammenarbeit, die ich im Laufe meiner Karriere erleben durfte. Ihr werdet wissen, wenn ihr gemeint seid. Ich bin euch allen sehr dankbar.
Eine Arbeitspartnerschaft möchte ich hier jedoch hervorheben: Es war stets das reinste Vergnügen, mit Jeff zusammenzuarbeiten. Er bringt viele Dinge in unsere Partnerschaft ein, die ich nicht beisteuern kann: den Optimismus, Abgabetermine einhalten zu können, die Kühnheit bei Zielsetzungen und die Unermüdlichkeit bei der Befürwortung von Lean UX. Er ist ein smarter, hart arbeitender und uneigennütziger Partner. Er ist allerdings mitnichten lustig. Wenn das benötigt wird, bin für gewöhnlich ich gefordert.
Und schließlich bedanke ich mich bei Vicky, Naomi und Amanda. Ihr seid die Besten.
Diese zweite Ausgabe des Buches ist unser Versuch, das Material zu aktualisieren, das den aktuellen Stand der Lean-UX-Praktiken beschreibt. Wir hatten vier Jahre Zeit, mit den ursprünglich beschriebenen Konzepten und Techniken zu experimentieren, sie zu überarbeiten und zu optimieren. Wir sind der Ansicht, dass es an der Zeit ist, diese Erkenntnisse mit Ihnen zu teilen.
Lean-Methoden sind Lernmethoden, und wir gehen davon aus, dass wir im weiteren Verlauf unserer Reise immer mehr Neues hinzulernen und entdecken werden. Wir sind sehr daran interessiert, zu erfahren, wie Ihre Reise auf diesem Pfad verläuft – welche Erfolge Sie verzeichnen können, welchen Herausforderungen Sie sich stellen müssen und woran Sie scheitern –, damit auch wir durch unsere Zusammenarbeit mit Ihnen wiederum lernen können.
Nehmen Sie Kontakt mit uns auf und teilen Sie uns Ihre Gedanken und Anregungen mit. Schicken Sie uns doch einfach eine E-Mail (auf Englisch) an eine der folgenden Adressen: jeff@jeffgothelf.com und josh@joshuaseiden.com. Wir freuen uns, von Ihnen zu hören.
Die größte Lüge in der Softwareentwicklung ist die sogenannte Phase 2.
Wer in den letzten 20 Jahren auch nur ansatzweise mit der Entwicklung digitaler Produkte zu tun hatte – egal, in welcher Funktion –, hat den Stachel dieser Lüge garantiert schon zu spüren bekommen: Bestimmte Features und Ideen wurden in die nächste Arbeitsphase, Phase 2, verschoben und verschwanden damit auf Nimmerwiedersehen. Als Designer haben wir bereits Hunderte, wenn nicht sogar Tausende von Wireframes und Workflows in diesem Fass ohne Boden versenkt.
Aber sind diese Konzepte nie wieder aufgegriffen worden, weil sie fehlerhaft waren? Entsprachen die gelieferten Features überhaupt den Kundenanforderungen und Geschäftszielen? Oder ist dem Team einfach die Zeit davongelaufen? In jedem Fall wurde Phase 2 niemals erreicht.
In seinem Buch »Lean Startup: Schnell, risikolos und erfolgreich Unternehmen gründen« (Redline Verlag, 2014) erläutert Eric Ries seine Vision davon, wie sich gewährleisten lässt, dass vorrangig denjenigen Ideen, die den größten Nutzwert versprechen, die meisten Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Die von ihm beworbene Methode beruht auf Experimentierfreudigkeit, schneller Ideeniteration und evolutionären Prozessen. Aus seiner Sicht wird das gesamte Konzept der Phase 2 irrelevant.
Lean UX repräsentiert die Zusammenführung der Lean-Startup-Methode und des User-Experience(UX)-basierten Designs – und auch ihre symbiotische Koexistenz.
Die der Lean-Startup-Methode zugrunde liegenden Lean-Prinzipien wirken sich auf dreierlei Art und Weise auch in Lean UX aus: Zum Ersten ermöglichen sie es uns, alles Unnötige aus dem UX-Designprozess zu entfernen. Wir bewegen uns von massiv dokumentierten Handoffs weg und stattdessen hin zu einem Prozess, in dem nur die Designartefakte erschaffen werden, die wir brauchen, um den Lerneffekt für das Team zu fördern.
Zum Zweiten sorgen sie auch dafür, dass wir unser »System« von Designern, Entwicklern, Produktmanagern, QA-Engineers, Marketing- und anderen Fachleuten in einer transparenten Form der interdisziplinären Zusammenarbeit harmonisieren, die auch Nicht-Designer in den Designprozess mit einbindet.
Und die letzte und vielleicht wichtigste Auswirkung dieser Prinzipien ist, dass sie uns über die Adaption eines experimentbasierten Entwicklungsmodells zu einem Umdenken bewegen. Wir verlassen uns nicht mehr darauf, dass uns irgendein heldenhafter Designer die von einem einzelnen Standpunkt aus betrachtet beste Lösung weissagt. Stattdessen bedienen wir uns einer schnellen Experimentier- und Bewertungsabfolge, um schnellstmöglich festzustellen, wie gut (oder eben auch nicht gut) unsere Ideen unseren Zielsetzungen entsprechen. In diesem gesamten Prozess beginnt sich die Rolle des Designers im Sinne der Design Facilitation, sprich der Erleichterung des Designprozesses, herauszubilden – und damit nehmen wir eine Reihe neuer Verantwortlichkeiten auf uns.
Neben der Lean-Startup-Methode baut Lean UX aber noch auf zwei weiteren Grundfesten auf: dem Design Thinking und den Philosophien der agilen Softwareentwicklung. Beim Design Thinking wird ein lösungsorientierter Ansatz zur Problembehebung verfolgt, indem gemeinschaftlich über einen nicht endlichen, veränderlichen Pfad zur Perfektion iteriert wird. Hier wird mittels spezifischer Ideenbildung, Prototyping, Implementierung und schrittweisem Lernen auf die Produktziele hingearbeitet, um die passende Lösung zutage zu fördern. Und das Element der Agilität lenkt den Fokus der Softwareentwicklung wieder auf den Nutzwert zurück. Die Zielsetzung hierbei lautet, den Kunden schnellstmöglich eine funktionierende Software zu liefern und regelmäßige Anpassungen entsprechend neu hinzugewonnener Erkenntnisse vorzunehmen.
Lean UX nutzt diese Grundfesten, um die Pattsituation zwischen der Schnelligkeit der agilen Methoden und dem Designbedarf in dem Lebenszyklus der Produktentwicklung zu durchbrechen. Sollten Sie sich mit der Frage herumplagen, wie das UX-Design in einer agilen Umgebung funktionieren kann, dürfte Ihnen Lean UX in dieser Beziehung weiterhelfen.
Die Lean-UX-Methode reißt Barrieren ein, die bislang für die Isolierung der Softwaredesigner von den realen geschäftlichen Anforderungen einerseits und der tatsächlichen Implementierung andererseits gesorgt haben. Sie bringt nicht nur Softwaredesigner an den Tisch, sondern auch unsere Geschäftspartner aus Wirtschaft und Technik an das Whiteboard, um mit uns gemeinsam in nachhaltiger Weise die bestmöglichen Lösungen zu erarbeiten.
Vor einiger Zeit wurde die Agentur, für die Jeff damals tätig war, von einem großen Kunden aus der pharmazeutischen Industrie beauftragt, dessen E-Commerce-Plattform mit der Zielvorgabe einer 15-prozentigen Umsatzsteigerung umzugestalten. Jeff war seinerzeit der leitende Interaction Designer des zuständigen Teams. In dem Vakuum ihrer Büros verbrachten Jeff und sein Team Monate damit, das vorhandene System, die Lieferkette, die Konkurrenz, die Zielgruppe sowie kontextabhängige Szenarien zu untersuchen. Sie recherchierten Personas, also Modelle aus dem Bereich der Mensch-Computer-Interaktion, und entwickelten dementsprechende strategische Modelle. Jeff entwarf eine neue Informationsarchitektur für den Produktkatalog und entwickelte ein brandneues Shopping- und Checkout-System.
Das Projekt dauerte Monate. Und als sie mit der Arbeit fertig waren, verpackten sie das Ganze schließlich in einen schicken PowerPoint-Foliensatz – angesichts des angehängten Preisschilds von 600.000 US-Dollar natürlich in einen atemberaubend schicken Foliensatz! Das Team machte sich auf den Weg in das Büro des Kunden und verbrachte dort einen kompletten Acht-Stunden-Tag damit, jedes einzelne in diesem Foliensatz verwendete Pixel und Wörtchen zu erläutern. Als dann alles vorbei war, wurden sie von den Anwesenden sogar mit Applaus bedacht (wirklich!). Sie waren hellauf begeistert – Jeff und sein Team waren erleichtert. Und das Team hat nie wieder einen Blick auf diesen Foliensatz geworfen.
Sechs Monate nach diesem Meeting hatte sich aufseiten des Kunden absolut nichts verändert – auch dort hat niemand jemals wieder einen Blick auf den Foliensatz geworfen.
Und die Moral von der Geschicht’: Eine pixelperfekte Spezifikation mag zwar eine Möglichkeit darstellen, eine sechsstellige Beratungsgebühr einzustreichen – das heißt aber noch lange nicht, dass sie auch sinnvolle Veränderungen an einem echten Produkt bewirkt, die für echte User relevant sind. Ebenso wenig ist sie der Grund dafür, warum sich Designer dem Betätigungsfeld des Produktdesigns verschreiben. Nein, wir haben diesen Beruf gewählt, um werthaltige Produkte und Dienste zu erstellen, nicht, um Spezifikationen zu schreiben.
Einige Teams, mit denen wir heute zusammenarbeiten, erschaffen von Grund auf neue, bislang nie da gewesene Produkte oder Dienste. Sie agieren nicht innerhalb eines existierenden Produktframeworks oder einer bereits vorhandenen Struktur. Bei solchen »Grüne-Wiese-Projekten« versuchen wir gleichzeitig zu ergründen, wie das neue Produkt bzw. der neue Dienst genutzt werden wird, wie sie sich verhalten und wie wir sie errichten werden. Hierbei handelt es sich um eine Umgebung, die sich kontinuierlich verändert, das heißt, es stehen weder allzu viel Zeit noch Muße für eine längere Planung oder ein Vorab-Design zur Verfügung.
Andere Teams arbeiten dagegen an etablierten Produkten, die mit traditionellen Design- und Entwicklungsmethoden erschaffen wurden. Hier stellt sich eine andere Herausforderung: In diesem Fall muss auf bereits vorhandene Plattformen aufgebaut werden, um Umsatz und Markenwert zu steigern. Diese Teams verfügen zwar in der Regel über mehr Ressourcen als ein Ground-Floor-Start-up, dennoch müssen auch sie diese Ressourcen natürlich ebenfalls effizient nutzen, um Produkte und Dienste zu realisieren, die ihre Kunden auch wirklich wollen.
Während unserer ersten praktischen Erfahrungen mit Lean UX mussten wir zunächst einmal lernen, das Gefühl zu überwinden, die von uns präsentierten Ergebnisse seien irgendwie »hässlich«, »unvollständig« oder »unfertig«. Inzwischen wissen wir, dass der erste Anlauf zwangsläufig überarbeitet werden muss. Und je eher wir Ideen sammeln, desto schneller können wir herausfinden, welche Änderungen wir vornehmen müssen. Zu lange auf dieses Feedback zu warten, ist unrationell. Wir investieren zu viel Zeit in das ursprüngliche Design und sind dann Änderungen gegenüber weniger aufgeschlossen, weil wir schon so viel Arbeit hineingesteckt haben. Diese Art zu arbeiten erfordert die Unterstützung eines äußerst gut funktionierenden Teams. Man muss sich – als Team – darüber im Klaren sein, dass man nicht alles gleich von Anfang an richtig hinbekommt und dass man gemeinsam daran arbeitet, sukzessive voranzuschreiten.
Für den Erfolg digitaler Systeme sind viele Faktoren verantwortlich. Das Design spielt zweifelsohne eine wichtige Rolle, aber auch Produktmanagement, Engineering, Marketing, die Beachtung gesetzlicher Vorschriften und Werbetexte (um nur einige zu nennen) sind von Bedeutung. Keiner dieser Bereiche kann allein alle Aufgaben lösen, das liegt in der Natur der Sache. Durch Zusammenarbeit entsteht ein besseres Ergebnis. Überarbeitungen und Iterationen führen zu besseren Produkten. Wir haben in diesem Buch sämtliche Einblicke und Taktiken für Sie zusammengetragen, die uns und unseren Produkt- und Business-Teams zu echten Erfolgen und unseren Kunden zu echter Zufriedenheit verholfen haben.
Dieses Buch ist für Interaction Designer gedacht, die sich dessen bewusst sind, dass sie mit ihren Teams mehr leisten und effizienter arbeiten können. Ebenso richtet es sich an Produktmanager, die nach besseren Methoden suchen, um ihre Produkte mit ihren Teams zu definieren und mit ihren Kunden zu validieren. Darüber hinaus ist Lean UX gleichermaßen für Entwickler geeignet, die eine kollaborative Teamumgebung als Möglichkeit begreifen, besseren Code zu erzeugen und eine bedeutsamere Arbeitsleistung insgesamt zu erzielen. Und schließlich wendet es sich auch an Manager – von User-Experience-Teams, Projektteams, Teams für den Geschäftskundenbereich, Abteilungen und Firmen –, die sich der weitreichenden Bedeutung einer großartigen User Experience bewusst sind.
Dieses Buch ist in drei Teile gegliedert:
Teil I bietet Ihnen eine Übersicht und Einführung zum Thema Lean UX und erläutert die Grundsätze dieser Entwicklungsmethode. Sie erfahren, warum der Evolution des UX-Designprozesses so große Bedeutung zukommt und um was genau es sich bei Lean UX handelt. Außerdem stellen wir Ihnen die zugrunde liegenden Prinzipien vor, deren Verständnis und Berücksichtigung die Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Anwendung der Lean-UX-Methode darstellt.
Teil II konzentriert sich auf die eigentliche Prozessabfolge. Jedes Kapitel rückt einen weiteren Schritt im Lean-UX-Zyklus vor und befasst sich mit der Frage, wie dieser Schritt auszuführen ist und welche Relevanz er hat. Zum besseren Verständnis geben wir Ihnen einige aufschlussreiche Beispiele dazu, wie wir und andere Kollegen diesen Prozess in der Vergangenheit gehandhabt haben.
Teil III befasst sich mit der Integration der Lean-UX-Praktiken in Ihrem Unternehmen. Nach der Betrachtung der Rolle von Lean UX in einer typischen agilen Entwicklungsumgebung erläutern wir auch die organisatorischen Anpassungen, die auf Geschäftsleitungsebene, Teamebene und auf der Ebene der einzelnen Mitwirkenden stattfinden müssen, damit diese Konzepte auch wirklich greifen können.
Wir hoffen, dass dieses Buch insbesondere von den User-Experience-Designern, ihren Kollegen und Produktteams, die noch immer auf Phase 2 warten, als Weckruf verstanden wird. Aber auch wenn hier Taktiken und Techniken aufgezeigt werden, die Ihnen helfen sollen, die Abläufe in Ihrem Unternehmen in geeigneter Weise anzupassen, sollten Sie nicht vergessen, dass es sich bei Lean UX im Kern um eine Mentalität, eine Denkweise handelt.
Jeff und Josh
»Wenn man es nur einmal macht, ist es nicht iterativ.«
– Jeff Patton
Als unser Handwerk in den 1980er- und 1990er-Jahren Einzug in die Softwareindustrie hielt, griffen die Designer zunächst einmal auf dieselben Arbeitsmethoden zurück, die sie schon bei anderen »Werkstoffen« angewandt hatten. Im Industriedesign, im Printdesign, im Modedesign wie auch in jedem anderen Entwurfsprozess, an dessen Ende ein fertiges Erzeugnis steht, ist der Herstellungsschritt ein kritischer Punkt. Beim Entwerfen physischer gefertigter Produkte müssen die Designer bereits vor dem Produktionsbeginn eine möglichst genaue Vorstellung davon haben, was gefertigt werden soll, weil die Herstellung des Erzeugnisses in aller Regel mit hohen Kosten verbunden ist. Der Bau einer Fabrik für die Produktion von festen Gütern oder Kleidung ist teuer. Und auch die Einrichtung einer Druckerpresse zur Herstellung einer Druckauflage ist kostspielig.
Bei der Arbeit im Softwarebereich waren Designer allerdings mit ganz neuen Herausforderungen konfrontiert. Wir mussten zunächst einmal die »Grammatik« dieses neuen Mediums bestimmen und wurden währenddessen Zeugen der Entstehung neuer Spezialisierungen wie dem Interaction Design und der Informationsarchitektur. Dennoch behielten wir den eigentlichen Designprozess weitestgehend unverändert bei. Wir entwarfen die Produkte wie üblich schon im Vorhinein sehr detailliert, weil wir es hier ja wiederum mit einem »Fertigungsprozess« zu tun hatten: Unsere Arbeit musste auf Disketten und CDs übertragen werden, die dann auf exakt dieselbe Weise am Markt vertrieben wurden wie jedes physische Gut. Und auch hier galt: Wenn etwas schiefging, zog das immense Kosten nach sich.
Inzwischen sind wir jedoch in einer neuen Realität angekommen. Die Herstellung von Software erfolgt kontinuierlich. Das Internet hat die Vertriebswege für Softwareprodukte radikal verändert. Die Verbreitung von mobilen Geräten und Wearables sowie das Internet der Dinge haben die Art und Weise verändert, wie wir sie nutzen. Wir sind nicht mehr an die Restriktionen eines physischen Fertigungsprozesses gebunden und können den Kunden digitale Produkte und Dienste in einem Tempo bereitstellen, das vor nur fünf Jahren noch undenkbar war.
Das ändert alles.
Die Teams sind nunmehr einem immensen Konkurrenzdruck seitens ihrer Wettbewerber ausgesetzt, die sich zur radikalen Verkürzung ihrer Zyklen moderner Techniken wie der agilen Softwareentwicklung, der kontinuierlichen Softwareintegration (Continuous Integration, kurz CI) und der kontinuierlichen Lieferung (Continuous Deployment, kurz CD) bedienen. Betrachten Sie als Beispiel Amazon. Der E-Commerce-Gigant liefert alle 11,6 Sekunden aktualisierten Code an seine Kunden aus (siehe YouTube, Velocity 2011: Jon Jenkins, Velocity Culture, 20. Juni 2011, https://www.youtube.com/watch?amp;v=dxk8b9rSKOo). Und sie nutzen diese kurzen Zyklen als Wettbewerbsvorteil – indem sie frühzeitige und häufige Releases herausbringen, Marktfeedback einholen und auf der Basis ihrer so gewonnenen Erkenntnisse iterieren. Im Wesentlichen untersuchen sie ihr Produkt, wenn sie es ausliefern. Das hat verschiedene Vorteile, aber die beiden wichtigsten sind wohl:
Die Fähigkeit, kontinuierlich und schnell in Erfahrung zu bringen, wie gut ihre Produkte die Anforderungen des Kunden erfüllen.
Steigerung der Erwartungen der Kunden in Bezug auf die Qualität und die Reaktionszeiten.
Darüber hinaus beruht dieser neue Arbeitsstil auf preiswerten Technologien. Die Plattformen und Dienste, die ihn ermöglichen, sind kostenlos oder nahezu kostenlos für so ziemlich alle Start-up-Teams verfügbar. Das bedeutet für alteingesessene Unternehmen eine Bedrohung, die es früher so nicht gab. Es ist in fast allen Bereichen so einfach wie nie zuvor, den Markt zu betreten. Ohne die Notwendigkeit, ein physisches Produkt herstellen zu müssen, kann jeder, der über einen Internetzugang verfügt, Programme und Dienste anbieten. In dieser neuen Realität funktionieren traditionelle »Erst mal alles in Ruhe ausarbeiten«-Ansätze nicht mehr. Was also sollten Produktteams tun?
Es ist Zeit für Veränderungen.
Die Lean-UX-Methode (UX = User Experience) verkörpert die Evolution des Produktdesigns und der Teamzusammenarbeit. Sie pickt sich die besten Bestandteile des Designer-Toolkits heraus, kombiniert sie mit agiler Softwareentwicklung und der Lean-UX-Denkweise und stellt sie in einer für diese neue Realität relevanteren Art und Weise neu zusammen, die es dem Team gestattet, möglichst viel zu lernen, stets den sinnvollsten Weg einzuschlagen und auf Kundenwünsche einzugehen.
Lean UX ist eine in hohem Maße auf Zusammenarbeit ausgerichtete, interdisziplinäre Entwicklungsmethode – denn den Luxus, von dem übrigen Produktteam isoliert zu arbeiten, können wir uns nun nicht mehr leisten. Wir können unsere Teams nicht weiterhin warten lassen, bis wir wirklich alles bis ins Letzte ausgetüftelt haben. Die Tage des Wasserfallmodells sind vorbei; die Arbeit erfolgt stetig. Wenn wir effizient sein wollen, müssen wir tagtäglich ununterbrochen mit unseren Teams in Kontakt stehen. Dieses kontinuierliche Engagement gestattet es uns, schwergewichtige Deliverables (Interimsversionen) zugunsten von Techniken abzubauen, mit deren Hilfe wir ein gemeinsames Verständnis im Kreis der Teamkollegen erzielen können. Das ermöglicht schnellere Entscheidungsfindungen und erlaubt es, eher strategisch ausgerichtete Gesichtspunkte zu erörtern. Wir tragen zwar noch immer die taktische Verantwortung für die Anpassung ästhetischer Aspekte, die Verbesserung der Seitenladedauer, die Kompatibilität von Bildschirmgrößen, Workflows und Handlungsaufforderungen, aber uns steht mehr Zeit zur Verfügung, um uns auf sinnvollere Aktivitäten zu konzentrieren, wie Erkenntnisse zu gewinnen, die Auswirkungen auf strategische Entscheidungen für unser Produkt haben.
Lean UX ermöglicht uns auch eine andere Art der Konversationsführung in Bezug auf das Design im Allgemeinen. Statt über Funktionen und Dokumente zu reden, können wir darüber sprechen, was funktioniert. In dieser neuen Realität haben wir mehr Zugang zu Marktfeedback als jemals zuvor. Und dieses Feedback ermöglicht es uns, das Design betreffende Gespräche und Diskussionen jederzeit mit Blick auf die gesteckten Geschäftsziele neu auszurichten. Wir sind in der Lage, zu bemessen, was funktioniert, daraus zu lernen und dementsprechende Anpassungen durchzuführen.
Lean UX repräsentiert drei Dinge. Am offenkundigsten ist es sicherlich als Instrument zur Modifizierung von Designprozessen zu verstehen – es ist aber noch weitaus mehr als nur das. Lean UX ist eine Denkweise, die es uns gestattet, uns unserer Arbeit auf neuen Pfaden zu nähern. Wir nehmen zur Kenntnis, dass unsere ursprünglichen Lösungen nicht geeignet sein können, und nutzen viele Informationsquellen, um unsere Denkweise kontinuierlich zu verbessern. Und es ist auch eine Art Geisteshaltung gegenüber dem Umgang mit bzw. der Verwaltung von Software und Entwicklerteams, damit die Zusammenarbeit umfassender und transparenter wird. Jedes einzelne dieser Konzepte wird im weiteren Verlauf dieses Buches eingehender betrachtet.
Vielleicht lässt sich diese Einführung am besten wie folgt zusammenfassen: Wir gehen jetzt nach der Lean-UX-Methode vor.
»Hier entlang, so schnell es geht. Und wenn du auf ein Hindernis triffst, kehr um!«
– Better Off Dead (1985, dt. Titel Lanny dreht auf)
Das Herzstück von Lean UX besteht aus einem Satz Kernprinzipien, die den Designprozess, die Zusammenarbeit und die Organisation des Teams betreffen. Teams, die sich in vollem Umfang daran halten, werden den größten Nutzen aus der Lean-UX-Entwicklungsmethode ziehen können. Setzen Sie bei diesen Prinzipien an, um Ihren Mitarbeitern die richtige Marschroute aufzuzeigen. Behalten Sie dieselben Grundsätze auch im Blick, wenn Sie mit der Implementierung der in diesem Buch beschriebenen Lean-UX-Prozesse beginnen. Hier ist es wirklich wichtig, darauf hinzuweisen, dass Lean UX kein Satz von Regeln ist, sondern ein Ansatz, den Sie sich zu eigen machen. In Anbetracht der Unterschiede von Unternehmenskulturen, Regulierungen und Kunden in verschiedenen Branchen bedeutet das zwangsläufig, einige Anpassungen an die spezifischen Anforderungen Ihres Unternehmens vorzunehmen – und auch in dieser Hinsicht werden Ihnen die im Folgenden vorgestellten Kernprinzipien wertvolle Hilfestellung leisten.
Schlussendlich gilt: Wenn es Ihnen gelingt, sie erfolgreich umzusetzen, werden Sie einen Wandel Ihrer Unternehmenskultur feststellen. Einige der Prinzipien werden sich stärker auswirken als andere und auch dementsprechend schwieriger umzusetzen sein. Dessen ungeachtet wird Ihnen jedoch jedes einzelne Kernprinzip dabei behilflich sein, den Arbeitsbereich Produktdesign in der Form zu organisieren, dass er mehr auf interdisziplinäre Zusammenarbeit ausgerichtet und generell besser an die heutige Realität angepasst ist.