Diese zweite Auflage ist größtenteils eine Rückmeldung auf direktes Feedback von Lesern. Deshalb möchte ich all denen danken, die mich hinterfragt, in die Zange genommen und mich ganz generell mit heiklen Fragen gelöchert haben, seitdem die erste Ausgabe in 2011 erschienen ist. Die Hunderte von Aktualisierungen und Klärungen, die Sie alle angeregt haben, haben unermesslich zu mehr Deutlichkeit und Nützlichkeit dieser neuen Auflage beigetragen.
Darüber hinaus möchte ich mich insbesondere bei all den Interviewern bedanken, die mit ihrer Arbeit so viel Licht in die Praxis von Top-Level-Studios gebracht haben: Michael Barbiero, Matt Bell, Bill Bruce, Richard Buskin, Dan Daley, Tom Doyle, Maureen Droney, Tom Flint, Keith Hatschek, Sam Inglis, Dave Lockwood, Howard Massey, Bobby Owsinski, Andrea Robinson, Simon Sherbourne und Paul Tingen. Paul Tingen verdient ein besonderes Lob für seine hartnäckige Verfolgung der heißesten aktuellen Hit-Maker für die Serie »Inside Track« in Sound On Sound. Ebenso bin ich Russ Elevado, Warren Huart, Roey Izhaki, Roger Nichols, Eric »Mixerman« Sarafin und Mike Stavrou dankbar für ihre aufschlussreichen Schriften zum Thema Mixdown, ebenso wie Dave Pensado und allen Gästen, die so freundlich sind, ihre Fachkenntnisse in der großartigen TV-Serie »Pensado’s Place« zu teilen. Dank gebührt auch Philip Newell, Keith Holland und Julius Newell für ihre Erlaubnis zur Reproduktion der Ergebnisse ihrer hervorragenden NS10M-Forschungsarbeit, Phil Ward, der mich auf die Gefahren von Lautsprechern mit Bassreflexsystemen aufmerksam machte, und Simon-Claudius Wystrach, Roberto Détrée und Mastermixstudio in München dafür, dass ich ihre Lautsprecher fotografieren durfte.
Beim Verfassen der ersten Auflage des Textes für dieses Buch wurde ich in weiten Teilen von Matt Houghton und Geoff Smith sowie der gesamten Redaktion des Magazins Sound On Sound unterstützt. Sehr dankbar bin ich auch für das Feedback zum Vorab-Manuskript der Neuauflage, das ich von Simon Gordeev, Matt Leigh, Daniel Plappert und ganz besonders Simon-Claudius Wystrach erhalten habe. Danke auch an Raghav Venkatesan und Preethi Shankaran für die Hilfe beim Aktualisieren der Anhänge und an Lara Zoble und das gesamte Team des Verlags Taylor & Francis für ihre Geduld und Sachkenntnis, mit der sie dieses Projekt verwirklicht haben.
Damals in 2011 konnte ich nicht voraussehen, was für ein Eigenleben die begleitende (englischsprachige) Webseite zum Buch (www.cambridge-mt.com/ms/) als unabhängige Ausbildungsressource für Lernende und Tutoren weltweit bekommen würde. Ich muss zugeben, dass ihr momentaner Zustand und ihr fortwährendes Anwachsen nur mit der Hilfe von Mike Zufall und Indigo Technologies möglich sind sowie durch den großzügigen finanziellen Support der sozial eingestellten Paten der Seite. (Falls Sie die Seite ebenfalls finanziell unterstützen möchten, erhalten Sie weitere Informationen auf www.cambridge-mt.com/support.htm.)
Vor allem möchte ich meiner wundervollen Frau und meinen Kindern für ihre unerschütterliche Liebe und Unterstützung danken – wie auch dafür, dass sie sich unentwegt weigern, mich ernst zu nehmen!
1.1 Die Wahl der Waffen
Sie sollten die Wahl des Equipments, das Ihnen das Hören (oder »Monitoren«, also Überwachen) der Mixsignale ermöglicht, nicht auf die leichte Schulter nehmen. Es ist schließlich das Fenster, durch das Sie alles das betrachten werden, was Sie bearbeiten. Für diejenigen mit knappem Budget ist es jedoch unschöne Realität, dass das Abhören zu einem jener Bereiche der Audiotechnologie gehört, in dem es einen echten Unterschied ausmacht, wie viel Geld für Ausgaben zur Verfügung steht. Das gilt insbesondere im Hinblick auf das primäre Abhörsystem Ihres Studios. Es muss die Mixdetails mit all ihren Fehlern und Schwächen mit einem weitestgehend gleichmäßigen Frequenzgang verbinden, der über eine möglichst große Spanne von 20 Hz bis 20 kHz des hörbaren Frequenzspektrums reicht – Merkmale, die schon einiges kosten.
Bei der Wahl der Stereolautsprecher, die diese Aufgaben in allen außer stark eingeschränkten Studios erfüllen, können Sie also eine Menge tun, um das Meiste aus Ihrem Budget herauszuholen. Zunächst einmal: Lautstärken, die die Möbel tanzen lassen, sind für das Mischen nicht so enorm wichtig – entgegen allen Vermutungen, wenn man Fotos von an die Wände berühmter Regieräume montierten Monstern sieht, die groß wie Waschmaschinentrommeln sind. Die meisten Tontechniker verwenden solche Lautsprecher hauptsächlich, um die A&R-Typen bei ihrem Besuch gehörig zu beeindrucken! »Es gibt nicht viele Situationen, in denen die Hauptabhöre so richtig gut klingen«, sagt Chuck Ainlay. »Die Hauptabhöre wird in den meisten Studios in erster Linie dazu verwendet, die Kunden zu beeindrucken und richtig laut abzuspielen.«1 »Die großen Monitore nutze ich in Studios für gar nichts«, sagt Nigel Godrich, »weil sie einfach keinen Bezug zu irgendetwas haben.«2 Für den gleichen Preis bekommen Sie ein viel aussagestärkeres Studiotool, wenn Sie nach etwas Ausschau halten, bei dem die Designer sich auf Audioqualität statt auf schiere Kraft konzentriert haben. Wie es der Zufall will, verlassen sich die meisten hochkarätigen Tontechniker tatsächlich fast ausschließlich auf kleinere Lautsprecher, die im Abstand von ein paar Metern zur Mixposition aufgestellt sind (allgemein Nahfeldmonitore genannt). Wenn Sie diesem Beispiel vernünftigerweise auch in Ihrem eigenen Studio folgen, sollten Sie keine gigantischen Lautsprechermembranen und raketenbetriebenen Verstärker benötigen, selbst wenn Sie Lust haben, Ihre Ohren zu malträtieren.
Vor dem Kauf eines Surround-Setups mit mehreren Lautsprechern für ein kleines Studio empfehle ich, das Ganze sorgfältig zu überdenken. Solange Sie nicht verlässlich einen großartigen Stereomix bekommen, sehe ich für meinen Teil wenig Sinn darin, eine Menge zusätzliches Geld auszugeben, das diesen Lernprozess erschwert. Meiner Erfahrung nach kann man ein begrenztes Budget viel besser zum Erreichen einer hochwertigen Stereoqualität einsetzen als für einen zweitklassigen Surround-Sound. Deshalb suche ich auch keine Entschuldigung dafür, dass ich das Thema Surround-Abmischung außen vor lasse und mich stattdessen auf Fragen konzentriere, die für die meisten Besitzer kleiner Studios unmittelbar relevant sind.
Eine weitere einfache Faustregel ist, sich vor Hi-Fi-Lautsprechern zu hüten. Denn die meisten Hi-Fi-Anlagen haben den Zweck, alles besser klingen zu lassen, selbst dann, wenn das nicht wirklich der Fall ist. Diese Art unangemessener Schmeichelei ist das Letzte, was Sie brauchen, wenn Sie versuchen, tückische klangliche Probleme zu isolieren und zu beheben. Ich behaupte nicht, dass alle Geräte dieser Art im Studio zwangsläufig problematisch sind. Aber die meisten modernen Hi-Fi-Modelle, die ich gehört habe, beschönigen den Klang einfach zu sehr, um von großem Nutzen zu sein, und bei geeigneteren Systemen, die vor den 1990er-Jahren gefertigt wurden, gehören Wartungsfragen zum Alltag. Lautsprecher mit eingebauter Endstufe (üblicherweise als »aktiv« bezeichnet) können ebenfalls sinnvoll im Heimstudio eingesetzt werden. Sie sind günstiger und kompakter, machen das Rätselraten bei der Anpassung des Verstärkers an das Lautsprechermodell überflüssig, sind in der Regel schwerer, was der Membranauslenkung umso mehr Gehäuseträgheit entgegensetzt, und viele Geräte dieser Bauweise erreichen Leistungsverbesserungen aufgrund ihrer separat abgestimmten Endstufen für jede einzelne Membraneinheit des Lautsprechers.
Neben diesen Fragen geht es bei der Wahl der Monitore zu einem großen Teil um persönliche Vorlieben, und da ist auch nichts falsch dran. Manche Leute bevorzugen hell und aggressiv klingende Monitore, andere zurückhaltende und dezente, nur keine Wahl ist per se falsch. Sie sollten allerdings vor allem im Hinterkopf behalten, dass es keine Monitorlautsprecher gibt, die wirklich »neutral« sind, und jeder professionelle Tontechniker, den Sie fragen, hat in diesem Punkt seinen eigenen Geschmack. Es gehört zum Abmischen-Lernen einfach dazu, sich an die Art und Weise zu gewöhnen, wie Ihre jeweiligen Lautsprecher klingen. Seien Sie also nicht allzu kleinlich in Bezug auf winzige klangliche Unterschiede zwischen Lautsprechern. Entscheiden Sie sich für Lautsprecher, die ihnen gefallen. Und konzentrieren Sie sich dann, Ihr Gehör darauf einzustellen, wie sich das von Ihnen gewählte Modell in Ihren eigenen Regieräumen verhält. »Du musst bei neuen Monitoren vorsichtig sein«, rät Dave Way. »Du brauchst eine Anlaufzeit und musst sie kennenlernen, bevor du dich auf sie verlassen kannst.«3 Dazu gehört auch, sich auf Referenzaufnahmen zu beziehen, mit denen Sie vertraut sind (mehr hierzu in Kapitel 4).
1.1.1 Bassreflex-Lautsprecher und Frequenzgang
Einen weiteren Ratschlag für die Auswahl von Monitorlautsprechern habe ich bislang zurückgehalten, weil ich ihm besondere Aufmerksamkeit zukommen lassen möchte. Hier ist er: Je weniger Geld Sie ausgeben können, desto mehr sollten Sie sich vor Bassreflex-Lautsprechern hüten. Solche Lautsprecher haben eine Art Loch oder Schlitz im Lautsprechergehäuse, das beziehungsweise der durch die Lautsprechermembranen das gesamte Gehäuse zum Resonieren anregt. Der Hauptzweck dieser Resonanz besteht darin, die tiefen Frequenzen zu betonen, ein Performancebereich, der bei kleinen Lautsprechern naturgemäß durch die eingeschränkte Größe ihrer Membranen begrenzt ist. Durch die Verwendung von Reflexrohren, die die für die Membran natürliche untere Begrenzung der Tiefen kompensieren, können die Hersteller für einen größeren Bereich einen flachen Frequenzgang grafisch darstellen und zudem den Lautsprechern einen lauteren, kräftigeren Klang verpassen. Abbildung 1.1 zeigt den prinzipiellen Effekt von Reflexrohren für einen typischen Frequenzgang in den unteren Frequenzen von Monitorlautsprechern kleiner Studios.
Die durchgezogene Linie in der Grafik verdeutlicht die Art des Verlaufs, den man von einem typischen kleinen Bassreflex-Lautsprecher erwarten würde, wenn die Ausgangslautstärke bis auf etwa 55 Hz innerhalb eines ±3-dB-Fensters gehalten wird. Wenn Sie das Lautsprecher-Reflexrohr umgehen würden, indem Sie es wie auch immer verschließen, würde sich der Frequenzgang etwa in der Art der gestrichelten Linie verändern: Der Verlauf läuft nahezu eine Oktave höher, unmittelbar oberhalb von 100 Hz, aus dem ±3-dB-Fenster.
Was ist nun so schlimm daran, den Frequenzgang eines Lautsprechers durch ein Reflexrohr zu erweitern? Das Problem ist, dass die Reflexrohre auch ein paar Nebenwirkungen haben, die die Werbung verschweigt und die sich im Mixdown leicht gegen Sie verschwören können. Angesichts der weitverbreiteten Verwendung von Reflexrohren bei erschwinglichen Nahfeldmonitoren ist es wichtig zu verstehen, was zu diesen Nebenwirkungen zählt. Auf der einen Seite vereinfacht dieses Wissen die objektive Beurteilung beim Erwerb von Monitorlautsprechern. Auf der anderen Seite hilft es Ihnen mehr, potenzielle Bassreflex-Kobolde zu umgehen, wenn die Wahl der Monitore nicht in Ihrer Verantwortung liegt – zum Beispiel in einem Lernstudio oder im Heimstudio eines Freundes, oder falls Sie Ihr Budget für Lautsprecher schon vorm Lesen dieses Buchs ausgegeben haben! Begleiten Sie mich deshalb noch ein Stück, wenn ich auf diese Frage näher eingehe.
Das Hauptproblem bei Reflexrohren können Sie bereits in Abbildung 1.1 sehen: Obwohl das Reflexrohr das Abfallen des Frequenzgangs bis 50 Hz verhindert, schwindet die Ausgangsleistung darunter im Sturzflug. Das bedeutet, dass obwohl die Tieftonwiedergabe des Lautsprechers durch das Reflexrohr insgesamt verstärkt wird, zugleich das Verhältnis zwischen den Lautstärken unterhalb von 50 Hz und dem Rest des Signals ernsthaft verzerrt wird, wodurch es schwieriger wird, Instrumente mit wichtigen niederfrequenten Anteilen zu beurteilen. Angenommen, Sie geben den Klang eines Bassinstruments wieder, dessen Lautstärken im unteren Frequenzbereich völlig einheitlich sind. Dann wird die wahrgenommene Lautstärke seiner Grundfrequenz bei Tonhöhenänderungen immer noch erschreckend aufdringlich herumtanzen, je nachdem, wie weit die Grundfrequenz an der steilen unteren Begrenzung des Frequenzgangs hinunterrutscht.
Denken Sie daran, dass die niedrigste Grundfrequenz einer Bassgitarre bei 41 Hz liegt, während es sich bei Pianos, Orgeln und Synthesizern um Schallquellen handelt, die glücklicherweise Grundfrequenzen in der unteren Oktave um 20 bis 40 Hz herum generieren. Im Gegensatz zur Grundfrequenz liegt jedoch die erste Harmonische dieser Bassnoten eine Oktave höher, typischerweise im viel flacheren Frequenzgang oberhalb von 50 Hz, sodass dann die Entscheidung schwierig werden würde, ob eben diese Frequenzen in angemessener Verteilung vertreten sind. Dazu kommt: Wenn wir wieder einen Schritt zurück in die Wildnis machen, wo ungezügelte randalierende Bass-Parts oftmals alles andere als einheitlich sind, wie könnte man von Ihnen erwarten zu beurteilen, ab welchem Punkt Ihre Mixbearbeitung sie tatsächlich gezügelt hat?
Kick-Drums sind ebenso kompliziert zu handhaben. Angenommen, Sie vergleichen die Kick-Lautstärke in Ihrem eigenen Mix mit der eines von Ihnen heißgeliebten kommerziellen Albums, aber Ihre Bassdrum hat jede Menge Energie bei 30 Hz, während sich die Bassdrum des Vergleichssongs hauptsächlich im 50-Hz-Bereich befindet. Da der Lautsprecher tatsächlich im 30-Hz- statt im 50-Hz-Bereich mit 12 dB zupackt, werden Sie Ihre eigene Bassdrum wahrscheinlich viel zu weit hochregeln, um gerade dann festzustellen, dass unter Ihrem Mix in anderen Monitoringumgebungen ein rumpelndes Durcheinander lauert. Obwohl der Verlust der tiefen Frequenzen auf Monitoren ohne Reflexrohre ebenso ein Problem darstellt, ist es viel einfacher, diesen beim Mischen mental zu kompensieren, weil die relativen Pegel der benachbarten niedrigen Frequenzbänder deutlicher vorhanden sind.
1.1.2 Tödliche Nebeneffekte von Reflexrohren
Diese Reflexrohranomalien sind aber nur die Spitze des Eisbergs, denn Darstellungen von Frequenzgangverläufen bilden nur ab, wie sich Lautsprecher bei konstantem Rauschen über das gesamte Frequenzspektrum verhalten, ein Testsignal, das nichts mit den vielfältigen und agilen Wellenformen von Musik zu tun hat. Viel problematischer ist, wie Reflexrohre die Fähigkeit des Monitors einschränken, den momentanen Veränderungen im Mixsignal zu folgen. Insbesondere führt das Reflexrohr dazu, dass jedwede spektrale Energie an ihrer Resonanzfrequenz für kurze Zeit nachklingt. Und während eben diese Resonanzakkumulation bei Testsignalen mit konstantem Rauschen für die schmeichelnde Lautstärkeanhebung in den tiefen Frequenzen sorgt, fügt genau diese Eigenschaft den flüchtigen perkussiven Anschlagsgeräuschen (oft als Transienten bezeichnet) ebenfalls Resonanzen hinzu, sodass sie lauter aber auch weniger druckvoll erscheinen, als sie tatsächlich sind. Ein ähnliches Problem gibt es bei Klängen, die abrupt stoppen, wenn das Reflexrohr nach deren Ende nachresoniert. In diesem Fall maskiert die Resonanz nicht nur die tatsächlichen Ausklingwerte des Klangs selbst, sondern kann es auch noch erschweren, den Charakter und die Lautstärke von Studioeffekten mit kurzer Dauer (zum Beispiel modulierte Delays und Hall) zu beurteilen, die beim Abmischen oft sehr nützlich sind.
Ein weiteres Problem bei Bassreflex-Lautsprechern stellt das mögliche Übertönen der tatsächlichen Grundfrequenzen tiefer Basstöne durch das Resonieren dar, wodurch diese nur noch schwer voneinander unterscheidbar sind. Rezensenten von Lautsprechern nennen dieses Phänomen manchmal »One-Note-Bass«. Es macht die Beurteilungen beim Abstimmen der tiefen Frequenzen etwas vage. Eine kommerzielle Aufnahme, die für das Aufdecken dieses Umstands besonders gefällt, ist »Infidelity« von Skunk Anansie (vom Album Stoosh). Hier wird die verworrene Basslinie bei Lautsprecherresonanzen im unteren Frequenzbereich schnell verwaschen und undefiniert. (Der Track eignet sich auch gut dazu, den Frequenzgang eines Monitoringsystems zu überprüfen, da nur ein richtig breiter Frequenzgang dem beinahe schon seismischen, niedrigfrequenten Rumpeln dieser Bassdrum gerecht werden kann.)
Würde sich das durch das Reflexrohr erzeugte Resonieren gleichmäßig über das gesamte Klangspektrum verteilen, könnten Sie es vielleicht mental kompensieren, aber das ist natürlich nicht der Fall: Je nachdem, wie viel von der jeweiligen Energie der Transienten rings um die Kernfrequenz des Resonatorsystems aufrechterhalten bleibt, ist es mehr oder weniger stark. Darüber hinaus habe ich es bisher für selbstverständlich gehalten, dass ein solches Reflexrohrsystem nur eine Resonanzfrequenz hat. In Wirklichkeit ist es jedoch schwierig, das Gerät auch bei einer ganzen Reihe von höheren Frequenzen vom Resonieren abzuhalten, was über das gesamte Frequenzspektrum zu unvorhersehbaren Artefakten in Form von zeitlichen Verwaschungen führt. Deshalb sind es nicht nur Bassinstrumente, die Sie möglicherweise nicht zuverlässig beurteilen können, sondern auch alles andere! Obwohl es Lautsprecherentwicklern durchaus möglich ist, mit einem sorgfältigen inneren Gehäusedesign und Dämpfung alles außer der gewünschten Resonanz in den niedrigen Frequenzen zu zähmen, kostet das einiges, was für erschwinglichere Modelle unausweichlich einen Fallstrick darstellt.
Natürlich macht Sie eine einfache Darstellung von Frequenzverläufen völlig blind gegenüber all diesen Dingen, weil sie nur Achsen für Frequenz und Pegel enthält. Wenn Sie die Nebenwirkungen von Resonanzen offenlegen wollen, müssen Sie eine dritte Dimension in Ihre Darstellung von Frequenzgangverläufen einbeziehen: Zeit. Glücklicherweise gibt es eine Darstellungsweise, die genau das tut, das sogenannte Zerfallsspektrum oder »Wasserfalldiagramm«. Es deckt auf, was an einem Lautsprecherausgang passiert, wenn ein konstantes Testsignal über das gesamte Frequenzspektrum plötzlich ausgeschaltet wird – die Darstellung verändert sich im Zeitverlauf (dreidimensional gesehen, läuft sie sozusagen vom Hintergrund zum Vordergrund), woran Sie ablesen können, wie viele verschiedene Frequenzen nachresonieren.
In Abbildung 1.3 sehen Sie auf der linken Seite Wasserfalldiagramme für drei gut konstruierte kleine Nahfeldmonitore. Die obere Grafik ist von einem Modell ohne Reflexrohre, während die beiden unteren Diagramme für Ausführungen mit Reflexrohren stehen. Sie können erkennen, wie die unteren Frequenzen der Modelle mit Reflexrohren erwartungsgemäß nachklingen, aber Mittelton- und Hochtonbereich ansonsten ohne irgendwelche ersichtlichen Ausläufer der Eigenfrequenz unmittelbar stoppen. Vergleichen Sie das einmal mit den Wasserfalldiagrammen rechts in Abbildung 1.3, die bei drei günstigen Nahfeldmonitoren gemessen wurden. Sie machen deutlich, dass jeder Lautsprecher auch bis in den Mitteltonbereich hervorstechende Resonanzen hat. Auch wenn man sagen muss, dass den Lautsprechern auch durch andere Faktoren unerwünschte Resonanzen im Mitteltonbereich hinzugefügt werden, sodass Sie hier nicht nur die Nebeneffekte der Reflexrohre sehen. Je schlechter die Resonanzen eines Monitors kontrolliert werden, desto schwieriger können Sie mit ihnen mixen.
Aber selbst das ist nicht das Ende der Geschichte: Reflexrohre können ebenso Verwirbelungsrauschen produzieren, das andere Teile des Mixes verdeckt, Kompressionsartefakte erzeugen, die beim Verändern der Monitorlautstärke den wahrnehmbaren Lautstärkepegel der Bassinstrumente vermurksen, und Verzerrung generieren, die den Bassinstrumenten fälschlicherweise zusätzlich Fleisch im Mitteltonbereich gibt, sodass sie im Mix hörbarer als beabsichtigt erscheinen. Wenn Sie wissen wollen, wovon ich rede, downloaden Sie die Audiodatei mit tieffrequenten Sinustönen aus den Web-Ressourcen dieses Kapitels und hören Sie ihre tieffrequenten Sinuswellenformen über einen billigen Bassreflex-Monitorlautsprecher an. Besonders bei den tiefsten Frequenzen können Sie in der Regel eine gute Portion flatternder Reflexrohrgeräusche und leiser Verzerrungen der Harmonischen hören, die sich über die reinen Töne legen. Müssen Sie noch weiter überzeugt werden? Dann bedenken Sie die Tatsache, dass zwei der einflussreichsten Abmischlautsprecher in der Geschichte der Audioproduktion Modelle ohne Reflexrohre sind: Yamaha NS10 und Auratone 5C Super Sound Cube. (Abbildung 1.5 zeigt die Wasserfalldiagramme dieser Lautsprecher, und obwohl keiner von ihnen einen besonders linearen Frequenzgang hat, verhalten sich beide hinsichtlich Resonanzen äußerst zurückhaltend.)
Nicht alle Monitorlautsprecher können eindeutig den Kategorien mit oder ohne Bassreflexsystem zugeordnet werden. Mackies beliebte HR-Serie ist ein Beispiel dafür, denn obwohl ihre Gehäuse geschlossen sind, beinhalten sie einen passiven Subwoofer (eine Art Dummy-Lautsprechermembran, die durch einen Lautsprecher angeregt in dessen Resonanz vibriert), um eine Bassanhebung im Stile eines Bassreflexsystems zu erzielen. Eine weitere Mischkonstruktion bildet das System Transmission-Line von PMC, bei dem ein außen liegendes Reflexloch ein System von gedämpften inneren Rohren anregt, um die problematischen Nebenwirkungen von Reflexrohren zu reduzieren. Wie dem auch sei, die Wasserfalldiagramme in Abbildung 1.4 zeigen mir dennoch, dass diese Herangehensweisen bei der Überwindung der Resonanzprobleme dieser Bauarten nur von begrenztem Nutzen sind, ein Verdacht, der durch meine eigene Erfahrung mit verschiedenen Mackie-Modellen gestützt wird.
All das bringt mich zurück zu meinem wichtigsten Punkt: Je weniger Geld Sie für Monitorlautsprecher ausgeben, umso mehr sollten Sie sich vor Bassreflex-Modellen hüten! Meiner Erfahrung nach müssen Sie sich von weit über 1.700 Euro trennen, um ein Paar Bassreflex-Monitore zu erhalten, die dazu in der Lage sind, das abzuliefern, was Sie benötigen, um konkurrenzfähig mixen zu können. Wohingegen ich nicht glaube, dass Sie so viel für ein Modell ohne Bassreflexsystem ausgeben werden müssen, um ein vergleichbar starkes Mixwerkzeug zu bekommen, solange Sie bereit sind, insgesamt mit niedrigeren Lautstärken zu arbeiten. (Schauen Sie sich die Web-Ressourcen-Seite dieses Kapitels an, um meine je aktuellen Empfehlungen für spezifische Nahfeldanlagen ebenso zu finden wie Tipps dafür, auf was Sie beim Probehören von Monitorlautsprechern hören sollten.) Bevor ich aber als dogmatischer Bassreflex-Phobiker abgestempelt werde, lassen Sie mich noch hinzufügen, dass, sobald Sie sich oberhalb dieser Preisklasse bewegen, Bassreflex-Monitore nicht weniger gut dazu geeignet sind, tolle Mixe abzuliefern, als solche ohne Bassreflexrohre. Und die Wahl zwischen den beiden Bauarten wird dann vielmehr eine Frage der persönlichen Vorlieben sein als irgendetwas anderes.
1.1.3 Lautsprecherstative und andere Befestigungsteile
Sie können für die schicksten Monitorlautsprecher berappen, was Sie wollen, aber solange Sie sie nicht sinnvoll im Raum aufstellen, könnten Sie ebenso gut einen Großteil des dafür ausgegebenen Geldes zum Fenster rauswerfen, wenn Sie sehen, wie viel das für den Sound bringt. Ich habe eine Menge kleiner Studios besucht und eine Sache hatten die meisten gemein: Ihre Besitzer haben die Wichtigkeit der Monitoraufstellung unterschätzt, mit der Folge, dass die Abhöre nicht einmal annähernd so gut klingt, wie sie angesichts der Preise der Lautsprecher sollte. Lassen Sie uns deshalb ansehen, welche Möglichkeiten Sie zur Maximierung der Klangqualität haben, welche Lautsprecher auch immer Sie verwenden.
Zunächst einmal sollten die Lautsprecher so fest wie möglich befestigt sein, denn wenn sie sich durch die Auslenkung der Membran mit dieser bewegen, wird sich das negativ darauf auswirken, wie das untere Ende des Mixes vertreten ist. Wie Sie sich im Einzelfall bei der Montage der Lautsprecher entscheiden, hängt von den physikalischen Beschränkungen ab, mit denen Sie in Ihrem speziellen Setup arbeiten müssen. Aber ich empfehle, dafür vorgesehene Lautsprecherstative zu verwenden, da diese in der Regel zu einem viel besseren Klang führen als Schreibtische und Regale und einfacher durch den Raum bewegt werden können als Schwerlastwandhalterungen. Stative müssen nicht einmal exorbitant teuer sein, solange sie stabil genug sind, die Lautsprecher ruhig zu halten. Sie können sogar problemlos selbst anständige Stative bauen, wenn Sie ein Händchen für Holzarbeiten haben und geeignete schwere Werkstoffe benutzen.
Die Befestigung muss zunächst einmal so viel Trägheit wie möglich liefern, sodass das Lautsprechergehäuse so wenig wie möglich auf die Membranauslenkungen reagiert. Wenn Sie den Eindruck haben, dass die Stative/Halterungen allein nicht ausreichend für diesen Job sind, können Sie zunächst versuchen, ihnen Gewicht hinzuzufügen, indem Sie eine Bodenplatte unter jeden Lautsprecher legen. Eine Gummimatte kann auch helfen, weil sie die Stativplatte für die Lautsprecherbox weniger rutschig macht. Die andere wichtige Sache, die die Lautsprecherhalterungen leisten müssen, ist die Minimierung des Körperschalls des Lautsprechers auf andere mitschwingende Gegenstände. Wenn der Lautsprecher Körperschall auf sein Stativ überträgt, kann das beispielsweise Ihre Wahrnehmung des Mixes ebenso sehr beeinträchtigen wie jene Resonanzen, die durch die Lautsprecherkonstruktion selbst verursacht werden. Das ist einer der Gründe, warum das Platzieren von Lautsprechern auf normalen Regalen oder Schreibtischen unüberwindbare Abhörschwierigkeiten verursachen kann – überraschenderweise schwingen solche Möbelstücke oftmals bereitwillig mit. Die Audiodatei »LFSineTones« hilft bei der Aufdeckung von Resonanzen. Spielen Sie sie mit einer entsprechend hohen Lautstärke ab, um zu prüfen, ob Sie irgendwelche Möbelstücke mitsummen hören. Legen Sie auch einmal einen Finger auf die Befestigungen (Stative, Halterungen oder was auch immer) und prüfen Sie, ob Sie offensichtliche Vibrationen spüren.
Ein Vorteil spezieller Lautsprecherstative besteht darin, dass sie oftmals einen hohlen Rahmen haben. Er kann mit Sand gefüllt werden, was gut für die Dämpfung der Resonanzen ist und auch die Trägheit des Ständers erhöht. Zu den weiteren Lösungen für das Resonanzproblem zählen Schaumstoffmatten zwischen dem Lautsprecher und der Halterungsoberfläche (wie die Mo-Pads von Auralex) oder kleine umgedrehte Keile an vergleichbarer Stelle (zum Beispiel die China Cones von Sound Network). Die Recoil Stabilizer von Primacoustic sind eine weitere verbreitete Option, weil sie nicht nur einen Schaumstoffboden haben, sondern die obere Stahlplatte zudem gummiert ist, um zusätzlich Halt und Trägheit zu bieten. Doch auch wenn solche Studio-Hilfsmittel spürbare Verbesserungen bewirken können, sofern Ihre Monitore auf einem normalen Regal oder Schreibtisch stehen, meine ich dennoch, dass sie wahrscheinlich kaum den zusätzlichen Aufwand rechtfertigen, falls Sie bereits sinnvollerweise 120 Euro in mit Sand gefüllte Lautsprecherständer oder eine ähnlich stabile Befestigung investiert haben.
1.2 Ausrichtung der Lautsprecher
Worauf auch immer Sie die Lautsprecher letztlich stellen, ihre exakte Ausrichtung ist ebenso entscheidend für eine gute Klangwiedergabe. Egal an welchem Ort, sollten Sie Lautsprecher stets direkt auf die Hörposition richten. Der Frequenzgang eines Lautsprechers wird auf dessen Schallabstrahlungsachse gemessen (das heißt direkt vor ihm), sodass Sie jenseits dieser Achse nicht das hören, was die Konstruktion vorgesehen hat – hohe Frequenzen sind stärker gerichtet als tiefe Frequenzen, deshalb leiden besonders die Details im Hochtonbereich. Wenn ein Mix läuft, der das gesamte Frequenzspektrum abdeckt, können diese Effekte beim Umhergehen im Abhörraum deutlich veranschaulicht werden. Wenn Sie dieses Phänomen aber in seiner krassesten Form hören wollen, hören Sie einmal durch nur einen Ihrer Lautsprecher ein gleichbleibendes Testsignal ab, das über das gesamte Frequenzspektrum reicht (wie meine Datei »PinkNoise« mit rosa Rauschen, die Sie im Downloadbereich zu diesem Kapitel finden). Wir reden hier nicht nur von winzigen tonalen Feinheiten. Hohe Frequenzen können leicht durch Gegenstände verdunkelt werden. Stellen Sie deshalb sicher, dass Sie die Membranen, die Sie gerade hören, auch tatsächlich sehen.
Weil die Konzepte von Phase und Kammfilter beim Mischen so viele Auswirkungen haben, lohnt sich ein näherer Blick auf das Thema. Der beste Weg, sich gedanklich auf das Thema Phase einzustellen, besteht darin, sich zunächst ein Signal in Form einer Sinuswelle vorzustellen, eine einfache Audiowellenform, von der theoretisch alle komplexen musikalischen Klänge abgeleitet werden können. Eine Sinuswelle erzeugt nur eine einzige Tonfrequenz, die davon abhängt, wie oft sich ihre Wellenform in einer Sekunde wiederholt. Eine 1-kHz-Sinuswelle wiederholt ihre Wellenform zum Beispiel 1.000 Mal pro Sekunde, wobei jede Wellenformwiederholung 1 ms dauert. Stellen Sie sich vor, Sie hätten zwei Mixerkanäle, von denen beide jeweils durch das gleiche Sinuswellen-Eingangssignal mit gleicher Frequenz gespeist werden. Die Höhen und Tiefen der beiden Kurven werden deckungsgleich sein und ihr Zusammenmischen wird ganz einfach in der gleichen Sinuswelle resultieren, nur lauter. Hier sprechen wir davon, dass die beiden Sinuswellen »in Phase« miteinander sind.
Wenn Sie den Klang des zweiten Kanals geringfügig verzögern, werden die Maxima und Minima der beiden Sinuswellen allerdings aus dieser Parallelität herausgeschoben. Aufgrund der für Sinuswellen typischen Eigenschaften wird die Kombination der beiden Kanäle nun zwar immer noch eine Sinuswelle der gleichen Frequenz erzeugen, ihr Lautstärkepegel wird jedoch niedriger sein, als wenn beide Kanäle in Phase wären, und wir können festhalten, dass eine »teilweise Phasenauslöschung« vorliegt. Wenn der zweite Kanal derart verzögert wird, dass die Wellenspitzen exakt mit den Wellentälern des ersten Kanals übereinanderliegen (und umgekehrt), werden beide Signale zusammen Stille erzeugen. An dieser Stelle können wir davon sprechen, dass die Wellenformen vollständig »außer Phase« zueinander sind und dass eine »vollständige Phasenauslöschung« vorliegt.
Wenn eine vollständige Phasenauslöschung auftritt, sprechen Tontechniker manchmal davon, dass die Signale »180 Grad phasenverschoben« sind. Dieser Ausdruck wird nicht immer ganz korrekt verwendet und kann daher ein wenig verwirrend sein. Um das Phasenverhalten zweier identischer Wellenformen zueinander zu beschreiben, berechnen Mathematiker häufig den Versatz zwischen ihnen in Grad, wobei 360 Grad der Dauer einer einzelnen Wiederholung jeder Wellenform entsprechen. Daher sind zwei Sinuswellen bei einer Phasenbeziehung von 0 Grad gänzlich in Phase, während sie bei einer Phasenbeziehung von 180 Grad gänzlich außer Phase sind, was zu einer vollständigen Phasenauslöschung führt. Bei allen anderen möglichen Phasenbeziehungen werden die Wellenformen teilweise zueinander aus der Phase gebracht, was zu teilweisen Phasenauslöschungen führt. Das Verwirrende an der Bezeichnung »180 Grad außer Phase« ist, dass sie manchmal verwendet wird, um einen Fall zu beschreiben, in dem die Wellenform des zweiten Kanals auf den Kopf gedreht wurde, sodass die Wellenspitzen zu -tälern werden und umgekehrt – ein Vorgang, der weniger eindeutig als Verpolung bezeichnet wird. Dieses Szenario führt bei Zusammenführung der Ausgänge ebenfalls zu Stille. Daher kommt auch die weitverbreitete Verwirrung bezüglich der Begriffe, aber es ist sehr wichtig, sich klarzumachen, dass die vollständige Phasenauslöschung hierbei durch das Umkehren eines Signals erzeugt wurde, nicht durch dessen Verzögerung.
Nun wollen wir den Maßstab wieder vergrößern und uns mit echten Klängen befassen, die durch eine Menge verschiedener Sinuswellen mit unterschiedlichen Frequenzen gebildet werden, die jeweils ein- und ausgeblendet werden, während sich ihre Tonhöhen und Klangfarben ändern. Wenn wir etwa einen Drum-Loop statt einer einzelnen Sinuswelle in die beiden Mixerkanäle einspeisen, wird jede Verzögerung des zweiten Kanals dramatische Auswirkungen auf die Tonalität des kombinierten Signals haben, anstatt nur dessen Lautstärke zu verändern. Das liegt daran, dass bei einer bestimmten Verzögerung das Phasenverhalten zwischen den Sinuswellen des ersten Kanals und denen des zweiten Kanals von der Frequenz jeder einzelnen Sinuswelle abhängt. So wird zum Beispiel eine Verzögerung von 0,5 ms im zweiten Kanal alle Anteile einer 1-kHz-Sinuswelle (eine Wellenform, die sich jede Millisekunde wiederholt) vollständig außer Phase mit den Anteilen auf dem ersten Kanal bringen, was zu einer vollständigen Phasenauslöschung führt. Auf der anderen Seite bleiben alle Anteile einer 2-kHz-Sinuswelle (eine Wellenform, die sich alle 0,5 ms wiederholt) perfekt in Phase. Mit zunehmender Frequenz der Sinuswellenanteile von 1 kHz bis 2 kHz wird die vollständige zu einer partiellen Phasenauslöschung und der Pegel nimmt bis zur exakten Phasenparallelität bei 2 kHz zu.
Natürlich führen die Sinuswellenanteile oberhalb von 2 kHz teilweise wieder zu einer Phasenauslöschung. Und wenn Sie schnell im Kopfrechnen sind, haben Sie bereits festgestellt, dass eine vollständige Phasenauslöschung auch bei 3 kHz, 5 kHz, 7 kHz und so weiter das Frequenzspektrum hinauf auftreten kann, während die Sinuswellenanteile bei 4 kHz, 6 kHz, 8 Hz und so weiter exakt in Phase sein werden. Dadurch entsteht im kombinierten Frequenzbild unseres Drum-Loops eine charakteristische Abfolge von regelmäßig angeordneten Wellenspitzen und -tälern – ein Effekt, den man Kammfilter nennt. Eine Verzögerung von nur 0,000025 s (eine Vierzigstel-Millisekunde) zwischen den beiden Kanälen verursacht bereits eine vollständige Phasenauslöschung bei 20 kHz. Aber Sie werden auch eine teilweise Phasenauslöschung bei Frequenzen hören, die darunter liegen. Mit zunehmender Verzögerung bewegt sich der Kammfilter-Frequenzgang im Frequenzspektrum weiter nach unten, zieht sein Muster von Spitzen und Tälern nach sich, die wiederum näher und näher zusammenrücken. Wenn allerdings die Verzögerungszeiten etwa 25 ms übersteigen (je nachdem, um welchen Ton es sich handelt), beginnt unser Gehör, die höheren Frequenzen des verzögerten Signals als separat wahrnehmbares Echo einzustufen statt als Klangveränderung, und mit zunehmender Verzögerungszeit beschränkt sich die Phasenauslöschung schrittweise auf niedrigere Frequenzen.
Obwohl jetzt klar sein sollte, dass die klanglichen Auswirkungen des Kammfiltereffekts verheerend sein können, wenn zwei identische Signale mit einer Verzögerung kombiniert werden, sind die meisten auftretenden Kammfilter im Mixdown tatsächlich viel weniger schwerwiegend, weil entweder die außer Phase befindlichen Signale nicht vollständig identisch sind oder sie sehr unterschiedliche Lautstärken haben oder beides.
Beim Ausrichten der Lautsprecher geht es auch nicht nur um die horizontale Ebene, denn die vertikale Ausrichtung ist aus verschiedenen Gründen in der Regel sogar noch wichtiger. Erstens weist bei den meisten Nahfeldmonitoren das Gehäuse um den Hochtöner herum ein Profil auf, um einen sogenannten Wellenleiter zu erzeugen, der die Abstrahlung der hohen Frequenzen in der Horizontalen weiter streuen und so den optimalen Hörbereich (oder »Sweetspot«) vergrößern soll. Obwohl Wellenleiter darin sehr effektiv sein können, können sie in der Regel keine vergleichbar gute Arbeit für die vertikale Streuung hoher Frequenzen leisten und darüber hinaus dazu führen, dass diese Streuung sogar schmaler wird. Der zweite Grund ist hingegen, dass die meisten Nahfeldmonitore mehr als eine Membran beherbergen, wobei jede Membran an einer anderen vertikalen Position sitzt. Eine dafür vorgesehene kleine Schaltung oder DSP in den Lautsprechern (Frequenzweiche genannt) teilt den Frequenzbereich des Eingangssignals anhand vom Hersteller spezifizierten Grenzwerten (sogenannte Übergangs-/Trennfrequenzen) auf die verschiedenen Membranen auf. Obwohl die Frequenzweiche im Idealfall verhindern sollte, dass es zu irgendwelchen Überschneidungen zwischen der Frequenzwiedergabe der verschiedenen Membranen kommt, gibt es in Wirklichkeit zwangsläufig einen schmalen Spektralbereich um jede Trennfrequenz herum, bei dem zwei Membranen zugleich erhebliche Lautstärken abliefern. Wenn der Abstand der einzelnen Membranen zur Hörposition nicht gleich ist, erreichen die Signale der verschiedenen Membranen die Hörposition zu unterschiedlichen Zeitpunkten (oder »außer Phase«, wie die Freaks sagen), und das begünstigt dann einen möglicherweise schwerwiegenden Frequenzauslöschungseffekt, Kammfilter genannt.
Obwohl die Hersteller in der Regel ihr Bestes tun, um die Grenzfrequenzbereiche recht schmal zu halten, um so die Kammfiltereffekte zu minimieren, haben die meisten erschwinglichen Nahfeldmonitore nur zwei Membranen, weshalb die Kammfiltereffekte zwischen Tief- und Hochtöner aus mixtechnischer Sicht an der denkbar schlechtesten Stelle auftreten: genau in der Mitte des Frequenzbereichs, wo unser Gehör am empfindlichsten ist. Wenn Sie ein Gefühl für das Schadensausmaß bekommen wollen, versuchen Sie einmal dieses Experiment: Spielen Sie die Datei »PinkNoise« über einen einzelnen Nahfeldlautsprecher mit vertikal angeordneten Membranen ab und hören Sie sie vor allem auf der Schallabstrahlungsachse an, mit etwa 60 cm Abstand. Bewegen Sie sich dann abwechselnd etwa eine Hand breit zu jeder Seite, während Sie Ihre vertikale Position beibehalten. Bei den meisten Lautsprechern werden Sie aufgrund der Bündelung der hohen Frequenzen, die ich vorhin erwähnt habe, eine kleine tonale Klangveränderung hören. Sobald Sie sich an diese Änderung gewöhnt haben, bewegen Sie sich stattdessen eine Hand breit nach oben und unten, und die tonale Veränderung wird sehr wahrscheinlich noch deutlicher bemerkbar sein. Obwohl die Auswirkungen von Kammfiltern zwischen den Lautsprechermembranen im Vergleich zu einem echten Mix in der Regel nicht so hervorstechend sind, bedeutet das nicht, dass sie nicht da sind, und die Kerben, die sie in den Frequenzgang schlagen, untergraben auf heimtückische Weise Ihre Fähigkeit, sowohl die Tonhöhen- als auch die Lautstärkeverhältnisse der entscheidenden Töne des Mittenbereichs beurteilen zu können – Dinge wie Hauptgesang, Snare-Drums und Gitarren.
1.2.1 Stereomonitoring
Die Nahfeldmonitore eines kleinen Studios bieten in der Regel die zuverlässigste Quelle für Informationen über das Stereobild eines Mixes, aber damit sie das tatsächlich leisten können, müssen sie so aufgestellt sein, dass der Abstand zwischen den Lautsprechern mit dem Abstand der einzelnen Lautsprecher zur Hörposition identisch ist. Das liegt daran, dass das menschliche Gehirn instinktiv dazu neigt, die Quelle von wahrgenommenem Schall auf der gleichen Seite einzuordnen wie das Ohr, das dieser Klang zuerst erreicht. (Vermutlich hat die natürliche Auslese diejenigen Höhlenmenschen begünstigt, die feststellen konnten, von woher das Knurren des Säbelzahntigers kam.) Dieser Instinkt bewirkt, dass Sie Ihren Kopf nicht sehr weit aus dem Sweetspot bewegen müssen, bevor ein Großteil des Stereobildes zusammenklappt und stattdessen hauptsächlich der nähere Lautsprecher zu hören ist.
Ein hartnäckiger Mythos unter den Besitzern kleiner Studios besagt, dass es eine »Profi«-Lösung sei, Lautsprecher auf die Seite zu legen. Sicher, ein kurzes Surfen durchs Internet liefert zahllose Fotos von Regieräumen im Kampfstern-Galactica-Stil, auf denen man Nahfeldlautsprecher sehen kann, die seitlich oben auf der Meterbridge einer Konsole liegen. Doch hat diese Aufstellung nur wenig mit Abhörtreue und umso mehr damit zu tun, die Nahfeldmonitore zugunsten der großen Hauptmonitorlautsprecher aus dem Weg zu schaffen und an Aufnahmetagen den Blick durch die Regiescheibe zu verbessern.
Wenn Sie die Lautsprechermembranen horizontal trennen, indem Sie die Gehäuse auf die Seite legen, müssen Sie außerordentlich darauf bedacht sein, Ihre horizontale Sitzposition absolut beizubehalten (sowohl seitwärts als auch nach vorn und hinten), um kreuzweise Kammfiltereffekte zu vermeiden. Auf der anderen Seite werden Sie diese Crossover-Probleme mit aufrecht stehenden Lautsprechern nur dann bekommen, wenn Sie Ihren Kopf in der Vertikalen bewegen, wodurch Sie bei der Arbeit mehr Bewegungsfreiheit bekommen.
Hinzu kommt, dass die Wellenleiter der meisten Nahfeldmonitore so ausgelegt sind, dass sie den Sweetspot für den Bereich hoher Frequenzen erweitern, sofern der Lautsprecher aufrecht steht. Wenn Sie den Wellenleiter auf die Seite legen, verengt er den Sweetspot stattdessen und gibt zudem im Bereich hoher Frequenzen noch mehr Energie auf nahe stehende Schreibtisch- und Deckenflächen ab – ein Umstand, der aus Akustikersicht nicht gerade sinnvoll ist.
Ein weiterer häufig begangener Fehler ist das allzu weite Auseinanderstellen der Lautsprecher, da es die Mitte des Stereobildes destabilisiert, was es knifflig macht, die Verteilung der wichtigsten Sounds zu beurteilen, die dort typischerweise platziert sind. Wenn überhaupt, ist es besser, die Lautsprecher eher nah beieinander zu platzieren, weil Sie beim Abmischen mit dem verengten Stereobild, das dadurch erzeugt wird, viel einfacher arbeiten können als mit einer undeutlichen Abbildung des Zentrums. Außerdem erhalten Sie das beste Stereobild, wenn Sie das gesamte Monitorsystem so aufstellen, dass der Raum um den Sichtbereich der Abhörposition herum weitestgehend symmetrisch ist, um die Stereobildverteilung trotz der Auswirkungen von Schallreflexionen durch Wände und Möbel beizubehalten.
Ein weiterer Fallstrick, den es zu vermeiden gilt, ist eine entgegengesetzte Polarität der Lautsprecher. Normalerweise sollte jeglicher Klang in der Mitte des Stereobildes aus beiden Lautsprechern mit gleicher Lautstärke kommen und alle Lautsprechermembranen synchron hin und her schwingen lassen. Nun ist es aber überraschend häufig so, dass weniger erfahrene Benutzer ihr Studio-Rig fälschlicherweise so verkabeln, dass eine Membran zum Hörer drückt, während die andere von ihm wegzieht. Dadurch wird die Wellenform des linken Kanals verglichen mit der Wellenform des rechten Kanals in der Praxis invertiert, was in der Regel damit bezeichnet wird, dass die Lautsprecher »nicht in Phase« oder genauer »verpolt« sind. (Um es klarzustellen: Zwei Audiosignale sind nicht in Phase, wenn es eine Zeitverzögerung zwischen ihnen gibt. Sie sind verpolt, wenn eines der Signale invertiert wird, sodass die Wellenspitzen zu Tälern werden und umgekehrt.) Wenn dieses Problem auftritt, werden Sie mit einem sehr seltsamen Stereohörerlebnis konfrontiert, das sich ein bisschen so anfühlt, als würde Ihr Gehirn durch das Ohr hinausgesogen, und es macht es zudem schwierig, die Stereoausrichtung und das Pegelverhältnis zu beurteilen.
Um diesen Effekt zu testen, können Sie die Audiodatei »StereoTest« aus den Web-Ressourcen dieses Kapitels downloaden und sie über Ihre Anlage anhören. Sie enthält ein wiederkehrendes Muster von vier Rauschimpuls-Testsignalen: das erste nur im linken Kanal, das zweite nur im rechten Kanal, das dritte in beiden Kanälen und das vierte zwar in beiden Kanälen, aber mit dem rechten Kanal verpolt zum linken Kanal. Die Rauschimpulse davor werden bestätigen, dass Ihre Lautsprecher tatsächlich in Stereo arbeiten und richtig herum angeschlossen sind. Die letzteren Rauschimpulse sollten gegebenenfalls ziemlich deutlich aufzeigen, dass Ihre Lautsprecher zueinander verpolt sind. Wenn alles gut ist, sollten die dritten Impulse sehr viel deutlicher in der Mitte des Stereobildes liegen als die vierten. Wenn Sie feststellen, dass Ihre Lautsprecher verpolt sind, wird das mit ziemlicher Sicherheit an einem Punkt Ihrer Audioverkabelung liegen, der sich hinter den Ausgängen der Abspielanlage Ihres Studios befindet, wobei es wohl häufig vorkommt, dass Plus- und Minuspol von passiven Lautsprechern nicht korrekt mit den entsprechenden Anschlüssen des Verstärkers verbunden sind.
Die meisten bezahlbaren Nahfeldmonitore haben physikalisch getrennte Treiber, sodass unterschiedliche Frequenzbereiche aus verschiedenen Richtungen kommen. Einige Hersteller nutzen aber sogenannte »koaxiale« oder »dual-konzentrische« Bausteine, die die verschiedenen Treiber auf pfiffige Weise so kombinieren, dass das gesamte Spektrum aus nur einer Richtung kommt. Typische Vorteile, die dabei dazu gehören, sind verringerte Kammfilter-Effekte zwischen den Treibern, verbesserter Klang jenseits der Hauptwiedergabeachse des Lautsprechers und ein differenzierteres Stereobild. Trotzdem glaube ich nicht, dass Sie physikalisch getrennte Treiber ganz grundlegend davon abhalten, zuverlässig professionelle Mixes abzuliefern. Deshalb möchte ich nicht den Eindruck erwecken, dass kostenbewusste Tontechniker irgendeine Extrasumme für koaxiale Bauweise zahlen sollten, es sei denn aus Gründen des persönlichen Geschmacks.