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INHALT

DIE GESCHICHTE

Kindheitserinnerungen an das köstlichste Eis der Welt waren der Anfang: Wie die Idee zu dieser Reise entstand. Was mein Papa Renzo, der Gelatiere, damit zu tun hat. Und wie das Eis mit den italienischen Eismännern zu uns kam und die Eisdiele Kult wurde.

DEUTSCHLAND

Die Reise beginnt in Düsseldorf. Hier kam mein Vater 1970 nach Deutschland und lernte sein Handwerk als Gelatiere. Von hier geht es immer weiter Richtung Süden – in die bunte Welt der Eisdielen. Auf der Suche nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden, Geheimnissen und wunderbaren Rezepten.

ÖSTERREICH

Auf ihrem Weg in den Norden kamen die italienischen Gelatieri natürlich durch das Alpenland. Daher hat Eis dort eine lange Tradition. Es wurde zuerst in Kaffeehäusern serviert. Eis zum Kaffee ist bis heute eine köstliche Kombination – mit vielen Variationen zum Entdecken.

ITALIEN

Endlich am Ziel – in der Heimat der Gelatieri und des Eises! Da gibt es nicht nur jede Menge leckere Rezepte, sondern auch erstaunliche Geschichten zu erzählen. Zum Beispiel über Pinguine in Turin, kiloweise Eis und warum man in manchen Eisdielen Nummern ziehen muss.

GIRO GELATO – EINE REISE AUF DEN SPUREN MEINES VATERS

So lange ich denken kann, liebe ich Eis. Wenn ich die Augen schließe, habe ich noch heute den Geschmack von meinem ersten Schokoladeneis im Mund. Die schönsten Erinnerungen meiner Kindheit verbinde ich mit köstlichem Eis. Denn mein Vater ist ein Gelatiere – ein Eismacher. Und sein Eis war natürlich das allerbeste auf der ganzen Welt.

Später faszinierte mich die bunte Welt der Eisdielen. Ich fragte mich, woher dieser Einrichtungsstil wohl stammte? Gab es unausgesprochene Regeln, die jeder Eisverkäufer bei der Einrichtung seines Ladens beachten musste? Warum waren die Stühle immer so filigran und die runden Tische so klein? Aber vor allen Dingen: Wie schmeckt das Eis? Wer liebt welche Sorten? Gibt es Unterschiede je nach Land und Region?

Und so entstand eines Tages die Idee, zum Ursprung der Gelato-Kultur zu reisen. In das Land meines Vaters. Nach Italien. Es wurde eine Reise in die Vergangenheit. Ich machte mich auf den Weg, in umgekehrter Richtung immer entlang der Route, die mein Vater vor mehr als dreißig Jahren nach Deutschland nahm. Mein Giro Gelato!

Der Start war in Düsseldorf. Von hier aus ging es durch Deutschland und Österreich, Nord- und Mittelitalien und endete schließlich in Rom. Auf der Reise wollte ich alles lernen über Eis und die Kunst der Gelatieri. Ich wollte mit eigenen Augen sehen, wie das Eis in den unterschiedlichen Regionen gemacht wird. Wie es angeboten wird und an welchen Orten und Plätzen die Menschen das Eis genießen.

Auf diese Fragen wollte ich Antworten finden. Auf der Suche nach Antworten führte mich meine Reise von der Großstadt bis zum Meer. Vom Bergdorf in die Kleinstadt.

Auf Märkte, in Eisküchen und in seltsame Randbezirke großer Städte. Aus all diesen Eindrücken, Erlebnissen und Erfahrungen entstand dieses Buch, gewidmet einer Speise mit einer langen Tradition. Mit Manuel Weyer hatte ich einen großartigen Partner an meiner Seite. Er hat die schönen Eisrezepte entwickelt. Nach seinen Anleitungen gelingen Klassiker und neue, außergewöhnliche Kreationen.

Ich wollte mit meinen Bildern die Atmosphäre einfangen, die Leichtigkeit und die Unbeschwertheit, die von einem leckeren Eis und seiner Kultur ausgehen. Und die besonderen Menschen zeigen, die mit viel Liebe ihr wunderbares Eis herstellen. Ein echter Gelatiere liebt gutes, handgemachtes Eis – und seine Kunden, die genau dieselbe Leidenschaft für köstliches Gelato haben.

Begleiten Sie mich auf meiner Reise, meinem Giro Gelato.

Buon divertimento!

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Melanie Zanin

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MEINE GROSSE LIEBE ZUM EIS. GELATO, AMORE MIO

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Mein Papa hatte den tollsten Beruf der Welt. Und damit war ich der Star unter den Kindern unserer Straße. Damals, als ich so etwa drei Jahre alt war. Wenn Papa von der Arbeit kam, scharrten sich die Nachbarskinder um seinen Wagen. Manchmal hörten wir ihn schon von Weitem. Immer wenn er die große Glocke läutete, deren Klang uns so vertraut war und Vorfreude in uns weckte.

Papa war der Größte, wenn er uns nach Feierabend in seinem Wagen die letzten Eisreste in die kleinen Becher strich. Manchmal durften wir auch mit in den Eiswagen und bestaunten die großen Behälter und wie geschickt Papa uns das Eis aus den tiefen Bottichen holte.

Papas Eis war natürlich das beste der Welt. Aus dem damals kleinen Sortiment spendierte er uns oft ein Stracciatella-Eis. Damit konnte man so ein wunderbares Spiel spielen. Jeder löffelte fröhlich vor sich hin und wer ein besonders großes Stück Schokolade im Mund bemerkte, zeigte es stolz den anderen. Wer das größte Stück in seinem Becher fand, hatte gewonnen. Und für den Gewinner läutete Papa noch einmal die große Glocke. Toll, da schauten die Nachbarskinder aus den Fenstern und waren sicher neidisch auf so einen Papa.

1975 kam mein Vater Renzo mit 25 Jahren aus der norditalienischen Provinz Veneto nach Deutschland. Er stammt aus dem kleinen Ort Motta di Livenza ganz in der Nähe der berühmten Eismacher-Region, dem Zoldotal in den Dolomiten. Die Kunst des Eismachens lernte er allerdings erst in Deutschland bei einem befreundeten Gelatiere in Ratingen bei Düsseldorf. Es war keine leichte Zeit für ihn, ganz allein in einem fremden Land, ohne die Sprache zu sprechen, und mit nur wenig Geld. Aber er war fleißig und ehrgeizig und machte sich so schnell wie möglich selbstständig. Bald kaufte er sich einen gebrauchten VW-Bus, rüstete ihn zu einem Eiswagen um und gab Gas.

Papa wurde Eismann mit Leib und Seele. Für ihn war es das Schönste zu sehen, wie alle sich immer freuten, wenn er mit seinem Wagen durch die Straßen fuhr und in den Siedlungen anhielt. Die Kinder strömten auf ihn zu, mit diesem Lächeln voller Vorfreude. Aber nicht nur die Kinder waren begeistert von diesem charmanten jungen Italiener. Bald waren ihm auch die netten, hübschen deutschen Mädchen reihenweise verfallen. Aber Papa hatte nur Augen für eine von ihnen, die mit den schönen schokoladenbraunen Locken – Gabi. Sie holte sich gerne ein Zitroneneis, wenn er in der Pause vor den Schulhof fuhr. Ihr spendierte er so lange sein köstliches Eis, bis sie ihm und seinem Charme nicht mehr widerstehen konnte. Das sprichwörtliche „Liebe geht durch den Magen“ funktioniert also sogar mit Eis. Renzo und Gabi sagten bald „Sì“ zueinander. Sie wurden stolze Eltern von zwei deutsch-italienischen Mädchen, die sie genauso süß fanden wie ihr Gelato. Jeden Urlaub verbrachten wir alle gemeinsam natürlich in Italien – und wir liebten es.

AUCH OMA RÜHRT MIT AN

Das Eis für seinen Wagen machte Papa immer in unserem Keller. Dort hatte er eine kleine Eisküche aufgebaut. Mamas Mutter Erika half ihm oft dabei. In der Küche wurde alles frisch zubereitet, das Mark aus Vanilleschoten gekratzt, unzählige Eier aufgeschlagen und zusammen mit Zucker zu einer Eismasse gekocht, deren Rezeptur nur Papa und Oma kannten. Schließlich kam die Masse in die große Eismaschine und es dauerte eine ganze Weile, bis Papa das fertige Eis mit einem riesigen Spatel aus dem Bottich holen konnte. Wenn er sich dann mit dem frischen Eis auf seine Runde machte, kochte Oma im Keller oft schon für die nächste Fuhre vor.

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VOM EISWAGEN ZUR EISDIELE

Sein Geschäft lief so gut, dass Papa 1980 in Düsseldorf eine richtige Eisdiele eröffnen konnte – das Eiscafé Venezia, im typischen Stil der Zeit mit viel glänzendem Chrom und mit rotem Kunstleder gepolsterten Stühlen. Hier zeigte Papa dann sein ganzes Können als Gelatiere und dachte sich immer wieder tolle neue Variationen aus. Wie sein legendäres Pizza-Eis. Es sah tatsächlich aus wie eine Pizza – mit Erdbeer- statt Tomatensauce und mit Pfirsichen belegt. Als Käse dienten Kokosraspel oder weiße Schokolade. Eine damals außergewöhnliche Kreation. Damit war er einer der Vorreiter.

Mit dem Eiscafé verbinde ich noch immer die schönsten Erinnerungen. Es hat mein Leben geprägt. Heute hat mein Vater statt einer Eisdiele eine Pizzeria. Aber unsere gemeinsame Liebe zum Eis ist geblieben.