HORST BIEBER
Krimi
IMPRESSUM
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker
© by Author/ Titelbild: Nach Motiven von Pixabay, Dmitry Cherevko/123RF, 2017
Korrektorat: Kerstin Peschel
© dieser Ausgabe 2017 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
www.AlfredBekker.de
postmaster@alfredbekker.de
Uwe Helmbrecht, Verkaufsleiter bei der Firma Rittlinger Scheren , muss in letzter Zeit, auffallend viele Misserfolge hinnehmen. Die schönsten Aufträge gehen im letzten Moment verloren, obwohl er sich mit aller Kraft einsetzt. Und dann hört er in der Branche, dass er seine Firma verlassen will – was er gar nicht vorhat. Aber er ahnt, wer dahintersteckt: Holger Bornemann, einer der beiden Geschäftsführer, versucht offenbar alles, um ihn loszuwerden. Nur warum? Uwe schart seine Getreuen um sich und betreibt auf eigene Faust ein bisschen Werkspionage … und findet überraschende Dinge heraus: die Firma ist auf Grund von Bornemanns Geschäftspolitik auf dem absteigenden Ast, und Bornemann baut ihn zum Sündenbock für seine eigenen Fehler und Versäumnisse auf.
Uwe holt zum Gegenschlag aus. Doch bevor er sich richtig wehren kann, verhaftet ihn die Polizei: Mordverdacht. Die Indizien sind überwältigend. Und nun geht es nicht nur um seinen Job, sondern um seine Haut …
Uwe Helmbrecht – hat mehr Feinde, als er ahnt.
Melanie Helmbrecht – bietet eine schöne Fassade.
Holger Bornemann – spielt den strahlenden Gewinner.
Dala Bornemann – hätte vielleicht lieber einen Verlierer.
Werner Danckus – hält ein Auge auf Gewinn und Verlust.
Martha Engel – ist längst nicht so sanft wie ihr Name und trotzdem ein Schutzengel.
Friderike van der Brügge – entlockt jedem Computer seine Geheimnisse.
Christine Marbach – passt im entscheidenden Moment nicht auf.
Karin Szesseny – nutzt ihre Reize gnadenlos aus.
Angelica Weber verliebt sich in den falschen Mann.
Hauptkommissar Gotte – lässt sich auch nicht durch höhere Gewalt von der Spur bringen.
Staatsanwalt Hedrick – raucht Pfeife und behält immer einen kühlen Kopf.
Alle Personen und Taten, Firmen und Konstruktionen, selbst Stadt und Land sind frei erfunden. Nur die Umstände sollen an die Bundesrepublik erinnern.
Meinem Freund und Kollegen H. Sch. gewidmet.
A Faint Cold Fear Thrills Through My Veins
(William Shakespeare)
Das Haus war dunkel, kühl und fast beklemmend still; der schmächtige alte Mann lauschte einen Moment beunruhigt, bevor er sich wieder über den Briefbogen beugte. Die Feder seines Füllhalters kratzte widerspenstig.
„Lieber Freund, an unserer Schönen soll es nicht scheitern, ich schicke sie Dir gern. Sie ist zuverlässig, schnell, tüchtig und verschwiegen, sie ist aber auch im wahrsten Sinne des Wortes gewissenlos. Und das, mein Freund, vergiss bitte nie; ich habe es in einer schwachen Stunde einmal vergessen und teuer dafür bezahlt. Sie hat übrigens einen für Dich geeigneten Mann an der Hand, den sie mitbringen wird. An Deiner Stelle würde ich ihr diesen Brief zeigen; Du wirst schon begreifen, warum ich Dir das rate.
Unser letztes Geschäft war ein Fehler. Die Wölfe kommen näher, einer muss vom Schlitten, und zwar bald. Ich bin traurig und fürchte mich. Alles Gute, Dein Walter.“
Mit pedantischer Sorgfalt, die alle seine Bewegungen auszeichnete, schraubte er den Füllhalter zu, faltete den Bogen und schob ihn in den bereits adressierten und frankierten Umschlag, klebte ihn zu und legte ihn mitten auf die Schreibunterlage. Es reichte, wenn er ihn morgen auf der Fahrt ins Büro einwarf.
Eine altmodische Standuhr begann zu schlagen, er zählte bis zwölf und griff seufzend nach dem Stock. Das rechte Fußgelenk war dick bandagiert, und mühsam humpelte er zur Tür. Noch vor Monaten hatte er das große leere Haus als Schutzburg empfunden, inzwischen ängstigte es ihn, und seit dem unglücklichen Sturz vor drei Wochen überfiel ihn manchmal die panische Furcht, in einer riesigen Falle zu sitzen. Ächzend stieg er die lange, gerade Treppe hoch, der Knöchel schmerzte immer noch.
Die Gestalt zog sich zurück und wartete oben im Schatten, direkt neben der Treppe, flach atmend. Unter der scheußlichen Hexenmaske aus Gummi war es feuchtwarm.
Der alte Mann hatte die vorletzte Stufe erreicht. Plötzlich trat die Gestalt zwei Schritte vor, der Schreck lähmte den Mann für eine Sekunde, aber da hatte die Gestalt bereits beide Hände ausgestreckt und stieß ihn mit aller Kraft zurück. Dagegen hatte der Alte keine Chance. Mit einem erstickten Schrei stürzte er rückwärts die Treppe hinunter, sein Stock verklemmte sich in dem Geländer und splitterte, die beiden Teile rollten hinterher.
Die Gestalt wartete eine Minute, bevor sie hinunterging, vorsichtig über die beiden obersten Stufen steigend, auf denen sie – mit Handschuhen – vorher die Spannstäbe des Läufers ein wenig gelockert hatte, nicht viel, gerade genug, um jetzt ein wenig ziehen zu können, sodass der rotschwarzkarierte Läufer auf zwei Stufen Falten warf, nicht auffällig, aber auch nicht zu übersehen. Der Mann war tot, zu einer grotesken Gliederpuppe geworden, und der Schreck hatte sein Gesicht zu einer fürchterlichen Grimasse verzerrt, fast so abstoßend wie die Maske, die der Gestalt auf der schweißnassen Haut klebte.
Ohne Eile ging die Gestalt in die Bibliothek. Die Schreibtischlampe brannte noch, als müsse sie eigens auf den Brief, genau in der Mitte der Unterlage hinweisen. Die Hexe las die Anschrift und grunzte, bevor sie den Brief einsteckte. Durch die Seitentür verließ sie unbemerkt das Haus und schloss ab. Auf dem Heimweg hielt die Gestalt einmal an, um Maske, Handschuhe und Schlüssel in eine fremde Mülltonne zu stopfen.