EINLEITUNG
DER BEGINN DER WISSENSCHAFT
600 V. CHR. BIS 1400
Eine Sonnenfinsternis lässt sich vorhersagen
Thales von Milet
Nun hört von der vierfachen Wurzel von allem
Empedokles
Die erste Messung des Erdumfangs
Eratosthenes
Der Mensch ist mit den niederen Wesen verwandt
At-Tusi
Ein in einer Flüssigkeit schwimmender Körper verdrängt sein Volumen
Archimedes
Die Sonne ist wie Feuer, der Mond ist wie Wasser
Zhang Heng
Das Licht gelangt auf geradem Weg in unser Auge
Alhazen
DIE WISSENSCHAFTLICHE REVOLUTION
1400–1700
In der Mitte aber von allen steht die Sonne
Nikolaus Kopernikus
Die Bahn eines jeden Planeten ist eine Ellipse
Johannes Kepler
Fallende Körper beschleunigen gleichmäßig
Galileo Galilei
Die Erdkugel ist ein Magnet
William Gilbert
Nicht durch Reden, sondern durch Versuche
Francis Bacon
Die Luft »federt«
Robert Boyle
Ist das Licht Teilchen oder Welle?
Christiaan Huygens
Erste Beobachtung eines Venustransits
Jeremiah Horrocks
Organismen entwickeln sich Schritt für Schritt
Jan Swammerdam
Alle Lebewesen bestehen aus Zellen
Robert Hooke
Gesteinsschichten bilden sich übereinander
Nicolas Steno
Mikroskopische Beobachtungen von »Animalcules«
Antonie van Leeuwenhoek
Die Messung der Lichtgeschwindigkeit
Ole Rømer
Eine Art entspringt niemals dem Samen einer anderen
John Ray
Gravitation beeinflusst alles im Universum
Isaac Newton
DIE ERWEITERUNG DES HORIZONTS
1700–1800
Die Natur schreitet nicht in Sprüngen voran
Carl von Linné
Die Wärme, die bei der Umwandlung von Wasser in Dampf verschwindet, ist nicht verloren
Joseph Black
Brennbare Luft
Henry Cavendish
Winde, die sich dem Äquator nähern, werden immer östlicher
George Hadley
Eine starke Strömung kommt aus dem Golf von Florida
Benjamin Franklin
Dephlogisierte Luft
Joseph Priestley
In der Natur wird nichts erschaffen, nichts geht verloren, alles ändert sich
Antoine Lavoisier
Die Masse einer Pflanze kommt aus der Luft
Jan Ingenhousz
Die Entdeckung neuer Planeten
Friedrich Wilhelm Herschel
Die Minderung der Lichtgeschwindigkeit
John Michell
Das elektrische Fluidum in Bewegung setzen
Alessandro Volta
Kein Anzeichen von Anfang und Ende
James Hutton
Die Anziehungskraft der Berge
Nevil Maskelyne
Das Geheimnis der Natur im Aufbau und in der Befruchtung der Pflanzen
Christian Sprengel
Die Elemente verbinden sich immer auf dieselbe Weise
Joseph Proust
EIN JAHRHUNDERT DES FORTSCHRITTS
1800–1900
Die Experimente können bei Sonnenlicht leicht wiederholt werden
Thomas Young
Die relativen Massen der letzten Teilchen bestimmen
John Dalton
Elektrizität kann chemische Effekte erzeugen
Humphry Davy
Die ersten geologischen Karten
William Smith
Sie kann die Knochen zuordnen
Mary Anning
Die Vererbung erworbener Eigenschaften
Jean-Baptiste Lamarck
Jede chemische Verbindung hat zwei Teile
Jöns Jakob Berzelius
Der elektrische Konflikt ist nicht auf den leitenden Draht beschränkt
Hans Christian Ørsted
Eines Tages, Sir, können Sie dies besteuern
Michael Faraday
Die Wärme durchdringt jede Substanz im Universum
Joseph Fourier
Die künstliche Herstellung organischer Substanzen
Friedrich Wöhler
Der Wind bläst niemals geradeaus
Gaspard-Gustave de Coriolis
Das farbige Licht der Doppelsterne
Christian Doppler
Der Gletscher war Gottes großer Hobel
Louis Agassiz
Die Natur als ein belebtes Ganzes auffassen
Alexander von Humboldt
Licht bewegt sich in Wasser langsamer als in Luft
Léon Foucault
Lebendige Kraft kann in Wärme verwandelt werden
James Prescott Joule
Statistische Untersuchung der Molekülbewegung
Ludwig Boltzmann
Plastik wollte ich eigentlich nicht erfinden
Leo Baekeland
Dieses Prinzip nenne ich die natürliche Auslese
Charles Darwin
Das Wetter vorhersagen
Robert Fitzroy
Omne vivum ex vivo – Alles Leben entsteht aus Leben
Louis Pasteur
Eine der Schlangen erfasste ihren eigenen Schwanz
Friedrich August Kekulé
In dem entschieden ausgesprochenen Durchschnitts-Verhältnisse 3:1
Gregor Mendel
Eine evolutionäre Verbindung zwischen den Vögeln und den Dinosauriern
Thomas Henry Huxley
Eine offenbare Periodizität der Eigenschaften
Dmitri Mendelejew
Licht und Magnetismus sind Erscheinungen derselben Substanz
James Clerk Maxwell
Aus der Röhre traten Strahlen aus
Wilhelm Conrad Röntgen
Der Blick ins Innere der Erde
Richard Dixon Oldham
Strahlung ist eine atomare Eigenschaft der Elemente
Marie Curie
Eine ansteckende lebendige Flüssigkeit
Martinus Beijerinck
EIN PARADIGMENWECHSEL
1900–1945
Quanten sind diskrete Energiepakete
Max Planck
Jetzt weiß ich, wie das Atom aussieht
Ernest Rutherford
Gravitation ist eine Verzerrung im Raum-Zeit-Kontinuum
Albert Einstein
Die sich verschiebenden Kontinente sind riesige Teile eines sich stets ändernden Puzzles
Alfred Wegener
Chromosomen spielen eine Rolle in der Vererbung
Thomas Hunt Morgan
Teilchen haben wellenartige Eigenschaften
Erwin Schrödinger
Unbestimmtheit ist unvermeidlich
Werner Heisenberg
Das Universum ist groß … und wird immer größer
Edwin Hubble
Der Radius des Raums war anfangs null
Georges Lemaître
Jedes Materieteilchen hat ein Gegenstück aus Antimaterie
Paul Dirac
Es gibt eine Obergrenze, ab der ein kollabierender Stern instabil wird
Subrahmanyan Chandrasekhar
Leben ist Lernen
Konrad Lorenz
95 Prozent des Universums fehlen
Fritz Zwicky
Eine universelle Rechenmaschine
Alan Turing
Die Natur der chemischen Bindung
Linus Pauling
Eine furchtbare Kraft steckt im Atomkern
J. Robert Oppenheimer
GRUNDBAUSTEINE
1945–HEUTE
Wir bestehen aus Sternenstaub
Fred Hoyle
Springende Gene
Barbara McClintock
Die seltsame Theorie von Licht und Materie
Richard Feynman
Das Leben ist kein Wunder
Harold Urey und Stanley Miller
Wir möchten eine Struktur für das Salz der Desoxyribonukleinsäure (DNA) vorschlagen
James Watson und Francis Crick
Alles, was passieren kann, passiert auch
Hugh Everett III
Ein perfektes Tic Tac Toe
Donald Michie
Die Einheit der Fundamentalkräfte
Sheldon Glashow
Der Grund für die globale Erwärmung sind wir selbst
Charles Keeling
Der Schmetterlingseffekt
Edward Lorenz
Das Vakuum ist nicht das Nichts
Peter Higgs
Symbiose gibt es überall
Lynn Margulis
Die Dreierbande – Quarks
Murray Gell-Mann
Eine Theorie für Alles?
Gabriele Veneziano
Schwarze Löcher verdampfen
Stephen Hawking
Die Erde und alle ihre Lebensformen bilden einen einzigen lebenden Organismus namens Gaia
James Lovelock
Eine Wolke besteht aus Schwaden auf Schwaden
Benoît Mandelbrot
Ein Quantenmodell für Computer
Yuri Manin
Gene können sich von einer Art zu einer anderen bewegen
Michael Syvanen
Der Fußball hält sehr hohen Druck aus
Harold Kroto
Genübertragung auf Menschen kann Krankheiten heilen
William French Anderson
Der Entwurf neuer Lebensformen am Bildschirm
Craig Venter
Ein neues Gesetz der Natur
Ian Wilmut
Welten jenseits unseres Sonnensystems
Geoffrey Marcy
ANHANG
GLOSSAR
DANK
Wissenschaft ist die permanente Suche nach Wahrheit – ein ständiger Versuch zu enthüllen, wie das Universum funktioniert, der bis in die ältesten Kulturen zurückreicht. Getrieben durch Neugier, baut sie auf logisches Denken, Beobachtung und Experimente. Der griechische Philosoph Aristoteles etwa schuf in seinen wissenschaftlichen Schriften die Grundlagen für viele der nachfolgenden Werke. Er war ein guter Naturbeobachter, aber da er rein auf Logik und Erörterungen vertraute und keinerlei Experimente durchführte, verstand er vieles falsch. So behauptete er, dass große Körper schneller fielen als kleine und doppelt so schwere Körper auch doppelt so schnell. Diese Vorstellung ist zwar falsch, doch sie wurde erst 1590 von dem italienischen Astronomen Galileo Galilei widerlegt. Heute mag es selbstverständlich sein, dass gute Wissenschaftler sich auf empirische Befunde stützen, doch das galt nicht immer.
Ein logisches System für das wissenschaftliche Vorgehen wurde erstmals im frühen 17. Jahrhundert von dem englischen Philosophen Francis Bacon vorgeschlagen. Er baute auf dem 600 Jahre alten Werk des arabischen Gelehrten Alhazen auf und wurde schon bald von dem französischen Philosophen René Descartes bestärkt. In dem System müssen Forscher Beobachtungen machen, eine Theorie zu ihrer Erklärung entwickeln und dann die Theorie mit Experimenten prüfen. Anschließend wird die Theorie Kollegen vorgelegt, die entweder Lücken in den Überlegungen finden und sie so widerlegen oder die Experimente wiederholen und die Ergebnisse bestätigen können.
Das Aufstellen einer überprüfbaren Hypothese oder Vorhersage ist immer von Nutzen. Der englische Astronom Edmond Halley beobachtete 1682 einen Kometen.
»Alle Wahrheiten sind leicht zu verstehen, wenn sie entdeckt sind. Es kommt darauf an, sie zu entdecken.«
Galileo Galilei
Da ihm die Ähnlichkeit zu bereits 1531 und 1607 gesichteten Kometen auffiel, behauptete er, es handele sich bei allen um denselben Kometen, der auf einer Bahn um die Sonne kreise. Er berechnete, dass der Komet 1758 wiederkehren würde – und er hatte recht, wenn auch nur knapp: Der Komet wurde am 25. Dezember gesichtet. Heute heißt er Halley’scher Komet. Da Astronomen kaum Versuche durchführen können, müssen sie Belege aus Beobachtungen herleiten.
Manchmal eröffnen Versuche auch völlig neue Blickwinkel: Als der Physiker Ernest Rutherford seinen Studenten zusah, die Alphateilchen auf eine Goldfolie schossen und dabei nur kleine Streuwinkel untersuchten, schlug er ihnen vor, den Detektor auch neben der Teilchenquelle aufzustellen. Zu ihrer aller Überraschung prallten einige Teilchen von der papierdünnen Folie zurück – so, als würden Granaten von Seidenpapier reflektiert. Das führte ihn zu einer neuen Idee über den Aufbau der Atome.
Ein Versuch ist umso überzeugender, je besser der Forscher mit seiner neuen Theorie das Ergebnis vorhersagen kann. Wenn die Vorhersage tatsächlich eintritt, ist die Theorie gestützt. Dennoch kann die Wissenschaft nicht beweisen, dass eine Theorie korrekt ist. Der Wissenschaftsphilosoph Karl Popper zeigte im 20. Jahrhundert, dass Theorien nur widerlegt werden können. Jeder Versuch, der zum erwarteten Ergebnis führt, stützt eine Theorie, doch nur ein gescheitertes Experiment kann sie zum Einsturz bringen.
Über die Jahrhunderte wurden alte Vorstellungen wie das geozentrische Universum, die vier Temperamente, das Feuerelement Phlogiston und das rätselhafte Medium Äther widerlegt und durch neue ersetzt. Doch auch sie sind wiederum nur Theorien, wenn auch ihre Widerlegung angesichts der Belege in vielen Fällen unwahrscheinlich ist.
Die Wissenschaft schreitet selten in einfachen, logischen Schritten voran. Zwar können Entdeckungen unabhängig voneinander gemacht werden, aber fast immer baut ein Fortschritt auf vorigen Arbeiten und Theorien auf. Ein Grund für den Bau des riesigen Teilchenbeschleunigers LHC ab 1998 war die Suche nach dem 1964 vorhergesagten Higgs-Teilchen. Die Vorhersage stützte sich auf theoretische Vorarbeiten über den Aufbau des Atoms, die bis Rutherford und den dänischen Forscher Niels Bohr in den 1920er-Jahren zurückreichten und ihrerseits die Entdeckung des Elektrons 1897 voraussetzten. Diese wiederum hing von der Entdeckung der Kathodenstrahlen 1869 ab, welche ohne die Vakuumpumpe und die Erfindung der Batterie 1799 nie möglich gewesen wäre – und so spannt sich der Bogen über Jahrzehnte und Jahrhunderte. Der große englische Physiker Isaac Newton sagte: »Wenn ich weiter geblickt habe, so deshalb, weil ich auf den Schultern von Riesen stehe.« Damit meinte er vor allem Galilei, aber vielleicht hat er auch ein Exemplar der Optik von Alhazen gesehen.
Die ersten Philosophen mit wissenschaftlichem Anspruch lebten im 6. und 5. Jahrhundert v. Chr. in Griechenland. Thales von Milet sagte im Jahr 585 v. Chr. eine Sonnenfinsternis voraus. Pythagoras gründete 50 Jahre später im heutigen Süditalien eine mathematische Schule und Xenophanes fand Muscheln auf einem Berg und schloss daraus, die ganze Erde müsse einst von Meer bedeckt gewesen sein.
In Sizilien behauptete Empedokles im 4. Jahrhundert v. Chr., Erde, Luft, Feuer und Wasser seien die »vierfache Wurzel von allem«. Einer Legende nach bestieg er mit seinen Anhängern den Ätna und stürzte sich hinein, um seine Unsterblichkeit zu zeigen – und tatsächlich erinnern wir uns noch heute an ihn.
Zur gleichen Zeit versuchten Menschen in Indien, China und rund um das Mittelmeer, die Bewegung der Himmelskörper zu verstehen. Sie fertigten Sternkarten – auch zur Navigation – und benannten Sterne und Sterngruppen. Einige »Wandelsterne«, die vor dem Hintergrund der »Fixsterne« unregelmäßige Bahnen zogen, nannten sie »Planeten«. Die Chinesen entdeckten um 240 v. Chr. den Halley’schen Kometen und beobachteten 1054 eine Supernova, die heute Krebsnebel genannt wird. »
»Um die Wahrheit zu finden, muss einmal im Leben an allem, soweit es möglich ist, gezweifelt werden.«
René Descartes
Im späten 8. Jahrhundert gründete das Abbasiden-Kalifat in der neuen Hauptstadt Bagdad das »Haus der Weisheit« mit einer Riesenbibliothek. Das setzte schnelle Fortschritte der islamischen Wissenschaft und Technik in Gang. Viele sinnreiche mechanische Geräte wurden dort erfunden, etwa das Astrolabium, ein Hilfsmittel zur Navigation mithilfe der Sterne. Die Alchemie florierte, Techniken wie die Destillation tauchten auf. Die Gelehrten sammelten in der Bibliothek die wichtigsten Bücher aus Griechenland und Indien und übersetzten sie ins Arabische. Auf diese Weise wurden sie bewahrt und später im Westen wiederentdeckt. Die »arabischen« Zahlen, inklusive der Null, stammen also aus Indien.
Als das Monopol der Kirche über die wissenschaftliche Wahrheit in der westlichen Welt langsam zu schwinden begann, erschienen 1543 zwei bahnbrechende Bücher. Der flämische Anatom Andreas Vesalius beschrieb in De Humani Corporis Fabrica mit ausgezeichneten Illustrationen seine Sektionen menschlicher Körper. In De Revolutionibus Orbium Coelestium behauptete der polnische Domherr Nikolaus Kopernikus, dass die Sonne den Mittelpunkt des Universums bilde. Damit überwand er das geozentrische Weltmodell, das Ptolemäus von Alexandria ein Jahrtausend zuvor entwickelt hatte.
Im Jahr 1600 erklärte der englische Arzt William Gilbert in De Magnete, dass die Kompassnadel nach Norden zeigt, weil die Erde selbst ein Magnet ist. Er behauptete sogar, dass der Erdkern aus Eisen bestehe. 1623 beschrieb William Harvey, ein weiterer englischer Arzt, das Herz als Pumpe, die das Blut durch den Körper treibt. Damit verwarf er die 1400 Jahre alte Theorie des spätantiken Arztes Galen. In den 1660er-Jahren schrieb der irische Chemiker Robert Boyle mehrere Bücher, darunter The Sceptical Chymist, worin er den Begriff des chemischen Elements definierte. Dies markiert die Geburt der Chemie als Wissenschaft, in Abgrenzung zur mystischen Alchemie, von der sie abstammt.
Robert Hooke, zeitweise Boyles Assistent, schrieb 1665 mit Micrographia den ersten wissenschaftlichen Bestseller. Seine Falttafeln mit herrlichen Bildern, etwa von einem Floh oder einem Fliegenauge, eröffneten eine mikroskopische Welt, die niemand je zuvor gesehen hatte. 1687 folgte Isaac Newtons Werk Philosophiae Naturalis Principia Mathematica, kurz Principia, das als das wichtigste Wissenschaftsbuch aller Zeiten gilt. Seine Bewegungsgesetze und das universelle Gravitationsgesetz bilden die Grundlage der klassischen Physik.
Im 18. Jahrhundert erkannte der französische Chemiker Antoine Lavoisier die Rolle von Sauerstoff bei der Verbrennung und widerlegte die Phlogistontheorie. Bald wurden etliche neue Gase und ihre Eigenschaften untersucht. Das Nachdenken über Gase in der Atmosphäre führte den britischen Forscher John Dalton zu der Behauptung, jedes Element bestehe aus einzigartigen Atomen, und er entwickelte die Idee des Atomgewichts. Dann schuf der deutsche Chemiker Friedrich August Kekulé die Grundlagen der Molekülstruktur und der russische Chemiker Dmitri Mendelejew stellte das erste Periodensystem der Elemente vor.
»Mir selbst komme ich nur wie ein Junge vor, der am Strand spielt und sich damit vergnügt, ein noch glatteres Kieselsteinchen … zu finden, während das große Meer der Wahrheit gänzlich unerforscht vor mir liegt.«
Isaac Newton
Die elektrische Batterie, erfunden 1799 von Alessandro Volta, eröffnete neue Forschungsfelder. Der Däne Hans Christian Ørsted und der Brite Michael Faraday entdeckten den Elektromagnetismus, die Grundlage für den Elektromotor. Mittlerweile wurden die Ideen der klassischen Physik auf die Atmosphäre, die Sterne, die Lichtgeschwindigkeit und die Wärme angewandt und die Disziplin der Thermodynamik entwickelte sich.
Die Geologen rekonstruierten anhand von Gesteinsschichten die Erdgeschichte, und als Reste ausgestorbener Tiere gefunden wurden, kam die Paläontologie in Mode. Eine berühmte Fossilienjägerin war die Autodidaktin Mary Anning. Mit den Dinosauriern entwickelten sich auch die Idee einer Evolution – am bekanntesten die Theorie von Charles Darwin – und neue Theorien über den Ursprung des Lebens und die Ökologie.
Anfang des 20. Jh. entwickelte der junge Albert Einstein seine Relativitätstheorie, die die klassische Physik erschütterte und die Idee der Absolutheit von Zeit und Raum verwarf. Neue Atommodelle entstanden. Versuche zeigten, dass Licht sich mal als Welle und mal als Teilchen verhielt. Und Werner Heisenberg zeigte, dass es bei Messungen prinzipielle Unbestimmtheiten gibt.
Beeindruckend war an diesem Jahrhundert aber vor allem, wie die Wissenschaften dank technischer Fortschritte schneller denn je voranschreiten und immer präzisere Theorien aufstellen konnten. Immer größere Teilchenbeschleuniger enthüllten neue Grundbausteine der Materie. Immer stärkere Teleskope zeigten, dass das Universum sich ausdehnt und wohl aus einem »Urknall« entstanden ist. Die Idee von Schwarzen Löchern etablierte sich. Dunkle Materie und dunkle Energie, was immer das auch sei, erfüllen wohl das Universum, und die Astronomen entdeckten neue Welten – Planeten ferner Sterne, die zum Teil möglicherweise Leben tragen. Alan Turing entwickelte das Konzept einer universellen Rechenmaschine und heute sind PCs, das Internet und Smartphones weltweit verbreitet.
»Realität ist eine Illusion, allerdings eine sehr hartnäckige.«
Albert Einstein
In der Biologie erwiesen sich die Chromosomen als Grundlage der Vererbung, und die chemische Struktur der DNA wurde entschlüsselt. Kaum 40 Jahre später begann das Humangenomprojekt, das anfangs fast unlösbar erschien, dann aber durch Fortschritte der Computertechnik immer rascher vorankam. DNA-Sequenzierung ist heute fast Laborroutine, Gentherapie ist keine vage Hoffnung mehr, und die ersten Säugetiere sind geklont.
Heutige Forscher entwickeln die Theorien und Erkenntnisse in beharrlicher Suche nach der Wahrheit weiter. Es wird wohl immer mehr Fragen als Antworten geben, doch neue Entdeckungen werden gewiss auch künftig erstaunen.
585 V. CHR.
Thales von Milet sagt eine Sonnenfinsternis voraus und beendet damit die Schlacht am Halys.
UM 500 V. CHR.
Xenophanes findet Muscheln im Gebirge und behauptet, die ganze Erde sei einst von Wasser bedeckt gewesen.
UM 325 V. CHR.
Aristoteles schreibt eine Reihe von Büchern über Physik, Biologie und Zoologie.
UM 250 V. CHR.
Aristarch von Samos behauptet, nicht die Erde, sondern die Sonne bilde den Mittelpunkt des Universums.
UM 530 V. CHR.
Pythagoras gründet in Kroton (Süditalien) eine mathematische Schule.
UM 450 V. CHR.
Nach Empedokles bestehen alle Dinge aus einer Kombination von Erde, Luft, Feuer und Wasser.
UM 300 V. CHR.
Theophrast von Eresos schreibt Bücher wie die Naturgeschichte der Gewächse und begründet damit die Botanik.
UM 240 V. CHR.
Archimedes ermittelt, dass eine Krone nicht aus purem Gold besteht, indem er ihren Auftrieb misst.
UM 240 V. CHR.
Archimedes’ Freund Erathostenes berechnet den Umfang der Erde aus der Länge eines Schattens zur Mittagszeit.
UM 130 V. CHR.
Hipparch entdeckt die Präzession der Erdbahn und stellt den ersten Sternenkatalog des Abendlandes zusammen.
UM 150 V. CHR.
Der Almagest von Claudius Ptolemäus wird trotz vieler Fehler das maßgebliche Lehrbuch zur Astronomie im Westen.
964
Der persische Astronom Abd ar-Rahman as-Sufi überarbeitet den Almagest und gibt vielen Sternen die heute noch gebräuchlichen arabischen Namen.
UM 230 V. CHR.
Ktesibios baut Wasseruhren, sogenannte Klepsydren, die jahrhundertelang die genausten Zeitmesser bleiben.
UM 120 V. CHR.
In China untersucht Zhang Heng Verfinsterungen und erstellt einen Katalog mit 2500 Sternen.
628
Der indische Mathematiker Brahmagupta stellt die ersten Regeln zum Gebrauch der Zahl Null vor.
1021
Alhazen, einer der ersten Experimentalforscher, führt seine Versuche über das Sehen und die Optik durch.
Die wissenschaftliche Erforschung der Welt hat ihre Wurzeln in Mesopotamien. Die Erfindung der Landwirtschaft und der Schrift gaben den Menschen mehr Zeit für Untersuchungen und außerdem die Möglichkeit, ihre Ergebnisse festzuhalten. Inspiriert wurde die frühe Wissenschaft durch den nächtlichen Himmel. Seit dem 4. Jahrhundert v. Chr. beobachteten sumerische Priester die Sterne und hielten ihre Ergebnisse auf Tontafeln fest. Ihre Methoden sind zwar nicht überliefert, doch eine Tafel von 1800 v. Chr. zeigt, dass die Eigenschaften rechtwinkliger Dreiecke bekannt waren.
Die alten Griechen betrachteten Wissenschaft als Teil der Philosophie. Als erste Person mit einem wissenschaftlichen Werk gilt Thales von Milet, von dem Platon berichtete, er habe so viel Zeit mit Träumerei und Sternbeobachtung verbracht, dass er einmal in einen Brunnen fiel. Wohl mithilfe von Daten der älteren Babylonier sagte Thales 585 v. Chr. eine Sonnenfinsternis voraus und zeigte so die Macht der Wissenschaft.
Das antike Griechenland war kein einheitlicher Staat, sondern ein lockerer Bund vieler Stadtstaaten. Aus Milet in der heutigen Türkei stammen mehrere berühmte Philosophen. Im griechischen Athen lehrte und wirkte Aristoteles, ein kluger Beobachter, der aber keine eigenen Experimente durchführte. Wenn er viele kluge Köpfe zusammenführte, so glaubte er, werde sich die Wahrheit zeigen. Der Ingenieur Archimedes aus Syrakus auf Sizilien untersuchte die Eigenschaften von Flüssigkeiten. Ein neues Zentrum der Gelehrsamkeit war Alexandria, gegründet 331 v. Chr. von Alexander dem Großen an der Mündung des Nils. Hier bestimmte Eratosthenes den Umfang der Erde, Ktesibios baute genaue Uhren, und Heron erfand die Dampfturbine. Zudem wurden in Alexandria Bücher gesammelt, doch diese umfangreichste Bibliothek der antiken Welt brannte ab, als Römer und Christen die Stadt eroberten.
Unabhängig blühte die Wissenschaft in China. Die Chinesen erfanden das Schießpulver – und damit Feuerwerk, Raketen und Kanonen – sowie den Blasebalg zur Metallherstellung. Hier wurden der erste Seismograf und der erste Kompass gebaut. Im Jahr 1054 beobachteten chinesische Astronomen eine Supernova, die seit 1731 als Krebsnebel bezeichnet wird.
Anspruchsvolle Geräte des ersten Jahrtausends, etwa das Spinnrad, wurden in Indien entwickelt, und chinesische Gesandte studierten die dortige Landwirtschaft. Indische Mathematiker entwickelten das Zahlensystem mit der Null und mit negativen Zahlen, das heute als »arabisches« bekannt ist, und sie definierten auch die trigonometrischen Funktionen Sinus und Kosinus.
Mitte des 8. Jahrhunderts verlegten die Abbasiden die Hauptstadt ihres Kalifats von Damaskus nach Bagdad. Getreu dem Koranvers »Die Tinte eines Gelehrten ist heiliger als das Blut eines Märtyrers« gründete Kalif Al-Ma’mūn, der Sohn von Hārūn ar-Raschīd, das »Haus der Weisheit« (Bayt al-Hikma), ein Forschungszentrum mit umfangreicher Bibliothek. Die Gelehrten sammelten Bücher der alten griechischen Stadtstaaten und übersetzten sie ins Arabische. Auf diese Weise überlebten etliche antike Texte, die im Westen aber bis ins Mittelalter hinein unbekannt blieben. In der Mitte des 9. Jahrhunderts war die Bibliothek in Bagdad zu einer würdigen Nachfolgerin der Bibliothek von Alexandria geworden.
Im Haus der Weisheit arbeiteten mehrere Astronomen, darunter as-Sufi, der auf den Werken von Hipparch und Ptolemäus aufbaute. Für die arabischen Nomaden hatte die Astronomie praktischen Nutzen, da ihre Kamelkarawanen nachts durch die Wüste zogen. Alhazen aus Basra, der in Bagdad studierte, war einer der ersten Experimentalforscher. Sein Buch zum Thema Optik dürfte wichtigen Einfluss auf die Werke von Isaac Newton gehabt haben. Die arabischen Alchemisten entwickelten die Destillation und andere neue Verfahren, und sie prägten Begriffe wie Alkali, Aldehyd oder Alkohol. Der Arzt ar-Razi (Rhazes) führte die Seife ein, unterschied erstmals zwischen Pocken und Masern und schrieb in einem seiner vielen Bücher: »Aufgabe des Arztes ist es, Gutes zu tun, selbst an unseren Feinden.« al-Chwarizmi und andere Mathematiker entwickelten die Algebra sowie die Algorithmen und der Ingenieur al-Dschazari erfand die Schubkurbel, die noch heute etwa in Fahrräder eingebaut wird. Erst viele Jahrhunderte später konnten europäische Wissenschaftler zu diesen Leistungen aufschließen.
IM KONTEXT
GEBIET
Astronomie
FRÜHER
um 2000 v. Chr. Anlagen wie die bei Stonehenge könnten zur Berechnung von Sonnenfinsternissen gedient haben.
um 1800 v. Chr. Die ältesten Aufzeichnungen zur Bewegung der Himmelskörper entstehen in Babylon.
2. Jt. v. Chr.
Babylonische Astronomen entwickeln Methoden zur Vorhersage von Sonnenfinsternissen, nutzen dazu aber Mondbeobachtungen, keine Mathematik.
SPÄTER
um 140 v. Chr. Der griechische Astronom Hipparch sagt Sonnenfinsternisse mithilfe des Saros-Zyklus der Erd- und Mondbewegungen vorher.
Thales von Milet, einer griechischen Kolonie in Kleinasien, gilt oft als Begründer der westlichen Philosophie, er war aber auch eine Schlüsselfigur der frühen Wissenschaft. Zu Lebzeiten wurde er wegen seiner Werke zur Mathematik, Physik und Astronomie geschätzt. Von seiner berühmtesten Leistung berichtete der griechische Historiker Herodot über ein Jahrhundert später: Demnach soll Thales eine Sonnenfinsternis vorhergesagt haben, die heute auf den 28. Mai 585 v. Chr. datiert wird. Sie beendete die Schlacht am Halys in der heutigen Türkei zwischen den Lydern und den Medern.
»Da begab es sich, dass … aus Tag auf einmal Nacht ward. Und dieselbige Tagesverwandlung hatte Thales von Milet den Ionern vorher verkündiget.«
Herodot
Eine solche Leistung wurde mehrere Jahrhunderte nicht wiederholt und die Wissenschaftshistoriker sind sich nicht einig darüber, ob und wenn ja, wie Thales die Sonnenfinsternis tatsächlich berechnen konnte. Einige behaupteten, Herodots Bericht sei ungenau und vage, doch Thales’ Leistung war wohl weithin bekannt und wurde auch von vielen Autoren geglaubt, die Herodot sonst kritisch gegenüberstanden. Ist der Bericht wahr, hat Thales wohl einen 18-jährigen Zyklus in der Bewegung von Sonne und Mond gefunden, der heute Saros-Zyklus heißt und von späteren griechischen Astronomen zur Vorhersage von Finsternissen verwendet wurde. Unabhängig von der Methode hatte die Vorhersage jedenfalls einen dramatischen Effekt. Die Finsternis beendete nicht nur die Schlacht, sondern auch einen 15-jährigen Krieg der Meder und Lyder.
IM KONTEXT
GEBIET
Chemie
FRÜHER
um 585 v. Chr. Thales zufolge besteht die ganze Welt aus Wasser.
um 535 v. Chr. Laut Anaximenes besteht alles aus Luft, woraus Wasser und dann Steine entstehen.
SPÄTER
um 400 v. Chr. Der Philosoph Demokrit behauptet, die Welt bestehe aus kleinen, unteilbaren Teilchen – den Atomen.
1661 In seinem Buch Sceptical Chymist definiert Robert Boyle die chemischen Elemente.
1808 John Daltons Atomtheorie besagt, dass jedes Element Atome von unterschiedlicher Masse hat.
1869 Dmitri Mendelejew entwickelt ein Periodensystem, in dem die Elemente nach ihren gemeinsamen Eigenschaften angeordnet sind.
Die Zusammensetzung der Dinge beschäftigte die griechische Antike. Thales von Milet, der flüssiges Wasser, festes Eis und gasförmigen Nebel kannte, glaubte, alles müsse aus Wasser bestehen. Aristoteles behauptete, »das Wesen aller Dinge ist feucht, selbst die Hitze entsteht aus der Feuchte und lebt durch sie.« Zwei Generationen nach Thales schrieb Anaximenes, die Welt bestehe aus Luft, denn die Luft kondensiere zu Nebel, dann zu Regen und schließlich zu Stein.
Der auf Sizilien geborene Arzt und Dichter Empedokles entwickelte eine komplexere Theorie: Ihm zufolge gibt es für alles in der Welt vier Wurzeln – das Wort »Elemente« benutzte er nicht –, nämlich Erde, Luft, Feuer und Wasser. Bei ihrer Vermischung entstehen Eigenschaften wie Hitze und Feuchte und daraus dann Erde, Steine, Pflanzen und Tiere. Ursprünglich bildeten seine vier Wurzeln eine perfekte Kugel, zusammengehalten durch die Liebe, doch ihr entgegen wirkt der Streit und treibt alles auseinander. Liebe und Streit, das waren für Empedokles die Kräfte, die das Universum formen. In unserer Welt herrscht der Streit vor, und daher ist das Leben so schwierig.
Empedokles betrachtete die vierfachen Wurzeln als zwei Gegensatzpaare: Feuer/Wasser und Luft/Erde. Aus ihrer Mischung entstehen alle Stoffe.
Diese Theorie beherrschte mit nur wenigen Verfeinerungen als »Lehre der vier Temperamente« das europäische Denken bis zum 17. Jahrhundert, als sich die moderne Chemie herausbildete.
IM KONTEXT
GEBIET
Geografie
FRÜHER
6. Jh. v. Chr. Der griechische Mathematiker Pythagoras sagt, die Erde sei eine Kugel, keine Scheibe.
3. Jh. v. Chr. Aristarch von Samos setzt als Erster die Sonne ins Zentrum des bekannten Universums und bestimmt mithilfe der Trigonometrie die relative Größe von Sonne und Mond sowie ihren Abstand zur Erde.
Spätes 3. Jh. v. Chr.
Erathostenes verwendet in seinen Karten Parallelen und Meridiane (entsprechend der geografischen Länge und Breite).
SPÄTER
18. Jh. Französische und spanische Forscher bestimmen den Umfang und die genaue Form der Erdkugel.
Den griechischen Astronomen und Mathematiker Eratosthenes kennt man heute vor allem, weil er als Erster die Größe der Erde bestimmte. Er gilt aber auch als Begründer der Geografie, denn er prägte nicht nur den Begriff, sondern führte auch viele der Grundprinzipien ein, mit denen Orte auf unserem Planeten vermessen werden. Eratosthenes stammt aus Kyrene (im heutigen Libyen), doch er reiste durch die damalige griechische Welt, studierte in Athen und Alexandria und wurde dort schließlich Leiter der berühmten Bibliothek.
In Alexandria erfuhr Eratosthenes, dass in der südlich gelegenen Stadt Syene (dem heutigen Assuan) die Sonne zur Sommersonnenwende (am längsten Tag des Jahres, wenn die Sonne am höchsten steigt) mittags genau senkrecht stehe. Er nahm an, die Sonne sei so weit entfernt, dass ihre Strahlen praktisch parallel auf die Erde treffen. Mit einem senkrechten Stab – einem »Gnomon« – maß er die Schattenlänge zum selben Zeitpunkt in Alexandria. Hier stand die Sonne 7,2° südlich des Zenits – 1/50 vom Umfang eines Kreises. Daher musste, so argumentierte er, die Entfernung der beiden Städte in nord-südlicher Richtung 1/50 des Erdumfangs betragen. Auf diese Weise berechnete er den Umfang unserer Erde auf 230 000 Stadien (39 690km) – und irrte sich damit um weniger als zwei Prozent.
Die Sonne steht senkrecht über Syene, doch in Alexandria wirft der Gnomon einen Schatten. Mit dem Winkel des Schattens konnte Eratosthenes den Erdumfang berechnen.
IM KONTEXT
GEBIET
Biologie
FRÜHER
um 550 v. Chr. Nach Anaximander von Milet entstand das Leben im Wasser und entwickelte sich von dort.
um 340 v. Chr. Platons Theorie der Formen besagt, dass die Arten unveränderlich sind.
um 300 v. Chr. Epikur meint, dass früher viele andere Arten lebten, dass sich aber immer nur die erfolgreichsten fortpflanzen können.
SPÄTER
1377 In Muqaddimah schreibt Ibn Khaldun, dass der Mensch vom Affen abstammt.
1809 Jean-Baptiste Lamarck entwickelt eine Theorie zur Evolution der Arten.
1858 Alfred Russel Wallace und Charles Darwin stellen ihre Theorie zur Evolution durch natürliche Auslese vor.
Der persische Gelehrte Nazir ad-Din at-Tusi aus Bagdad war Dichter, Philosoph, Mathematiker und Astronom. Als einer der Ersten beschrieb er ein System der Evolution: Das Universum habe einst aus identischen Elementen bestanden, die sich nach und nach auseinander entwickelten – einige seien zu Mineralien geworden, aus anderen, die sich schneller veränderten, seien Pflanzen und Tiere entstanden.
In seinem Buch Aklaq-i-Nasiri zu Fragen der Ethik entwickelte er eine Hierarchie des Lebens, in der Tiere höher standen als Pflanzen und der Mensch höher als die Tiere. Er betrachtete den bewussten Willen der Tiere als Schritt zum Bewusstsein des Menschen. Tiere können sich bewusst auf Futtersuche begeben und neue Dinge lernen. Dies betrachtete at-Tusi als die Fähigkeit zu denken: »Ein ausgebildetes Pferd oder ein Jagdfalke stehen im Tierreich auf einem höheren Entwicklungspunkt«, sagte er und fügte hinzu: »Hier beginnen die ersten Schritte zur Vollendung des Menschen.« At-Tusi glaubte, dass sich die Organismen mit der Zeit verändern, und sah darin eine Entwicklung zur Vollkommenheit. Den Menschen reihte er auf einem mittleren Platz ein, sah ihn jedoch in der Lage, durch seinen Willen ein höheres Niveau zu erreichen. At-Tusi behauptete, dass sich nicht nur die Lebewesen mit der Zeit verändern, sondern dass sich alles Leben aus einer Zeit entwickelt hatte, in der es kein Leben gab.
»Lebewesen, die diese neuen Merkmale schneller erringen, sind vielseitiger. Und damit haben sie einen Vorteil gegenüber anderen Geschöpfen.«
Nazir ad-Din at-Tusi
IM KONTEXT
GEBIET
Physik
FRÜHER
3. Jt. v. Chr. Frühe Metallurgen entdecken, dass Legierungen (Mischungen geschmolzener Metalle) fester sein können als jedes der Ausgangsmetalle.
600 v. Chr. Griechische Münzen bestehen aus einer Gold-Silber-Legierung namens Elektrum.
SPÄTER
1687 In Principia Mathematica entwickelt Isaac Newton seine Gravitationstheorie und erklärt, dass die Schwerkraft alle Körper in Richtung Erdmittelpunkt zieht (und umgekehrt).
1738 Der Schweizer Mathematiker Daniel Bernoulli entwickelt seine kinetische Fluidtheorie. Darin erklärt er den Druck in Fluiden durch die zufällige Bewegung der Moleküle.
Der römische Autor Vitruv, der zwei Jahrhunderte nach Archimedes lebte, überliefert folgende, wohl apokryphe Geschichte: Hieron II., König von Sizilien, hatte eine neue Goldkrone bestellt. Er vermutete allerdings, dass der Goldschmied einen Teil des Goldes durch billigeres Silber ersetzt hatte, indem er Silber und Gold zusammen einschmolz, sodass die Farbe die gleiche war wie bei reinem Gold. Er bat Archimedes, seinen wichtigsten Forscher, dem Verdacht nachzugehen.
Das war auch für Archimedes ein schwieriges Problem, denn er durfte die kostbare Krone ja nicht beschädigen. In einem öffentlichen Bad in Syrakus dachte er darüber nach. Das Becken war bis zum Rand gefüllt, und als er hineinstieg, bemerkte er zweierlei: Der Wasserspiegel stieg, sodass ein wenig überlief, und er fühlte sich schwerelos. Mit dem Ruf »Heureka!« (Ich hab’s gefunden!) lief er splitternackt nach Hause.
Archimedes’ Idee lautete: Wenn er die Krone in einen randvollen Eimer mit Wasser tauchte, dann musste sie etwas Wasser verdrängen, nämlich genau so viel wie ihr eigenes Volumen. Die übergelaufene Wassermenge – und somit das Volumen der Krone – ließ sich messen. Da Silber eine geringere Dichte hat als Gold, ist eine Silberkrone größer als eine gleich schwere Goldkrone und muss mehr Wasser verdrängen. Eine gemischte Krone verdrängt also mehr Wasser als eine reine Goldkrone und auch mehr als ein Goldbarren von gleichem Gewicht. Zwar war dieser winzige Effekt schwer zu messen, doch hatte Archimedes auch bemerkt, dass Körper in einer Flüssigkeit eine nach oben gerichtete Auftriebskraft erfahren, die der Gewichtskraft der verdrängten Flüssigkeit entspricht.
Wahrscheinlich löste Archimedes seine Aufgabe, indem er die Krone und einen gleich schweren Goldbarren so an die Balken einer Waage hängte, dass die Waage im Gleichgewicht war. Dann senkte er die Waage in eine Wasserwanne. Bestand die Krone aus purem Gold, mussten sie und der Goldbarren dieselbe Auftriebskraft erfahren und der Balken der Waage waagerecht bleiben. Enthielt die Krone aber Silber, dann hatte sie ein größeres Volumen als der Goldbarren, verdrängte mehr Wasser und erfuhr einen größeren Auftrieb, sodass der Balken sich neigen musste.
Seine Idee wurde als Archimedisches Prinzip bekannt: Ein Körper in einer Flüssigkeit erfährt einen Auftrieb, der so groß ist wie die Gewichtskraft der verdrängten Flüssigkeit. Dieses Prinzip erklärt, warum ein Schiff aus Eisen trotzdem auf dem Wasser schwimmt. Ein Schiff, das eine Tonne wiegt, sinkt ein, bis es eine Tonne Wasser verdrängt hat, taucht dann aber nicht weiter ein. Der hohle Rumpf hat ein größeres Volumen und verdrängt mehr Wasser als ein Eisenklumpen von gleichem Gewicht, sodass er einen größeren Auftrieb erfährt.
»Ein Körper, der spezifisch schwerer ist als die Flüssigkeit, sinkt in dieser bis zum Grunde hinab und wird in der Flüssigkeit um so viel leichter, wie die von ihm verdrängte Flüssigkeitsmenge wiegt.«
Archimedes
Vitruv berichtet, dass Hierons Krone tatsächlich etwas Silber enthielt. Der betrügerische Goldschmied wurde hingerichtet.
Archimedes
Archimedes war der wohl bedeutendste Mathematiker der Antike. Er wurde um 287 v. Chr. geboren und kam bei der Einnahme seiner Heimatstadt Syrakus durch die Römer 212 v. Chr. ums Leben. Er hatte mehrere schreckliche Waffen gegen die römischen Kriegsschiffe entwickelt: ein Katapult, einen Kran, mit dem man den Bug von Schiffen aus dem Wasser heben konnte, und auch Brennspiegel, die feindliche Schiffe in Brand setzten. Während eines Aufenthalts in Ägypten erfand er wohl auch die Archimedische Schraube, die noch heute zur Bewässerung dient. Er berechnete einen Näherungswert für Pi (das Verhältnis zwischen dem Umfang und Durchmesser des Kreises) und formulierte die Hebelgesetze. Auf den Beweis, dass der kleinste Zylinder, in den eine vorgegebene Kugel passt, das eineinhalbfache Volumen der Kugel hat, war er so stolz, dass in seinen Grabstein ein Zylinder und eine Kugel graviert wurden.
Hauptwerk
um 250 v. Chr. Über schwimmende Körper
IM KONTEXT
GEBIET
Physik
FRÜHER
140 v. Chr. Hipparch kann Finsternisse vorhersagen.
150 n. Chr. Ptolemäus verbessert Hipparchs Sternenkatalog und erstellt praktische Tabellen zur Berechnung der Positionen der Himmelskörper.
SPÄTER
11. Jh. Shen Kuo zeigt in Pinselunterhaltungen am Traumbach anhand der Zu- und Abnahme des Mondes, dass alle Himmelskörper (aber nicht die Erde) kugelig sein müssen.
1543 In De Revolutionibus Orbium Coelestium (Über die Kreisbewegungen der Weltkörper) beschreibt Nikolaus Kopernikus ein heliozentrisches Weltsystem.
1609 Johannes Kepler erkennt die Planetenbahnen als Ellipsen und formuliert die Kepler’schen Gesetze.
Um 140 v. Chr. stellte der griechische Astronom Hipparch – wohl der beste Astronom der Antike – einen Katalog mit rund 850 Sternen zusammen. Er versuchte auch, die Bewegungen von Sonne und Mond sowie die Finsternisse vorherzusagen. In seinem Buch Almagest führte Ptolemäus von Alexandria um 150 n. Chr. schon 1000 Sterne und 48 Sternbilder auf. Der größte Teil seines Werks war eine überarbeitete Version von Hipparchs Katalog, allerdings in einer praktischeren Form. Im Westen blieb der Almagest bis ins Mittelalter das maßgebliche Astronomiebuch. Seine Tafeln boten alle Informationen, um die künftigen Positionen von Sonne und Mond, den Planeten und den großen Sternen sowie die Sonnen- und Mondfinsternisse zu berechnen.
120 n. Chr. schrieb der chinesische Gelehrte Zhang Heng in seinem Ling Xian (Die spirituelle Verfassung des Universums): »Der Himmel ist wie ein Hühnerei, und er ist rund wie das Geschoss einer Armbrust. Die Erde liegt wie der Eidotter allein in der Mitte. Der Himmel ist groß und die Erde klein.« Zhang beschrieb also wie Hipparch und Ptolemäus ein Universum mit der Erde als Mittelpunkt. Er katalogisierte 2500 helle Sterne und 124 Sternbilder und fügte hinzu, »von den sehr kleinen Sternen gibt es 11520«.
»Der Mond und die Planeten sind Yin; sie haben Gestalt, aber kein Licht.«
Jing Fang
Fasziniert war Zhang von den Finsternissen. Er schrieb: »Die Sonne ist wie Feuer und der Mond wie Wasser. Das Feuer strahlt Licht ab, das Wasser reflektiert es. Das Leuchten des Mondes kommt also vom Strahlen der Sonne, und der Mond wird dunkel, wenn das Sonnenlicht verdeckt ist. Die zur Sonne gewandte Seite ist beleuchtet, die ihr abgewandte Seite ist dunkel.« Zhang beschrieb auch eine Mondfinsternis, bei der das Sonnenlicht den Mond nicht erreichen kann, weil die Erde im Weg ist. Er erkannte, dass auch die Planeten »wie Wasser« seien, also das Licht reflektieren und verfinstert werden können: »Wenn [etwas Ähnliches] bei einem Planeten auftritt, sprechen wir von einer Bedeckung. Wenn der Mond die Bahn der Sonne kreuzt, gibt es eine Sonnenfinsternis.«
Im 11. Jh. erweiterte der Astronom Shen Kuo die Arbeiten von Zhang um einen wichtigen Aspekt. Seiner Ansicht nach bewiesen die Zunahme und Abnahme des Mondes, dass die Himmelskörper kugelförmig seien.
Die Sichel der Venus wird gleich durch den Mond verdunkelt. Zhangs Beobachtungen führten ihn zu dem Schluss, dass die Planeten und der Mond kein eigenes Licht erzeugen.
Zhang Heng
Zhang Heng wurde 78 n. Chr., zur Zeit der Han-Dynastie, in Xi’e (in der heutigen Provinz Henan in der östlichen Mitte Chinas) geboren. Mit 17 Jahren begann er, Literatur zu studieren, um Dichter zu werden. Mit Ende 20 beherrschte er die Mathematik und wurde 115 von Kaiser Anti zum Hofastrologen ernannt.
um 120 n. Chr. Die Karte des Ling Xian