Inhaltsverzeichnis
Titel
Impressum
Kurz gefasst
1 Einführung
1.1 Die Bedeutung betrieblicher Gesundheit
1.2 Hebelwirkung externer Anreize
2 Externe Anreize zur Verbreitung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements
2.1 Relevante Anspruchsgruppen
2.2 Bestehende Anreize und Anreizsysteme
3 Vorschläge zur Weiterentwicklung bestehender Anreize und Anreizsysteme
3.1 Verbesserungspotenziale einzelner Ansätze
3.2 Verbesserungspotenziale im Gesamtangebot
4 Von isolierten Systemen zu einem Verbund - Vorschläge für künftige Anreizsysteme
4.1 Zentrale Anforderungen an einen Anreizverbund
4.2 Das Konzept
4.3 Grenzen und Risiken
4.4 Zusammenfassung des Konzeptes
5 Vorschläge zur Umsetzung eines Anreizverbundes
5.1 Der Gestaltungsrahmen
5.2 Das Anbieterforum
5.3 Die Beratungsgruppe
5.4 Der neutrale Bewertungsstandard
6 Zusammenfassung und Ausblick
Literatur
Anhang
Die Autoren
Kurz gefasst
• Die Motivation zur Einführung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements kann durch externe Anreize so weit verstärkt werden, dass die betrieblichen Entscheidungsträger ein positives Verhältnis von Kosten und Nutzen erkennen: Anreize können sowohl den Nutzen vergrößern als auch den Aufwand reduzieren.
• Anreize für Unternehmen können finanzieller wie auch nicht finanzieller Natur sein, z. B. Beitragsausgleichsverfahren, Investitionszuschüsse, steuerliche Vergünstigungen, kostenunterstützte Beratung, Gütesiegel, Preisverleihungen, Sachleistungen.
• Unternehmen haben aufgrund ihrer individuellen Ausgangssituationen auch unterschiedliche Anforderungen an die Ausgestaltung eines Anreizsystems. Es ist ratsam, die teilnehmenden Unternehmen zu differenzieren: nach Reifegrad der eingeführten Gesundheitsmanagementsysteme und nach Unternehmensgröße.
• Die Rolle der Anreizanbieter sollte vor allem von den Sozialversicherungsträgern wahrgenommen werden, da diese von der Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bzw. der Versicherten direkt profitieren. Aber auch staatliche Akteure, die Sozialpartner und Verbände können eine unterstützende Rolle übernehmen.
• Um wirksame Gesundheitsaktivitäten in den Unternehmen anzustoßen, sollten Anreize in einen systematischen Ansatz eingebunden sein (Anreizsystem), der strukturiertes Handeln fördert und ein umfassendes Gesundheitsverständnis (körperliche, psychische, soziale Aspekte) zugrunde legt.
• Bestehende Anreizsysteme wurden bislang isoliert voneinander entwickelt und angeboten. Unterschiedliche Bewertungsstandards und Dokumentationssysteme erschweren deshalb die gleichzeitige Teilnahme der Unternehmen an mehreren Systemen.
• Eine Koordinierung der angebotenen Einzelsysteme im Rahmen eines Anreizverbundes würde den Nutzen für die Anbieter und Empfänger erhöhen. Ein Verbund könnte dadurch das Thema »betriebliche Gesundheit« bei den Unternehmen stärker in den Mittelpunkt rücken und zu Synergieeffekten bei den Anreizanbietern führen. Für Unternehmen ergibt sich durch den Verbund der Vorteil, dass die betrieblichen Aktivitäten gleich von verschiedenen Anbietern mit Anreizen gefördert werden.
Unternehmen können sich auf der Webseite www.bgm-lohnt-sich.de über die von der Bertelsmann Stiftung recherchierten Anreizsysteme zur Verbesserung der betrieblichen Gesundheitssituation informieren. Anreizanbieter sind eingeladen, ihre Konzepte auf der Plattform zu präsentieren und interessierten Unternehmen weitergehende Informationen zur Verfügung zu stellen.
1 Einführung
Die Beschäftigten verleihen einem Unternehmen seine einzigartige Identität. Gesunden und motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Diese Erkenntnis hat sich in den vergangenen Jahren auch in den Unternehmen weiter verbreitet. Dennoch ist das Thema »betriebliche Gesundheit« noch nicht in seinem vollen Ausmaß bei allen angekommen. Wie kann hier das Bewusstsein geschärft bzw. gestärkt und so zu einer Verbreitung und Weiterentwicklung der betrieblichen Bemühungen beigetragen werden?
Im Jahr 2004 veröffentlichte die Bertelsmann Stiftung gemeinsam mit der Hans-Böckler-Stiftung einen Bericht der Expertenkommission »Die Zukunft einer zeitgemäßen betrieblichen Gesundheitspolitik« (Bertelsmann Stiftung und Hans-Böckler-Stiftung 2004). Kern dieser Publikation sind Handlungsempfehlungen für die Anspruchsgruppen der betrieblichen Gesundheit. Diese Empfehlungen sollen einen Beitrag dazu leisten, die betriebliche Gesundheitspolitik neu auszurichten und aufzuwerten. Die Arbeit der Expertenkommission orientierte sich an dem folgenden Leitbild:
»Gesundheitliche Probleme müssen dort gelöst werden, wo sie entstehen, d.h. unter anderem auch dezentral in den Unternehmen, Verwaltungen und Dienstleistungsorganisationen, präventiv und gesundheitsfördernd und nicht nachträglich kurierend. Sie müssen als Führungsaufgabe wahrgenommen und nicht nur von nachgeordneten Fachabteilungen behandelt werden. Betriebliche Gesundheitspolitik muss partizipativ, d.h. unter Einbeziehung der Betroffenen, praktiziert und nicht nur von Experten verordnet werden, und sie muss in ihrer Ausgestaltung vielfältig sein, also den unterschiedlichen Bedürfnissen einzelner Branchen und Betriebsgrößen entsprechen.«
Diese Publikation baut auf den Erkenntnissen der Expertenkommission auf und konkretisiert deren Empfehlungen in Bezug auf das Angebot externer Anreize. Neben der Expertenkommission formulierten auch andere Autorinnen und Autoren (Krüger et al. 2000) den Bedarf, externe Anreize weiter auszubauen und somit die Verbreitung eines qualitativ hochwertigen betrieblichen Gesundheitsmanagements in den Unternehmen zu unterstützen.
Der Begriff betriebliche Gesundheitspolitik umfasst die unternehmenspolitische Einbindung von betrieblichen Entscheidungen und Maßnahmen, die die Gesundheit und damit auch die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten erhalten. Die Umsetzung solcher Konzepte in einem Unternehmen durch die Anwendung von Managementprinzipien wird im Allgemeinen als betriebliches Gesundheitsmanagement bezeichnet (zur Abgrenzung beider Begrifflichkeiten siehe folgendes Kapitel).
Ein qualitativ hochwertiges betriebliches Gesundheitsmanagement zeichnet sich dadurch aus, dass ein breites Gesundheitsverständnis zugrunde gelegt wird und die Initiativen zur Verbesserung der Gesundheit sich nicht auf einzelne Gesundheitsdimensionen beschränken. Vielmehr zeigt sich die Wirksamkeit darin, dass Gesundheit inhaltlich breit definiert (WHO 1946) und gefördert wird.
Neben der Orientierung auf das Ergebnis stellt ein qualitativ hochwertiges betriebliches Gesundheitsmanagement auch hohe Anforderungen an die Art und Weise, wie das Thema in einer Organisation behandelt wird. Insbesondere müssen folgende Prinzipien umgesetzt werden:
• zielorientiertes Vorgehen mit konsequenter Orientierung an Effektivität und Effizienz
• Integration von Gesundheitsthemen in das Tagesgeschäft, was vor allem auch die Berücksichtigung von Gesundheitsthemen bei Strategie und Planung erfordert
• langfristige, evolutionäre Ansätze statt kurzfristiger Programme
• Aufbau geeigneter Regelkreise inklusive passender Kennzahlensysteme zur Steuerung der Initiativen
• aktive Beteiligung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Führungskräften und Fachleuten statt einseitiger Expertenorientierung
• systematisches Vorgehen statt einfachem Ursache-Wirkungs-Denken
• Stakeholderorientierung statt einseitiger Ausrichtung auf einzelne Interessengruppen
• Umsetzung und Vernetzung geeigneter Strukturen und Prozesse.
Die Analysen und Vorschläge dieser Publikation gehen zurück auf ein Projekt, das die Bertelsmann Stiftung zusammen mit dem Institut für Technologie und Arbeit durchgeführt hat. Bestehende Anreize wurden recherchiert, deren charakteristische Merkmale strukturiert erfasst und analysiert. Im Dialog mit Expertinnen und Experten der relevanten Anspruchsgruppen entstanden Vorschläge für die Gestaltung zukünftiger Anreizsysteme. Diese sollen die Wirksamkeit der eingesetzten Anreize erhöhen und damit die Unternehmen nachhaltig motivieren, sich dem Thema betriebliche Gesundheit zu widmen.
Die Perspektive liegt einerseits auf Möglichkeiten der Weiterentwicklung bereits bestehender isolierter Anreizsysteme einzelner Institutionen. Die Vorschläge loten andererseits aber auch die Perspektive aus, welche Vorteile ein koordinierter Verbund aus Anreizsystemen mehrerer Institutionen den Unternehmen bringen könnte und in welchen Schritten diese umgesetzt werden können. Die aufgezeigten Ideen sollen einen Beitrag dazu leisten, das Engagement der Unternehmen für die betriebliche Gesundheit zu verstärken und damit zu einer weiteren Verbreitung gesunder Arbeitsbedingungen beitragen.
1.1 Die Bedeutung betrieblicher Gesundheit
Betrachtet man die Argumente, die für ein Engagement in der betrieblichen Gesundheit sprechen (Clinch et al. 1999), wird schnell deutlich, dass sich dieses nicht auf einzelne Akteure beschränken darf. Vielmehr lassen sich drei Ebenen identifizieren, die in unterschiedlichem Ausmaß von den Effekten betrieblicher Gesundheit betroffen sind bzw. darauf Einfluss nehmen:
• die Individualebene
• die betriebliche Ebene
• die überbetriebliche Ebene.
Die einzelnen Mitarbeiter haben ein originäres Interesse am Erhalt und an der Förderung ihrer Gesundheit, zumal die Arbeitstätigkeit einen beträchtlichen zeitlichen und inhaltlichen Anteil ihres Lebens in Anspruch nimmt. Die Lebensqualität der Einzelnen wird daher vom körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefinden am Arbeitsplatz unmittelbar geprägt. Die Erhaltung der eigenen Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit ist auch die Grundlage dafür, sowohl die eigene als auch die Zukunft des direkten sozialen Umfelds durch ein regelmäßiges Einkommen zu sichern.
Betriebliche Gesundheitspolitik und betriebliches Gesundheitsmanagement
Diese beiden Begriffe werden in der Fachliteratur häufig synonym verwendet. Dadurch sind die dahinterstehenden Konzepte oft nicht eindeutig zuzuordnen. Im Abschlussbericht der Expertenkommission (Bertelsmann Stiftung und Hans-Böckler-Stiftung 2004) wurden sie gegeneinander abgegrenzt. Im Folgenden wird definiert, wie die Begriffe in dieser Publikation verwendet werden.
Betriebliche Gesundheitspolitik setzt sich mit normativen Fragen der Gesundheit im Unternehmenskontext auseinander. Auf dieser übergeordneten Ebene legt sie fest, nach welchen Grundsätzen und mit welchen Zielen das Thema der betrieblichen Gesundheit im Unternehmen vorangetrieben wird. Das in diesem Zusammenhang von der Expertenkommission formulierte Leitbild wurde oben bereits skizziert.
Betriebliches Gesundheitsmanagement hingegen wird von diesen Grundsätzen und Zielen geprägt und geleitet, fokussiert aber stärker auf das aktive managementorientierte Handeln und Gestalten der unterschiedlichen betrieblichen Akteure. Externe Anreize setzen sowohl auf Ebene der betrieblichen Gesundheitspolitik wie auch auf der des betrieblichen Gesundheitsmanagements an. Sie fördern die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema Gesundheit besonders in der Unternehmensleitung, unterstützen aber auch die betrieblichen Akteure in ihrer Motivation, die entsprechenden Aktivitäten zu verstärken.
Die Verbreitung betrieblicher Gesundheitspolitik, die vor allem auf der normativen Ebene eines Unternehmens angesiedelt wird, ist ein langfristiger Prozess, der durch externe Anreize zwar angestoßen, aber nur durch eine kulturelle Passung dauerhaft verankert und damit handlungswirksam werden kann. Externe Anreize tragen eher dazu bei, auf konkrete Handlungen Einfluss zu nehmen, die dann wieder auf Wertehaltungen zurückwirken. Die Verbreitung betrieblicher Gesundheitspolitik ist demnach eher das angestrebte Ziel, das sich vor allem durch einen Wandel in den Werten der Unternehmen realisieren lässt. Umgesetzt wird in den Unternehmen aber ein betriebliches Gesundheitsmanagement.
Aus diesen Gründen greift der vorliegende Bericht auf die Begrifflichkeit des »betrieblichen Gesundheitsmanagements« zurück, das in den Unternehmen mit externen Anreizen gefördert werden soll.
Gesunde und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben auch positive Effekte auf die Unternehmen: Die Mitwirkung im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements, die zu einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen führt, erzeugt Motivation, die sich in Produktivitäts- und Qualitätsverbesserungen, aber auch in geringeren Fehlzeiten und damit in entsprechenden Kostensenkungen niederschlagen kann. Dies sind für viele Unternehmen wichtige Argumente, um sich für die Verbesserung der betrieblichen Gesundheitssituation zu engagieren. Gesunde und leistungsfähige Beschäftigte sind zudem ein wichtiger Baustein der Zukunftssicherung.
Auch Akteure der überbetrieblichen Ebene profitieren vom Engagement der Unternehmen und ihrer Mitarbeiter. In diesem Zusammenhang sind insbesondere die Sozialversicherungsträger (Krankenkassen, Unfallversicherungsträger, Rentenversicherung, Agentur für Arbeit), der Staat (Bund, Länder, Kommunen) sowie die Sozialpartner (Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände) zu nennen.
Den Sozialversicherungsträgern entstehen durch kranke Mitglieder jedes Jahr hohe Kosten aufgrund von Versicherungsleistungen. Fehlendes Engagement im Bereich der betrieblichen Gesundheit schlägt sich somit vor allem auf der Kostenseite nieder. Bei den staatlichen Akteuren ergibt sich das Interesse an einer gesunden Erwerbsbevölkerung zunächst ebenfalls aus Kostengründen: Arbeitsunfähigkeit und umfangreiche Frühverrentung werden vermieden. Darüber hinaus trägt eine gesunde Belegschaft wesentlich zur Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland bei. An der Schnittstelle zwischen den drei definierten Ebenen finden sich die Sozialpartner, die eine wichtige Funktion als Bindeglied wahrnehmen, indem sie die Interessen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf überbetrieblicher Ebene vertreten.
Die Liste möglicher positiver Effekte einer Verbesserung der betrieblichen Gesundheitssituation ließe sich problemlos erweitern. Im Zentrum der Betrachtung hat jedoch für alle drei Ebenen die soziale Verantwortung für den Erhalt und die Förderung der Gesundheit eines jeden einzelnen Menschen zu stehen. Denn gerade in Zeiten des demographischen Wandels, steigender psychischer Arbeitsbelastungen, zunehmenden Effektivitätsdrucks durch Globalisierung etc. wird deutlich, dass der betrieblichen Gesundheit ein hoher Stellenwert beizumessen ist. Ein verstärktes Engagement in diesem Bereich könnte somit dazu beitragen, positive Effekte für alle drei Ebenen zu realisieren und als eine Art Bindeglied zwischen den Ebenen zu wirken.
1.2 Hebelwirkung externer Anreize
Trotz der beschriebenen Potenziale, die durch eine Verbesserung der betrieblichen Gesundheitssituation erschlossen werden können, verbreiten sich geeignete Konzepte nicht in dem Ausmaß, das dem beschriebenen Stellenwert gerecht wird. Die Expertenkommission »Die Zukunft einer zeitgemäßen betrieblichen Gesundheitspolitik« hat »hemmende Faktoren« identifiziert, welche die Umsetzung behindern und im Rahmen zukünftiger Aktivitäten abzubauen sind (Bertelsmann Stiftung und Hans-Böckler-Stiftung 2004):
• eine starke Fixierung der zuständigen Akteure auf obrigkeitsstaatliches Denken
• eine Kultur der Reparatur und Kompensation in den Systemen sozialer Sicherung
• Fehlurteile bzw. Unsicherheiten in der Bewertung von Humanund Sozialkapital
• Privatisierung von Gesundheit und Unterschätzung psychischer und sozialer Krankheitsursachen.
Die »Schaffung materieller Anreize von unterschiedlicher Seite« (Abbildung 1) wurde als ein möglicher Weg zur Förderung eines anspruchsvollen betrieblichen Gesundheitsmanagements empfohlen (Bertelsmann Stiftung und Hans-Böckler-Stiftung 2004). Mit der Bereit-stellung von externen Anreizen durch Akteure der überbetrieblichen Ebene - die im Folgenden als Anreizanbieter bezeichnet werden - soll insbesondere die bereits vorhandene Motivation der Unternehmen verstärkt und ein entsprechender Prozess in Gang gesetzt werden, der zu einer Verbesserung der betrieblichen Gesundheitssituation führt. Derartige Anreize fokussieren deshalb vor allem die Schnittstelle zwischen der überbetrieblichen Ebene und der Unternehmensebene. Somit setzen externe Anreize an zwei Stellschrauben an, um die übergeordnete Zielsetzung zu fördern:
• Mit den Anreizen kann die schon bestehende Motivation der Unternehmen so weit verstärkt werden, dass die betrieblichen Entscheidungsträger ein positives Kosten-Nutzen-Verhältnis erkennen. Die Anreize können entweder den Nutzen vergrößern oder die Kosten reduzieren.
• Durch eine entsprechende inhaltliche Ausgestaltung der Anreizsysteme wird - im Sinne des Leitbildes der Expertenkommission - ein Beitrag dazu geleistet, die hemmenden Faktoren abzubauen und den Gedanken einer adäquaten betrieblichen Gesundheitspolitik bei den relevanten Akteuren zu verankern.
Abbildung 1: Die drei Ebenen der betrieblichen Gesundheit
Quelle: Eigene Darstellung
Anreize können deshalb als eine Art Hebel verstanden werden, mit dessen Hilfe es möglich wird, die betrieblichen Aktivitäten zum Erhalt bzw. zur Verbesserung der Gesundheit der Mitarbeiter in Gang zu setzen oder am Laufen zu halten. Externe Anreize zur Verbesserung der betrieblichen Gesundheitssituation sind jedoch keine neue Erfindung. Einige Akteure sind schon seit mehreren Jahren mit eigenen Ansätzen aktiv. Gesetzliche Krankenversicherungen und Berufsgenossenschaften nehmen hier eine Vorreiterrolle ein.
Das neueste Angebot im Bereich der Anreize zur Verbesserung der betrieblichen Gesundheitssituation wurde von staatlicher Seite initiiert. Das Jahressteuergesetz 2009 sieht vor, dass Arbeitgeberleistungen zur Verbesserung der Gesundheit der Arbeitnehmer bis zu einem Betrag von 500 Euro steuerfrei bleiben (BMG 2008). Somit ergeben sich vor allem für die einzelnen Mitarbeiter finanzielle Vorteile dadurch, dass derartige Leistungen nicht mehr dem Arbeitslohn als »geldwerter Vorteil« zugerechnet werden. Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge, die für diese Leistungen erbracht werden müssten, entfallen. Dem Arbeitgeber entstehen finanzielle Vorteile durch den Wegfall des Arbeitgeberanteils zu den Sozialversicherungsabgaben. Durch diese Neuregelung ergeben sich aber auch indirekte Vorteile: Es gibt keine aufwendigen Prüfungen des Finanzamts mehr, ob die einzelnen Leistungen dem Arbeitslohn zuzurechnen sind oder nicht.
Die motivationsfördernde Wirkung des Anreizes bezieht sich demnach sowohl auf den Arbeitgeber als auch auf die von ihm beschäftigten Mitarbeiter. Besonders hervorzuheben ist dabei die Breite, in der Unternehmen und Mitarbeiter durch den Anreiz angesprochen werden. Mit der Neuregelung wurde daher ein Schritt in die richtige Richtung gemacht. Dass der Staat nun auch als Anreizanbieter auftritt, ist als Fortschritt zu werten.