Der 28. April 1789 war ohne Frage der schwärzeste Tag im Leben von William Bligh. Eine Gruppe von Meuterern unter Führung von Fletcher Christian riss das Kommando über Seiner Majestät Transportschiff BOUNTY an sich und setzte den Kapitän zusammen mit 18 Getreuen mitten im Pazifischen Ozean aus.
Es gab in der Geschichte der Seefahrt zahlreiche andere, blutigere Meutereien, dennoch hat keine andere Rebellion an Bord eines Schiffes die Gemüter der Menschen so bewegt wie die Ereignisse auf der BOUNTY. Jann Markus Witt erzählt in diesem Buch nicht nur die spannende Geschichte der Meuterei auf der Bounty, sondern beleuchtet das abenteuerliche Leben des William Bligh.
Dr. Jann M. Witt ist Historiker des Deutschen Marinebunds e.V. am Marine-Ehrenmal in Laboe. Zahlreiche Publikationen, u.a. zur Geschichte des Ostseeraums und zur Geschichte der Piraten.
Jann M. Witt
Das abenteuerliche Leben des William Bligh
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten
sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede
Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere
für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und
die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme.
Der Primus Verlag ist ein Imprint der WBG.
© 2014 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt
Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder
der WBG ermöglicht.
Lektorat: Rainer Wieland, Berlin
Einbandgestaltung: Jutta Schneider, Frankfurt a. M.
Einbandmotiv: Meuterei auf der Bounty. Kommandant Bligh und
18 Besatzungsmitglieder werden in einer Barkasse ausgesetzt. ©IAM/akg
Abb. im Buch: 25: akg-images; 44: IAM/akg; 70: IAM/akg;
100/101: Peter Palm, Berlin; alle anderen Abb.: Jann M. Witt
Gestaltung & Satz: Anja Harms, Oberursel
Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de
ISBN 978-3-86312-041-2
Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich:
eBook (PDF): ISBN 978-3-86312-077-1
eBook (epub): ISBN 978-3-86312-078-8
Vorwort
„Ein Gentleman zur See“
Offiziersanwärter in der Royal Navy
„Ein guter Ankerplatz“
Mit James Cook auf der RESOLUTION
„Die Kunst der Navigation“
Aufstieg zum Leutnant
„Brotfruchtbaum für Westindien“
Kommandant der BOUNTY
„In diesem stürmischen Ozean“
Die Reise nach Tahiti
„Ein solch nachlässiger Haufen“
Der Aufenthalt auf Tahiti
„Ich bin in der Hölle“
Die Meuterei auf der BOUNTY
„Nichts als Haut und Knochen“
Die Bootsfahrt nach Timor
„Ein beispielloses Unterfangen“
Vor dem Kriegsgericht
„Von einem schweren Fieber ergriffen“
Die Fahrt der PROVIDENCE
„Ihre Seelen flogen gen Himmel“
Der Prozess gegen die Meuterer
„Wir stehen vor dem Zusammenbruch“
Die Meuterei auf der Nore
„Ein guter und tapferer Mann“
Die Schlacht von Kopenhagen
„Eine Schande für jedes Regiment“
Die Rum-Rebellion in Australien
„Geliebt, respektiert und betrauert“
Die letzten Jahre
Nachwort
Anhang
Bibliographie
Glossar
Die Besatzung der BOUNTY
Der 28. April 1789 war der schwärzeste Tag im Leben von William Bligh. Eine Gruppe von Meuterern unter Führung des Ersten Offiziers Fletcher Christian riss das Kommando über Seiner Majestät Transportschiff BOUNTY an sich und setzte den Kommandanten zusammen mit 18 Getreuen mitten im Pazifischen Ozean aus. Es gab in der Geschichte der Seefahrt zahlreiche andere, blutigere Meutereien, dennoch hat keine andere Rebellion an Bord eines Schiffes die Gemüter der Menschen so fasziniert wie die Ereignisse auf der BOUNTY. Verglichen mit anderen Meutereien war das Geschehen an Bord der BOUNTY unspektakulär. So lehnte sich 1797 die Mannschaft der britischen Fregatte HERMIONE gegen die sadistische Schreckensherrschaft ihres Kommandanten Hugh Pigot auf, der seine Männer gnadenlos auspeitschen ließ. Die Seeleute ermordeten ihn und neun seiner Schiffsoffiziere und liefen anschließend zu den Spaniern über. Es war die blutigste Meuterei in der Geschichte der Royal Navy. Demgegenüber hatte es an Bord der BOUNTY weder Tote noch Verwundete gegeben. Wäre Bligh auch nur im Entferntesten so brutal wie Pigot gewesen, hätte er die Meuterei wohl nicht überlebt. Dennoch ist er zum Sinnbild für einen Tyrannen auf dem Achterdeck geworden. In zahllosen Filmen und Romanen wurde Bligh als brutaler Despot porträtiert, der seine Seeleute so lange schikanierte, bis diese schließlich keinen anderen Ausweg mehr sahen, als sich gegen ihn zu erheben.
Dies ist auch die Geschichte, die in dem berühmten Film „Meuterei auf der Bounty“ von 1962 erzählt wird, mit Trevor Howard als William Bligh und Marlon Brando als Fletcher Christian. Seitdem ich diesen Klassiker zum ersten Mal sah, fasziniert mich die Geschichte der BOUNTY und ihres Kommandanten. In diesem Film wird Fletcher Christian als aufrechter Held porträtiert, den sein Gewissen schließlich dazu zwingt, sich gegen seinen tyrannischen Kommandanten aufzulehnen. So wurde die Meuterei auf der BOUNTY zum Musterbeispiel für einen gerechten Aufstand gegen einen Despoten. Doch nachdem ich mich als Historiker intensiver mit der Biographie William Blighs beschäftigt habe, ergibt sich ein deutlich differenzierteres Bild. Bligh war kein unbarmherziger Menschenschinder, besaß allerdings ein aufbrausendes Temperament. Insbesondere Pflichtvergessenheit und Inkompetenz erregten seinen Zorn. Gleichzeitig war er ein brillanter Navigator, ein tüchtiger Seemann und ein tapferer Offizier, der sich aufrichtig um das Wohl seiner Untergebenen bemühte. Doch obschon es das zentrale Ereignis seiner Biographie ist, umfasst das Leben von William Bligh weit mehr als nur die Meuterei auf der BOUNTY.
Vieles an den Ereignissen an Bord der BOUNTY bleibt bis heute mysteriös, nicht zuletzt die Motive Fletcher Christians für seine Rebellion gegen Blighs Autorität. Zumindest teilweise lässt sich die Meuterei als der unvermeidliche Konflikt zwischen zwei Männern mit höchst unterschiedlichem Charakter erklären. In den letzten 225 Jahren wurde über die Meuterei auf der BOUNTY viel geschrieben und spekuliert. 1831 veröffentliche Captain Frederick William Beechey seinen Reisebericht „Voyages to the Pacific“, in dem er auch wiedergab, was ihm John Adams, der letzte überlebende Meuterer, über die Ereignisse an Bord der BOUNTY berichtet hatte. Im gleichen Jahr erschien das von John Barrow, dem zweiten Sekretär der britischen Admiralität, verfasste Buch „The Eventful History of the Mutiny and Piratical Seizure of the Bounty“, in dem Bligh die alleinige Schuld an der Meuterei zugeschrieben wird. An dieser Beurteilung Blighs und der Ereignisse an Bord der BOUNTY hat sich – zumindest in der breiten Wahrnehmung – bis heute nicht viel geändert. Allerdings sind seither zahlreiche weitere Dokumente ans Tageslicht gekommen, die ein differenziertes Bild dieses Mannes zeichnen. Die aktuellste und bislang beste Darstellung der Meuterei auf der BOUNTY gibt das 2003 erschienene Buch „The Bounty. The True Story of the Mutiny on the Bounty“ (dt. „Die Bounty. Die wahre Geschichte der Meuterei auf der Bounty“) von Caroline Alexander. Die wichtigsten Biographien über Bligh sind das zweibändige Werk „The Life of Vice-Admiral Bligh“ von George Mackaness aus dem Jahr 1932 sowie „Captain Bligh – the Man and his Mutinies“ von Gavin Kennedy aus dem Jahr 1989.
Zu den wichtigsten Quellen über die Meuterei auf der BOUNTY gehören neben dem Logbuch der BOUNTY und Blighs eigenen Aufzeichnungen die Berichte von John Fryer, dem Sailing Master der BOUNTY, und dem Bootsmannsmaaten James Morrison. Allerdings müssen alle diese Dokumente mit einer gewissen Skepsis betrachtet werden. Denn während es Bligh vor allem darum ging, sich und seine Handlungen nach der Meuterei in einem möglichst guten Licht zu präsentieren, wurde Fryer von einem tiefen Groll auf seinen ehemaligen Kommandanten verzehrt; der begnadigte Meuterer Morrison wiederum versuchte, seine Beteiligung an der Rebellion nachträglich dadurch zu rechtfertigen, dass er Bligh als kleinlichen Tyrannen diskreditierte. 225 Jahre nach der Meuterei auf der BOUNTY ist es an der Zeit, mit der vorliegenden biographischen Skizze eine nuancierte Darstellung zu präsentieren, um William Bligh mit der Achtung, aber auch der Kritik zu würdigen, die er verdient.
Um den Lesefluss nicht zu stören, habe ich ein Glossar der wichtigsten Fachausdrücke sowie eine Besatzungsliste der BOUNTY im Anhang beigefügt. Als Historiker habe ich mich an die Regeln der Geschichtswissenschaft gehalten; alle Fakten sind sorgfältig überprüft, auch wenn ich der besseren Lesbarkeit willen auf einen Anmerkungsapparat verzichtet habe. Leider kann ich nicht die Namen all derer erwähnen, die mich bei der Arbeit an diesem Buch unterstützt haben. Besonderer Dank gebührt Dr. Marina Vollstedt von der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr in Hamburg für ihre konstruktive Kritik. Etwaige Fehler fallen allein in meine Verantwortung.
Kiel, im Winter 2013, Jann M. Witt
William Bligh wurde am 9. September 1754 vermutlich in der südwestenglischen Hafenstadt Plymouth als Sohn des Zolloffiziers Francis Bligh geboren. Im Alter von 32 Jahren hatte dieser im Oktober 1753 die acht Jahre ältere Witwe Jane Pearce geheiratet. William war offenbar das einzige Kind aus dieser Ehe. Er verlor seine Mutter, als er 15 Jahre alt war. Sein Vater heiratete noch zwei Mal, bevor er 1780 im Alter von 59 Jahren verstarb.
Die Familie stammte aus Cornwall. Im 16. Jahrhundert hatten die Blighs dort in der kleinen Stadt Bodmin gelebt, wo mehrere von ihnen das Amt des Bürgermeisters innegehabt hatten. Im Jahre 1680 war die Familie nach St. Tudy übergesiedelt. Unter William Blighs Vorfahren und Verwandten waren Adelige, Beamte und Seeoffiziere, darunter Admiral Sir Richard Rodney Bligh (1737–1821).
Über William Blighs Kindheit und Jugend ist nicht viel bekannt, doch hat es den Anschein, dass er eine gute und umfassende Schulbildung genoss. Er besaß eine natürliche Begabung für Mathematik und zeigte zudem als Erwachsener ein weitgefächertes wissenschaftliches Interesse. Schon früh zeichnete sich ab, dass William Bligh die Laufbahn des Marineoffiziers einschlagen würde. Ob dies sein eigener Wunsch war, ist unbekannt. Allerdings war ihm der Anblick von Kriegsschiffen seit seinen frühesten Kindheitstagen vertraut. Damals wie heute war Plymouth einer der wichtigsten Stützpunkte der Royal Navy, die hier seit 1691 eine eigene Werft für die Reparatur und Wartung von Kriegsschiffen unterhielt. Da sein Vater als Zolloffizier zu den Gentlemen zählte, besaß William Bligh überdies den richtigen gesellschaftlichen Hintergrund für eine erfolgreiche Offizierskarriere in der Royal Navy. Denn der Dienst als Seeoffizier galt für Söhne aus der Mittelschicht und aus verarmten Adelsfamilien damals als standesgemäße und gesellschaftlich angesehene Profession.
Während Bligh in Plymouth aufwuchs, tobte von 1756 bis 1763 der Siebenjährige Krieg. Es war der wohl folgenreichste Konflikt des 18. Jahrhunderts und zugleich der erste weltumspannend ausgetragene Krieg europäischer Mächte. Während Preußen und Österreich in Europa um den Besitz Schlesiens kämpften, rangen Großbritannien und Frankreich um die Vorherrschaft in Indien, Nordamerika und der Karibik. Von Anfang an wurde der Siebenjährige Krieg auch auf See ausgefochten. Großbritanniens Stärke beruhte vor allem auf der Schlagkraft seiner Marine. Die Schiffe der Royal Navy segelten und kämpften im 18. Jahrhundert weltweit auf allen Meeren – in den europäischen Gewässern ebenso wie in Indien, Nordamerika und in der Karibik. Durch den Niedergang des spanischen Kolonialreichs war ein Machtvakuum entstanden, in das nun England und Frankreich drängten, die weltweit um die koloniale Vorherrschaft rangen.
Im Verlauf des 18. Jahrhunderts hatten die Briten ihre klassische Seekriegsstrategie entwickelt, nach der die Royal Navy die Aufgabe hatte, die britischen Inseln vor einer Invasion zu schützen und die Kontrolle über die Seewege zu erringen. Daher versuchten die britischen Kriegsschiffe, den Feind in seinen eigenen Häfen zu blockieren. Sollte der gegnerischen Flotte dennoch das Auslaufen gelingen, war es das Ziel der Royal Navy, diese so schnell wie möglich zur Schlacht zu stellen und zu vernichten. Demgegenüber war Frankreich in erster Linie eine Kontinentalmacht, weshalb die Franzosen ihre Marine als eine im Vergleich zu ihren Landstreitkräften zweitrangige Waffe betrachteten und folglich versuchten, ihre Kriege mit ihrem Heer an Land und nicht mit ihrer Flotte auf See zu gewinnen.
Im Siebenjährigen Krieg stieg Großbritannien zur weltweit bedeutendsten See- und Kolonialmacht auf. In dem am 10. Februar 1763 geschlossenen Frieden von Paris verlor Frankreich Kanada, seine indischen Besitzungen mit Ausnahme von fünf Hafenplätzen, dazu die westindischen Inseln St. Vincent, Dominica und Tobago, während Spanien, das erst kurz vor Kriegsende auf der Seite Frankreichs in den Konflikt eingetreten war, ihre Kolonie Florida an die siegreichen Briten abtreten musste.
Wenige Monate vor Ende des Siebenjährigen Kriegs, am 1. Juli 1762, wurde der damals siebenjährige William Bligh in die Musterrolle des mit 64 Kanonen bewaffneten Linienschiffs MONMOUTH eingetragen. Damit gehörte er offiziell zur Besatzung des Zweideckers, auch wenn er vermutlich nie einen Fuß an Bord setzte. Williams ältere Halbschwester Mary, Jane Blighs Tochter aus erster Ehe, war mit John Bond, dem Schiffsarzt der MONMOUTH, verheiratet. Er war es offenbar gewesen, der dafür gesorgt hatte, dass Bligh auf die Mannschaftsliste des Schiffes gesetzt wurde. Dies war damals eine illegale, aber allgemein übliche Praxis, angehenden Marineoffizieren auf dem Papier zusätzliche Seefahrtszeit zu verschaffen, um eine spätere Beförderung zum Leutnant zur See zu beschleunigen.
Seit dem 17. Jahrhundert war im Krieg zur See an die Stelle eines reinen Handelskriegs mehr und mehr der Kampf großer Flotten aus speziell erbauten, mit Kanonen bewaffneten Kriegsschiffen getreten. Im Laufe der Zeit hatten sich verschiedene Kriegsschiffstypen entwickelt, die für unterschiedliche Aufgaben eingesetzt wurden. Große Kriegsschiffe wie die MONMOUTH mit zwei oder drei Kanonendecks wurden als „Linienschiffe“ bezeichnet, da sie groß genug waren, um in der Schlachtlinie zu kämpfen. Indem sie im Gefecht hintereinander in Kiellinie segelten, konnten die Linienschiffe ihre Geschütze optimal einsetzen, ohne sich gegenseitig zu behindern. Die schnellen Fregatten besaßen dagegen nur ein Kanonendeck und wurden hauptsächlich für Aufklärungszwecke oder die Jagd auf feindliche Handelsschiffe eingesetzt. Kleiner als Fregatten waren die Korvetten, in der Royal Navy gewöhnlich als Sloops bezeichnet. Sie waren als Vollschiff oder Brigg getakelt und wurden ähnlich wie die Fregatten zur Aufklärung und im Handelskrieg eingesetzt. Darüber hinaus gab es noch eine Vielzahl kleinerer Kriegsschiffe, wie Kanonenbriggs, Schoner, Kutter sowie bewaffnete Transportschiffe.
Eine große Flotte wie die Royal Navy benötigte eine effektive Verwaltung. Die oberste Verwaltungs- und Kommandobehörde der Royal Navy war die Admiralität. Keine andere Marine, auch nicht die französische, verfügte über eine vergleichbare Institution. Im Admiralty Office in Whitehall, dem Herz und Hirn der britischen Marine, liefen alle Fäden zusammen. An der Spitze der Admiralität stand der Erste Lord oder Marineminister. Seine Position war sowohl administrativ als auch politisch. Er wurde vom Premierminister ernannt und war Mitglied des Kabinetts. Dennoch wurde der Posten des Ersten Lords oft mit einem Admiral besetzt, denn es war damals nicht ungewöhnlich, dass Marineoffiziere im Parlament saßen oder politische Ämter übernahmen. Neben der Admiralität existierten noch weitere Marinebehörden, darunter das Navy Board, in dessen Verantwortung alle technischen und finanziellen Angelegenheiten der Royal Navy fielen, das für die Versorgung mit Lebensmitteln zuständige Victualling Board, das für das Gesundheitswesen maßgebliche Sick and Hurt Board sowie das für die Bewaffnung verantwortliche Ordnance Board, das jedoch nicht der Admiralität unterstand, sondern eine eigenständige Behörde bildete.
Erst nach dem Tod seiner Mutter begann der 15-jährige William Bligh am 27. Juli 1770 an Bord der kleinen, mit zehn Kanonen bewaffneten Sloop HUNTER tatsächlich seinen Dienst in der Royal Navy. Weil es dort keine freie Stelle als Fähnrich zur See oder Midshipman gab, wurde er als Vollmatrose in die Musterrolle eingetragen. Da in der Royal Navy im 18. Jahrhundert noch keine formalisierte Offiziersausbildung existierte, besaßen die britischen Kriegsschiffskommandanten das Recht, selbst Offiziersanwärter an Bord zu nehmen. Die amtlich festgelegte Anzahl der Midshipmen an Bord eines Kriegsschiffs reichte von zwei an Bord einer kleinen Sloop bis zu 24 auf einem Linienschiff Erster Klasse. Allerdings war es nicht ungewöhnlich, dass Kommandanten über die offizielle Zahl von Midshipmen hinaus die Söhne von Freunden und Verwandten an Bord nahmen. Diese taten, wie im Falle Blighs, zwar Dienst als Offiziersanwärter, wurden aber in den Mannschaftslisten offiziell als Able Seaman oder „Vollmatrose“ geführt, bis sie offiziell auf die Position eines Midshipman aufrücken konnten.
Wie die meisten Matrosen gingen auch die Midshipmen in der Regel im Alter von zehn bis 15 Jahren auf ihre erste Reise. Für die seemännische Ausbildung war es sicherlich von Vorteil, dass die Offiziersanwärter bereits als Jungen an Bord kamen, doch fehlte es ihnen aufgrund ihrer begrenzten Schulbildung häufig an den nötigen mathematischen Kenntnissen für die komplizierten navigatorischen Berechnungen. Wie die einfachen Seeleute erwarben auch die angehenden Marineoffiziere ihre beruflichen Kenntnisse in erster Linie durch praktische Erfahrung auf See. Sie wurden als Unteroffiziere eingesetzt und mussten bei den Segelmanövern nicht nur die Aufsicht führen, sondern auch an der Seite der Mannschaft arbeiten.
Wie die übrigen Offizierswärter galt auch Bligh als „junger Gentleman“. Er wohnte in der Kadettenmesse und tat Dienst als Fähnrich zur See. Von den Eltern der Offiziersanwärter wurde erwartet, dass sie die notwendige Ausrüstung bezahlten und ihre Söhne auch finanziell unterstützten. Die Grundausstattung bestand unter anderem aus Uniformen, Bettzeug, Büchern und Navigationsinstrumenten; all das musste in eine Seekiste passen.
Wie für die meisten Seeleute und Offiziersanwärter wird auch für William Bligh der Eintritt in die Royal Navy mit einem Schock verbunden gewesen sein. Unvermittelt wurde er mit einer neuen, fremden Lebensrealität konfrontiert. Oft werden die britischen Kriegsschiffe des 18. Jahrhunderts als schwimmende Hölle geschildert, bemannt von zum Dienst gezwungenen Seeleuten, die in ständiger Furcht vor ihren sadistischen Offizieren lebten. Obwohl dieses Bild stark überzeichnet ist, war das damalige Leben an Bord nach heutigen Maßstäben unvorstellbar hart. Der Seemannsberuf verlangte Kraft, Widerstandsfähigkeit und eine eiserne Konstitution. Der Tod war auf See ein ständiger Begleiter, und selbst in Kriegszeiten starben mehr Seeleute an Krankheiten und Unfällen als im Gefecht.
An der Spitze der Bordhierarchie stand der Kommandant. Auch auf Handelsschiffen gab es eine klare Befehlsstruktur mit dem Kapitän an der Spitze, obgleich hier die Disziplin meist weniger streng gehandhabt wurde. Große Kriegsschiffe, wie Linienschiffe und Fregatten, wurden von Offizieren im Range eines Post Captains (deutsch Kapitän zur See), kleinere Kriegsschiffe wie Korvetten hingegen von Commandern (deutsch Korvettenkapitän) befehligt, während die kleinsten Schiffe, zum Beispiel Kanonenbriggs oder bewaffnete Transportschiffe, unter dem Kommando eines Leutnants standen.
Der Kommandant eines Kriegsschiffs besaß eine fast unumschränkte Kommando- und Strafgewalt über seine Männer. Es lag in der Macht des Kommandanten, ein glückliches Schiff oder eine schwimmende Hölle zu schaffen. Er allein entschied, ob er sein Schiff milde oder streng führte, ob er mit der Peitsche oder durch sein Vorbild an Bord regierte.
Die strenge Disziplin an Bord britischer Kriegsschiffe war nicht allein aus militärischen Gründen, sondern vor allem aufgrund der ständigen Auseinandersetzung mit den Naturgewalten erforderlich. Auf See können Notsituationen jederzeit und völlig unerwartet auftreten. Die sichere Beherrschung eines Segelschiffs setzte daher ein hohes Maß an Organisation und das koordinierte Handeln aller Besatzungsmitglieder voraus. Die rechtliche Grundlage der Disziplin in der Royal Navy bildeten die sogenannten Kriegsartikel, englisch: Articles of War. Viele Bestimmungen sahen als einzige Strafe den Tod vor – doch das galt auch für die damaligen Strafgesetze an Land. Während bei schweren Straftaten, wie Desertion oder Meuterei, ein Kriegsgericht zuständig war, wurden kleinere Delikte wie Nachlässigkeit oder Trunkenheit im Dienst ohne Gerichtsverfahren durch den Kommandanten geahndet. Bei geringfügigen Verfehlungen wurden Strafarbeiten oder der Entzug der täglichen Rumration verhängt, bei schwereren Vergehen die Matrosen mit der „neunschwänzigen Katze“ ausgepeitscht. Offiziell durfte ein Kommandant ohne ein Kriegsgerichtsurteil höchstens zwölf Peitschenhiebe verhängen, doch wurde diese Vorschrift regelmäßig missachtet.
Bei der Führung des Schiffs wurde der Kommandant von seinen Offizieren unterstützt. Sie standen im Rang eines Leutnants und waren durch ein königliches Patent bestallt. Zu ihren Aufgaben gehörte in erster Linie das Wachegehen; zugleich überwachten sie die Ausführung der Segelmanöver und führten im Gefecht den Befehl auf den Geschützdecks.
Im Idealfall verband Offiziere und Mannschaft ein auf gegenseitigem Respekt basierendes Vertrauensverhältnis. Gute Offiziere behandelten die ihnen unterstellten Seeleute anständig und sorgten sich um ihr Wohl, denn ohne die Kooperation der Matrosen konnten sie das Schiff nicht führen. Nur schlechte Offiziere schikanierten und tyrannisierten die Matrosen. Verstieß ein Offizier gegen den Verhaltenskodex oder drangsalierte er die Mannschaft über ein tolerierbares Maß hinaus, wurde er von seinen Kameraden sozial geächtet oder von seinen Vorgesetzten aus dem Dienst entfernt.
Ein Seeoffizier musste in erster Linie ein fähiger Seemann sein. Aus diesem Grund war seit 1677 für die Beförderung zum Leutnant ein mündliches Examen in Navigation und Seemannschaft vorgeschrieben. Die Kandidaten mussten 20 Jahre alt sein und sechs Jahre Seedienstzeit als Offiziersanwärter nachweisen können. Mehr als andere Institutionen in jener Zeit belohnte die Marine Verdienst und Leistung. Grundlage für eine erfolgreiche Offizierskarriere war professionelles Können. Doch für den Aufstieg in die höheren Dienstränge war neben Glück und der Fähigkeit, Gefechte und Krankheiten zu überleben, die Unterstützung durch hochgestellte Förderer innerhalb und außerhalb der Marine die wichtigste Voraussetzung. Ohne Patronage hatten auch tüchtige Offiziere nur wenig Aussicht auf einen raschen Aufstieg und warteten oft genug vergeblich auf eine Beförderung. Wie die englische Gesellschaft an Land, war auch die Royal Navy damals von einem komplizierten Geflecht gegenseitiger Beziehungen durchzogen, wobei aber zumeist darauf geachtet wurde, nur geeignete Kandidaten zu fördern, um das eigene Ansehen innerhalb des Seeoffizierskorps nicht zu gefährden. Diese eng gewobenen Patronageseilschaften umfassten Offiziere, Deckoffiziere und sogar einfache Matrosen, die für ihre Treue mit Beförderungen und Dienstposten belohnt wurden.
Obgleich die Besatzung eines Kriegsschiffs auf engstem Raum zusammenlebte, existierten zwischen Seeoffizieren und Matrosen deutliche soziale Schranken, deren Überschreiten nur in wenigen Fällen möglich war. Während die Offiziere meist aus dem Adel oder dem Bürgertum stammten, waren die einfachen Seeleute in der Regel Angehörige der ländlichen und städtischen Unterschichten. Der Aufstieg zum Deckoffizier oder Warrant Officer bot aber auch den einfachen Seeleuten gewisse Karrierechancen. Die Deckoffiziere standen im Rang zwischen den Seeoffizieren und den Unteroffizieren. Als erfahrene Fachleute bildeten sie das Rückgrat der Besatzung eines jeden Kriegsschiffs. Im Gegensatz zu den Seeoffizieren erhielten die Deckoffiziere ihre Ernennung jedoch nicht durch ein königliches Patent, sondern durch eine als Warrant bezeichnete Bestallung des Navy Board, der Marineverwaltung.
Der höchste Deckoffizier an Bord war der Sailing Master. Als Navigationsoffizier des Schiffs musste er ein tüchtiger Seemann und Nautiker sein. Sein Status und sein Sold entsprachen dem eines Leutnants. Häufig hatten sich die Master bereits als Kapitän oder Steuermann in der Handelsschifffahrt bewährt, bevor sie in den Dienst der Royal Navy getreten waren. Einen deutlich geringeren Rang besaßen die Handwerker unter den Deckoffizieren, wie Bootsmann, Kanonier und Zimmermann, die sich meist aus dem Mannschaftsstand hochgedient hatten.
In Friedenszeiten bestanden die Mannschaften der britischen Kriegsschiffe durchweg aus Freiwilligen. In Kriegszeiten, wenn Hunderte von Kriegsschiffen bemannt werden mussten, reichte die Zahl der Freiwilligen bei weitem nicht aus, sodass meist keine andere Wahl blieb, als Seeleute zu „pressen“, also zum Dienst in der Royal Navy zu zwingen. Laut Gesetz durften nur Seeleute zum Marinedienst zwangsverpflichtet werden. Vom Pressen ausgenommen waren alle Nicht-Seeleute sowie Jungen unter 18 Jahren und Männer über 55 Jahren, ebenso wie Fischer, Lotsen, Offiziere und Kapitäne von Handelsschiffen oder Männer, die einen Schutzbrief, englisch Protection, besaßen. Eine extreme Maßnahme in Zeiten höchster Not war die hot press, bei der die Presspatrouillen wahllos alle Seeleute aufgriffen, deren sie habhaft werden konnten, egal ob sie einen Schutzbrief hatten oder nicht.
Das Leben an Bord folgte eigenen Gesetzen. Der Tag an Bord begann nicht um Mitternacht, wie an Land, sondern mit der Messung der Sonnenhöhe um 12 Uhr Mittags. Auf einem Kriegsschiff dauerte der Dienst rund um die Uhr. Tag und Nacht mussten die Segel bedient, Wind und Wetter beobachtet und der Schiffsbetrieb koordiniert werden. Die Mannschaft war dabei in zwei oder drei Wachen eingeteilt, die abwechselnd Dienst taten; eine Wache dauerte in der Regel jeweils vier Stunden.
Die strikte Hierarchie an Bord machte sich auch in der Unterbringung bemerkbar. So wohnte der Kommandant achtern vergleichsweise komfortabel in einer großen Kajüte, die sich quer über die Schiffsbreite erstreckte. Die Offiziere und Deckoffiziere waren dagegen in kleinen, durch dünne Segeltuch- oder Holzwände abgeteilten Kammern untergebracht, die trotz ihrer Enge ein Mindestmaß an Privatsphäre gewährten – ein Luxus an Bord eines überfüllten Kriegsschiffs. Die einfachen Seeleute wiederum hausten auf den unteren Decks in qualvoller Enge. Sie schliefen in Hängematten, die so dicht hingen, dass jedem Mann nur ein etwa 60 Zentimeter breiter Raum blieb. Menschliche Ausdünstungen und der aufsteigende Gestank der Bilge verpesteten die Luft, und auch die hygienischen Zustände waren nach heutigen Maßstäben katastrophal; angesichts der eng bemessenen Frischwasservorräte blieb für Körper- und Kleidungswäsche nicht viel übrig.
Mit erstaunlicher Anpassungsfähigkeit arrangierten sich die Seeleute mit den harten Lebensbedingungen an Bord. Ohnehin dürfte es den ärmeren Bevölkerungsschichten im damaligen England an Land noch schlechter gegangen sein als an Bord eines Kriegsschiffs. Immerhin erhielten die Besatzungen der Royal Navy regelmäßige Mahlzeiten. Zu den wichtigsten Lebensmitteln an Bord gehörte der Schiffszwieback – trockene, harte Teigplätzchen, die trotz sorgfältiger Lagerung häufig von Ungeziefer befallen wurden, weshalb die Seeleute vor dem Verzehr Maden und Würmer vorsichtig herausklopfen mussten. Weitere Grundnahrungsmittel waren Hülsenfrüchte, wie Erbsen und Bohnen, die sich durch Trocknen gut haltbar machen ließen, sowie eingepökeltes Fleisch. Obgleich die Qualität der Nahrung oft fragwürdig und die Auswahl eintönig und wenig schmackhaft war, kam die Verpflegung an Bord einer ausgewogenen Ernährung wesentlich näher als das, was die meisten Menschen an Land zu essen bekamen.
Die Nahrungsmittel konnten oftmals nur mit Hilfe von Salz konserviert werden, und so stieg das Verlangen nach Trinkbarem. Weil das Wasser relativ schnell in den Holzfässern zu faulen begann, waren Bier und Wein oftmals die wichtigsten Getränke an Bord. In der Royal Navy stand jedem Seemann eine Gallone Bier pro Tag zu. Gab es kein Bier, wurde stattdessen Rum, das „Blut der Royal Navy“, mit Wasser verdünnt als sogenannter „Grog“ ausgegeben. Natürlich diente der Alkohol auch als Rauschmittel. Nicht selten gab es Probleme mit betrunkenen Seeleuten. Auf vielen Schiffen der britischen Flotte galt ein Matrose erst als echter Seemann, wenn er mindestens einmal volltrunken gewesen war.
Im Februar 1771 wurde Bligh offiziell zum Midshipman ernannt. Im September des gleichen Jahres wechselte er auf die mit 32 Geschützen bestückte Fregatte CRESCENT, auf der er die folgenden drei Jahre als Fähnrich zur See diente. An Bord der CRESCENT lernte er Navigation und Seemannschaft sowie Westindien und die heimischen Gewässer kennen. Im September 1774 wechselte Bligh auf die kleine, mit acht Kanonen bewaffnete Sloop RANGER. Hier wurde er erneut als Vollmatrose in die Mannschaftsliste eingetragen, tat jedoch Dienst als Offiziersanwärter.
An Bord der RANGER, die in der Irischen See Jagd auf Schmuggler machte, kam Bligh 1775 das erste Mal auf die Isle of Man. Erst zehn Jahre zuvor war die zwischen Irland und England gelegene Insel unter die Hoheit des britischen Königs gekommen. 1765 hatten die Herzöge von Atholl ihre Souveränitätsrechte an die britische Krone verkauft. Bis heute gehört die Insel zum Herrschaftsbereich der britischen Königin, ohne staatsrechtlich Teil Großbritanniens zu sein.
Auf der Isle of Man lernte Bligh die damals 20-jährige Elizabeth Betham kennen. Sie stammte aus einer wohlhabenden Familie. Ebenso wie Blighs Vater war auch ihr Vater, Richard Betham, Zolloffizier. Er stammte aus Glasgow, hatte eine gute Bildung genossen und war den Ideen der schottischen Aufklärung verbunden; unter anderem gehörten die schottischen Philosophen David Hume und Adam Smith zu den Freunden der Familie. Elizabeth war gebildet, charmant, lebhaft und attraktiv, aber keine Schönheit. Auch sie interessierte sich für die Ideen der schottischen Aufklärer, ebenso wie für Naturwissenschaft und Kunst. Offenbar gefiel Elizabeth und ihren Eltern der junge, naturwissenschaftlich gebildete Seemann. Der Kontakt zwischen Bligh und Elizabeth blieb bestehen, auch nachdem er die Isle of Man wieder verlassen hatte.
Obgleich William Bligh ein tüchtiger Seemann war, geriet seine Karriere in eine Sackgasse. 1774 war er 20 Jahre alt geworden, verfügte über die erforderlichen sechs Jahre Seedienstzeit sowie über eine ausreichende seemännische Erfahrung, sodass er sich zur Leutnantsprüfung hätte melden können, was er jedoch aus unbekannten Gründen nicht tat. Ohnehin war mit dem Bestehen der Prüfung allein der Schritt in die Offiziersmesse noch nicht geschafft. Zunächst musste der examinierte Offizierskandidat eine freie Leutnantsstelle auf einem Schiff finden; erst dann konnte das Offizierspatent ausgestellt werden. In Friedenszeiten, wenn nur wenige Schiffe in Dienst gestellt waren, konnte sich die Suche nach einer freien Leutnantsstelle ohne Patronage als äußerst schwierig erweisen.
Trotz seiner offenkundigen Begabung schaffte Bligh den Sprung zum Leutnant nicht. Anscheinend besaß er keine hochgestellten Gönner, die wohlwollend über seinen Aufstieg wachten. Auch sein Cousin dritten Grades, Richard Rodney Bligh, der zu diesem Zeitpunkt bereits Leutnant war, unterstützte seinen jüngeren Verwandten bei seinem Bemühen um ein Offizierspatent anscheinend nicht. Stattdessen tauchte William Bligh plötzlich als Sailing Master des von dem berühmten Entdecker James Cook befehligten Expeditionsschiffs RESOLUTION auf, das gerade für dessen dritte Reise ausgerüstet wurde.
Am 17. März 1776 wurde William Bligh offiziell zum Sailing Master der RESOLUTION ernannt. Warum James Cook für diesen wichtigen Posten ausgerechnet den erst 22-jährigen Bligh auswählte, ist unbekannt. Cook muss entweder eine hohe Meinung von ihm gehabt oder aber dieser muss über außergewöhnlich gute Referenzen verfügt haben. Offenbar besaß Bligh trotz seiner jungen Jahre bereits den Ruf eines tüchtigen Seemanns und Navigators, denn ohne einen Nachweis seiner Befähigung hätte ihn Cook sicherlich nicht akzeptiert.
Aber auch Blighs Entscheidung, die Stelle eines Steuermannes unter Cook zu akzeptieren, war ungewöhnlich. Obgleich er für die Navigation des Schiffes verantwortlich war, gehörte der Sailing Master lediglich zu den Deckoffizieren. Er stand in der Hierarchie unter einem Leutnant und hatte auch nicht die Möglichkeit, zum Kapitän zur See befördert zu werden.
Möglicherweise war für Bligh die Aussicht verlockend, unter dem berühmtesten Entdecker seiner Zeit zu dienen. Ein weiterer Grund mögen die schlechten Beförderungsaussichten in Friedenszeiten gewesen sein. Das Risiko einer Karrieresackgasse war in Blighs Augen offenbar gering; sollte er seine Sache gut machen, konnte er damit rechnen, dass ihm Cooks Unterstützung die gewünschte Ernennung zum Leutnant einbringen würde. Vermutlich aus diesem Grund meldete sich William Bligh nun zur Offiziersprüfung. Kurz bevor die RESOLUTION England verließ, legte er am 1. Mai 1776 sein Leutnantsexamen ab.
James Cook ist das wohl berühmteste Beispiel für einen Aufstieg vom einfachen Matrosen zum Kapitän in der Royal Navy. Seine spektakuläre Karriere war außergewöhnlich und in erster Linie seinen überragenden Talenten als Navigator und Wissenschaftler geschuldet.
Cook war am 27. Oktober 1728 als zweites von acht Kindern im Dorf Marton-in-Cleveland in Yorkshire geboren worden. Sein Vater hatte sich vom Landarbeiter zum Gutsverwalter emporgearbeitet. Mit 17 Jahren wurde Cook bei einem Kaufmann in die Lehre gegeben. Doch als er nach anderthalb Jahren beschloss, Seemann zu werden, sorgte sein Lehrherr großzügig dafür, dass er von dem Reeder John Walker aus Whitby als Schiffsjunge angenommen wurde.