»Im ächten Manne ist ein Kind versteckt: das will spielen.«
Friedrich Nietzsche
Es waren einmal acht lustige Könige; die lebten. Sie hießen aber so und so. Wer heißt überhaupt? Man nennt ihn. Eines Tages aber sprachen die lustigen Könige zueinander, wie Könige zueinander sprechen. »Die Welt ist ohne Salz; lasst uns nach Salz gehen!«, sagte der zweite. »Und wenn es Pfeiffer wäre«, meinte der sechste. »Wer weiß das Neue?«, fragte der fünfte. »Ich!«, rief der siebente. »Wie nennst du’s?« fragte der erste. »Das Unterirdische«, erwiderte der siebente, »das Links, das Rechts, das Dazwischen, das Nächtliche, die Quadrate des Unsinnlichen über den drei Seiten des Sinnlichen.« »Und der Weg dazu?«, fragte der achte. »Das einarmige Kreuz ohne Kopf und der Basis über dem Winkel«, sagte der siebente. »Also der Galgen!«, sagte der vierte. »Esto«, sprach der dritte. Und alle wiederholten »Esto«, das heißt Jawohl.
Und die acht lustigen Könige rafften ihre Gewänder und ließen sich von ihrem Narren hängen. Den Narren aber verschlang allsogleich der Geist der Vergessenheit.
Betrachten wir den ›Galgenberg‹ als einen Lugaus der Phantasie ins Rings. Im Rings befindet sich noch viel Stummes.
Die Galgenpoesie ist ein Stück Weltanschauung. Es ist die skrupellose Freiheit des Ausgeschalteten, Entmaterialisierten, die sich in ihr ausspricht. Man weiß, was ein mulus ist: die beneidenswerte Zwischenstufe zwischen Schulbank und Universität. Nun wohl: Ein Galgenbruder ist die beneidenswerte Zwischenstufe zwischen Mensch und Universum. Nichts weiter. Man sieht vom Galgen die Welt anders an, und man sieht andre Dinge als andre.
O schauerliche Lebenswirrn,
wir hängen hier am roten Zwirn!
Die Unke unkt, die Spinne spinnt,
und schiefe Scheitel kämmt der Wind.
O Greule, Greule, wüste Greule!
Du bist verflucht!, so sagt die Eule.
Der Sterne Licht am Mond zerbricht.
Doch dich zerbrach’s noch immer nicht.
O Greule, Greule, wüste Greule!
Hört ihr den Huf der Silbergäule?
Es schreit der Kauz: pardauz! pardauz!
da taut’s, da graut’s, da braut’s, da blaut’s!
Sophie, mein Henkersmädel,
komm, küsse mir den Schädel!
Zwar ist mein Mund
ein schwarzer Schlund –
doch du bist gut und edel!
Sophie, mein Henkersmädel,
komm, streichle mir den Schädel!
Zwar ist mein Haupt
des Haars beraubt –
doch du bist gut und edel!
Sophie, mein Henkersmädel,
komm, schau mir in den Schädel!
Die Augen zwar,
sie fraß der Aar –
doch du bist gut und edel!
Pfeift der Sturm?
Keift ein Wurm?
Heulen
Eulen
hoch vom Turm?
Nein!
Es ist des Galgenstrickes
dickes
Ende, welches ächzte,
gleich als ob
im Galopp
eine müdgehetzte Mähre
nach dem nächsten Brunnen lechzte
(der vielleicht noch ferne wäre).
Die Rehlein beten zur Nacht,
hab acht!
Halb neun!
Halb zehn!
Halb elf!
Halb zwölf!
Zwölf!
Die Rehlein beten zur Nacht,
hab acht!
Sie falten die kleinen Zehlein,
die Rehlein.