{4}In Liebe und Dankbarkeit

für meinen Sohn

FELIX

 

Ein hervorragender Schütze,

der Physik unterrichtet

{5}Teil eins: Jonathan

1

Ich sagte den Jungs, sie sollten sich ruhig verhalten, während ich mein Gewehr holen ging.

Normalerweise klappte es. Für die fünf Minuten, die ich brauchte, um zu dem Spind im Lehrerzimmer und wieder zurück ins Klassenzimmer zu kommen, konnte man darauf zählen, daß dreißig vierzehnjährige, halbunterdrückte Rowdys einen Zustand brüchigen guten Benehmens durchhielten, gezügelt nur durch die Verheißung einer Unterrichtsstunde, auf die sie sich wirklich gefreut hatten. Physik im allgemeinen erachteten sie für unannehmbar schwere Geistesarbeit, aber was geschah, wenn ein Gewehr eine Kugel ausspuckte … das war interessant.

Jenkins hielt mich im Lehrerzimmer einen Augenblick auf: Jenkins mit der sauren Miene und dem schlechtgelaunten Schnurrbart, der mir sagte, Impuls könne man mit Kreide auf einer Tafel besser erklären, und eine richtige Schußwaffe sei einfach zügellose Selbstdarstellung meinerseits.

»Sie haben ohne Zweifel recht«, sagte ich kühl und drückte mich an ihm vorbei.

Er sah mich wie üblich mit frustrierter Gehässigkeit an. Er haßte meine Taktik, ihm immer beizupflichten, was freilich der Grund war, weshalb ich es tat.

»Entschuldigen Sie«, sagte ich im Weitergehen. »Die 4A wartet.«

{6}Die 4A jedoch wartete nicht in dem erhofften Zustand leise siedender Erregung. Sie war statt dessen ein kollektives Gekicher, das sich rasch einem leichten hysterischen Anfall näherte.

»Hört mal«, sagte ich rundheraus, denn schon beim ersten Schritt durch die Tür spürte ich die Stimmung, »beruhigt euch, oder ihr schreibt Notizen ab.«

Diese schrecklichste aller Drohungen zeigte keine Wirkung. Das Gekicher war nicht abzustellen. Die Blicke der Klasse schossen zwischen mir und meinem Gewehr und der Tafel, die für mich hinter der offenen Tür noch außer Sicht war, hin und her, und auf jedem der jungen Gesichter lag die ausgelassenste Vorfreude.

»Okay«, sagte ich und schloß die Tür, »was steht denn wieder Schönes …«

Ich hielt inne.

Es stand nichts an der Tafel.

Einer der Jungen stand davor, kerzengerade und still: Paul Arcady, der Witzbold der Klasse. Er stand kerzengerade und still, weil auf seinem Kopf ein Apfel balancierte.

Das Gekicher rings um mich explodierte in Gelächter, und ich selbst konnte auch kein ernstes Gesicht bewahren.

»Können Sie ihn runterschießen, Sir?«

Die Stimmen übertönten ein allgemeines Geschrei.

»Wilhelm Tell hat es gekonnt, Sir.«

»Sollen wir ’n Krankenwagen rufen, Sir, für alle Fälle?«

»Wie lange braucht eine Kugel, um Pauls Schädel zu durchqueren, Sir?«

»Sehr lustig«, sagte ich warnend, aber natürlich war es sehr lustig, und sie wußten es. Nur, wenn ich zuviel lachte, würde ich die Kontrolle über sie verlieren, und die Kontrolle über solch eine launische Masse war immer prekär.

»Wirklich geistreich, Paul«, sagte ich. »Geh und setz dich hin.«

{7}Er war zufrieden. Er hatte sich vollendet in Szene gesetzt. Er nahm den Apfel mit angeborener Eleganz vom Kopf, kehrte ordentlich auf seinen Platz zurück und nahm die bewundernden Scherze und die neidischen Pfiffe als gebührenden Lohn entgegen.

»Also schön«, sagte ich und pflanzte mich entschlossen dort auf, wo er gestanden hatte. »Am Ende dieser Stunde werdet ihr alle wissen, wie lange eine Kugel brauchen würde, um bei einem bestimmten Tempo eine bestimmte Entfernung zu durchmessen …«

Das Gewehr, das ich in die Stunde mitgebracht hatte, war ein simples Luftgewehr, doch ich erzählte ihnen auch, wie eine Büchse funktionierte und wieso eine Kugel oder ein Bleikorn jeweils schnell heraustrat. Ich ließ sie das glatte Metall anfassen: Für viele von ihnen das erste Mal, daß sie ein richtiges Gewehr, sei es auch nur ein Luftgewehr, aus nächster Nähe sahen. Ich erklärte, wie Kugeln gemacht wurden und wie sie sich von den Bleikörnern, die ich dabeihatte, unterschieden. Wie Lademechanismen funktionierten. Wie die Rillen in einem Gewehrlauf die Kugel rotieren ließen, um sie schnell drehend auszustoßen. Ich erzählte ihnen von Luftwiderstand und Hitze.

Sie hörten konzentriert zu und stellten die Fragen, die sie immer stellten.

»Können Sie uns sagen, wie eine Bombe funktioniert, Sir?«

»Eines Tages«, sagte ich.

»Eine Atombombe?«

»Eines Tages.«

»Eine Wasserstoff- … Kobalt- … Neutronenbombe?«

»Eines Tages.«

Sie fragten niemals, wie Radiowellen den Äther durchquerten, was für mich das größere Rätsel war. Sie fragten nach Zerstörung, nicht Schöpfung, nach Macht, nicht Symmetrie. Die Saat der Gewalt, die jedes männliche Kind in sich trägt, schaute {8}aus jedem Gesicht, und ich wußte, wie sie dachten, weil ich selbst so gewesen war. Warum sonst hatte ich in ihrem Alter zahllose Stunden hindurch mit einem 22er Kadettengewehr auf einem Schießstand geübt, meine Kunst verbessert, bis ich auf fünfzig Meter ein Ziel von der Größe eines Daumennagels neun von zehn Malen treffen konnte. Eine seltsame, sinnlose, sublimierte Kunst, die ich nie auf ein lebendes Wesen anzuwenden gedacht, aber seither nicht verlernt hatte.

»Stimmt es, Sir«, sagte einer von ihnen, »daß Sie eine olympische Medaille im Gewehrschießen gewonnen haben?«

»Nein, es stimmt nicht.«

»Was denn, Sir?«

»Ich möchte, daß ihr alle mal die Geschwindigkeit einer Kugel im Vergleich zur Geschwindigkeit eines anderen Gegenstandes, den ihr alle kennt, betrachtet. Glaubt ihr nun, ihr könntet in einem Flugzeug nebenher fliegen und aus dem Fenster schauen und eine Kugel sehen, die Schritt hält mit euch, so daß es scheint, als ob sie da vor dem Fenster stillsteht?«

Die Stunde lief weiter. Sie würden sich ihr Leben lang daran erinnern, wegen des Gewehrs. Ohne das Gewehr, was immer Jenkins auch glauben mochte, wäre sie in dem allgemeinen Staub untergegangen, den sie jeden Nachmittag um vier von ihren Schuhen schüttelten. Unterrichten, so schien es mir oft, war ebensosehr eine Sache des Bilderbeschwörens wie des Mitteilens wirklicher Information. Die witzig dargebrachten Fakten waren diejenigen, die sie in Prüfungen richtig hinkriegten.

Ich unterrichtete gerne. Besonders gern unterrichtete ich Physik, ein Fach, dem ich mit Leidenschaft und Freude anhing, wobei ich durchaus wußte, daß die meisten Leute entsetzt davor zurückscheuten. Physik war nur die Wissenschaft der unsichtbaren Welt, wie Geographie die der sichtbaren. Physik war die Wissenschaft von all den ungeheuer mächtigen Unsichtbarkeiten – Magnetismus, Elektrizität, Schwerkraft, Licht, Schall, {9}kosmische Strahlen … Physik war die Wissenschaft von den Rätseln des Universums. Wie konnte irgend jemand sie für langweilig halten?

Ich war seit drei Jahren Leiter der Physikabteilung der Gesamtschule von East Middlesex und hatte vier Lehrer und zwei technische Fachkräfte unter mir. Da ich jetzt dreiunddreißig war, hatte ich für die Zukunft noch Aussicht auf ein Konrektorat, höchstwahrscheinlich in Verbindung mit einem Ortswechsel, und vielleicht sogar auf ein Rektorat, obwohl ich das, wenn ich es mit vierzig nicht erreicht hatte, vergessen konnte. Schulleiter wurden Jahr für Jahr jünger; vor allem, wie Zyniker munkelten, weil die Behörden den Mann, den sie ernannten, um so mehr herumkommandieren konnten, je jünger er war.

Ich war alles in allem zufrieden mit meiner Stellung und glaubte an meine Zukunft. Nur zu Hause standen die Dinge nicht so gut.

Die 4A lernte den Impuls zu berechnen, und Arcady aß seinen Apfel, als er dachte, ich sähe nicht hin. Mein Blickfeld aber war nach zehn Jahren Lehrberuf derart scharf erweitert, daß sie zuweilen glaubten, ich könne buchstäblich mit dem Hinterkopf sehen. Es schadete nichts: Es machte die Kontrolle leichter.

»Laß die Kitsche nicht auf den Boden fallen, Paul«, sagte ich mild. Es war eine Sache, ihn den Apfel essen zu lassen – er hatte es sich verdient –, aber eine ganz andere, ihn glauben zu lassen, ich hätte es nicht gesehen. Die Monster im Griff zu behalten war ein immerwährendes psychologisches Spiel, aber auch die erste Priorität. Ich hatte erlebt, wie Stärkere als ich durch den Jagdrudelinstinkt von Kindern bis zum Nervenzusammenbruch erschöpft wurden.

Als die Schlußklingel kam, erwiesen sie mir die größte aller Höflichkeiten und ließen mich ausreden, ehe sie in wilder Flucht heimwärts stürmten. Schließlich war es Freitag, die letzte Stunde – und Gott sei gedankt für die Wochenenden.

{10}Ich machte langsam die Runde durch die vier Physiklabors und die zwei Apparateräume und prüfte, ob alles in Ordnung war. Die beiden Techniker, Louisa und David, waren dabei, alle Geräte auseinanderzunehmen und wegzuräumen, die am Montag nicht gebraucht wurden. Sie demontierten das Werk der 5E, die sich an Radioschaltsystemen versucht hatte, und legten die Batterien, Klammern, Grundplatten und Transistoren wieder in die zahllosen Ständer und Fächer.

»Jemand Bestimmtes auf der Abschußliste?« sagte Louisa mit Blick auf das Gewehr, das ich bei mir hatte.

»Wollte es nicht unbeaufsichtigt lassen.«

»Ist es geladen?« Ihre Stimme klang beinahe hoffnungsvoll. Freitags gegen Ende war sie stets in der Verfassung, wo man sie besser nicht um eine Gefälligkeit bat – es sei denn, man war gewillt, weinerliche zehn Minuten à la »Sie ahnen ja nicht, wie dieser Job einen fordert« über sich ergehen zu lassen, und darauf konnte ich gut verzichten. Louisas Koller gründeten vermutlich auf ihrer Überzeugung, daß das Leben sie betrogen hatte, da sie mit Vierzig eine Art Lagerverwalterin war (tüchtig, sorgfältig und hilfsbereit), aber keine große Wissenschaftlerin. »Wenn ich aufs College gegangen wäre …«, sagte sie gerne und hinterließ dabei den Eindruck, wenn sie es getan hätte, wäre Einstein in den Schatten gestellt worden. Ich wurde mit Louisa fertig, indem ich mich bei den ersten Anzeichen von Verdruß zurückzog, was vielleicht schwach war, aber ich mußte beruflich mit ihr leben, und Anfälle von Düsterkeit drückten auf ihr Arbeitstempo.

»Meine Liste für Montag!« sagte ich und gab sie ihr.

Verächtlich warf sie einen Blick darauf. »Martin hat die Oszilloskope für die dritte Stunde bestellt.«

Die Oszilloskopenknappheit der Schule war eine beständige Quelle von Reibungen.

»Sehen Sie mal, was Sie drehen können.«

»Kämen Sie vielleicht mit zwei aus?«

{11}Ich sagte, das ginge wohl, lächelte, hoffte, es würde schön bleiben für ihre Gartenarbeit, und machte mich auf den Heimweg.

Ich fuhr langsam, während das bleierne Gefühl der Resignation sich einstellte, sich festfraß wie immer auf der Rückfahrt. Zwischen Sarah und mir gab es keine Freude mehr, keine sich erneuernde Liebe. Acht Jahre verheiratet und keine Empfindung außer wachsende Langeweile.

Wir hatten keine Kinder bekommen können. Sarah hatte auf sie gehofft, sich nach ihnen gesehnt, nach ihnen verzehrt. Wir waren bei allen erdenklichen Spezialisten gewesen, und Sarah hatte unzählige Injektionen und Pillen bekommen und zwei Operationen hinter sich. Meine eigene Enttäuschung war erträglich, wenn auch nichtsdestoweniger tief. Ihre hatte sich als widerspenstig und schließlich als lähmend erwiesen insofern, als sie einem Zustand dauernder Depression verfallen war, aus dem anscheinend nichts sie retten konnte.

Ermutigende Therapeuten hatten uns gesagt, daß viele kinderlose Ehen sehr erfolgreich seien, in denen Mann und Frau durch ihr Unglück ungemein starke Bande schmiedeten, doch bei uns hatte es umgekehrt gewirkt. Wo einmal Leidenschaft gewesen war, war jetzt Höflichkeit, wo Pläne und Lachen, jetzt eine quälende Hoffnungslosigkeit, wo Tränen und Herzenskummer, Schweigen.

Ich genügte ihr nicht, sie wollte Babys. Ich hatte der Tatsache ins Auge sehen müssen, daß Mutterschaft ihr am meisten bedeutete, daß Heirat nur der Weg dahin gewesen war, daß so mancher Mann dem Zweck entsprochen haben würde. Hin und wieder fragte ich mich unglücklich, wie schnell sie sich von mir hätte scheiden lassen, wäre ich es gewesen, der sich als unfruchtbar erwiesen hätte: und anzunehmen, wir wären auf immer ganz zufrieden gewesen, wenn sie Erfüllung gefunden hätte, brachte auch nichts ein.

Ich möchte behaupten, es war eine Ehe wie viele andere. Wir {12}zankten nie. Widersprachen uns selten. Gleichgültigkeit gab den Ton an, und als eine ausschließliche, andauernde Lebensweise war das unendlich niederdrückend.

Es war ein Nachhausekommen wie tausend andere. Ich parkte vor dem geschlossenen Garagentor und ging mit Luftgewehr und Schulheften beladen ins Haus. Sarah, wie gewohnt von ihrem Halbtagsjob als Zahnarzthelferin zurück, saß auf dem Sofa im Wohnzimmer und las eine Illustrierte.

»Hallo«, sagte ich.

»Hallo. War’s gut heute?«

»Nicht schlecht.«

Sie hatte nicht von ihren Seiten aufgeschaut. Ich hatte sie nicht geküßt. Vielleicht war es für uns beide besser als völlige Einsamkeit, aber nicht viel.

»Es gibt Schinken zu Abend«, sagte sie. »Und Kohlsalat. In Ordnung?«

»Schön.«

Sie las weiter; eine schlanke blonde Frau, immer noch beeindruckend hübsch, doch jetzt mit einem ständigen reizbaren Gesichtsausdruck. Ich war daran gewöhnt, litt aber unerträgliche Sehnsucht, wenn die Erinnerung an die lachende Lebendigkeit der ersten Zeit hochkam. Manchmal fragte ich mich, ob sie wahrnahm, daß auch mir die Freude ausgegangen war, obwohl ich sie zuweilen noch tief in meinem Innern sprudeln fühlen konnte.

An diesem speziellen Abend unternahm ich (was immer seltener vorkam) eine Anstrengung, uns aus unserem Trübsinn aufzurütteln.

»Hör mal, laß uns einfach alles hinschmeißen und essen gehen. Vielleicht zu Florestan, wo auch Tanz ist.«

Sie schaute nicht auf. »Sei nicht albern.«

»Gehen wir doch einfach mal.«

»Ich mag nicht.« Eine Pause. »Ich würde lieber fernsehen.« Sie {13}blätterte um und setzte gleichgültig hinzu: »Und die Preise im Florestan können wir uns nicht leisten.«

»Wir könnten, wenn du Freude daran hättest.«

»Nein, hätte ich nicht.«

»Tja«, seufzte ich, »dann fange ich mal mit den Heften an.«

Sie nickte leicht. »Abendbrot um sieben.«

»Ist gut.«

Ich wandte mich zum Gehen.

»Es ist ein Brief für dich von William gekommen«, sagte sie in gelangweiltem Ton. »Ich hab’ ihn raufgelegt.«

»Ja? Gut, danke.«

Sie las weiter, und ich ging mit meinem Zeug hinauf ins dritte und kleinste unserer drei Schlafzimmer, das ich als eine Art Arbeitszimmer plus Büro benutzte. Der Grundstücksmakler, der uns das Haus zeigte, hatte den Raum munter als »gerade richtig für das Kinderzimmer« bezeichnet und sich beinah um den Verkauf gebracht. Ich hatte ihn für mich annektiert und ihn so maskulin wie möglich gestaltet, aber ich wußte, daß für Sarah dort immer noch der Geist ungeborener Kinder schwebte. Sie ging selten hinein. Es war schon etwas ungewöhnlich, daß sie mir den Brief meines Bruders auf den Schreibtisch gelegt hatte.

Er lautete:

Lieber Jonathan,

kann ich bitte dreißig Pfund haben? Die brauche ich, um in den Ferien auf die Farm zu gehen. Ich hab’ Mrs. Porter geschrieben, und sie nimmt mich. Sie sagt, ihre Preise sind wegen der Inflation gestiegen. Wegen dem, was ich futtere, kann es nicht sein, da sie mir hauptsächlich Brot und Honig verabreicht. (Keine Klagen.) Außerdem brauche ich eigentlich etwas Geld zum Reiten, für den Fall, daß sie mich im Stall keine Ritte mehr mit Ausmisten verdienen lassen. Da waren sie im letzten Jahr {14}etwas komisch, hängt irgendwie mit dem Gesetz und der Ausbeutung Jugendlicher zusammen, ich bitte Dich! Geh scharf auf die sechzehn. Jedenfalls, wenn Du einen glatten Fünfziger draus machen könntest, wär das prima. Falls ich meine Reitstunden verdienen kann, schicke ich Dir den Extrazwanziger zurück, wenn man sich nämlich in dieser Nobelpenne die dicken Kohlen nicht klauen lassen will, muß man sie schon einbetonieren. Die Ferien sind Freitag in einer Woche, früher dieses Jahr, könntest Du es also schnell schicken, wenn’s geht?

Hast Du mitgekriegt, daß Clinker das Wrap-up-Hindernis in Stratford echt gewonnen hat? Wenn Du nicht willst, daß ein Jockey aus mir wird, wie wär’s dann mit einem Wettberater?

Hoffe, es geht Dir gut. Und Sarah auch.

William.

 

P.S. Kannst Du zum Sportfest oder zum Blabla-Tag kommen? Ich hab’ einen Preis für zwei und zwei gekriegt, was Dich gewißlich wundert.

Blabla-Tag war die Jahresschlußfeier, bei der die Schulpreise übergeben wurden. Aus dem einen oder anderen Grund hatte ich die von William alle verpaßt. Diesmal würde ich hinfahren, dachte ich. Selbst William mochte sich manchmal allein fühlen, wenn keiner, der ihm nahestand, je zusah, wie er seine Preise einheimste, und das tat er mit einer gewissen Regelmäßigkeit.

Dank eines reichen Paten, der ihm eine Menge Geld zu treuen Händen »für seine Erziehung und Berufsausbildung, und viel Glück dem kleinen Racker« hinterlassen hatte, ging William auf eine höhere Privatschule. Williams Treuhänder zahlten regelmäßig seine Gebühren an die Schule und an mich den Unterhalt für Kleidung und sonstige Ausgaben, und ich gab nach Bedarf an {15}William Bares weiter. Es war eine Regelung, die in vieler Hinsicht ausgezeichnet klappte, unter anderem, weil es auch hieß, daß William nicht bei mir und Sarah wohnen mußte. Der laute und unabhängig eingestellte Bruder ihres Mannes war nicht das Kind, das sie wollte.

William verbrachte seine Ferien auf Bauernhöfen, und Sarah meinte gelegentlich, es sei höchst unfair, daß William mehr Geld hätte als ich, und William sei restlos verzogen worden von dem Tag an, als meine Mutter feststellte, daß sie mit sechsundvierzig noch einmal schwanger war. Sarah und William übten sich, wann immer sie einander begegneten, in vorsichtiger Zurückhaltung und nur gelegentlich in ehrlicher Direktheit. William hatte sehr schnell gelernt, sie nicht aufzuziehen, wie es seiner natürlichen Neigung entsprach, und Sarah hatte sich damit abgefunden, daß sarkastisch erteilte Kritik zu einem beißenden Konter einlud. Als Folge davon umkreisten sie sich gegenseitig wie zwei genau gleichstarke Gegenspieler, die nicht den offenen Krieg erklären wollten.

Solange er sich erinnern konnte, hatte William sich unwiderstehlich zu Pferden hingezogen gefühlt, und längst hatte er seine Absicht erklärt, Jockey zu werden, was von Sarah stark und von mir leicht mißbilligt wurde. Sicherheit, meinte William, sei ein schmutziges Wort. Es gäbe Besseres im Leben als einen sicheren Beruf. Sarah und ich waren wohl glücklicher mit Ordnung und Gewohnheit und Leistung. William schien mit seinen dreizehn, vierzehn und jetzt fünfzehn Jahren zunehmend nach Luft und Tempo und Unsicherheit zu dürsten. Es war typisch für ihn, daß er plante, die Woche Ferien mit Reiten zu verbringen, anstatt für die acht Mittlere-Reife-Prüfungen zu arbeiten, die unmittelbar darauf bevorstanden.

Ich ließ seinen Brief auf dem Schreibtisch, damit ich nicht vergaß, ihm einen Scheck zu schicken, und schloß den Schrank auf, in dem ich meine Gewehre verwahrte.

{16}Das Luftgewehr, das ich mit in die Schule genommen hatte, war kaum mehr als ein Spielzeug und brauchte weder Waffenschein noch sichere Lagerung, aber ich besaß zwei 7.62er Mauser, eine 7.62er Enfield Nr. 4 und zwei Anschütz .22, die von allen möglichen Vorschriften umwuchert waren, und ebenso eine alte Lee Enfield .303 aus meinen Anfangszeiten, die so tödlich war wie eh und je, wenn man die Munition dafür auftreiben konnte. Das bißchen, das ich hatte, hortete ich, hauptsächlich aus Nostalgie. .303-Patronen wurden nicht mehr hergestellt, seit die Armee in den sechziger Jahren auf 7,62 mm umgestiegen war.

Ich stellte das Luftgewehr wieder in seinen Ständer, prüfte nach, daß alles so war, wie es sein sollte, und verschloß die Tür vor dem vertrauten Ölgeruch.

Das Telefon klingelte unten, und Sarah ging dran. Ich sah auf den Stapel Schulhefte, die alle gelesen und korrigiert und den Jungs am Montag zurückgegeben werden mußten, und fragte mich, warum ich bloß keinen Job mit festen Stunden hatte, den man nicht mit heimzunehmen brauchte. Nicht nur für die Schüler war Hausarbeit eine Mühsal.

Ich konnte Sarahs typische Telefonstimme hören, laut und klar.

»Oh. Hallo, Peter. Wie nett …«

Eine lange Pause folgte, während Peter sprach, und dann ein Aufheulen von Sarah.

»O nein! O mein Gott! O nein, Peter …« Entsetzen, Unglauben, große Sorge. Ein Klang jedenfalls, der mich geradewegs nach unten brachte.

Sarah saß stocksteif auf dem Sofa und hielt das Telefon am Ende seiner langen Schnur. »O nein«, sagte sie heftig. »Das kann doch nicht wahr sein. Es kann einfach nicht.«

Sie starrte mich blicklos an, mit hochgerecktem Hals, sogar mit den Augen zuhörend.

{17}»Ach, natürlich … natürlich werden wir … Ach, Peter, ja natürlich … Ja, auf der Stelle. Ja … doch … wir kommen …« Sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. »So gegen neun. Reicht das? … Also gut … und Peter, grüß sie lieb von mir …«

Sie legte mit zitternden Händen den Hörer auf.

»Wir müssen hin«, sagte sie. »Peter und Donna –«

»Nicht heute abend«, protestierte ich. »Was immer es ist, nicht heute abend. Ich bin verdammt müde, und ich hab’ die ganzen Hefte …«

»Doch, sofort, wir müssen sofort hin.«

»Es sind hundert Meilen.«

»Ist mir gleich, wie weit es ist. Wir müssen jetzt fahren. Jetzt!«

Sie stand auf und lief praktisch in Richtung Treppe. »Pack einen Koffer«, sagte sie. »Komm schon.«

Ich ging ihr langsamer nach, halb verärgert, halb bewegt von ihrer Eindringlichkeit. »Sarah, nun warte doch mal. Was ist denn eigentlich Peter und Donna passiert?«

Sie hielt auf der vierten Stufe an und sah über das Geländer zu mir runter. Sie weinte, ihr ganzes Gesicht in gequältem Durcheinander verzerrt.

»Donna.« Die Worte waren undeutlich. »Donna …«

»Hat sie einen Unfall gehabt?«

»Nein … keinen …«

»Was denn?«

Die Frage löste nur vermehrte Tränen aus. »Sie … braucht … mich.«

»Dann fahr du«, sagte ich, erleichtert über die Lösung. »Ich komme ein paar Tage ohne den Wagen zurecht. Bis Dienstag jedenfalls. Montag kann ich den Bus nehmen.«

»Nein. Peter möchte dich auch haben. Er bat mich … uns beide.«

»Weshalb?« sagte ich, aber sie lief bereits die Treppe hoch und gab keine Antwort.

{18}Es wird mir nicht gefallen, dachte ich unvermittelt. Was immer auch passiert war, sie wußte, daß es mir nicht zusagen würde und daß meine Instinkte ganz auf der Seite der Nichteinmischung stehen würden. Ich folgte ihr widerstrebend nach oben, wo sie schon Kleider und Zahnkrem auf dem Bett zusammenwarf.

»Donna hat doch Eltern, oder nicht?« sagte ich. »Und Peter doch auch. Wenn also etwas Schreckliches passiert ist, was brauchen sie in Gottes Namen uns

»Es sind unsere Freunde.« Sie raste herum, weinte und schluckte und ließ Sachen fallen. Es war viel, viel mehr als gewöhnliches Mitgefühl für irgendein Übel, das Donna widerfahren sein mochte: Da war ein Übermaß, das zugleich beunruhigte und reizte.

»Es übersteigt die Freundschaft«, sagte ich, »müde und mit knurrendem Magen nach Norfolk loszustürmen, ohne zu wissen warum. Und ich fahre nicht mit.«

Sarah schien nicht zu hören. Das wahllose Packen ging ohne Pause weiter, und die Tränen entwickelten sich zu einem leisen, anhaltenden Wimmern.

Hatten wir früher einmal viele Freunde gehabt, so hatten wir jetzt nur noch Donna und Peter, wenngleich sie nicht mehr fünf Meilen entfernt wohnten und dienstags mit uns Squash spielten. Alle anderen Freunde waren uns entweder aus den Augen gekommen oder hatten geheiratet und Familien gegründet; und nur Donna und Peter hatten wie wir keine Kinder hervorgebracht. Nur die Gesellschaft von Donna und Peter, die nie von Kindern sprachen, konnte Sarah ertragen.

Sie und Donna hatten einmal lange zusammengewohnt. Peter und ich hatten uns erst als ihre späteren Ehemänner kennengelernt und waren gut genug miteinander ausgekommen, daß die Freundschaft den Umzug nach Norfolk überstand, wenn sie jetzt auch eher eine Sache von Geburtstagskarten und Anrufen {19}war als von häufigen Besuchen zu Hause. Einmal hatten wir zusammen einen Bootsurlaub auf dem Kanal verbracht. »Das machen wir nächstes Jahr wieder«, hatten wir alle gesagt; es aber nicht getan.

»Ist Donna krank?« fragte ich.

»Nein …«

»Ich fahre nicht«, sagte ich.

Das wehklagende Wimmern hörte auf. Sarah sah gräßlich aus, wie sie dastand mit abwesenden, geröteten Augen und einem unförmig zusammengelegten Nachthemd. Sie starrte nieder auf den hellgrünen wattierten Stoff, den sie gegen die Kälte getrennter Betten trug, und schließlich brach die verhängnisvolle Neuigkeit aus ihr hervor.

»Man hat sie verhaftet«, sagte sie.

»Donna … verhaftet?« Ich war erstaunt. Donna war ein Häschen. Ordentlich. Sanft. Schüchtern. Alles andere als wahrscheinlich, daß sie Ärger mit der Polizei bekam.

»Jetzt ist sie zu Hause«, sagte Sarah. »Sie ist … Peter meint, sie ist … na … dem Selbstmord nahe. Er sagt, er wird nicht damit fertig.« Ihre Stimme hob sich. »Er sagt, er braucht uns … jetzt … sofort. Er weiß nicht, was er tun soll. Er meint, wir sind die einzigen, die helfen können.«

Sie weinte erneut. Was immer es war, es war zuviel.

»Was«, sagte ich langsam, »hat Donna getan?«

»Sie ging einkaufen«, sagte Sarah, endlich bemüht, verständlich zu reden. »Und da stahl sie … Sie stahl …«

»Ja, um Himmels willen«, sagte ich, »klar, es ist schlimm für sie, aber Tausende von Leuten klauen beim Einkaufen. Also warum dieses übertriebene Theater?«

»Du hörst ja nicht zu«, schrie Sarah. »Warum hörst du nicht zu?«

»Ich –«

»Sie hat ein Baby gestohlen.«

{20}2

Wir fuhren nach Norwich.

Sarah hatte recht gehabt. Der Grund für unsere Reise gefiel mir nicht. Ich fühlte einen heftigen Widerwillen, in eine stark emotional geladene Situation hineingezogen zu werden, in der wahrscheinlich nichts Konstruktives zu unternehmen war. Meine freundschaftlichen Gefühle für Peter und Donna waren längst nicht stark genug. Für Peter vielleicht. Für Donna bestimmt nicht. Trotzdem, als ich an die ungeheuren Kräfte dachte, die auf dieses arme Mädchen eingewirkt haben mußten, um sie zu einer solchen Tat zu treiben, kam mir der Gedanke, daß vielleicht das unsichtbare Universum nicht bei der Art von Elektromagnetismus aufhörte, die ich unterrichtete. Jede lebende Zelle erzeugte schließlich elektrische Ladungen: besonders Gehirnzellen. Wenn ich Kindesraub einer elektrischen Entladung gleichsetzte, konnte ich eher damit froh werden.

Sarah saß den größten Teil des Weges schweigend neben mir, erholte sich und bereitete sich auf das Kommende vor. Nur einmal sagte sie, was uns beiden durch den Kopf gegangen sein muß.

»Das hätte ich sein können.«

»Nein«, sagte ich.

»Du weißt ja nicht … wie es ist.«

Es gab keine Antwort. Wenn man nicht weiblich und unfruchtbar geboren war, konnte man es unmöglich wissen. Ich hatte über die Jahre um die fünfhundert Mal in einem Ton, der von Qual bis Gehässigkeit variierte, zu hören bekommen, daß ich nicht wußte, wie es war, und darauf gab es jetzt so wenig eine Antwort wie beim ersten Mal.

{21}Der lang sich hinziehende Maiabend machte das Fahren leichter als gewöhnlich, obwohl die Strecke von London nach Norden im Freitagabend-Exodus immer eine schauderhafte Reise war.

An ihrem fernen, fernen Ende lag das hübsche neue, kastenähnliche Haus mit seinen großen gesichtslosen, storeverhängten Fenstern und dem gepflegten Rasenrechteck. Ein schmuckes Haus in einer Straße von anderen, ziemlich ähnlichen. Ein stolzer Beweis, daß Peter eine bestimmte Gehaltsstufe erreicht hatte und noch künftige Verbesserung anstrebte. Ein Ort und eine Lebensweise, die ich verstand und harmlos fand: wo William erstickt wäre.

Der Aufruhr hinter den nichtssagenden Netzgardinen war in mancher Hinsicht ziemlich wie erwartet und in anderer viel schlimmer.

Das üblicherweise peinlich saubere Innere war in großer Unordnung, mit ungespülten Bechern und Tassen, die auf sämtlichen Ablagen feuchte Ringe bildeten, und umhergestreuten Kleidungsstücken und Papieren. Die Spur, die, wie mir klarwerden sollte, vom Kommen und Gehen der Obrigkeit während der letzten beiden Tage zurückgeblieben war.

Peter begrüßte uns mit hohlen Augen und der gedämpften Stimme eines trauernden Angehörigen, und wahrscheinlich war das Geschehene für ihn und Donna buchstäblich schmerzlicher als ein Todesfall. Donna selbst saß stumm zusammengekauert am einen Ende des großen grünen Sofas in ihrem Wohnzimmer und machte keinen Versuch, auf Sarah einzugehen, als sie zu ihr eilte und in beinah rasender Zuneigung die Arme um sie schlang.

Peter sagte hilflos: »Sie will nicht reden … oder essen.«

»Oder zur Toilette gehen?«

»Was?«

Sarah warf mir einen wütend vorwurfsvollen Blick zu, aber ich sagte mild: »Wenn sie zur Toilette geht, wenn sie das {22}Bedürfnis verspürt, ist das doch ein gutes Zeichen. Es ist so eine normale Handlung.«

»Ja schon«, sagte Peter matt. »Sie geht.«

»In Ordnung.«

Sarah fand offensichtlich, dies sei wieder mal ein Klassebeispiel für das, was sie meine allgemeine Herzlosigkeit nannte, doch ich hatte nur beruhigen wollen. Ich fragte Peter, was sich eigentlich abgespielt hätte, und da er es mir vor Donna selbst nicht sagen wollte, zogen wir uns in die Küche zurück.

Auch dort hatten die Polizei, die Mediziner und Gerichtsbeamten und Sozialarbeiter ihren Kaffee gemacht und das Geschirr stehen lassen. Peter schien das Durcheinander nicht zu sehen, das in früheren Zeiten ihn und Donna in Putzwut versetzt hätte. Wir nahmen am Tisch Platz, während die letzten Spuren des Tages in der Dämmerung untergingen, und in diesem sanften Licht offenbarte er vorsichtig die Greuel.

Am vorhergehenden Morgen, sagte er, hatte Donna das Baby aus seinem Kinderwagen genommen und war mit ihm in ihrem Wagen davongefahren. Sie war über siebzig Meilen nordöstlich zur Küste gefahren und hatte an irgendeiner Stelle den Wagen mit dem Baby darin stehen lassen, um über den Strand davonzulaufen.

Der Wagen und das Baby waren innerhalb von Stunden aufgespürt und gefunden worden, und Donna selbst hatte man entdeckt, wie sie in strömendem Regen im Sand saß, sprachlos und wie betäubt.

Die Polizei hatte sie festgenommen, sie für eine Nacht in der Zelle aufs Revier gebracht und sie am nächsten Morgen einem Polizeirichter vorgeführt. Das Gericht hatte psychiatrische Gutachten verlangt, ein Datum für eine Vernehmung in einer Woche festgesetzt und trotz Protesten von seiten der Mutter des Babys Donna freigelassen. Alle hatten Peter versichert, Donna würde nur Bewährung bekommen, dennoch schauderte es ihn {23}vor der beängstigenden Zukunft mit ihren Schmähungen durch die Presse und die Nachbarschaft.

Nach einer Pause, im Gedanken an Donnas tranceähnlichen Zustand, sagte ich: »Du hast Sarah erzählt, sie sei dem Selbstmord nah.«

Er nickte unglücklich. »Heute nachmittag wollte ich sie aufwärmen. Um sie ins Bett zu stecken. Ich ließ ihr ein Bad ein.« Es dauerte einige Zeit, bis er weiterreden konnte. Es schien, daß der Selbstmordversuch tödlich ernst gewesen war: Er hatte sie im letzten Augenblick aufgehalten, als sie sich mit dem eingeschalteten Fön ins Wasser stürzen wollte. »Und sie hatte noch alle Kleider an«, sagte er.

Mir schien, was Donna dringend brauchte, war eine erfahrene und kontinuierliche Pflege in einer komfortablen Privatklinik, und das alles würde sie wahrscheinlich nicht bekommen.

»Komm mit raus auf einen Drink«, sagte ich.

»Aber ich kann doch nicht.« Er zitterte die ganze Zeit kaum merklich, als würden seine Grundfesten von einem fernen Erdbeben erschüttert.

»Donna ist bei Sarah gut aufgehoben.«

»Aber sie könnte versuchen …«

»Sarah kümmert sich schon um sie.«

»Aber ich kann nicht unter …«

»Nein«, sagte ich. »Wir kaufen eine Flasche.«

Ich kaufte einen Scotch mit zwei Gläsern bei einem verständigen Gastwirt unmittelbar vor Lokalschluß, und wir saßen in meinem Wagen und tranken in einer ruhigen, baumgesäumten Straße drei Meilen weg von Peters Wohnung. Sterne und Straßenlaternen zwischen dem dunklen Laub.

»Was sollen wir machen?« sagte er verzweifelt.

»Die Zeit wird vergehen.«

»Wir kommen nie darüber weg. Wie könnten wir? Es ist verflucht … unmöglich.« Er schluckte beim letzten Wort und {24}fing an zu weinen wie ein Junge. Ein Ausbruch unerträglichen, angestauten, halb zornigen Kummers.

Ich nahm ihm das Glas aus der zitternden Hand. Saß da und wartete, gab vage mitfühlende Laute von mir und fragte mich, was bei Gott ich getan hätte, wenn es wirklich Sarah gewesen wäre.

»Und daß es jetzt passiert«, sagte er schließlich, während er nach einem Taschentuch kramte, um sich zu schneuzen. »Ausgerechnet jetzt.«

»Ähm … wie?« sagte ich.

Er schniefte krampfartig und wischte sich die Wangen. »Es tut mir leid.«

»Nicht doch.«

Er seufzte. »Du bist immer so ruhig.«

»Mir ist so etwas noch nicht passiert.«

»Ich bin in der Klemme«, sagte er.

»Das wird auch wieder besser.«

»Nein, ich meine abgesehen von Donna. Ich wußte vorher schon nicht … was ich tun sollte … und jetzt, danach, kann ich nicht mal mehr denken.«

»Was für eine Klemme? Finanziell?«

»Nein. Also, nicht direkt.« Er zögerte unsicher, brauchte einen Anstoß.

»Was denn?«

Ich gab ihm sein Glas zurück. Er betrachtete es abwesend, dann trank er den größten Teil des Inhalts auf einen Schluck.

»Es macht dir nichts, wenn ich dir was aufbürde?«

»Selbstverständlich nicht.«

Er war ein paar Jahre jünger als ich, im selben Alter wie Donna und Sarah, und alle drei, so kam es mir mitunter vor, sahen mich nicht nur als Williams älteren Bruder, sondern auch als ihren. Jedenfalls war es für mich genauso natürlich wie für Peter, daß er mir seine Sorgen erzählte.

{25}Er war mittelgroß und dünn und hatte sich neuerdings einen längeren Schnurrbart zugelegt, der ihm nicht die überwältigende Macho-Erscheinung verlieh, die er vielleicht angestrebt hatte. Er sah immer noch wie ein harmloser, tüchtiger Durchschnittsmensch aus, der werktags durch die Gegend fuhr, um kleinen Firmen sein technisches Computerwissen zu verkaufen, und sonntags an seinem Boot herumbastelte.

Er tupfte sich wieder die Augen ab und atmete einige Minuten in tiefen, beruhigenden Zügen durch.

»Ich bin in etwas hineingeraten, was ich mir lieber aus der Welt wünschen würde«, sagte er.

»In was denn?«

»Es fing mehr oder weniger als ein Scherz an.« Er trank den letzten Fingerbreit Whisky, und ich beugte mich rüber und schenkte ihm nach. »Da war so ein Kerl. Ungefähr unser Alter. Er war von Newmarket heraufgekommen, und in der Kneipe, wo du den Whisky gekauft hast, kamen wir ins Gespräch. Er meinte, es wäre doch toll, wenn man Rennergebnisse aus dem Computer kriegen könnte. Und wir haben beide gelacht.«

Ein Schweigen trat ein.

»Wußte er, daß du mit Computern arbeitest?« sagte ich.

»Ich hatte es ihm erzählt. Du weißt, wie das so geht.«

»Und wie ging es weiter?«

»Eine Woche drauf bekam ich einen Brief. Von diesem Typ. Weiß nicht, woher er meine Adresse hatte. Aus der Kneipe vermutlich. Der Barmann weiß, wo ich wohne.« Er nahm einen Schluck aus dem Glas und war eine Zeitlang still, dann redete er weiter. »Der Brief war eine Anfrage, ob ich gern jemand helfen würde, der ein Computerprogramm zur Ausrechnung von Pferden schrieb. Also dachte ich, warum nicht? Bei Pferderennen wird der Ausgleich, das Handikap, immer von Computern errechnet, und der Brief klang ziemlich amtlich.«

»Aber er war’s nicht?«

{26}Er schüttelte den Kopf. »Ein kleines Privatunterfangen. Aber ich dachte immer noch, warum nicht? Jeder hat das Recht, sein eigenes Programm auszuarbeiten. So was wie richtig gibt es beim Ausgleichen nicht, außer wenn die Pferde genau entsprechend dem Gewicht einlaufen, das der Computer ihnen gegeben hat, aber das tun sie nie.«

»Du weißt ja eine Menge darüber.«

»Hab’ ich gelernt in den letzten Wochen.« Der Gedanke munterte ihn nicht auf. »Ich merkte nicht mal, daß ich Donna vernachlässigte, aber sie sagt, ich habe seit einer Ewigkeit kaum mit ihr geredet.« Seine Kehle zog sich zusammen, und er schluckte hörbar. »Vielleicht, wenn ich nicht so beschäftigt gewesen wäre …«

»Hör auf mit den Schuldgefühlen«, sagte ich. »Erzähl weiter von den Handikaps.«

Nach einer Weile war er imstande dazu.

»Er gab mir seitenweise Papierkram. Ganze Bündel. Alles handgeschrieben mit einer tierischen Klaue. Er wollte es zu Programmen geordnet haben, die jeder Depp durch einen Computer laufen lassen könnte.« Er zögerte. »Du kennst dich ja aus mit den Computern.«

»Eher mit Mikrochips als mit Programmieren, so gut also auch wieder nicht.«

»Bei den meisten Leuten ist es eher umgekehrt.«

»Mag sein«, sagte ich.

»Jedenfalls, ich habe die Programme gemacht. Eine ganze Menge. Es stellte sich raus, daß sie alle ziemlich die gleiche Chose waren. Besonders schwierig waren sie eigentlich nicht, als ich erst mal dahinterkam, was die ganzen Notizen zu bedeuten hatten. Die zu verstehen war am schwersten. Also jedenfalls, ich schrieb die Programme und wurde bar dafür bezahlt.« Er hielt inne und rutschte unruhig auf seinem Sitz herum, finster und stirnrunzelnd.

{27}»Was ist denn nun faul?« fragte ich.

»Na, ich erklärte, es sei am besten, wenn ich die Programme ein paarmal auf dem Computer laufen ließe, den er benutzen wollte, weil Computer doch oft so unterschiedlich sind, und obwohl er mir gesagt hatte, welchen Computertyp er nehmen würde und ich Spielraum gelassen hatte, weiß man doch nie genau, ob keine Mucken drin sind, bis man die Sache tatsächlich auf dem richtigen Maschinentyp ausprobiert. Aber er ließ mich nicht. Ich sagte ihm, er wäre unvernünftig, und er sagte mir, ich solle mich gefälligst um meine Angelegenheiten kümmern. Also pfiff ich grad auf ihn und dachte, wenn er so blöd sein wollte, wäre das sein Bier. Und dann tauchten die zwei anderen Männer auf.«

»Was für zwei andere?«

»Ich weiß es nicht. Sie feixten nur, als ich nach ihren Namen fragte. Sie wollten die kompletten, von mir geschriebenen Pferdeprogramme haben. Ich sagte, die hätte ich schon abgegeben. Sie sagten, sie hätten nichts mit dem zu tun, der für den Auftrag bezahlt hatte, ich sollte ihnen aber die Programme trotzdem geben.«

»Und hast du?«

»Na, schon – in gewisser Weise.«

»Aber Peter –«, sagte ich.

Er unterbrach. »Ja, ich weiß, aber sie waren so verdammt zum Fürchten. Sie kamen vorgestern – es scheint Jahre her –, vorgestern abend. Donna war spazieren gegangen. Es war noch hell. Gegen acht Uhr, möchte ich meinen. Sie geht oft spazieren …« Er verlor sich wieder, und ich stubste mit der Flasche sein Glas an. »Was?« sagte er. »Ach nein, nichts mehr, danke. Jedenfalls, sie kamen, und sie waren so arrogant, und sie sagten, es würde mir leid tun, wenn ich ihnen nicht die Programme gäbe. Sie meinten, Donna sei doch ein hübsches kleines Frauchen, und ich wolle doch sicher, daß sie das auch bliebe.« Er schluckte.

{28}»Ich hätte nie geglaubt … Ich meine, so etwas passiert doch nicht …« Es schien allerdings passiert zu sein.

»Tja«, sagte er, wieder gefaßter, »ich gab denen zwar alles, was ich im Haus hatte, aber eigentlich waren das nur sozusagen erste Entwürfe. Ziemlich grob. Ich hatte drei oder vier Versuchsprogramme von Hand vorgeschrieben, wie ich’s oft mache. Ich weiß, daß eine Menge Leute mit Schreibmaschinen arbeiten oder sogar direkt mit einem Computer, aber ich komme besser mit Stift und Radiergummi klar; was ich ihnen also gab, sah zwar gut aus, besonders wenn man keine Ahnung hat vom Programmieren, was auf sie wohl zutraf, aber viel war es nicht, wenn man es so nahm, wie es dastand. Und ich hatte keine Dateinamen dazugeschrieben, keine REMS oder dergleichen – die wüßten also, selbst wenn sie die Mucken aus den Programmen entfernten, noch nicht, worauf sie sich beziehen.«

Befreite man die Fakten vom Jargon, dann hatte er offenbar im vollen Bewußtsein dessen, was er tat, möglicherweise gefährlichen Männern einen Haufen Schrott angedreht.

»Ich verstehe«, sagte ich langsam, »was du mit der Klemme meintest.«

»Ich hatte beschlossen, mit Donna für ein paar Tage wegzufahren, nur um in Sicherheit zu sein. Das wollte ich ihr gestern, wenn ich von der Arbeit heimkam, als nette Überraschung eröffnen, und dann erschien die Polizei bei mir im Büro und sagte, sie hätte ein Kind … ein Kind … O Gott, wie konnte sie bloß?«

Ich schraubte den Verschluß auf die Flasche und sah auf meine Uhr. »Es geht auf Mitternacht«, sagte ich. »Wir kehren besser mal um.«

»Wahrscheinlich.«

Ich zögerte mit der Hand am Zündschlüssel. »Hast du der Polizei nichts von deinen zwei unliebsamen Besuchern gesagt?« fragte ich.

{29}»Nein. Ich meine, wie konnte ich denn? Sie gingen rein, raus, rein, raus bei mir, auch eine Polizistin, aber es drehte sich alles um Donna. Sie hätten nicht zugehört, und ohnehin …«

»Ohnehin was?«

Er zuckte unbehaglich die Achseln. »Ich habe Bargeld dafür gekriegt. Ziemlich viel. Das will ich nicht versteuern. Wenn ich’s der Polizei sagte … tja, ich wäre mehr oder weniger dazu gezwungen.«

»Es könnte besser sein«, sagte ich.

Er schüttelte den Kopf. »Es würde ein teurer Spaß für mich, die Polizei zu informieren, und was hätte ich davon? Sie würden sich aufschreiben, was ich sage, und abwarten, bis Donna eins auf die Nase kriegt, ehe sie etwas unternehmen. Ich meine, die können ja nicht rumlaufen und Tag und Nacht jeden beschützen, der irgendwie bedroht worden ist, oder? Und was den Schutz für Donna angeht – na weißt du, die waren nicht sehr nett zu ihr. Die meisten waren richtig eklig. Die haben sich ihren Tee gekocht und über ihren Kopf weg geredet, als ob sie ein Holzklotz wäre. Man könnte meinen, sie hätte dem Baby die Augen ausgestochen, so wie die sie behandelt haben.«

Es schien mir nicht unbegreiflich, daß die Behördensympathie vornehmlich auf der Seite der aufgebrachten Mutter des Babys gewesen war, aber ich sprach es nicht aus.

»Dann wäre es vielleicht schon am besten«, sagte ich, »wenn du mit Donna ein bißchen wegfahren würdest, gleich nach der Vernehmung. Kannst du Urlaub bekommen?«

Er nickte.

»Aber was sie eigentlich braucht, ist angemessene psychiatrische Pflege. Womöglich eine kurze Zeit in einer Nervenklinik.«

»Nein«, sagte er.

»Heutzutage ist die Erfolgsrate bei seelischen Erkrankungen hoch«, sagte ich. »Moderne Medikamente und Hormone und all das.«

{30}»Aber sie ist doch nicht –« Er brach ab.

Die alten Tabus starben schwer. »Das Gehirn gehört zum Körper«, sagte ich. »Es ist nicht davon getrennt. Und manchmal versagt es, genau wie alles andere. Wie die Leber. Oder die Nieren. Du würdest nicht zögern, wenn es ihre Nieren wären.«

Er schüttelte jedoch den Kopf, und ich bestand nicht auf meiner Ansicht. Entscheiden mußte jeder selbst. Ich ließ den Wagen an und kutschierte uns zurück zum Haus, und Peter sagte, als wir auf die kurze Betonzufahrt bogen, Donna fühle sich auf ihrem Boot immer ungewöhnlich wohl und er werde mit ihr eine Bootsreise machen.

 

Das Wochenende schleppte sich dahin. Ich versuchte hin und wieder verstohlen, die unerbittlichen Schulhefte zu korrigieren, doch das Telefon klingelte mehr oder minder in einem fort, und da die Gesprächsannahme die häusliche Aufgabe zu sein schien, für die ich am besten geeignet war, rutschte ich in routinemäßiges Geplapper ab. Verwandte, Freunde, Presse, Amtsvertreter, Gschaftlhuber, Spinner und Stänkerer, ich sprach mit ihnen allen.

Sarah kümmerte sich mit extremer Zärtlichkeit und Hingabe um Donna und wurde zunächst mit abwesendem Lächeln und allmählich dann gedämpfter Rede dafür belohnt. Danach kamen hysterische Tränen, ein Haarekämmen, ein zaghaftes Essen, ein Kleiderwechsel und weitere seltsame Verhaltensweisen.

Wenn Peter mit Donna redete, geschah es in einer unglücklichen Mischung aus Liebe, Schuld und Vorwurf, und er fand so manche Gelegenheit, in den Garten zu flüchten. Am Sonntagmorgen fuhr er mit seinem Wagen fort, als die Lokale öffneten, und kam zu spät zum Mittagessen wieder, und am Sonntagnachmittag sagte ich mit heimlicher Erleichterung, daß ich jetzt wegen der Schule am Montag wieder nach Hause müsse.

»Ich bleibe hier«, sagte Sarah. »Donna braucht mich. Ich rufe {31}meinen Chef an und erkläre es ihm. Er schuldet mir sowieso noch eine Woche Urlaub.«

Donna ließ das inzwischen ultrahilflose Lächeln sehen, das sie in den vergangenen zwei Tagen kultiviert hatte, und Peter nickte eifrig Zustimmung.

»Okay«, sagte ich langsam, »aber paß auf.«

»Auf was?« sagte Sarah.

Ich warf einen Blick zu Peter, der aufgeregt den Kopf schüttelte. Trotzdem schien es angebracht, einfache Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen.

»Laß Donna nicht alleine weggehen«, sagte ich.

Donna wurde rot vor Zorn und Sarah war sofort verärgert, und ich sagte verlegen: »Ich wollte nicht … ich meinte, um sie zu schützen … vor Leuten, die vielleicht gehässig zu ihr sein wollen.«

Sarah sah den Sinn darin und beruhigte sich, und wenig später war ich abfahrbereit.

Ich sagte ihnen im Haus auf Wiedersehen, da anscheinend ständig Leute auf der Straße waren, die mit gierendem Blick auf die Fenster starrten, und noch in letzter Minute drückte Peter mir drei Kassetten in die Hand, die ich im Wagen spielen könnte, falls ich mich auf dem Nachhauseweg langweilen sollte. Ich warf einen flüchtigen Blick darauf: The King and I, Oklahoma und West Side Story. Kaum der letzte Schrei, aber ich dankte ihm trotzdem, küßte Sarah, um den Schein zu wahren, küßte Donna ebenso und machte mich in unangebracht aufstrebender Laune davon.

Erst auf dem letzten Drittel des Heimwegs, als ich Oklahoma zur Untermalung ausprobierte, stellte ich fest, daß, was Peter mir gegeben hatte, gar keine Musik war, sondern ganz etwas anderes.

Anstatt Oh What a Beautiful Morning bekam ich ein laut vibrierendes, verkratztes Winseln, durchsetzt mit kurzen {32}Einlagen von eintönigem reinem Winseln. Achselzuckend spulte ich das Band ein Stück vor und probierte es noch mal.

Das gleiche.

Ich holte das Band raus, drehte es um und probierte es wieder. Das gleiche. Probierte The King and I und West Side Story. Alles das gleiche.

Ich wußte von Anfang an, was es für ein Geräusch war. Man vergaß es nicht, wenn man es einmal kannte. Das verkratzte Winseln entstand durch zwei Töne, die in sehr rascher Folge wechselten, so daß das Ohr kaum den höheren vom tieferen unterscheiden konnte. Und das reine Winseln wies schlicht auf eine Zwischenpause hin, wo nichts geschah. Auf Oklahoma dauerten die Zweitonspannen recht typisch etwa zwischen zehn Sekunden und drei Minuten.

Ich hörte das Geräusch, das ein Computer erzeugt, wenn seine Programme auf normaler Bandkassette aufgenommen werden.

Kassetten waren praktisch und viel in Gebrauch, besonders bei kleineren Computern. Man konnte einen ganzen Berg verschiedener Programme auf Tonbandkassetten speichern und einfach das jeweils Nötige herausgreifen und es benutzen: Aber die Kassetten waren trotzdem nach wie vor ganz gewöhnliche Kassetten, und wenn man das Band ganz normal auf einem Kassettenrecorder spielte, wie ich es getan hatte, hörte man das vibrierende Winseln.

Peter hatte mir drei 60-Minuten-Bänder von Computerprogrammen gegeben: Und es war nicht so besonders schwer zu erraten, um was für Programme es sich handelte.

Ich fragte mich, warum er sie mir so hintenherum gegeben hatte. Ich fragte mich, genau gesagt, warum er sie mir überhaupt gegeben hatte. Na, wenn schon. Ich warf die Bänder und ihre irreführenden Hüllen ins Handschuhfach und drehte statt dessen das Radio an.

 

{33}Die Schule am Montag war eine Erholung nach den Treibhausemotionen in Norfolk, und die Probleme von Louisa-der-Technikerin erschienen wie Mottenflügelschlag neben denen von Donna.

Am Montagabend, während ich mir im Fernsehen ein Programm meiner Wahl anschaute und, mit den Füßen auf dem Couchtisch, Cornflakes und Sahne aß, rief Peter an.

»Wie geht’s Donna?« sagte ich.

»Ich weiß nicht, was ohne Sarah aus ihr würde.«

»Und dir?«

»Ach, ganz gut. Hör zu, Jonathan, hast du mal eins von den Bändern gespielt?«

»Ein bißchen von allen«, sagte ich.

»Aha. Tja, ich nehme an, du weißt, was drauf ist?«

»Deine Pferde-Handikap-Programme?«