Bettina Seidl
Die Dorflehrerin
Roman
dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München
Bettina Seidl wuchs auf einem Bauernhof in den Berchtesgadener Bergen auf. Nach ihrem Studium der Kunstgeschichte in Regensburg ist sie heute in der Erwachsenenbildung tätig. Mit ihrer Familie lebt sie im Chiemgau. Doch am liebsten ist sie in den heimatlichen Bergen rund um den Königssee unterwegs, wo sie auch die Inspiration zu ihren Geschichten findet.
Tannau im Berchtesgadener Land, 1911.
Als Antonie Weber, bei den Englischen Fräulein in München zur Lehrerin ausgebildet, im Bergdorf Tannau ihre erste Stelle antritt, rollt ihr eine Lawine von Misstrauen und Vorurteilen entgegen. Aber Antonie ist aus hartem Holz geschnitzt. Als Waise aufgewachsen, war ihr eigener Weg zu Bildung und Beruf hart erkämpft. Lehrerin zu sein ist ihre wahre Berufung. Verfügt sie doch über die Gabe, ihre Schüler für das Lernen zu begeistern und ihnen den Wert von Bildung nahezubringen. So findet sie in ihren kleinen Schützlingen schnell Verbündete. Als Antonie sich in den Revierförster Sebastian verliebt, steht sie vor der schwersten Entscheidung ihres Lebens: Folgt sie ihrer Berufung oder ihrem Herzen?
Originalausgabe
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Umschlaggestaltung: wildesblut – Atelier für Gestaltung
Stephanie Weischer
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eBook-Herstellung im Verlag (01)
eBook ISBN 978-3-423-43908-4
ISBN der gedruckten Ausgabe 978-3-423-21984-6
ISBN (epub) 9783423439084
Der Weg nahm kein Ende. Antonie stellte den Koffer ab, richtete sich auf, drückte das Kreuz durch und atmete tief ein. Die Mittagssonne brachte die Bergwiese, durch die sich die Straße bergauf schlängelte, zum Duften. Sie erkannte Hahnenfuß mit seinen vielen kleinen gelben Blüten, ein Weißer Germer richtete seine Samenstände auf, und selbst Margeriten, die in der Höhenlage viel später blühten als im Tal, reckten ihre strahlend weißen Blüten der Sonne entgegen. Antonie strich mit der Hand über das hoch gewachsene Gras. Die Halmspitzen kitzelten. Wieder sog sie den Duft tief ein, den die Hitze den Wiesenblumen entlockte.
Der Rand der Wiese war bewaldet, und irgendwo im kühlen Grund der Bäume musste auch der Bach sich seinen Weg bahnen, sein Rauschen war deutlich zu hören. Der Gebirgsbach hatte sie den ganzen Weg hinaufbegleitet. Wie ein junger Hund war er neben der Straße hergelaufen, plötzlich hatte er einen Haken geschlagen und war davongeeilt, um nach der nächsten Kurve wieder munter an ihrer Seite zu gurgeln.
Der Wald zog sich die felsigen Hänge hinauf. Vereinzelte Kiefern krallten sich an Felsvorsprünge – woher sie nur ihre Nahrung nahmen, um an diesen exponierten Stellen zu wachsen. Antonie bewunderte die Hartnäckigkeit, mit denen die Kiefern den Widerständen trotzten und tapfer in die Höhe wuchsen. Das wenige an Erde dort oben reichte ihnen, und ihre Wurzeln hatten sich in die Felsritzen vorgearbeitet, um den Schnee und die Winterstürme zu überstehen. Was für zähe Bäume, dachte Antonie. Wie gelang es ihnen nur, dort, wo nichts ist, zu wachsen? Sie nahm sich die Kiefern als Vorbild. Wenn die es dort schafften, dann würde sie ihre neue Aufgabe in Tannau auch bewältigen.
Das Bergdorf mit diesem Namen war das Ziel ihrer Reise, die heute früh am Morgen begonnen hatte, als sie am Münchner Hauptbahnhof in den Zug gestiegen war. Der brachte sie in die südöstlichste Spitze Bayerns. Dort angekommen, hatte sie einen Kutscher nach dem Weg gefragt. Der hatte stumm in eine Richtung gezeigt und sie und ihr Gepäck mitleidig angeschaut, als hätte er Zweifel, dass sie es bis nach Tannau schaffen würde. Gerade eben beschlichen sie die gleichen Zweifel. Mit jedem Schritt die steinige Straße hinauf war ihr der Koffer immer schwerer vorgekommen. Dabei wog der Koffer alleine mehr als ihre wenigen Habseligkeiten, die er transportierte. Ein zweites Kattunkleid, eine Bluse und ein dunkler Rock für den Kirchgang, eine Strickjacke und Wäsche. Mehr besaß sie, Antonie Weber, nicht. Es brauchte nicht viel zum Leben, das hatte die Natur ihr gerade gezeigt. Wenn man einen festen Halt hatte, konnte man überall wachsen.
In dem Rucksack auf ihrem Rücken hatte sie die Bücher verstaut, ihre Haarbürste und die Haarnadeln, mit denen sie ihr dickes Haar bändigte. Gerade hatte sich eine Strähne gelöst, und mit einer geübten Bewegung bog sie die Nadel mit den Zähnen auf, um sie wieder festzustecken. Sie hätte sich besser zwei Zöpfe geflochten. Doch mit ihren fünfundzwanzig Jahren sähe sie dann mehr wie ein Schulmädchen aus. Nein, sie wollte einen guten ersten Eindruck machen.
Allzu weit konnte das Dorf nicht mehr entfernt liegen. Auf der Landkarte waren es nur ein paar Zentimeter gewesen, doch Antonie hatte nicht bedacht, dass der Weg beständig bergauf gehen würde. Mit ihrem Gepäck und bei der schwülen Hitze war es eine regelrechte Herausforderung. Sicher, sie hatte schon Bergwanderungen unternommen. Mit ihren Kommilitoninnen vom Lehrerinnenseminar war sie etliche Male mit der Bahn von München ins Oberland gefahren, um in den Bergen zu wandern. Da hatte sie nur eine Wasserflasche und eine Brotzeit im Rucksack gehabt und nicht ihre Bücher, die mit der Zeit immer schwerer wogen. Beim Gedanken an die Wasserflasche merkte Antonie, wie durstig sie war. Sobald der Bach wieder näher kam, wollte sie daraus trinken. Fürs Erste nahm sie all ihre Kräfte zusammen, blickte ein letztes Mal auf die Kiefern in den Felshängen und ergriff, innerlich gestärkt, ihr Gepäck.
Als sie die Weide hinter sich gelassen hatte, führte der Weg durch ein Waldstück. Hier war es kühler, das grüne Blätterdach schirmte die Sonne ab, und auch der Bach hatte sich wieder eingefunden. Erneut setzte Antonie ihren Koffer ab, diesmal nahm sie auch den Rucksack von den Schultern und stieg zum Bachbett hinab. Vorsorglich raffte sie ihren Rock und den Unterrock, der mit einem schmalen Spitzensaum besetzt war, und stellte sich auf einen Stein, der flach und fest aussah. Sie ging in die Hocke, beugte sich nach vorne und schöpfte mit ihrer rechten Hand das kühle Nass. Wie gut das tat. Als sie ihren Durst gestillt hatte, tauchte sie erneut die Hand ins Wasser, um ihre Stirn, Wangen und Nacken zu kühlen.
»Wer stellt denn seinen Koffer mitten auf den Weg, damit jeder rechtschaffene Bürger darüber fallen muss?«
Antonie erschrak heftig. Sie verlor das Gleichgewicht und wäre sicher ins Wasser gestürzt, wenn nicht eine feste Hand sie gepackt und festgehalten hätte. Wütend drehte sie sich um. »Wie können Sie mich so erschrecken?«, fuhr sie den Mann an, der direkt hinter ihr stand. »Man spricht niemanden hinterrücks an, vor allem dann nicht, wenn derjenige auf einem wackligen Stein in einem reißenden Bach steht.« Zugegeben, das mit dem reißenden Bach war übertrieben. Sie sah, wie der Mann errötete, und sogleich taten ihr ihre heftigen Worte leid.
»Verzeihen Sie vielmals, ich war nur über den Koffer überrascht. Auf unseren Wegen in den Bergen stehen nur äußerst selten Koffer herum.« Jetzt lächelte er Antonie freundlich an. Sein Lächeln kam aus den Augen, und die vielen Fältchen zeigten, dass er wohl oft lächelte. Sein braun gebranntes Gesicht erzählte von den vielen Stunden, die er draußen in der Natur verbrachte. Er war seiner Kleidung nach kein Bauer, und erst, als er ihr zurück auf die Straße geholfen hatte und im respektablen Abstand vor ihr stand, erkannte sie die Jägerkluft, die er trug.
»Entschuldigen Sie« sagte der Jäger, »ich habe mich noch gar nicht vorgestellt.«
»Dazu hatten Sie ja keine Zeit, Sie mussten mich ja erschrecken.« Diese schnippische Bemerkung konnte Antonie sich nicht verkneifen. Schwester Coelestina hätte sie dafür sicher getadelt. »Egal, wie du fällst, du fällst nie auf den Mund«, pflegte ihre Lieblingsnonne im Internat stets zu ihr zu sagen.
»Das tut mir auch herzlich leid.« Der junge Mann verbeugte sich galant und lüpfte sogar seinen grünen Filzhut, an dessen Hutband eine prächtige Adlerfeder steckte. »Ich bin Sebastian Berger, der Revierförster.«
»Angenehm!« Antonie deutete einen Knicks an, so wie sie es in dem leer geräumten Speisesaal im Heim beim Anstandsunterricht gelernt hatten. Als würden die Waisen tatsächlich einmal bei Hofe verkehren. Die Schwestern der Englischen Fräulein hatten viel Wert auf Etikette gelegt. »Ihr seid ohne Eltern, aber nicht ohne Anstand«, war ein weiterer der vielen Sprüche von Schwester Coelestina. »Ich bin Antonie Weber, die neue Lehrerin von Tannau. Daher mein Gepäck.«
»Eine Lehrerin?« Sebastian Berger ließ offen, was er über eine Lehrerin dachte. »Springen Sie für den kranken Lehrer Meisl ein?«
»Genau so ist es.«
»Das ist gut, wenn die Kinder endlich wieder regelmäßig Unterricht haben!«
»Wie weit ist es noch bis Tannau?«
»Noch eine gute halbe Stunde. Das steilste Stück haben Sie schon hinter sich. Nach dem Wäldchen geht es recht eben dahin.«
»Danke, das schaffe ich leicht.« Antonie hob den Rucksack hoch und nahm ihn auf den Rücken. Als sie den Koffer am Griff packte, sagte der Förster: »Ich würde Ihnen ja tragen helfen, halten Sie mich bitte nicht für unhöflich. Doch ich muss schnell hinunter nach Berchtesgaden, zum Polizeirevier. Ich befürchte, ein Wilderer ist unterwegs und schießt das Wild des Prinzregenten. Da muss ich Meldung machen.«
»Haben Sie Dank für das freundliche Angebot. Ich komme gut alleine zurecht.«
Da blickte der Förster nach oben, zog die Nase kraus, als würde er eine Fährte aufnehmen, und sagte: »Beeilen Sie sich lieber. Ich glaube, dass wir bald ein Unwetter bekommen.«
»Was, bei diesem Sonnenschein?«, fragte Antonie erstaunt.
»Gerade wegen des Sonnenscheins. Dadurch ist viel Wasser in der Luft. Hoffentlich kommen Sie trocken ins Dorf.«
»Das werde ich«, meinte Antonie, als sie das besorgte Gesicht von Sebastian Berger sah. Sie nickte ihm zum Abschied zu und marschierte mit flotten Schritten voran.
Sie wusste, dass das Wetter in den Bergen schnell umschlagen konnte. Auf dem Schafkopf in Garmisch war ihre Wandergruppe einmal in ein Unwetter geraten, und sie waren hinterher froh gewesen, heil vom Berg gekommen zu sein. Nach ein paar Metern hielt sie dennoch inne und schaute zurück. Der Jäger war schon ein gutes Stück hinuntergelaufen, als er stehen blieb und sich ebenfalls umdrehte. Antonie hob die Hand, und er winkte ihr mit seinem Hut zu. Sie musste lachen.
Das Dorf war schon in Sichtweite, als sich der Himmel verdunkelte. Wie aus dem Nichts ballten sich plötzlich dunkle Wolken über dem Tal zusammen. Antonie wechselte den Koffer in die andere Hand und versuchte, ihre Schritte zu beschleunigen. Ein gewaltiger Donner zerriss die drückende Stille, die über dem Tal lag. Sie zuckte zusammen, zog den Kopf ein und schaute ängstlich nach oben. Am Himmel zwischen den Bergen, der gerade noch strahlend blau gewesen war, hingen tiefschwarze Wolken und saßen wie ein Deckel auf einem Topf über dem Dorf Tannau. Antonie hastete weiter, ein Blitz zuckte über den Bergen, und erste Tropfen fielen hernieder. Keine Minute später war sie vom Regen durchnässt. Der Rock klebte ihr an den Beinen und erschwerte jeden Schritt. Der strömende Regen behinderte ihre Sicht. Mehr rutschend und stolpernd erreichte sie die ersten Häuser von Tannau.
Eine hölzerne Brücke, aus dicken Bohlen gezimmert, führte zum Dorf hin. Darunter brauste der vorhin noch friedlich dahinplätschernde Bach. Der plötzliche Regen hatte ihn anschwellen lassen. Bis eben mochte es seltsam ausgesehen haben, eine solch gewaltige Brücke über ein Bächlein zu bauen, doch nun zeigte sich der Sinn dahinter. Der junge Hund hatte sich unvermittelt in einen reißenden Wolf verwandelt. Das Holz war rutschig, und beinahe wäre Antonie hingefallen. Weiter, weiter, drängte sie sich. In einiger Entfernung sah sie einen Kirchturm. Das war immer ein gutes Zeichen. Dort, in der Mitte des Dorfes, würde sich auch das Gemeindeamt befinden, wo sie vorstellig werden sollte.
Keine Menschenseele weit und breit, jeder hatte Unterschlupf und Sicherheit gesucht. Als Antonie auf dem Dorfplatz vor der Kirche stand, blickte sie sich um. Wie durch einen Schleier sah sie Tannau. Das Wirtshaus war an seinem Schild zu erkennen, das, vom Regen angetrieben, hin und her schwang. Zuerst wollte sie in der Kirche Zuflucht suchen. Als sie die aufgemalten Buchstaben am Haus daneben las, die besagten, dass hier die Gemeinde zu finden sei, entschied sie sich, gleich den Bürgermeister aufzusuchen. Besser würde es nicht mehr werden. Außerdem war es im Gemeindeamt sicher wärmer als in der Kirche. So heiß ihr beim Heraufweg zunächst gewesen war, so kalt war ihr nun. Sie hoffte nur, dass die Schulbehörde im Ministerium ihr Kommen angekündigt hatte. Antonie nahm all ihren Mut zusammen, klopfte an die Tür und trat ein.
Dunkel. Sie stellte den Koffer ab und wartete, bis sich ihre Augen an das spärliche Licht gewöhnt hatten. Schemenhaft sah sie einen langen Gang, der sich durch das ganze Haus zog. Türen gingen rechts und links davon ab. Sie klopfte versuchsweise an die erste – nichts. Nach einem erneuten Klopfen hörte sie ein Geräusch. Kurzerhand drückte sie die Klinke und öffnete die Tür. In der Amtsstube, die dahinterlag, war es kaum heller. Antonie erkannte, dass hinter dem Schreibtisch ein Mann saß, der sie verwundert anschaute.
»Bitte?«, brachte er verblüfft hervor.
Antonie konnte ihm seinen Unglauben nicht übel nehmen, sie mochte geradezu abenteuerlich aussehen. Das Kleid klebte ihr am Körper, und sie hörte, wie Wasser vom Saum auf den Boden tropfte. Ihr Haar ähnelte sicher mehr einem Vogelnest als einer ordentlichen Frisur. Egal. Antonie straffte sich. »Ich bin Antonie Weber, die neue Lehrerin«, stellte sie sich vor. »Ich bin auf meinem Weg vom Unwetter überrascht worden«, erklärte sie ihren Aufzug.
»Lehrerin?«, fragte der Mann ungläubig.
»Lehrerin! Als Ersatz für den kranken Lehrer bin ich vom Ministerium geschickt worden. Ich habe die Unterlagen in meinem Koffer.« Sie deutete auf den Gang. Hoffentlich waren die Amtsschreiben nicht durchgeweicht.
»Dann lassen Sie sehen.« Der Mann lehnte sich zurück, griff mit den Händen ans Revers und beobachtete sie abwartend.
Antonie trug den Koffer herein, und da sie nicht wusste, wo sie ihn ablegen sollte, und der Mann keine Anstalten machte, ihr in irgendeiner Form zu helfen, legte sie ihn auf den Boden und öffnete die Lederlaschen. Als sie den Deckel hochklappte, bemerkte sie, wie der Amtmann – das vermutete Antonie, denn wie der Bürgermeister wirkte er nicht – sich neugierig über seinen Schreibtisch beugte.
Antonie spürte, wie sie rot wurde angesichts der wenigen Kleidungsstücke. Und ausgerechnet eine Unterhose lag unordentlich obenauf. Hastig holte sie die Briefe aus der Innentasche des Deckels, klappte den Koffer schnell wieder zu und hielt dem Mann die beiden Kuverts hin.
Er nahm sie, erhob sich und trat in Richtung Fenster. Zwei Mal las er jeden Brief und blickte dazwischen immer wieder zu ihr herüber.
Nervös spielte Antonie mit dem Adressanhänger des Koffers, der unbeschrieben war. Welche Heimatadresse hätte sie auf das Stückchen Papier notieren sollen? Der eine Brief stammte von der Oberen Schulbehörde im Ministerium mit der Anweisung, sich bis zum 10. September 1911 in Tannau, Oberbayern, einzufinden. Der andere Brief enthielt die Lehrerlaubnis, ausgestellt vom Lehrerinnenseminar der Englischen Fräulein in München. Oberin Ludmilla hatte ihn schwungvoll unterschrieben und mit dem Wappen des Klosters abgestempelt.
»Ihren Ausweis«, forderte der Mann sie auf, und da sie dies erwartet hatte, hielt sie ihn griffbereit in der Hand. Den inspizierte er besonders lange und verglich die Fotografie drei-, viermal mit ihr. »Warten Sie hier«, befahl er ihr, klopfte an die Tür, die in den Nebenraum führte, und verschwand.
Also wartete Antonie.
Stille. Irgendwo tickte eine Uhr gleichmäßig, während die Wassertropfen in einem eigenwilligen Rhythmus von ihrem Kleid auf den Holzboden platschten. Durch die Fenster sah sie, dass der Regen nachgelassen hatte und das Schwarz der Gewitterwolken einem hellen Grau gewichen war. Aus dem Nebenzimmer wurden nun Stimmen und eiliges Gemurmel laut.
Jetzt war sie in Tannau. Ihre Gefühle konnte sie gerade nicht einordnen. Wenigstens war sie froh, heil hier angekommen zu sein. Das Gewitter hatte ihr einen gehörigen Schrecken eingejagt, noch dazu mitten in den Bergen. Tannau lag abgelegen am Ende eines langen Tals. Ob ihr das gefiel, musste sich erst noch herausstellen. Ihre Kommilitoninnen fanden es schrecklich und waren froh gewesen, dass es nicht sie getroffen hatte. »Ein Bergdorf, nein, das wäre nichts für mich«, hatte ihre beste Freundin Elvira gemeint. Die konnte in München bleiben, an der Volksschule in Haidhausen zwar, im Arbeiterviertel und nicht im vornehmen Nymphenburg, wie sie gehofft hatte. Immerhin blieb sie in ihrer Heimatstadt München. Wäre Antonie lieber in München geblieben? Nein, eigentlich nicht. Sie hatte keine Heimat. Das Unterrichten der Kinder war ihr zur Heimat geworden.
Ob sie in diesem Bergdorf bleiben würde? Der Empfang war nicht sonderlich vielversprechend gewesen. Den Platzregen wollte sie mal nicht als schlechtes Zeichen nehmen, die Reaktion des Amtmannes schon eher. Sie versuchte, ihre Haare in eine gefälligere Form zu bringen, ließ die Hände schnell wieder sinken, das war ein aussichtsloses Unterfangen. Die nasse Kleidung klebte ihr kalt auf der Haut, und Antonie fror. Wenn sie noch länger in der Amtsstube stehen musste, würde sie sich den Tod holen oder zumindest eine ordentliche Erkältung.
Da hörte sie eine Tür und Schritte auf dem Gang. Die große Eingangstür wurde geöffnet und fiel mit einem dumpfen Schlag zurück ins Schloss. Vom Nebenzimmer bellte eine Männerstimme harsch: »Eintreten!«
Antonie richtete sich auf, straffte die Schultern, wie sie es im Lehrerinnenseminar gelernt hatte, und betrat den Raum. Ihr Herz klopfte, und sie befürchtete, dass sich ihr Pulsschlag unter der nassen Bluse abzeichnete. Sie stand vor einem großen Schreibtisch, hinter dem der Bürgermeister von Tannau – er war es unverkennbar – nicht nur saß, sondern thronte. Er war von bulliger Gestalt, und kurzzeitig war Antonie eingeschüchtert. Sie erinnerte sich selber daran, dass sie aus einem guten Grund hier stand. Sie war die vom Schulministerium bestellte neue Lehrerin von Tannau. »Grüß Gott, Herr Bürgermeister. Ich bin Antonie Weber, die neue Lehrerin. Entschuldigen Sie mein Aussehen, auf den letzten Metern bin ich in das Unwetter geraten.«
»Eine Lehrerin?« Unglaube lag in seiner Stimme und kaum verhohlene Aggressivität.
»Ja, Lehrerin. Ausgebildet an der Lehrerinnenanstalt der Englischen Fräulein in München. Das steht auch in dem Brief vom Ministerium.« Ihr erschien es klug, auf die hohe Instanz hinzuweisen.
Der Bürgermeister, der seinen Namen nicht genannt hatte, zeigte sich davon nicht beeindruckt. »Eine Lehrerin«, wiederholte er.
Antonie wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Sie war offensichtlich eine Lehrerin, ihr Busen war unter dem nassen Stoff deutlich zu erkennen. Sie verschränkte die Arme vor der Brust.
Der Bürgermeister, der die beiden Briefe in der Hand gehalten hatte, warf sie, als würden sie nach Jauche stinken, mit einem angewidert verzogenen Mund auf den Tisch. »Wir hatten um einen Lehrer angefragt.«
Wieder wusste Antonie nicht recht, was sie dazu sagen sollte. »Das Ministerium hat mich geschickt«, sagte sie, um einen möglichst freundlichen Tonfall bemüht.
»Pah, die Münchner, die haben keine Ahnung. Aus München ist noch nie Gutes gekommen. Sie können gleich wieder gehen. Wir brauchen einen ordentlichen Lehrer und keine Weibsperson. Das wäre ja noch schöner. So eine wie Sie hat bei uns in Tannau nichts zu suchen!« Unwirsch grapschte der Bürgermeister nach den Briefen, sodass sie zerknitterten, was Antonie einen Stich versetzte. Das waren offizielle Dokumente, darunter ihr Abschlusszeugnis!
Hastig trat sie einen Schritt vor und nahm die Unterlagen vorsichtig an sich, damit sie nicht nass wurden. »Ich kann nicht einfach gehen, ich bin von Ministerialrat Kreuzer hergeschickt worden. Er hat auch den Amtsbrief unterschrieben!«
»Mir egal. Sie nehmen jetzt Ihre Sachen und verschwinden aus Tannau. Wenn Sie sich beeilen, erwischen Sie noch den Abendzug.« Jetzt war er es, der die Arme verschränkte, was die Nähte seines Jankers fast zum Platzen brachte.
Antonie spürte, wie sie innerlich zusammensackte. Das lag an der Kälte, die ihren Körper fest im Griff hatte, an dem mühseligen Aufstieg, an der furchtbaren Szene gerade. Wie zu einem letzten Versuch hob sie die Hand mit den Briefen …
»Raus, habe ich gesagt!« Mit Wucht knallte der Bürgermeister seine fleischigen Hände auf den Tisch, sprang auf und wies mit der rechten Hand auf die Tür. »Wir brauchen keine Lehrerin in Tannau. Verschwinden Sie!«
Tränen schossen Antonie in die Augen, schnell drehte sie sich um und floh förmlich in den Nebenraum. Nur weg von diesem groben Mann.
»Tür zu, oder haben Sie zu Hause keine Türen?«
Mit gesenktem Kopf eilte Antonie zurück und schloss die Tür. Ich habe kein Zuhause, dachte sie, und noch mehr Tränen liefen ihr die Wangen hinunter. Vorbei die freudige Erwartung, die sie heute früh noch erfüllt hatte. Vorbei die Hoffnung auf eine Stelle als Lehrerin an einem Ort, an dem sie, wenn schon nicht Heimat, doch wenigstens ein Heim fand und nicht nur einen kalten Schlafsaal wie erst im Waisenhaus und anschließend im Lehrerinnenseminar.
Sie verstaute die Dokumente sorgfältig im Koffer, nahm sich ihren Staubmantel heraus und ein Taschentuch, mit dem sie sich die Tränen trocknete und die Nase schnäuzte, was unangenehm laut in der Amtsstube hallte.
Was sollte sie machen? Ihr blieb wohl nichts anderes übrig, als tatsächlich den langen Weg, den sie mühsam heraufgekommen war, wieder hinunterzulaufen, um, wie es der Bürgermeister gesagt hatte, den Abendzug zu erreichen. Es widerstrebte Antonie, die Befehle dieses groben Menschen zu befolgen. Hatte sie eine Wahl? Sollte sie im Dorf bleiben, im Wirtshaus drüben nach einem Zimmer fragen? Dazu fehlte ihr der Mut. Sie musste zurück nach München und dort versuchen, eine andere Stelle zu erwirken. So kurz vor Beginn des Schuljahres waren alle Stellen längst besetzt. Sie würde keine mehr bekommen, und was dann? Ja, was dann? Antonie schluckte schwer. Wieder liefen die Tränen. Schnell, schnell weg, bevor der Amtmann wiederkam und sie aufgelöst und verweint sah.
Schweren Herzens schnallte sie sich den Rucksack um und packte den Koffer. Bis zum Schulbeginn waren es noch ein paar Tage, vielleicht würde Ministerialrat Kreuzer das Problem lösen. Bei ihrem Gespräch war er ihr vernünftig erschienen. Sie hatte die Hand schon an der Klinke, als sie Schritte im Gang hörte. Sie zögerte, in ihrem Zustand wollte sie keinem begegnen.
Da ging die Tür auf, und der Sekretär trat in seine Amtsstube. »Fräulein, dageblieben.« Mehr sagte er nicht, setzte sich an den Schreibtisch und raschelte wichtigtuerisch mit seinen Papieren.
Antonie stellte den Koffer in der Nähe der Tür ab. Sie schnäuzte sich unauffällig und wischte die letzten Tränen weg. Ihr Äußeres war ohnehin derangiert, da würde man nicht erkennen, wie aufgewühlt sie war. Unterschiedlichste Gefühle arbeiteten in ihr. Ein Teil von ihr wollte nichts wie weg, diesen dummen Berg hinunterlaufen und weg, weg von diesem Ort fahren. Der andere Teil hasste es, sich unterzuordnen. Und ein kleiner Teil wollte einfach nur unterrichten, und diese kleine Stimme schaffte es, dass Antonie äußerlich ruhig in der Amtsstube stand und wartete.
Irgendetwas an der Stimmung im Rathaus hatte sich geändert. Es musste noch jemand gekommen sein, denn es waren jetzt zwei Stimmen aus dem Bürgermeisterzimmer zu hören. Die laute gehörte dem Bürgermeister, eine leisere, drängendere redete geduldig auf ihn ein.
Antonie blickte aus dem Fenster. Draußen zeigte sich die Welt, als ob nichts gewesen wäre. Ihr viel zu dünner Mantel schaffte es nicht, sie zu wärmen. Ihr war unerträglich kalt. Damit ihre Zähne nicht anfingen zu klappern, presste sie die Kiefer aufeinander. Wer in einem Waisenhaus aufgewachsen war, lernte schnell, dass man keine Schwäche zeigen durfte.
Im Büro des Bürgermeisters wurde immer noch geredet. Es dauerte bereits eine gefühlte Ewigkeit, und auch der Sekretär hatte aufgehört, so zu tun, als hätte er wichtige Unterlagen zu bearbeiten, und schaute gebannt auf die Verbindungstür.
»Hackl!«, rief die Stimme des Bürgermeisters. Der Sekretär erhob sich eilends und riss die Tür auf. Als wäre ihm in diesem Augenblick bewusst geworden, dass es sich für einen Mann seiner Position nicht ziemte, derart heftig Türen aufzureißen, hielt er inne, richtete sich auf, betrat mit betont gemäßigtem Schritt das Büro seines Chefs und schloss behutsam die Tür hinter sich.
Gleich darauf erschien er wieder und forderte die Dokumente.
Antonie beeilte sich, sie dem Sekretär zu übergeben, der sie beflissen ins Bürgermeisterzimmer trug und danach wieder seinen Platz am Schreibtisch einnahm.
Nach einer Zeit hörte sie die Stimme des Bürgermeisters: »Schick sie rein, Hackl!«
Jetzt war es an Antonie, eine aufrechte Haltung einzunehmen. Sie dachte an das Buch auf dem Kopf, mit dem sie im Kreis hatte herumlaufen müssen, und an den Klaps auf den Hinterkopf, wenn es herunterfiel. Da lernte man schnell, gerade zu gehen. Sie trat vor und wäre beinahe mit dem Sekretär zusammengestoßen.
»Sie sollen …«, fing er überrascht an.
»Ich habe es gehört«, antwortete Antonie und betrat zum zweiten Mal das Amtszimmer des Bürgermeisters, diesmal gespannt auf das, was gleich geschehen würde.
Der beleibte Bürgermeister saß immer noch breit hinter seinem Schreibtisch. Daneben stand ein weiterer Herr, seiner Kleidung nach offensichtlich ein Pfarrer.
Antonie fiel als Erstes sein rundes Gesicht auf. Rund wie der Mond, dachte sie. Sein Kopf war im Vergleich zu seinem restlichen Körper groß, und trotz seiner weiten Soutane konnte Antonie erkennen, dass er von dünner, fast zierlicher Statur war. Als ob der liebe Gott sich einen Spaß erlaubt hätte, waren seine Hände wiederum groß und kräftig. Nichts passte bei diesem Körper zusammen. Antonie hätte bei dem Mondgesicht kleine Äuglein erwartet, aber sie waren groß und dunkel und betrachteten sie mit wachem und freundlichem Blick. Um den schmalen Mund deutete sich ein Lächeln an.
Sofort fasste Antonie Zutrauen zu diesem Mann Gottes. Ihre Erfahrungen hatten sie Menschen dieses Berufsstandes bislang vorsichtig gegenübertreten lassen. Dieser Pfarrer hingegen strahlte Gutmütigkeit, ja Güte aus.
»Gott zum Gruße, Fräulein Weber!«
»Grüß Gott, Herr Pfarrer«, sagte Antonie, und unwillkürlich lächelte sie.
»Ich bin Pfarrer Bichler. Bürgermeister Hocheder hat mich kommen lassen, da ich es war, der auf die Einstellung eines Lehrers gedrängt hatte. Sie müssen wissen, unser Schullehrer Meisl liegt schon etliche Monate krank im Bett. Ich habe an seiner Stelle eher schlecht als recht den Unterricht bis zu den Sommerferien fortgesetzt. Denn ein Mann Gottes ist zwar für den Religionsunterricht zu gebrauchen, versagt jedoch in Mathematik und Geografie kläglich. Wissen Sie, Fräulein, in der Bibel wird wenig gerechnet. In sieben Tagen erschuf Gott die Welt, und weiter als bis zehn muss man nicht zählen können, dann langt es für die Gebote. Nur sollten unsere Schüler einiges mehr lernen.«
Antonie lächelte wieder, und die Augen des Pfarrers zwinkerten ihr aufmunternd zu.
»Darum hat die Gemeinde nach München geschrieben und einen Vertretungslehrer angefragt.«
»Einen Lehrer, richtig, und keine Lehrerin«, betonte der Bürgermeister. »Und München hat uns auch einen Lehrer zugesichert. Hier steht es schwarz auf weiß.« Er hob triumphierend einen Brief hoch.
»Da hat der Herr Bürgermeister recht«, beeilte sich Pfarrer Bichler zu bestätigen. »Denn …«, fuhr er fort, und Antonie bemerkte, wie diplomatisch er mit dem Bürgermeister umging, »… laut Brief vom Ministerium sollte ein Anton Weber bei uns anfangen.«
»Das steht hier: Anton!« Hocheder bellte den Namen.
»Und darin liegt die Lösung. Unser Fräulein Lehrerin heißt Antonie. Ich vermute, der unachtsame Sekretär hat einfach die zwei Buchstaben vergessen. Nicht alle können Glück haben wie unsere Gemeinde mit unserem Herrn Hackl.« Der Pfarrer deutete eine kleine Verbeugung in Richtung des Sekretärs an. »Münchner eben.« Er schmunzelte. »Eigentlich müsste hier Antonie Weber stehen, und Sie sind doch das Fräulein Antonie Weber?«
»Genauso ist es.«
»Also wäre es nicht allzu vermessen anzunehmen, dass Sie die Person sind, die unsere Buben und Mädel unterrichten soll. Ministerialrat Kreuzer hat das entschieden.«
»Eine Lehrerin!« Die Stimme des Bürgermeisters klang nach wie vor abfällig.
»Ja, nun hat Tannau als Vertretung eine Lehrerin«, stellte der Pfarrer fest. »Ich würde vorschlagen, sie mit Schulbeginn einzustellen und gegebenenfalls mit München Rücksprache zu halten. Die Gemeinde könnte beim Ministerialrat um einen Lehrer ersuchen, und bis dieser kommt, nehmen wir mit dem Fräulein Weber vorlieb. Ich kann einfach nicht mehr, ich bin mit meinem Latein und meinem Wissen am Ende. Ich könnte den Kindern nicht einmal sagen, auf welchem Kontinent der Popocatépetl zu finden ist.« Die Worte des Pfarrers verfehlten ihre Wirkung nicht.
»Vorübergehend, ich betone: vorübergehend, wird diese Weibsperson als Lehrerin angestellt. So lange, bis ein ordentlicher Lehrer kommt.« Bürgermeister Hocheder nickte dem Sekretär zu, der sich eilfertig verbeugte.
Antonie, die dem Gespräch wie eine Zuschauerin im Theater beigewohnt hatte, fand, dass an dem Herrn Pfarrer wirklich ein Diplomat verloren gegangen war. Er hatte ihr wenigstens vorübergehend eine Stelle verschafft. So schnell würde München keinen neuen Lehrer auftreiben.
»Was ein vergessenes i und e doch ausmachen können«, bemerkte der Pfarrer verschmitzt.
»Ich würde die Stelle sehr gerne antreten«, sagte Antonie förmlich.
Wieder kam nur ein Grunzen vom Bürgermeister, das man mit gutem Willen als Zustimmung interpretieren konnte. »Hackl, ich geh ins Wirtshaus. Genug Amtsgeschäfte für heute!« Grußlos verließ er die Amtsstube.
»Die Irmingard, also die Frau Meisl, hat die Stube hinter dem Klassenzimmer hergerichtet für den neuen Lehrer, also …«, Hackl kam ins Stottern, »… für die Lehrerin.«
»Das passt ja.« Der Pfarrer setzte seinen Hut auf und wies mit der Hand zur Tür. »Gerne würde ich Ihnen nun Ihre neue Wirkungsstätte zeigen. Wo ist Ihr Gepäck, Fräulein Weber?«
Mit Koffer und Rucksack angetan, verabschiedete Antonie sich höflich von Herrn Hackl und folgte dem Pfarrer auf den Dorfplatz.
»Kirche, Wirtshaus und Rathaus, die glorreichen Drei eines jeden bayerischen Dorfes«, erklärte er. »Neben der Kirche liegt das Pfarrhaus, dort drüben der Kramerladen, und in dem Gasthof Post ist auch tatsächlich die Post untergebracht. Im Sommer kommen Sommerfrischler ins Dorf, natürlich weniger als unten in Berchtesgaden. Der Weg herauf ist für die Stadtmenschen zu beschwerlich.« Er zeigte auf die Gasse, die neben dem Rathaus bergauf führte. »Die Schule liegt weiter oben am Hang.«
Antonie seufzte innerlich. In den Bergen ging es entweder bergauf oder bergab. Allerdings würde Bewegung wieder Schwung in ihren Kreislauf bringen. Die Sonne war ganz herausgekommen und wärmte sie zusätzlich. Plötzlich sah alles gar nicht mehr so schlimm aus.
Als sie das Schulhaus betraten, erschrak Antonie. Die Räume hatte niemand für die Ankunft eines neuen Lehrers vorbereitet. Die Stube hinter dem Klassenzimmer roch muffig und hatte schon lange keinen Besen und kein Scheuertuch mehr gesehen. Der Pfarrer stöhnte. »Da hat Frau Meisl ganze Arbeit geleistet – oder eben nicht.« Er sah Antonie entschuldigend an. »Sie müssen wissen, Frau Meisl ist die Frau unseres Schulmeisters, und sie hält nichts von der Idee, einen neuen Lehrer einzustellen. Sie hofft halt immer noch, dass ihr Mann gesund wird und seinen Beruf wieder ausüben kann.«
»Nun gut, ich habe ein Dach über dem Kopf, und das ist das Wichtigste.«
»Diese Einstellung freut mich, Fräulein Weber. Gott ist bei den Langmütigen. Ich muss mich leider verabschieden, Sie kommen allein zurecht?«
»Natürlich. Ein Herr Lehrer hätte vielleicht mehr Probleme, sich hier einzurichten, einem Fräulein Lehrerin macht das nichts aus.«
»Eine tüchtige Frau, wer findet sie? Sie übertrifft alle Perlen an Wert! So heißt es in den weisen Sprüchen Salomons.« Damit ließ der Pfarrer Antonie allein.
Tannau, dachte Antonie. Sie sah sich in der Stube um. Ein Bett, ein Stuhl, ein Schränkchen und ein kleiner Tisch. Mehr gab es nicht. Macht nichts, dachte Antonie, viel Besuch erwarte ich sowieso nicht. Vorsichtig öffnete sie die Türe des Kanonenofens. »Na, hoffentlich zieht der, sonst bleibt es im Schulhaus kalt.« Ihre Finger waren rußig schwarz. Den Kanonenofen musste sie erst einmal tüchtig schrubben, so wie alles andere hier. Ein richtiges Hilfslehrerkammerl der schlechtesten Sorte.
Laut Schulbehörde stand ihr ein Lehrerhaus zur Verfügung, das sie kostenfrei bewohnen konnte, nur für Holz musste sie selbst aufkommen. Doch solange der kranke Lehrer Meisl noch darin wohnte, musste sie mit diesem Zimmerchen vorliebnehmen. Antonie war froh, überhaupt eine Stelle bekommen zu haben. Wäre der Pfarrer nicht gewesen, wäre sie längst den Weg wieder hinuntergestolpert.
Zuerst musste sie aus dem nassen Kleid. Als sie in Rock und Bluse gewechselt hatte, fühlte sie sich ein wenig besser. Das nasse Kleid hängte sie auf den einzigen Kleiderbügel aus Draht, der in dem Schrank hing. Ihre Habseligkeiten würde sie später auspacken. Zuerst wollte sie sich den Schulraum ansehen.
Eine Tür führte direkt in das Klassenzimmer. Groß war es, es nahm die gesamte Breite des Hauses ein. Hier sah es ordentlicher aus, auch wenn die Fenster das Tageslicht nur durch eine dicke Staubschicht gefiltert hereinließen. Viele Kinderhände hatten in dem Staub ihre Abdrücke hinterlassen, und das rührte Antonie. Wegen der Kinder war sie hier und nicht zur Sommerfrische.
Eine große Tür am anderen Ende des Raums führte nach draußen, und als sie die grün gestrichenen Türflügel aufstieß, fühlte sie sich plötzlich doch wie in der Sommerfrische. Unterhalb der Schule lag das Dorf. Den Dorfplatz sah sie und die Häuser, die sich um ihn gruppierten. Auf der anderen Seite des Gebirgsbachs, der sich durch das Tal wand, lagen grüne Wiesen und Wälder, die dann in Felsen und Gestein übergingen. Der Bergkamm zog sich weiter das Tal entlang und verlor sich im Wald. Das Panorama war beeindruckend, und Antonie konnte sich fast nicht losreißen.
Ein menschliches Bedürfnis überkam sie. Wo mochte der Abort sein? Im Haus war jedenfalls keiner. Hinter dem Schulhaus wurde sie fündig. Das Plumpsklosett war an das Gebäude angebaut und der Holzverschlag so positioniert, dass alles den Hang hinunterplumpsen konnte. Wenn man hier auf die Toilette ging, musste man schwindelfrei sein. Zwar war es angenehm, dass die Notdurft sich nicht unter dem Sitz sammelte, andererseits konnte Luft von unten hereinziehen. Im Sommer war das unproblematisch, aber im Winter würde es sicher eiskalt werden. »Wer weiß, ob ich im Winter noch da bin«, sagte Antonie laut zu sich. Unnötig, sich jetzt schon Gedanken über kalte Aborte zu machen. Dass sie sich einen mit den Kindern teilen musste, hatte sie bisher an keiner Schule erlebt. Es gab immer zwei Toiletten. In Tannau stammte manches noch aus dem letzten Jahrhundert.
Bevor Antonie wieder den Klassenraum betrat, blieb sie an der Tür stehen. Die Sonne war über das Tal gewandert und legte ihre Talseite in Schatten. Die gegenüberliegende Seite wurde hell von der Nachmittagssonne beleuchtet. Die Bauernhäuser wirkten wie dunkle Einsprengsel zwischen den saftigen Wiesen, die, angefeuert von der Sonne, grün aufleuchteten. Bauern standen an den steilen Hängen und wendeten das Heu, das von dem Platzregen wieder feucht geworden war. Die tief stehende Sonne warf scharfkantige Schatten in die Felsen.
Wenn die Sonne hinter der Schule unterging, überlegte Antonie, dann ging sie vor ihr auf. Das hieß, dass die Sonne den ganzen Vormittag durch die Fenster ins Klassenzimmer schien. Das ist gut, dachte sie. Nur mussten sie einmal ordentlich geputzt werden, jetzt sah selbst der sonnigste Tag neblig aus. Ein letztes Mal ließ sie den Blick über das Tal schweifen. Dieses Panorama machte vieles wett.
Jedoch nicht den Anblick des Inneren. Mit der Inspektion des Schulzimmers wollte sie bis morgen warten. Zuerst war ihr eigenes Zimmer dran, gesäubert zu werden. Es fand sich ein Lappen, der nur noch von ein paar Fäden zusammengehalten wurde. Wasser gab es vom Brunnen hinter dem Haus. Eiskalt lief das Wasser aus dem Hahn. Antonie beugte sich vor und trank. Gut schmeckte es, und sie vermutete, dass es direkt von einer Quelle am Berg kam.
Notdürftig wischte sie durch ihre Kammer. Mit den vorhandenen Utensilien war da nicht viel erreicht. Sie musste Schmierseife und noch allerhand mehr besorgen. Das übel angeschlagene Waschgeschirr reinigte sie am Brunnen und füllte gleich den Krug auf. Zu gerne hätte sie Wasser heiß gemacht, doch um das Schulhaus herum war kein einziges Holzscheit zu finden. Es gab zwar einen Holzlagerplatz, und an den herumliegenden Spreißeln erkannte sie, dass hier einmal Holz die Breite des Hauses entlang aufgestapelt gewesen war. Nur war es aufgebraucht worden, oder es hatte Beine bekommen. Antonie vermutete Letzteres. Das musste sie mit Bürgermeister Hocheder klären. Ihren eigenen Vorrat würde sie selbst zahlen, für das Klassenzimmer war die Gemeinde zuständig.
Sie stellte den Waschtrog auf den Tisch und begann, ihre Sachen auszupacken. Da klopfte es leise an die Tür. Antonie hielt kurz den Atem an. Wer mochte das sein? »Ja, bitte?«, rief sie und nahm mit gefalteten Händen Haltung an. Es war wichtig, von Anfang an einen guten Eindruck zu hinterlassen. Das hatte man ihnen im Seminar eingebläut. »Herein!«, rief sie, als sich nichts tat.
Zaghaft wurde die Klinke heruntergedrückt, und eine Frau mit einem großen Korb und einem in ein Tuch gewickelten Topf trat ein. Bevor sie sprach, kicherte sie, und das Kichern nahm kein Ende. Zwischendrin konnte Antonie Wörter und Satzstücke erahnen. »Magda«, verstand sie, so hieß die Frau wohl. »Ich grüße Sie, Magda.«
Die Frau nickte und kicherte.
Antonie sah sie sich genauer an. Im ersten Augenblick hatte sie gedacht, sie wäre eine junge Frau. Bei näherem Hinsehen erkannte Antonie, dass sie älter als sie selbst sein musste. Nur in ihrem Gebaren erinnerte sie an ein kleines Kind.
»Der Pfarrer schickt mich«, sagte Magda, und es bereitete ihr Mühe, den ganzen Satz zu sagen. »Hier ist Suppe und ein Stück Brot. Frau Meisl nichts gekocht und nichts geputzt. Darum hat der Herr Pfarrer auch Putzmittel geschickt.« Je länger sie redete, umso besser wurde es. Magda reichte Antonie den Korb, der an ihrem Ellenbogen hing.
»Das ist lieb. Haben Sie vielen Dank.«
Magda kicherte, stellte den Topf auf den Tisch.
Antonie lächelte die Frau an. »Ich bin Antonie, die neue Lehrerin.«
»Morgen bringe ich Holz für das Fräulein Lehrerin. Pfarrer hat Magda gesagt. Morgen Holz. Heute nur Holz zu schwer. Korb war schwer.«
»Ja, der ist wirklich schwer. Und die Suppe haben Sie auch noch getragen. Vielen Dank, Frau Magda.«
Kichernd senkte Magda den Kopf und drehte sich von einer Seite zur anderen.
»Sagen Sie bitte dem Herrn Pfarrer, dass ich mich ganz herzlich bedanke für all diese Sachen.«
»Das macht Magda. Gehe jetzt. Pfarrer will auch seine Suppe haben.«
»Ja, das machen Sie. Guten Abend, Magda.«
Magda drehte sich ohne ein weiteres Wort um, und Antonie begleitete sie durch das Klassenzimmer zur Tür.
»Auf Wiedersehen.« Antonie legte kurz die Hand auf die Schulter der Frau, die ein kleines Mädchen geblieben war. Den Weg ins Dorf hinunter hüpfte sie mehr, als dass sie ging.
Lange sah ihr Antonie nicht nach, denn aus dem Topf roch es würzig, und sie hatte einen riesigen Hunger. Als sie den Deckel hob und die kräftige Suppe sah, in der eine dicke Wurst schwamm, verschwendete sie keinen Gedanken an den Kanten Brot und das Stück Käse, das ihr geplantes Nachtmahl gewesen wäre. Ein Löffel lag als einziges Besteck in der Tischschublade. Eifrig und voller Appetit machte sich Antonie über die Suppe her, die aus Gemüse und Kartoffeln bestand. Die Pfarrhaushälterin musste sie mit guter Butter gekocht haben. Ganz undamenhaft fischte Antonie die Wurst mit zwei Fingern heraus und biss freudig hinein. Ein wohlschmeckender Gegensatz zu der dünnen Suppe im Waisenhaus, die den Namen Suppe nicht verdiente. Diese hier wärmte im wahrsten Sinne des Wortes Leib und Seele. Welch ein Genuss!
Als ihr erster Hunger gestillt war, schlug Antonie neugierig das Tuch zurück, das die Sachen im Korb bedeckte. Die drei Äpfel fielen ihr als Erstes auf. Rotbackig leuchteten sie ihr entgegen. Die würden eine saftige Nachspeise abgeben. Eine Dose Scheuerpulver lag in dem Korb, ein Stück Kernseife sowie ein Spültuch und Wischlappen. Das waren wahrlich dringend benötigte Gaben, und Antonie war gerührt. Tränen kamen ihr, als sie die Betttücher ganz unten im Korb entdeckte. Der Herr Pfarrer hatte an alles gedacht.
Dass ausgerechnet ein Pfarrer ihr eine solche Freude bereitete, berührte Antonie, die die Herren Pfarrer bisher als überheblich bis Furcht einflößend erlebt hatte. Sie riss ein Stück von dem frischen Brot ab, denn Messer war keines zu finden, und tunkte es in die Suppe. Welch ein Mahl, dachte sie.
Während sie fertig aß, überlegte sie, was sie alles erledigen musste, bevor nächste Woche die Schule begann. Es waren viele Dinge, doch mit einem vollen Magen hatte sie das Gefühl, dass es zu schaffen wäre. Zufrieden biss sie in einen Apfel.
Beinahe wäre sie am Tisch eingeschlafen. Der Tag mit seinen vielen Erlebnissen und starken Eindrücken steckte ihr wahrlich in den Knochen. So beschloss sie, ins Bett zu gehen, auch wenn es draußen noch hell war. Sie breitete das Leintuch über die Matratze, die nach altem Stroh roch. Decke oder Kissen gab es nicht. Nach einer Katzenwäsche – sie hatte heute schon genug Wasser abbekommen – legte sie sich ins Bett und deckte sich mit dem Bettbezug zu, auf den sie ihre Kleider als Ersatz für eine Decke legte. Hart war ihr Lager und kalt, und es roch schlecht.
In dem Schlafsaal des Waisenhauses war es nicht anders gewesen. Dort kroch die Kälte jede Nacht durch die viel zu dünnen Decken. Noch schlimmer waren die Tage und Nächte im Karzer, den die Heimleiterin besonders gerne als Strafe einsetzte. »Damit du zur Besinnung kommst«, sagte sie kühl von oben herab. Die Tage im Karzer, in dem nur eine Pritsche stand und ein Eimer, waren lang. Und die Nächte noch länger. Die schimmelige Feuchtigkeit biss in der Nase. Durch das Fensterchen hoch oben drang dreckiges Licht, gerade genug, um zu erkennen, ob es Tag oder Nacht war.
Das Einzige, was gegen die Angst half, war das Singen. Und so sang die kleine Antonie jedes Lied, das sie kannte. Wieder und immer wieder. Die Lieder trugen sie durch diese endlosen Stunden. Das Singen hatte ihr immer geholfen.
Antonie drückte sich das Kissen zurecht. Nach dem Waisenhaus war sie in das Internat der Englischen Fräulein gekommen, und dank Schwester Coelestinas Förderung war es ihr sogar möglich gewesen, anschließend die Lehrerinnenausbildung zu absolvieren. Ihr bisheriger Weg war genauso steinig und lang gewesen wie der Weg heute hinauf ins Dorf. Aber er hatte sich gelohnt. Nun war sie das Fräulein Lehrerin von Tannau. Das fühlte sich gut an und ließ sie alles andere vergessen.
Ich hätte die Eimer mit Putzwasser zählen sollen, dachte Antonie, als sie das dreckig schwarze Wasser den Abort hinunterschüttete. Zeitig in der Früh war sie aufgestanden, froh, sich von der Strohmatratze zu erheben, und hatte nach einem einfachen Frühstück, das aus dem Brot und dem Käse vom Vortag bestand, angefangen, ihre Kammer zu putzen. Mehr durch Zufall hatte sie unter dem Bett eine Wurzelbürste gefunden, mit der sie alle Oberflächen ordentlich geschrubbt hatte. Danach sah die Kammer wesentlich sauberer aus als bei ihrer Ankunft. Durch die offen stehenden Fenster wehte die warme Luft des Spätsommertags und trocknete den Holzboden.
Als die Sonne über die Bergkuppe auf der gegenüberliegenden Talseite wanderte, blieb Antonie verzückt stehen und sah so lange dem sich gemächlich in den Himmel schiebenden Feuerball zu, bis sie die Augen schließen musste, weil das Licht zu hell wurde. Gerade habe ich miterlebt, wie schnell sich die Erde dreht. Ein fast ehrfürchtiges Schaudern lief ihr den Rücken hinunter. Es mochte alltäglich und eine Selbstverständlichkeit für alle sein, die hier lebten. Für sie war es das erste Mal, dass sie dieses Schauspiel beobachtete.
Früher hatten die Menschen geglaubt, die Sonne drehe sich um die Erde. Wenn Antonie – das musste sie sich eingestehen – es nicht anders gelernt hätte, würde sie nach dem, was sie gerade gesehen hatte, Stein und Bein schwören, dass die Sonne gewandert war und nicht die Erde sich gedreht hatte. »Das zeigt mal wieder, dass Glauben und Wissen zweierlei Dinge sind.« Ohne den Willen, die Welt zu erforschen und zu verstehen, gab es keinen Fortschritt. Antonie war überzeugt, dass Wissen die Welt veränderte, und wenn sie mit ihrem Unterricht ein klein wenig dazu beitragen konnte, dann wollte sie zufrieden sein.
Sie blickte in den blauen Himmel und fühlte kurz, genau am richtigen Ort zu sein. »Flott weitergemacht«, schalt sie sich. »Steht herum und schaut der Sonne zu, als hätte sie keine Arbeit.«
Als Nächstes nahm sie sich das Klassenzimmer vor. Hier musste die Frau des Schulmeisters ab und zu sauber gemacht haben, immerhin. Als Antonie die Fenster öffnete, wirkte der Raum wesentlich freundlicher, und sie spürte, wie sich Vorfreude gemischt mit Aufregung in ihr ausbreiteten.
Die beiden Türflügel öffnete sie ebenfalls, und da sah sie, dass Magda mit einem Korb voller Holzscheite schleppenden Schrittes die Straße heraufkam.
»Warte, ich helfe dir!« Antonie lief ihr entgegen und packte mit an. »Hui, ist der schwer!«
»Macht nichts. Magda ist stark«, sagte Magda, und Antonie bemerkte, dass sie heute weit weniger kicherte als gestern bei ihrer ersten Begegnung.
»Magda, ich darf doch du sagen?«, vergewisserte sich Antonie.
Magda schaute sie verständnislos an. »Alle sagen Magda«, stellte sie fest.
»Gut, Magda. Ich bin Antonie! Ich freue mich sehr über das Holz.«
Sie leerten den Korb an die Hauswand.
»Ich gehe noch mal«, sagte Magda, als sie das spärliche Häuflein sah.
»Warte, ich komme mit. Ich will mich noch beim Herrn Pfarrer bedanken. Deine Suppe und die Wurst haben mir gestern das Leben gerettet. Und die Äpfel und die Leintücher«, zählte Antonie die reichen Gaben auf.