Das Buch
Die Welt steht am Abgrund. Uns drohen Großmachtkonflikte, ein Rüstungswettlauf und noch mehr nukleare Waffen. Die USA wollen nicht mehr Hüter der Weltordnung sein, während Peking und Moskau die EU-Partner gegeneinander ausspielen. Wie können Deutschland und die EU »weltpolitikfähig« werden? Der renommierteste deutsche Diplomat Wolfgang Ischinger gibt Antworten auf die drängenden Fragen der aktuellen Weltpolitik. Er erklärt die komplexen Ursachen der zahlreichen heutigen Krisen und skizziert seine Vision einer europäischen Zukunft in Frieden und Stabilität.
Der Autor
Wolfgang Ischinger, geboren 1946, ist Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz und einer der renommiertesten deutschen Experten für Außen- und Sicherheitspolitik. Er war Staatssekretär des Auswärtigen Amtes und Botschafter in Washington und London. Er lehrt an der Hertie School of Governance in Berlin und berät Regierungen, Unternehmen und internationale Organisationen.
WOLFGANG ISCHINGER
MIT CLAUDIA CORNELSEN
WELT IN GEFAHR
Deutschland und Europa
in unsicheren Zeiten
Econ
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ISBN 978-3-8437-1874-5
© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2018
Umschlaggestaltung: FHCM GRAPHICS, Berlin
Autorenfoto: © Hans Scherhaufer
E-Book: LVD GmbH, Berlin
Alle Rechte vorbehalten.
Vorwort
Während ich im Juli 2018 an der Endredaktion dieses Buches sitze, geschehen in der Welt Dinge, die man noch vor Kurzem kaum für möglich gehalten hätte: Der Präsident der Vereinigten Staaten, einst unbestritten der Führer der »freien Welt«, brüskiert seine engsten Verbündeten erst mit der Aufkündigung des Iran-Abkommens, das von Amerikanern, Europäern, Russen und Chinesen in jahrelangen mühevollen diplomatischen Verhandlungen erarbeitet wurde, nur um dann kurze Zeit später den nordkoreanischen Diktator mit einem Gipfel zu ehren und weitreichende Zugeständnisse zu machen. Und während er sich mit Kim Jong-un ganz prächtig zu verstehen scheint, ist Donald Trump seit Neuestem auf dem Handelskriegsfuß mit Amerikas engsten Partnern und Verbündeten. Noch auf der Rückreise aus La Malbaie kündigte Trump per Twitter aus dem Flugzeug an, er werde die auf dem G7-Gipfel erarbeitete Abschlusserklärung nun doch nicht billigen. In Washington wird derweil über weitere Strafzölle nachgedacht. Sie könnten dann zum Beispiel auch deutsche Automobilhersteller treffen, die in die USA exportieren. Wird unser Land für Trump zur Zielscheibe? Was bedeutet das für die Zukunft der transatlantischen Partnerschaft und für die Zukunft des Westens?
In Europa gibt es neue Sorgen um die Stabilität des Euro-Raumes, nachdem in Italien eine Regierung zustande gekommen ist, für die sich die rechte Lega mit der linkspopulistischen Fünf-Sterne-Bewegung zusammengetan hat. Sie macht die Bundesregierung für die wirtschaftliche Misere des Landes mitverantwortlich und will die Sanktionen gegen Russland abbauen, für die die Europäische Union in den letzten Jahren beharrlich eingetreten ist. In vielen Ländern Europas haben Parteien Erfolge erzielt, die der europäischen Integration sehr skeptisch gegenüberstehen. Im In- und Ausland melden sich jene lautstark zu Wort, die mehr Nationalstaat und weniger Europa haben möchten. In manchen Mitgliedstaaten werden grundlegende europäische Werte und Prinzipien infrage gestellt. Wie soll Europa so langfristig funktionieren und »weltpolitikfähig« werden?
In Moskau hat Wladimir Putin seine neue Amtszeit als russischer Präsident angetreten. Ob es unter seiner Führung zu einer Entspannung mit dem Westen kommen kann, scheint mehr als fraglich. Erst jüngst stellte er neue strategische Nuklearwaffen vor, die das russische Militär in den Dienst zu nehmen gedenkt. Gleichzeitig kommen wir bei der Frage der Rüstungskontrolle kaum weiter, ein Rüstungswettlauf ist in vollem Gange. Seit der russischen Intervention in Georgien, der Annexion der Krim und der andauernden russischen Einmischung in der Ostukraine machen sich unsere Verbündeten in Mittel- und Osteuropa große Sorgen. Einige Hundert Soldaten der Bundeswehr sind seit letztem Jahr in Litauen stationiert, um unsere Solidarität zu verdeutlichen. Einigen aber reicht das nicht. So hat das polnische Verteidigungsministerium verkündet, man wolle am liebsten eine ganze amerikanische Division auf dem eigenen Territorium. Was bedeuten solche Entwicklungen für die europäische Sicherheit? Wie können wir Sicherheit gewährleisten, ohne in eine neue Spirale der Aufrüstung einzutreten, die Unsicherheit für alle bringen würde?
Dass sich viele Menschen Sorgen um den Zustand der Welt machen, ist angesichts dieser Entwicklungen nur verständlich. Ich merke das landauf, landab, wenn ich Vorträge halte oder mit Bürgerinnen und Bürgern spreche, die wegen der Nachrichtenlage zutiefst verunsichert sind. Sie suchen nach Antworten.
In der Tat stehen wir heute wieder vor ganz grundlegenden außenpolitischen Fragen: Wie gehen wir mit einem Land wie Russland um, das die Basis der europäischen Sicherheitsarchitektur verletzt und liberale Demokratien zu schwächen versucht? Was heißt es für unsere Sicherheit und unseren Wohlstand, wenn die USA unter Donald Trump viele der Kernprinzipien US-amerikanischer Außenpolitik seit 1945 offen infrage stellen? Und welche Konsequenzen ziehen wir daraus? Wie steht es in Zeiten des Brexit und populistischer Bewegungen in Europa um die Zukunft der Europäischen Union? Was soll es eigentlich konkret heißen, dass Deutschland mehr Verantwortung übernehmen muss und will?
Bisweilen mag man hierzulande den Eindruck bekommen, dass die Debatte über diese grundlegenden außenpolitischen Fragen unserer Zeit eher vermieden als gesucht wird: Sie ist oft unbequem und anstrengend.
Ich glaube nicht, dass wir uns eine solche Haltung angesichts der sich verschlechternden globalen Sicherheitslage noch länger leisten können. Denn auf unser Land werden in den nächsten Jahren noch größere außenpolitische Herausforderungen zukommen, auf die wir bislang nur unzureichend vorbereitet sind. Zudem gibt es auf alle diese Fragen keine einfachen Antworten. Umso wichtiger, dass wir miteinander über diese Herausforderungen und die Frage, wie wir gemeinsam mit ihnen umgehen, sprechen und debattieren.
Übrigens hat das auch die Bundesregierung erkannt, die im Koalitionsvertrag von 2018 feststellt, dass Deutschland »[a]ngesichts der internationalen Herausforderungen […] seine Kapazitäten zur strategischen Analyse stärken und seine strategische Kommunikation intensivieren [muss]«. Der Koalitionsvertrag betont deshalb die Notwendigkeit, stärker »in den Ausbau des außen-, sicherheits- und entwicklungspolitischen Sachverstands« in Deutschland zu investieren, und erwähnt hier ausdrücklich die Rolle von Organisationen wie der Münchner Sicherheitskonferenz.
Die Münchner Sicherheitskonferenz, deren Vorsitzender ich seit 2008 bin, hat sich in den vergangenen Jahren auch intensiv darum bemüht, sich der Allgemeinheit immer stärker zu öffnen. Wie zu Zeiten ihrer Gründung in den 1960er-Jahren geht es auch heute noch jedes Jahr darum, die wichtigsten Entscheidungsträger und Vordenker zusammenzubringen, um über die sicherheitspolitischen Herausforderungen der Gegenwart zu diskutieren, oft gar zu streiten. Dass dies immer wichtiger wird, zeigt auch das in den letzten Jahren enorm gestiegene Interesse an unserer Hauptveranstaltung in München. Die Herausforderungen gehen aber keineswegs nur die politische Elite etwas an. Anders als zu Gründungszeiten werden die Münchner Debatten deshalb heute im Fernsehen übertragen und können per Livestream auf der ganzen Welt verfolgt werden.
Dieses Buch soll ein weiterer Beitrag zu dieser unverzichtbaren öffentlichen Debatte sein, die in unseren turbulenten Zeiten notwendiger ist denn je. Das Buch richtet sich ausdrücklich nicht an die Fachleute unter uns. Es ist vielmehr ein Buch für alle, die etwas besser verstehen wollen, was in der Welt gerade schiefläuft, was das für uns bedeutet und was wir dagegen tun können und müssen. Wenn es zusätzlich den einen oder anderen Einblick in die Welt der Diplomatie geben und Verständnis für die Komplexität heutiger Außenpolitik fördern kann, dann hat es seinen Zweck erfüllt.
Die konkrete Idee zu diesem Buch entstand 2017. Jürgen Diessl und Maria Barankow vom Econ Verlag kamen mit einer Buchidee auf mich zu, die ich erst mal rundweg ablehnte, weil ich der Meinung war, erstens könne ich das nicht und zweitens würde mir die Zeit dafür fehlen.
Sie ließen aber nicht locker, vor allem mit dem Argument, ich beklage doch seit Längerem die mangelhafte außenpolitische Debatte in Deutschland. Warum ich denn nicht mal selbst einen Buchbeitrag zur strategischen Kultur leisten wolle?
Das überzeugte mich schließlich doch. Hier ist es nun – mehr als ein Jahr später –, und alle Unklarheiten oder Oberflächlichkeiten sind ausschließlich meine Verantwortung. Ich habe darauf verzichten müssen, alle aktuellen sicherheitspolitischen Fragen gleichermaßen intensiv abzuhandeln. Einige wichtige Themen wie Cyber-Sicherheit oder die rasch wachsende internationale Rolle Chinas konnten nur gestreift werden, um genügend Raum zu lassen für die Abhandlung der grundlegenderen Fragen von Krieg und Frieden, von internationaler Verantwortung und globaler Ordnungspolitik, ebenso wie für die Diskussion unserer Beziehungen zu Russland und den USA, über die in Deutschland gegenwärtig so intensiv debattiert wird.
Dieser Band wäre ohne den mahnenden Druck von Jürgen Diessl und Maria Barankow, die auch das Lektorat übernahm, nie fertig geworden.
Besonders großen Dank schulde ich Claudia Cornelsen, die mir stundenlang geduldig zuhörte, unendlich viele Fragen stellte, bei zahlreichen Vortragsveranstaltungen dabei war und mir enorm viel Schreibarbeit abnahm.
Für viele Ideen und Anregungen möchte ich meinen Weggefährten aus dem Auswärtigen Amt danken, dem ich fast 40 Jahre lang angehörte. Ebenfalls danken möchte ich meinen Wegbegleitern aus vielen Teilen der diplomatischen Welt und aus der weitverzweigten internationalen Think Tank Community, genauso wie Kollegen und Freunden aus der Hertie School of Governance, wo ich unterrichte.
Ohne die fortlaufende und kritische Unterstützung und Begleitung seitens des Teams der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) hätte das Projekt nicht neben all den Konferenzen, Vortragsveranstaltungen und Schriften gelingen können. Dr. Benedikt Franke, dem Chief Operating Officer der MSC, danke ich stellvertretend für alle MSC-Mitarbeiter in München und Berlin.
In ganz besonderer Weise danke ich aber dem Berliner »Policy Team« der MSC für intensiven und kritischen Rat, insbesondere Dr. Tobias Bunde (Leiter des Politik- und Analysestabs), Adrian Oroz (inzwischen in den Auswärtigen Dienst gewechselt), Lisa Marie Ullrich (meiner Büroleiterin) sowie Dr. Sophie Eisentraut und Jamel Flitti.
Schließlich lag eine hohe Arbeitslast bei meinem Sekretariat, insbesondere bei Pia Zimmermann und Amadée Mantz, die auch ohne das Buchprojekt alle Hände voll zu tun hatten.
Und ohne Jutta Falke-Ischinger, die das Projekt mit einer Mischung aus ehelicher Langmut und journalistisch-professionellem Rat begleitete, wäre ohnehin alles nichts.
Berlin, im Juli 2018
Wolfgang Ischinger