Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, Januar 2017
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ISBN Printausgabe 978-3-499-63204-4 (1. Auflage 2017)
ISBN E-Book 978-3-644-57541-7
www.rowohlt.de
ISBN 978-3-644-57541-7
Für Levi
«Nichts ist wahr ohne sein Gegenteil.»
Martin Walser
Dies ist ein Buch über die Lebensmitte und gleichzeitig eine Gedankenkladde, ein Logbuch, ein Navigator durch diese Zeit. Nehmen Sie es mit aufs Sofa, auf die Bahnfahrt, ins Bett. Malen Sie rein, notieren Sie Dinge, kleben Sie Zettel rein, machen Sie Eselsohren. Schleppen Sie es mit sich rum. Kurz: Machen Sie es zu Ihrem.
Es ist nicht mein Anspruch, die Wahrheit zu erzählen, er- oder gefunden zu haben. Die eine Wahrheit gibt es ohnehin nicht. Und so ist dies auch kein Kochbuch mit idealen Rezepten und Instruktionen, die Schritt für Schritt befolgt werden sollen. Ich will niemandem sagen, wie er es machen muss. Ich kann es auch gar nicht.
Allerdings begleite ich in meinem Beruf seit mehr als zehn Jahren Menschen und Organisationen in Veränderungssituationen. Wobei Letzteres nur ein vornehmes Wort für derbe Umbrüche ist – vor allem auch im privaten Leben. Die Menschen, mit denen ich arbeite, kommen in der Regel erst mit beruflichen Fragen auf mich zu. Das Berufliche reicht in der Lebensmitte aber tief in die Werthaltungen, Lebenswünsche und Lebenspläne der Menschen – das Private – hinein. Seit mehr als zehn Jahren höre ich also zu, stelle viele Fragen, beobachte ich und hinterfrage, was mir erzählt wird. Im Gespräch entwickeln wir gemeinsam Handlungswege und Optionen, damit das Leben und die Zukunft gelingen.
Parallel dazu habe ich in diesen Jahren meine eigene Lebensmitte durchmessen, mit Brüchen und Verlusten, die es in sich hatten. Meine Mutter starb an Alzheimer, mein Vater an Bauchspeicheldrüsenkrebs. Nur sechs Wochen vor seinem Tod habe ich einen wunderbaren, gesunden Sohn geboren. Meine Ehe mit meinem Traummann wurde geschieden. Ich habe ein Haus gebaut. Ich bin selbständige Organisationsberaterin und Businesscoach und alleinerziehende Mutter. Ich weiß also selbst ein wenig davon, wie es ist, wenn es richtig schlecht läuft, wenn alles zu viel wird, wenn man nicht weiß, wohin mit sich und seinem Leben, und der Boden der Lebensmitte unter den Füßen wankt.
Inzwischen ist für mich klar: Alle Einzelfälle, auch mein eigener, stehen für etwas Größeres. Für einen unerwarteten Aufbruch in der Lebensmitte. Ich habe daher vor Jahren angefangen, die einzelnen Geschichten aus einer anderen Perspektive zu untersuchen. Was ist das Muster im Strom all dieser Geschichten? Was verbindet all diese Menschen? Was ist eigentlich (mit uns) los in der Lebensmitte? Woher kommen die vielen Fragezeichen, Zweifel, erneuten Sehnsüchte, Wünsche und Hoffnungen? Warum passiert – mit Verlaub – so viel Mist in der Lebensphase, in der wir doch so glücklich und erfüllt sein wollten? Mir ist es inzwischen klar geworden, und dieses Buch erzählt davon. Ich beanspruche nicht, den Heiligen Gral der Lebensmitte gefunden zu haben. Ich habe allerdings das oft verschwiegene Chaos der Lebensmitte gründlich kennengelernt, untersucht, durchdacht, sortiert und letztlich greifbarer gemacht.
Ich kann keine schlüsselfertige Haurucklösung anbieten. Aber: Ich kann gute Vorschläge machen, richtige Fragen stellen, Ideen, Hilfestellungen und Denkanstöße geben durch Geschichten, Erfahrungen und Erkenntnisse aus meiner eigenen Lebensmitte und derer, die mir begegnet sind.
Vielleicht hilft Ihnen dieses Buch, aus dem eigenen und dem Denkmuster der anderen rauszukommen. Vielleicht hilft es Ihnen zu lernen, wer Sie jetzt sind im Leben, mit dem Ziel, nicht zu verpassen, wer Sie sein können.
Die Lebensmitte ist ein Zeitfenster, das eine ganze Weile offen steht. Es lädt ein zum Rückblick auf die bisherige Lebenszeit, lädt ein, eigene Erkenntnisse daraus zu gewinnen und einen frischen Ausblick auf die Zukunft zu bekommen, die vor uns liegt. Eine Zukunft, die darauf wartet, von uns gestaltet zu werden.
Eigentlich sollten wir erwachsen sein. Eigentlich sollten wir angekommen sein: beim tollen Job, bei dem schönen Eigenheim, der heilen Familie und wundervollen Urlauben. Eigentlich sollte die Lebensmitte doch der Ort der erfüllten Träume sein, für die man jahrelang hart gearbeitet hat. Ist uns das nicht immer versprochen worden?
Irgendwann stellen wir fest: Angekommen sind wir – aber nur bei der Erkenntnis, dass diese Vorstellung größer und schöner ist als das echte Leben. Um es deutlich zu sagen: Es ist eine Mogelpackung. Denn trotz allem, was gut ist und zufrieden macht, ist die Lebensmitte bei vielen Menschen durch zuweilen radikale Einschnitte und Veränderungen geprägt. Das können die Trennung vom langjährigen Partner sein, Veränderungen im Job, ungewollte Kinderlosigkeit, die Krankheit und Pflege eines Angehörigen oder der Tod der Eltern. Das alte Leben bricht in Teilen weg, und neue Wege müssen beschritten werden – ob wir wollen oder nicht. Die Lebensmitte ist eine Buckelpiste und kein Spaziergang.
Gewiss gibt es Zeiten, die gut sind, in denen man alles voll im Griff hat. Doch dann kommen wieder Momente, in denen es in uns arbeitet und wir uns sicher sind, so wie jetzt kann es nicht bleiben. Stärke und Unsicherheit wechseln sich ab, manchmal sogar täglich.
Inmitten dieser großen und kleinen, inneren und äußeren, gewollten und ungewollten, plötzlichen oder schleichenden Veränderungen wird eines zumindest schnell deutlich: Viele Leitbilder und Glaubenssätze, die wir seit unserer Kindheit und in jungen Jahren aufgenommen und in unseren Köpfen verankert haben, sind nicht mehr gültig – oder waren es nie. Und so tut sich in unserem Inneren eine Landschaft von Fragen und Themen auf, die unbekannt und groß ist. Terra incognita. Diese Fragen haben nur mit uns selbst zu tun. Und: Es sind große Fragen, deren Antworten nicht einfach zu finden sind:
Warum passiert gerade mir das?
Was will ich erhalten, weil es gut ist?
Wovon muss ich mich verabschieden?
Was macht mich heute aus?
Wo will ich hin – mit mir, meiner Familie, meinem Partner?
Was zählt noch? Auf wen kann ich noch zählen?
Wie komme ich jetzt mit mir selbst klar?
Es überrascht, schmerzt und nervt uns, dass wir uns diesen Fragen ganz neu und oft auch das allererste Mal stellen müssen. Wir sind irritiert über uns selbst, glaubten fertiger und weiter zu sein, als wir de facto sind. Wir dachten doch, wir wären aus diesen Fragen schon er-wachsen. Und dann stellen wir fest: Wer wir sind, ist provisorisch. Der Status quo ist keiner mehr.
Natürlich kann man eine Krise abarbeiten, die Scheidungspapiere unterschreiben, die tote Mutter begraben oder versuchen, noch mal einen ähnlichen Job in der Branche zu bekommen und dann zur Tagesordnung überzugehen. Oftmals reicht das aber nicht. Wochen und Monate später merkt man, dass es damit nicht getan ist, weil die Trennung innerlich nicht gelingt, die Trauer nicht aufhört, der neue Job sich nicht findet oder einen nach kurzer Zeit schon wieder anödet. Die Folge: Wir fühlen uns miserabel und missverstanden.
Es ist erstaunlich, wie wenig über all das offen geredet wird. Jeder kämpft sich irgendwie im Stillen durch. Ich erlebe das oft in meiner Beratungspraxis. Die Menschen erzählen häufig zum allerersten Mal, wie es in ihnen aussieht. Es ist ihnen fast unangenehm. Fast alle sagen: Ich klage auf hohem Niveau. Was sie eigentlich sagen wollen: Ich habe viel erreicht, vieles ist auch gut. Mir geht es trotzdem beschissen.
Der Zweifel, die Verwunderung, die Ratlosigkeit, die Fragen, die die Menschen umtreibt, wird unter privaten Verschluss genommen. Dem Ehepartner zumuten, dass man beruflich am liebsten alles hinschmeißen möchte? Dann macht sich meine Frau ja Sorgen um Heim und Hof und dreht gleich mit durch! Freunden die Abschiedsschmerzen von den kranken, alternden Eltern erzählen? Das will sich kaum jemand anhören – auch nicht im Freundeskreis. Man fragt zwar höflich nach, aber richtig hören will niemand von Pflegestufe 1, 2, 3, Inkontinenzeinlagen und der eigenen Fassungslosigkeit, dass die Eltern doch eigentlich noch so fit und jung waren vor kurzer Zeit.
Wir sind sprachlos im gesellschaftlichen Diskurs, tun so, als würden die Leitbilder nach wie vor gelten und der Lebensplan, wie erwartet, erfüllt werden. Das macht die Lösung unserer Fragen nur noch schwieriger – und uns einsamer, weil wir die falschen Faustregeln und Leitbilder nicht aus dem Kopf bekommen.
Dieses Buch ist eine Ermutigung zum Aufbruch: Midlife-Chance statt Krise und Resignation. Es soll Möglichkeiten aufzeigen, Veränderungen aktiv anzugehen und zu gestalten. Dabei widme ich mich den wichtigsten Leitbildern, die wir für unsere Lebensmitte internalisiert haben, die in Wirklichkeit aber Hemmschuhe sind, weil sie uns in die Irre führen, wenn wir sie nicht durch bessere, uns gemäßere Antworten ersetzen. Das zu realisieren ist unbequem, denn Veränderungen sind anstrengend – selbst wenn man sie selbst herbeisehnt.
Neben vielen Fallgeschichten aus meiner Coachingpraxis und persönlichen Erfahrungen stelle ich Fragen, mit denen man sich jetzt beschäftigen sollte. Dieses Buch ist gedacht als eine Landkarte für die Terra incognita der Lebensmitte, die einem beim Navigieren durch das Niemandsland hilft.
Mein Ziel: Wir sollten uns auf neues Denken einlassen und darauf, neue Erkenntnisse zu entdecken. Ich möchte zeigen, was in der ungewollten Chance der Lebensmitte steckt. Ich möchte ermutigen, diese Chance anzuerkennen und anzunehmen. Ich möchte ermutigen, sich auf den inneren Weg zu machen und anzufangen, aktiv zu handeln.
Dabei ist die Lebensmitte vergleichbar mit dem Umbau eines Hauses, in das man vor 15 Jahren eingezogen ist. Die Heizung muss gewartet und in Teilen erneuert werden. Manche Räume müssen renoviert werden, andere Räume bekommen eine neue Nutzung. Manchmal möchte man Wände einreißen, um neue Wohnideen zu verwirklichen. Bei manchen scheint das zunächst unmöglich, weil es tragende Wände sind. Und dann macht auf einmal ein Stahlträger als Abstützung das Vorhaben doch möglich. Dieser Umbau kann natürlich mehr oder weniger umfassend sein. Aber nur sehr selten steht ein kompletter Umzug an. Und so geht es hier im Buch um das Bauen in einem bestehenden Haus. Wir sind der Architekt und Bauzeichner, Statiker und Bauleiter in einer Person.
Wann genau dieser Umbau stattfindet und in welchem Maße, ist sehr individuell. Grob gesagt ist die Lebensmitte zwischen Ende 30 und Anfang 50. Das hängt aber von den biographischen Faktoren jedes Einzelnen ab:
In welchem Alter wurde die Ausbildung abgeschlossen? Wie alt war man beim Berufseinstieg? Wie alt ist man also, wenn man 10 bis 15 Jahre Berufserfahrung hat?
In welchem Alter hat man geheiratet, und wann hat man die ersten eigenen Kinder bekommen?
Wie alt und fit sind die eigenen Eltern?
Wie alt sind die eigenen Kinder? Sind sie noch klein, in der Schule, schon fast erwachsen oder sogar aus dem Haus?
Diese biographischen Faktoren bestimmen natürlich die Themen, die uns begegnen, und damit auch den Beginn der gefühlten Lebensmitte. Wer beispielsweise noch kleine Kinder hat, weil er sie spät bekommen hat, wird sich erst später mit der Frage beschäftigen, was nach der intensiven Familienzeit kommen soll. Wer mit Anfang 20 oder früher angefangen hat zu arbeiten, wird sich vielleicht schon mit 35 Jahren Fragen nach dem beruflichen Fortgang stellen. Jemandem, der erst mit Ende 20 fertig studiert und beruflich losgelegt hat, begegnen diese Fragen sehr viel später. Wer fitte, junge Eltern hat, wird Aspekte der Lebensmitte, die mit den eigenen, älter werdenden Eltern zu tun haben, erst später erleben.
Meine eigene Mutter ist zum Beispiel sehr früh krank geworden. Sie war 60, ich damals erst 30 Jahre alt. Nach neun langen Jahren der Krankheit und Pflege starb sie. 39 ist biographisch gesehen ein relativ früher Zeitpunkt, um die Mutter zu verlieren, und so bin ich natürlich früh in meinem Leben mit diesem Thema der Lebensmitte konfrontiert worden.
Die Midlife-Crisis wurde in den siebziger Jahren im Wesentlichen als männliche Krise oder als Krise der Männlichkeit wahrgenommen. Die stereotypen Symptome waren der Kauf eines Porsches und die junge Freundin an seiner Seite. Es ging darum, dass Menschen ein Problem damit hatten, älter zu werden. Aktivitäten, Auftritt, Aussehen und die Partnerwahl wurden als Ersatzhandlungen für verlorene Jugend gewertet. Jugend um jeden Preis sozusagen. So weit, so eindimensional und schlicht.
Leider ist der Diskurs in der breiten Öffentlichkeit um die Midlife-Crisis in der Folge nicht weiter gekommen, als dieses Klischee zu pflegen. Wenn wir älter werden und nur nach Status und körperlicher Attraktivität beurteilt werden – und uns auch selbst nur danach beurteilen –, dann werden wir unweigerlich unzufrieden. Wenn wir keinen Blick dafür entwickeln, welche Reichtümer wir durch unser Alter, unsere Erfahrung mitbringen – Familie, Freunde, Netzwerke, Gelassenheit etwa –, wird es dünn. Wenn wir uns nur über unser Bindegewebe, unsere ausfallenden Haare und unsere Falten unterhalten, dann ist es logisch, dass die Leute ein Problem damit haben, älter zu werden. Diese Verengung des Diskurses tut uns allen weh, greift zu kurz und lässt vieles außer Acht.
Das alte Midlife-Crisis-Konzept ist derart unattraktiv und hässlich, dass keiner darüber sprechen möchte. Ein positiver Begriff für Veränderungen in der Lebensmitte, der auf breite Akzeptanz trifft, ist nicht vorhanden, wäre aber unbedingt wünschenswert. Denn die Lebensmitte ist bisher nur ungenügend als eigenständig definierte und ausdifferenzierte Lebensphase betrachtet worden. Zu Unrecht: Es wird immer wichtiger, darüber zu diskutieren und individuelle Lösungsansätze und Handlungsanregungen zu finden.
Das Thema ist heute schlichtweg drängender als in den Siebzigern: Der aktuelle demographische Wandel führt zum Beispiel dazu, dass die Menschen heute wesentlich länger arbeiten. Anstatt mit 58, 60 oder 63 in Rente zu gehen, wird die Mehrheit heute vielleicht sogar bis zum 70. Lebensjahr beruflich aktiv sein müssen oder wollen. Die Relevanz der beruflichen Neuorientierung in der Lebensmitte ist daher wesentlich größer.
In den siebziger Jahren hatte man gute Chancen, mit der goldenen Armbanduhr in Betriebsrente zu gehen. Diese Zeiten sind vorbei. Der Umbruch in der Arbeitswelt, die Umstrukturierungen der Unternehmen und der Märkte bedeuten auch für viele berufliche Biographien einen Umbruch in der Lebensmitte.
Der Wertewandel der letzten 30 bis 40 Jahre hat zudem den Anspruch an das Leben in jeder Lebensphase erhöht. Der Wunsch nach Selbstverwirklichung und Unabhängigkeit ist größer, der Anspruch, «wirklich glücklich» sein zu wollen, höher. Die Bereitschaft, Umstände durchzustehen oder schlichtweg zu tolerieren, ist gesunken. Auch deswegen ist das Thema Aufbruch in der Lebensmitte heute größer und breiter angelegt als in den siebziger Jahren.
Der Wandel von Beziehungen und der Ehe ist ein ebenso gewichtiger Grund, warum die Lebensmitte heute im umfassenden Fokus steht. Die bessere Ausbildung der Frauen und damit die größere wirtschaftliche Unabhängigkeit führen zu einer erhöhten Bereitschaft, dysfunktionale oder unglückliche Ehen zu beenden. Die Frage nach der Neuorientierung in den verschiedenen Lebensrollen, sei es als Elternteil, Partner, Arbeitnehmer, Freund, Freundin, erwachsenes Kind der Eltern, als Ich, als Mensch, wird in der Lebensmitte umso dringender.
Vorweg: Leitbilder sind kein Teufelswerk. Als Leitbilder bezeichnet man Zielbilder, die in die Zukunft weisen. Sie beantworten die Fragen «Was will ich?» oder «Was wollen wir?». Sie geben also eine inhaltliche Orientierung. Leitbilder sind immer werteorientiert und können daher nie neutral sein. Leitbilder haben – vor allem, wenn sie attraktiv erscheinen und vom sozialen Umfeld geteilt werden – eine große Kraft und eine orientierende Funktion. Menschen mögen es, wenn sie einer Idee folgen können, weil es ihnen das Leben einfacher macht. Es ist also durchaus schlau gedacht, einem Leitbild zu folgen: Leitbilder reduzieren die Komplexität der vielen Optionen und erleichtern es uns, Entscheidungen zu treffen.
Jede Generation hat ihre Leitbilder. In manchen Punkten gleichen sie sich von Generation zu Generation – etwa im Leitbild der heilen Familie. In anderen Punkten kommen neue Bilder hinzu, zum Beispiel die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Wir folgen den jeweiligen Leitbildern als junge Erwachsene intuitiv, ohne ihre Annahmen und zugrunde liegenden Werte zu bemerken oder zu hinterfragen, und arbeiten für ihre Verwirklichung. Warum auch nicht? Sie sind doch gemeinhin akzeptiert, vielversprechend und auf den ersten Blick ziemlich attraktiv. Diese Leitbilder tragen wir in uns wie unsichtbare Kompasse, etwa das Leitbild von einem perfekten Urlaub, einem perfekten Date, dem perfekten Weihnachtsfest, dem perfekten Job, der perfekten Karriere, der perfekten Ehe, dem perfekten Leben überhaupt.
Schon als Kinder und Jugendliche nehmen wir Leitbilder auf. Wir übernehmen sie aus unserem Umfeld – unreflektiert. Das ist erst mal die Regel. Leitbilder nisten sich in unser Unterbewusstsein ein und steuern uns unmerklich, dafür aber höchst wirksam.
Die Quellen der Leitbilder sind vielfältig. Es sind unsere Eltern, unsere Familien und Freunde und unser Umfeld, die sie alle prägen. Unzählige Geschichten werden täglich erzählt und im Gespräch eingeordnet und dabei bewertet. Was ist gut, was ist schlecht gelaufen? Die Erzählungen und Gespräche darüber beschreiben meist, wie etwas zu sein hat, wenn es gut läuft.
Natürlich spielen Medien auch eine gewichtige Rolle: Auf Facebook inszenieren die Leute ihr perfektes Leben für den Freundes- und Bekanntenkreis. Im Fernsehen, in der Werbung oder im Netz wird uns gezeigt, wie das Leben aussehen soll: glücklich mit einer intakten Familie, arriviert im Job, sozial verbunden im großen Freundeskreis, perfekte, gleichzeitig entspannte Gastgeber, räumlich mobil, immer unterwegs, gesundheitlich auf der Höhe, attraktiv und körperlich fit sowieso. Das perfekte Leben.
Überhaupt. PERFEKT. Das Wort hat sich in den letzten Jahren auf die vorderen Plätze unseres Wortschatzes und unseres Anspruchsdenkens gespielt. Es ist so normal geworden, über Perfektion als Anspruch und machbares Ziel zu reden. Und wir haben die Inszenierungsmöglichkeiten, die suggerieren, dass Perfektion auch stattfindet. Dazu gibt es mehr Gelegenheit als früher. Es ist schwer, sich nicht beeindrucken zu lassen. Die Leitbilder wiederholen und bestätigen sich – immer und immer wieder. Und wir absorbieren sie über Jahre, bis ein Teil von uns glaubt, sie bildeten das Leben so ab, wie es sein soll und zu sein hat. So bekommen wir die Mustervorlage, wie es geht mit dem guten Leben. Wir halten es für machbar und machen mit – erst einmal.
Diese Leitbilder sind unsere jahrelangen, meist unsichtbaren Begleiter. Wenn wir darauf achten, bemerken wir in der Lebensmitte ihre kraftvolle Wirksamkeit, die sich nicht immer als segensreich erweist. Wenn unsere gelebte Vergangenheit und die Zukunft unseres Lebens ungefähr gleich lang werden, fangen wir nämlich an, zu bilanzieren und zu vermessen. Außerdem lässt uns die Geburt unserer Kinder oder der Tod unserer Eltern verstärkt über Anfang und Ende nachdenken.
Wir fragen uns: Wo sind wir angekommen auf unserem Weg? Was haben wir geschafft oder erreicht, was ist uns gelungen? Und auch erstmalig: Was liegt (noch) vor uns? Was kann ich (noch) gestalten?
Diese Bilanzierung ist erst mal gut, denn sie trägt die Chance der Neuausrichtung mit sich. Darauf kommen wir noch mehrfach zu sprechen – versprochen.
In der Lebensmitte begegnen uns deshalb unsere Leitbilder neu. Wir holen sie raus und nutzen sie als Messlatte, um zu prüfen, wie wir mit dem bisherigen Leben abgeschnitten haben. Die Leitbilder werden zu Punktrichtern: Ist mein Haus groß genug? Habe ich überhaupt eines? Ist meine Ehe glücklich und erfüllend? Liebe ich meinen Job und bin ich erfolgreich? Wirklich erfolgreich genug? Bin ich eigentlich gut? Wie sehe ich aus, bin ich nicht zu …? Sind meine Freunde zu …? Haben die genug …? Habe ich …? Bin ich …? Hätte ich nicht …?
Das Ergebnis unserer Bilanz mit Hilfe der Messlatte der Leitbilder ist, um es vorsichtig auszudrücken, nicht immer freundlich. Das Ergebnis kann deprimierend bis vernichtend sein und ist daher selten hilfreich. Schluss damit.
Etliche unserer Leitbilder erweisen sich – auch wenn sie über Generationen überliefert worden sind – als schlichtweg falsch. Sie sind keine Leit-, sondern Trugbilder. Sie postulieren einen Ursache-Wirkungs-Mechanismus, der nicht funktioniert, und weisen uns einen Weg, der uns eben nicht zum Ziel führt. Sie sind falsche Indikatoren für eine Bilanzierung des bisherigen Lebens. Schlimmer: Sie lassen uns nicht gewinnen, und wir werden wahrscheinlich nicht oder nie ausreichend zufrieden sein. Im Gegenteil. Wir fühlen uns mies, irgendwie falsch in diesem Leben. «Ungenügend. Setzen!», ruft eine innere, oberlehrerhafte Stimme. «Dabei haben wir doch alles richtig gemacht», flüstert eine andere, leisere, geknickte Stimme in uns.
Es ist Zeit, die eigenen Leitbilder, den inneren Kompass wahrzunehmen, zu benennen, zu überdenken und neu auszurichten. Mir sind allein zehn Leitbilder aufgefallen, die uns das Leben in der Lebensmitte sehr schwer machen und einen hohen Leidensdruck verursachen. Um diese zehn Fieslinge geht es hier im Buch.
Wenn wir den Trugschluss, den Irrtum dieser Leitbilder nicht aufdecken, können sie zu Leidbildern werden, weil sie auf falsche Fährten führen, und unser Bemühen um ein zufriedenes Leben ins Leere läuft.
Wir müssen in der Lebensmitte passendere, manchmal auch individuelle Leitbilder (er)finden, mit denen wir die eingefahrene Spur verlassen können. Nur so wird es möglich, die Unsicherheit und Unzufriedenheit, die wir auf so unterschiedliche Art spüren, zu beenden.
Das ist die riesige Chance dieser Lebensphase – und ihre Aufgabe. Nachdem wir jahrelang den vorgestanzten, auf ihre Art standardisierten Leitbildern unserer Kindheit und Jugend hinterhergelaufen und streckenweise -gehechelt sind, haben wir nun die Chance, eine Inventur in unserem Leben zu machen. Zu sortieren, was passt, was geändert werden muss, und zu bewerten: Was habe ich? Woran halte ich fest? Was brauche ich neu? Was fliegt raus?
Das klingt umfassend. Und: Das ist es auch. Aber eine Inventur ist gleichzeitig auch sehr spannend, sehr aufregend, sehr lohnend. Dabei räumt man innerlich auf und befreit sich vom Ballast der Vorstellungen, die nicht mit in die Zukunft weitergeschleppt werden sollten.
Nicht jeder kann mit jedem Leitbild etwas anfangen, nicht jeden betrifft es. Ob einem die Lebensmitte in einem oder mehreren Feldern begegnet, ist sehr individuell. Das heißt, dass nicht alles für jeden eintreffen wird oder relevant ist. Oft hängen Leitbilder oder Irrtümer aber auch zusammen. Deshalb gibt es gezielte Querverweise zu anderen Kapiteln. Letztendlich ist es wie in der Pubertät: Jeder durchlebt sie. Wie stark und konfliktreich sie jedoch erlebt wird und über welche Themen sie sich äußert, ist sehr unterschiedlich.
Bevor passende Antworten gefunden werden können, ist es allerdings auch wichtig, (sich selbst) die richtigen Fragen zu stellen und zu beantworten. Passende Fragen lenken die Gedanken auf neue Antworten und führen so zu Einsichten, neuen Ideen und Perspektiven für die Zukunft.
Ich stelle deshalb viele Fragen in diesem Buch – vor allem im letzten Teil, dem Navigator. Dort werden die verschiedenen Phasen des Aufbruchs beleuchtet, konkrete Fragen dazu beantwortet, aber auch Fragen gestellt, mit denen man sich auseinandersetzen sollte, um voranzukommen. 50 Wegweiser mit vielen Gedankenanstößen und einem Ideenbuffet zielführender Fragen habe ich zusammengestellt. Es ist keine Liste, die streng abgearbeitet werden muss. Jeder kann selbst entscheiden, welche Fragen einen anlächeln, an welchen man beim Lesen hängen bleibt. Genau diesen Fragen sollte man nachgehen. Vermutlich sind es die, die einen zu den Antworten bringen, die man sucht. Meine Erfahrung ist: Am Anfang jedes Aufbruchs stehen die richtigen Fragen.
Wir alle tragen Leitbilder oder Glaubenssätze in uns, die wir seit unserer Kindheit aufgenommen haben. Sie sind in unseren Köpfen verankert und leiten unsere Entscheidungen. Doch einige dieser Leitbilder führen uns in der Lebensmitte auf eine falsche Fährte. Denn das Versprechen, das sie propagieren, gibt es so nicht. Es sind Irrtümer.
Wir brauchen also eine Inventur unserer verinnerlichten Leitbilder, damit sie nicht länger im Hintergrund wirken – und am Ende zu Leidbildern werden. Es gilt, sie zu hinterfragen, zu prüfen, ob sie überhaupt noch taugen, und schließlich zu korrigieren und im Anschluss andere, passende, individuelle Leitsätze zu formulieren, die uns an diesem Punkt in unserem Leben weiterbringen.
Der erste Schritt: Wir müssen die Existenz und die Wirksamkeit dieser Bilder erst einmal begreifen. Und erkennen, wieso sie uns in die Irre führen. Die folgenden vier Leitbilder sind diejenigen, die uns besonders herausfordern, nicht in unserer Nachdenklichkeit steckenzubleiben, unsere bisherige Position zu verlassen und uns neu auszurichten:
Irrtum 1: Du bist angekommen!
Irrtum 2: Du musst dir nur Mühe geben.
Irrtum 3: Das sind die besten Jahre deines Lebens!
Irrtum 4: Du erntest die Früchte deiner Arbeit.
«Sie sind an Ihrem Ziel angekommen.» Diesen Satz sagt Uschi – wie ich die Stimme meines Navis im Auto getauft habe – fast jeden Tag zu mir. Angekommen. Schön wäre es, liebe Uschi, denke ich.
Ein anderer Satz, den ich in meinem Leben oft gehört habe, ist: «Jetzt fängt der Ernst des Lebens an!» Das sagte mein Großvater Anton früher immer wieder zu mir: zum Start in den Kindergarten, zum Beginn des Gymnasiums, später nach dem Abitur, dann wieder bei Aufnahme meines Studiums. Er hörte nicht auf, diesen Satz zu sagen, und ich wartete auf das Ankommen des Ernstes des Lebens. 1989 starb er als 84-jähriger Mann, und ich hatte keine Chance mehr, seinem Verständnis davon auf die Spur zu kommen.
Ich wartete also darauf, dass ich ankomme. Im Ernst des Lebens, an irgendeinem Ziel. Da es im Studium auch noch nicht so weit war, war es für mich zutiefst plausibel zu glauben: Ach ja, als Erwachsene nach der Ausbildung, mit einem Mann an der Seite, nach Familiengründung ist man angekommen. Es hat mir auch nie jemand widersprochen.
Heute weiß ich: Das Leben ist ein Prozess, kein Zustand. Ankommen? Fehlanzeige. Seltsamerweise halten wir das Erwachsensein aber oft für etwas Statisches, nachdem man irgendwo angekommen ist. Warum eigentlich?
Vielleicht ist es das überlieferte Bild des Erwachsenseins, das uns das denken lässt. Als Kinder und Jugendliche dachten wir, mit Anfang, Mitte 40 sei man steinalt und mit Sicherheit erwachsen. Wer erwachsen war, der musste sich auskennen und über das Leben Bescheid wissen, hatte Antworten auf alle Fragen und war am Ziel angekommen. Am Ziel aller Bemühungen der Kindheit und Jugend mit ihren vielen Stationen und Anforderungen: Schule, Ausbildung, Herzensbildung, das Bemühen, ein guter Mensch zu werden, eine gute Tochter oder Sohn, ein guter Schüler, eine gute Studentin, ein guter Arbeitnehmer, ein hoffnungsvolles Talent, eine gute Freundin oder ein guter Freund, eine liebenswerte Partnerin oder ein liebenswerter Partner, dann in Folge vielleicht selbst eine gute Mutter oder ein cooler Vater.
Die Liste der Anforderungen war lang, aber irgendwie zu machen, so unsere jahrelange Annahme. Darin wurden wir ja auch bestätigt und ermutigt: «Du musst dir nur Mühe geben» (Irrtum 2).
Als Erwachsene sollten wir also die Lebensleiter mit all ihren Aufgaben erklommen haben und endlich angekommen sein. Und als Belohnung sollte eine Art bequemer Gipfel auf uns warten, den wir uns verdient hatten und zu eigen machen wollten. Wir wollten zurückblicken auf den Weg, der unter und hinter uns lag, und eine große, verheißungsvolle, glückbringende, reichgedeckte Spielfläche für unser Leben vor uns sehen, auf der wir endlich, endlich angekommen sind: den Tafelberg des Glücks. Hier gehöre ich hin. So soll es sein. Immer. Herrlich!
So weit die Idee.
Die gute Nachricht ist: Das ist in Teilaspekten des Lebens auch wirklich so – oder zumindest für eine gewisse Zeit. Dann aber kommt der buckelige Spielverderber dieses Leitbildes. Er sagt: «Guten Tag, Sie haben mich nicht gerufen, aber hier bin ich. Gestatten, mein Name ist echtes Leben.»
Der Tafelberg ist in Wirklichkeit, so entdecken wir, eine Zwischenstation auf unserem Lebensweg. Der Tafelberg ist keine Endstation des Glücks. Der Erwachsene ist in der Lebensmitte entgegen dem weitläufigen Leitbild mitnichten fertig und erwachsen. Er ist in der Lebensmitte nicht angekommen, sondern unterwegs. Die Reise geht weiter.
Das ist heute, in einer Phase des großen gesellschaftlichen, technologischen und wirtschaftlichen Wandels, vielleicht mehr denn je der Fall. Veränderungen gehören dazu, sie sind die Regel und machen vor unserer Wohnungstür keinen Halt, sondern tangieren jeden in seiner Lebensplanung. Branchen stehen vor dem Umbruch, Anforderungen im Job ändern sich, die Spielregeln für Ehe, Partnerschaft und Familie werden neu ausgehandelt, die Digitalisierung erfordert und ermöglicht eine neue Art zu arbeiten. Das sind nur einige Beispiele.
In der Lebensmitte treffen uns diese Veränderungen in einer Phase besonderer Verantwortung. Zuallererst sind wir verantwortlich für uns selbst. Wir sind in der Tat erwachsen – auch wenn wir uns nicht immer so fühlen. Wir sind aber auch in der Sandwichposition zwischen zwei Generationen, in der wir zunehmend Verantwortung für die älter werdenden Eltern haben und gleichzeitig auch für unsere nachwachsenden Kinder.
Die Veränderungen, auf welcher Ebene auch immer, führen dazu, dass das ausbalancierte Lebensmobile mit den verschiedenen Teilen des bisherigen Lebens zuweilen heftig in Bewegung kommt.
Diese Teile heißen: mein Beruf und die Organisation, für die ich arbeite, meine Beziehung oder Ehe, meine Kinder, meine alternden Eltern, Freunde, Sport, Körper und Gesundheit, eigene Interessen oder der Verein, in dem ich mich engagiere.
Wenn sich eine größere Veränderung einstellt, ist es so, als würde man ein Teil des Mobiles abnehmen oder ein neues Gewicht dranhängen. Alles gerät aus der Balance und gleichzeitig in Rotation. Kein Aspekt des Lebens bleibt an seinem gedachten Platz. Das ist verwirrend und anstrengend. Wo bleibt der Tafelberg des Glücks?
Dieses unerbetene Lebensgefühl kommt meist überraschend, und wir mögen es nicht, denn es ist ungewohnt, unbequem und anstrengend. Die Ursache für das Gefühl sind übrigens weitere Leitbilder, denen wir auf den Leim gegangen sind. «Das sind die besten Jahre deines Lebens» (Irrtum 3), «Du musst dir nur Mühe geben» (Irrtum 2) und «Du erntest die Früchte deiner Arbeit» (Irrtum 4).
Zetern und Hadern ist verständlich, hilft aber nicht. Egal, wie wir die neue Situation finden, wie stark wir uns wehren und aufregen: Am Ende dieser berechtigen Gefühle schauen wir auf die Unordnung in unserem Leben. Wir sind gefordert, die Teile im Lebensmobile in ein neues Gleichgewicht zu bringen.
Die Frage ist nun: Welches Teil meines Lebens braucht jetzt welchen Platz? Was muss bleiben, weil es gut und wichtig ist? Was kann ich loslassen und muss abgenommen werden? Wo kann ich anfangen oder ein neues Teil hinzufügen, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen? Schaffe ich das überhaupt alleine? Wer kann mir helfen?
Dabei hilft es, sich folgendes gedankliche Konzept vor Augen zu führen: Es gibt einen Lebenszyklus, der sich im Leben fortlaufend wiederholt, nur sind wir uns dessen nicht immer bewusst. Es ist ein Kreislauf von drei Phasen:
Lassen und loslassen
Bleiben und bewahren
Neu anfangen
Die eine Phase löst die nächste ab. Immer wieder.
Besonders in der Lebensmitte befinden wir uns gleichzeitig in allen diesen Phasen – je nach Aspekt des Lebens. Ich kann beispielsweise im Beruf etwas Neues ausprobieren und neu anfangen, gleichzeitig in meiner langjährigen Beziehung – trotz aller Reibereien – bleiben und mich vom gewohnten Bild meines starken Vaters verabschieden, weil er sehr gebrechlich geworden ist. Diese Gleichzeitigkeit aller Phasen macht die Lebensmitte sehr intensiv und in Teilen so anstrengend.