Impressum

Die Originalausgabe erschien 2016 unter dem Titel «Love from Boy: Roald Dahl’s letters to his mother» bei John Murray, Hachette UK, London.

 

Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, Februar 2018

Redaktion Evi Draxl

«Love from Boy: Roald Dahl's letters to his mother» Copyright © 2016 by Roald Dahl Nominee Ltd.

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt, jede Verwertung bedarf der Genehmigung des Verlages.

Umschlaggestaltung any.way, Barbara Hanke/Cordula Schmidt, nach der Originalausgabe von John Murray Publishers (Hachette UK)

Umschlagabbildung: RDNL Permisson Courtesy of The Roald Dahl Museum and Story Centre

Schrift DejaVu Copyright © 2003 by Bitstream, Inc. All Rights Reserved.

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Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

ISBN Printausgabe 978-3-498-01334-9 (1. Auflage 2018)

ISBN E-Book 978-3-644-40075-7

www.rowohlt.de

ISBN 978-3-644-40075-7

Fußnoten

Die Brean House School war ebenfalls eine Privatschule in Westonsuper-Mare.

Anm. des Übersetzers: Am 5. November feiert man in England den Guy-Fawkes-Day, wobei Puppen von Guy Fawkes, der 1605 ein Sprengstoffattentat auf das Parlament versuchte, auf großen Scheiterhaufen verbrannt werden.

Das Grab von Roalds Vater Harald und seiner großen Schwester Astri auf dem Friedhof von St Peter’s in Radyr. Das aus rosa Granit gebaute und mit einem kunstvollen Keltenkreuz verzierte Grabmal ist das bei weitem größte auf dem Friedhof.

Die Children’s Newspaper wurde 1919 gegründet, um Kinder über Nachrichten aus aller Welt und das Neueste aus der Wissenschaft zu informieren. Zu ihren besten Zeiten verkaufte sie eine halbe Million Hefte pro Woche. Bubbles war eine ähnliche, aber weniger sachliche Publikation.

Eine abenteuerlustige Freundin der Dahls, die in der Nähe von Radyr lebte und viel jagte und reiste.

In diesem Brief, der von Roald und Douglas Highton gemeinsam in vier Sprachen verfasst wurde, versucht Highton «Alles Liebe Roald» in griechischen Buchstaben und Roald – mit weniger Erfolg – «Ich gehe mit Highton zu Abend essen» auf Norwegisch zu schreiben. Für Sofie Magdalene Dahl war es sicher amüsant, dass Highton auf Französisch fragte, ob sie ihr Spiel verstand.

Vermutlich Östlich der Sonne und westlich des Mondes, ein altes nordisches Märchen.

Ashley Miles war ein junger Pathologe und später bedeutender Immunologe, der sich 1929 mit Roalds Halbschwester Ellen verlobt hat. Die beiden heirateten im Jahr darauf.

Captain Lancaster war das Vorbild für Captain Hardcastle in Boy.

Diese Art von Frack sollte Roald in Repton, seiner nächsten Schule, tragen müssen.

In Wahrheit war es 1930.

Eigentlich hieß Jenkins «Binks», nicht «Biggs». In den folgenden Briefen macht Dahl diesen Fehler nicht mehr.

Roalds liebste antiseptische Zahnpasta war rosa und schmeckte nach Medizin.

Dahl sollte den Grubber später in seine Kindergeschichte Die Giraffe, der Peli und ich (1985) einbauen.

Amerikanische Frühstücksflocken, in England weit verbreitet von 1903 bis zur Einstellung der Produktion 2013. Beworben wurden sie mit einer beliebten Zeichentrickfigur namens Sunny Jim.

A.d.Ü.: Officers’ Training Corps.

A.d.Ü.: Bezeichnung der britischen Kolonialsoldaten für die nordostafrikanische Ethnie der Beja.

Ein 1902 in Berlin gegründetes Brandschutzunternehmen, das bald weltweit zum Marktführer bei Feuerlöschern wurde und 1926 den Schaumlöscher erfand.

A.d.Ü.: ein Shilling und drei Pence.

Norwegische Moltebeeren.

Ein altmodisches Mittel gegen Verstopfung.

Mittel gegen Erkältung und Kalziummangel. Schon als Junge war Roald besessen von medizinischen Markenprodukten.

Der neue Rektor war John Christie, der später Michael Arnold brutal verprügelte, ehe er ihn von der Schule warf.

Roald hatte eine gerichtliche Vorladung wegen zu schnellen oder gefährlichen Fahrens mit seinem Motorrad erhalten.

A.d.Ü.: im Original «straight». Zwar ist die Bedeutung «heterosexuell» erst ab Anfang der vierziger belegt, doch scheint sie hier und im letzten Absatz des Briefs zumindest vorsichtig anzuklingen.

König George V. und seine Frau, Königin Mary von Teck.

A.d.Ü.: Pentonville ist ein Gefängnis in der Nähe von London.

Zwanzig tanganjikanische Shilling entsprachen etwa einem britischen Pfund.

Sofie Magdalene Dahl waren gerade sämtliche Zähne gezogen worden.

Godown: Lagerhäuser in Indien und Ostasien, vor allem am Hafen.

Ein norwegisches Fischerdorf, das die Dahls im Urlaub oft besuchten.

A.d.Ü.: Roald Dahls Spitzname für Professor Hornibrook, den Autor der Verdauungsbibel Culture of the Abdomen.

Gian Galeazzo Ciano war italienischer Außenminister und Benito Mussolinis Schwiegersohn. Lord Halifax war von 1938–40 britischer Außenminister, 1940 sollte er britischer Botschafter in den USA werden. Von 1942 bis 1944 würde Roald Dahl in Washington für ihn arbeiten.

Gunga Din ist der leidgeprüfte indische Wasserträger – «ein bess’rer Mann als ich» –, den Rudyard Kipling im gleichnamigen Gedicht verewigte. Wie viele seiner Altersgenossen hatte Roald Dahl das Gedicht in der Schule auswendig lernen müssen.

A.d.Ü.: englisches Brettspiel, eigentlich «Pegity».

A.d.Ü.: «fanny» bedeutet im britischen Englisch so viel wie «Möse»; die First Aid Nursing Yeomanry ist ein britisches Frauen-Freiwilligenkorps.

Das Navy, Army and Air Force Institute (Naafi) organisierte Freizeitangebote für die Soldaten. Letztlich handelte es sich dabei um eine bessere Bar.

John Logsdail, ebenfalls bei der R.A.F., sollte noch im selben Jahr Roald Dahls Schwester Else heiraten.

Die Wohnung von Roald Dahls Großeltern, Bestemama und Bestepapa, Karl Laurits und Ellen Hesselberg, befand sich in Josefines gate, Oslo.

«Mug» war der Klatschkolumnist der Nairobi Sunday Post.

A.d.Ü.: Douglas Bader war ein britischer Jagdflieger und eine Symbolfigur der R.A.F.

A.d.Ü.: Britischer Hersteller und Händler eleganter Konfektionskleidung.

Mrs. Harris war einer von Sofie Magdalene Dahls Hunden.

Primo Carnera war ein italienischer Boxer und Filmstar. Er war zehn Jahre älter als Roald und hatte dieselbe schlaksige Statur.

Frank Waldrop war Redaktionsleiter – und später Chefredakteur – der Washington Times-Herald.

Hull (1871–1955) war ein amerikanischer Politiker. Er war von 1933 bis 1944 Außenminister unter Roosevelt und hatte dieses Amt am längsten überhaupt inne.

Charles Marsh, Roald Dahls Freund und Mentor.

Präsident Roosevelt war am 12. April 1945 gestorben, weniger als einen Monat vor Kriegsende in Europa.

Roalds Neffe, Nicholas Logsdail.

Wylie McKissock (1906–1994) war ein britischer Pionier der Neurochirurgie. Nach der Rückkehr der Dahls nach England wurde Theo sein Patient.

Sheena Burt war damals das Kindermädchen der Dahls. Angela Kirwan half ihr aus.

Anmerkungen

Einleitung

Roald Dahl, Boy/Im Alleingang. Die autobiographischen Erzählungen, übers. von Adam Quidam und Hermann Stiehl, Rowohlt 1986, S. 90f.

Tessa Dahl, Gespräch mit Donald Sturrock (im Folgenden DS) vom 22. Oktober 2007; Astri Newman, Gespräch mit DS vom 15. Oktober 2007, sowie Else Logsdail, «Casseroled Ptarmigan», in: Felicity & Roald Dahl, The Roald Dahl Cookbook, Penguin 1996, S. 61.

J. Harry Williams, Brief an Roald Dahl, 2. Oktober 1976, Roald Dahl Museum and Story Centre RD 16/1/2.

Alfhild Jansen, Gespräch mit DS, 7. August 1992.

Sofie Magdalene Dahl, Brief an Claudia Marsh, 16. Januar 1955, Andrew Haskell Collection.

Louise Pearl, Gespräch mit DS, 9. Mai 2008.

Dahl, Boy/Im Alleingang, S. 25.

Ebd.

Asta Anderson, Gespräch mit DS, 1997.

Dahl, Boy/Im Alleingang, S. 63.

Felicity & Roald Dahl, Memories with Food at Gipsy House, Viking 1991, S. 65.

Ebd.

Ebd.

Alfhild Hansen, im Interview in A Dose of Dahl’s Magic Medicine, 28. September 1986.

Valerie Kettley, internes Memo an Tom Maschler, Jonathan Cape Archiv, Akte «Boy», University of Reading.

Stephen Roxburgh, internes Memo an Tom Maschler, Jonathan Cape Archiv, Akte «Boy», University of Reading.

Anmerkung zu Rechtschreibung und Interpunktion der Originalbriefe

Roald Dahl, Brief an Schulkinder, 17. April 1984, RDMSC.

Erstes Kapitel «Schick mir ein paar Kastanien»

Dahl, Boy/Im Alleingang, S. 97.

Ebd., S. 87.

Ebd., S. 88.

Erstes Kapitel «Schick mir ein paar Kastanien»

Douglas Highton (1915–2013), Gespräch mit DS, 8. November 2007.

Dahl, Boy/Im Alleingang, S. 92.

Dahl, Matilda, Rowohlt 2016, S. 119.

Ebd. S. 122.

Ebd. S. 131.

Zweites Kapitel «Graggers zu euren Eiern»

Air Marshal Sir Charles Pringle, Gespräch mit DS, 5. Dezember 2007.

Tim Fisher, Gespräch mit DS, 17. September 2007.

Dahl, Boy/Im Alleingang, S. 157.

Dahl, Boy (Erstfassung) – RDMSC RD 2/23/1/166.

Ebd. – RDMSC RD 2/23/1/159.

Sofie Magdalene Dahl, Postkarten an Else Dahl, 27. Juni 1930 – RDMSC RD 20/9/2 und RD 20/9/3.

Air Marshal Sir Charles Pringle, Gespräch mit DS, 5. Dezember 2007.

Nancy Deuchar, geborene Jenkyns, Gespräch mit DS, 4. Dezember 2007.

Roald Dahl, Brief an die Mutter, Juni 1932 – RDMSC RD 13/1/6/43.

Alfhild Jansen, Gespräch mit DS, 7. August 1992.

Nancy Deuchar, geborene Jenkyns, Gespräch mit DS, 4. Dezember 2007.

Roald Dahl, «Things I Wish I’d Known when I was Eighteen», unveröffentlichter Artikel für das Sunday Express Magazine – RDMSC RD 1/2/7/1.

Roald Dahl, Brief an die Mutter, 4. Februar 1934 – RDMSC RD 13/1/9/24.

Drittes Kapitel «Noch ein Bier, aber eiskalt»

Else Logsdail, Gespräch mit DS, 3. Januar 1998.

Roald Dahl, Brief an die Mutter, 14. Juli 1936 – RDMSC RD 14/2/2/8.

Drittes Kapitel «Noch ein Bier, aber eiskalt»

Später verlegte Dahl die Geschichte nach Griechenland während des Krieges. Veröffentlicht wurde sie schließlich unter dem Titel «Gestern war es schön».

Alexandra Anderson, Gespräch mit DS, 14. November 2007.

Brief von Emma an Sofie Magdalene Dahl, 4. Oktober 1938 – RDMSC RD 14/3/4/1.

Dahl, Boy/Im Alleingang, S. 227.

Dahl, Rede für die Jungen an der Repton School, 21. November 1975 – RDMSC RD 6/1/1/25.

Dahl, Boy/Im Alleingang, S. 286.

Viertes Kapitel «Durch und durch gut für die Seele»

Dahl, Das Konrädchen bei den Klitzekleinen, Wunderlich 1992, S. 43.

Dahl, James und der Riesenpfirsich, Rowohlt 2016, S. 104.

Dahl, Boy/Im Alleingang, S. 295f.

Fünftes Kapitel «Keine Sorge»

PRO Air, 27, 669.

Dahl, Boy/Im Alleingang, S. 306.

Roald Dahl, Brief an die Mutter, 20. November 1940 – RDMSC RD 14/4/38.

Dahl, Boy/Im Alleingang, S. 306.

Ophelia Dahl, Memories of My Father (unveröffentlichtes Manuskript).

Roald Dahl, Brief an Barbara McDonald, 24. April 1953, im Besitz des Roald Dahl Museum and Story Centre.

ders., Brief an Stephen Roxburgh, undatiert – Archiv von Farrar, Straus and Giroux, New York.

«Jonah» Jones, Kommandant des 84. Geschwaders, zitiert in T.H. Wisdom, Wings over Olympus, The Story of the Royal Air Force in Libya and Greece, George Allen and Unwin 1942, S. 169.

Roald Dahl, «Katina», in: … steigen aus … maschine brennt …, Rowohlt 2010, S. 74.

Roald Dahl, «Searching for Mr. Smith», Browse and Darby Catalogue, 1983.

Sechstes Kapitel «Zähne wie Klaviertasten»

Roald Dahl, The Gremlins, Walt Disney/Random House 1943.

Sechstes Kapitel «Zähne wie Klaviertasten»

Jeremy Treglown, Roald Dahl, Brace 1994, S. 56.

William Stevenson, A Man Called Intrepid, Lyons Press 1976, S. 169.

Isaiah Berlin, Gespräch mit Jeremy Treglown, in: Jeremy Treglown, Roald Dahl, S. 69.

Siebtes Kapitel «Alle haben sich prächtig amüsiert»

Bill Macdonald, The True Intrepid, Raincoast Books, S. 200.

Roald Dahl, Visit to Hyde Park – RDMSC RD 15/5/94/5.

Jonathan Cuneo, Gespräch mit DS, 20. März 2007.

Ernest Cuneo Papers Box 107, CIA-Akte – Franklin Delano Roosevelt Library, Hyde Park. Zitiert nach Thomas E. Mahl, Desperate Deception – British Covert Operations in the US 1939–44, Brassey’s 1998.

Roald Dahl, Entwurf einer Autorenvita für Reynall & Hitchcock, 4. Juli 1945 – RDMSC RD 1/1/222.

Epilog «Ich werde nicht oft schreiben»

Saturday Evening Post, Bd. 3, Nr. 39, 13. September 1947 – WLC Box 22.

Patricia Neal, Gespräch mit Stephen Michael Shearer, Juni 2005. Zitiert nach Shearer, Patricia Neal, An Unquiet Life, University Press of Kentucky 2006, S. 261.

Felicity & Roald Dahl, Memories with Food at Gipsy House, a.a.O., S. 66.

Roald Dahl gilt als einer der besten Kinderbuchautoren überhaupt. Und doch fand er nur über merkwürdige Umwege zu seiner Bestimmung. Erst mit über vierzig versuchte er sich erstmals an einem Buch für Kinder, nachdem er viele Jahre lang gar keine schriftstellerischen Ambitionen gezeigt hatte. Den plötzlichen Sinneswandel schrieb er einem «Schlag gegen meine Birne» zu, den er 1940 als Jagdflieger im Zweiten Weltkrieg abbekommen hatte. Nicht nur hatte er durch seinen Absturz in der libyschen Wüste, so glaubte er, etwas zu erzählen, die dabei erlittenen Kopfverletzungen hatten obendrein seine Persönlichkeit verändert und den Drang zum Schreiben freigesetzt. Ganz aufrichtig war diese Einschätzung wohl nicht. Obgleich Roald vor 1942 in der Tat kaum Interesse daran zeigte, mit Schreiben seinen Lebensunterhalt zu verdienen, hatte er sein Handwerk doch seit der Kindheit in anderer Form geübt: in den Briefen an seine Mutter Sofie Magdalene.

Diese Briefe sind bemerkenswert. Über sechshundert Stück sind es, geschrieben über einen Zeitraum von vierzig Jahren hinweg, von 1925, als der neunjährige Roald aufs Internat geschickt wurde, bis 1965, zwei Jahre vor dem Tod der Mutter. Sofie Magdalene bewahrte sie sorgfältig auf,

Meine Mutter hat all diese Briefe (…) aufbewahrt, allesamt fein säuberlich mit einem grünen Band gebündelt. Aber das war ihr persönliches Geheimnis, sie hat mir nie auch nur eine Andeutung gemacht davon. Im Jahre 1967, als sie merkte, dass es mit ihr zu Ende ging, lag ich in Oxford nach einer schweren Wirbelsäulenoperation im Krankenhaus und konnte ihr nicht schreiben. Da ließ sie sich extra ein Telefon ans Bett legen, um mit mir ein letztes Mal sprechen zu können. Dass sie im Sterben lag, hatte sie mit keinem Wort erwähnt, und auch von anderer Seite hatte ich davon nichts zu hören bekommen, weil es mir zu der Zeit selber sehr schlechtging. Sie fragte mich nur nach meinem Befinden und äußerte die Hoffnung, dass es mir recht bald wieder bessergehen möge, und grüßte mich voller Liebe. Ich ahnte nicht, dass sie schon am folgenden Tag sterben musste, aber sie wusste das ganz genau, und deswegen wollte sie – zum allerletzten Mal – die Verbindung herstellen und mit mir sprechen. Als ich geheilt nach Hause entlassen wurde, händigte man mir diese komplette Sammlung meiner Briefe aus …[1]

Nach dem Tod der Mutter im Jahre 1967 erhielt Roald Dahl ihre Sammlung seiner Briefe. Sie erstrecken sich über einen Zeitraum von vierzig Jahren, von 1925 bis 1965.

Die meisten – und die spannendsten – dieser Briefe stammen aus der Zeit vor 1946, also dem Jahr, als Dahls erster Band mit Kurzgeschichten erschien und er aus den USA zurück zu Sofie Magdalene nach Buckinghamshire zog. Biographisch sind sie hochinteressant, bieten sie doch eine umfassende, faszinierende Schilderung von Roald Dahls Schulzeit in den Zwanzigern und Dreißigern, seiner Zeit in Tanganjika kurz vor dem Krieg, seiner Ausbildung zum Jagdflieger im Irak und in Ägypten sowie seiner Kampfeinsätze in Griechenland

Ein verbindendes Element in den Briefen ist der vertraute Blick des einzigen Sohnes auf seine alleinerziehende Mutter. Wo Roald Dahls Wesen klar und farbenfroh zutage tritt, bleibt das von Sofie Magdalene Dahl indes geheimnisvoller, zumal ihre Seite des Briefwechsels komplett fehlt.

Sofie Magdalene wurde 1884 in Oslo geboren. Ihr Vater, Karl Laurits Hesselberg, studierte erst Naturwissenschaften, dann Jura und wurde schließlich Verwaltungsangestellter bei

Karl Laurits und Ellen Hesselberg – die «Besteleute», wie Dahl sie später in Anlehnung an das norwegische Wort für Großeltern gern nannte – waren strenge Eltern, und als Sofie Magdalene schon Mitte zwanzig war, waren weder sie noch ihr Bruder Alf oder ihre beiden Schwestern verheiratet. 1911 jedoch, auf Besuch bei Freunden in Dänemark, lernte sie einen wohlhabenden norwegischen Witwer kennen, der gut zwanzig Jahre älter war als sie. Sein Name war Harald Dahl, er machte Urlaub von seiner Arbeit als Teilhaber eines erfolgreichen Schiffsausrüsterbüros in Cardiff. Wenige Wochen später waren die beiden verlobt.

Sofie Magdalene war damals sechsundzwanzig, hatte ihren eigenen Kopf und das dringende Bedürfnis, sich von ihren Eltern abzunabeln. Widerstrebend willigten diese in die Heirat ein, sosehr es ihnen auch missfiel, dass ihre Tochter einen Mann heiratete, der ihr Vater hätte sein können, und Oslo verließ, um mit ihm nach Cardiff zu gehen. Ahnte Sofie Magdalene da bereits das Schicksal ihrer kleinen Schwestern, die Roald Dahl als Tante Ellen und Tante Astrid kannte? Den beiden gelang es nie, der Fuchtel des Vaters zu entkommen, weshalb sie bis zum Ende ihrer Tage im Elternhaus in der Josefines gate lebten wie die tragischen Figuren eines Ibsen-Stückes. Andere Familienmitglieder sollten sich später mit einer Mischung aus Belustigung und Staunen an die zwei erinnern, die – entweder betrunken oder auf Drogen – mit einer Nadel systematisch Maden aus Himbeeren pickten.[2]

Nach kurzen Flitterwochen in Paris kam Sofie Magdalene Dahl in Cardiff an und nahm im neuen Heim sofort die Zügel in die Hand. Harald Dahl hatte bereits zwei Kinder, Ellen und Louis, aus seiner ersten Ehe mit der Pariserin Marie. Nach Maries Tod hatte deren Mutter Ganou sich um die beiden Kinder gekümmert. Die neue Hausherrin setzte Ganou kurzerhand vor die Tür und engagierte ein norwegisches Kindermädchen namens Birgit. Französisch wurde verboten, von nun an waren im Haus nur noch Englisch und Norwegisch erlaubt.

Innerhalb von fünf Jahren brachte Sofie Magdalene Dahl

Im Ersten Weltkrieg mussten Harald und Sofie Magdalene Dahl, die beide noch norwegische Staatsbürger waren, sich als Ausländer registrieren lassen, was Harald Dahls Geschäfte jedoch nicht beeinträchtigte. 1917 kaufte er ein großes viktorianisches Landhaus bei Radyr, zu dem gut sechzig Hektar Land, ein Generator, eine Wäscherei und diverse Wirtschaftsgebäude einschließlich eines Schweinestalls gehörten. Roald Dahl dachte später wehmütig an die weiten Rasen und Terrassen zurück, an die zahlreichen Bediensteten und die umliegenden Weiden voller Pferde, den Shire Horses, an Heuwagen, Schweine, Hühner und Milchkühe. Harald Dahl war allerdings nicht gerade ein handzahmer Ehemann. Er konnte distanziert und teilnahmslos sein, manchmal geradezu kalt. Jahre später vertraute Sofie Magdalene Dahl einer Freundin ihres Sohnes, Claudia Marsh, in einem Brief an, ihr Mann sei manchmal «schwierig gewesen, wenn das Geschrei der Kleinen ihn bei der Arbeit störte».[5] Ihrer Enkelin Lou Pearl erzählte sie sogar, sie habe hin und wieder Angst vor ihm gehabt.[6]

Anfang Februar 1920 wurde bei Astri, der ältesten Tochter, eine akute Blinddarmentzündung diagnostiziert. Der Arzt

Sofie Magdalene, Harald Dahls Witwe, war damals sechsunddreißig. Doch sie war eine willensstarke Frau und wusste sich zu helfen. Obendrein hatte sie einen Hang zum Spirituellen und war überzeugt, von der Vorsehung für eine bestimmte Aufgabe auserkoren zu sein. So fügte sie sich tapfer in ihr Schicksal, zog Roald und seine Schwestern alleine groß und hatte einen maßgeblichen Einfluss auf deren Weltanschauung. Als «furchtlos und pragmatisch»[9], beschrieb ihre jüngste Tochter sie. «Unerschütterlich»[10], nannte Roald Dahl sie in Boy. Er bewunderte ihre Zähigkeit, ihre Abgeklärtheit, ihr Draufgängertum und ihre Laissez-faire-Haltung gegenüber ihrem Nachwuchs, betrachtete sie als «zweifellos wichtigsten Einfluss auf mein eigenes Leben»[11] und hob

Roald Dahls Mutter, Sofie Magdalene Hesselberg, vor der Heirat mit Roalds Vater, Harald Dahl. Roald Dahl beschrieb sie später als «zweifellos wichtigsten Einfluss auf mein eigenes Leben».

Sofie Magdalene Dahl heiratete nicht wieder. «Sie widmete sich voll und ganz den Kindern und ihrem Zuhause», erinnerte sich ihre Tochter Alfhild später und fügte hinzu, ihre Mutter «war Roald sehr ähnlich (…) ein bisschen geheimniskrämerisch, eigenbrötlerisch».[14] Bald nach Harald Dahls Tod verkaufte die Witwe den Hof in Radyr und zog mit den Kindern in die Cumberland Lodge, ein Stadthaus im

Bedauerlicherweise überstand kein einziger von Sofie Magdalene Dahls Briefen an Roald den Lauf der Zeit. Aus der Handvoll erhaltener Briefe an andere Empfänger lässt sich schließen, dass sie ähnlich klar, präzise und elegant wie der Sohn schrieb, wenngleich hier und da offensichtlich wird, dass Englisch nicht ihre Muttersprache war. Nichtsdestotrotz tritt ihre starke, pragmatische, unerschütterliche Persönlichkeit, wenn auch nur mittelbar, in den Briefen ihres Sohnes klar hervor.

Sofie Magdalene Dahl war eine bemerkenswerte Mutter. Sie war gelassen, zurückhaltend, erwartete keinerlei Anerkennung für die Opfer, die sie für ihre Familie brachte. Tatsächlich schrieb Roald Dahl erst als alter Mann zum ersten Mal explizit über sie – in Boy (1984) und Memories with Food at Gipsy House (1991). Und doch war sie von Anfang bis Ende seiner Schriftstellerlaufbahn in seinen Geschichten präsent, ob als besorgte Mutter, die sich in Nur dies (1942) verzweifelt mit ihrem Sohn, dem Bomberpiloten, identifiziert, oder als weise, unbeirrbare Großmutter in Hexen hexen (1983). Ein wesentlicher Antrieb für sein Schreiben war sie obendrein, mehr als ihr vermutlich klar war. Als kleiner Junge war Roald von ihren Geschichten aus der nordischen Mythologie sowie von ihrer schwatzhaften Liebe für menschliche Schwächen begeistert. Später wollte er sich revanchieren und sie mit

 

Die Idee, eine Auswahl dieser Briefe zu veröffentlichen, kam erstmals Anfang der Achtziger auf, als Roald Dahl gerade dabei war, seine Erinnerungen in Boy niederzuschreiben. Valerie Kettley, eine Lektorin bei Jonathan Cape, war von den Briefen hingerissen. «Ich habe jeden einzelnen dieser Jugendbriefe gelesen und zutiefst genossen», berichtete sie ihrem Vorgesetzten Tom Maschler. «Und je länger ich darüber nachdenke, desto mehr bin ich der Ansicht, es wäre schade, wenn wir sie bloß in Boy einstreuten. Sicher, amüsant wären sie schon, aber ihr wahrer Wert ginge verloren, zumal ich bezweifle, dass die jüngeren Leser dieses Buchs sie wirklich zu schätzen wüssten. Man sollte sie nacheinander lesen (eine Auswahl selbstverständlich), weil sie auf diese Art ein herrliches Bild einer in alle Richtungen wachsenden Persönlichkeit zeichnen … Hat Roald mal darüber nachgedacht?»[15]

Roald und seine große Schwester Alfhild.

Stephen Roxburgh, Dahls New Yorker Lektor, war einverstanden. Roxburgh war – abgesehen von Roald Dahl – der Erste, der die Briefe nach Sofie Magdalenes Tod sichtete und darin eine großartige Geschichte erkannte. «Ich hoffe, eines Tages lässt sich was aus diesen Briefen machen», kommentierte er. «Sie sind ein erstaunliches Archiv, das Roalds menschliche und schriftstellerische Entwicklung nachvollziehbar macht, ein lebendiges Porträt verschiedener Zeiten und Orte. Vielleicht fällt dir ja was ein, was man in Zukunft damit anstellen könnte?»[16]

In einem offenen Brief an Schulkinder, den Roald Dahl 1984 – kurz vor der Veröffentlichung von Boy – verfasste, sprach er über die Briefe aus seiner Kindheit, von denen einige in seinem neuen Buch erscheinen sollten. «Ihr werdet euch totlachen, so schlecht und falsch sind die geschrieben», informierte er seine Leser.[1] Roald Dahl stand sein ganzes Leben mit der Rechtschreibung auf Kriegsfuß – und mit dem korrekten Gebrauch von Satzzeichen. Nachdem ich diese Fehler erst stundenlang sorgfältig übertragen hatte, beschloss ich schließlich, sie zu korrigieren, wenigstens in den Briefen, die Dahl als Erwachsener verfasste. In kleinen Dosen können seine Fehlerchen zwar amüsant sein, über ein ganzes Buch hinweg werden sie jedoch eher anstrengend. Bei der Arbeit stellte ich mir vor, wie Roald mir über die Schulter blickt – ganz ähnlich wie Mr. Francis, der furchtbare Rektor von St Peter’s –, und war mir sicher, er hätte es so gewollt.

Eine Auslassung innerhalb eines Briefs bedeutet übrigens so gut wie immer eine interne Kürzung.

«Schick mir ein paar Kastanien»

1925–1929

ie Schule war alles in allem keine schöne Zeit für Roald. Im Sommer 1925 nahm Sophie Magdalene Dahl ihren Achtjährigen von der Domschule in Llandaff, nachdem der Rektor ihn brutal verprügelt hatte. Absurderweise schickte sie ihn daraufhin auf eine noch strengere Anstalt nach Somerset, jenseits des Bristol Channel. Das tat sie, so erklärte sie Roald, weil sie ihrem Mann am Sterbebett versprochen hatte, nicht nach Norwegen zurückzukehren, ehe all ihre Kinder die Erziehung eines englischen Internats genossen hatten.

Dahl beschrieb das Leben an der St Peter’s School im abgewirtschafteten Seebad Weston-super-Mare beziehungsweise Weston-super-Matsch, wie er es gern nannte, später anschaulich in seinen Kindheitsmemoiren Boy. Mit etwas Phantasie gewürzt gingen seine Erlebnisse auch in Matilda ein, seinem letzten Roman für Kinder. Trotz des Feuerwerks kreativer Übertreibungen erinnern die Dahlheim-Schule und deren furchteinflößende Rektorin Frau Knüppelkuh stark an St Peter’s und den unheimlichen Rektor Mr. Alban J. Francis, dessen Regeln die der Knüppelkuh vorwegnahmen: Keine Widerworte. Tu, was ich sage.

Das im Jahre 1900 gegründete St Peter’s befand sich in

St Peter’s in Weston-super-Mare, das Internat, das Roald Dahl im Alter von neun bis dreizehn Jahren besuchte. Um die achtzig Jungen lebten dort. Rückblickend beschrieb Dahl die Schule als «privaten Geschäftsbetrieb, mit dem der Direktor Geld verdienen wollte».

Oberschurke des Heims war dessen Rektor, der mit seinem goldumrandeten Schneidezahn wie ein Haifisch grinste und sich das Haar mit so viel Pomade an den Schädel klebte, «dass es in der Sonne glitzerte wie Butter».[3] Douglas Highton, Roalds bester Freund an der Schule, erinnerte sich

Wie Roald den jungen Lesern seiner Kindheitsmemoiren klarmachte, wurden diese «Episteln» unter strenger Aufsicht verfasst: «Wenn wir die Verpflegung schlecht fanden oder einen Lehrer nicht ausstehen konnten oder Prügelstrafe bekommen hatten, obwohl wir es gar nicht gewesen waren – niemals konnten wir darüber etwas nach Hause schreiben», erklärte er. «Eher umgekehrt! Um den bedrohlichen Herrn Direktor gnädig zu stimmen, der sich da immer über uns beugte und genau las, was wir schrieben, lobten wir seine Schule in den höchsten Tönen und krönten unser Lügengebäude mit den schmeichelhaftesten Bemerkungen über unsere hervorragenden Lehrkräfte.»[5]

In den ersten Tagen hatte Roald schreckliches Heimweh. In Boy behauptete er, vor lauter Unglück eine Blinddarmentzündung vorgetäuscht zu haben, nur um nach Cardiff zu dürfen, wo der Hausarzt den Trick allerdings rasch durchschaute und ihn zurückschickte. In den Briefen an seine Mutter ist von solchem Kummer nichts zu spüren. Auch die Prügel, von denen er später berichtete, kommen darin nicht vor. Stattdessen sind seine Erzählungen meist fröhlich und voller skurriler, lustiger Details. Von Anfang an drängt sich der Eindruck auf, Roald wolle in erster Linie unterhalten.

Mindestens einmal pro Woche schrieb er seiner Mutter, erst nach Cardiff, später nach Bexley. Viele dieser ersten Briefe erwähnen liebevoll sein fernes Zuhause, wobei Roald sich mehr um das Wohlergehen der Haustiere – Mike, Buzz,

Die Bewohner des «Duckworth Butterflies House» in St Peter’s mit Mr. Corrado, 1925. «Das waren harte Burschen, unsere Master», schreibt Roald in Boy. «Und wer das durchstehen wollte, der musste selber ganz schön hart werden.» Roald ist der Vierte von rechts in der ersten Reihe.

Schon in diesen frühen Briefen zeigt sich Roalds Freude am Erzählen. Die Begeisterung für Kuriosa aus dem Reich

Dahl thematisierte dieses Wertesystem in Matilda durch den Mund einer «schlampig aussehenden Zehnjährigen, die Hortensia hieß und einen Pickel auf der Nase hatte». Sie erlitt sämtliche Qualen, die die Schule zu bieten hatte, einschließlich der gefürchteten Strafzelle namens «Luftabschneider». Zu Matilda spricht sie «wie ein alter Krieger, der so viele Schlachten geschlagen hat, dass ihm Heldenmut ganz selbstverständlich ist».[6] Matilda begreift schnell, dass die Schule ist «wie Krieg».[7]

Hortensia wird zum Vorbild für Matilda, und sie ist es selbstverständlich auch für Roald. Sie ist eine Außenseiterin,

11. Oktober 1925

St Peter’s, Weston-super-Mare

Liebe Mama,

Enschuldigung, dass ich nicht früher geschriben hab. Wir gestern war ein Fusballspiel, und ich b gegen Clarence, und die erste Elf hat mit zwei Toren verloren, drei zu zwei, aber die zweite hat mit fümf Toren gewonnen, fümf zu null. Am Mittwoch haben wir gegen Brien House gespielt, und es ist eins beide ausgegangen.[*] Ich hoffe von euch ist keiner erkeltet. Heute ist es schön, ich geh blos in die Kirche. Ich hoffe Mike gehts besser und Buzz auch. Major Cottam liest heute abemd was vor das heißt «Wie es euch gefällt». Bitte schick

Alles Liebe

BOY

8. November 1925

St Peter’s, Weston-super-Mare

Liebe Mama,

danke für deinen Brief. Donnerstag war lustig, der Vesuv war sooo schön. Erst hat er golden gesprüht und dann silbern, und wir hatten ein großes Feuer mit einem Mann obendrauf[*], und eins von meinen schönsten Feuerwerks war auch der Schneesturm, da war alles ganz hell … einmal hab ich einen Knallfrosch gehabt und ich hab nicht gewusst, dass der gleich in meiner Hand explodiert, und ich bin ganz schön erschrocken, wir hatten hübsche Raketen, die sind dauernd hochgeflogen, ganz viele Leute haben auf der Straße hinter der Schule zugeguckt; wenn wir noch genug Feuerwerks übrig hatten, mussten wir die ins Feuer werfen, am Freitagmorgen hat das Feuer noch gebrannt. Auf dem Feld ist überall altes Feuerwerk gelegen, und wir haben auch ganz schön viel gefunden, das noch ging.

Gestern haben wir gegen Brien House gespielt, aber die haben vier zu null gewonnen, aber die hatten auch so einen großen Torwart, dem sein Kopf ging bis an die Latte und der war bestimmt schon fünfzehn, wahrscheinlich war das, weil wir letztes Mal gewonnen haben.

Alles Liebe

Boy

29. November 1925

St Peter’s, Weston-super-Mare

Liebe Mama,

… Gestern Abend haben wir was über Vogelsagen gelernt, das war schön, er hat uns erzählt, dass der Zaunkönig der König der Vögel ist, weil die Vögel wollten einen Wettkampf machen und der, der am höchsten fliegen kann, sollte der König sein, und dann haben sie angefangen, und der Adler ist immer höher und höher geflogen bis er nicht mehr weiter

Alles Liebe