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Meine Eltern sind immer auf der Seite von den Lehrerinnen, und darum bin ich gleich nach der Schule zum Herrn Kleinerz von nebenan gegangen und habe ihm alles erzählt.

Der Herr Kleinerz ist schon alt, mindestens vierzig Jahre, und darum kann er selbst keine Kinder mehr kriegen. Sie sagen, mein Vater hätte mich in die Welt gesetzt. Ich weiß nicht, wie er das gemacht hat, aber ich glaube, dass furchtbar viel dazu gehört, so was einfach zu können, und mein Vater ist zu bewundern. Wo mag ich denn nur vorher gewesen sein?

Eine Frau hat der Herr Kleinerz auch nicht mehr. Meine Mutter hat gesagt, das hätte er um die Frau wirklich nicht verdient, und sie hätte auch noch ganz zuletzt Schulden auf seinen Namen gemacht.

Ich darf immer zu ihm in den Garten, da fallen manchmal kleine Vögel aus dem Nest. Die ziehen wir dann auf und pflegen sie, aber sie sterben fast immer, weil sie eine innerliche Verletzung haben und zu ihren Eltern wollen und piepsen, bis sie tot sind. Es ist furchtbar traurig mit den kleinen Vögeln, aber wir haben jetzt eine Drossel durchgebracht.

Ich bespreche mich immer mit dem Herrn Kleinerz, mein Vater fragt ihn auch oft wegen Steuern. Der

Ich weiß wirklich nicht, wie alles gekommen ist und warum. Zuerst ist mir die richtige Elektrische fortgefahren, und dann komme ich immer zu spät in die Schule. Ich wunderte mich schon gleich auf dem Flur, als ich den Lärm in der Klasse hörte, denn es war schon zehn Minuten nach acht. In der Klasse war noch keine Lehrerin, und ich habe dann auch etwas Krach gemacht. Aber nicht viel. Nur mal eben dem fiesen Trautchen Meiser ganz wenig Kletten, die ich immer bei mir tragen muss, auf den Kopf gelegt. Denn das Trautchen verklatscht mich immer und darf nicht mit mir verkehren, weil ich mit seiner Mutter in schwerer Feindschaft lebe.

Meine Freundin, die Elli Puckbaum, hat laut gelacht, und das Trautchen hat gekreischt –, da ist das Fräulein Knoll, unsere Klassenlehrerin, reingekommen. Alles ist still geworden, dem Trautchen sein Haar hing ganz voll Kletten, und die Augen von Fräulein Knoll waren rot. Als wenn ein Messer durch meinen Bauch ging, so habe ich mich erschrocken und bin ganz heiß geworden im Gesicht und habe mich geniert, weil das

Die Nase von Fräulein Knoll war rot und geschwollen und die Stimme auch: »Kinder, etwas unendlich Trauriges ist geschehen –, unsere liebwerte Direktorin, unser allgemein so hochgeschätztes Fräulein Scherwelbein, ist gestorben.« Dann schniefte sie mal mit der Nase, so wie ich es nie bei Tisch tun darf. Und dann war alles still, und dann schleuderten ein paar Kinder ihre Arme auf das Pult und den Kopf hinterher und weinten, dass man es hörte. Vor mir das Trautchen zitterte mit den Schultern, und die Kletten in seinem Haar wippten.

»Kinder, arme Kinder«, hat das Fräulein Knoll gesagt, »fasst euch doch nur.« Und hat geschluchzt. Es war furchtbar. Ich wollte auch etwas tun und habe mich gemeldet und gefragt: »Woran ist sie denn eigentlich gestorben?« Denn ich habe wirklich oft gehört, dass man das in solchem Fall fragt und habe es nur gut gemeint. Aber da hat Fräulein Knoll gleich geantwortet, ich wäre ein rohes Kind, und in meinen Augen stünden keine Tränen. Und ich sollte nur einmal daran denken, dass ich nun nie in meinem Leben Fräulein Scherwelbein mehr sehen würde. »Kinder, euch berührt jetzt die Majestät des Todes, ihr alle werdet nie in eurem Leben Fräulein Scherwelbein noch mal wiedersehen.«

Ich hab auch an das Lappes Marjenn gedacht, das Lumpen sammelt und auch furchtbar alt ist und mit dem Kopf wackelt, und dass wir es immer beschützen, seit Hänschen Lachs die Horde der rasenden Banditen gegründet hat.

Als ich an mein Eichhörnchen dachte und dass das Lappes Marjenn nun auch vielleicht bald stirbt, hätte ich um ein Haar geweint –, aber da rief das Fräulein Knoll: »Pfui, Kind, pfui!« Und ich sollte mich schämen

Alle Kinder haben aufgehört zu weinen, alle haben mich angeguckt und schwer geatmet. Ich hatte ja meiner Mutter versprochen, dass ich den Teufel der Wut nie mehr in mich einlassen würde. Aber als sie mich alle so starr und widerlich anguckten, da ist ein ganz glühender Teufel der Wut in mich gefahren, und ich wollte es auch und habe mit den Füßen getrampelt und geschrien: »Ich schäme mich nicht, ich bin nicht traurig, ich schäme mich nicht.«

Alle Kinder dürfen jetzt in geordnetem Zug am Samstagnachmittag mit zum Begräbnis gehen, und sie müssen weiße Kleider anziehen mit schwarzen Schärpen und kriegen einen Strauß mit weißen Rosen in die Hände. Nur ich darf nicht mitgehen, weil ich im Angesicht des Todes gefrevelt habe.

In der Pause haben die Kinder nicht mit mir gesprochen. Sie taten alle furchtbar wichtig und so, als wären sie selbst gestorben. Ich bin ganz allein für mich gegangen und hab getan, als machte ich mir gar nichts draus und war starr wie aus Eis. Erst wollt ich auf dem Hof das Trautchen Meiser und das Minchen Lenz gegen die Schienbeine treten. Aber der Teufel der Wut war nicht mehr in mir, und meine Füße waren ganz müde und hatten keine Lust zum Treten. Und ich habe gedacht, dass die Elli doch auch nicht geweint hat und noch mehr Kinder nicht –, und dass die jetzt zu mir

Mir war schlecht zum Übergeben, und ich bin in den Flur raufgegangen, weil keiner sehen sollte, dass mir so schlecht war. Ich musste heimlich schleichen, denn es ist verboten, dass Kinder sich während der Pausen woanders aufhalten als im Schulhof. Noch nicht mal verstecken darf man sich, wenn keiner was mit einem zu tun haben will.

In einer dunklen Flurecke stand das Fräulein Knoll mit unserer Turnlehrerin, dem Fräulein Teigern. Und das Fräulein Knoll hat gesagt: jetzt, wo die alte Scherwelbein tot wäre, würde man sie, das verdienstvolle Fräulein Knoll, vielleicht nicht mehr halten, die Scherwelbein hätte sie gehalten. Und sie hätte noch eine Mutter zu versorgen, und was jetzt aus ihr würde? Sie hat wieder geschluchzt, da bin ich ganz froh geworden, und das Fräulein Teigern hat gesagt: Gott, es war schließlich das Beste für so ein hohes krankes Alter gewesen, und es wäre ja auch trotz allem gut, wenn mal frisches Blut reinkäme.

Am Samstagmorgen mussten wir alle in die Turnhalle. Ich musste mich in eine Ecke setzen, und die anderen Kinder haben sich paarweise aufgestellt und geübt, wie sie am Nachmittag zum Begräbnis gehen. Meine Eltern kommen auch hin, obwohl der Herr Kleinerz sie doch extra eingeladen hatte, um sie davon abzubringen. Wenn ich ihnen sage, dass ich als einziges Kind nicht mitdarf, weint meine Mutter und verliert den Glauben an mich.

Immer sollen vier Kinder in einer Reihe gehen. Aber zuletzt sind drei Kinder übrig. Da kommt das Fräulein Knoll zu mir und sagt ganz hinterlistig: sie wolle mir verzeihen –, wenn ich ernstlich bereute und vor allen Kindern verspräche, mich zu bessern, dann dürfte ich mitgehen, das Trautchen Meiser wäre bereit, mir die Hand zu reichen. Ich würde aber nie so einem fiesen Kind die Hand reichen und dann stundenlang in einer Reihe mit ihm gehen. Und das Trautchen Meiser war auch gar nicht bereit, mir die Hand zu reichen, und die beiden anderen Kinder in der letzten Reihe, an der noch ein viertes Kind fehlte, sahen ganz erschrocken aus, weil sie mit mir gehen sollten. Und das Fräulein Knoll wollte mir auch nur verzeihen, weil ihr ein Kind für die Serie fehlte, und sie wollte gar nicht richtig gut mit mir sein, keiner wollte gut mit mir sein. Da habe ich an den Herrn Kleinerz gedacht und dem Fräulein

Ich bin von zu Haus fortgegangen mit einem weißen Kleid und einer schwarzen Schärpe. Meine Tante Millie hat gesagt: »Das Kind sieht ja geradezu rührend aus.« Ich habe getan, als wenn ich zur Schule ginge, um mich da in den Begräbniszug einzuordnen. Und bin dann im Grüngürtel rumgelaufen und habe gefroren.

Ich habe von Weitem gesehen, wie meine Eltern auf der Aachener Straße vor dem Melatener Friedhof standen und auf den Zug warteten. Viele Leute waren da. Ich habe mich langsam rangeschlichen, und der Trauerzug ist gekommen. Die Pferde waren ganz schwarz, und die Töne von der Musik waren ganz langsam und schwer –, die Luft war ein trauriger Schleier, und alle Männer haben den Hut abgenommen. Mein Herz hat dumpf geklopft, ich bin immer näher an meine Eltern und an die Tante Millie rangegangen. Die Kinder sind alle vorbeigezogen mit weißen Rosen in den Händen. Viele Frauen haben geweint, und ich konnte hören, wie die Tante Millie schluchzte und sagte: »Ach, wie ergreifend – ach, was für ein wundervolles Begräbnis.« Und sie hat sich auf die Zehenspitzen gestellt. Wenn eine Hochzeit ist, macht sie es genauso.

Meine Mutter hat nur immer gesagt: »Aber wo ist denn nur das Kind?« Und sie hat meinen Mantel unterm Arm gehabt. Und hat geguckt und wollte gar

Ich habe alles gesagt –, dass ich im Angesicht des Todes gefrevelt habe und alles und habe versprochen, gut zu werden.

Am Abend ist der Herr Kleinerz gekommen und hat mir seine größte Winterbirne gebracht. Die habe ich aber nicht gegessen, sondern meiner Mutter geschenkt, und die hat sie mit mir geteilt. Ich musste auch der Tante Millie was abgeben, aber das habe ich nur meiner Mutter zuliebe getan. Denn die Tante Millie hat gesagt: ich hätte Schande über die Familie gebracht. Aber meine Mutter hat mir übers Haar gestrichen. Das hat mich etwas gewundert, denn sie ist sonst leider immer verbündet mit den Lehrerinnen und hält mit ihnen zusammen gegen mich.

Und dann habe ich ein Testament gemacht für den Fall, dass ich sterbe. Der Herr Kleinerz hat mir geholfen. Ich werde neue Kokons züchten, und die vermache ich meiner Mutter. Und ich verbiete ausdrücklich, dass Fräulein Knoll und Trautchen Meiser und Minchen Lenz bei meiner Beerdigung dabei sein dürfen.

Gestern Abend konnte ich gar nicht einschlafen, weil ich eine blutige Vergeltung für die Frau Meiser ausdenken muss, die wir die giftige Kugel nennen. Und ich bin sowieso immer so müde morgens, und dann trödle ich beim Anziehen und lasse ganz laut im Badezimmer das Wasser laufen, dass sie denken, ich wasche mich. Ich setze mich aber auf den Rand von der Badewanne, um noch etwas zu schlafen. Darum komme ich oft zu spät in die Schule. Hänschen Lachs sagt auch, es wäre ein Unrecht, Kinder in das rasende Rad der Zeit zu spannen, er weiß das aus richtigen erwachsenen Büchern. Und der Herr Kleinerz von nebenan hat zu meinem Vater gesagt, auf Arbeit stünde Lohn, er würde es seinem Direktor schon geben –, für umsonst zu arbeiten, wär er nicht jeck genug.

Aber wir Kinder müssen umsonst arbeiten und haben nie Dank davon. Nur Ärger. Minchen Lenz und Trautchen Meiser kriegen wohl manchmal Fleißkärtchen mit der Mutter Gottes drauf und dem Jesuskind. Ich habe noch nie eins bekommen. Aber ich habe auch viel lieber Abziehbildchen und chinesische Wunderblumen. Dann sitze ich mit meiner Mutter, und sie hat eine blaue samtige Bluse an. Die elektrische Birne summt wie ein Heimchen, es riecht nach warmem

Minchen Lenz und Trautchen Meiser konnten auch nicht in die Horde der rasenden Banditen aufgenommen werden, weil sie schreien, wenn man ihnen Kellerasseln in den Hals steckt –, und wir können keinen aufnehmen, der die Prüfungen nicht besteht. Denn wir müssen stark sein und kämpfen für das Gute und Edle.

Ich habe zur Prüfung ein ziemlich großes Stück von einem Regenwurm teilweise geschluckt und wieder rausgewürgt wie ein Zirkuskünstler und in dem Schrebergarten vom Kommissar einen Kürbis angeschlichen und erobert. Jetzt bin ich Rivale geworden, das ist das Zweithöchste. Das Höchste ist Hänschen Lachs, nämlich Vizekönig. Hänschen Lachs weiß das alles aus den Büchern. Nach Rivale kommt Sekretär, das ist Ottchen Weber. Dann haben wir noch Götzen und

Niemals möchte ich später General werden, denn ein General hat tausend und abertausend Soldaten – ich wüsste nicht, was ich als General mit denen von morgens bis abends anfangen sollte. Vielleicht weiß ein General es auch nicht und lässt sie darum totschießen. Herr Kleinerz hat auch gesagt, Generale wollten immer Krieg, und erst, wenn der Krieg verloren ist, wollen sie Frieden und ziehen sich zurück und züchten Rosen. Unten in unserem Haus wohnt ein General, man sieht ihn fast nie, ich kenne eigentlich von ihm nur das Holzbein. Es ist ein Bein mit einem Schuh dran und Stoff. Wenn ich morgens zur Schule gehe, steht manchmal der Bursche vom General vor der Tür und bürstet das Bein ab. Ich habe etwas Angst vor dem

In unserer Höhle hab ich auch schon mal gedacht, dass ich vielleicht lieber Fetisch wäre, aber dann würde Hänschen Lachs mich verachten, und ich könnte auch nicht in der Höhle sein und Befehle erteilen. Dabei langweile ich mich manchmal auf den kalten Steinen und friere.

Wenn die Götzen und Fetische nach dem Ausschwärmen wiederkommen, ruft Hänschen Lachs mit dumpfer Stimme: »Götzen und Fetische, neigt euch vor den Steinen unserer Felsenburg!« Und dann neigen sie sich. »Was erblickte euer scharf blickendes Auge?« fragt der Vizekönig. Und dann sagen sie es. Sie müssen das alle fünf auf einmal sagen, weil das ein griechischer Chor ist. Ich bin immer gegen den griechischen Chor gewesen, und er ist uns auch zum Verderben geworden.

Hänschen Lachs weiß das mit dem griechischen Chor von seinem Vater, denn der ist Professor und Lehrer in Griechisch. Ich liebe meinen Vater, weil er nicht Lehrer ist und sich nicht immer so lästig in die Schularbeiten von einem Kind mischt. Hänschen Lachs hat gemeint, man dürfe den Tag nicht vor dem Abend loben, und es könne mir passieren, dass mein Vater auf

Ich hätte meinem Vater gern erzählt, dass ich jetzt Rivale bin, aber wir haben dem Vizekönig einen Schwur abgelegt, alles geheim zu halten, denn sonst wird das steinerne Auge des Fo zur verzehrenden Flamme. »Das Auge des Fo« ist ein wichtiges Buch, und das steinerne Auge haben wir daraus gebildet, es ist ein echter Kieselstein, den wir mit unserem Blut geweiht haben, und wir müssen es immer bei uns tragen.

Da kamen nämlich die Götzen und Fetische an unsere Höhle geschwärmt und meldeten im griechischen Chor: »Auf der wüsten Steppe am reißenden Wasser steht ein einsames kleines Kind.« – »Java und Togo«, brüllte Hänschen Lachs, denn das ist unser Schlachtruf. Und wir rasten alle auf die Stadtwaldwiese zum Planschweiher, wo ein kleines Mädchen im weißen Kleid stand. »Java und Togo«, brüllten wir alle und umringten das Kind, weil wir es doch retten wollten. In der Höhle wollten wir ihm einen Labetrunk geben und es dann seinen Eltern bringen. Aber das blödsinnige Kind schrie furchtbar, vielleicht wegen der roten Tinte, mit der wir drei Höchsten unsere Gesichter blutig befleckt hatten.

Wenn wir nicht alle so laut geschrien hätten, würden wir es gehört haben, wie der wütende Mann kam. Jetzt müssen wir sieben Jahre lang die Schande abwaschen, weil der blutrünstige Schurke dem Vizekönig und dem Fetisch eine Ohrfeige gegeben hat. Mir auch eine. Lauter Leute kamen, und der blutrünstige Schurke schrie, wir hätten seinem armen, unschuldigen kleinen Kind was tun wollen. »Pfui über die rüde

Als wir fortgelaufen sind, ist das weiße Kind uns nachgelaufen –, es hat gar nicht mehr geweint, sondern wollte mit uns spielen. Aber mit so kleinen Kindern spielen wir nicht, die retten wir nur.

Die giftige Kugel hat am Abend alles unseren Eltern erzählt. Und vorher hat sie von einer Bank aus beobachtet, wo wir unsere Höhle hatten und uns dann an unseren furchtbarsten Feind, einen ganz gemeinen Stadtwaldwärter, verraten. Wir nennen ihn »das schleichende Aas des Waldes«, denn so ist er. Es ist auch ein guter Wärter da –, nämlich »der Herr des Dschungels«, den beschützen wir und haben auch schon mal seinen Garten umgegraben, und er hat uns Buttermilch gegeben und uns ein Kartoffelfeuer gemacht.

Also, da saßen wir drei Höchsten wieder in unserer Höhle und berieten, und die Backe vom Vizekönig war geschwollen, als hätte ihn eine Biene gestochen. In der Sommerfrische haben meine Mutter und Tante Millie zusammen mit anderen Frauen immer vor Angst wild gejauchzt, und interessant mit den Händen gewedelt, wenn nachmittags Wespen auf den Pflaumenkuchen surrten – mit langen geringelten, gefährlichen Leibern. Bienen fanden sie noch gefährlicher. Und Hummeln, die wie schnurrende,

Als wir da nun so in der Höhle saßen, rasten auf einmal die Götzen und Fetische heran und zitterten vor Aufregung. Und der Vizekönig befahl: »Neigt euch vor den Steinen unserer Felsenburg.« Und sie neigten sich und riefen im griechischen Chor, den sie doch jedes Mal vorher so lange üben müssen: »Das schleichende Aas des Waldes naht, o Herr!« Aber das schleichende Aas des Waldes nahte nicht –, bei »O Herr« war es da und stand vor unserer Höhle. Die Götzen und Fetische schwärmten sofort aus ohne Befehl, wir drei Höchsten saßen gefangen in unserer Höhle –, und Ottchen Weber, der als Dritthöchster halb draußen saß, bekam die erste Ohrfeige. Weil wir nämlich keine Höhlen bauen dürfen im Stadtwald, und weil da die Sache mit der Edeltanne ist. Aber das ist ein ganz gemeiner Verdacht, nur das Lappes Marjenn weiß Bescheid. Das sammelt Lumpen und ist ganz alt und arm mit

Die Edeltanne haben wir letzte Weihnachten abgesägt, aber eigentlich nur halb, dann ist sie von selbst umgefallen. Das Lappes Marjenn hätt sonst zur heiligen Christnacht keinen Baum gehabt. Der Baum war so groß und das Zimmer vom Lappes Marjenn so klein –, da konnten wir den Baum nicht aufstellen, sondern mussten ihn quer ins Zimmer legen. Das sah aus wie in einer Wildnis, und als wenn der Baum schliefe. Keiner hatte mehr Platz im Zimmer, auch das Lappes Marjenn nicht. Wir sind vor der offenen Tür gestanden und haben auf den Baum geguckt und »Stille Nacht, heilige Nacht …« gesungen. Das Lappes Marjenn hat ganz glücklich geschnauft und gesagt: »Leven Jott, wat jibt dat für’n schön Brennholz, wenn die Nadelen abjefallen sinn.«

Natürlich müssen wir jetzt eine neue Höhle haben, weil die giftige Kugel uns verraten hat. Dann müssen wir den Höhlenschatz bergen und an der giftigen Kugel Vergeltung üben.

Ich weiß auch schon eine neue Höhle. Nachmittags gehen wir zu dem tiefen Teich hinter der Fabrik von meinem Vater. Man muss furchtbar steile Sandwände mit spitzen Kieselsteinen drin runterrutschen. Hänschen Lachs sagt, es handle sich um einen wild