Kafka wurde in Prag geboren und beerdigt. Die Stadt gehörte damals zu Österreich-Ungarn.
Hosseini wurde in Afghanistan geboren und nahm später die US-amerikanische Staatsbürgerschaft an.
Khider wurde im Irak geboren. Inzwischen besitzt er einen deutschen Pass.
Mbue wurde in Kamerun geboren und wuchs dort auf. Die amerikanische Staatsangehörigkeit besitzt sie erst seit wenigen Jahren.
Wie alles begann
Mich hat die Begeisterung für Lesekreise vor mehr als 15 Jahren gepackt. Eine Freundin lud mich zum nächsten Treffen ihres Kreises ein. Ich hatte bereits von dem Prinzip dieser Lesegruppen gehört: Gemeinsam wählt man Bücher aus, die zunächst jeder für sich liest, bevor sie dann gemeinsam besprochen werden.
Welches Buch damals besprochen wurde, weiß ich nicht mehr. Aber an die lebendigen Gespräche erinnere ich mich noch heute. Jeder Beitrag zählte. Jede Meinung wurde toleriert. Es war spannend, gemeinsam ganz neue Aspekte zu entdecken. Und auch das Vergnügen kam nicht zu kurz.
Da der Lesekreis meiner Freundin schon eine recht stattliche Größe hatte, war für mich klar, dass ich unbedingt selbst einen Lesekreis gründen wollte. Ich sprach eine Arbeitskollegin an und schnell konnten wir weitere Mitstreiterinnen begeistern.
Seit mehr als 17 Jahren treffen wir uns nun alle sechs Wochen, um die schönsten Seiten gemeinsam zu entdecken.
So wie viele andere Lesekreise sind auch wir ständig auf der Suche nach neuen Buchtipps. Leider gab es im Netz kein Forum, in dem man sich austauschen konnte. Also habe ich mit www.Mein-Literaturkreis.de die Webseite, die ich gern gefunden hätte, selbst realisiert.
Zu diesem Lesekreis-Handbuch war es dann nur noch ein kleiner Schritt. Immer wieder wurde ich gefragt, ob es Organisationstipps und ausgewählte ausführliche Buchempfehlungen auch zum Nachschlagen gäbe. In diesem Ratgeber gebe ich nun weiter, was ich in unzähligen Gesprächen mit anderen Lesekreisen zusammentragen konnte.
Man muss keine Gruppe »bester Freunde oder Freundinnen« sein. Aber jeder Lesekreisabend ist ein geschützter Raum, in dem man sich persönlich einbringen kann. Nie werde ich einen Abend im Mai 2012 vergessen, an dem wir das Buch Der alte König in seinem Exil von Arno Geiger besprachen. Eine Lesefreundin erzählte von der zunehmenden Demenz ihrer Mutter und was es für sie bedeutet, die Persönlichkeit eines Menschen, den sie ihr Leben lang kennt, langsam verblassen zu sehen. Eine andere sprach mit leiser Wehmut von ihrem bereits verstorbenen Vater. Am Ende des Abends fragte ein Mitglied, wie wir selbst wohl eines Tages alt werden würden, und sprach die Hoffnung aus, dass es unseren Lesekreis dann immer noch geben würde. Alle waren persönlich berührt. Obwohl wir über traurige Dinge sprachen, war eine Verbundenheit im Raum, die ich kaum beschreiben kann.
Ich wünsche Ihnen viele magische Momente in Ihrem Lesekreis. Sie haben noch keinen Lesekreis? Vielleicht kann ich Sie mit diesem Ratgeber ja ermutigen, Mitglied in einer Gruppe zu werden oder selbst einen Lesekreis zu gründen. Es lohnt sich!
Kerstin Hämke
Lesen in bester Gesellschaft
Den Leser, die Leserin, stellt man sich gern als jemanden vor, der oder die allein mit seinem oder ihrem Buch und vielleicht noch einer Tasse Tee in einem Sessel versinkt. Doch immer mehr Menschen möchten ihr Leseerlebnis mit anderen teilen, sie möchten mit anderen, die das gleiche Buch gelesen haben, über ihre Lektüre sprechen.
Und so kommen weltweit an vielen Orten Menschen zusammen, die das Gespräch über gemeinsam gelesene Literatur suchen. In Frankreich diskutiert man in »Cercles Littéraires«, in Spanien trifft man sich in »Clubs de Lectura« und in Großbritannien sind »Reading Groups« schon lange populär.
Auch in den USA sind »Book Clubs« ein fester Bestandteil des kulturellen und sozialen Lebens. Wer in Deutschland in eine andere Gegend zieht und Leute kennenlernen möchte, schließt sich vielleicht einem Chor oder einem Sportverein an. In den USA schaut man sich dagegen gern nach einem »Book Club« um. Nicht zuletzt ist das gemeinsame Lesen in den USA durch die TV-Talkmasterin Oprah Winfrey und ihren »Book Club« äußerst populär geworden.
Doch auch hierzulande werden Lesekreise immer beliebter. Es gibt mehr Lesekreise, als Sie vielleicht denken: Geschätzte 700.000 Leser und Leserinnen treffen sich in Deutschland, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz zum Reden über Bücher. Tendenz steigend.
Wenn Sie bereits Mitglied in einem Lesekreis sind, führen Sie eine lange Tradition weiter: Bereits im 18. Jahrhundert gab es in Deutschland die sogenannten Lesegesellschaften, in denen man die damals noch sehr teuren Bücher gemeinsam las und diskutierte. Später entstanden die literarischen Salons nach französischem Vorbild, erst an den aufgeklärten Höfen, bald darauf auch in den Bürgerhäusern. Zur Goethe-Zeit gab es etwa die Zirkel der Anna Amalia von Sachsen-Weimar-Eisenach und der Johanna von Schopenhauer, berühmt waren auch die Salons von Rahel Varnhagen und Henriette Herz in Berlin. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg ist die Tradition, in guter Gesellschaft zu lesen, ein wenig eingeschlafen. Um dann in den Achtziger- und Neunzigerjahren wieder aufzuwachen.
Was genau kann man sich unter einem Lesekreis vorstellen?
Ein Lesekreis, manche sprechen auch von Literaturkreis oder Leseklub, kommt zustande, sobald sich einige Menschen verabreden, bestimmte Bücher zu lesen und bei regelmäßigen Treffen darüber zu diskutieren. Der genaue Ablauf ist von Kreis zu Kreis ganz verschieden. Die meisten suchen sich gemeinsam Bücher aus, die anschließend jeder für sich liest. Bei regelmäßigen Treffen wird dann in der Gruppe über die Lektüre gesprochen – manchmal anhand vorher erarbeiteter Leitfragen.
Dies ist dann eine Art »Literarisches Quartett« im privaten Rahmen; allerdings mit dem entscheidenden Unterschied, dass es nicht darum geht, sich selbst in Szene zu setzen, sondern darum, die eigenen Leseeindrücke mit denen anderer Leserinnen und Leser zu vergleichen. Oder Themen des Buches auf die eigene Lebenswirklichkeit zu projizieren.
Natürlich braucht man dazu nicht unbedingt einen institutionalisierten Klub. Über aktuelle Bestseller oder Bücher, die von einer Buchhändlerin oder in den Kultursendungen im Fernsehen empfohlen werden, kann man sich mit etwas Glück auch bei einer Party unterhalten. Doch jemanden zu finden, der gerade Irmgard Keuns Das kunstseidene Mädchen gelesen hat oder sich aktuell intensiv mit den frühen Romantikern befasst, dürfte deutlich schwieriger sein.
Die meisten Lesekreise treffen sich im privaten Wohnzimmer – oft reihum wechselnd. Aber das Interesse an der Diskussion einer Lektüre wird auch öffentlich ausgelebt. Dies lässt sich an den vielen neuen Zirkeln ablesen, wie sie etwa von Volkshochschulen, Kirchengemeinden, Stadtbüchereien, Buchhandlungen und Literaturhäusern angeboten werden.
Auch digitale Medien und soziale Netzwerke spielen eine zunehmende Rolle. Es gibt inzwischen Gruppen, die sich online über die gelesene Lektüre austauschen – auch wenn früher oder später der Vorschlag kommt, sich doch einmal persönlich zu treffen.
Eine bestimmte literarische Präferenz ist dabei in den Gruppen nicht erkennbar. Es ist erstaunlich, wie unterschiedlich die Literatur ausgewählt wird. Manche spezialisieren sich auf die Klassiker und begeben sich monatelang auf die »Suche nach der verlorenen Zeit«. Andere nehmen sich eine bestimmte Epoche oder ein literarisches Thema vor. Wieder andere orientieren sich an Neuerscheinungen und Bestsellern. Die meisten machen es mal so und mal so.
Man sollte nicht unterschätzen, wie intensiv in Lesekreisen diskutiert wird. Da geht es nicht um Kriterien wie »gefällt mir, gefällt mir nicht«, sondern um sehr viel anspruchsvollere Fragen: Wie ist der Spannungsbogen aufgebaut? Wie werden die Charaktere ausgestaltet? Welche Querbezüge zu anderen Werken gibt es? Sind biografische Züge erkennbar? Wie sieht das historische Umfeld aus?
Dabei können – und dürfen – die Meinungen zum Buch durchaus unterschiedlich sein. Der Autor Hans Magnus Enzensberger hat dies einmal so zusammengefasst: »Wenn zehn Leute einen literarischen Text lesen, kommt es zu zehn verschiedenen Lektüren. Das weiß doch jeder. In den Akt des Lesens gehen zahllos viele Faktoren ein, die vollkommen unkontrollierbar sind: die soziale und psychische Geschichte des Lesers, seine Erwartungen und Interessen, seine augenblickliche Verfassung, die Situation, in der er liest […]«
Und das Schönste im Lesekreis: Sie genießen jedes Buch doppelt. Zuerst bei der eigenen Lektüre und dann noch einmal im Austausch in der Gruppe.
Wer suchet, der findet – oder gründet
Was ist schöner als eine gute Geschichte? Eine Geschichte, die man mit jemandem teilen kann! Am besten natürlich mit einer Gruppe von Freundinnen und Freunden, die sie ebenfalls gelesen haben und gern ihre Ansichten austauschen. Und genau dafür gibt es Lesekreise. Sie möchten sich einer Gruppe anschließen – oder sogar selbst einen Lesekreis gründen? Dann helfen Ihnen sicher die folgenden Tipps zum Finden und Gründen.
Auch wenn Ihnen spontan niemand einfällt, der in einem Lesekreis mitmacht: Inzwischen gibt es rund 70.000 Kreise in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Wahrscheinlichkeit, den passenden Zirkel zu finden, ist also viel größer, als Sie vielleicht denken. Fragen Sie im Freundes- oder Kollegenkreis, ob sie Literaturzirkel kennen. Wenn niemand selbst Mitglied sein sollte – um ein, zwei Ecken kennt man bestimmt jemanden.
Buchhandlungen, öffentliche Bibliotheken und die örtliche Volkshochschule sind ebenfalls gute Ausgangspunkte. Die Mitarbeiter dort stehen sicher im Kontakt mit dem einen oder anderen Lesekreis oder haben sogar selbst einen ins Leben gerufen. Auch bei Kirchengemeinden und Bildungsstätten lohnt sich eine Anfrage.
Manche Lesekreise haben eine eigene Webseite. Geben Sie Ihren Ort oder die nächstgrößere Stadt und die Bezeichnung »Literaturkreis« oder »Lesekreis« in eine Suchmaschine im Internet ein und lassen Sie sich überraschen.
Fast ein wenig altmodisch geworden, aber oft sehr wirkungsvoll: ein kleines Inserat in Ihrer Zeitung oder Ihrem Stadtmagazin. Wenn sich kein Kreis findet, der noch Mitglieder sucht, melden sich vielleicht genug Interessierte, um einen eigenen Kreis zu gründen!
Sie haben keinen Lesekreis gefunden, der zu Ihren Vorstellungen passt? Dann gründen Sie einfach selbst einen! Hier finden Sie die wichtigsten Informationen für Gründerinnen und Gründer.
Je nachdem, wie groß und persönlich Ihr Lesekreis sein soll, gibt es verschiedene Möglichkeiten, nach Interessenten zu suchen: Sie könnten zunächst dort suchen, wo man auch nach bestehenden Kreisen Ausschau halten kann – allerdings mit anderem Fokus:
Fragen Sie in Ihrem Bekannten- oder Kollegenkreis nach.
Hat Ihre Firma ein Schwarzes Brett? Dann können Sie es dort mit einem Aufruf versuchen.
Erkundigen Sie sich bei Lesekreisen in Ihrer Nähe, ob diese Anfragen von interessierten Leserinnen und Lesern erhalten haben.
Fragen Sie in Ihrer Bibliothek oder Buchhandlung nach. Die Mitarbeiter kennen ihre Nutzer und Kunden oft gut und wissen, wer interessiert sein könnte. Oder Sie nutzen diese von Lesern oft frequentierten Orte für einen Aushang.
Schalten Sie ein Inserat in den Kleinanzeigen Ihrer lokalen Zeitung.
Wenn Sie erst einmal drei, vier Literaturliebhaberinnen und Mitstreiter gefunden haben, können Sie den Kreis leicht erweitern, indem jeder noch einen Freund oder Bekannten, eine Nachbarin oder Arbeitskollegin mitbringt. Bei literarischen Veranstaltungen wie Lesungen oder Buchvorstellungen treffen Sie sicher noch mehr Gleichgesinnte.
Fragen Sie alle, die interessiert sind, welche Bücher sie kürzlich gelesen haben. Es müssen nicht Ihre Lieblingsbücher sein; der Buchgeschmack darf – und für eine lebendige Diskussion sollte er sogar – variieren. Natürlich sollten die Vorlieben und Vorstellungen aber nicht unvereinbar sein.
Stellen Sie durch Nachfrage sicher, dass die zukünftigen Mitglieder echte Bücherwürmer sind. Finden sie ausreichend Zeit zum Lesen? Wie viele Bücher werden momentan pro Monat oder Jahr gelesen? Wichtig ist auch: Das zukünftige Mitglied muss bereit sein, an den Treffen regelmäßig teilzunehmen und das jeweilige Buch fertig zu lesen.
Sobald Sie genug Mitstreiterinnen und Mitstreiter gefunden haben, organisieren Sie ein erstes Treffen, bei dem sich alle kennenlernen können. Hier sollten Sie schon die wichtigsten Details Ihrer zukünftigen Treffen und der zu lesenden Bücher gemeinsam besprechen. Am besten bringen Sie einige Vorschläge (idealerweise zusammen mit dem jeweiligen Buch) mit, damit Sie sich gleich für einen ersten Titel entscheiden können.
Die Gruppe sollte mindestens vier, bei Treffen in einem privaten Rahmen höchstens zehn Mitglieder haben. Bewährt haben sich acht bis zehn Personen, da es erfahrungsgemäß bei jedem Termin ein bis zwei Personen gibt, die verhindert sind.
Bei einem offenen Kreis, der sich an einem öffentlichen Ort, zum Beispiel in einem Restaurant oder in einer Bücherei, trifft, kann der Kreis der Interessierten ruhig doppelt so groß wie die Zahl der regelmäßigen Teilnehmenden sein. Anders als im privaten Kreis fühlen sich die Anwesenden bei öffentlichen Treffen weniger stark verpflichtet, zu jedem Treffen zu kommen und jedes Buch bis zum Ende gelesen zu haben.
Zuerst entscheiden Sie, in welchen Abständen Sie sich treffen wollen. Brauchen Sie sechs Wochen für das Lesen des Buches oder reichen allen Mitgliedern vier?
Am einfachsten ist es, einen regelmäßigen Termin fest zu vereinbaren, etwa an jedem ersten Mittwoch im Monat. Dann brauchen Sie das Thema nicht bei jedem Treffen erneut anzusprechen. Ansonsten legen Sie jeweils die Termine für die nächsten zwei oder drei Zusammenkünfte fest oder Sie einigen sich immer am Ende des Treffens auf das Datum des nächsten Wiedersehens.
Überlegen Sie, ob Sie dem Kreis eine Sommerpause gönnen wollen; Sie können die zusätzliche Zeit und Muße ja für ein besonders umfangreiches oder anspruchsvolles Buch nutzen!
Alle Mitglieder, die bei der Terminfindung nicht anwesend waren, sollten Sie umgehend informieren.
Übrigens: Es gehört sich, rechtzeitig abzusagen, wenn man an einem Treffen nicht teilnehmen kann. Dies ist insbesondere dann wichtig, wenn die Treffen bei einem der Mitglieder zu Hause stattfinden und der Gastgeber etwas zu essen vorbereiten wird.
Für die Diskussion des Buches sollten – je nach Gruppengröße und Vorbereitung – eine bis eineinhalb Stunden eingeplant werden; für die Auswahl des folgenden Buches, Termins und eventuell Ortes weitere 30 Minuten. Berücksichtigen Sie auch die Zeit für private Gespräche und überlegen Sie gemeinsam, ob Sie diesen vor oder nach der Diskussion Raum geben möchten. Die Erfahrung zeigt, dass in vielen Gruppen eine disziplinierte Diskussion erst nach dem persönlichen Austausch möglich ist.
Übrigens: Bei Treffen im privaten Rahmen brauchen Sie für private Gespräche erfahrungsgemäß mehr Zeit; bei Kreisen, deren Mitglieder sich gut kennen, muss sogar darauf geachtet werden, dass das Buch nicht zu kurz kommt.
Die meisten Gruppen treffen sich an einem Wochentag von Montag bis Donnerstag. Der Freitag gehört für viele bereits zum Wochenende, das für die Familie vorgesehen ist. Je nach zeitlicher Flexibilität der einzelnen Mitglieder und der Verfügbarkeit des Raumes kann das Treffen vormittags, nachmittags oder abends stattfinden.
Der Treffpunkt hängt insbesondere davon ab, ob es sich um eine öffentliche oder eher private Gruppe handelt. Öffentlich organisierte Kreise finden in der Regel immer am selben Ort statt, bei privaten Gruppen hat es sich bewährt, sich reihum in den Wohnzimmern oder Wohnküchen der Mitglieder zu treffen.
Entscheidend ist eine Atmosphäre, in der sich alle wohlfühlen. Wer möchte, kann zur Gestaltung des Treffens Anknüpfungspunkte aus der Lektüre nutzen, zum Beispiel mit Musik, Speisen, Getränken oder einer Dekoration, die an das gerade ausgesuchte Buch anknüpft.
Führen Sie eine Liste, in der Sie für jedes Treffen Termin und Ort sowie den Autor und Titel des diskutierten Buches notieren. In ein paar Jahren werden Sie überrascht sein, wie viele Bücher Sie schon gelesen und diskutiert haben! Eine Beispielseite für ein solches Lesejournal haben wir auf unserer Homepage (siehe Anhang-Kapitel »Lesejournal zur Vorbereitung der Diskussion«) für Sie bereitgestellt. Sie können es ausdrucken und speziell für Ihren Lesekreis ausfüllen. |
Vor allem für die privat organisierten Lesekreise hat das Essen eine wichtige Bedeutung. In den USA gibt es sogar Rezeptbücher speziell für Lesekreise, die Anregungen für das passende Menü zum gelesenen Buch bieten.
Gruppen, die sich bei einem der Mitglieder zu Hause treffen, verbinden die Treffen oft mit einem gemeinsamen Essen. Das muss nicht aufwendig sein; nachmittags reichen Kaffee und Kuchen, abends ein Glas Wein und ein Käseteller. Sprechen Sie das Thema auf jeden Fall an, damit sich niemand dazu gedrängt fühlt, ein Drei-Gänge-Menü zu zaubern. Sollten Sie etwas anbieten wollen, ist es übrigens eine gute Idee, das Essen zeitlich von der Buchdiskussion zu trennen.
Für einen ganz besonderen kulinarischen Abend können Sie ein Abendessen wählen, das das Buch thematisch begleitet. Entweder passen Sie das Gericht und die Getränke an die Region an, in der die Geschichte spielt, oder Sie lassen sich von Gerichten, die im Buch beschrieben werden, inspirieren. Findet das Treffen in einem öffentlichen Raum (Bibliothek, Buchhandlung, Gemeindehaus der Kirche etc.) statt, sollten zumindest Getränke zur Verfügung stehen. Wechseln Sie sich bei der Organisation ab oder bitten Sie die Gruppe um einen kleinen finanziellen Beitrag. Dieser kann dann auch Kosten für Porto oder Kopien abdecken. Sammeln Sie das Geld im Januar für alle geplanten Treffen im Jahr ein, dann müssen Sie das Thema nicht bei jedem Treffen erneut ansprechen. |
Eine Person, die die Diskussion leitet, kann helfen, das Gespräch über das Buch in Gang zu bringen, Themen zu strukturieren, weiterführende Fragen zu stellen und Anregungen zu geben. Sie kann hilfreiche Hintergrundinformationen zum Buch, etwa Autorenporträts, Interviews und Pressestimmen zusammenstellen. Bei Gruppen, in denen oft wenige die Diskussion dominieren, kann die Moderation dafür sorgen, dass auch andere zu Wort kommen.
Diese Funktion kann ein Mitglied der Gruppe – eventuell sogar der Gründer oder die Gründerin – übernehmen oder ein Profi, der dann aber meist eine Aufwandsentschädigung erwartet. Es kann auch interessant sein, diese Rolle reihum von einem anderen Mitglied ausfüllen zu lassen.
In vielen Lesekreisen hat es sich bewährt, einen festen Ansprechpartner für alle organisatorischen Fragen zu haben. Erstellen Sie dazu eine Kontaktliste mit allen Telefonnummern und E-Mail-Adressen.
Für die wichtigen Themen Buchauswahl und Vorbereitung sowie Diskussion gibt es jeweils separate Tipps und Informationen in diesem Buch. Diese finden Sie in den folgenden Kapiteln.
Wenn Sie sich mit den Interessierten das erste Mal treffen, stehen das Kennenlernen und die Organisation im Mittelpunkt. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde sollten Sie Ihre Vorstellungen zu Zeit und Ort besprechen. Verständigen Sie sich auf Bücher und Themen, über die Sie gern diskutieren würden, und entscheiden Sie, welches Buch Sie bis zum nächsten Treffen lesen wollen.
Damit jeder weiß, was von ihm erwartet wird, sollten Sie Funktionen und Aufgaben klären: Wer ist Gastgeber? Gibt es eine Moderation oder eine Diskussionsleitung? Wer sorgt für die Getränke? Sollen die Bücher gemeinsam für alle besorgt werden oder kümmert sich jeder selbst um sein Exemplar?
Im Buch gibt es eine Checkliste für das erste Treffen Ihres neu gegründeten Lesekreises. Diese finden Sie am Ende des Buches. Einfach kopieren, dann haben Sie eine Übersicht aller Themen, die beim ersten Mal zu klären sind. |
So finden Sie den richtigen Lesestoff
Im Lesekreis spielt das Buch die Hauptrolle. Doch wie findet man unter den vielen Tausenden Titeln die, die bei allen Beteiligten auf Interesse stoßen? Hier einige Tipps, die Ihnen die Auswahl und Entscheidungsfindung erleichtern.
Es gibt verschiedene Modelle: Manche Gruppen einigen sich bei jedem Treffen auf das jeweils nächste Buch. Andere legen im Dezember oder am Anfang des Jahres gleich mehrere Bücher fest, manchmal sogar für das gesamte Jahr. Das macht es allerdings schwerer, spontan auf interessante Neuerscheinungen oder aktuelle Themen zu reagieren. Ein guter Kompromiss wäre daher, jeweils die nächsten zwei oder drei Titel festzulegen. So haben alle die Möglichkeit, die Bücher in Ruhe zu kaufen – oder sich schenken zu lassen – und Informationen über den Text zusammenzustellen.
In den meisten Lesekreisen kann jeder Bücher vorschlagen, das interessanteste wird dann gemeinsam ausgewählt (oder gleich mehrere Titel für die nächsten Treffen). Manchmal liegt das Vorschlagsrecht aber auch beim Gastgeber oder bei der Gastgeberin des nächsten Treffens. Auf jeden Fall sollte man die Bücher, die man vorschlagen möchte, zum Treffen mitbringen – so kann jeder einmal hineinblättern und sich selbst einen Einblick verschaffen. Vielleicht der einfachste Weg: reihum abwechseln. Wer mit dem Vorschlag dran ist, stellt drei Bücher vor und die Gruppe entscheidet sich dann für eines davon.
Es ist übrigens kein Fehler, ein Buch vorzuschlagen, das Sie bereits gelesen haben. So können Sie sicher sein, dass es den Vorlieben ihrer Gruppe entgegenkommt, und bei der Vorstellung entsprechende Argumente einstreuen.
Führen Sie eine Wunschliste, in der Sie interessante Titel, Empfehlungen oder Ideen für zukünftige Bücher sammeln. Auf diese können Sie dann jederzeit zurückgreifen. |
Fragen Sie andere Lesekreise nach ihren Favoriten.
Erkundigen Sie sich in Ihrer Bibliothek oder Buchhandlung.
Bestsellerlisten zeigen die meistverkauften Bücher – die sich jedoch nicht immer für eine Diskussion eignen.
Aktuelle Neuerscheinungen werden oft in Literatursendungen im Fernsehen oder Radio vorgestellt. Sendungen, in denen Bücher diskutiert werden, finden Sie auf S. 79.
Wichtige Literaturpreise geben Anregungen für zukünftige Lektüren.
In Tages- oder Wochenzeitungen oder auf Literaturseiten im Internet finden sich Rezensionen.
Und natürlich finden Sie auf unserer Webseite www.Mein-Literaturkreis.de zahlreiche Buchempfehlungen, von erfahrenen Lesekreismitgliedern testgelesen.
Genre: Sprechen Sie ab, ob das Interesse der Gruppe eher bei Romanen oder Sachbüchern liegt und ob ein Genre – zum Beispiel Krimi, Science-Fiction, Gedichte, Biografien – bevorzugt werden soll. Aber selbst wenn Ihr Kreis auf ein Genre abonniert ist, kann es inspirierend sein, auch einmal ein ganz anderes Buch zu lesen: die Biografie der Autorin oder des Autors, ein Sachbuch zu den historischen Hintergründen, einen Roman, der dieselbe Geschichte aus einem anderen Blickwinkel darstellt, eine Graphic Novel, die einen Roman zeichnerisch umsetzt … Sie könnten auch in zehn Treffen jeweils ein Buch aus einem Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts lesen oder den Debütroman eines Autors oder einer Autorin mit dem neuesten Werk vergleichen.
Ausstattung: Aktuelle Bestseller sind bei Erscheinen oft nur als teure gebundene Ausgabe verfügbar. Setzen Sie das Buch auf Ihre Wunschliste und lesen Sie es, wenn es als preiswerteres Taschenbuch in die Buchhandlungen kommt. Das kommt übrigens besonders jenen entgegen, die gern Anmerkungen und Notizen im Buch machen.
Gedrucktes Buch, Hörbuch oder E-Book? Selbst lesen oder sich das Buch als Hörbuch vorlesen lassen? Papier oder Bildschirm? Eine Glaubensfrage, die jeder für sich individuell entscheiden muss.
Ein Hörbuch ist eine gute Idee, wenn man viel unterwegs ist. Allerdings können gute Stellen nicht markiert werden und sind später deshalb schwer wiederzufinden. Zudem ist es meist teurer als das gedruckte Buch. Achtung: Viele Hörbücher werden leider nur in einer gekürzten Fassung angeboten und Sie verpassen dadurch vielleicht die besten Stellen! Achten Sie auf die Beschreibung und werden Sie stutzig, wenn das Buch 300 Seiten umfasst, das Hörbuch aber nur aus zwei CDs besteht.
E-Book-Reader ermöglichen es, viele Bücher zu speichern – und das bei minimalem Platzbedarf. Der Text kann markiert werden. Zudem ist das digitale Buch meist etwas preiswerter als eines aus Papier. Inzwischen werden verschiedene Geräte angeboten und die Buchhandlungen ermöglichen das Herunterladen von Büchern. Für welches man sich letztendlich entscheidet, hängt insbesondere davon ab, ob man das Gerät nur zum Lesen von Büchern nutzen wird oder ob zusätzlich ein Internetzugang notwendig ist. Oft können Klassiker zum Nulltarif heruntergeladen werden, wenn die Urheberrechte abgelaufen, das Werk also gemeinfrei ist. Dies ist in Deutschland 70 Jahre nach dem Tod des Autors der Fall.
Ob Sie Ihr Buch kaufen, leihen oder tauschen wollen, hängt unter anderem davon ab, wie viel Geld Sie für dieses Hobby ausgeben möchten. Für manche ist es einfach ein angenehmeres Gefühl, in einem neuen Buch zu lesen, und viele wollen ein gelesenes Buch behalten, als Erinnerung oder für ein späteres Wiederlesen.
Wer Bücher vor Ort kauft, unterstützt seine lokale Buchhandlung – und damit die kulturelle Vielfalt seiner Stadt. Dort können Sie fast jedes Buch bereits zum nächsten Werktag bestellen – auch ganz bequem per Telefon und immer häufiger auch online. Oder Sie nutzen eine der Online-Buchhandlungen. Einige davon bieten den Kauf gebrauchter Bücher an. Umgekehrt können Sie Ihre gelesenen Bücher dort auch zum Verkauf anbieten.
Wenn sich Ihre Gruppe bereits mehrere Monate im Voraus auf zu lesende Bücher einigt, kann ein Mitglied den Lesestoff für alle bestellen und beim nächsten Treffen verteilen. Einen Mengenrabatt gibt es aber zumindest bei deutschen Büchern nicht – wegen der Buchpreisbindung können die Händler keine Ausnahmen machen.
Wenn Ihnen der Besitz eines Buches weniger wichtig ist, können Sie es auch in einer Bibliothek ausleihen. Besonders nachgefragte Titel sollten Sie allerdings vorbestellen.
Als Alternative zum persönlichen Besuch einer Bibliothek bietet sich seit 2007 die Onleihe an: eine digitale Ausleihplattform der Bibliotheken. Sie können digitale Medien über die Webseite Ihrer teilnehmenden Bibliothek suchen, eventuell vormerken, ausleihen, auf einen E-Reader, Smartphone, Computer oder Tablet herunterladen und dort lesen. Selbst bei der Rückgabe muss die Bibliothek nicht besucht werden – nach der Ausleihzeit wird das Buch automatisch gelöscht. Über 3.000 Bibliotheken sind bereits dabei.
Aktuelle Titel erhalten Sie sicher auch in Ihrem Bekanntenkreis. Oder Sie sprechen eine befreundete Lesegruppe an, die das Buch bereits gelesen hat. Vielleicht sind deren Mitglieder zu einer Ausleihe oder einem Tausch bereit. Und womöglich ergibt sich sogar eine lesekreisübergreifende Gesprächsrunde.
Noch eine Quelle für Literaturbegeisterte, die sich gern überraschen lassen: In einigen Städten gibt es inzwischen Bücherschränke auf öffentlichen Plätzen. Viele nutzen sie regelmäßig, um jeweils ein Buch mitzunehmen und ein anderes, bereits gelesenes, zurückzustellen.
Bei der Lektüre für den Lesekreis ist die Länge des Buches ein wichtiges Auswahlkriterium: Es gibt viele Gruppen, die grundsätzlich eine maximale Seitenzahl – meist 300 bis 350 Seiten – vorgeben. Da die meisten noch weitere Bücher lesen, darf das vorgeschlagene Buch nicht zu dick sein.
Allerdings verpassen Sie dann gute, aber dicke Bücher wie Buddenbrooks von Thomas Mann, Der Distelfink von Donna Tartt oder Tolstois Anna Karenina.
Einige Kreise sind bereit, ein langes Buch zu lesen, legen die Lektüre dann aber gern in die Sommerpause, wenn sich der Lesekreis nicht trifft oder mehr Zeit für das Lesen vorhanden ist. Oder Sie wählen bewusst ein ganz dünnes Buch für einen Termin aus und haben dann mehr Lesezeit bis zum übernächsten Treffen.
Es macht durchaus einen Unterschied, ob ein Buch privat oder für den Lesekreis gelesen wird. Bei der privaten Lektüre ist die Länge eines Buches besonders dann nicht so wichtig, wenn es ein gutes Buch ist – wenn Inhalt und Stil überzeugen.
Übrigens: Wenn Sie ein gutes Argument für die Diskussion eines langen Buches brauchen, hier der Hinweis von Ruth Leukam, der Leiterin des Lesekreises vom Bildungswerk Rebland: »Hans Falladas Roman Jeder stirbt für sich allein konnte ich mit der Begründung durchsetzen, dass der Autor nur vier Wochen brauchte, um das Buch zu schreiben – und dann können wir es ebenso in vier Wochen lesen.«
So kommen Sie ins Gespräch
»Jeder liest ein Stück für sich, dann reden wir gemeinsam darüber.« Das klingt zunächst ganz einfach. Aber wie oft dreht sich eine Diskussion im Kreis: Manche kommen nicht auf den Punkt, andere erst gar nicht zu Wort. Hier einige Hinweise zu einer guten Diskussionskultur in Ihrem Lesekreis.
Viele Gruppen werden moderiert. Die Moderation strukturiert das Gespräch und stellt sicher, dass sich jedes Mitglied beteiligen kann. Manchmal sind die Moderierenden auch für die Organisation der Treffen zuständig und setzen Termine fest, verschicken Einladungen und kümmern sich um die Räumlichkeiten.
Bei öffentlichen Gruppen, die sich in Kirchen, Bildungsstätten, Bibliotheken oder Buchhandlungen treffen, ist die Rolle der Diskussionsleitung oft von vornherein festgelegt. Aber auch bei privat organisierten Gruppen hat sich eine Moderation bewährt. Manche Gruppen organisieren sich sogar eine Moderatorin oder einen Moderator mit Erfahrung in der Diskussionsleitung (von Lesekreisen) oder großem Literaturwissen; hier muss jedoch der Kostenfaktor berücksichtigt werden.
Ausführliche Hinweise und Tipps zur Moderation von Lesekreisen finden Sie im nächsten Kapitel.
Einigen reicht die bewusste Lektüre eines Buches als Vorbereitung auf das Lesekreistreffen. Man fühlt sich jedoch bei der späteren Diskussion sicherer – und diese ist auch strukturierter –, wenn man sich bereits während des Lesens die wichtigsten Themen und Textstellen auf einen Zettel oder eine Karteikarte notiert; Letztere lässt sich auch gut als Lesezeichen verwenden.
Viele Lesekreise legen jedoch Wert auf eine detaillierte Vorbereitung. Sie ergänzen ihre Diskussion um weitere Informationen zum Buch und seiner Entstehungsgeschichte. Wenn abwechselnd ein Mitglied diese hilfreiche Zusatzarbeit übernimmt, haben – ohne viel Aufwand – alle etwas davon.
Nützliche Zusatzmaterialien sind – je nach betriebenem Aufwand – eine Biografie des Autors oder der Autorin, Interviews, Informationen zur Entstehung des Buches, Leitfragen für die Diskussion, ausgewählte Pressestimmen sowie weiterführende Literatur zu Themen, die im Buch angesprochen werden. Interessant ist für viele auch, welche Bücher der Autor oder die Autorin noch geschrieben hat und ob das Buch verfilmt wurde.
Das Zusatzmaterial sollten Sie auf jeden Fall aufbewahren. Vielleicht lesen Sie in einigen Jahren ein weiteres Buch desselben Autors, derselben Autorin, oder können es an einen befreundeten Lesekreis weiterreichen!
Sie können die Diskussion beginnen, indem die Moderatorin oder derjenige, der das Buch vorgeschlagen hatte, den Inhalt und die Hauptthemen kurz zusammenfasst. Danach können alle ihre persönliche Meinung äußern. Dies sollte idealerweise reihum geschehen, damit jeder drankommt.
Manche Lesekreise nehmen eine Bewertung der gelesenen Bücher vor. Dies könnte gleich am Anfang des Treffens, noch vor dem Start der Diskussion, sinnvoll sein. So ist die eigene Bewertung noch nicht von der Meinung der anderen Gruppenmitglieder beeinflusst. Interessant ist es, der eigenen Einschätzung (es kann eine Schulnote, aber auch eine andere Einheit wie Sterne sein) eine Gesamtbewertung des Lesekreises gegenüberzustellen.
Gerät die Diskussion ins Stocken, kann es helfen, wenn man die Perspektive der Interpretation wechselt. So kann man den Schwerpunkt von formalen Fragen auf biografische Aspekte des Buches verlagern. Oder man betrachtet einen Roman ganz bewusst aus der Zeit seiner Entstehung heraus.
Für den Einstieg in die Diskussion oder um Pausen in der Diskussion zu überbrücken, haben sich allgemeine Diskussionsfragen bewährt, die zu fast jedem Buch passen. Eine Liste mit allgemeinen Fragen zu Themen wie Handlung, Figuren, Beziehungen, Erzählweise und Stil, Autor oder Autorin, Wirkung, Buchgestaltung finden Sie im Anhang im Kapitel »Lesejournal zur Vorbereitung der Diskussion«. |
Die einen möchten sich erst einmal eine Meinung bilden, andere stellen gern spontan eine Aussage in den Raum, manchmal auch, um Widerspruch zu provozieren. Das belebt die Diskussion natürlich, aber Sie sollten darauf achten, dass einzelne Mitglieder die Runde nicht dominieren. Fragen, die reihum beantwortet werden, sind eine Möglichkeit, auch zurückhaltenden Mitgliedern die Chance zu geben, etwas zu sagen – wenn sie es möchten.
Grundsätzlich gilt: Es gibt nur unterschiedliche Meinungen, keine richtige oder falsche Interpretation eines Buches. Wir bringen alle unsere persönlichen Erfahrungen beim Lesen und Diskutieren ein. Jede Meinung ist wichtig und richtig, solange sie respektvoll ausgedrückt wird. Wenn es bei der Diskussion aber doch einmal heiß hergeht, machen Sie sich keine Gedanken: Dies ist ein Zeichen dafür, dass sich alle engagieren!
Die Diskussion des Buches ist der wichtigste Teil Ihres Lesekreis-Treffens. Umso unbefriedigender ist es deshalb, wenn ein Mitglied immer die Diskussion dominiert und andere wenig sagen. Hier einige Tipps:
Den »Redeschwall« unterbrechen, indem man die anderen Mitglieder fragt, was sie über ein Thema denken.
Eine Moderation einführen; eine Rolle, die bei jedem Treffen von einem anderen Mitglied übernommen werden kann.
Die Redezeit pro Mitglied auf eine bestimmte Länge beschränken.
Wenn das Problem länger besteht, kann man die betreffende Person darauf ansprechen. Dies sollte zunächst privat, das heißt nicht vor der Gruppe, geschehen.
Für ein oder zwei Treffen einen Moderator oder eine Moderatorin einladen – vielleicht hat ja ein Profi Erfahrung im Umgang mit solchen Situationen.
Eine kurze Liste von allgemeinen Regeln aufstellen. Darin lassen sich dann auch andere Themen und mögliche Probleme wie Unpünktlichkeit oder häufiges Fehlen ansprechen.
Bevor alle nach Hause gehen, stellen Sie sicher, dass Ort und Termin des nächsten Treffens bekannt sind und das zu lesende Buch festgelegt wurde. E-Mails oder eine eigene Gruppe auf WhatsApp sind eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit, diese Informationen kurz nach dem Treffen für alle – insbesondere auch für die Mitglieder, die verhindert waren – zusammenzufassen. Zusätzlich empfiehlt es sich, einige Tage vor dem nächsten Treffen eine Erinnerung zu verschicken.
Christof Gramm ist Mitgründer eines Lesekreises für Paare in Bad Honnef. Der Kreis trifft sich viermal im Jahr. Er besteht aus sieben Paaren und wurde 2012 ins Leben gerufen. Dort werden in erster Linie Klassiker gelesen, etwa Goethe, Flaubert, Roth, Bulgakow, Camus, Tolstoi – Bücher, die man allein nicht unbedingt lesen würde. Fast alle weiblichen Mitglieder sind seit vielen Jahren Mitglied in reinen Frauen-Lesekreisen. Christof Gramm ist Gründer eines (Männer-)Debattierklubs und Autor des Buches Argumentieren – So behalten Sie in Diskussionen die Oberhand.