Über das Buch
Hurra, wir kaufen ein Haus?
Immobilien gelten als solide Wertanlage und seit Corona hat sich die Nachfrage nach
eigenen vier Wänden weiter verstärkt. Die Zinsen sind niedrig, die Preise regional
sehr unterschiedlich. Und in den Kreditverträgen der Banken wird das Kleingedruckte
immer komplexer. Um die Tücken des Hauskaufs zu durchschauen, braucht es Sachverstand.
Dieses Buch hilft, diesen zu entwickeln: bei der Einschätzung des Kaufpreises und
der Risiken, bei der Strukturierung des Kaufvertrags und bei der Finanzierung. Gerd
Kommer versetzt seine Leserinnen und Leser in die Lage, auf Augenhöhe mit Verkäufern,
Maklern und Banken zu sprechen, um das beste Ergebnis zu erzielen.
»Dies ist das mit Abstand beste Buch zur Finanzierung der eigenen vier Wände, das
ich gelesen habe. Wer dieses Buch liest und seine Ratschläge beherzigt, wird mit Sicherheit
eine Menge Geld sparen und vor allem unnötige Risiken vermeiden. Wer glaubt, dass
er das Buch nicht braucht, ist selbst schuld.«
Dr. Rainer Zitelmann, Immobilieninvestor, Gründer der Beratungsgesellschaft Dr. ZitelmannPB.
GmbH
Kurt Tucholskys Gedicht »Das Ideal« (1927)
Das Ideal
Ja, das möchste:
Eine Villa im Grünen mit großer Terrasse,
vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße;
mit schöner Aussicht, ländlich mondän,
vom Badezimmer ist die Zugspitze zu sehn –
aber abends zum Kino hast dus nicht weit.
Das ganze schlicht, voller Bescheidenheit:
Neun Zimmer – nein, doch lieber zehn!
Ein Dachgarten, wo die Eichen drauf stehn,
Radio, Zentralheizung, Vakuum,
eine Dienerschaft, gut gezogen und stumm,
eine süße Frau voller Rasse und Verve –
(und eine fürs Wochenend, zur Reserve) –
eine Bibliothek und drumherum
Einsamkeit und Hummelgesumm …
Ja, das möchste!
Aber, wie das so ist hienieden:
manchmal scheints so, als sei es beschieden
nur pöapö, das irdische Glück.
Immer fehlt dir irgendein Stück …
Kurt Tucholsky,
deutscher Journalist und Schriftsteller (1890–1935)
Einleitung
1Grundsätzliche Überlegungen
1.1.Historische Preissteigerungen von Wohnimmobilien (1970 bis 2020)
1.2.Entwicklungen, welche die künftige Rendite von Eigenheimen in Deutschland beeinflussen
1.3.»Wie viel Eigenheim« kann ich mir leisten?
1.4.Wie spare ich heute, wenn ich in ein paar Jahren ein Eigenheim kaufen möchte?
1.5.Eine neue oder eine gebrauchte Immobilie?
1.6.Wie beurteile ich, ob ein Kaufobjekt günstig oder teuer ist?
1.7.Flexibilität in die Finanzierungsstruktur einbauen
1Ihre Eigenheimfinanzierung – wesentliche Bausteine und Konzepte
2.1.Wie viel Eigenkapital einbringen?
2.2.Finanzielle Unterstützung von Eltern oder Großeltern
2.3.Eigenleistungen (die »Muskelhypothek«)
2.4.Nebenkosten von Kauf und Verkauf
2.5.Zwischenfinanzierungszinsen und Bereitstellungsprovisionen
2.6.Laufende Nebenkosten: Instandhaltung und andere
2.7.Ansatzpunkte für Einsparungen beim Immobilienerwerb
2.8.Die monatliche Belastung berechnen
2.9.Historische Immobilienkreditzinssätze seit 1970
2.10.Die beste Zinsbindungsdauer
2.11.Die richtige Tilgungsdauer und der passende Tilgungsmodus
2.12.Sondertilgungen und Vorfälligkeitsentschädigungen
2.13.Die wichtigsten Kreditformen und Fördermittel
2.14.Kreditangebote richtig vergleichen – der Effektivzins und andere Kriterien
2.15.Clever verhandeln bei Kreditprolongation und Umschuldung
2.16.Wann darf die Bank, wann darf der Kreditnehmer das Darlehen kündigen?
3Risiken, die mit Eigenheimerwerb und -besitz einhergehen
1Eigenheim und Versicherungen
5Die konkrete Umsetzung Ihres Finanzierungsvorhabens
5.1.Wo und wie kann ich mich bei der Kreditfinanzierung beraten lassen?
5.2.Wo und wie besorge ich mir den günstigsten Kredit?
5.3.Der Kaufvertrag und der Prozess des Kaufvertragsabschlusses
5.4.Checkliste: Unterlagen für die Bank
5.5.Finanzierungsrechner im Internet
5.6.Ein Eigenheim finanzieren und gleichzeitig Vermögensanlagen tätigen?
1Spezialfälle und Spezialfragen
6.1.Rechtliche Besonderheiten bei Eigentumswohnungen (Miteigentum, Teileigentum, Sondereigentum)
6.2.Zum Eigenheim über ein Erbbaurecht
6.3.Ein denkmalgeschütztes Eigenheim und seine Steuervorteile
6.4.Nießbrauchrecht und Eigenheim
6.5.Ihre vorhandene Immobilie verkaufen
6.6.Eigenheimverrentung: »Umkehrhypotheken« für Ruheständler
6.7.Wie sinnvoll sind Vermietungsimmobilien für private Haushalte?
1Eigenheim und Steuern
8Die 20 teuersten Fehler bei Eigenheimkauf und -finanzierung
9Zusammenfassung oder: Was heißt das alles für Sie?
10Anhang
10.1.Verzeichnis aller Infoboxen
10.2.Literatur und Quellen
10.3.Nützliche Webseiten
10.4.Glossar
10.5.Register
Über den Autor
Gerd Kommer
Immobilienkauf und
-finanzierung für Selbstnutzer
Geld sparen und Fehler vermeiden
beim Kauf der eigenen vier Wände
Campus Verlag
Frankfurt/New York
Das vorliegende Buch richtet sich an private Haushalte, die ein Eigenheim, hier definiert als Wohnung, Reihenhaus, Doppelhaushälfte oder frei stehendes Haus zur Selbstnutzung, kaufen wollen und die planen, für diesen Kauf eine Kreditfinanzierung aufzunehmen. Es richtet sich ferner an Eigenheimbesitzer, die in absehbarer Zeit eine Anschlussfinanzierung oder Umfinanzierung ihrer bereits vorhandenen selbst genutzten Immobilie planen, z. B. weil die Zinsbindung ihres bestehenden Kredits bald auslaufen wird oder weil der Eigenheimbesitzer mit der Bank generell unzufrieden ist.
Ein Eigenheimkauf und dessen Finanzierung hat mit Zahlen zu tun. Beginnen wir deshalb mit ein klein wenig Statistik, die den volkswirtschaftlichen Hintergrund für Wohnen in Deutschland bildet:
43% (17,5 Millionen) aller deutschen Haushalte leben in ihrem Eigenheim. Von den übrigen 57% (22,5 Millionen) Mieterhaushalten wollen, je nach Umfrage, der man Glauben schenken möchte, zwischen 55% und 80% kurz- oder langfristig ebenfalls Eigenheimbesitzer werden.
Seit 2010 ist der »neue deutsche Immobilienboom« mit historisch weit überdurchschnittlichen Wertsteigerungen im Gange – nach vorher drei mageren Jahrzehnten. Von Anfang 1981 bis Ende 2009 (29 Jahre) hatten deutsche Wohnimmobilien bundesweit peu à peu inflationsbereinigt 30% ihres Werts verloren. In den elf Jahren von 2010 bis 2020 stieg der inflationsbereinigte Wert der durchschnittlichen deutschen Wohnimmobilie (von dem sehr niedrigen, preisgünstigen Niveau Ende 2009) um 71%, in den Großstädten tendenziell mehr, auf dem flachen Land weniger. Dieser Boom führte nach 2012 auch zu einer deutlichen Erhöhung bei Baugenehmigungen und Baufertigstellungen. Die Coronakrise, die Ende 2019 einsetzte, schien die Nachfrage nach Eigenheimen eher noch zu verstärken, da die Institution des Homeoffice im Zug der Pandemie einen zuvor kaum erwarteten Schub erlebte.
Im Juli 2021, als diese Zeilen geschrieben wurden, lag das Niveau bei den Immobilienkreditzinsen mit rund 1,0% p.a. für zehnjährige Zinsbindungen nahe seinem historischen Tiefpunkt während der vergangenen 50 Jahre. Dieser Zinsrückgang hat den Preisanstieg in den meisten Regionen Deutschlands mehr als ausgeglichen.
Warnungen vor einem Platzen der »Blase« bei den Preisen von Wohnimmobilien vor allem in den populären Großstädten und mittleren Städten waren in den letzten Jahren vielfach zu hören und wohl nicht ganz unberechtigt. Ob, wann und in welcher Form es zu einem solchen Platzen, also Preisrückgang, kommt, kann niemand seriös vorhersagen. Dass die Preise in den nächsten Jahren nicht mehr annähernd so stark steigen können wie von 2010 bis 2020, kann hingegen als gesichert gelten. Immobilienblasen können schockartig über einen kurzen Zeitraum von zwei bis drei Jahren platzen, wie das in vielen Ländern von 2007 bis 2011 der Fall war (beispielsweise in den USA, Großbritannien, Irland, Spanien, Portugal und vielen osteuropäischen Staaten), oder in Zeitlupe, wie beispielsweise in Japan von 1991 bis 2009 über 19 Jahre oder Frankreich von 1910 bis 1948 über 39 Jahre. Die Preisbewegungen in einzelnen Städten oder Mikrolagen und besonders für ein Einzelobjekt können sowohl nach oben als auch nach unten deutlich stärker sein als auf Landesniveau.
Da der Erwerb eines Eigenheims im Leben vieler Haushalte die größte einzelne Anschaffung darstellt, kombiniert mit der generellen Komplexität des Themas und dem derzeit hohen allgemeinen Immobilienpreisniveau, sind Sachverstand und Vorsicht beim Käufer besonders wichtig.
Immobilienkauf und -finanzierung für Selbstnutzer wird Ihnen helfen, diesen Sachverstand zu entwickeln und anzuwenden: bei der Einschätzung des Kaufpreises einer Wohnimmobilie, bei der Strukturierung des Kaufvertrags und bei der bankseitigen Finanzierung. Sie werden lernen, clever und auf Augenhöhe mit Verkäufern, Maklern und Kreditinstituten zu verhandeln, um für Sie selbst und Ihre Familie das beste Ergebnis herauszuholen.
Welches sind aus unserer Sicht die besonderen Stärken dieses Buchs?
Fokussierung: Im Unterschied zu vielen anderen Finanzierungsratgebern beschränke ich mich in diesem Buch auf Eigenheime (Wohnungen, Häuser) und klammere Vermietungsobjekte aus. Für deren Erwerb, Finanzierung und Verwaltung gelten vielfach andere Regeln. Sich mit diesen als Eigenheimkäufer in ein und demselben Buch auseinandersetzen zu müssen, wäre Zeitvergeudung und unnötig komplizierter Ballast.1
Neutralität: Der Autor unterliegt keinem Interessenkonflikt, wie das leider für die Verfasser der Mehrheit von Immobilienratgeberbüchern gilt, die direkt oder indirekt Geld mit Immobilienverkauf oder -finanzierung verdienen und hierbei zudem noch mit Provisionen und Kommissionen arbeiten. Interessenkonflikte machen Objektivität und Neutralität unwahrscheinlich.
Realismus: Andere Ratgeberbücher sind vielfach von einer naiven »Hurra-ich-kauf-mir-ein-Eigenheim«-Euphorie oder »Ich liebe Immobilien« durchdrungen und damit einfach zu unkritisch. Dieses nicht. Ich sehe die wirtschaftlichen und nicht wirtschaftlichen Vorzüge, die Eigenheimbesitz bringt, blende aber die Schwierigkeiten und Risiken bei Erwerb, Finanzierung und Besitz nicht aus.
Dualer Ansatz: Durch das ganze Buch hindurch sage ich nicht nur »wie man es machen muss«, sondern auch »wie man es nicht machen soll«. In Kapitel 8 befasse ich mich speziell mit den »20 teuersten Fehlern bei Eigenheimkauf und -finanzierung«.
Die 1. Auflage dieses Buchs erschien im Februar 2017. Die vorliegende 2. Auflage wurde vollständig überarbeitet, aktualisiert und an mehreren Stellen erweitert.
Am Ende dieser Einleitung noch eine Offenlegung zum Autor: Ich bin Gesellschafter und Geschäftsführer der Gerd Kommer Invest GmbH (GKI) und der Gerd Kommer Capital GmbH (GKC). Die GKI ist ein Honorarberater- und ein Vermögensverwaltungsunternehmen für vermögende Privatkunden, die GKC ein digitaler Vermögensverwalter («Robo Advisor«). Bei GKI zählt zum Leistungsspektrum auch Beratung zu Immobilienfinanzierungen. Beide Unternehmen haben ihren Sitz in München.
Bevor wir nun mit Kapitel 1 beginnen, noch fünf kurze Lesehinweise:
Viele Abschnitte dieses Buchs enthalten eine »Infobox« – eine kurze Erläuterung eines Fachbegriffs oder interessanten Konzepts im Kontext von Immobilienbesitz und -finanzierung. Die meisten, aber nicht alle Infoboxen haben einen direkten inhaltlichen Bezug zu dem Abschnitt, in dem sie sich befinden. Ein Verzeichnis aller Infoboxen befindet sich im Anhang.
Gelegentlich sind im laufenden Text Begriffe mit einem Pfeil (→) vor dem jeweiligen Fachterminus hervorgehoben. Diese Fachwörter werden im Glossar am Ende des Buchs erläutert.
Innerhalb des Buchs werden Sie viele Querverweise zwischen den einzelnen Abschnitten finden. Theoretisch hätte man auf die meisten von ihnen verzichten können. Ich habe sie dennoch eingebaut, weil ich glaube, dass sie für jene Leser hilfreich sind, die auch die Begründung und die Zusammenhänge mit anderen Sachverhalten bestimmter Argumente nachvollziehen sowie das große Ganze sehen wollen. Leser, die nur ein grundsätzliches Verständnis anstreben und denen es primär um die Schlussfolgerungen geht oder die Zeit sparen wollen, mögen die Querverweise einfach ignorieren.
Dieses Buch enthält viele Angaben zu historischen Wertsteigerungen und Renditen von Immobilien und anderen Investments. Die dabei jeweils gemachten Zeitraumangaben in Jahren schließen stets das erste Jahr mit ein, was beim erstmaligen Lesen vielleicht etwas ungewohnt erscheint. Beispiel: Die Zeitraumangabe »2001 bis 2020« umfasst 20 Jahre, nämlich vom 1.1.2001 bis 31.12.2020.
Wenn in diesem Buch auf sprachliche Femina-Formen von Substantiven wie »der Kreditnehmer«, »der Kunde«, »der Eigentümer« und auf Gendersternchen verzichtet wird, hat dies natürlich rein leseökonomische Gründe. Weibliche Akteure sind in allen Fällen ebenfalls gemeint. In den im Buch enthaltenen »Minifallstudien« kommen Männer und Frauen gleich häufig vor.
»Ich kenne keinen anderen Weg, die Zukunft zu beurteilen,
als auf der Basis der Vergangenheit.«
(Patrick Henry, 1736–1799, einer der Gründungsväter [Founding Fathers]
der Vereinigten Staaten von Amerika, Unabhängigkeitskämpfer,
Gouverneur von Virginia)
Die meisten Haushalte erwerben eine selbst genutzte Immobilie (ein Eigenheim2) aus zwei Motiven heraus: als Lebensstilentscheidung und aus finanziellen Gründen. Bei genauer Überlegung sind die Lebensstilentscheidung und das ökonomische Motiv wie zwei Seiten einer Medaille. Sie lassen sich nicht wirklich trennen.
In Umfragen dominieren bei einer Mehrheit der befragten Eigenheimaspiranten allerdings ökonomische Motive die Lifestyle-Motive. Zu diesen wirtschaftlichen Motiven gehören Überlegungen wie »Immobilien sind eine gute Altersvorsorge«, »mietfrei wohnen im Alter«, »Schutz vor Mietvertragskündigungen«, »Schutz vor Inflation«. Das deutet darauf hin, dass die manchmal gehörte Aussage, der Eigenheimkauf sei für die Mehrheit der Bundesbürger beinahe ausschließlich eine emotionale oder Lebensstilentscheidung und kaum eine wirtschaftliche Erwägung, so nicht stimmt.
Der gängigen Meinung zufolge sind Wohnimmobilien »solide« und »rentable« Anlagen. Oft ist in diesem Zusammenhang die Rede von »Betongold«, »Sachwerten« und »Sicherheit«. Diese Sichtweise wird auch in den allermeisten Finanzratgeberbüchern zu Wohnimmobilien propagiert. Der Untertitel eines 2015 erschienenen Ratgeberbuchs zu Vermietungsimmobilien von Michael Peter lautet: »Warum Immobilien so phänomenal lukrativ sind.« Leider ist die Realität so einfach und rosig nicht.
In diesem Abschnitt werfen wir einen kurzen Blick auf Immobilienrenditen in der Vergangenheit. Das soll Ihnen einen realistischen Anhaltspunkt dafür geben, welche Renditen in der langfristigen Zukunft zu erwarten sind. Die Rendite eines Eigenheims kann man – vereinfacht betrachtet – so ermitteln:
Rendite = Wertsteigerung + eingesparte Miete – Instandhaltungskosten
Darüber hinaus muss man die Nebenkosten des Kaufens und Verkaufens (Transaktionskosten) während der Halteperiode berücksichtigen. Die so ermittelte Rendite ist die → »Objektrendite«. Sie ist bei einem zu 100% aus Eigenkapital finanzierten Eigenheim identisch mit der sogenannten → »Eigenkapitalrendite«.
Nimmt der Eigentümer einen Kredit auf – was ja die Regel ist –, ermittelt man die Eigenkapitalrendite nach Abzug des Kapitaldienstes (Zins und Tilgung). In diesem Fall kann eine wirklich korrekte Renditeberechnung auf Eigenkapitalebene letztlich nur im Wege der Kalkulation des → Internen Zinsfußes erfolgen, typischerweise mithilfe eines Tabellenkalkulationsprogramms wie Microsoft Excel. Wie dies geschieht, wird in meinem Buch Kaufen oder Mieten? (2021) näher beschrieben. (In der Schweiz wäre die Renditeberechnung eines Eigenheims wegen der dort vorhandenen sogenannten Eigenmietwertbesteuerung komplizierter.)
Wer aussagekräftige historische Daten über die Gesamtrenditen von Wohnimmobilien sucht, wird schnell feststellen, dass solche Daten – anders als bei Aktien und anderen börsennotierten → Assetklassen – ausgesprochen schwer zu finden sind. Diejenigen Daten, die man findet, reichen oft nur kurze Zeit zurück, sind nicht vertrauenswürdig oder weisen andere Mängel und Fragezeichen auf.
Reine Preis- oder Wertsteigerungsdatenreihen zu Wohnimmobilien, die hinreichend lange zurückreichen, sind hingegen vergleichsweise leicht zu finden. Tabelle 1 präsentiert die inflationsbereinigten Wertsteigerungen von Wohnimmobilien in einigen Ländern seit 1970.
Zeitraum |
Deutschland |
Österreich |
Schweiz |
Ø 13 Länder [2] |
Reale (inflationsbereinigte) Wertsteigerung |
||||
1970 bis 2020 (51 Jahre) |
0,6% p.a. |
n.v. [1] |
1,3% p.a. |
1,5% p.a. |
1970 bis 1980 (11 J.) |
1,2% p.a. |
n.v. |
0,6% p.a. |
2,3% p.a. |
1981 bis 1990 (10 J.) |
–0,8% p.a. |
n.v. |
1,7% p.a. |
1,6% p.a. |
1991 bis 2000 (10 J.) |
–1,1% p.a. |
0,4% p.a. |
–2,3% p.a. |
0,3% p.a. |
2001 bis 2010 (10 J.) |
–1,4% p.a. |
0,5% p.a. |
3,1% p.a. |
1,1% p.a. |
2011 bis 2020 (10 J.) |
5,3% p.a. |
3,9% p.a. |
3,4% p.a. |
2,1% p.a. |
Risiko: Maximaler kumulativer Wertverlust [3] |
||||
1970 bis 2020 (51 Jahre) |
–30% (2009) |
–26% (2004) |
–24% (2000) |
–36% (—) |
Die inflationsbereinigten (realen) Wertsteigerungen für die drei deutschsprachigen Länder und für den Durchschnitt von 13 westlichen Ländern von 1970 bis 2020 (51 Jahre) sowie der maximale kumulative Wertrückgang in diesem Zeitraum
► Preissteigerungen in lokaler Währung. ► Ohne Nebenkosten von Kauf und Verkauf. ► Datenquelle: Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ, Basel). ► [1] Für Österreich liegen Hauspreisdaten erst ab 1987 vor. ► [2] Der bevölkerungsgewichtete Durchschnitt aus den 13 Ländern Deutschland, Österreich, Schweiz, Niederlande, Frankreich, Italien, Großbritannien, Irland, Schweden, USA, Australien, Japan und Südafrika. ► [3] Der maximale kumulative, reale Wertrückgang während dieser 51 Jahre und das Kalenderjahr, in dem er erreicht wurde.
Die langfristigen Wertsteigerungsraten in Tabelle 1 dürften niedriger sein, als mancher Leser vermutet hätte. Das hat vermutlich drei Gründe: (a) Hier werden reale Wertsteigerungen nach Abzug der Inflation dargestellt, weil diese aussagekräftiger sind als nominale Daten inklusive Inflation. Die Banken- und Immobilienbranche präsentiert uns leider üblicherweise nur nominale Daten, da diese aus einer Marketingperspektive einen »besseren Eindruck« machen. (b) Privatanleger überschätzen gewohnheitsmäßig historische und in die Zukunft gerichtete Wertsteigerungs- und Renditedaten in praktisch allen Assetklassen, also beispielsweise bei Immobilien, bei Aktien, bei Edelmetallen und bei aus diesen Assetklassen abgeleiteten Finanzprodukten wie etwa kapitalbildenden Lebensversicherungen. (c) In diesen Preissteigerungsdaten sind keine Nettomietrenditen enthalten, sprich Bruttomietrenditen abzüglich Instandhaltungskosten und Versicherungskosten. Transaktionskosten für Kaufen und Verkaufen sowie der Effekt einer möglichen Kreditfinanzierung (es wird mithin eine 100%-Eigenkapitalfinanzierung unterstellt) sind ebenfalls nicht berücksichtigt.
Auch das Wertverlustpotenzial von Wohnimmobilien, das in der untersten Zeile von Tabelle 1 dargestellt ist, wird oft unterschätzt. In Deutschland lag der durchschnittliche Wohnimmobilienpreis Ende 2009 um 30% unter seinem vorherigen Höchstwert von 1981 (29 Jahre zuvor). Der durchschnittliche maximale kumulative Wertverlust in diesen 13 Ländern während der ausgewerteten 51 Jahre betrug 36%. Zu glauben, dass solche Wertverluste nur in kleineren Städten, auf dem Land oder nur in schlechten Lagen großer Städte vorkommen, wäre naiv. Von Ende 1991 bis Anfang 2007 fiel der durchschnittliche Wohnimmobilienpreis in München real um 40%. Noch gravierendere Rückgänge, vielfach innerhalb von drei Jahren, traten um 2006 bis 2010 in einer Reihe westlicher Metropolen auf, darunter San Franzisco oder London.
Wer sich eingehender mit den Gesamtrenditen (nicht nur reinen Preissteigerungen wie in Tabelle 1) von Wohnimmobilien, insbesondere unter einem »Kaufen-oder-mieten«-Blickwinkel und unter Berücksichtigung des → Kredithebeleffekts, befassen möchte, den verweise ich auf mein Buch Kaufen oder Mieten?, das in der 3., vollständig überarbeiteten Auflage im August 2021 erschien.
Fazit
Die historischen Wertsteigerungsraten von Wohnimmobilien in Deutschland und anderen Ländern sind vermutlich deutlich niedriger, als viele von uns annehmen, und das Wertverlustpotenzial ist höher. Die Wertsteigerungen von Wohnimmobilien in den deutschsprachigen Ländern während der vergangenen rund zehn Jahre waren weit überdurchschnittlich und haben deswegen zu inzwischen hohen Bewertungen geführt. Diese hohen Wertsteigerungen werden sich im kommenden Jahrzehnt so vermutlich nicht wiederholen.
Der Erwerb eines Eigenheims ist für die meisten Haushalte sowohl eine Lebensstilentscheidung als auch eine Entscheidung zur Vermögensanlage bzw. Altersvorsorge. Soweit ein spezifischer Eigenheimkauf ausschließlich oder vorwiegend eine Lebensstilentscheidung ist, ist der Renditeaspekt zweitrangig, aber wohl selten irrelevant.
»Die Studie sagt voraus, dass der Immobilienmarkt in Deutschland ab 2025 vor problematischen Zeiten steht, da dann erstmals aus demografischen Gründen die Wohnflächennachfrage mit zunehmender Dynamik zu schrumpfen droht.«
(Der Ökonom und Mathematiker Dr. Andreas Beck über seine Untersuchung zur langfristigen Entwicklung des Wohnimmobilienmarktes in Deutschland)
Die Frage, welche Faktoren die Preisentwicklung von Wohnimmobilien in der Zukunft bestimmen, ist auch unter Experten umstritten. Eine nicht überschaubare Zahl makroökonomischer und immobilienwirtschaftlicher Größen wird irgendwo, irgendwann von irgendjemandem als mitursächlich für die Entwicklung der Wohnimmobilienpreise angeführt und untersucht. Eine kleine Auswahl:
Das aktuelle Bewertungsniveau von Immobilien, die Entwicklung der nominalen oder realen Kreditzinsen, der Mieten, der Inflationsrate, der Haushaltseinkommen, spekulativer Erwartungen der Marktteilnehmer (Optimismus, Pessimismus), Preistrends in der unmittelbaren Vergangenheit, des Wirtschaftswachstums, des Bevölkerungswachstums, der Zahl der Haushalte, der Wohnflächennachfrage, der Bevölkerungsdichte, der Verstädterung, der Baugenehmigungen, der Baulandpreise, der Bautätigkeit, der Baukosten, der Immobilienbesteuerung, die Kreditpolitik der Banken, kulturelle Faktoren – die Liste scheint endlos.
Als ob die Situation nicht schon verwirrend genug wäre, wird dann noch unterschieden zwischen lokalen, regionalen und nationalen sowie zwischen kurz- und langfristigen Preisentwicklungen. Einigkeit unter Fachleuten über die entscheidenden Ursachen für Preisentwicklungen auf dem Immobilienmarkt, die es ermöglichen würden, belastbare Prognosen zur kurz-, mittel- oder langfristigen Entwicklung von Immobilienpreisen abzugeben? Fehlanzeige.
Vor diesem ernüchternden Hintergrund nachfolgend einige Hinweise auf strukturelle Faktoren, die in den kommenden fünf bis zehn Jahren marktmäßige Eigenheimrenditen beeinflussen könnten. Manche dieser Faktoren sind Ihnen, lieber Leser, sicherlich ohnehin klar, andere Faktoren vielleicht weniger. Zu berücksichtigen ist, dass diese Zusammenstellung den Informationsstand Mitte 2021 repräsentiert. Ich beziehe mich nachfolgend explizit nur auf Deutschland, denke aber, dass die meisten hier vorgebrachten Argumente auch auf Österreich und die Schweiz zutreffen.
Um Missverständnisse zu vermeiden: Niemand kann die kurz- und mittelfristige Entwicklung von Immobilienpreisen zuverlässig prognostizieren, und wer das behauptet, ist meines Erachtens ein Scharlatan. Prognosen, die sich im Nachhinein als richtig herausstellten, waren mit großer Wahrscheinlichkeit einfach Glückstreffer, was sich aber natürlich nicht beweisen lässt. Was sich eher beweisen lässt, ist, dass diesen eine viel größere Zahl von Fehlprognosen gegenübersteht.
(a) Faktoren, welche die künftige Eigenheimrendite (Preise und Mieten) nach unten beeinflussen könnten
Das aktuell (Mitte 2021) hohe bis sehr hohe Preis- und Bewertungsniveau in den Großstädten in Deutschland und in gesuchten Mikrolagen auch außerhalb dieser Großstädte. Aufgrund dieses hohen Niveaus ist real (inflationsbereinigt) und sogar nominal ein Rückgang der Preise oder eine langjährige Stagnation – eine »Seitwärtsbewegung« – relativ wahrscheinlich. Wann entweder Rückgang oder langjährige Seitwärtsbewegung einsetzen, kann jedoch nicht seriös prognostiziert werden.
Aufgrund der Coronakrise wird in den größeren Städten möglicherweise nennenswert Nutzfläche in Bürogebäuden und im Einzelhandel frei, von der ein Teil in den nächsten zehn Jahren peu à peu kostengünstig in Wohnflächen umgewandelt wird.
Ein möglicher Anstieg des allgemeinen Zinsniveaus. Ein Zinsanstieg kann auch jene Immobilien wertmäßig beeinträchtigen, die für die nächsten zehn bis 15 Jahre noch mit einer niedrigen Zinsbindung finanziert sind, denn das Marktpreisniveau für Immobilien könnte durch einen Zinsanstieg insgesamt sinken.
Das seit 2008 deutlich erhöhte Niveau der jährlichen Baugenehmigungen und Baufertigstellungen. Die immer wieder und nahezu immer ohne harte Zahlen belegte angebliche »Wohnungsnot« in Deutschland wird dadurch beseitigt, wenn sie denn je existiert hat.
Die wohl auch in Zukunft anhaltende Zunahme der Baukosten und Instandhaltungskosten durch fortgesetzte Verschärfungen staatlicher Auflagen im Bereich Energetik und Umweltschutz, Brandschutz, Gesundheitsschutz, Behindertenschutz.
Die zunehmende Verschärfung der allgemeinen Mieterschutzgesetzgebung und der bereits existierenden partiellen Mietpreisregulierung: Mietpreisbremse, Mietendeckel usw. (Dies hat tendenziell den gleichen negativen Einfluss auf die Preise vermieteter und selbst genutzter Wohnimmobilien.)
Eine weitere Verschärfung der Besteuerung von Wohnimmobilienbesitz, beispielsweise durch eine nochmalige Erhöhung der Grunderwerbsteuer oder der Grundsteuer: Aus wissenschaftlicher Perspektive wissen wir, dass solche Erhöhungen deutlich negative Auswirkungen auf Hauspreise haben (Kötter u. a. 2021). Die Einführung einer nennenswerten Vermögensteuer in Deutschland würde die Preise deutscher Immobilien vermutlich stärker beeinträchtigen als die Preise von Kapitalmarktanlagen, da Letztere von den Verhältnissen am Weltmarkt bestimmt werden.
Infobox: Die Auswirkung der Verbreitung von Elektromobilität auf bestimmte Grundstückspreise
Vielleicht wird die zunehmende Verbreitung von Elektroautos und Elektrozweirädern (ggf. auch die Verbreitung von Wasserstoffmotoren) in den nächsten ein, zwei Jahrzehnten denjenigen Eigenheimbesitzern einen »Windfall-Profit« (einen unerwarteten Gewinn) bescheren, deren Grundstück an einer lauten Straße liegt. Wenn nämlich der Lärm, den Verbrennungsmotoren verursachen, im Laufe der Jahre allmählich abnimmt, könnte der Wohnwert dieser Grundstücke überproportional steigen. Damit würde ihr vorheriger Preisnachteil relativ zu Grundstücken, die nicht oder weniger von diesen Nachteilen betroffen waren, schrumpfen.
Möglicherweise in den nächsten Jahren nur schwach wachsende Haushaltseinkommen aufgrund des beschränkten fiskalischen Spielraums des Staates (hohe Staatsverschuldung bei schon hohem Besteuerungsniveau); hinzu kommt der negative Einfluss der Coronapandemie auf die Haushaltseinkommen.
Mögliche Bankenkrise: Käme es zu einer solchen in Deutschland oder Europa, könnte die Kreditgewährung der Banken zurückgehen und die Kreditkosten (Margenaufschlag über dem allgemeinen Zinsniveau) könnten deutlich steigen.
Mehrere für die Wohnraumnachfrage ungünstige demografische Trends: stagnierendes Bevölkerungswachstum, Beginn der Stagnation der Zahl oder sogar Rückgang der Zahl der Haushalte in den nächsten fünf bis 15 Jahren (Just 2011, Pomogajko/Voigtländer 2012), möglicher Rückgang der Wohnflächennachfrage ab 2025 (Beck 2007).
Strukturelle Umkehr des Verstädterungstrends in den letzten rund 15 Jahren aus vielerlei, zum Teil schon genannten Gründen. Auch die Coronaerfahrung und die auf dem Land faktisch weniger »spürbaren« Lockdown-Maßnahmen könnten hierzu beitragen.
(b) Faktoren, welche die künftige Eigenheimrendite (Preise und Mieten) nach oben beeinflussen könnten
Das derzeit (Mitte 2021) immer noch historisch außerordentlich niedrige Zinsniveau.
Die Wahrnehmung in der Bevölkerung, Immobilien seien anderen Anlageformen hinsichtlich des Schutzes vor »Euro-Risiken« irgendwie überlegen. Diese Wahrnehmung ist fragwürdig, aber sie ist verbreitet und insofern beeinflusst sie den Markt.
Die Wahrnehmung in der Bevölkerung, dass Immobilien eine besonders gute und besonders sichere Form der Altersvorsorge seien. In Bezug auf das »besonders« stimmt diese Wahrnehmung nicht, aber sie ist verbreitet und insofern beeinflusst auch sie den Markt.
Die Tatsache, dass Umfragen zufolge mehr als zwei Drittel aller Mieterhaushalte in Deutschland grundsätzlich gerne eine Immobilie zur Selbstnutzung erwerben würden. Mieterhaushalte machen hierzulande mehr als die Hälfte aller Haushalte aus.
In Bezug auf frei stehende Eigenheime: Angestoßen von Politikern der Grünen flammte 2020 und 2021 eine öffentliche Diskussion um »Flächenfraß« und andere ökologische Nachteile frei stehender Einfamilienhäuser auf. Soweit sie in der Politik zu einer Rationierung von Baugenehmigungen für solche Wohngebäude führt, werden die Preise der bereits existierenden davon profitieren.
Eine Reihe dieser Faktoren könnte im gegenwärtigen Niveau (Mitte 2021) von Immobilienpreisen und Mieten schon eingepreist sein, werden also, sofern sie sich nicht verändern, in Zukunft keinen Einfluss haben.
Per saldo erscheinen mir diejenigen Einflussfaktoren und Entwicklungen überzeugender und stärker, die in Bezug auf Immobilienpreise und -mieten eher senkend wirken. Dennoch bleibt die Feststellung: Systematisch verlässliche Prognosen in Bezug auf die kurz- und mittelfristige Entwicklung von Immobilienpreisen und Finanzierungszinsen sind unmöglich, und wer vorgibt, solche Prognosen machen zu können, verbreitet »Finanzpornografie« (mehr zu diesem Begriff siehe Infobox in 2.13.5).
Fazit
Den heute (Mitte 2021) immer noch sehr niedrigen Zinsen stehen eine Reihe struktureller Faktoren gegenüber, die m. E. in die Zukunft gerichtet tendenziell dämpfend auf die Renditen von Wohnimmobilien und die Entwicklung der Mieten in den → DACH-Ländern wirken werden.
Zuverlässige Prognosen auf die kurze und mittlere Sicht sind nicht möglich, werden aber trotzdem in Massen verbreitet, häufig öffentlich und noch häufiger mündlich bilateral durch Makler und Bankangestellte in der Immobilienfinanzierung. Tun Sie sich den Gefallen, nicht auf sie hereinzufallen.
»Aus einer Vielzahl von Gründen kaufen sich Menschen eine größere Wohnimmobilie [zur Selbstnutzung], als sie mieten würden.«
(Alex Avery, kanadischer Finanzanalyst, Immobilienbuchautor)
Wenn ein Haushalt den Erwerb eines Eigenheims in Betracht zieht, stellt sich die Frage: »Wie viel Eigenheim kann ich mir/können wir uns tatsächlich leisten?« Oder salopp formuliert: »Wie teuer darfs denn sein?« Insbesondere wenn mehr als die Hälfte des Kaufpreises mit Fremdkapital finanziert werden muss, wird der Haushalt den Bleistift spitzen müssen. Er muss sich klar darüber werden, (a) wie teuer das Eigenheim und (b) wie hoch der Kredit maximal sein darf. Dieser Abschnitt will zur Findung des persönlichen »Erschwinglichkeitslevels« entscheidende Anhaltspunkte geben. Außerdem werden die Gespräche und Verhandlungen mit Banken umso erfolgreicher sein, je besser man vorher schon Bescheid weiß.
Abschnitt 1.6 dieses Buchs wird bei der Frage helfen, wie viel das Eigenheim insgesamt kosten darf, Abschnitt 2.8 bei: »Wie viel Kredit kann ich mir leisten?«
Der vorliegende Abschnitt wird zu diesen Fragen vorab einige übergreifende Sachverhalte skizzieren. So werden Sie sich dem Ziel der Identifikation des optimalen »Preis-versus-Kredit«-Pakets schrittweise annähern.
Im Folgenden unterstellen wir einen »normal« vermögenden Haushalt mit durchschnittlichem Einkommen – also keine Millionärsfamilie und niemanden, dessen Eltern und Verwandte große Beträge zuschießen oder umfangreiche Bürgschaften abgeben.
Trivial ist: Je mehr Eigenkapital Sie einbringen können, desto niedriger wird später Ihre laufende Belastung sein. Nicht trivial ist die seit einigen Jahren immer häufiger übersehene Tatsache, dass der mit einer Fremdfinanzierung verbundene Kredithebel die Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital in den vergangenen 50 Jahren häufiger gesenkt als erhöht hat (Kommer 2021b). Weniger als 20% bis 25% Eigenkapital einzubringen – bezogen auf die Summe aus Kaufpreis und Kaufnebenkosten –, sollte man sich aus Risikogründen sehr genau überlegen. Zugleich gilt aber auch: Das ganze eigene Vermögen, inklusive des sprichwörtlich letzten Cents, in den Kauf einzuschießen, nur um den Kreditanteil zu minimieren, das macht aus Risikogründen ebenfalls keinen Sinn. Denn es bedeutet, dass Sie damit keinen finanziellen Puffer mehr für Notfälle und die allgemeinen finanziellen Unwägbarkeiten des Lebens haben.
Die Nebenkosten des Kaufs (Transaktionskosten) können sich auf bis zu 10% und gelegentlich mehr des Kaufpreises belaufen. Wenn es Ihnen hingegen gelingt, eine Immobilie ohne Maklereinschaltung zu erwerben, dann dürften die gesamten Kaufnebenkosten niedriger sein (Genaueres hierzu in Abschnitt 2.4). Aber der Verzicht auf einen Makler kann natürlich auch bedeuten, dass Sie länger suchen oder das »beste« Objekt gar nicht finden.
Je höher der sogenannte »anfängliche (jährliche) Tilgungssatz« bei der Kalkulation der monatlichen Kreditannuität ist, desto kürzer die geplante Tilgungsdauer des Kredits und desto höher der gesamte Kapitaldienst. Ein hoher anfänglicher jährlicher Tilgungssatz von z. B. 3% oder mehr führt zu einer relativ kürzeren erwarteten Tilgungsdauer, ist aber möglicherweise nicht erschwinglich. Ein niedriger anfänglicher Tilgungssatz (1,5% oder weniger) produziert dagegen eine niedrigere monatliche Belastung, mag aber für die Bank nicht akzeptabel sein. Es gilt, den goldenen Mittelweg zu finden – Abschnitt 2.11 erläutert hierzu die technischen Details. Ein Tilgungssatz von deutlich oberhalb 1,5% kann in wirtschaftlichen Engpasszeiten mit Einverständnis der Bank ggf. gesenkt werden, um sich so eine finanzielle Atempause zu verschaffen.
Der langfristige Aufwand für Instandhaltungskosten wird von den meisten Immobilienneulingen unterschätzt (Näheres dazu in Abschnitt 2.6). Vertreter der Immobilienbranche (Makler, → Bauträger, Immobilienverkäufer) und auch deren verlängerte Arme, ihre Online-Rechner, setzen diese Kosten überwiegend zu niedrig an, weil es ihrem Geschäft nützt. Sicherlich ist es denkbar, bei einer neuen oder fast neuen Immobilie während der ersten zehn Jahre kaum etwas für Instandhaltung aufzuwenden, dann kommt es aber danach umso dicker – jedenfalls wenn man die Qualität seines Eigenheims nicht dauerhaft absacken lassen will, also den allmählichen Verfall der Bausubstanz ausgleichen möchte, der ansonsten zeit- und nutzungsbedingt zwangsläufig geschieht. Im langfristigen Mittel ist für eine relativ neue, normale Wohnung 1,5% p.a. des Gebäudezeitwerts zu kalkulieren; für frei stehende Häuser, Doppelhaushälften oder Reihenhäuser, für sehr hochwertige Objekte und für Objekte in schlechter baulicher Qualität mehr als dieser Satz, es sei denn, man akzeptiert, dass die Wohnqualität im Laufe der Jahre abnimmt.
Zwar fallen – mit der wichtigen Ausnahme der Instandhaltungskosten – die meisten laufenden Nebenkosten des Wohnens (vor allem Energie, Wasser, Müllentsorgung, Gebäudeversicherung, Hausmeisterkosten, Hausratversicherung, Grundsteuer) für Mieter und Eigenheimbesitzer grundsätzlich in gleicher Höhe an, doch ist auch hier genaues Nachdenken geboten: Zum einen können diese Kosten relativ zur Vergangenheit steigen, wenn das neue Eigenheim größer oder höherwertiger ist als die vorherige Bleibe, und zum andern waren – sofern zuvor ein Mietverhältnis bestand – diese Nebenkosten eventuell zu einem Teil in der Miete enthalten und wurden zum anderen Teil gesondert in Rechnung gestellt (umlagefähige versus nicht umlagefähige Nebenkosten). Manchmal sind Hausmeisterkosten und Gebäudeversicherung und in selteneren Fällen auch Wasser bereits mit der Miete abgegolten, die anderen genannten Kosten trägt der Mieter überwiegend separat und direkt (umlagefähige Nebenkosten). Telekommunikationskosten sind ebenfalls gesondert zu berücksichtigen.
Unter Umständen bringt ein neues Eigenheim gestiegene Pendler- und Transportkosten mit sich. Das kann dann der Fall sein, wenn die neue Immobilie weiter entfernt von Arbeitsort, Schule und Stadtzentrum liegt und nunmehr höhere Ausgaben für öffentlichen Nah- oder Fernverkehr, ein zusätzliches oder teureres Auto, dessen Instandhaltung und für Benzin anfallen.
Umzugskosten und Kosten für neue Möbel und Einrichtungsgegenstände einschließlich Küche und Bad werden manchmal unterschätzt, besonders wenn das neue Eigenheim größer und/oder höherwertiger ist als die bisherige Unterkunft.
Wer seinen nachhaltigen monatlichen »Einkommensüberschuss« selbst einigermaßen zuverlässig (und konservativ) ausrechnen kann, der sollte das auch unbedingt vor dem Gang zur Bank tun. Eine taktisch schlechtere Alternative dazu ist, zahlenmäßig unvorbereitet zur Bank zu marschieren und diese die erste Rechnung durchführen zu lassen. Der Banker wird merken, dass Sie Ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben, und das wird sich möglicherweise zu Ihrem Nachteil auswirken.
Infobox: Die monatliche Kostenbelastung eines Eigenheimbesitzers ist nicht höher als die vorherige Miete – ein verbreiteter Irrtum
Frischgebackene Eigenheimhaushalte berichten oft stolz: »Nach unserem kürzlichen Wohnungskauf liegt unsere monatliche Belastung nur ein paar Euro höher als vorher unsere Miete. Und das Beste: Wir zahlen jetzt an uns selbst. Wir erwerben Monat für Monat mehr von unserer Wohnung und in spätestens 20 bis 30 Jahren gehört uns ein schuldenfreies Heim.« Diese Aussage, die in ähnlicher Form wohl jedes Jahr in Tausenden von Gesprächen, Zeitungsartikeln und Internetblogs wiederholt wird und die Makler gerne in ihrem Werbematerial zitieren, basiert auf einem falschen Verständnis des tatsächlichen wirtschaftlichen Sachverhaltes. In meinem Buch Kaufen oder Mieten?→