Spiele der Erwachsenen

Inhaltsübersicht

Anmerkungen

Soziale Verbindungen
  1. E. Berne: ‹Transactional Analysis in Psychotherapy›. New York 1961

  2. R. Spitz: ‹Hospitalism: Genesis of Psychiatric Conditions in Early Childhood›, in: Psychoanalytic Study of the Child I (1945), p. 53–74

  3. René Belbenoit: ‹Dry Guillotine›. New York 1938 G.J. Seaton: ‹Isle of the Damned›. New York 1952

  4. E. Kinkead: ‹In Every War But One›. New York 1959

  5. J.D. French: ‹The Reticular Formation›, in: Scientific American 196 (Mai 1957), p. 54–60

  6. Die hier zitierten ‹Kolloquialismen› wurden im Laufe der Zeit in den San Francisco Social Psychiatry Seminars erarbeitet.

  7. S. Levine: ‹Stimulation in Infancy›, in: Scientific American 202 (Mai 1960), p. 80–86

    ‹Infantile Experience and Resistance to Physiological Stress›, in: Science 126 (30. August 1957), p. 405

Die Strukturierung der Zeit
  1. Johan Huizinga: ‹Homo Ludens›. Hamburg 1956 (rowohlts deutsche enzyklopädie. 21)

  2. S. Kierkegaard: ‹A Kierkegaard Anthology›. Hg. v.R. Bretall. Princeton 1947, p. 22f

  3. S.Freud: ‹Studien über Hysterie›, in: ‹Gesammelte Schriften› Bd.II. Leipzig 1924–1928 ‹Analyse eines Falles von Hysterie›, a.a.O., Bd.III

  4. E. Berne: ‹The Structure and Dynamics of Organizations and Groups›. Philadelphia und Montreal 1963 (s. besonders Kapitel 11 und 12)

1. Struktur-Analyse
  1. W. Penfield: ‹Memory Mechanisms›, in: Archives of Neurology and Psychiatry 67 (1952), p. 178–198 W. Penfield and H. Jasper: ‹Epilepsy and the Functional Anatomy of the Human Brain›. Boston 1954 (Kap. XI)

  2. E. Berne: ‹The Psychodynamics of Intuition›, in: Psychiatric Quarterly 36 (1962), p. 294–300

  1. D.W. Maurer: ‹The Big Con›. New York 1940

Nachtrag
  1. G.H. Mead: ‹Mind, Self, and Society›. Chicago 1934

  2. T. Szasz: ‹The Myth of Mental Illness›. New York 1961

  3. E. Berne: ‹The Structure and Dynamics of Organizations and Groups›. Philadelphia und Montreal 1963

  1. E. Berne: ‹Intuition IV: Primal Images and Primal Judgements›, in: Psychiatric Quarterly 29 (1955), p. 634–658

  1. Eric Berne: ‹A Layman's Guide to Psychiatry and Psychoanalysis›. New York 1957, p. 191

  1. Margaret Mead: ‹Growing Up in New Guinea›. New York 1951

  1. G. Bateson u.a.: ‹Toward a Theory of Schizophrenia›, in: Behavioral Science 1 (1956), p. 251–264

  1. Paul de Kock. Eines der populärsten Werke dieses Librettisten und Romanschriftstellers aus dem 19. Jahrhundert heißt ‹A Good-Natured Fellow›; es handelt von einem Mann, der allzu viel verschenkt.

  1. In ‹Psychiatry and the Law: Use and Abuse of Psychiatry in a Murder Case› (American Journal of Psychiatry Bd. 118/1961, p. 289–299) führt Frederick Wiseman ein zugleich deutliches und tragisches Beispiel für die scharfe Form des Spiels «Räuber und Gendarm» an.

  1. Weitere Informationen über das Spiel «Räuber und Gendarm» und über andere von Gefängnisinsassen gespielte Spiele findet man in F.H. Ernst and W.C. Keating: ‹Psychiatric Treatment of the California Felon›, in: American Journal of Psychiatry Bd. 120/1964, p. 974–979.

  1. E. Berne: ‹The Cultural Problem: Psychopathology in Tahiti›, in: American Journal of Psychiatry Bd. 116/1960, p. 1076–1081

16. Autonomie
  1. E.R. Jaensch: ‹Eidetic Imagery›. New York 1930

  2. Diese Experimente in den San Francisco Social Psychiatry Seminars befinden sich noch im Versuchsstadium. Die wirksame experimentelle Anwendung der Transaktions-Analyse erfordert ebenso eine Spezialausbildung wie die wirksame experimentelle Anwendung der Chromatographie oder der Infrarot-Spektrophotometrie. Ein Spiel von einem Zeitvertreib zu unterscheiden, ist durchaus nicht leichter als die Unterscheidung zwischen einem Fixstern und einem Planeten. Siehe E. Berne: ‹The Intimacy Experiment›, in: Transactional Analysis Bulletin Bd. 3/1964, p. 113, und: ‹More About Intimacy›, a.a.O., p. 125.

  3. Einige Kinder werden schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt korrumpiert (Marasmus, einige Arten von Koliken) und haben niemals eine Chance, von dieser Fähigkeit Gebrauch zu machen.

17. Die Erringung der Autonomie
  1. M. Mead: ‹New Ways for Old›. New York 1956

Meinen Patienten und Studenten, von denen ich in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft immer wieder etwas Neues über unsere täglichen Spiele und über den tieferen Sinn des Lebens erfahren habe, erfahre und erfahren werde.

Das vorliegende Buch ist in erster Linie für Psychotherapeuten gedacht, es ist aber so abgefasst, dass man es auch als Nicht-Fachmann lesen und verstehen kann. Die für die Analyse und das verstandesmäßige Erfassen von Spielen erforderlichen theoretischen Voraussetzungen sind in Teil I zusammengefasst. Teil II enthält detaillierte Beschreibungen der einzelnen Spiele, Teil III bringt neues klinisches und theoretisches Material, das es in Zusammenhang mit dem bereits bekannten Material ermöglicht, bis zu einem gewissen Grad zu begreifen, was es heißt: nicht spielanfällig zu sein. Wer noch weiteres Material einsehen möchte, wird auf die früheren Werke des Autors verwiesen.

Das Bedürfnis nach dem vorliegenden Buch ergab sich aus den Nachfragen interessierter Studenten der Sozialwissenschaft und fachlich vorgebildeter Hörergruppen nach einer detaillierten Liste bzw. einer ausführlichen Darstellung von Spielen, über die sie schon vorher einiges gehört hatten. Diesen Studenten und Kollegen schulde ich in ihrer Gesamtheit Dank; besonders gilt das auch für die vielen Patienten, die neue Spiele erkannten, entdeckten und benannten; für Miss Barbara Rosenfeld, die viele Ideen über Kunst und Bedeutung des Zuhörens beisteuerte; für Mr. Melvin Boyce, Mr. Joseph Concannon, Dr. Franklin Ernst, Dr. 

Mr. Claude Steiner, Vizepräsident und Forschungsleiter der International Transactional Analysis Association, verdient aus zwei Gründen besonders hervorgehoben zu werden. Er führte die ersten Experimente durch, mit denen viele der hier zur Debatte stehenden theoretischen Erörterungen bestätigt wurden, und aufgrund ebendieser Experimente trug er auch maßgeblich zur Klärung der Begriffe Autonomie und Intimität bei.

Dank für ihre ständige Mithilfe gebührt auch der früheren Sekretärin und Schatzmeisterin der ITAA: Mrs. Viola Callaghan; meiner Privatsekretärin: Mrs. Allen Williams, sowie Anne Garrett für ihre Mithilfe beim Korrekturlesen.

Die Analyse von Spielen befasst sich unmittelbar mit der Materie des Alltagslebens, und sie verwendet im sprachlichen Bereich die im Familienkreis und unter Vertrauten üblichen ‹Kolloquialismen›. Diese weichen freilich in den verschiedenen Ländern voneinander ab; daher ist es für Menschen in einem bestimmten Raum manchmal schwierig, die tief greifende Bedeutung zu erfassen, die ein solcher ‹Kolloquialismus› oder der Name eines Spiels für Menschen in einem anderen Gebiet haben können. Im Prinzip sind jedoch die meisten der hier angeführten Spiele über die ganze Welt verbreitet; das vorliegende Handbuch sollte sich daher für Psychologen, Psychotherapeuten, Soziologen und sonstige Wissenschaftler, die sich mit der Natur und

Semantik

Aus Zweckmäßigkeitsgründen werden die Spiele hauptsächlich vom männlichen Standpunkt aus beschrieben, es sei denn, sie sind ihrer Natur nach ausgesprochen feminin. Der Hauptakteur wird also gewöhnlich mit ‹er› apostrophiert; das geschieht jedoch ganz unvoreingenommen, da in der gleichen Situation mutatis mutandis in den meisten Fällen auch ‹sie› als Hauptakteurin auftreten könnte. Unterscheidet sich bei einem Spiel die Rolle der Frau wesentlich von der des Mannes, dann wird sie gesondert behandelt. Ähnlich wird auch der Therapeut ganz unvoreingenommen als ‹er› apostrophiert. Terminologie und Betrachtungsweise sind in erster Linie auf den praktizierenden Fachmann hin ausgerichtet, doch mag sich das Buch auch für Angehörige anderer Berufe als interessant und nützlich erweisen.

Man sollte die Transaktions-Analyse von Spielen deutlich unterscheiden von ihrer mehr und mehr in den Vordergrund rückenden Schwesterdisziplin: der mathematischen Analyse von Spielen; allerdings gelten einige der im vorliegenden Buch angewandten Begriffsformulierungen heute auch im Bereich der mathematischen Analyse als durchaus korrekt.

Soziale Verbindungen

Die Lehre von den sozialen Verbindungen, die in meinen früheren Arbeiten[1] ziemlich ausführlich dargelegt wurde, lässt sich etwa folgendermaßen kurz zusammenfassen:

Spitz[2] hat festgestellt, dass Kinder, die über einen längeren Zeitraum hin physische Zärtlichkeiten entbehren müssen, zu chronischem Kränkeln neigen, und dass sie dann schließlich einer neu hinzutretenden Krankheit erliegen. Diese Feststellung bedeutet im Endeffekt, dass der Vorgang, den er als «emotionelle Deprivation» bezeichnet, tödliche Folgen haben kann. Diese Beobachtungen führen zu der Vorstellung vom Reiz-Hunger und deuten darauf hin, dass die am stärksten favorisierten Reiz-Faktoren diejenigen sind, die von der physischen Intimität ausgehen, eine Schlussfolgerung, der man aufgrund der im Alltagsleben gemachten Erfahrungen durchaus zustimmen kann.

Ein verwandtes Phänomen ergibt sich bei Erwachsenen, die von einer sensorischen Deprivation betroffen sind. Die Erfahrung lehrt, dass eine solche Deprivation zu einer vorübergehenden Psychose führen oder zumindest, zeitlich begrenzt, geistige Störungen hervorrufen kann. In früheren Zeiten hat man bereits festgestellt, dass sowohl eine soziale als auch eine sensorische Deprivation ähnliche Auswirkungen bei Menschen

Im biologischen Bereich besteht die Wahrscheinlichkeit, dass die emotionelle und die sensorische Deprivation organische Veränderungen herbeiführen oder zumindest begünstigen können. Wird das Retikularsystem[5] des Hirnstamms nicht hinreichend stimuliert, dann können, zumindest auf indirektem Wege, degenerative Veränderungen in den Nervenzellen die Folge sein. Es kann sich hier natürlich auch um einen Sekundäreffekt aufgrund unzureichender Ernährung handeln, aber die unzureichende Ernährung lässt sich ihrerseits wieder auf die Apathie zurückführen, wie etwa bei Kindern, die an Marasmus leiden. Man kann also eine biologische Kettenreaktion postulieren, die von emotioneller und sensorischer Deprivation über Apathie zu degenerativen Veränderungen und schließlich zum Tode führt. In diesem Sinn steht der Reiz-Hunger im gleichen Bezug zum Überleben des menschlichen Organismus wie der Hunger nach Nahrung.

In der Tat zeigt der Reiz-Hunger nicht nur im biologischen, sondern auch im psychologischen Bereich viele Parallelen zum Hunger nach Nahrung. Begriffe wie Unterernährung, Übersättigung, Gourmet, Gourmand, Fex, Asketiker, kulinarische Künste und Meisterkoch lassen sich leicht aus dem Bereich der Ernährung in den der Sinnesempfindung übertragen. Die Übersättigung findet ihre Parallele in der Reizüberflutung. Unter normalen Voraussetzungen, wenn ein umfangreicher Vorrat verfügbar und ein abwechslungsreiches Menü möglich ist, wird die Auswahl in beiden Bereichen sehr stark von den Idiosynkrasien des einzelnen Individuums beeinflusst. Möglicherweise beruhen einige oder viele dieser Idiosynkrasien auf einer konstitutionellen Determinante; für die hier zur Debatte stehenden Probleme ist das jedoch irrelevant.

Der Sozialpsychiater befasst sich nur damit, was geschieht, wenn das Kind im Verlauf des normalen Wachstumsprozesses von der Mutter getrennt wird. Das bisher Gesagte lässt sich in dem Kolloquialismus[6] zusammenfassen: «Wenn man nicht gestreichelt wird, verkümmert das Rückenmark.» Daher sieht sich das Individuum nach Beendigung der Periode enger Intimität mit der Mutter zeit seines Lebens mit einem Dilemma konfrontiert: Es fragt sich, gegen welche Klippen sein Geschick und sein Überlebenswille ständig geschleudert werden. Eine von ihnen stellen die sozialen, psychologischen und biologischen Kräfte dar, die sich einer kontinuierlichen physischen Intimität im Stil des Kindheitsalters entgegenstellen, die andere ist sein immerwährendes Bemühen, ihrer dennoch habhaft zu werden. In den meisten Fällen wird das Individuum einen Kompromiss schließen. Es lernt allmählich, sich mit subtileren, ja rein symbolischen Formen von Zärtlichkeit zufrieden zu geben; schließlich kann sogar die bloße Andeutung einer Anerkennung bis zu einem gewissen Grad diesen Zweck erfüllen, obschon sein ursprüngliches Verlangen nach rein physischem Kontakt durchaus unvermindert weiterbesteht.

Dieser Kompromissvorgang lässt sich mit verschiedenen Begriffen bezeichnen, z.B. Sublimierung; wie immer man ihn aber auch nennen mag, das Ergebnis ist eine teilweise Umwandlung des kindlichen Reiz-Hungers in etwas, das man als Hunger nach Anerkennung bezeichnen kann. Mit zunehmenden Kompromiss-Komplikationen zeigt jeder Mensch in seinem Streben nach Anerkennung auch eine mehr und mehr persönliche Note, und es sind diese differenzierten Unterschiede, die zur Vielgestaltigkeit der sozialen Verbindungen führen und das Schicksal des Individuums bestimmen. Ein Filmstar benötigt vielleicht Woche für Woche Hunderte von schmeichelnden Zustimmungen anonymer und undifferenzierter Verehrer, um sein «Rückenmark nicht verkümmern zu lassen», einem Wissenschaftler dagegen mag eine einmal im Jahr ausgesprochene Anerkennung von einem geachteten Meister seines Fachs zur Aufrechterhaltung seiner physischen und geistigen Gesundheit genügen.

Man kann den Ausdruck Streicheln (stroking) als Allgemeinbegriff für jede Art von intimem physischem Kontakt verwenden; in der Praxis kann es durchaus verschiedene Formen annehmen. Manche ‹streicheln› ein Kind im buchstäblichen Sinne des Wortes; andere drücken es zärtlich an sich oder geben ihm einen freundlichen Klaps, sie tätscheln es in spielerischer Laune oder betasten es zärtlich mit den Fingerspitzen. Zu all diesen Zärtlichkeiten gibt es Analogien in der Unterhaltung, und es hat den Anschein, als könne man durchaus behaupten, jemand liebkose ein Baby auch dadurch, dass er seinen Äußerungen lauscht. Mit Hilfe einer Bedeutungserweiterung lässt sich der Begriff umgangssprachlich zur Bezeichnung jeder ‹Aktion› anwenden, mit der eine Anerkennung der Gegenwart des anderen verbunden ist. Man kann daher den Begriff Streicheln als grundlegende Maßeinheit allen sozialen Tuns ansehen. In diesem Sinn stellt wechselseitiges Streicheln eine Transaktion dar, die die Grundeinheit aller sozialer Verbindungen ist.

In Bezug auf die Theorie der Spiele ergibt sich daraus der Grundsatz, dass jede soziale Verbindung, welcher Art sie auch immer sei, auf jeden Fall einen biologischen Vorteil gegenüber dem Fehlen einer solchen Bindung hat. Diese Tatsache wurde von S. Levine[7] in einigen bemerkenswerten Tierversuchen mit Ratten experimentell nachgewiesen; dabei wurden nicht nur die physische, geistige und emotionelle Entwicklung, sondern auch die biologischen Vorgänge im Gehirn und sogar die Widerstandsfähigkeit gegen Leukämie dadurch günstig beeinflusst, dass man sich mit den Tieren abgab. Das Entscheidende bei diesen Versuchen war die Tatsache, dass man bei den gesundheitsfördernden Maßnahmen für die Tiere mit einer fürsorglich sanften Behandlung den gleichen Effekt erzielte wie mit schmerzhaften Elektroschocks.

Diese Bestätigung der vorausgehenden Ausführungen ermutigt mich dazu, mich nun mit erhöhter Zuversicht dem nächsten Abschnitt zuzuwenden.

Die Strukturierung der Zeit

Den Funktionsaspekt der Zeit-Strukturierung kann man als ‹Programmierung› bezeichnen, und zwar in drei Bereichen: im materiellen, im sozialen und im individuellen. Die allgemeinste, naheliegendste, bequemste und zweckdienlichste Methode der Zeit-Strukturierung besteht in einer Unternehmung, die dazu dient, sich mit der stofflichen Substanz der äußeren Realitäten auseinander zu setzen, und die allgemein unter der Bezeichnung ‹Arbeit› bekannt ist. Fachgerecht bezeichnet man eine solche Unternehmung als Tätigkeit; der Begriff ‹Arbeit› ist nicht ganz zutreffend,

Die materielle Programmierung ergibt sich aus den Wechselfällen, denen man bei der Auseinandersetzung mit der äußeren Realität begegnet; sie ist hier nur insoweit von Interesse, als derartige Tätigkeiten einen guten Nährboden für das Streicheln, für Anerkennung und andere, komplexere Formen von sozialen Verbindungen abgeben. Die materielle Programmierung ist nicht in erster Linie ein Sozialproblem; im Wesentlichen beruht sie auf der Übermittlung von Informationen. Die Tätigkeit des Bootsbaus z.B. stützt sich auf eine ganze Reihe von Messungen und Schätzwerten; jeder sich dabei entspinnende Sozialkontakt muss diesen Dingen untergeordnet werden, damit der Bootsbau fortschreiten kann.

Die soziale Programmierung führt zu einem traditionell-rituellen bzw. semirituellen Höflichkeitsaustausch. Ihr Hauptkriterium ist die lokale Akzeptabilität, die man gewöhnlich als ‹gute Kinderstube› bezeichnet. In allen Teilen der Welt bringen die Eltern ihren Kindern gute Manieren bei, d.h., sie lehren sie, wie man in der rechten Form grüßt, isst und seine Notdurft verrichtet, jemanden umwirbt oder betrauert und auch, wie man mit angemessener Zurückhaltung bzw. mit angebrachtem Nachdruck Gespräche über aktuelle Themen führt. Die Zurückhaltung ebenso wie der Nachdruck sind Anzeichen von Takt und diplomatischem Geschick, die manchmal weltweite Gültigkeit, manchmal auch nur lokale Bedeutung haben. Beim Mahl zu rülpsen oder sich nach der Frau eines Nachbarn zu erkundigen, wird je nach der lokalen Überlieferung entweder erwartet oder verboten; in der Tat besteht gerade zwischen diesen beiden Vorgängen ein hoher Grad von inverser Korrelation. Wo man beim Essen zu rülpsen pflegt, empfiehlt es sich meist nicht, sich nach dem Befinden der Frauen zu erkundigen, wo es hingegen Sitte ist, sich nach dem Befinden der Frauen zu erkundigen, sollte man beim Essen nicht rülpsen. Im Allgemeinen geht ein formelles Ritual einer semirituellen Unterhaltung über aktuelle Themen voraus; diese lässt sich am besten als ‹Zeitvertreib› (pastime) bezeichnen.

Lernen die Leute einander besser kennen, dann schleicht sich mehr und mehr eine individuelle Programmierung ein, und in der Folge kommt es allmählich zu verschiedenen ‹Episoden›. Oberflächlich betrachtet, scheinen derartige Episoden Zufallscharakter zu haben, und sie mögen von den beteiligten Partnern auch in diesem Licht gesehen werden; eine sorgfältige Untersuchung zeigt jedoch, dass sie sich für gewöhnlich an festliegenden Strukturmodellen orientieren, die für eine Auswahl und Klassifizierung verbindlich sind, und dass ihre Abfolge durch unausgesprochene Regeln und Richtlinien bestimmt wird. Diese Richtlinien sind äußerlich nicht erkennbar, solange sich die freundschaftlichen bzw. feindschaftlichen Beziehungen streng im Rahmen der gültigen Regeln abspielen, sie werden jedoch dann offenbar, wenn jemand diese Regeln missachtet; es erhebt sich sofort symbolisch oder wörtlich der Ruf: «Foul!» Derartige Episodenfolgen, die im Gegensatz zum oben genannten ‹Zeitvertreib› mehr auf individueller als auf sozialer Programmierung basieren, kann man als ‹Spiele› (games) bezeichnen. Das Familienleben und das Eheleben können ebenso wie das Leben im Rahmen verschiedener sozialer Organisationen Jahr für Jahr auf verschiedenen Variationen des gleichen ‹Spiels› beruhen.

Stellt man fest, dass ein Großteil der Sozialaktivität darin besteht, bestimmte Spiele zu spielen, dann bedeutet das nicht notwendigerweise auch, dass es sich hierbei meistens um ein ‹Vergnügen› handelt oder dass die beteiligten Partner sich in den wechselseitigen Beziehungen nicht auch ernsthaft engagieren. Einerseits sind sowohl das Fußball-‹Spiel› als auch andere sportliche Kampf-‹Spiele› durchaus nicht immer ein reines Vergnügen, und die Spieler können dabei unter Umständen recht verbissen agieren. Spiele dieser Art haben mit Wett- und Würfelspielen sowie mit anderen ‹Spiel›-Formen eines gemeinsam: Sie können unter Umständen durchaus kritische, mitunter sogar verhängnisvolle Folgen haben. Andererseits reihen manche Autoren, wie z.B. Huizinga[1], in die Kategorie ‹Spiel› auch so bedenkliche Unternehmungen ein wie z.B. einen Kannibalen-Festschmaus. Klassifiziert man also Verhaltensweisen wie Selbstmord, Alkoholismus, Rauschgiftsucht, Kriminalität oder Schizophrenie als ‹Spielformen›, dann ist das durchaus nicht unverantwortlich, barbarisch oder nur ein schrulliger Einfall. Das grundlegende Merkmal des menschlichen ‹Spielens› ist nicht die Tatsache, dass die Emotionen nur Scheincharakter haben, sondern dass sie bestimmten Regeln unterworfen sind. Das zeigt sich ganz deutlich, wenn eine illegitime Zurschaustellung von Emotionen

Der ‹Zeitvertreib› und die ‹Spiele› sind Ersatzformen für echte Intimerlebnisse. Aus diesem Grund kann man sie eher als Präliminarien zu einer Bindung denn als wirkliche Verbindungen betrachten; daher werden sie auch als ‹pikante› Spielformen charakterisiert. Die Intimität setzt dann ein, wenn die individuelle (gewöhnlich dem Instinkt entspringende) Programmierung sich intensiviert und sowohl das soziale Strukturmodell als auch die verdeckten Restriktionen und Motive allmählich außer Kraft gesetzt werden. Das ist die einzig völlig befriedigende Antwort auf den Reiz-Hunger, den Hunger nach Anerkennung und den Struktur-Hunger. Ihr Prototyp ist der Akt der Imprägnation aus Liebe.

Der Struktur-Hunger hat den gleichen Überlebenswert wie der Reiz-Hunger. Im Reiz-Hunger und im Hunger nach Anerkennung kommt das Bedürfnis zum Ausdruck, einer sensorischen und emotionellen Verkümmerung zu entgehen, die beide zu einer Degeneration im biologischen Bereich führen. Im Struktur-Hunger drückt sich das Bedürfnis nach Vermeidung der Langeweile aus; schon Kierkegaard[2] hat auf die aus unstrukturierter Zeit resultierenden verderblichen Folgen hingewiesen. Hält ein derartiger Zustand längere Zeit an, dann wird die Langeweile zu einem Synonym für emotionelle Verkümmerung, und sie kann durchaus die gleichen Folgen haben.

Das allein stehende Individuum kann Zeit auf zweierlei Art strukturieren: mit Hilfe einer Tätigkeit oder mit Hilfe seiner Phantasie. Ein Individuum kann auch in Gegenwart anderer durchaus ‹für sich allein› bleiben; das weiß jeder Schullehrer. Als Mitglied eines sich aus zwei oder mehr Menschen zusammensetzenden Sozialaggregats hat man mehrere Möglichkeiten zur Strukturierung der Zeit. Dem Grad ihrer Komplexität nach geordnet, sind dies: 1. Rituale, 2. Zeitvertreib, 3. Spiele, 4. Intimerlebnisse, 5. Tätigkeit; Letztere kann zugleich die Grundsubstanz für jede der vorhergehenden Formen sein. Für jedes Mitglied eines Sozialaggregats besteht das Ziel darin, aus seinen Transaktionen mit den anderen Mitgliedern eine größtmögliche Befriedigungsquote zu erlangen. Mit dem Grad seiner Zugänglichkeit erhöht sich auch die Befriedigungsquote. Ein Großteil der Programmierung seiner Sozialaktivität vollzieht sich ganz automatisch. Da einige der im Rahmen dieser Programmierung erzielten ‹Befriedigungen› (satisfactions), so z.B. selbstzerstörerische, im üblichen Sinn des Wortgebrauchs nur schwer als ‹Befriedigungen› zu erkennen sind, wäre es besser, diesen Begriff durch einen mehr neutralen zu ersetzen, wie etwa ‹Nutzen› (gains) oder ‹Vorteile› (advantages).

Die Vorteile aller Sozialkontakte beziehen sich vor allem auf ein somatisches und psychisches Equilibrium. Sie stehen in enger Beziehung zu folgenden Faktoren: 1. Lösung von inneren Spannungen, 2. Vermeidung schädlicher Außeneinflüsse, 3. Vermittlung von Zärtlichkeiten und 4. Aufrechterhaltung eines einmal etablierten Equilibriums. All diese Probleme sind von Psychologen und Psychoanalytikern bereits sehr detailliert untersucht und erörtert worden. Übertragen auf die Terminologie der Sozialpsychiatrie kann man sie bezeichnen als 1. primäre innere Vorteile, 2. primäre äußere Vorteile, 3. Sekundär-Vorteile und 4. existenzielle Vorteile. Die drei ersteren bilden eine Parallele zu den von Freud beschriebenen Arten von «Krankheitsgewinn», «dem inneren paranosischen Gewinn, dem äußeren paranosischen Gewinn und dem epinosischen Gewinn»[3]. Die Erfahrung zeigt, dass es zweckmäßiger und instruktiver ist, wenn man soziale Transaktionen unter dem Gesichtspunkt der dabei erreichten Vorteile untersucht, als wenn man sie als defensive Vorgänge behandelt. Erstens besteht die beste Defensive darin, dass man sich überhaupt in keine Transaktionen einlässt; zweitens umfasst das Konzept der ‹Defensive› nur Teilgebiete der beiden ersten Vorteilskategorien; ihre Restgebiete gehen bei dieser Betrachtungsweise ebenso verloren wie die gesamte dritte Vorteilskategorie.

Die zur höchsten Befriedigung führenden Formen von Sozialkontakten, mag nun ihre Grundsubstanz in einer Tätigkeit liegen oder nicht, sind Spiele und Intimerlebnisse. Intimerlebnisse, die sich über einen längeren Zeitraum hin erstrecken, sind selten, und selbst dann sind sie vorwiegend eine Privatangelegenheit; die bedeutsamsten sozialen Verbindungen vollziehen sich in den meisten Fällen in Form von Spielen, und das ist das Thema, mit dem wir uns hier in erster Linie befassen. Weiteres Material zum Thema der Zeit-Strukturierung findet der Leser in meiner Abhandlung über die Gruppendynamik.[4]

Analyse von Spielen

1.

Beobachtet man jede Art von spontaner Sozialaktivität (sie vollzieht sich am produktivsten im Rahmen gewisser Psychotherapiegruppen), dann bemerkt man, dass die Menschen von Zeit zu Zeit deutliche Veränderungen in Haltung, Anschauungsweise, Stimmlage, Vokabular und anderen Verhaltensaspekten erkennen lassen. Diese Veränderungen im Verhaltensbereich sind oft von Umschichtungen im Gefühlsbereich begleitet. In jedem Individuum korrespondiert eine bestimmte Verhaltensstruktur auch mit einer bestimmten Gemütslage, während eine andere wieder eng mit einer unterschiedlichen seelischen Verfassung verbunden ist, die oft sogar im Widerspruch zur ersten steht. Diese Veränderungen und Unterschiede führen zu der Idee von verschiedenen Ich-Zuständen.

Fachgerecht kann man einen ‹Ich-Zustand› phänomenologisch als ein kohärentes Empfindungssystem, funktionsmäßig als eine kohärente Verhaltensstruktur bezeichnen. Effektiv bedeutet das, dass es sich hier um ein Empfindungssystem handelt, das mit einer beziehungsgerechten Verhaltensstruktur gekoppelt ist. Jedem Individuum scheint ein begrenztes Repertoire derartiger Ich-Zustände zur Verfügung zu stehen, die nicht nur als ‹Rollen› zu betrachten, sondern als psychologische Realitäten zu werten sind. Dieses Repertoire lässt sich in folgende Kategorien aufgliedern: 1. Ich-Zustände, die denen von Elternfiguren ähneln, 2. Ich-Zustände, die autonom auf eine objektive Erfassung der Wirklichkeit ausgerichtet sind, und 3. solche, die sozusagen regressive Relikte darstellen: Ich-Zustände, die bereits in früher Kindheit fixiert wurden und immer noch wirksam sind. In der Fachterminologie nennt man diese drei Kategorien exteropsychische, neopsychische und archäopsychische Ich-Zustände. In der Umgangssprache bezeichnet man ihre Manifestationen als Eltern-Ich, Erwachsenen-Ich und Kindheits-Ich; diese einfachen Begriffs-Formulierungen erweisen sich, wenn man einmal von streng methodischen Fachdiskussionen absieht, als durchaus ausreichend.

Die Dinge liegen also so, dass bei einem bestimmten Anlass jedes einem Sozialaggregat zugehörige Individuum entweder sein Eltern-Ich, sein Erwachsenen-Ich oder sein Kindheits-Ich zum Ausdruck bringt und dass die einzelnen Individuen in der Lage sind, mit jeweils variierendem Schnelligkeitsgrad von dem einen auf einen anderen Ich-Zustand umzuschalten. Diese Wahrnehmungen führen zu bestimmten, für die Klassifizierung wichtigen Schlüssen. «Das ist dein Eltern-Ich» bedeutet: «Du nimmst augenblicklich die gleiche Geisteshaltung ein wie einer deiner Elternteile [oder Eltern-Stellvertreter], und du reagierst so, wie er es getan haben würde, mit der gleichen Haltung, den gleichen Gesten, dem gleichen Vokabular, den gleichen Empfindungen etc.» – «Das ist dein Erwachsenen-Ich» bedeutet: «Du hast soeben ein autonomes, objektives Erfassen der Situation erkennen lassen, und du trägst diese

Daraus ergeben sich folgende Implikationen:

1. Jedes Individuum hat Eltern (oder Eltern-Stellvertreter) gehabt, und es besitzt in seinem Innern eine Gruppe von Ich-Zuständen, die die Ich-Zustände seiner Eltern (so wie es sie aufnahm) wiedergeben; diese Eltern-Ich-Zustände lassen sich unter gewissen Voraussetzungen aktivieren (exteropsychische Funktion). Umgangssprachlich ausgedrückt: «Jeder trägt in seinem Innern seine Eltern mit sich herum.»

2. Jedes Individuum (einschließlich der Kinder, der geistig Zurückgebliebenen und der Schizophrenen) hat die Fähigkeit zur objektiven Übermittlung von Informationen, wenn der angemessene Ich-Zustand sich aktivieren lässt (neopsychische Funktion). Umgangssprachlich: «Jeder hat ein Erwachsenen-Ich.»

3. Jedes Individuum war früher einmal jünger als zum gegenwärtigen Zeitpunkt, und es besitzt in seinem Innern fixierte Relikte aus früherer Zeit; diese werden unter bestimmten Voraussetzungen wirksam (archäopsychische Funktion). Umgangssprachlich: «Jeder trägt in seinem Innern einen kleinen Jungen bzw. ein kleines Mädchen mit sich herum.»

Zu diesem Zeitpunkt erscheint es angebracht, sich mit dem in Abbildung 1 (a) gezeigten Struktur-Diagramm zu befassen. Es erfasst, vom Standpunkt der Gegenwart aus betrachtet, die vollständige Persönlichkeit eines jeden Individuums und schließt seinen Eltern-Ich-Zustand, seinen Erwachsenen-Ich-Zustand und seinen Kindheits-Ich-Zustand ein. Diese sind gegeneinander sorgfältig abgegrenzt, denn sie sind nicht nur untereinander sehr verschieden, sondern stehen sogar oft in erheblichem Widerspruch zueinander. Dem ungeübten Betrachter mögen diese Unterscheidungen zunächst nicht ganz klar sein, aber für jeden, der sich die Mühe macht, sich mit dem Prinzip einer Strukturdiagnose zu befassen, gewinnen sie schnell an Bedeutung und Interesse. Abbildung I (b) stellt eine leicht verständliche, vereinfachte Form des Struktur-Diagramms dar.

Abbildung 1

Struktur-Diagramm: Vereinfachte Form

Bevor wir uns von der Struktur-Analyse einem anderen Thema zuwenden, sollten noch gewisse mögliche Komplikationen geklärt werden.

1. Die Bezeichnung ‹kindlich› wendet man bei einer Struktur-Analyse grundsätzlich nicht an, denn ihr haftet ein starker Beigeschmack von etwas an, das unerwünscht ist, und das man folglich nicht beibehalten, sondern loswerden möchte. Zur Charakterisierung des Kindheits-Ichs (eines regressiven Ich-Zustands) benutzt man den Begriff ‹kindhaft›; er ist biologisch mehr gerechtfertigt und durchaus neutral. Tatsächlich ist das Kindheits-Ich in vieler Hinsicht der wertvollste Bestandteil der Persönlichkeit, und es kann für das Leben des Individuums genau den gleichen Beitrag leisten, den ein wirkliches Kind zum Familienleben beisteuert: Anmut, Freude und schöpferischen Impuls. Ist das Kindheits-Ich im Individuum konfus und angekränkelt, dann können sich daraus verhängnisvolle Folgen ergeben; es kann und sollte allerdings dagegen etwas unternommen werden.

2. Das eben Gesagte gilt auch für die Bezeichnung ‹reif› und ‹unreif›. In diesem System gibt es nicht so etwas wie eine ‹unreife Person›. Es gibt nur Leute, bei denen das Kindheits-Ich in unangemessener Form die Oberhand gewinnt; aber all diese Leute haben auch ein vollständiges, wohlstrukturiertes Erwachsenen-Ich, das nur freigelegt bzw. aktiviert zu werden braucht. Umgekehrt sind die so genannten ‹reifen Menschen) Leute, die in der Lage sind, ihr Erwachsenen-Ich die meiste Zeit über unter Kontrolle zu halten; ihr Kindheits-Ich gewinnt nur gelegentlich die Oberhand, wobei sich dann freilich nicht selten bestürzende Folgen ergeben.

3. Besondere Beachtung verdient die Tatsache, dass das Eltern-Ich sich in zweierlei Form manifestiert, in einer direkten und einer indirekten: als aktiver Ich-Zustand und als Einflussfaktor. Ist es direkt aktiv, dann reagiert die Person ebenso, wie auch ihr Vater (bzw. ihre Mutter) tatsächlich reagiert haben («Tue das, was ich tue!»). Macht es sich nur als indirekter Einflussfaktor geltend, dann reagiert der Mensch so, wie seine Eltern es von ihm erwartet haben («Tue nicht das, was ich tue, sondern das, was ich dir sage!»). Im ersten Fall identifiziert er sich mit ihnen, im zweiten passt er sich ihren Anforderungen an.

4. Ebenso manifestiert sich auch das Kindheits-Ich in zwei Formen: dem angepassten Kindheits-Ich und dem natürlichen Kindheits-Ich. Das angepasste Kindheits-Ich modifiziert sein Verhalten unter dem Einfluss des Eltern-Ichs. Es verhält sich so, wie sein Vater (bzw. seine Mutter) es von ihm erwartet haben: z.B. willfährig oder altklug. Oder es passt sich an, indem es sich zurückzieht oder wimmert. Der Einfluss des Eltern-Ichs ist also als Ursache anzusehen, das angepasste Kindheits-Ich als Wirkungseffekt. Das natürliche Kindheits-Ich manifestiert sich in Spontan-Reaktionen, z.B. Rebellion oder schöpferischer Impuls. Eine Bestätigung der Struktur-Analyse lässt sich an den Auswirkungen des Alkoholrausches ablesen. Gewöhnlich setzt er zunächst das Eltern-Ich außer Kraft; das angepasste Kindheits-Ich wird so der Einflusssphäre des Eltern-Ichs entzogen und verwandelt sich im Gefolge dieser Loslösung in das natürliche Kindheits-Ich. Zur Durchführung einer erfolgreichen Analyse von Spielen reichen die oben genannten Ausführungen in Bezug auf die Persönlichkeits-Struktur in den meisten Fällen aus.

Ich-Zustände sind durchaus normale psychologische Phänomene. Das menschliche Gehirn ist das Organ bzw. der organisierende Faktor des psychischen Lebens, und seine Produkte werden in Form von Ich-Zuständen organisiert und gespeichert. Dafür gibt es bereits konkrete Beweise in einigen Untersuchungsergebnissen von Penfield und seinen Mitarbeitern.[1] Es gibt auf verschiedenen Ebenen andere Auslesesysteme, wie z.B. die Fähigkeit, Tatsachen im Gedächtnis zu behalten, doch besteht die natürliche Form der Erfahrung in wechselnden Geisteshaltungen. Jede Art von Ich-Zustand hat ihre eigene lebenswichtige Bedeutung für den menschlichen Organismus.

Im Kindheits-Ich wohnen Intuition[2], Kreativität sowie spontane Antriebskraft und Freude.

Das Erwachsenen-Ich ist für die Nutzung der Überlebenschancen unentbehrlich. Es übermittelt Informationen und wertet die Möglichkeiten aus, die von essenzieller Bedeutung für eine erfolgreiche Bewältigung der Umwelt sind. Es erlebt auf seine ganz spezielle Art Rückschläge und Genugtuungen. Überquert man z.B. eine verkehrsreiche öffentliche Straße, dann erfordert das die Übermittlung einer komplizierten Reihe von Informationen in Bezug auf die verschiedenen Geschwindigkeiten; die ‹Aktion› wird so lange hinausgezögert, bis die angestellten Berechnungen einen hohen Wahrscheinlichkeitsgrad dafür ergeben, dass man die andere Straßenseite sicher erreicht. Die Genugtuung, die man bei erfolgreich angestellten Berechnungen dieser Art empfindet, trägt ihrerseits auch zu der Freude bei, die etwa durch das Skifahren, Fliegen, Segeln und andere mobile Sportarten ausgelöst wird. Eine weitere Aufgabe des Erwachsenen-Ichs besteht darin, einen regulierenden Einfluss auf die Tätigkeiten des

Das Eltern-Ich hat zwei Hauptfunktionen. Erstens ermöglicht es dem Individuum, als Elternteil tatsächlich vorhandener Kinder wirkungsvoll zu fungieren und so zum Überleben des Menschengeschlechts beizutragen. Welche Bedeutung es in dieser Hinsicht hat, geht aus der Tatsache hervor, dass es Menschen, die schon in früher Kindheit verwaist waren, wesentlich schwerer fällt, selbst Kinder aufzuziehen, als solchen, die lange in wohl behüteten Familien aufgewachsen sind. Zweitens vollzieht sich ein Großteil der Reaktionen des Eltern-Ichs ganz automatisch, und das bedeutet eine erhebliche Einsparung von Zeit und Energie. Viele Dinge werden getan, ‹einfach, weil man sie so tut›. Dadurch bleibt es dem Erwachsenen-Ich erspart, zahllose Trivial-Entscheidungen zu fällen, und es kann sich, indem es die Routine-Angelegenheiten dem Eltern-Ich überlässt, selbst intensiver den bedeutungsvolleren Problemen zuwenden.

Es haben also alle drei Persönlichkeitsaspekte einen hohen Lebens- und Überlebenswert; wenn allerdings der eine oder andere von ihnen das gesunde Gleichgewicht zwischen ihnen stört, dann ergibt sich die Notwendigkeit zu einer Analyse und zur Reorganisation. Sonst aber haben alle drei: Eltern-Ich, Erwachsenen-Ich und Kindheits-Ich Anspruch auf gleiche Berücksichtigung, und jedes von ihnen hat seinen legitimen Platz in einem erfüllten und produktiven Leben.