Take That

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Am Ende blieb uns nur die Unterhose. Sie war schwarz, mit pinkfarbenem, großbuchstabigem Glitzeraufdruck, quer über den Hintern: Could it be magic?, stand darauf. Meine Schwester hatte sie nach dem Konzert am Merchandise-Stand gekauft, dann aber nicht zu unseren anderen Sachen in die Tasche gesteckt, sondern im Überschwang direkt über die Jeans gezogen, damit möglichst viele Menschen diese wichtige, vielleicht wichtigste Frage überhaupt lesen könnten: Could it be magic, now? NOW? Now – and hold on fast! Could this be the magic, at last?

Glänzender Laune waren wir so in eine Kneipe eingelaufen, hatten kurz (überraschend synchron) ein paar Elemente aus der Pray-Choreografie

Ich liebe Take That. Nicht als Pose, nicht mit ironischem Schutzschürzchen oder aus pappig-leutseligem Wohlwollen ihrer scheinbaren Kunst gegenüber – gönnerhafte Popgoutierer, die nie etwas ernst nehmen, nie ihr Herz an offensichtlichen Quatsch verschenken können, sind die schlimmsten und ärmsten Menschen. Meine Liebe zu Take That hat keinen doppelten Distinktionsboden, und ich habe auch keinen jederzeit abspulbaren Kurzvortrag dazu einstudiert, warum man die Band als ästhetiktheoretisch interessierter Mensch schon allein wegen der Theatralik und Verspieltheit ihrer

Ich liebe Take That für ihre schönen Lieder und für ihre albernen. Für das Leporello an Männlichkeitsideen, das sie vor mir auffalten, und natürlich für ihre Choreografien. Dafür, dass man sich zwar immer etwas Cooles zusammenlügt, wenn jemand beim überambitionierten Small Talk fragt, welcher Song einen verlässlich zum Tanzen bringt – aber in Wahrheit ist es eben doch für immer und ewig Relight my Fire. Ich liebe sie dafür, dass man, wenn man ehrlich ist, nicht viel mehr über die Liebe wissen muss, als in den Liedern von Take That vorkommt (wenn man die B-Seiten dazunimmt). Take That sind meine liebsten Fluchthelfer aus dem schrundigen Alltag, und an manchen, seltenen Tagen glaube ich wirklich daran, dass das Leben so dramatisch und toll sein kann, wie ihre Musik behauptet. Magic, möglicherweise.

Es war keine klassische, von pubertärer Verwirrung befeuerte Boybandbeschmachtung, die uns zusammenführte. Meine Liebe zu Take That gleicht eher einem neuseeländischen

Natürlich habe ich durch meine späte Liebe einiges verpasst. In der Ur-Vollbesetzung, als TT5, wie man im korrekten Thatter-Lingo natürlich sagt, habe ich sie nie gesehen, immerhin mehrfach als TT4, nachdem Robbie gegangen war, später als TT4 plus 1, als Robbie kurzzeitig wiederkam, und schließlich als TT3, nachdem Jason irgendwann keinen Bock mehr hatte, immer nur dieses eine trutschige Liedchen über ein altes Ruderboot singen zu dürfen. Durch all diese Transformationen konnte ich zusehen, wie Take That als erste und einzige Boyband ihr eigenes Verfallsdatum überlebte. Sie löste sich auf und kehrte wieder, transformiert zur Manband, nicht auf einer letzten Cash-only-Abstaubetour, sondern sehr ernsthaft, noch

Pop ist kein nachhaltiges Business, sondern ein kapriziöser Pfau, leicht scheuchbar, und dass ausgerechnet eine Boyband, die ja naturgemäß als maximal zusammengeschraubt und retortig gilt, mit den Jahren tatsächlich in einen anderen Zustand reifen könnte, war bis dahin nicht vorgesehen. Boybands verschnabulierte man am besten jung, wie Brennnesseln, die zunächst zart und später eher unerfreulich sind. Oder wie Lämmchen, bevor die mit dem Alter unvermeidliche Hammelverranzung eintritt.

Die neuen, alten Take Thats können nicht nur noch immer sehr gut singen und tanzen, sie bringen vor allem etwas mit, das keine jugendliche Boyband der Welt besitzen kann, so ausgebufft ihr storytellender Gründungsmythos auch sein mag: Eine eigene Geschichte, jeder für sich, die zusammengebunden das große Take-That-Epos ergibt. Gary, Robbie, Mark, Howard und Jason, jeder von ihnen hat in der gereiften Altersvariante eine kleine Glückskekszettelweisheit, die mich rührt oder amüsiert.

Damit variiert Take That ein zentrales Genremerkmal. Nicht nur das Leben ist angeblich wie

Mit ihrer zweiten, gereiften Variante haben Take That die erprobte Boyband-Gemütsdiversifizierungsformel (süß/sensibel/sexy/lustig/auch dabei) nun in eine Sammlung von Ideen verwandelt, wie man mit dem Älterwerden umgehen kann, fünf völlig verschiedene Konzepte des Erwachsenseins: Gary Barlow ist der klassische Heldenreisende, der nach allerhand Unsicherheiten und Gestrauchel in der ersten Lebenshälfte nun strahlend dort gelandet ist, wo er immer hinzugehören schien. Mark Owen ist der

Zusammen bilden die fünf einen aufwändig musikalisch unterlegten Schnellkurs in Altersakzeptanz: Everything changes – and you, too! Welches der