Die Originalausgabe erschien 1972 unter dem Titel «Charlie and the Great Glass Elevator» bei Alfred A. Knopf, Inc., New York.
Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, März 2019
Copyright © 1987 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg
«Charlie and the Great Glass Elevator» Copyright © 1972 by Roald Dahl Nominee Ltd.
Alle Rechte an der deutschen Übersetzung von Adolf Himmel bei C. Bertelsmann Verlag GmbH, München
Übersetzung der Verse von Roswitha Fröhlich
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Umschlaggestaltung any.way, Barbara Hanke/Cordula Schmidt
Umschlag- und Innenillustrationen Copyright © 1995 by Quentin Blake
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ISBN Printausgabe 978-3-499-21212-3 (7. Auflage 2018)
ISBN E-Book 978-3-644-57411-3
www.rowohlt.de
ISBN 978-3-644-57411-3
Für meine Töchter
Tessa, Ophelia, Lucy
und für meinen Patensohn
Edmund Pollinger
Zum letzten Mal haben wir Charlie gesehen, als er im großen gläsernen Fahrstuhl hoch über seiner Heimatstadt flog. Kurz zuvor hatte Herr Wonka ihm eröffnet, dass die ganze gewaltige phantastische Schokoladenfabrik jetzt ihm gehörte, und nun kehrte der kleine Charlie im Triumph mit seiner ganzen Familie zurück, um die Fabrik zu übernehmen. Die Passagiere im Fahrstuhl (falls ihr’s vergessen haben solltet) waren:
Charlie Bucket, unser Held.
Herr Willy Wonka, ein weltberühmter Schokoladenhersteller.
Herr und Frau Bucket, Charlies Eltern.
Großvater Josef und Großmutter Josefine, Herrn Buckets Eltern.
Großvater Georg und Großmutter Georgine, Frau Buckets Eltern.
Großmutter Josefine, Großmutter Georgine und Großvater Georg lagen noch im Bett, so wie sie kurz vor dem Start in den Fahrstuhl gebracht worden waren. Großvater Josef war – ihr erinnert euch sicher – morgens aufgestanden, um zusammen mit Charlie die Schokoladenfabrik zu besichtigen.
Der große gläserne Fahrstuhl flog jetzt in einer Höhe von dreihundert Metern und machte gute Fahrt. Der Himmel leuchtete strahlend blau. Alle an Bord waren vor Aufregung ganz außer sich bei dem Gedanken, dass sie von nun an in der berühmten Schokoladenfabrik leben sollten.
Großvater Josef sang.
Charlie von einem hopste Bein aufs andere.
Herr und Frau Bucket schmunzelten zum ersten Mal seit Jahren und die drei alten Leute im Bett lächelten einander mit rosigen, zahnlosen Mündern an.
«Wie kann sich dieses verrückte Ding denn bloß in der Luft halten?», krächzte Großmutter Josefine.
«Mit Himmelshaken», antwortete Herr Wonka.
«Himmelshaken», wiederholte Großmutter Josefine erstaunt.
«Meine Liebe», sagte Herr Wonka, «Sie sind hier noch neu. Wenn Sie erst einmal eine Weile bei uns sind, erstaunt Sie gar nichts mehr.»
«Diese Himmels haken …», sagte Großmutter Josefine. «Ich nehme an, ein Ende hakt an diesem Ding hier ein. Richtig?»
«Richtig», sagte Herr Wonka.
«Und wo hakt das andere Ende ein?», fragte Großmutter Josefine.
«Von Tag zu Tag», sagte Herr Wonka, «werde ich schwerhöriger. Erinnern Sie mich bitte daran, dass ich sofort meinen Ohrenarzt anrufe, wenn wir wieder zu Hause sind.»
«Charlie», sagte Großmutter Josefine. «Ich glaube, diesem Herrn ist nicht zu trauen.»
«Nein», meinte Großmutter Georgine. «Er redet Unsinn.»
Charlie beugte sich über das Bett und flüsterte den beiden alten Frauen zu: «Bitte verderbt nicht alles! Herr Wonka ist phantastisch. Er ist mein Freund und ich habe ihn sehr gern.»
«Charlie hat Recht», flüsterte Großvater Josef, der zu ihnen kam. «Sei bitte still, Finchen, und mach uns keinen Ärger.»
«Wir müssen uns beeilen», sagte Herr Wonka. «Wir haben so viel Zeit und so wenig zu tun! Nein! Wartet! So nicht! Umgekehrt! Danke! Jetzt zurück zur Fabrik!», rief er, und dabei klatschte er einmal in die Hände und sprang mit beiden Füßen zwei Fuß hoch. «Rückflug zur Fabrik! Aber wir müssen rauf, bevor wir runter können. Höher und höher müssen wir steigen!»
«Was habe ich euch gesagt», meinte Großmutter Josefine. «Der Mann ist verrückt.»
«Sei still, Finchen!», sagte Großvater Josef. «Herr Wonka weiß schon, was er tut.»
«Übergeschnappt ist er!», rief Großmutter Georgine.
«Wir müssen höher rauf!», sagte Herr Wonka. «Noch viel, viel höher! Festhalten!» Er drückte auf einen braunen Knopf. Der Fahrstuhl erzitterte und schoss dann mit zischendem Geheul wie eine Rakete senkrecht in die Höhe. Alle klammerten sich aneinander fest, als die große Maschine nun immer schneller stieg. Das Brausen des Fahrtwindes wurde lauter und lauter, er pfiff und heulte und schwoll schließlich zu einem ohrenbetäubenden Kreischen an, sodass sie sich nur noch schreiend verständigen konnten.
«Halt!», brüllte Großmutter Josefine. «Josef, sag ihm, er soll halten! Ich will aussteigen!» – «Hilfe!», brüllte Großmutter Georgine.
«Runter!», brüllte Großvater Georg.
«Nein, nein!», brüllte Herr Wonka zurück. «Wir müssen rauf!»
«Aber warum denn?», schrien alle gleichzeitig. «Warum rauf und nicht runter?»
«Weil wir dann viel mehr Fahrt draufhaben, wenn wir unten aufschlagen», sagte Herr Wonka. «Wir müssen ein ganz irrsinniges Tempo draufhaben, wenn wir aufschlagen.»
«Wo aufschlagen?», riefen sie.
«Auf der Fabrik, wo sonst?», erwiderte Herr Wonka.
«Sie haben wohl den Verstand verloren!», rief Großmutter Josefine. «Da werden wir ja zu Mus zerquetscht.»
«Oder zerquirlt wie Rührei!», stöhnte Großmutter Georgine.
«Das», sagte Herr Wonka, «müssen wir riskieren.»
«Sie machen nur Spaß, nicht wahr», meinte Großmutter Josefine. «Sagen Sie uns, dass Sie nur Spaß machen.»
«Gute Frau», erwiderte Herr Wonka. «Ich mache nie Spaß.»
«Ach, meine Lieben!», rief Großmutter Georgine. «Wir werden frikassiert, allesamt!»
«Höchstwahrscheinlich», sagte Herr Wonka.
Großmutter Josefine schrie auf und verschwand unter der Bettdecke. Großmutter Georgine klammerte sich so fest an Großvater Georg, dass der sich krümmte und wand. Und Herr und Frau Bucket hielten einander stumm vor Angst umschlungen. Nur Charlie und Großvater Josef blieben einigermaßen gefasst. Sie waren schon weit gereist mit Herrn Wonka und hatten sich an Überraschungen gewöhnt.
Aber als der große gläserne Fahrstuhl nun immer weiter aufwärts sauste und sich immer mehr von der Erde entfernte, wurde selbst Charlie allmählich ein bisschen nervös. «Herr Wonka!», brüllte er durch den Krach. «Ich verstehe nur nicht, warum wir mit solch einem irrsinnigen Tempo runterkommen müssen.»
«Lieber Junge», antwortete Herr Wonka, «wenn wir nicht mit irrsinnigem Tempo runterkommen, können wir das Dach der Fabrik nicht durchstoßen. Es ist gar nicht so einfach, ein Loch in solch ein stabiles Dach zu sprengen.»
«Aber es ist doch schon ein Loch darin», sagte Charlie. «Wir haben eins gemacht, als wir rausgekommen sind.»
«Dann machen wir eben noch eins», meinte Herr Wonka. «Zwei Löcher sind besser als eins. Jede Maus kann dir das bestätigen.»
Immer höher sauste der große gläserne Fahrstuhl, und schon bald konnten sie die Länder und Meere der Erde wie eine Landkarte unter sich ausgebreitet sehen. Es war ein schöner Anblick, aber wenn man dabei auf einem gläsernen Fußboden steht und nach unten guckt, kriegt man schon ein mulmiges Gefühl. Sogar Charlie erging es so. Er umklammerte Großvater Josefs Hand und schaute zu dem alten Mann auf. «Ich habe Angst, Großvater», sagte er.
Großvater Josef legte Charlie den Arm um die Schultern und zog ihn an sich. «Ich auch, Charlie.»
«Herr Wonka!», rief Charlie. «Meinen Sie nicht, dass wir jetzt ungefähr hoch genug sind?»
«Fast», antwortete Herr Wonka. «Aber noch nicht ganz. Sprich jetzt bitte nicht mit mir. Stör mich nicht. In dieser Phase muss ich ganz besonders gut aufpassen. Es kommt auf Bruchteile von Sekunden an, mein Junge. Siehst du diesen grünen Knopf? Den muss ich im genau richtigen Augenblick drücken. Eine halbe Sekunde zu spät, und wir sind zu hoch!»
«Was passiert, wenn wir zu hoch sind?», fragte Großvater Josef.
«Würden Sie bitte das Reden unterlassen, damit ich mich konzentrieren kann!», sagte Herr Wonka.
Genau in diesem Augenblick steckte Großmutter Josefine den Kopf unter der Bettdecke hervor und warf einen Blick über die Bettkante. Durch den Glasboden sah sie mehr als dreihundert Kilometer unter sich ganz Nordamerika, nicht größer als eine Tafel Schokolade. «Einer muss diesen Irrsinnsmenschen bremsen!», schrie sie und griff blitzschnell mit ihrer runzligen alten Hand Herrn Wonka beim Rockschoß und riss ihn rückwärts aufs Bett.
«Nicht doch!», rief Herr Wonka, während er sich loszureißen versuchte. «Lassen Sie mich los! Ich habe zu tun! Stören Sie nicht den Piloten!»
«Sie verrückter Kerl!», schrie Großmutter Josefine und schüttelte Herrn Wonka so heftig, dass sein Kopf nur noch verschwommen zu sehen war. «Bringen Sie uns gefälligst sofort wieder zurück!»
«Lassen Sie mich los!», rief Herr Wonka. «Ich muss auf den Knopf dort drücken, sonst steigen wir zu hoch! Loslassen! Loslassen!» Aber Großmutter Josefine ließ ihn nicht los. «Charlie!», riefHerr Wonka. «Drück du auf den Knopf! Auf den grünen! Schnell, schnell, beeil dich!»
Charlie machte einen Satz durch den Fahrstuhl und stieß den Daumen gegen den grünen Knopf. Aber da stöhnte der Fahrstuhl gewaltig auf und drehte sich auf die Seite. Das brausende Geheul verstummte. Auf einmal war es unheimlich still.
«Zu spät!», rief Herr Wonka. «Ach, du liebe Zeit, jetzt hat’s uns erwischt!» Er hatte noch nicht ausgesprochen, da hob das Bett mit den drei alten Leuten darin und Herrn Wonka obenauf sachte vom Boden ab und hing dann frei in der Luft. Charlie und Großvater Josef und Herr und Frau Bucket stiegen ebenfalls in die Höhe, und im Handumdrehen schwebte die ganze Reisegesellschaft mitsamt dem Bett wie Luftballons im großen gläsernen Fahrstuhl umher.
«Merken Sie nun, was Sie angerichtet haben!», sagte Herr Wonka im Schwebeflug.
«Was ist passiert?», rief Großmutter Josefine laut. Sie war vom Bett emporgestiegen und schwebte jetzt im Nachthemd dicht unter der Decke des Fahrstuhls.
«Sind wir zu weit?», fragte Charlie.
«Zu weit?», rief Herr Wonka. «Und ob wir zu weit sind! Wisst ihr, wo wir jetzt sind, meine Freunde? Wir sind auf einer Erdumlaufbahn!»
Sie starrten ihn an, stumm, mit offenem Mund. Vor Verblüffung fehlten ihnen die Worte. «Wir sausen jetzt mit einer Geschwindigkeit von 27000 Stundenkilometern um die Erde», erklärte Herr Wonka. «Was sagen Sie dazu?»
«Ich ersticke!», japste Großmutter Georgine. «Ich kriege keine Luft mehr!»
«Natürlich nicht», sagte Herr Wonka. «Hier oben ist keine Luft.» Er schwamm sozusagen zu einem Knopf unter der Decke mit der Bezeichnung SAUERSTOFF und drückte darauf. «So», sagte er. «Atmen Sie nur drauflos.»
«Das ist vielleicht ein komisches Gefühl», sagte Charlie umherschwimmend. «Ich komme mir vor wie eine Seifenblase.»
«Es ist wunderbar», stellte Großvater Josef fest. «Mir ist, als wöge ich gar nichts.»
«Tun Sie auch nicht», sagte Herr Wonka. «Wir wiegen alle nichts – nicht einmal ein Gramm.»
«So ein Quatsch!», erwiderte Großmutter Georgine. «Ich wiege haargenau einhundertsiebenundzwanzig Pfund.»
«Jetzt aber nicht», widersprach Herr Wonka. «Sie sind ganz und gar schwerelos. »
Die drei alten Leute, Großvater Georg, Großmutter Georgine und Großmutter Josefine, versuchten angestrengt, ins Bett zurückzukrabbeln, was ihnen jedoch nicht gelang. Das Bett schwebte frei im Raum, sie selbst natürlich auch, und jedes Mal, wenn sie überm Bett ankamen und sich hineinlegen wollten, stiegen sie gleich wieder hoch. Charlie und Großvater Josef lachten laut auf.
«Was ist denn so komisch?», fragte Großmutter Josefine.
«Endlich haben wir euch aus dem Bett gekriegt», sagte Großvater Josef.
«Sei still! Hilf uns lieber wieder rein!», fuhr Großmutter Josefine ihn an.
«Sinnlos», sagte Herr Wonka. «Sie bleiben doch nicht drin. Schweben Sie nur ruhig weiter und freuen Sie sich daran.»
«Der Kerl ist wahnsinnig!», rief Großmutter Georgine. «Passt bloß auf, sonst frikassiert er uns allesamt!»
Herrn Wonkas großer gläserner Fahrstuhl war nicht der einzige künstliche Trabant, der zu diesem Zeitpunkt die Erde umkreiste. Zwei Tage zuvor hatten die Vereinigten Staaten ihr erstes Weltraumhotel auf eine Erdumlaufbahn gebracht, eine riesige, wurstförmige Kapsel von nicht weniger als dreihundert Meter Länge. Es trug den Namen Raumhotel «USA» und galt als ein Wunder des Weltraumzeitalters. In seinem Innern befanden sich ein Tennisplatz, ein Schwimmbecken, eine Turnhalle, ein Kinderspielzimmer und fünfhundert Luxuszimmer, alle mit Bad. Es war mit einer Klimaanlage ausgestattet und außerdem mit einem Schwerkrafterzeuger, damit man im Innern nicht umherschwebte. Man ging ganz normal.
Dieser außergewöhnliche Raumkörper sauste nun in einer Höhe von dreihundertsechzig Kilometern um die Erde. Die Gäste sollten hinauf- und wieder heruntergebracht werden durch einen Taxidienst: kleine Raumkapseln, die von Freitag bis Montag, jede volle Stunde, auf Kap Canaveral starten würden. Bisher jedoch befand sich überhaupt noch niemand an Bord, nicht einmal ein Astronaut. Kein Mensch hatte nämlich geglaubt, solch ein Riesending könne jemals vom Boden abheben, ohne zu explodieren.
Aber der Start war ein großer Erfolg gewesen, und nachdem das Raumhotel nun wohlbehalten seine Umlaufbahn erreicht hatte, bereitete man fieberhaft den Abflug der ersten Gäste vor. Es hieß, der Präsident der Vereinigten Staaten werde unter den Ersten sein, die in dem Hotel abstiegen, und natürlich rissen sich überall auf der Welt alle möglichen Leute um die Zimmer. Mehrere Könige und Königinnen hatten ans Weiße Haus telegrafiert und um Zimmerreservierungen gebeten. Und ein Ölmillionär aus Texas mit Namen Orson Cart, dessen Heirat mit einem Hollywoodsternchen namens Helen Highwater kurz bevorstand, bot hunderttausend Dollar pro Tag für das Hochzeitsappartement.
Aber man kann nicht Gäste in ein Hotel schicken, wenn da nicht viele, viele Leute sind, die sich um die Gäste kümmern. Und das ist der Grund, warum noch ein dritter interessanter Flugkörper in diesem Augenblick die Erde umkreiste, nämlich die große Transportkapsel mit dem gesamten Personal für das Raumhotel «USA»: Direktoren, stellvertretende Direktoren, Portiers, Zimmermädchen, Serviererinnen, Pagen, Konditoren und Empfangschefs. Die Besatzung dieser Kapsel bestand aus den berühmten Astronauten Shuckworth, Shanks und Showler, alle drei gut aussehend, intelligent und tapfer.
«In genau einer Stunde», teilte Shuckworth übers Mikrofon den Passagieren mit, «koppeln wir am Raumhotel ‹USA› an, eurem Zuhause für die nächsten zehn Jahre. Wenn ihr mal genau nach vorn guckt, müsstet ihr jetzt jeden Augenblick dieses großartige Raumschiff auftauchen sehen. Ah ja! Ich sehe da was! Das muss es sein, Leute! Ganz sicher – da vorn fliegt irgendwas!»
Shuckworth, Shanks und Showler und mit ihnen die Direktoren, stellvertretenden Direktoren, Portiers, Serviererinnen, Pagen, Zimmermädchen, Konditoren und Empfangschefs spähten aufgeregt aus dem Fenster. Shuckworth zündete ein paar kleine Raketen, um den Flug der Kapsel zu beschleunigen, und nun holten sie sehr schnell auf.
«He!», brüllte Showler. «Das ist doch nicht unser Raumhotel!»
«Heiliger Strohsack!», rief Shanks. «Was ist denn das, in drei Teufels Namen?»
«Schnell! Fernglas her!», schrie Shuckworth. Mit der einen Hand stellte er das Fernglas scharf ein, mit der anderen drückte er auf den Knopf für die Bodenkontrolle. «Hallo, Houston!», rief er ins Mikrofon. «Hier oben ist was Verrücktes im Gange! Vor uns kreist ein Ding um die Erde, und das sieht ganz gewiss nicht wie ein Raumschiff aus.»
«Bitte sofort beschreiben!», befahl die Bodenkontrolle in Houston.
«Es … es ist ganz aus Glas und irgendwie viereckig und es sind viele Leute drin! Die schwimmen alle rum wie Fische im Aquarium.»
«Wie viele Astronauten an Bord?»
«Keine», antwortete Shuckworth. «Das können unmöglich Astronauten sein.»
«Wie kommen Sie zu der Vermutung?»
«Weil mindestens drei von ihnen im Nachthemd sind.»
«Lassen Sie den Unfug, Shuckworth!», kam es barsch von der Bodenkontrolle. «Reißen Sie sich zusammen, Mann! Die Sache ist ernst!»
«Ich schwöre es!», rief der arme Shuckworth. «Drei von ihnen sind im Nachthemd! Zwei alte Frauen und ein alter Mann! Ich kann sie ganz deutlich sehen! Ich kann sogar ihre Gesichter erkennen! Menschenskind, die sind älter als Moses! Mindestens neunzig!»
«Sie müssen übergeschnappt sein, Shuckworth!», rief die Bodenkontrolle. «Sie sind entlassen! Geben Sie mir Shanks!»
«Hier spricht Shanks», sagte Shanks. «Nun hören Sie mal zu, Houston. Da schwimmen drei alte Figuren im Nachthemd in diesem verrückten Glaskasten rum, und dann ist da noch so ein komischer kleiner Kerl mit einem Spitzbart, der hat einen schwarzen Zylinder auf und trägt einen pflaumenblauen Samtfrack mit flaschengrünen Hosen …»
«Aufhören!», schrie die Bodenkontrolle.
«Das ist noch nicht alles», sagte Shanks. «Sie haben auch noch einen kleinen Jungen dabei, der dürfte ungefähr zehn Jahre alt sein … »
«Das ist kein Junge, Sie Idiot!», rief die Bodenkontrolle. «Das ist ein verkleideter Astronaut! Ein Zwergastronaut, der wie ein Junge angezogen ist! Diese alten Leute sind ebenfalls Astronauten! Die sind alle nur verkleidet!»
«Aber wer sind sie?», rief Shanks.
«Woher sollen wir das wissen?», sagte die Bodenkontrolle. «Steuern sie auf unser Raumhotel zu?»
«Ja! Genau darauf zu!», rief Shanks. «Ich sehe das Raumhotel jetzt ungefähr zwei Kilometer vor uns.»
«Die wollen es zerstören!», brüllte die Bodenkontrolle. «Alarm! Alarmstufe drei! Al …» Plötzlich wurde dem Sprecher das Wort abgeschnitten und Shanks hörte eine ganz andere Stimme in seinem Kopfhörer, eine tiefe, raue Stimme.
«Ich übernehme das Kommando», sagte die tiefe, raue Stimme. «Hören Sie mich, Shanks? Sind Sie noch da?»
«Selbstverständlich bin ich noch da», sagte Shanks. «Aber wie unterstehen Sie sich, hier einfach dazwischenzuquatschen? Stecken Sie gefälligst Ihre dicke Nase hier nicht rein. Wer sind Sie denn überhaupt?»
«Hier spricht der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika», antwortete die Stimme.
«Und hier spricht der Kaiser von China», sagte Shanks. «Wem wollen Sie denn hier etwas weismachen?»
«Schluss mit dem Quatsch, Shanks», fuhr der Präsident ihn an. «Es handelt sich um einen nationalen Notstand!»
«Ach du grüne Neune!», sagte Shanks zu Shuckworth und Showler gewandt. «Es ist tatsächlich der Präsident. Präsident Gilligrass persönlich … Ja, guten Tag, Herr Präsident!Wie geht es Ihnen denn heute, Sir?»
«Wie viele Leute befinden sich in dieser Glaskapsel?», fragte der Präsident schroff.
«Acht», antwortete Shanks. «Und alle schweben.»
«Schweben?»
«Hier oben wirkt die Anziehungskraft der Erde nicht mehr, Herr Präsident. Alles schwebt. Auch wir würden schweben, wenn wir nicht festgeschnallt wären.Wussten Sie das denn nicht?»
«Natürlich wusste ich das», sagte der Präsident. «Was können Sie mir sonst noch über diese Glaskapsel berichten?»