Inhaltsverzeichnis

Fußnoten

Eine Pornoproduktionsfirma, Caballero Home Video, hat ihren Hauptsitz in einem großen Doppelhaus in Van Nuys, dessen andere Hälfte die Tonbühne von Beverly Hills 90210 ist.

Das Passiv ist hier eine Spur unredlich – die Pressemitteilung selbst ist die Bekanntgabe.

Bei einer durchschnittlichen Filmlänge von 90 Minuten heißt das, dass jemand oder dass mehrere Menschen 1,4 Jahre ununterbrochenen Pornokonsum hinter sich haben. Hierher rührt die Alternative Ihrer Autoren für US-Amerikaner, die von der Fleischeslust dermaßen gefoltert werden, dass sie zur Autokastration neigen: Bewerben Sie sich für die Jury der AVN Awards und schauen Sie sich pausenlose 1,4 Jahre lang die neuesten Pornos an. Wir garantieren Ihnen, dass Sie danach nie wieder an menschliche Sexualität denken, etwas von ihr sehen oder hören oder ihr gar selber nachgehen wollen. Das können Sie uns glauben. Die fünf (ausschließlich männlichen) Printmedienfuzzis, die 1998 von den AVN Awards zu berichten hatten, waren der einhelligen Meinung: Das Ansehen allein des Dutzends »prominenter« oder »hoch gehandelter« Pornos des vergangenen Jahres – Bad Wives, Zazel, A Week and a Half in the Life of a Prostitute, Miscreants, New Wave Hookers 5, Seduce & Destroy, Buttman in Barcelona, Gluteus to the Maximus – verschmort einem die glanduläre Hauptplatine. Am Ende des Awards-Wochenendes hatte keiner von uns auch nur noch biologisch normale Morgenlatten oder Erektionen à la Busfahrt ins Hotel auf Schlaglochpiste; und kamen noch so unschuldige Angehörige des anderen Geschlechts auf uns zu, zuckten wir alle zurück wie vor einer Kerzenflamme (was uns laut Aussage unserer Kellnerin am Sonntagmorgen zu einer schrägen und problematischen Frühstückstruppe machte).

(Besonders Peter North liefert anscheinend eher Granatwerfersalven als biologische Emissionen.)

Ja, natürlich ist »Software« hier eine hübsch irreführende Bezeichnung. Wir dürften alle naslang in Versuchung sein, nach verfänglichen Zweideutigkeiten zu zwinkern, Rippenstupser zu verteilen, uns für Kalauer zu entschuldigen oder ein »wenn wir mal so sagen dürfen« anzufügen, denn bei den AAVNAs wimmelt es nur so von Anzüglichkeiten, und Ihre Aut. haben beschlossen, diese als Angelegenheiten von persönlicher Vorliebe und Geschmack dem Gutdünken der Leser zu überlassen.

St. Croix machte zunächst eine Maurerlehre, konnte über die Gewerkschaft aber keine Arbeit finden. Er hat buschige, dunkle, satanisch aussehende Augenbrauen und wurde mehrmals mit AVN Awards ausgezeichnet.

(soll heißen, beide Männer tragen gewohnheitsmäßig Fedoras)

Dick Filth berichtet, vor ein paar Jahren wäre Heavy Metal der große Branchentrend gewesen, und alle Welt hätte bei der Adult CES lange Haare, schwarze Tanktops, gusseiserne Kreuze usw. gehabt.

Vivid gehört zu den Branchenführern; ein Unternehmen, dessen Plakatwände berüchtigt sind und in der City von LA gelegentlich Auffahrunfälle verursachen.

Falls Sie so was interessiert, folgen hier D. Filths auf dem Messerundgang lautstark vorgetragene Ausführungen zu den Verflechtungen zwischen XPlor und South Park:

XPlor ist in der Pornobranche so was wie ’ne Art Anomalie. Im Großen und Ganzen wird die Industrie immer noch von den grausigen Granatenschwachmaten mit Zigarre beherrscht, die einen nur begriffsstutzig anstarren, wenn man mal versucht, ein Bonmot [als Wort mit vier Konsonanten ausgesprochen] oder so zu landen, capisce? XPlor ist dagegen eher so ein Haufen kiffende Hippies aus der Generation X, die immer für einen guten Gag zu haben sind. Nur mal so als Beispiel: Als Trey [Parker, der groeningmäßige Typ hinter South Park] und Farrel [Timlake] Kumpel geworden sind [weil Parker bei XPlor rumlungerte und für Matt (Stone, Parkers Partner bei South Park) und sich für Orgazmo recherchierte, einen noch nicht angelaufenen Film, über den Ihre Autoren auch nicht mehr wissen], drehte XPlor gerade bei Buck Henry [?!? keine erläuternden Details verfügbar – jeder tut einfach so, als gehörte die Tatsache, dass Buck Henrys Haus eine offene Tür für Hardcore-Dreharbeiten hat, heutzutage zur Allgemeinbildung]. Richard Dreyfuss und Carrie Fisher, glaube ich, waren beim Dreh auch dabei [?!? Im Ernst, jedenfalls laut Filth, der, wie Ihre Aut. hoffen, einen guten Anwalt hat], und aus Quatsch wechseln Trey und Farrel die Identitäten, verstehste? Trey tut also so, als würde er Regie führen, und gibt dabei voll die Knallcharge – »Verdammt noch mal, ihr sollt mir mehr ÄRSCHE filmen!«, so die Schiene –, während sich Farrel zurückhält und so tut, als würde er Notizen machen. Capisce? Und dann weist Trey Farrel als Trey an mitzumachen – denn, das hab ich noch vergessen, Farrel ist manchmal selbst in seinen Pornos zu sehen, wo er sich dann Tim Lake nennt, Tim Lake, verstehste? –, und Farrel spielt mit, legt Notizbuch, Handy und, quasi, auch die Klamotten weg und legt los, und da flippen die versammelten echten Typen aus dem Showbusiness [!?] total aus, kannste dir ja denken, so à la ›Ich fass es nicht: Der Typ von South Park vögelt vor der Kamera?‹ Und irgendwann gibt Trey die Kamera an Carrie Fisher [?!] weiter und sagt, sie soll mal versuchen ranzuzoomen, sie wären kurz vor dem Cumshot [siehe unten zu Definitionen des Branchenjargons] Verstehste? Ein Haufen von Ekelklumpen. [Ende der Ausführungen.]

Die durchschnittliche berufliche Lebenserwartung einer Darstellerin liegt bei zwei Jahren. Männer werden schlechter bezahlt, halten erfahrungsgemäß aber viel länger in der Branche durch – manchmal ganze Jahrzehnte.

Silvera fand in den frühen Siebzigern den Weg in die Live-Sex-Shows am Times Square und sieht aus wie eine lockenköpfige und äußerst fitte Gottesanbeterin; heute wirkt er mit seinen fast durchgehend grauen Locken noch abgefahrener. Berühmt ist er auch dafür, am Set immer mit einem Matchbeutel voller exotischer Vitamine, Kräuter- und anderer Zusätze aufzutauchen, die er sich allesamt selbst verschrieben hat.

Noch schräger ist es vielleicht, dass man danach ins Hotel zurückgondeln und sich, wenn einem der Sinn danach steht, für $ 9,95 im Bezahlfernsehen Jameson und North beim akrobatischen Hardcoresex in The Wicked One anschauen kann.

Harold Hecuba, der im Rahmen seines Zeitschriftenjobs jeden Monat Dutzende von Pornos rezensieren muss, hatte eine interessante Skizze über einen Detective vom Los Angeles Police Department beizusteuern, den er kennenlernte, nachdem H.H.s Wagen aufgebrochen und ein ganzer Karton mit Videokassetten von Elegant Angel Inc. gestohlen worden war (H.H.s Name und Dienstadresse standen auf dem Karton), der vom LAPD aber wiedergefunden werden konnte. Ein Detective brachte ihn Hecuba höchstpersönlich vorbei, eine Geste, die dieser außerordentlich einfühlsam und rücksichtsvoll fand, bis ihm aufging, dass der Detective die Kartonrückgabe nur als Vorwand genutzt hatte, um Hecuba kennenzulernen, mit dessen kritischem Werk er vertraut war, und um alle möglichen Finessen der Pornobranche mit ihm zu diskutieren. Wie sich herausstellte, war der Detective – 60, glücklich verheiratet, Opa, schüchtern, höflich, eindeutig ein anständiger Kerl – ein Hardcore-Fan. Hecuba und er gingen einen Kaffee trinken, und schließlich gab sich Hecuba einen Ruck und fragte den Cop, warum er, offenkundig ein rechtschaffener Bürger, der für Recht und Ordnung eintrat und Bürgersinn verkörperte, ein Pornofan war. Der Detective gestand, was ihn zu diesen Filmen hinziehe, seien »die Gesichter«, d.h. die Gesichter der Schauspielerinnen, d.h. die seltenen Augenblicke beim Orgasmus oder bei zufälligen Zärtlichkeiten, wenn sich die Starlets ihre stilisierten »Fick mich, weil ich ein Flittchen bin«-Mienen abschminkten und plötzliche echte Menschen wurden. »Manchmal – und die Sache ist die, dass man das nie vorher sagen kann –, manchmal zeigen sie urplötzlich, was sie wirklich fühlen«, waren die Worte des Detective. »Dann werden sie, wie soll ich sagen … menschlich.« Wie sich herausstellte, bewegten Pornos diesen Detective vom LAPD, und zwar viel mehr als die meisten Mainstream-Filme aus Hollywood, denn in denen wurde echte Menschlichkeit von den Schauspielern – und oft genug sehr begabten Schauspielern – nur geheuchelt, d.h.: »In richtigen Filmen machen die das mit Absicht. Ich glaube, an Pornos gefällt mir, dass es da aus Versehen passiert.«

Die Erklärung von Hecubas Detective ist faszinierend, jedenfalls für Ihre Aut., weil sie teilweise auch die starke Anziehungskraft von Hardcore-Filmen erklärt, Filmen, die angeblich »nackt« und »unzweideutig« sind, in Wahrheit aber zu den am schwersten greifbaren Filmen gehören, die man überhaupt nur kaufen kann. Sie geben nichts preis, und ein Großteil der kalten, toten, mechanischen* Qualität pornografischer Filme ist auf die Gesichter der Darsteller zurückzuführen. Es sind Gesichter, die in aller Regel gelangweilt, ausdruckslos oder handwerklich routiniert wirken, in Wirklichkeit aber unsichtbar sind; das eigentliche Selbst verbirgt sich irgendwo ganz weit hinter den Augen. Dieses Verbergen ist natürlich die Schutzmaßnahme eines Menschen, dessen Intimsphäre gerade gefilmt wird, und auf diese Weise wahrt er einen Rest von Selbstachtung und Autonomie – er verweigert uns wahren Ausdruck. (Diese ganz eigentümlich gelangweilte, strenge und tote Miene ist bei Strippern, Prostituierten und Pornodarstellern orts- und geschlechtsunabhängig anzutreffen.)

* Die große Mehrheit der Freunde und Bekannten Ihrer Autoren, die Pornos ablehnen, begründen das nicht moralisch, religiös oder politisch, sondern sagen, dass sie sie einfach langweilig finden, und viele greifen zu robotischen / mechanischen / industriellen Metaphern, um diese Langeweile auf den Begriff zu bringen, beispielsweise: »(Hardcore-Sex besteht in der Regel nur aus) Organen, die in andere Organe rein- und wieder rausgehen, rein und raus; da kann ich genauso gut von morgens bis abends einer Ölförderpumpe zusehen.«

Vereinzelt kommt es aber doch einmal vor, dass in einer Hardcore-Szene das verborgene Selbst aufscheint. Das ist dann gewissermaßen das Gegenteil des Schauspielerns. Dann sieht man, wie sich das ganze Gesicht des Darstellers verändert, und die Befangenheit (der meisten Frauen) oder die rasende Ausdruckslosigkeit (der meisten Männer) weicht einer ehrlich empfundenen erotischen Lust und Freude an dem, was da gerade passiert; das Seufzen und Stöhnen kommt nicht mehr automatisch, sondern wird echter Ausdruck. Man sieht das nur alle Jubeljahre mal, aber der Detective hat recht: Es entflammt den Betrachter. Und die Pornodarsteller, die das oft schaffen – die Gefühle zulassen und genießen können, was sich gerade abspielt, egal ob Kameras zusehen oder nicht –, werden große und legendäre Stars. In den Achtzigern waren Ginger Lynn und Keisha dazu imstande, und heute können das Jill Kelly und Rocco Siffredi manchmal. Jenna Jameson und T.T. Boy können das nicht. Die bleiben bloß Körper.

Ob die Verfasser der US-amerikanischen Verfassung in ihren kühnsten Träumen Dinge wie Anal Virgins VIII oder 900-666-FUCK vorausgesehen haben, als sie über schützenswerte Ausdrucksmöglichkeiten nachdachten, ist natürlich eine heikle Frage, deren Diskussion im Rahmen dieses Artikels zu weit führen würde.

(der 1994 von einer gewissen Amber Chang auf 251 Männer angehoben worden war)

Dick Filth zufolge ging der Zoff los, als Hecuba uneingeladen zur Party kam und von Nici Sterling entdeckt wurde, über die er kurz zuvor in einer Filmkritik geschrieben hatte, es sei »unklar, ob sie einen Schönheitswettbewerb gewinnen würde, aber aufs Schwanzlutschen versteht sie sich«. Der Spruch über den Schönheitswettbewerb hatte anscheinend Sterlings Gefühle verletzt, und als sie H.H. erblickte und weil die sozialen Hemmschwellen bei solchen Partys in der Unterhaltungsbranche ja generell niedrig liegen, stürzte sie schnurstracks auf ihn zu, gab zwei ziemlich deftige Kraftausdrücke von sich und wollte dem Print-Journalisten einen rechten Haken verpassen, H.H. indes hatte die Geistesgegenwart (die vielleicht davon unterstützt wurde, dass Sterling auf ihren 15-cm-Absätzen die Balance verlor und ihre Absichten verriet), ihre Faust zu packen, bevor sie ihm die Trifokalbrille von der Nase schlagen konnte. Woraufhin wiederum Jasmin St. Claire, die sah, dass Harold Hecuba die ausholende Faust einer erregten und schwankenden Nici Sterling gepackt hielt, ein paar Ausweichschritte um die Schwabbelwampe von Ron (»der Igel«) Jeremy vollzog, Hecuba auf den Rücken sprang und ihn in einen nach Filths Dafürhalten ziemlich authentisch und beeindruckend wirkenden LAPD-Würgegriff nahm, was Hecuba veranlasste, um 360° herumzuwirbeln und St. Claire abzuschütteln, solange die Sauerstoffzufuhr seines Gehirns das noch erlaubte, wodurch er Sterling aber unbeabsichtigt in Randy West schleuderte, was dessen Frisur erstmals seit Branchengedenken verwuschelte und wodurch H.H. (wenn sich Filth da recht erinnerte) seine spezielle selbsttönende Trifokalbrille verlor, die im hohen Bogen durch den Raum flog und auf Nimmerwiedersehen im furchteinflößenden Dekolleté von Christy Canyon verschwand.

The World’s Biggest Gang Bang 2

capo di tutti capoWBGB2

-: Jasmin St. Claire lässt sich, wohl um ihren Kultstatus zu untermauern oder noch zu vergrößern, mit einem Venenkatheter Butangas in den Dickdarm pumpen, das dann als Flatulenz abgefackelt wird und in (Cream Productions 1998) einen meterlangen analen Gasbrenner erzeugt.