Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, November 2016
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Die amerikanische Originalausgabe erschien 2005 unter dem Titel «1491. New Revelations of the Americas Before Columbus» bei Alfred A. Knopf, New York und Toronto, und in leicht veränderter Form 2006 und 2011 bei Vintage Books, New York
«1491. New Revelations of the Americas Before Columbus» Copyright © 2005, 2006, 2011 by Charles C. Mann
Redaktion Karin Schneider
Umschlaggestaltung und Motiv Anzinger und Rasp, Marion Blomeyer
Schrift DejaVu Copyright © 2003 by Bitstream, Inc. All Rights Reserved.
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ISBN Printausgabe 978-3-498-04536-4 (1. Auflage 2016)
ISBN E-Book 978-3-644-05521-6
www.rowohlt.de
Alle angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Printausgabe.
ISBN 978-3-644-05521-6
Laut Joseph Conrad hatte die Gewalt kulinarische Ursprünge. «Der Edle Rote war ein mächtiger Jäger», erklärte der große Schriftsteller, «aber seine Frauen beherrschten nicht die Kunst des gewissenhaften Kochens – und die Folgen waren beklagenswert. Die Sieben Nationen um die Großen Seen und die Reiterstämme der Prärie wurden unaufhörlich von rasenden Verdauungsstörungen heimgesucht.» Da ihr Leben von «der mürrischen Reizbarkeit» geplagt worden sei, «die sich dem Verzehr von schlecht zubereiteten Speisen anschließt», hätten sie dauernd zu Streitigkeiten geneigt.
Die Passagiere der Mayflower wurden und werden häufig als «Puritaner» bezeichnet, was ihnen nicht gefiel. Stattdessen benutzten sie Begriffe wie «Separatisten», da sie sich von der Church of England losgesagt hatten, oder «Heilige», denn sie bekannten sich zur «Kirche der Heiligen», die sich an der frühchristlichen Kirche orientierte. «Pilger» ist der Titel, den die Society of Mayflower Descendants bevorzugt.
Die ersten Europäer, die Amerika nachweislich erreichten, waren die Wikinger, die im 10. Jahrhundert an der ostkanadischen Küste erschienen. Ihr kurzfristiges Unternehmen hatte keine bekannten Folgen für das Leben der Amerikaner. Auch andere europäische Gruppen könnten vor Kolumbus eingetroffen sein, doch sie übten ebenfalls keinen nachhaltigen Einfluss auf die Menschen aus, mit denen sie Kontakt hatten.
Diese absurd anmutenden Geschichten treffen vielleicht sogar zu, wie andere erstaunliche Erzählungen über Smith. Während er beispielsweise eine Kolonie in Jamestown gründete, rettete Pocahontas ihm allem Anschein nach tatsächlich das Leben, wiewohl wenig von der Legende, die in dem Disney-Film dargestellt wird, der Wahrheit entspricht. So hieß das Mädchen in Wirklichkeit Mataoka – pocahontas, ein spöttischer Spitzname, bedeutete so viel wie «kleiner Teufelsbraten». Mataoka wohnte in dem zentralen Ort des Powhatan-Bündnisses, eines kleinen Reiches in den Feuchtgebieten von Virginia; sie war die Tochter des Königs Wahunsenacawh. Mit ungefähr zwölf Jahren könnte sie Smith beschützt haben, doch nicht, wie er schrieb, indem sie eingriff, als er sich 1607 in Gefangenschaft befand und hingerichtet werden sollte. Vielmehr war die «Hinrichtung» vermutlich ein von Wahunsenacawh inszeniertes Ritual, mit dem er seine Autorität über Smith untermauern wollte, indem er ihn zu einem Mitglied der Gruppe machte. Falls Mataoka sich einschaltete, spielte sie nur die ihr zugewiesene Rolle in dem Ritual. Der Vorfall, bei dem sie Smith das Leben gerettet haben könnte, ereignete sich ein Jahr später, als sie die Engländer warnte, dass Wahunsenacawh, welcher der Fremden müde geworden war, zum Angriff schreiten wolle. In der Disney-Version kehrt Smith nach England zurück, nachdem ein böser Kolonist ihm in die Schulter geschossen hat. In Wirklichkeit verließ er Virginia im Jahre 1609, um sich ärztlich behandeln zu lassen, doch nur weil er einen Beutel mit Schießpulver, den er um den Hals trug, irgendwie zum Explodieren gebracht hatte.
Gorges könnte Tisquantum schon vorher begegnet sein. Im Jahre 1605 entführte der Abenteurer George Weymouth fünf Indianer, von denen er drei durch eine Täuschung bewog, an Bord zu gehen, während er die beiden anderen an den Haaren aufs Schiff zerren ließ. Laut Gorges’ Memoiren war Tisquantum einer der fünf. Er habe neun Jahre lang bei Gorges gewohnt, wonach er mit John Smith nach Neuengland gefahren sei. Wenn das zutrifft, war Tisquantum kaum heimgekehrt, als man ihn schon wieder entführte. Historiker lassen Gorges’ Bericht gewöhnlich außer Acht, teils weil Details in seinen Memoiren, die er spät im Leben diktierte, durcheinandergebracht sind, und teils, weil der Gedanke, dass Tisquantum zweimal entführt wurde, einfach zu verstiegen erscheint.
Runa Simi (Quechua für die Spanier) ist die Sprache sämtlicher Inkanamen, einschließlich des Wortes «Inka». Ich benutze die übliche Runa-Simi-Latinisierung, was bedeutet, dass ich auf das spanische «Inca» verzichte.
Der Inkaherrscher trug den Titel «Inka» – er war der Inka –, aber er konnte auch «Inka» in seinen Namen einschließen. Zudem änderten die Inka-Eliten ihre Namen im Laufe ihres Lebens. Mithin war jeder Inka unter mehreren Namen bekannt, von denen jeder das Wort «Inka» enthalten konnte.
Wegen ihrer Fixierung auf das Gold werden die Konquistadoren häufig als «goldsüchtig» abgetan. In Wirklichkeit waren sie eher süchtig nach Status. Wie Hernán Cortés, der Mexiko eroberte, wurde Pizarro in den niederen Adel hineingeboren und hoffte, sich durch seine Taten Geld, Ämter und ein Ruhegehalt von der spanischen Krone zu verdienen. Damit er dieser Vergünstigungen teilhaftig werden konnte, musste er von seinen Expeditionen etwas für den König mitbringen. Angesichts der Schwierigkeiten und Kosten des Transports waren Edelmetalle – «unvergänglich, teilbar und kompakt», wie der Historiker Matthew Restall anmerkt – nahezu die einzigen Güter, die man günstig nach Europa verschiffen konnte. Inkagold und -silber repräsentierten mithin für die Spanier die erregende Möglichkeit sozialen Aufstiegs.
Nur eine bedeutende Krankheit, die Syphilis, soll sich umgekehrt, von Amerika nach Europa, verbreitet haben, doch dies ist seit langem umstritten. Siehe Anhang C, «Ausnahme Syphilis».
Da dieser Sachverhalt immer wieder missverstanden wird, lohnt es sich zu wiederholen, dass die relative genetische Homogenität von Indianern nicht auf genetische Minderwertigkeit hindeutet. Sogar ein Fürsprecher der Indianer wie der Historiker Francis Jennings irrte sich in diesem Punkt: «Die Fähigkeit der Europäer, gewissen Krankheiten zu widerstehen», schrieb er in seinem polemischen Buch Invasion of America, «sorgte dafür, dass sie den Indianern in einem rein darwinistischen Sinne überlegen waren.» Nein: Die Spanier repräsentierten schlicht eine größere genetische Breite. Ihre Überlegenheit geltend zu machen ist das Gleiche, als behaupte man, dass die zusammengewürfelte Menge bei einem Footballspiel den eng miteinander verwandten Teilnehmern eines Familientreffens essenziell überlegen sei.
Im Jahre 2004 gaben zwei US-Anthropologen und ein venezolanischer medizinischer Forscher zu bedenken, dass die Anfälligkeit von amerikanischen Ureinwohnern für Infektionskrankheiten einen zweiten Grund haben könne: T-Helferzellen, die, wie HLAs, dem Immunsystem ermöglichen, Fremdkörper zu erkennen. Sehr vereinfacht ausgedrückt: T-Helferzellen treten in Form von zwei Haupttypen auf – der eine nimmt Mikroorganismen und der andere Parasiten aufs Korn. Der Körper kann keine großen Mengen von beiden unterhalten, weshalb das Immunsystem von Erwachsenen in die eine oder andere Richtung tendiert, was gewöhnlich davon abhängt, ob sie als Kinder häufiger Mikroorganismen oder Parasiten ausgesetzt waren. Indianer wurden, historisch gesehen, von Egeln, Band- und Fadenwürmern geplagt und besaßen daher seit langem große Mehrheiten von T-Helferzellen, die Parasiten bekämpften. Europäer, die in einer von Krankheitserregern durchsetzten Umgebung aufwachsen, tendieren gewöhnlich in die andere Richtung. Infolgedessen, meinten die drei Forscher, seien erwachsene Indianer stärker durch Infektionskrankheiten gefährdet gewesen – und seien es möglicherweise immer noch – als erwachsene Europäer. Umgekehrt seien Europäer vergleichsweise stärker anfällig für Parasiten. Wenn weitere Forschungen diese Hypothese stützen, könnte die Vermeidung von parasitären Infektionen in der Kindheit dazu führen, dass sich die Immunsysteme von Indianern an Bakterien und Viren orientieren, wodurch sich die Zahl künftiger Todesfälle möglicherweise verringern würde.
Historiker vermeiden den Begriff «Azteken» zunehmend, denn der Naturforscher Alexander von Humboldt prägte ihn im 19. Jahrhundert aufgrund eines Missverständnisses. Humboldts «Azteken» waren in Wirklichkeit die Menschen der drei Nationen, die Mitglieder des Dreibundes.
Ich benutze die Einschränkungen «im Wesentlichen», «fast alle» und «im Grunde», da Spermien nur fünfzig bis hundert Mitochondrien besitzen – gerade genug, um sie während ihres kurzen Lebens mit Energie zu versorgen. Eine Eizelle dagegen kann bis 100000 Mitochondrien enthalten. Wenn das Spermium mit der Eizelle verschmilzt, vernichtet Letztere die Mitochondrien des Ersteren. Hin und wieder jedoch entgehen ein paar der Zerstörung und gelangen in die Embryozelle.
Jedenfalls für Europäer, denn Indianer scheinen in der Regel mit traditionellen Erklärungen ihrer Herkunft zufrieden gewesen zu sein.
Hrdličkas Beschwerde über das Fehlen von Skelettindizien war noch aus einem anderen Grund unredlich: Skelette von Paläoindianern sind extrem selten. In Europa haben Archäologen zahlreiche Menschenknochen entdeckt, die mindestens zehntausend Jahre alt sind. Dagegen hat man in Nordamerika weniger als ein Dutzend halbwegs vollständiger Gebeine ähnlichen Alters gefunden (ein paar mehr existieren in Südamerika, doch ihre Herkunft ist, wie im Fall der Lagoa-Santa-Skelette, häufig unklar). «Es ist ein großes Rätsel, warum wir die Grabstätten nicht finden können», sagte der Archäologe James Petersen von der University of Vermont. «Manche Indianer erzählen dir, dass all ihre Toten eine spirituelle Ebene aufgesucht hätten, und das ist ungefähr die beste Antwort, die uns vorliegt.»
Hier und durchweg führe ich die gegenwärtig akzeptierten Zahlen an, die mit Hilfe besserer Techniken und größerer Einsicht in die Launen der Karbondatierung als zu Haynes’ Zeit zustande kamen. Wissenschaftler entdeckten in den sechziger Jahren, dass die Rate der C-14-Entstehung und -Aufnahme stärker schwankte, als Libby vermutet hatte. Daher müssen alle C-14-Rohdaten korrigiert (wissenschaftlich gesprochen: «kalibriert») werden, wenn man Kalenderdaten erhalten will (was Archäologen nicht immer deutlich machen). Außerdem verwenden sie für Jahreszahlen oftmals nicht den Zusatz «n. Chr.» oder «v. Chr.», sondern «B.P.» (Before Present), wobei mit der Gegenwart vereinbarungsgemäß das Jahr 1950 n. Chr. gemeint ist. 2000 B.P. entspricht also 50 v. Chr. Um die Verwirrung so gering wie möglich zu halten, verwende ich in diesem Buch ausschließlich normale Kalenderdaten, das heißt Radiokarbondaten, die der jüngsten Kalibrierung angepasst sind. Wissenschaftler fügen C-14-Daten gewöhnlich die Standardabweichung hinzu, beispielsweise 3000 ± 150 B.P. (1050 ± 150 v. Chr.). Um ein typografisches Durcheinander zu vermeiden, verzichte ich auf diese Ergänzung, da ich annehme, dass der Leser die unvermeidliche Ungewissheit bei der Messung winziger Mengen von Restradioaktivität nachvollziehen kann.
Ich kritisiere McNeill nicht, weil er es versäumte, Amerika in seine Liste der Zivilisationen aufzunehmen; er gab lediglich die Überzeugungen seiner Zeit wieder. Aber ich würde Kritik üben an World History. Patterns of Change and Continuity, einem Highschool-Lehrbuch, das zwei Jahrzehnte später erschien – rechtzeitig genug für die Schulzeit meines Sohnes. Diese «Weltgeschichte», in der von nur «vier anfänglichen Zentren» der Zivilisation die Rede ist, räumt dem präkolumbischen Amerika bloß neun Seiten ein. Die These des vorliegenden Buches lautet, dass die Geschichte der amerikanischen Ureinwohner mehr als neun Seiten verdient hat.
Hatten die Konquistadoren die Wahl zwischen ihrer eigenen kratzigen Wolle und der weichen Baumwolle der Indianer, warfen sie ihre Kleidung weg und trugen die Kleider der Einheimischen. Später folgte man ihrem Beispiel in Europa. Als Baumwolle im 18. Jahrhundert weithin verfügbar wurde, vereinnahmte sie einen so großen Teil des Textilmarkts, dass französische Wollhersteller die Regierung überredeten, die neue Faser zu verbieten. Aber das Gesetz konnte die Baumwollflut nicht aufhalten. Wie der Historiker Fernand Braudel vermerkte, kamen einige Wollhersteller schließlich auf eine unkonventionelle Idee: Sie schlugen vor, Prostituierte in Baumwollkleidung durch die Pariser Straßen zu schicken, wo die Polizei sie vor aller Augen nackt ausziehen würde. Theoretisch würden Bürgerfrauen dann Baumwolle meiden, um nicht für Prostituierte gehalten und gewaltsam entkleidet zu werden. Diese ungewöhnliche Form des Protektionismus setzte sich allerdings nie durch.
Die breiten Lippen und platten Nasen der Statuen haben «afrikanistische» Historiker wie Clyde Winters und Ivan Van Sertima zu der Behauptung veranlasst, dass die Olmeken entweder afrikanische Besucher gehabt hätten oder sogar aus Afrika eingewandert seien. Durch das so erworbene afrikanische Wissen erkläre sich der rasche Aufstieg der Olmeken. Diese Ansichten werden nicht weithin geteilt. Überraschenderweise unterstützen mehrere bekannte Archäologen, darunter Betty Meggers und Gordon Ekholm, die geografische Antithese: Die Olmekengesellschaft sei von China inspiriert worden. Besucher aus der Shang-Dynastie hätten den Pazifik überquert, um den alten Olmeken beizubringen, wie man schreibt, Monumente baut und einen Katzengott anbetet. Auch diese Hypothese weckt wenig Begeisterung.
Hier wie anderswo in diesem Buch sind meine Angaben chronologisch ungenau. Die älteste Zapoteken-Palisade, die Flannery und Marcus ausgruben, erbrachte kalibrierte Radiokarbondatierungen zwischen 1680 und 1410 v. Chr., was ich der Kürze halber als «gegen 1550 v. Chr.» wiedergebe.
Das stimmt nicht ganz. Unerklärlicherweise begann die größte Einheit, das 144000-tägige «Jahrtausend», nicht mit 0, sondern mit 13. Der erste Tag im Kalender war also 13.0.0.0.0. Als ich einen Mathematiker auf die Merkwürdigkeit dieser Ausnahme ansprach, erwiderte er, Gesellschaften, deren Zeitmessungssysteme so unregelmäßig seien, dass Kinder Reime lernen müssten, um die Zahl der Tage eines Monats im Gedächtnis zu behalten («Dreißig Tage hat November, April, Juni und September …»), seien schwerlich berechtigt, sich über die kalendarischen Verschrobenheiten anderer Kulturen lustig zu machen. Im mesoamerikanischen Kalender hätten wenigstens alle «Monate» die gleiche Anzahl von Tagen.
Chak Tok Ich’aaks Name ist, wie die meisten Mayawörter, leichter auszusprechen, als es den Anschein hat. In den meisten Transkriptionen werden alle Buchstaben ähnlich wie im Deutschen artikuliert, «ch» allerdings als «tsch» und «x» als «sch». Ein Apostroph, wie in Ich’aak, kennzeichnet einen Glottisschlag oder Knacklaut (ähnlich dem, der im Deutschen als Vokalanlaut dient). Chak Tok Ich’aak bedeutete übrigens so etwas wie «Große wahre Jaguarklaue».
Der Hauptstrang des Amazonas trägt hier den Namen Solimões. Auf englischsprachigen Karten wird Manaus gewöhnlich am Treffpunkt von Rio Negro und Rio Solimões platziert, wobei der Letztere seinen Namen stromaufwärts wieder zu Amazonas ändert. Auf brasilianischen Karten heißt es dagegen, der Amazonas beginne am Zusammenfluss von Rio Negro und Rio Solimões.
Terra preta existiert in zwei Varianten: in ihrer ursprünglichen Form als Schwarzerde, die von Tonscherben durchsetzt ist, und als Terra mulata, eine hellere, dunkelbraune Erde mit viel weniger Scherben. Etliche Forscher mutmaßen, die Indianer hätten zwar beide geschaffen, doch bewusst nur die Terra mulata. Die Erstere sei in der Nähe von Behausungen durch Holzkohlen-Küchenfeuer und verschiedene organische Abfallarten entstanden. Ich benutze den Begriff Terra preta im weiteren Sinne für beide Varianten.
Ich gehe auf den kolumbischen Austausch und seine globale Wirkung gründlicher in einem Begleitband dieses Buches, Kolumbus’ Erbe, ein.
Erickson 2005, 2001, 2000b, 1995; siehe auch Denevan 2001, Kapitel 12.
Ward Churchill, Professor für Volkskunde an der University of Colorado in Boulder, fasste dieses Denkmuster spöttisch zusammen: «Wie viele Indianer gab es? – Eine Million. Woher kamen sie? – Über die Beringstraße als Landbrücke. Wann kamen sie? – Vor 15000 Jahren (plus/minus 15 Minuten). Wie lebten sie? – Sie waren armselige steinzeitliche Jäger und Sammler, die als Nomaden umherzogen und immer gerade so ihr Auskommen fristeten, und Jahrtausend für Jahrtausend erwarteten sie voller Hoffnung die Ankunft von Europäern, damit sich ihre Lebensqualität endlich verbessern würde.» (Churchill 2003, S. 44)
Gespräch des Verfassers mit Meggers.
Von der Smithsonian geförderte Archäologen: Dougherty und Calandra 1984 (kleine Anfangsbevölkerung baute Dammwege, S. 180; natürliche Flussauenablagerungen, S. 182–185). Ihre Erörterungen wurden als «abwegige Interpretationen» verworfen (Myers et al. 1992, S. 87). Zu ähnlichen Schlussfolgerungen kommt Langstroth 1996.
Gespräche des Verfassers mit Snow.
Denevan 1992a, 1996b.
Wilderness Act (Public Law 88–577) vom 3. September 1964 («unbehindert», Abschnitt 2c); Callicott 1998, S. 349f. (das Gesetz ist Ausdruck «des konventionellen Verständnisses von Wildnis»).
Cronon 1995a, S. 36.
Erickson 2000a.
Gespräche des Verfassers mit Alceu Ranzi und Denise Schaan zu Acre; Exkursionen des Verfassers nach Acre; Schaan et al. 2007; Mann 2008; Pärssinen et al. 2009; Franca et al. 2010. In dem kleinen Teil von Pando, in dem Untersuchungen durchgeführt wurden, stieß man auf Erdarbeiten (Saunaluoma 2010).
Gespräche des Verfassers mit Erickson, Balée und dem CIDDEBENI (Centro de Investigación y Documentación para el Desarrollo del Beni) zur Zukunft Benis. Die Verpachtung ihres Landes im südöstlichen Amazonasbecken an Holzfäller und Bergbaugesellschaften durch die Kayapó zeigt, wie Indianer Umweltschützern eine Enttäuschung bereiten können (Epstein 1993; der Artikel ist neu abgedruckt und wird erörtert in Slater 1995, S. 121–124). Einige Umweltschützer schlagen vor, den östlichen Teil Benis einem nahegelegenen Biosphärenreservat anzugliedern, einem von über 650 von der UNESCO weltweit initiierten Reservaten.
Gespräche und E-Mail-Korrespondenz des Verfassers mit Balée zur Triplaris americana. Ich konnte keine veröffentlichten Studien zu dieser besonderen Art des Mutualismus ausfindig machen; siehe generell zum Thema Huxley und Cutler 1991.
Gespräche des Verfassers mit Balée und Erickson zu Ibibate und der Keramik; Erickson und Balée 2005; Balée 2000; Erickson 1995; Langstroth 1996.
Holmberg 1969, S. 17 («Fackel», «kulturell rückständig»), S. 37 («manch schlaflose Nacht»), S. 38f. (Kleidung), S. 110 (Fehlen von Musikinstrumenten), S. 116 («Vorstellung vom Universum»), S. 121 (bis drei zählen), S. 261 («Quintessenz», «unverfälschter Zustand»). Nach Holmbergs Tod schrieb Lauriston Sharp in der Einleitung zu Nomads of the Long Bow, das Buch sei eine Studie über «einfache, aber bemerkenswerte» «Überlebende», die «in vielen Dingen die früheste menschliche Kultur bewahrt haben». Es habe neue und in vielen Aspekten außergewöhnliche paläolithische Erkenntnisse entdeckt, beschrieben und in die Geschichtswissenschaft eingeführt» (Sharp 1969, S. xiif.). Nomads war über Jahrzehnte ein Grundlagentext im Bachelorstudium (persönliche Mitteilung von Erickson).
Gespräche des Verfassers mit Henry Dobyns zu Holmbergs Forschungsarbeit und akademischer Laufbahn; Doughty 1987; Stearman 1987 (die Schilderung der zeitweiligen Erblindung und des Fußmarsches in Kapitel 4).
Gespräche des Verfassers mit Erickson und Langstroth zur fehlenden Erforschung von Beni; Langstroth 1996.
Die Chronologie ist unsicher. Holmberg (1969, S. 12) schreibt, Pocken- und Grippeepidemien hätten die «dezimierten» Sirionó 1927 gezwungen, sich in die Obhut einer Missionsstation zu begeben. Der schwedische Anthropologe Stig Rydén, der sich zehn Jahre nach Holmberg kurz bei den Sirionó aufhielt, berichtet mit Bezug auf andere Quellen von Krankheitsausbrüchen in den Jahren 1920 und 1925, die seiner Ansicht nach Episoden einer großen Grippeepidemie waren (Rydén 1941, S. 25). Allerdings ist eine einzige Ursache für solche schwerwiegenden Verluste ohnehin wenig wahrscheinlich.
Holmberg 1969, S. 12 (weniger als 150 während seiner Forschungsarbeit vor Ort). Rydén (1941, S. 21) schätzte die Zahl der Sirionó Ende der 1920er Jahre auf 6000 bis 10000, wobei diese Angabe wahrscheinlich dem Stand vor der Epidemie entspricht. Heute gibt es etwa 600 bis 2000 Sirionó (Balée 1999; Townsend 1996, S. 22). Stearmans (1986, S. 8) Schätzung lag bei 3000 bis 6000 Menschen.
Stearman 1984; Stearman 1987; Gespräche des Verfassers mit Balée, Erickson, Langstroth. Holmberg (1969, S. 8f.) bemerkte die Häufigkeit von Klumpfüßen und Kerben in den Ohrläppchen, beließ es aber bei der bloßen Feststellung.
Gespräche des Verfassers mit Balée zur Migration der Sirionó; Barry 1977; Priest 1980; Pärssinen 2003. In einem spanischen Bericht aus dem Jahre 1636 wird behauptet, sie seien gerade einmal ein paar Jahrzehnte zuvor angekommen (Métraux 1942, S. 97), doch ist diese Ansicht nicht sehr weit verbreitet.
Nordenskiöld 1979a; Denevan 1966.
Gespräche des Verfassers mit Erickson zur Bauré-Kultur; Erickson 1995, 2000b, 2005; Anon. 1743.
Las Casas 1995, S. 325–512; Wagner 1967, S. 287ff. (zur Publikationsgeschichte).
Arber (Hg.) 1885, S. 71 (Brief von Pietro Martire d’Anghiera an Karl V., 30. September 1516).
«Wir können die Wahrheit nicht mittels Findigkeit und methodischem Vorgehen erkennen; Bacons Wahrheit ist so falsch wie jede andere. Wir verfügen über Maschinen und Geisteswissenschaften als Hilfsmittel, doch weiterhin wird der am meisten wissenschaftliche Mann der gesündeste und freundlichste Mann sein, und er besitzt vollkommene indianische Weisheit.» (Thoreau 1906, Bd. 5, S. 131).
Krech 1999, S. 14ff.
«In Nordamerika sind die Weißen die Träger der ökologischen Ursünde, denn allein die Weißen werden mit der industrialisierten Arbeit in Verbindung gebracht. Doch aus demselben Grund sind die Weißen die einzigen Träger der Geschichte. Mithin ist unser schmeichlerischer Hinweis … auf die ‹einfachen Völker› ziemlich herablassend. Denn die Weißen werden als die Einzigen dargestellt, die in einer modernen, durch stetigen Wandel gekennzeichneten Welt etwas verändern.» (White 1995, S. 175). Die Wendung «Menschen ohne Geschichte» wurde in einem ironischen Sinne popularisiert in Wolf 1997.
Bancroft 1834–76, Bd. 1, S. 3f.
[Text und Fußnote] Kroeber 1934, S. 10ff.; Conrad 1923, S. vi.
Morison 1974, S. 737.
Trevor-Roper 1971, S. 8. Um dem Baron nicht unrecht zu tun: Seine Geringschätzung galt allen Ureinwohnern, nicht speziell den Indianern.
Fitzgerald 1980, S. 89–93 («entschieden in eine andere Richtung», S. 90, «faul», S. 91, «ein paar Absätze», S. 93). Siehe auch Axtell 1992.
Einige Beispiele in alphabetischer Reihenfolge: Bailey et al. 1983, S. 9 (der «riesige und unberührte Kontinent … war so dünn von Indianern bevölkert, dass man sie beseitigen oder verdrängen konnte. Eine solch günstige Gelegenheit für ein großes demokratisches Experiment würde sich nie wieder ergeben»), zitiert in Axtell 1992, S. 203; Bailyn et al. 1977, S. 34 («Doch die Nutzung des Landes durch die Indianer war schwach ausgeprägt. … Nirgends wurde mehr als ein Prozent des für Landwirtschaft geeigneten Landes auch dafür genutzt»; dieses Lehrbuch wurde, und zwar kaum überarbeitet, bis in die 1990er Jahre hinein aufgelegt); Berliner 2003 («Vor 1492 waren die heutigen Vereinigten Staaten nur spärlich besiedelt, das Land war ungenutzt und unerschlossen. … Jahrtausendelang gab es praktisch keine Veränderung, keine Entwicklung und kein Wachstum»); Billard 1975, S. 20 («Auf einen unberührten Kontinent, wo mannshohes Präriegras wogte und riesige Wälder die Luft meilenweit mit ihrem Duft erfüllten, kamen spanische Abenteurer, französische Pelzjäger, holländische Seeleute und tapfere Engländer»); Fernández-Armesto 2001, S. 154 (viele Amazonas-Indianer lebten «über Jahrtausende unverändert» und der Regenwald war «noch eine Versuchsanordnung mit den dortigen Völkern, welche die Natur offensichtlich in einen Zustand sogenannter Unterentwicklung gesetzt hatte, als Objekten» – das Schlüsselwort ist «gesetzt» im Sinne von fixiert, unbewegt; McKibben 1989, S. 53 (der Gründer der Wilderness Society, Robert Marshall, zog das Fazit, ein gegenwärtig unbewohnter Teil der Vereinigten Staaten sei, «als ob er sich außerhalb der menschlichen Geschichte befinde»); Sale 1990, S. 315f. («Jeder Beschreibung nach war Nordamerika noch immer eine üppig bewachsene und fruchtbare Wildnis … welche den Eindruck einer unberührten Welt vermittelte»); Shabecoff 1993, S. 23 (die Schilderung von Lewis und Clark, wie sie Landschaften durchqueren, die «keine Veränderungen von Menschenhand» erfahren haben); Shetler 1991, S. 226 («Das präkolumbische Amerika befand sich immer noch im Zustand des Gartens Eden, es war ein makelloses Königreich der Natur. Die Ureinwohner waren eins mit dem Landschaftsraum, sie führten ihr Leben als natürliche Bestandteile der Ökosphäre. Ihre Welt, die Neue Welt des Kolumbus, war eine kaum von Menschen gestörte Welt»). Solche Aussagen gründen oft weniger auf Vorurteilen als auf der anhaltenden Unsicherheit europäischer und amerikanischer Historiker, wie sie über nichteuropäische und nichtamerikanische Gesellschaften denken sollen. Folglich schildern Current, Williams und Brinkley (1987, S. 1) Indianer sowohl als Schöpfer einiger der «glanzvollsten Kulturen der Welt» als auch, dass es ihnen «an einigen der grundlegendsten Werkzeuge und Techniken der Menschheit gefehlt» habe – Letzteres unterstellt aus ethnozentrischer Sicht, dass europäische Techniken «grundlegend», indianische hingegen unwesentlich seien. Siehe Kapitel 2 und 3.
Crosby (Hg.) 1994, S. 7.
Vale 1998, S. 231.
Zur Verbreitung der Beringstraßen-Theorie und zum Streit über die chilenische Ausgrabung siehe Kapitel 5.
Deloria 1995, S. 284.
Zur Erfindung der Landwirtschaft siehe beispielsweise Lev-Yadun, Gopher und Abbo 2000; Mithen 2004. Knapp und vereinfacht gesagt, scheinen sich um 12500 v. Chr. in Palästina Menschen in kleinen, zeitweilig bestehenden Dörfern zusammengefunden und essbare Pflanzen gesammelt und gehegt zu haben. Aus Gründen, über die in der Forschung nach wie vor keine Einigkeit besteht, entwickelte sich effektive Agrarwirtschaft erst ein paar Jahrtausende später, vermutlich im Süden der Türkei. Um 4000 v. Chr. wurden aus den Dörfern hierarchisch organisierte Städte. Frühe Formen von Schrift datieren um 3000 v. Chr. Fünf Jahrhunderte später war ein einheitliches Schriftsystem entstanden, und die Stadt Uruk hatte 40000 Einwohner.
Wright 2006, S. 54. Im Gebiet des Fruchtbaren Halbmonds entstand die erste systematische Landwirtschaft, und somit wurde der Grundstein gelegt für spätere Hochkulturen in Ägypten, Griechenland, Indien und Mesopotamien. In China wurde der Ackerbau augenscheinlich eigenständig erfunden, jedoch übernahm man von Sumer Kulturtechniken wie Mathematik, Schrift, Kunst und viele andere. Letztere Behauptung wird allerdings kontrovers diskutiert, und manche Forscher sind der Ansicht, die Entwicklung in China sei genauso unabhängig verlaufen wie die in Peru und Mesoamerika.
Zur frühen Kultivierung von Mais in Amerika siehe Kapitel 6.
Zu den Leistungen der Olmeken siehe Kapitel 7.
Dantzig 1967, S. 35. Ich danke Dick Teresi für den Hinweis auf dieses grandiose Buch.
Zur Geschichte der Null siehe Kaplan 1999, S. 11–57; Teresi 2002, S. 22–25, 86f., 379–382.
Kommentar von Victor von Hagen, Cieza de León 1971, S. 560 («kaltes karges Land»); Kommentar von Victor von Hagen, Cieza de León 1959, S. 272 («das letzte Gebiet»).
Zu Tiwanaku siehe Kapitel 7.
Kolata 1993, S. 204f.; Bairoch, Batou und Chévre 1988, S. 28. Um 1400 erreichte Paris eine Einwohnerzahl von einer Viertelmillion.
Siehe Kapitel 7.
Thompson, Davis und Mosley-Thompson 1994. Mehr als nur ein paar Archäologen betrachten diese Beweisführung mit Skepsis (persönliche Mitteilung von Erickson).
Schimmelmann, Lange und Meggers 2003; Meggers 1994.
Lamb 1995, Kapitel 12, 13; Fagan 2001.
Kolata 2000; Binford et al. 1997; Thompson, Davis und Mosley-Thompson 1994.
Siehe Kapitel 8.
Diehl 1983 (zur allgemeinen Geschichte der Tolteken und zu Yucatán); Coe 1999, S. 165–180 (vertritt Eroberungsthese); Schele und Mathews 1998, S. 198–201, bes. Anm. 13 (lehnen Eroberungsthese ab). Die Argumente von Schele und Mathews fußen auf strittigen Radiokarbondaten und kunsthistorisch-stilistischen Interpretationen, die meines Erachtens den Inhalt der betrachteten Kunstwerke nicht hinreichend berücksichtigen.
Siehe Kapitel 8.
Teresi 2002, S. 107ff.
S.R. Martin 1999.
Pärssinen et al. 2003. Siehe auch Erickson 2002.
Siehe Kapitel 9.
Beispielsweise Otto von Freising: Chronica sive Historia de duabus civitatibus («Chronik oder die Geschichte der zwei Staaten»), zwischen 1143 und 1146; Abu Hanifa ad-Dinawari: Kitab al-ahbar at-tibal («Die langen Geschichten»), um 890.
Bradford 1981, S. 87f.; Winslow 1963b, S. 37, 43–59 («hochgewachsene ordentliche Männer», S. 53); Deetz and Deetz 2000, S. 61f.
Bradford 1981, S. 87ff.; Winslow 1963b, S. 50–59 («ein sehr kraftvoller Mann», S. 57); Deetz und Deetz 2000, S. 61f.; Kupperman 2000, S. 7.
Wood et al. 1971, S. 73.
Für die Darstellung von Tisquantums Leben stütze ich mich weitgehend auf Salisbury 1989. Siehe auch Adams 1892–93 (Bd. 1), S. 22–44; Foreman 1943, S. 20f.; Humins 1987; Kinnicutt 1914; Shuffelton 1976.
Berichte über Squanto und den Einsatz von Fischdünger bei Winslow 1963a, S. 81f. («eine wesentliche Zunahme», S. 82); Bradford 1981, S. 94f.; Morton 1632, S. 89. Skepsis darüber, dass die Düngung mit Fisch ein uralter indianischer Brauch sei, wurde bereits 1939 geäußert, doch ernsthaft wurde die Frage erst in Rostlund 1957a gestellt und dann noch vehementer von Ceci 1975a, 1975b, 1990b. Cecis Thesen zogen heftige Angriffe auf sich (Nanepashemet 1991; Russell 1975, 1980, S. 166f.; Warden 1975), doch der Großteil der Kritik bestand lediglich in der Zurückweisung des Vorwurfs, die Indianer seien schlicht zu dumm gewesen, den Nutzen und den richtigen Einsatz von Dünger zu erkennen – ein solches Argument hatte Ceci allerdings gar nicht vorgebracht. Stattdessen hatte er den Schluss gezogen, dass die Erhöhung der Produktivität nicht die zusätzliche Arbeit wert gewesen wäre, zumal bei der Alternative, die Äcker brachliegen zu lassen. Weil in Europa viel weniger Land pro Person verfügbar war und die Europäer weniger beweglich waren, hätten sie zu Düngemaßnahmen greifen müssen. In den frühen 1990er Jahren stieß der Archäologe Stephen A. Mrozowski von der University of Massachusetts in Boston bei Ausgrabungen auf Cape Cod auf Hinweise, dass dort Fische als Dünger ein paar Jahrzehnte vor Ankunft der Mayflower eingesetzt wurden; die Funde sind noch nicht publiziert (Gespräch des Verfassers mit Mrozowski). Allerdings könnte es sich bei den Fischen um normale Haushaltsabfälle gehandelt haben. Nebenbei erwähnt, in Peru war Fischdünger gebräuchlich (Denevan 2001, S. 35f.).
Die frühen Chronisten beschäftigten sich mit Tisquantums Motiven, insbesondere im Zusammenhang mit ihren Anschuldigungen der Manipulation zur Verbesserung seines Stands. Sie versuchten jedoch nicht, um es modern ausdrücken, sich in seine Lage hineinzuversetzen, und das ist hier der wesentliche Punkt. Genauso wenig stellten sie sich die Frage, warum sie niemals einem längeren Angriff standhalten mussten (zumindest lässt sich dies aus dem Fehlen solcher Überlegungen bei Bradford, Winslow und anderen schließen). Man kann hier aber den Kolonisten nicht den Vorwurf eines besonderen Mangels an Feingefühl machen, und verglichen mit späteren Historikern betrachteten die Pilgerchronisten die Indianer vermutlich als unabhängig Handelnde mit eigenen Überzeugungen und Zielen (Kupperman 2000, S. 2ff).
Gookin 1792, S. 148.
Für einen Überblick über die Ursprünge der Ethnohistorie siehe Axtell 1978.
Gespräche des Verfassers mit Axtell und Neal Salisbury; Chaplin 2003, bes. S. 1445–1455 («keine andere Sparte», S. 1431).
Einem Massachusett-Wörterbuch zufolge ist Tisquantum eine Variante von musquantum, «er ist verärgert». Der Pfarrer und Sprachforscher Roger Williams, Gründer von Rhode Island, schrieb, wenn Indianern ein Unglück zustoße, «sagen sie, Gott war verärgert und hat das getan; musquantum manit, Gott ist verärgert» (zitiert in Shuffelton 1976, S. 110).
D’Abate 1994; Parkman 1983, Bd. 1, S. 155. Der Ausdruck bezog sich vage auf eine mythische Stadt, auf den Fluss, an dem sie angeblich lag, und auf die Gegend um den Fluss irgendwo im Nordosten.
Die Frage nach der Einwohnerzahl von Patuxet ist einigermaßen verzwickt. Tisquantum, so heißt es, behauptete, in dem Ort lebten zweitausend Seelen (James [Hg.] 1963, S. 29). Dem meistzitierten Beobachter unter den Kolonisten, Daniel Gookin, zufolge konnte die Wampanoag-Konföderation, zu der Patuxet gehörte, «etwa dreitausend Mann aufbringen, wie die glaubwürdigsten und ältesten Indianer versichern» (Gookin 1792, S. 148). Wenn die Konföderation in der Lage war, dreitausend erwachsene Männer bereitzustellen, dann dürfte die normale Gesamtbevölkerungszahl schätzungsweise zwölf- bis fünfzehntausend Menschen betragen haben. Die Wampanoag-Konföderation umfasste etwa ein Dutzend Siedlungen, was für Patuxet ungefähr eintausend Einwohner bedeuten würde, vielleicht auch einige mehr. Hingegen erklärt die Anthropologin Kathleen Bragdon, die verfügbaren archäologischen Zeugnisse legten nahe, dass einzelne Küstensiedlungen wie Patuxet «wahrscheinlich nicht mehr als zweihundert Menschen» aufwiesen (Bragdon 1996, S. 58). Ich folge der Zahl Gookins, da er sich augenscheinlich direkt auf zeitgenössische indianische Angaben bezieht und weil die archäologischen Überreste, wie Bragdon selbst anmerkt, schwierig zu interpretieren sind.
Die meisten historischen Darstellungen stützen sich auf Gookin (1792, S. 147ff.), einschließlich des Standardwerks von Salwen (1978, S. 160–176). Siehe auch Bragdon 1996, S. 20–25; Russell 1980, S. 19–29; Salisbury 1982, S. 13–30 passim; Vaughan 1995, S. 50–58.
Stewart-Smith 1998, S. 49.
Bragdon 1996, S. 57f. (Marschland, 1000 v. Chr.); Wilkie und Tager 1991, S. 10f. (Karten von bekannten paläoindianischen archäologischen Stätten und ihrer Verteilung durch die Zeit); Fagan 1993, S. 96–100 (geringe Tragfähigkeit nacheiszeitlicher Gegenden); Petersen 2004. Auf kontinentaler Ebene waren die indigenen Gruppen Neuenglands so klein, dass eine ansonsten gründliche Studie sie nicht einmal erwähnt (Fagan 1991).
Cronon 1983, S. 19–33 («ungeheure Vielfalt», S. 31).
Die Glottochronologie wurde in den 1960er Jahren von dem amerikanischen Sprachwissenschaftler Morris Swadesh entwickelt. Swadesh war nicht unumstritten und verbrachte einen Großteil seiner akademischen Laufbahn in Mexiko, nachdem ihm in der McCarthy-Ära aufgrund seiner politischen Ansichten der Pass entzogen worden war. Die Technik ist Gegenstand seines posthum veröffentlichten Hauptwerks The Origin and Diversification of Language (Swadesh [Hg.] 1971). Die Glottochronologie versucht zu ermitteln, vor wie langer Zeit sich zwei Sprachen von einer gemeinsamen Vorgängersprache getrennt haben, beispielsweise Französisch und Italienisch vom Lateinischen. Zu diesem Zweck erstellte Swadesh eine Liste von Basisbegriffen – die posthum publizierte Version dieser Liste umfasste hundert Begriffe –, etwa «Ohr», «Mutter», «sich erbrechen». Bei einer engen Verwandtschaft zweier Sprachen, argumentierte Swadesh, würden sich ihre jeweiligen Wörter ähneln. Beispielsweise sind sich die französischen bzw. italienischen Wörter für «Ohr», oreille und orecchio, so ähnlich, dass sich eine relativ kurz zurückliegende Trennung der beiden Sprachen annehmen lässt. Die Wörter auf seiner Liste, behauptete Swadesh, änderten sich im Lauf von tausend Jahren durchschnittlich um vierzehn Prozent. Das heißt, wenn zwei Sprachen ähnliche Wörter für 79 der 100 Begriffe der Swadesh-Liste aufweisen, liegt die Verzweigung von einer gemeinsamen Vorgängersprache etwa 1500 Jahre zurück. Es ist kein Wunder, dass Swadeshs Thesen Kritik erfuhren. Besonders unplausibel ist die Annahme einer konstanten, allgemeingültigen Quote, der sprachliche Veränderungen unterlägen. Trotz alledem nutzen Forscher die Glottochronologie, zum Teil aufgrund des Mangels an Alternativen, zum Teil weil die zugrunde liegende Annahme intuitiv richtig erscheint (Swadesh 1971, 1952; Hymes 1971, 1960, S. 5f.).
Fiedel 1987; Goddard 1978; Mulholland 1985.
Little und Schoeninger 1995; Kavasch 1994.
Die Beschreibung der verschiedenen Gemeinschaften Neuenglands basiert auf den Funderfassungen in Petersen und Cowrie 2002; Bragdon 1996, S. 55–79 («weder in der archäologischen», S. 58f.). Bragdon (1996, S. 39) übernimmt den Ausdruck «bedingte Sesshaftwerdung» für die Küstengemeinden (geprägt von Dunford 1992). In der Vergangenheit haben einige Forscher vorgebracht, die Küstenindianer hätten kaum Landwirtschaft betrieben (Ceci 1990a), doch die von Petersen und Cowrie zusammengestellten Zeugnisse widerlegen diese Ansicht.
Besuche des Verfassers; James (Hg.) 1963, S. 7 («erquicklich durch Luft und Ausblick», Flussheringe), S. 75f.; Winslow 1963b, S. 8–43; Anon. 1963, S. xx–xxi (Champlains Karte des Gebiets aus dem Jahr 1613). In jenen Jahren bestanden große Flächen entlang der Küste aus sorgfältig angelegten Maisfeldern, von denen sich Spuren bis ins 20. Jahrhundert erhalten haben (Delabarre und Wilder 1920, S. 210–214).
Morton 1637, S. 24ff.; Wood 1977, S. 86ff., 112 («mehr Wärme», S. 112); Bragdon 1996, S. 104–107; Gookin 1792, S. 149ff. («so süß», S. 150f.). «Die besten Ausführungen» von wetus, schrieb Gookin, waren «mit großer Sorgfalt, sehr dicht und die Wärme haltend mit Baumrinden bedeckt», sie waren «so warm wie die besten englischen Häuser» (S. 150). Gewiss hatten in England die Häuser der Wohlhabenden keine undichten Dächer oder waren allzu zugig, doch in diesem ziemlich entwaldeten Land konnten selbst die Reichen es sich nicht leisten, in solchem Ausmaß Holz zu verfeuern, wie es die Indianer taten (Higginson 1792, S. 121f.).
Bennett 1955, Tabelle 1; Braudel 1985–86, Bd. 1, S. 132–135 (tägliche Kalorienmenge in Europa).
Kupperman 2000, S. 153–156; Williams 1936, S. 29 (Verwöhnen der Kinder); Denys 1908, S. 404; Ariès 1975 (zur Sicht der Europäer).
Wood 1977, S. 103–106.
Salisbury 1989, S. 229ff.; Wood 1977, S. 91–94 («Nur der gefällt ihnen», S. 91; «Man kann sie schlagen», S. 93); Winslow 1624, S. 55f.; James (Hg.) 1963, S. 77; Kittredge (Hg.) 1913, S. 151, zitiert in Axtell 1981, S. 44.
Wood 1977, S. 97ff.; Winslow 1624, S. 56–60; Gookin 1792, S. 154f.; Salisbury 1982, S. 42f.; Dunford 2001, S. 32–37; Johnson 1993, Kapitel 3. Weiter nördlich wurden die Sachems als Sagamores bezeichnet, ein Unterschied, den ich unberücksichtigt lasse.
Einerseits gibt es überraschend wenige archäologische Zeugnisse für eine Landwirtschaft entlang der Küste (Ceci 1990a); andererseits liegen mehrere Berichte von Kolonisten vor, nach denen die Küstengebiete voller Farmen gewesen seien. Diese Darstellung ist der Versuch, die scheinbar widersprüchlichen Befunde zusammenzuführen (Bragdon 1996, S. 146–53). Siehe auch Johnson 1993, Kapitel 3; Thomas 1979, S. 24–44 («sich stets wandelnde Collage», S. 30); Metcalf 1974; und besonders Petersen und Cowrie 2002.
Hariot 1588, S. 36f.; Williams 1936, S. 188 («viel weniger blutig»); Hirsch 1988; Kupperman 2000, S. 106–109; Russell 1980, S. 187–194; Vaughan 1995, S. 37–41. Ein Grund für die geringen Verluste lag darin, wie Williams beobachtete, dass die Indianer während des Gefechts so viel «herumspringen und tanzen, dass kaum ein Pfeil trifft». (Offensichtlich zahlten sich die Pfeil-und-Bogen-Spiele der Kindheit aus.) Einige Indianeraktivisten haben behauptet, das Skalpieren sei tatsächlich von weißen Kolonisten eingeführt worden, jedoch waren europäische Besucher bereits in den 1530er und 1540er Jahren Zeugen dieser Praxis, also bevor eine Kolonie nördlich von Florida existierte. «Hängen, Aufschlitzen, Köpfen und Ausweiden und Vierteilen waren üblich» in Europa, bemerkte James Axtell, aber nicht Skalpieren. Jeder Kontinent besaß seine eigenen Verstümmelungspraktiken, und «es lohnt sich kaum, darüber zu streiten», wer schlimmer gewesen sei (Axtell 1980, S. 463).
Die Menge an Literatur zur frühen europäischen Erforschung ist gewaltig, hier seien nur genannt: Kupperman 1997a; Bourque und Whitehead 1994; Quinn 1974, Kapitel 1; Salisbury 1982, S. 51–54; Axtell 1994, S. 154f. (Corte-Real).
In seinem populärwissenschaftlichen Buch 1421: Als China die Welt entdeckte behauptet Gavin Menzies, ein ehemaliger Offizier der Royal Navy, dass in jenem Jahr eine gewaltige Flotte unter dem Kommando von Eunuchenkriegern von China nach Amerika gesegelt sei. Nachdem viele Schiffe in der Karibik auf Riffe gelaufen seien, habe man «mehrere tausend Männer und Konkubinen» in Rhode Island absetzen müssen. Sie hätten auf folgenden Entdeckungsreisen aufgenommen werden sollen, doch der Kaiser, der die Expeditionen finanziert hatte, starb und sein Nachfolger ließ diese Fahrten einstellen. Die zurückgelassenen Chinesen hätten sich mit der lokalen Bevölkerung vermischt. Verrazzano schrieb, die Einwohner von Rhode Island seien «schöner» als andere Indianer, was nach Menzies’ Auffassung belegt, dass sie keine Indianer waren. Die Vorstellung von 150 Meter langen chinesischen Dschunken in Neuengland ist so betörend, dass es mir leid tut, sagen zu müssen, dass kaum ein Forscher außer Menzies selbst daran glaubt (Menzies 2003, S. 323–340 [«mehrere tausend», S. 334]).
Verrazzanos Bericht (hier und folgende Zitate): Wroth (Hg.) 1970, S. 71–90, 133–143 («dicht bevölkert», S. 137; «Glöckchen», S. 138; «lästiges Gebrüll», S. 139; «ihr Gesäß», «barbarische», S. 140); Axtell 1992, S. 156f.
Gookin 1792, S. 152f. («ein Teil ihres Gesichts», S. 153); Higginson 1792, S. 123; Morton 1632, S. 32 («so stattliche Männer und Frauen»); Wood 1977, S. 82f. («gewinnender», S. 82, «den Verstand eines neugierigen Barbiers», S. 83); Russell 1980, S. 30ff. Siehe auch die Zeichnungen von Algonkin weiter südlich von John White (Hulton 1984). Zu Unterschieden in der Behandlung des Körpers bei Kolonisten und Indianern siehe Kupperman 2000, Kapitel 2 (Bogensehne, S. 55f.), und Axtell 2000, S. 154–158.
Kupperman 1997b, S. 225 («Schmachtlocken»); Higginson 1792, S. 123.
Zur indianischen Sicht der Europäer siehe Jaenen 2000 (schwach, S. 76; hässlich, S. 77; sexuell unverlässlich, S. 83; Mi’kmaq, S. 85; Taschentücher, S. 87); Axtell 1988; Stannard 1992, S. 5 (Hygiene der Indianer). In der Regel badeten nur die wohlhabenden Europäer, während die einfachen Leute sich, wenn möglich, mit Lappen abrieben.
Cell 1965.
Biggar (Hg.) 1922–36, Bd. 1, S. 349–355, 397–401. Siehe auch Salisbury 1982, S. 62–66 und die unterhaltsame Darstellung von Parkman 1983, Bd. 1, S. 191ff., 199.
Gorges 1890a, S. 204–207; Salisbury 1982, S. 92ff. Ich stütze mich hier eher auf Salisbury, als Gorges Bericht, der wirr und verwirrend ist, vorbehaltlos zu folgen. Im Unterschied zur Plymouth-Kolonie kam die Maine-Expedition nicht mitten im Winter ohne Lebensmittel an. Sie verlor lediglich zwei ihrer Mitglieder während des ersten Winters, wohingegen Tod und Krankheit den Pilgern so zusetzten, dass in ihren ersten Monaten an Land immer nur wenige Leute arbeitsfähig waren.
Pring 1905, S. 51–63.
Die beste mir bekannte Nacherzählung der Pocahontas-Geschichte ist Gunn Allen 2003. Eine ähnliche, kürzere Version findet sich bei Richter 2001, S. 70–78. Eine angenehm zu lesende, nicht wissenschaftliche Darstellung des Themas Smith und Virginia ist Milton 2000.
Arber und Bradley (Hg.) 1910, Bd. 1, S. 192–205, 256f. («die großen Scharen», «vierzig oder fünfzig», S. 205); Bd. 2, S. 697ff.; Bradford 1981, S. 89f.; Winslow 1963b, S. 52; 1963c, S. 70; Gorges 1890a, S. 209ff. («nichtsnutzigen», S. 209; «es nun zu einem neuen Krieg», S. 211).
Winship 1905, S. 252 (Schiffbruch); Winslow 1963c, S. 27–28 (Auffinden des Schiffsrumpfes); Bradford 1981, S. 92; Hubbard 1848, S. 54–55; Adams 1892–93, S. 6–10.
Bradford 1981, S. 259f. (Erhängen, «eine der lästerlichsten»), S. 97 (Sohn schließt sich Indianern an), 173f.; Bradford 1906, S. 13 («ein Schurke»); Winslow 1963b, S. 31 (Schuss auf Pulverfass in Schiff); Winslow 1963d, S. 69–72 (Sohn schließt sich Indianern an); Prince 1855, S. 291 (Unverschämtheit der Polizei gegenüber); A.C. Mann 1976; Dillon 1975, S. 203 («besorgniserregende Laufbahn»).
Mein Großvater erzählte mir, Billington sei ein ausgezeichneter Jäger und Fallensteller gewesen. Somit unabhängig in der Nahrungsbeschaffung, konnte er koloniale Verordnungen ignorieren. Um ihm ein Vergehen anhängen zu können, so mein Großvater, schickte die Obrigkeit Männer aus, die seine Fallen plündern sollten. Billington schluckte den Köder: Er legte sich auf die Lauer und erwischte einen der Diebe auf frischer Tat. Der Dieb schoss auf ihn. Mein Vorfahr, ein weitaus besserer Schütze, erwiderte das Feuer – mit vorhersehbaren tödlichen Folgen. Dass die Geschichte sich so zugetragen hat, ist unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Die Billingtons gehörten zu den wenigen Familien, die den ersten Winter ohne Verluste überstanden, was nahelegt, dass John in der Tat ein ausgezeichneter Jäger war. Zudem war der Ruf der Pilger, was ihre Praxis anging, religiös unliebsame Menschen zu beseitigen, so verbreitet, dass 1664 der englische Dichter Samuel Butler in seiner populären Satire Hudibras darüber spottete: «In Neu-England ist der Gebrauch / bey unsern frommen Brüdern auch, / erlesene Verbrecher zu sparen, / und henken dafür die [für die Kirchen] Unbrauchbaren» («Our brethren of NEW ENGLAND use / Choice malefactors to excuse, / And hang the guiltless in their stead, / Of whom the Churches have less need», II. Buch, II. Gesang, Z. 409–412, deutsch von Dietrich Wilhelm Soltau, 1787).
Während der katastrophalen «Hungerzeit» (Winter 1609–10) in Jamestown, so berichtete der Gouverneur der Kolonie, George Percy, «ermordete ein Mann aus unserer Kolonie seine [schwangere] Ehefrau, riss das Kind aus ihrem Bauch und warf es in den Fluss, und danach hackte er die Mutter in Stücke und pökelte sie als Essensvorrat». Percy ließ den Täter foltern und hinrichten (Percy 1922, S. 267). Im März 1623 wurde ein Mann in Wessagusset, einer anderen, mit Plymouth konkurrierenden Kolonie in Massachusetts, wegen des Diebstahls von Mais von einer indianischen Familie gehängt (Morton 1632, S. 108ff.; Bradford 1981, S. 129). Bradford zufolge war Billingtons Hinrichtung «die erste» in Plymouth (S. 259), sodass meine Familie zu Recht behaupten kann, unser Vorfahr sei der erste Mensch europäischer Herkunft gewesen, den man in der Gegend um Cape Cod hängte. Ich übergehe damit bewusst die Franzosen und Spanier in Florida, die einander in den 1560er Jahren massenhaft hinrichteten.
Bradfords Behauptung, ihr beabsichtigtes Ziel habe «ungefähr um den Hudson River herum» gelegen (Bradford 1981, S. 68), wird durch die Aussage des Diplomaten John Cory untermauert, der 1622 im Auftrag britischer Kapitalgeber Plymouth besuchte (James [Hg.] 1963, S. 5f.). Allerdings hatten sie sich zu einem früheren Zeitpunkt um die Erlaubnis für eine Ansiedlung im heutigen Neuengland bemüht, sodass einige Historiker es für möglich halten, dass die Pilger ursprünglich diese Gegend ansteuerten. Eine Theorie besagt, die Niederländer, die seinerzeit das Gebiet um den Hudson besaßen, hätten den Kapitän der Mayflower bestochen, damit er die Pilger anderswohin brachte (Morton 1669, S. 11f.). Wie auch immer, von ihnen sind kaum Zeugnisse überliefert, dass sie gewusst hätten, wohin sie unterwegs waren (Rutman 1960). Smiths Behauptung, die wohl der Wahrheit entsprach, ist wiedergegeben in Arber und Bradley (Hg.) 1910, Bd. 2, S. 891f.
Die meisten dieser Irrtümer stammen aus Bates 1940 (S. 112f.).
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