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Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Hamburg, August 2019

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Lektorat Frank Strickstrock

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Covergestaltung Anzinger und Rasp, München

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ISBN 978-3-644-00560-0

www.rowohlt.de

 

Alle angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Printausgabe.

ISBN 978-3-644-00560-0

Die Menschheit steht vor einer schrecklichen Gefahr – und einer kaum noch vermeidbaren Katastrophe.

Die Gefahr: Mit der Atombombe hat der Mensch die in ihrer Art großartige Leistung vollbracht, dass er imstande wäre, sich, seiner Milliardenzahl zum Trotz, vollständig auszurotten. Schon die 25000 Atomsprengköpfe im Besitz Russlands und der USA würden dafür vermutlich genügen – aber dazu kommt die Liebe zur Atombombe, wie China und Nordkorea, Indien und Pakistan, Israel und Iran sie pflegen.

Beim Atom besteht indessen noch ein Rest von Hoffnung, dass der große Wahnsinn unterbleibt. Mit gnadenloser Konsequenz aber nähert sich die andere Katastrophe: die, dass die Menschheit an ihrer Überzahl, an ihrem Übermut, an ihrer Gier zugrunde geht.

Schon 2007 hat die Uno festgestellt: «Die Menschheit lebt über ihre Verhältnisse.» Und 2011 stellte der dreifache Pulitzer-Preisträger Thomas L. Friedman in der New York Times die

Hat sich seitdem irgendwas gebessert? Nichts – verschlimmert das meiste. Zu Lande wachsen die Wüsten, die Müllhalden, die Betonburgen, die Schrottgebirge. In den Ozeanen wachsen die Plastik-Meere. In den Fabriken wächst die Produktion, immer noch. Die Menschheit selber wächst der achten Milliarde entgegen; zwei Milliarden waren es, als ich zur Schule ging. Für das Jahr 2050 werden 2,5 Milliarden Menschen allein für Afrika prognostiziert.

Wir sind zu viele geworden für einen Planeten. Zu tüchtig, zu gierig sind wir auch. Wir vermüllen, zertrampeln, vergiften die Erde, als hätten wir eine zweite in Reserve.

Noch schneller als die Menschheit wächst ihr Energieverbrauch: Verzwanzigfacht hat er sich in meiner Lebensspanne. Und am schnellsten wächst unser aller Gier: Natürlich tun die Armen das Äußerste, um an Luxus und Verschwendung zu den Reichen aufzuschließen – mit vollem Recht! Und die Reichen wollen noch reicher werden, was denn sonst?

Was nirgends wächst, ist die Einsicht, dass es

Natürlich ist der Strom zu billig!

Die in der Uno vertretenen Regierungen, unsere Politiker überhaupt tun absolut nicht das, was ihre Enkel vor Schaden bewahren könnte. Wo bleibt, wenigstens in Deutschland, ein Generalstabsplan zum Kampf gegen das Generalübel: die allgegenwärtige Verschwendung? Ein Zwanzig-Jahres-Plan zum Beispiel zur allmählichen, aber unerbittlichen Verteuerung des Stroms und des Benzins, in vielen kleinen Schritten, mit Zeit genug für die Industrie und für uns alle, uns allmählich umzustellen? Alle zwei Jahre ein

Doch wie soll sich für dergleichen eine politische Mehrheit finden? Und wenn doch: Würde das nächste Parlament die ganze Zumutung nach vier, fünf Jahren wieder beseitigen? Der Wahlrhythmus der Demokratie lässt den langen Plan, den großen Wurf nicht zu.

 

Selbst wenn aber Deutschland etwas von dieser Art schaffen sollte – unser Einfluss auf die Erde wäre doch, mathematisch gesprochen, eine zu vernachlässigende Größe: Wir stellen etwa ein Prozent der Weltbevölkerung, und von der Landfläche der Erde bedeckt Deutschland den 417. Teil. Retten können wir sie also nicht, die Erde, jedenfalls nicht allein, und der Dreck, die Treibhausgase der anderen 416 Regionen werden uns heimsuchen, so oder so.

Noch dazu leistet sich Deutschland, was die Vergiftung der Atmosphäre angeht, ein groteskes Übermaß – und das erreichte 2019 einen neuen Gipfel: Unsere Braunkohle darf noch 19 Jahre stinken, und die gehätschelte Autoindustrie darf sich in schierem Aberwitz gefallen: Hat da Daimler-Benz doch einen Monster-SUV auf den Markt gedonnert, wieder eckig wie ein beliebtes

Ein Sturmgeschütz des Wahnsinns also – und dass keine Regierung, kein Parlament dergleichen verhindert, dass die Grünen nicht einmal dagegen anschreien im Protest, beweist: Unser Auto steht uns natürlich näher als die Zukunft des Planeten Erde.

Wie glücklich waren wir mit 27 PS!

Ist denn einer, der mit 422 PS über den Brenner donnert (oder kriecht), wenigstens zufriedener als der, der 1951 mit 27 PS zum ersten Mal nach Italien rollen konnte? (Wie ich zum Beispiel.) Eher ist es umgekehrt. Wir strampeln uns ab in der Hedonic Treadmill – der Tretmühle der (Un)zufriedenheit, wie sie bei den Soziologen heißt: Im Gleichschritt mit unserem Einkommen wachsen unsere Ansprüche. Das Glück mehrt sich nicht.

Die Konsumgüterindustrie tut das Ihre, um Bedürfnisse zu schaffen, die vorher keiner hatte. Der menschliche Charakter begünstigt sie dabei.

Wir sind eine Schicksalsgemeinschaft auf einem überfüllten Raumschiff namens Erde, und eine andere Erde ist nicht in Sicht. Wer dennoch eine letzte Chance wittert, der warte nicht auf noch mehr Beweise für den Untergang – er handle! So wie einst Noah: Seine Arche war fertig (1. Mose 7,4), sieben Tage, bevor der Große Regen kam.