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Impressum

Die amerikanische Originalausgabe erscheint 2013 unter dem Titel «My Brief History» bei Bantam Books, New York.

 

Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, September 2013

Copyright © 2013 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg

«My Brief History» Copyright © 2013 by Stephen W. Hawking

Lektorat Frank Strickstrock

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt, jede Verwertung bedarf der Genehmigung des Verlages

Umschlaggestaltung ANZINGER WÜSCHNER RASP, München

Umschlagabbildung Mit freundlicher Genehmigung von Gillman & Soame Photographers

Schrift DejaVu Copyright © 2003 by Bitstream, Inc. All Rights Reserved.

Bitstream Vera is a trademark of Bitstream, Inc.

ISBN Printausgabe 978-3-498-03025-4 (1. Auflage 2013)

ISBN E-Book 978-3-644-03861-5

www.rowohlt.de

 

Anmerkung: Die Seitenzahlen in den Abbildungsnachweisen beziehen sich auf die Seitenzahlen der Printausgabe.

ISBN 978-3-644-03861-5

1 KINDHEIT

MEIN VATER FRANK stammte aus einer Familie von Pachtbauern in Yorkshire. Sein Großvater John Hawking, mein Urgroßvater, war ein wohlhabender Landwirt. Doch er hatte zu viele Höfe gekauft und verlor sein ganzes Vermögen in der landwirtschaftlichen Depression zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. Sein Sohn Robert – mein Großvater – versuchte, seinem Vater zu helfen, machte aber selbst Bankrott. Zum Glück besaß Roberts Frau ein Haus in Boroughbridge, in dem sie eine Schule betrieb und für ein bescheidenes Einkommen sorgte. So ermöglichten sie es ihrem Sohn, in Oxford Medizin zu studieren.

Mein Vater bekam eine Reihe von Stipendien und Preisen, die ihm erlaubten, seinen Eltern etwas Geld zurückzuschicken. Dann wandte er sich der Tropenmedizin zu und ging 1937 im Rahmen seiner Forschungsarbeiten nach Ostafrika. Bei Kriegsbeginn reiste er auf dem Landweg quer durch Afrika den Kongo-Fluss hin

Mein Vater und ich

Mit meiner Mutter

 

 

ICH wurde am 8. Januar 1942 geboren, genau dreihundert Jahre nach Galileis Tod. Aber ich schätze, dass noch ungefähr zweihunderttausend andere Kinder an diesem Tag geboren worden sind. Ob sich eines von ihnen später für Astronomie interessierte, weiß ich nicht.

Mit Philippa und Mary

Wir lebten in Highgate, im Norden Londons. Achtzehn Monate nach mir wurde meine Schwester Mary geboren. Es heißt, ich sei über diesen Zuwachs nicht sehr erfreut gewesen. Unsere ganze Kindheit hindurch gab es eine gewisse Spannung zwischen uns, die durch den geringen Altersunterschied genährt wurde. Später, als wir erwachsen wurden und verschiedene Wege gingen, hat sich das gelegt. Sehr zur Freude meines Vaters wurde sie Ärztin.

Meine Schwester Philippa wurde geboren, als ich fast fünf war und besser begreifen konnte, was vor sich ging. Ich weiß noch, dass ich mich auf ihre Geburt freute, wegen der Aussicht, zu dritt spielen zu können. Sie war ein sehr lebhaftes und aufgewecktes Kind. Ich habe immer viel auf ihr Urteil und ihre Meinung gegeben. Wesentlich später wurde mein Bruder Edward adoptiert. Ich war damals vierzehn, sodass er kaum noch eine Rolle in meiner Kindheit gespielt hat. Er entwickelte sich ganz anders als wir anderen drei. Seine Interessen waren nicht im Geringsten akademischer und intellektueller

Meine Geschwister und ich am Strand

 

IN MEINER frühesten Erinnerung stehe ich im Kindergarten Byron House in Highgate und schreie mir die Lunge aus dem Hals. Um mich herum spielten Kinder mit, wie mir schien, herrlichem Spielzeug. Ich wollte mitspielen, aber ich war erst zweieinhalb Jahre alt

Damals, während des Krieges und kurz danach, war Highgate eine Gegend, in der viele Wissenschaftler und Akademiker lebten. (In einem anderen Land hätte man sie als Intellektuelle bezeichnet, aber die Engländer haben niemals zugegeben, dass es unter ihnen Intellektuelle gibt.) Alle diese Eltern schickten ihre Kinder in die Byron House School, die für damalige Verhältnisse sehr fortschrittlich war.

Ich weiß noch, dass ich mich bei meinen Eltern beklagte, man bringe mir dort nichts bei. Die Lehrer dieser Schule glaubten nicht an die damals üblichen Methoden, Kindern den Stoff einzutrichtern. Stattdessen sollten wir lesen lernen, ohne zu merken, dass es uns beigebracht wurde. Schließlich lernte ich tatsächlich lesen, allerdings erst, als ich bereits mein achtes Lebensjahr erreicht hatte. Meine Schwester Philippa lernte nach eher herkömmlichen Methoden lesen, mit dem Ergebnis, dass sie es mit vier Jahren konnte. Aber sie war damals sowieso eindeutig klüger als ich.

Unser Haus in Highgate, London

London während des Krieges

 

ICH erinnere mich auch noch, wie ich meine erste Spielzeugeisenbahn bekam. Während des Krieges wurde kein Spielzeug hergestellt, zumindest nicht für den Binnenmarkt. Aber ich hatte eine Leidenschaft für Modelleisenbahnen entwickelt. Mein Vater versuchte, mir einen Holzzug zu basteln, aber damit war ich nicht zufrieden, denn ich wollte etwas, das sich in Bewegung

Ich mit meiner Eisenbahn

Mit einer Eisenbahn zum Aufziehen ließ sich schon

Als Jugendlicher baute ich dann Modellflugzeuge und -schiffe. Mit den Händen war ich nie sehr geschickt, aber ich tat mich mit meinem Schulkameraden John McClenahan zusammen, der ein guter Bastler war und dessen Vater sich im Haus eine Werkstatt eingerichtet hatte. Mein Ziel war es immer, Modelle zu bauen, die ich steuern konnte. Mir war es egal, wie sie aussahen. Ich glaube, der gleiche Wunsch trieb mich, eine Reihe sehr komplizierter Spiele mit einem anderen Schulka

2 ST. ALBANS

1950 wurde der Arbeitsplatz meines Vaters von Hampstead in der Nähe von Highgate in das neuerbaute National Institute for Medical Research in Mill Hill am Nordrand Londons verlegt. Statt von Highgate dorthin zu fahren, erschien es vernünftiger, aus London hinauszuziehen und in die Stadt zu pendeln. Deshalb kauften meine Eltern ein Haus in St. Albans, einem Bischofssitz mit alter Kathedrale, ungefähr fünfzehn Kilometer nördlich von Mill Hill und dreißig Kilometer vom Londoner Zentrum entfernt. Es war ein großes viktorianisches Haus mit einer gewissen Eleganz und ganz eigenem Charakter. Meine Eltern waren nicht sehr wohlhabend, als sie es kauften, und es musste viel renoviert werden, bevor wir einziehen konnten. Danach weigerte sich mein Vater, ein sparsamer Yorkshireman, Geld für weitere Reparaturarbeiten am Haus auszugeben. Er tat sein Bestes, um es instand zu halten und zu streichen, aber es war groß und er nicht sehr geschickt in solchen

Unser Haus in St. Albans

Das Gebäude war ursprünglich für einen Haushalt mit Dienstboten bestimmt; deshalb gab es in der Anrichte eine Tafel, die anzeigte, in welchem Zimmer geläutet worden war. Natürlich hatten wir keine Dienstboten, aber mein erstes Zimmer war ein kleiner L-förmiger Raum, der einmal ein Dienstmädchenzimmer gewesen sein muss. Ich hatte ihn mir auf Vorschlag meiner Cou

Sarah war die Tochter von Janet, der älteren Schwester meiner Mutter, einer Ärztin, die einen Psychoanalytiker geheiratet hatte. Sie lebten in einem ziemlich ähnlichen Haus in Harpenden, einem acht Kilometer nördlich von St. Albans gelegenen Dorf. Dass sie dort wohnten, war einer der Gründe, die uns bewogen hatten, nach St. Albans zu ziehen. Ich freute mich sehr, nun in der Nähe von Sarah zu sein, und bin häufig mit dem Bus nach Harpenden gefahren.