Nelly Möhle

Der Zaubergarten

Überraschungen haben Fell
Band 3

Eva Schöffmann-Davidov

FISCHER E-Books

Mit Bildern von Eva Schöffmann-Davidov

Inhalt

Über Nelly Möhle

© privat

Nelly Möhle liebte es als Kind, durch den riesigen Garten ihrer Großeltern zu streifen und sich Geschichten auszudenken. Zwischen Rosenranken und geheimnisvollen Tannen ließ sie ihrer Phantasie freien Lauf, und irgendwann begann sie, ihre Geschichten aufzuschreiben. Der Zaubergarten ist Nelly Möhles erste Kinderbuchserie und landete mit dem ersten Band sofort auf der ›Dein-SPIEGEL‹-Bestsellerliste. Die Autorin lebt mit ihrer Familie, einem Hund und einer hundertjährigen Schildkröte in Offenburg.

© Klaus Renner

Eva Schöffmann-Davidov, Jahrgang 1973, ist eine der renommiertesten Kinder- und Jugendbuchillustratorinnen Deutschlands. Nach ihrem Studium an der Fachhochschule für Gestaltung in Augsburg machte sie sich in der Kinder- und Jugendliteratur schnell einen Namen und gewann zahlreiche Preise für ihre Gestaltungen. Als Fachhochschuldozentin gab sie ihr Wissen und ihre Erfahrung auch an junge Künstler weiter. Heute illustriert sie Kinderbuchserien und Jugendbücher unter anderem von Bestsellerautoren wie Kerstin Gier oder Tanya Stewner. Die Illustratorin lebt mit ihrer Familie in Augsburg.

Weitere Informationen zum Kinder- und Jugendbuchprogramm der S. Fischer Verlage finden Sie unter www.fischerverlage.de

Über dieses Buch

Endlich geht es los mit dem Zauberblumenunterricht für Tilda und ihre neue Freundin Anni, im geheimen Zaubergarten hinter der großen Mauer. Schließlich gibt es für die Aufnahmeprüfung in den Kreis der Zaubergärtner noch viel zu lernen. Gleichzeitig startet, kurz vor den Ferien, in der Schule die Projektwoche. Und an deren Ende soll es eine große Zauberaufführung geben! Mit echtem Hasen! Tilda und Anni sind mit Feuereifer dabei. Doch dann wird erstens der Lehrer krank, zweitens muss Herr Bovist plötzlich verreisen, und drittens geht einfach alles schief. Aber mithilfe der magischen Zauberblumen gelingt es den beiden Mädchen, die Vorstellung doch noch stattfinden zu lassen.

Impressum

Alle Bände der Serie »Der Zaubergarten«:

Band 1: Geheimnisse sind blau

Band 2: Abenteuer können fliegen

Band 3: Überraschungen haben Fell

Band 4: erscheint voraussichtlich im Herbst 2020

Für Mémé und Pépé

 

Originalausgabe

Erschienen bei FISCHER E-Books

 

© 2020 Fischer Kinder- und Jugendbuch Verlag GmbH, Hedderichstraße 114,

D-60596 Frankfurt am Main

Dieses Werk wurde vermittelt durch die

Michael Meller Literary Agency GmbH, München

 

Covergestaltung: MT Vreden unter Verwendung einer Illustration von Eva Schöffmann-Davidov

 

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.

ISBN 978-3-7336-0309-0

Dieses Mal fängt meine Geschichte mit Kalli an. Dem größten Zauberhasen aller Zeiten.

Ich muss mit dem Erzählen an einem Sonntag beginnen. Anni und ich waren gerade auf dem Weg zu Herrn Bovist. Weil heute endlich, endlich unser Zauberblumenunterricht beginnen sollte. Und gerade, als wir in die Scheffelstraße einbogen, machte es plötzlich neben mir »Pscht!«.

Aus dem Gebüsch starrte mich ein Panda an. Vor Schreck verschluckte ich mein Melonenkaugummi.

»Aaah!«, machte Anni.

Natürlich war das in echt kein richtiger Panda. Sondern ein Junge. Aber sein Gesicht war komplett hinter einer Pandamaske versteckt.

Anni und ich beugten uns vor. Und was soll ich sagen: Dort saß der größte Hase, den ich jemals gesehen habe. Ein Monsterhase sozusagen. Mit strubbeligem, weißem Fell und sehr, sehr langen Ohren. Oh, wie war der schön.

»Hallooo!«, sagte ich zum Hasen. Der Junge mit der Pandamaske stand jetzt auf dem Gehweg. Er war größer als Anni und ich. Und er trug ein Fußballtrikot.

»Passt bitte auf Kalli auf«, sagte der maskierte Junge. »Sonst holt ihn der Fuchs!«

Kalli riss vor Schreck seine blauen Augen auf. Und dann drehte die Pandamaske sich um und galoppierte in einem Höllentempo die Straße runter und um die Ecke.

»He, du!«, rief ich hinter ihm her. Aber weg war er.

»War das der berühmte Sänger mit der Pandamaske?«, fragte Anni und kratzte sich am Bauch.

Das glaubte ich eigentlich eher nicht.

»Komm!«, lockte ich den mächtigen Hasen. Der hatte ein Löwenzahnblatt zwischen den langen Schneidezähnen. Im Eiltempo verschwand es in seinem zuckenden Maul. Ratatata. Hasen haben wirklich fiese Vorderzähne. Die will man nicht in der Hand stecken haben. Vorsichtig fasste

»Mein lieber Scholli!«, stöhnte ich. »Du wiegst ja mehr als Floh!«

Floh ist Tante Ilses Dackel. Und gegen den dicken Kalli war Floh wirklich leicht wie ein Floh.

Endlich hing Kalli in meinem Arm. Mucksmäuschenstill.

»Und jetzt?«, fragte Anni.

Tja.

»Ich glaube nicht, dass Mama einen Riesenhasen bei mir im Zimmer wohnen lässt«, stellte ich fest.

»Und meine Mama hat eine Fellallergie«, sagte Anni und kraulte vorsichtig den Hasenrücken.

»Wir können ihn aber auch nicht im Gebüsch lassen«, sagte ich. »Du hast ja gehört: Da kommt am Ende noch der Fuchs und verspeist den Hasen mit Haut und Haar.«

»Dann bringen wir ihn einfach im Schuppen unter«, schlug Anni vor. »Bis der Panda wieder auftaucht.«

»Genau!«, rief ich begeistert. Meine Freundin Anni hat einfach immer die besten Ideen!

Also schleppte ich den kuschelweichen Riesenhasen

Der Schuppen ist unser Geheimversteck ganz hinten im riesigen Garten meiner Großeltern. Und aus diesem grünen Holzschuppen räumten Anni und ich wenig später den runden Tisch und die roten Kinderhocker.

»Ein großer Kalli braucht Platz«, erklärte ich Anni.

»Warum lässt der Pandajunge seinen Hasen im Gebüsch?«, fragte Anni.

»Das versteht kein Mensch«, antwortete ich. »Aber ich glaube, wir werden es noch erfahren!«

Anni und ich rupften unglaublich viel Grünzeug und bereiteten dem Hasen ein Grasbett im Schuppen. Richtig gemütlich sah es aus. Jedenfalls für einen Hasen. Und fuchssicher war es hier auch.

»Und jetzt müssen wir auch los«, sagte ich. »Herr Bovist und Rupert warten auf uns.«

Schnell wie die Wildpferde galoppierten wir zur Obstbaumwiese. Annis schwarze Pantherhaare flatterten als lange Mähne hinter ihr her.

Von Oma und Opa war nichts zu sehen.

»Wahrscheinlich machen sie noch ihr Mittagsschläfchen!« Unbemerkt schleppten wir die Leiter zum Schuppen. Dort lehnten wir sie an die große Gartenmauer. Der Garten von Herrn Bovist liegt nämlich direkt hinter der hohen Mauer. Eigentlich darf niemand auch nur über die große Mauer in den Nachbargarten schielen. Über die Mauer zu klettern ist strengstens verboten.

»Wer da rüberklettert, ist verloren«, behauptet Tante Ilse immer. Dabei stimmt das gar nicht. Denn Herr Bovist ist unser Freund. Und sein Hund Rupert auch. Aber nur Anni und ich kennen ja auch die ganze Wahrheit über die beiden!

Ich kletterte als Erste die wacklige Leiter hoch und stellte mich auf die breite Mauer aus roten Steinen. Anschließend kraxelte Anni flink Sprosse für Sprosse nach oben. Trotz eingegipstem Arm. Den hatte sie sich bei einem unserer letzten Abenteuer gebrochen. Der blaue

Dann zogen wir die Leiter nach und ließen sie auf der anderen Seite in Herrn Bovists Garten hinab. Und endlich, endlich standen wir im grünsten Grün.

Herrn Bovists Garten ist ein wildwuchernder Dschungel. Die Büsche und Bäume stehen dicht an dicht. Auch dieses Mal schlängelten wir uns um die Baumriesen herum, kletterten über umgestürzte Stämme und zwängten uns zwischen Büschen und Farnen hindurch bis zu einer kleinen Lichtung. Auf der funkelte bei diesem Sommersonnenschein das kleine Gewächshaus wie ein Diamant.

Wouuu!, kam es aus dem Tannenwäldchen. Und dann trabte der größte Hund aller Zeiten auf uns zu.

»Ruuupert!«, rief ich.

Der graue Riesenhund tanzte schwanzwedelnd um uns herum. Ich kraulte sein Kinn und das Brustfell. So mag er es am allerliebsten.

»Hallo, du oller Wurstschädel«, sagte Anni aus sicherer Entfernung. Sie hat nämlich Angst vor Hunden. Vor allem vor so großen wie Rupert.

Also wanderten Anni, Rupert und ich durch das dichte Tannenwäldchen bis zur anderen kleinen Lichtung. Auf der steht Herrn Bovists Hexenhäuschen. In echt wohnt da natürlich keine Hexe, sondern eben Herr Bovist. Aber es sieht mit seinem spitzen Dach, dem großen Schornstein und den kleinen Sprossenfenstern aus wie das Hexenhaus von Hänsel und Gretel, nur ohne Lebkuchen dran.

Herr Bovist saß mit geschlossenen Augen auf der Vordertreppe und hielt das runzelige Gesicht in die Sonne. Seine Haare bauschten sich wie Watte und leuchteten in der Sonne zuckerweiß.

»Huhuuu!«, rief Anni und winkte. »Herr Bovist!«

Herr Bovist lächelte, ohne seine Augen zu öffnen. »Da seid ihr ja endlich!«

Nur wenig später quetschten wir uns alle in Herrn Bovists Arbeitshäuschen. Es steht direkt neben dem Hexenhaus. Und es sieht auch genauso aus, ist aber viel, viel kleiner.

»So«, sagte Herr Bovist und hängte seinen großen

Ein paar kleine Glückskäfer wuselten durch meinen Bauch. Wir hatten unsere erste Unterrichtsstunde schon einmal verschieben müssen. Weil da ein Abenteuer in die Quere gekommen war. Aber heute sollte es endlich losgehen!

»Wir starten mit einem praktischen Teil«, fuhr Herr Bovist fort. »Schließlich benötigen wir Anschauungsmaterial. Deshalb dachte ich, dass wir damit beginnen, ein paar ausgewählte Samen zu pflanzen.«

Anni und ich guckten uns an. Und jubelten los. Wir hatten nämlich befürchtet, dass unser Unterricht bestimmt mit dem Lesen des dicken Familienzauberbuches starten würde.

»Und welche Zauberblumen pflanzen wir?«, fragte Anni. Ihre blauen Augen funkelten.

Herr Bovist lächelte. »Welche Zauberblumen würdet ihr denn gerne anpflanzen?«

Da musste ich nicht lange überlegen. »Ludmilla!«, rief ich. »Oder Ludmillo!«

Die Unsichtbarkeitspflanze Ludmilla war meine absolute Lieblingsblume. Wenn man an ihrer wunderschönen blauen Blüte roch, wurde man unsichtbar. Echt und

Jetzt lachte Herr Bovist. »Das hätte ich mir ja fast denken können«, sagte er. »Und du, Annemarie? Mit welcher Blume möchtest du beginnen?«

Anni kratzte sich am Bauch. »Im Zauberbuch habe ich eine Blume gesehen, die hat ganz runde Blüten. Und wenn man an einer davon riecht, soll man klettern können wie ein Eichhörnchen. So richtig von Ast zu Ast hüpfen!«

Herr Bovist nickte mit dem Kopf. »Diese Blume gibt es in der Tat. Eine gute Wahl, Annemarie.«

»Ich wollte schon immer mal richtig toll klettern können«, raunte Anni mir ins Ohr, als Herr Bovist sein dickes Familienblumenbuch aus der Schreibtischschublade wuchtete. »Wie Finn und Jonas. Oder eben noch besser! Wie der kleine Eichhörnchenflitzer im Kastanienbaum auf dem Schulhof.«

O ja, das wäre bestimmt ein großer Spaß!

»Kannst du mit deinem Gipsarm überhaupt von Ast zu Ast springen?«, musste ich aber noch fragen.

»Der doofe Gips kommt diese Woche sowieso ab«, antwortete Anni.

Dann zeigte Herr Bovist uns, wie man die Blumen, die man sucht, auch schnell unter den tausend abgebildeten Pflanzen findet. Vielleicht sind es auch nur zweihundert verschiedene Zauberblumen. Ich habe sie noch nicht gezählt.

»Jede Zauberblume hat eine Nummer«, erklärte Herr Bovist. »Diese Zahl braucht man, um anschließend die gewünschten Samen im Labor zu finden.«

Also suchten Anni und ich als Erstes unsere Pflanzen im

Ich las: »Riecht man an einer der runden, dunkelroten Blüten, schießt eine ungeheure Kraft in die Beinmuskulatur. Das Gewicht des Gesäßes verlagert sich etwas nach hinten und stellt bei einem Sprung das Gleichgewicht her. Wichtig: Die wildwuchernde Kletterpflanze sollte nicht gekürzt werden, da nicht vorhersehbar ist, an welchem Trieb eine der Blüten mit Zauberkraft wachsen wird.«

»Heißt das, man bekommt einen großen Popo?«, fragte Anni.

»Nicht direkt, jedenfalls soweit ich mich erinnern kann«, antwortete Herr Bovist und kratzte sich am Kopf.

»Ist ja auch egal«, sagte Anni. »Der Samen hat die Nummer sechsundfünfzig.«

Das kleine Arbeitshäuschen besteht aus einem winzigen Arbeitszimmer, das mit dem großen Schreibtisch vor dem kleinen Fenster und den Bücherregalen an den Wänden schon komplett voll ist. Eine schmale Tür führt jedoch noch in ein winzig kleines Zimmerchen. Herr Bovist nennt es Labor. Darin steht ein riesiger Holzschrank mit vielen, vielen kleinen Schubladen. In den Schubladen stecken Papiertütchen. Und in den Tütchen sind die Samen

»Wie eine Perle an Omas Perlenkette«, sagte ich.

Herr Bovist nickte. »Ich werde auch einen Samen einpflanzen«, erklärte er und zog eine Schublade ganz weit oben im Schrank auf. »Den Samen einer Blume, die einem unglaubliche Kraft schenkt. Als über achtzigjähriger Mann kann ich die immer brauchen.«

Ich betrachtete Herrn Bovist. Wie ein Wiesel flitzte er herum. »Du bist doch topfit«, sagte ich.

Herr Bovist strich sich über seinen wirren Haarschopf. »Und so soll es auch bleiben«, sagte er mit einem Lächeln.

Als wir wenige Minuten später mit unseren drei Samen aus dem dunklen Arbeitshäuschen traten, war es auch draußen ganz schön finster geworden. Dicke Wolkenberge hatten sich über die Sonne geschoben.

»Wir müssen uns beeilen«, stellte Herr Bovist fest. »Uns steht ein Gewitter bevor.«

Schnell wie der Wind sausten wir mit Rupert durch den Tannenwald zum Gewächshaus.

»So«, verkündete Herr Bovist, als wir uns vor dem leeren Beet aufgestellt hatten. »Ich mache euch jetzt Schritt für Schritt vor, wie man einen Samen richtig pflanzt. Und ihr beiden macht mit eurem Zauberblumensamen jeden Pflanzschritt sorgfältig nach.«

Eigentlich musste Herr Bovist uns das Pflanzen der

Zuerst mischten wir in einem Eimer Erde mit getrockneten Pferdeäpfeln. Das war ein bisschen eklig.

»So haben die Zauberblumen gleich genügend Dünger, um Kraft zu tanken«, sagte Herr Bovist.

Dann schichteten wir aus dem Mistgemisch drei hübsche Erdhügel auf und bohrten in die Bergspitzen mit dem Spatenstiel ein Loch. Wie drei Inselvulkane sahen sie jetzt aus.

Sehr, sehr vorsichtig versenkte ich die weiße Unsichtbarkeitsperle im Loch meines Vulkans.

»Tschüss«, sagte ich und ließ Erde darüber rieseln. »Bis bald als wunderschöne Blume.«

Anni und Herr Bovist waren mit ihren Zauberblumen auch so weit fertig. Zum Schluss gaben wir allen Samen

»Zurück zum Haus!«, rief Herr Bovist. »Gleich beginnt ein Donnerwetter!«

Zwei Minuten später waren wir im Hexenhäuschen in Sicherheit. Stockdunkel war es draußen. Der Regen klatschte gegen die kleinen Sprossenscheiben wie Wasserbomben.

»Setzt euch an den Tisch im Wohnzimmer«, sagte Herr Bovist. »Ich koche uns heiße Schokolade. Und Kaffee.«

»Super!«, rief Anni mit leuchtenden Augen. »Hast du vielleicht auch noch was zu knabbern?«

Herr Bovist servierte uns Kekse auf einem kleinen Teller mit Blumen und Goldrand.

»Herrje«, sagte Herr Bovist, nachdem er sich seinen Kaffee eingeschenkt hatte. »Jetzt habe ich die Milch vergessen.«

Anni sprang auf. »Ich hol sie dir.«

»Das ist lieb, mein Kind«, sagte Herr Bovist. »Im Kühlschrank steht ein rosa Milchkännchen.«

Anni verschwand in der Küche. Rupert rappelte sich vom Blumenteppich auf und huschte hinterher. Die Kühlschranktür klapperte.

Herr Bovist seufzte. »Rupert ist der verfressenste Hund, der mir je untergekommen ist.«

Ich hörte Anni kichern. Dann rief sie: »Darf ich auch etwas naschen?«

Herr Bovist neben mir am Tisch rief zurück: »Bitte schön!« Und zu mir sagte er: »Dabei handelt es sich bei dem Käse um einen wirklich alten Bergkäse. Der ist nicht jedermanns Geschmack.«

Anni kam mit dem Kännchen zurück an den Tisch.

»Schokolade macht glücklich!«, verkündete Anni mit zufriedener Stimme und nippte an ihrem Kakao.

»Anni!«, stammelte ich und starrte meine Freundin an.

»Was denn?«, fragte Anni erstaunt. »Und warum sprichst du so laut?«

Ich zeigte stumm auf ihre Ohren. Riiieeesig waren die. Und knubbelig. Wie die von Herrn Bovist.

»Gute Güte!«, sagte Herr Bovist stöhnend.

Anni betastete ihre handgroßen Ohren.

»Du hast nicht am Käse genascht«, stellte Herr Bovist kopfschüttelnd fest. »Du hast dir eine Praline aus der geblümten Schachtel genommen, oder?«

Herr Bovist flüsterte: »Und du kannst mich wunderbar hören, obwohl ich leise spreche. Habe ich recht?«

Wieder nickte Anni.

Und da machte es bei mir Klick. »Die Pralinen haben Zauberkraft. Sie sind dein Hörgerät, Herr Bovist!«

»So ist es«, sagte der alte Mann nickend. »Emilia stellt diese wunderbaren Pralinen her. Und für mich füllt sie jede mit einem Tropfen einer Höressenz. Ohne diese Pralinen bin ich wirklich schwerhörig.«

Emilia ist auch eine Zauberblumenzüchterin. Und sie gehört, wie Herr Bovist, dem Kreis an. Das ist so eine Art Zauberblumenclub, denn alle Mitglieder besitzen das große und geheime Wissen über die Zauberblumen. Anni und ich sollen bald die Aufnahmeprüfung für den Kreis machen. Aber bis jetzt konnten wir noch keinen Zauberblumenunterricht bekommen. Weil ständig ein Abenteuer dazwischenkam. Und wir müssen noch ganz schön viel lernen. Aber gut.

»Du darfst dir keinen Pferdeschwanz binden«, sagte ich jetzt zu Anni. »Wenn deine Mama die knubbeligen Ohren sieht, fällt sie vor Schreck um. Oder schleppt dich zum Arzt.«