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Impressum

Dieses E-Book ist der unveränderte digitale Reprint einer älteren Ausgabe.

 

Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg

Copyright für diese Ausgabe © 2018 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg

 

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt, jede Verwertung bedarf der Genehmigung des Verlages

Umschlaggestaltung Anzinger | Wüschner | Rasp, München

 

 

Impressum der zugrundeliegenden gedruckten Ausgabe:

 

 

ISBN Printausgabe 978-3-499-17943-3

ISBN E-Book 978-3-688-11115-2

www.rowohlt.de

ISBN 978-3-688-11115-2

Rauchlos glücklich?

Wer sich das Rauchen abgewöhnen will, steht mit seinem Entschluß heute nicht mehr allein. Jeder zweite Raucher – das ergaben Umfragen übereinstimmend – würde das Rauchen aufgeben, wenn er nur wüßte, wie.

Dieses Buch wurde für Menschen geschrieben, die sich klar darüber geworden sind, nicht mehr rauchen zu wollen, und die nach einem Weg suchen, diesen Entschluß in die Tat umzusetzen. Es soll aber auch all jenen helfen, die bereits einen oder mehrere Versuche, von der Zigarette loszukommen, hinter sich haben, dabei aber rückfällig geworden sind. Wie ist nun dem entwöhnungswilligen Raucher zu helfen? Wer ein Entwöhnungsprogramm durchführen möchte, muß als erstes über sich selbst genau Bescheid wissen. Denn die Probleme der Raucherentwöhnung sind für den Suchtraucher andere als für den Gewohnheitsraucher, für den Genußraucher andere als für den Kontaktraucher.

Nach der Lektüre der Stufe 3 «Diagnose im Selbsttest» wissen Sie genau, wie es um Ihr Rauchen bestellt ist.

Ziel dieses 7-Stufen-Programmes zur Befreiung vom Rauchen ist es nicht nur, daß Sie sofort Nichtraucher werden. Wenn es Ihnen gelingt, Ihren Zigarettenkonsum entscheidend einzuschränken, so können Sie dies schon als Erfolg buchen. Und selbst wenn Sie sich dabei nur Ihr Raucherverhalten erstmals ganz bewußt machen können, so haben Sie ein schwieriges Stück des Weges zum Nichtrauchen bereits bewältigt.

Die Vielfalt der Möglichkeiten, Nichtraucher zu werden, sollte Sie nicht verwirren. Ihre Chance ist um so größer, je genauer Sie herausfinden, welche Methode für Sie die richtige ist. Und noch etwas: Sie werden sehen, daß es ungemein interessant ist, Ihr Raucherverhalten und Ihre Lebensgewohnheiten zu erforschen, denn Sie lernen dabei sich selbst besser kennen und verstehen. Außerdem: es macht Spaß, sich selbst – schrittweise – wieder in den Griff zu bekommen.

 

«Und Sie selbst – rauchen Sie?»

Diese Frage, die mir immer wieder gestellt wurde, zuletzt von kritischen Lesern der Druckfahnen dieses Buches, möchte ich hier abschließend beantworten.

Auch ich habe geraucht, und zwar nicht wenig. Ich glaube also zu wissen, wovon ich rede. In den letzten drei Klassen der Oberschule hatte ich damit begonnen – heimlich natürlich. Im ärztlichen Elternhaus, wo das Rauchen streng verboten war, konnte ich in dieser Phase der Pubertät meine «Unabhängigkeit» und «Selbständigkeit» am besten dadurch beweisen, daß ich intensiv nach Zigarettenrauch roch, Zigaretten herumliegen ließ und mir demonstrativ Aschenbecher und Feuerzeug zum Geburtstag wünschte. Mein bester Freund in den ersten Jahren des Medizinstudiums rauchte relativ viel; ich selbst blieb beim Gelegenheitsrauchen. Bis die Verbindung in die Brüche ging. In den folgenden Monaten der Trauer, des Zornes und des Trotzes stieg mein Zigarettenkonsum sprunghaft auf mehr als zwei Päckchen pro Tag an. An die Beweggründe kann ich mich noch recht gut erinnern: Da war etwas von verzweifeltem Trostbedürfnis, gemischt mit dem negativen Heroismus der Selbstzerstörung und einer irrationalen Hoffnung, dem rauchenden Freund auf diese Weise nahe sein zu können. Nach dem Staatsexamen, während der chirurgischen Ausbildungszeit, rauchten die Kollegen, vor allem während des Nachtdienstes, und es rauchte auch der bewunderte Chef. Da bin ich abermals dem sanften Gruppendruck erlegen, wie damals als sechzehnjähriger Teenager auf dem Schulhof.

Der erste Herzinfarkt-Patient, mit dem ich über sein Rauchen sprach, sagte: «Sie haben gut reden, Sie können weiterrauchen.» Damals erkannte ich plötzlich die Zusammenhänge zwischen ärztlicher Glaubwürdigkeit und persönlichem Lebensstil des Arztes bei der Beratung chronisch Kranker. Im nächsten halben Jahr war ich mit meinen Rückfällen beschäftigt und damit weitgehend ungenießbar. Aber nach einem längeren Urlaub war es geschafft! Meine damaligen eigenen Raucher-Erfahrungen und vieles von dem, was mich in zehnjähriger klinischer Praxis meine Patienten lehrten, finden Sie in den Kapiteln dieses Buches. Ich hoffe, daß es auch Ihnen weiterhilft.

Dr. Carola Halhuber

Stufe 1 Pseudo-Alibis erkennen und entkräften

Warum rauchen Sie eigentlich noch?

Oder: Was hindert Sie daran, das Rauchen aufzugeben? Eine komische Frage? Vielleicht eine lästige Frage. Aber haben Sie schon einmal darüber nachgedacht? In der Silvesternacht oder zu Beginn eines neuen Lebensjahres? Während eines Urlaubs oder anläßlich einer Kur, als Ihnen auffiel, wie kurzatmig Sie beim Wandern und Schwimmen waren? Oder als Sie mit einer Grippe, einer Erkältung oder sonst einer Unpäßlichkeit im Bett liegen mußten?

Möglicherweise hat Sie auch die Erkrankung oder gar der Tod eines Verwandten oder Bekannten, der Kettenraucher war, nachdenklich gestimmt. Dazu kam dann eine Sendung im Fernsehen, die bestätigte, was Sie längst wußten: daß Rauchen nicht gesund ist, daß es Sie Geld und Lebensjahre kostet, daß es Ihrer Familie schadet, daß es zur Umweltverschmutzung beiträgt. Ihr Hausarzt mag die gleiche Sendung gesehen haben, und so sind Sie in der Sprechstunde wieder einmal auf Ihr Rauchen zu sprechen gekommen. Auch er macht sich Sorgen um Ihren zunehmenden Zigarettenverbrauch.

Überhaupt – wohin man schaut, wird heute übers Rauchen gesprochen, berichtet, geschrieben: im Rundfunk, im Fernsehen, in Zeitschriften und in Tageszeitungen. Als ob die Leute früher nicht auch geraucht hätten! Der Noch-Raucher hat Mühe, nicht ärgerlich darauf zu reagieren: Hinweise auf neue medizinische Untersuchungsergebnisse in der «Süddeutschen», ein langer Artikel im «Spiegel» über eine besondere Methode der Raucherentwöhnung, eine schreckliche Geschichte in der «Bild-Zeitung», eine kurze Notiz im lokalen Blättchen. Wehe, wenn der eigene Ehepartner – sicherlich in bester Absicht – solche Berichte rot umrandet, um Sie darauf aufmerksam zu machen. Man merkt die Absicht, und man ist verstimmt! Oder hat Ihr Lebensgefährte seine Bemühungen bereits resignierend aufgegeben? Dann müßte Ihnen das erst recht zu denken geben.

Nur etwa 20 % im Rahmen einer großen Untersuchung befragter Raucher gaben an, noch nie den Versuch gemacht zu haben, mit dem Rauchen aufzuhören oder es einzuschränken. Die Begründungen, die sie dafür zur Hand hatten, sind deshalb besonders interessant, weil sie für jeden Raucher gelten, der in bestimmten Lebensphasen mit dem Rauchen gerade nicht aufhören will oder kann.

Diese Gründe, die wir vor uns selbst oder anderen angeben, haben die Aufgabe eines Alibis. Sie sind bewußt oder unbewußt vorgeschoben, um andere «Hinter-Gründe» zu decken. Solange man ein solches Alibi hat und daran glaubt, ist man in der Lage, ohne schlechtes Gewissen weiterzurauchen. Das Alibi hemmt oder verhindert also einen etwaigen Entwöhnungsentschluß.

Ausreden vor sich selbst

Das Interessante daran ist, daß diese «Ausreden vor sich selbst» völlig unabhängig sind von Lebensalter, Geschlecht, Bildung und Ausbildung des Rauchers. Es ist also nicht so, daß kluge Leute kluge Ausreden gebrauchen und weniger kluge Leute nicht so kluge. Erstaunlich – oder doch nicht so erstaunlich, wenn man davon ausgeht, daß diese Überlegungen weniger mit dem Verstand zu tun haben als mit unseren Gefühlen, vor allem aber mit unseren Ängsten.

Vor Beginn eines Nichtraucher-Trainings ist es wichtig, eine Phase des Nachdenkens einzuschieben: über sich selbst, das leidige Rauchen und vor allem über die Ausreden, die uns sofort einfallen, wenn uns irgend jemand vom Rauchen abbringen möchte.

Auf den folgenden Seiten finden Sie 10 Einwände, die mir in meiner langjährigen Praxis mit rauchenden Patienten am häufigsten begegnet sind.

 

1. «Warum sollte ich aufhören zu rauchen? Daß das Rauchen wirklich schadet, ist doch überhaupt nicht erwiesen!»

Tatsächlich wissen etwa 20 % der Bevölkerung noch nicht, wie schädlich das Rauchen ist. Man muß ihnen ihre Unwissenheit glauben. Wissenschaftliche Erkenntnisse brauchen eben Jahre, manchmal sogar Jahrzehnte, bis sie Allgemeingut werden. Deshalb ist es immer noch notwendig, Tatsachen über die Schädlichkeit des Rauchens zu verbreiten, auch wenn man als informierter Mensch manchmal das Gefühl hat, daß Eulen nach Athen getragen werden.

 

2. «Ich bin gesund, fühle mich wohl und habe gar keinen Grund, mit dem Rauchen Schluß zu machen.»

Bei Infektionskrankheiten gibt es zwischen Ansteckung und Ausbruch der Krankheit die sogenannte Inkubationszeit. In dieser Zeit fühlt sich der Betroffene wohl, ist aber infiziert, und die Krankheit wird auch ausbrechen. Von einer ähnlichen Inkubationszeit könnte man beim Rauchen sprechen. Raucherschäden entwickeln sich langsam, nicht in Tagen, auch nicht in Wochen oder Monaten, sondern in Jahren. Natürlich ist es verständlich, daß ein junger Raucher wenig geneigt ist, sich mit dem auseinanderzusetzen, was in 20 Jahren sein wird. Er kann sich ja kaum vorstellen, einmal 10 Jahre älter zu sein, und was chronisch krank sein bedeutet, hat er nie erlebt. Daß ein Raucher also – noch – nichts spürt beziehungsweise sein Arzt – noch – nichts nachweisen kann, bedeutet nicht, daß nichts passiert. Warnende Beschwerden treten meist zu spät auf. Raucherschäden entwickeln sich heimtückisch wie ein Krebs.

 

3. «Mein Arzt hat es mir bisher noch nicht verboten» oder «Mein Arzt raucht selbst, und der müßte es doch wissen, wenn es so schädlich wäre».

Mit dieser Antwort delegiert ein Erwachsener die persönliche Verantwortung für seine Gesundheit an den Arzt. Dazu paßt das Ergebnis einer Untersuchung in Amerika, bei der ein Großteil befragter Raucher angab, sie würden so lange rauchen, bis ihr Arzt es ihnen verbiete. Ob diese Raucher sich an das ärztliche Verbot, von dem sie angeblich alles abhängig machen, wirklich halten würden, ist eine andere Frage. Ich glaube, hier wird der ärztlichen Autorität eine Wirkung zudiktiert, die diese nicht haben kann und nicht hat. Ich bin nicht der Meinung, daß Ärzte ihren Patienten etwas zu verbieten haben, noch daß sie das können. Aber die Verantwortung für die eigene Gesundheit kann man als erwachsener Mensch auch nicht einfach auf den Arzt abwälzen. Andererseits ist das Rauchen heute noch viel zu selten Sprechstundenthema. Teilursache dafür mag eine gute Portion Resignation bei den Ärzten sein, die sich um das Nichtrauchen ihrer Patienten bemüht haben und dabei sehr oft Mißerfolge verzeichnen mußten. Diese Mißerfolge darf man nicht auf das «Schuldkonto» des Patienten allein buchen. Wir wissen heute, daß das Raucherverhalten nicht immer der Einsicht und dem Willen des Patienten untersteht, daß es also nicht nur eine Frage des mangelnden sogenannten «guten Willens» ist, wenn der Rat des Arztes nicht befolgt wird. Und Ärzte, die selber rauchen? Ärzte sind auch nur Menschen wie Sie und ich, mit Problemen und Pseudo-Alibis. Daß sie sich ihres «Vorbildlich-Sein-Müssens» langsam bewußt werden, ergab 1973 die «Schweizerische Ärzteuntersuchung»: In unserem Nachbarland hat sich seit 1955 die Anzahl der Nichtraucher unter den Medizinern fast verdoppelt. In England ist der Anteil rauchender Ärzte noch wesentlich geringer; daher gingen dort auch die Todesfälle infolge Lungenkrebs und Herzinfarkt unter den Ärzten stark zurück.

 

4. «Ich habe einen Bekannten, der raucht wie ein Schlot und wird demnächst 80.»

In allen Bereichen unseres Lebens gibt es Ausnahmen, die die Regel bestätigen. Natürlich neigen wir alle dazu anzunehmen, daß Regeln für «die anderen» da sind. Freuen wir uns also mit dem Verwandten, Freund, Bekannten über sein unverdientes Glück, doch gehen wir nicht das Risiko ein, ihn als Maßstab für unser eigenes Verhalten zu nehmen.