Øistein Borge
Irrfahrt
Kriminalroman
Aus dem Norwegischen von
Andreas Brunstermann und Gabriele Haefs
Knaur e-books
Øistein Borge, Jahrgang 1958, kommt aus der Film- und Werbebranche, wo er als Regisseur, Texter und Creative Director gearbeitet hat. Er hat sowohl in Norwegen als auch im Ausland zahlreiche Auszeichnungen für seine Arbeit erhalten, darunter zwei Goldene Löwen beim Werbefilmfestival in Cannes.
Die norwegische Originalausgabe erschien 2019 unter dem Titel "Jeg er nummer 13" bei Cappelen Damm, Oslo.
Copyright © CAPPELEN DAMM AS 2019
© 2020 der deutschsprachigen Ausgabe Droemer Verlag
Ein Imprint der Verlagsgruppe Droemer Knaur GmbH & Co. KG, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.
Redaktion: Maria Koettnitz
Covergestaltung: ZERO Werbeagentur, München
Coverabbildung: mauritius images / Stijn Verrept / Alamy
ISBN 978-3-426-45640-8
Science has not yet taught us if madness
is or is not the sublimity of the intelligence.
Edgar Allan Poe
Das Tier hat nur ein Auge. Ein gelber, glühender Punkt in dem schwarzen Fell. Der massige Kopf ruht auf den Vorderpfoten, während das Auge jede Bewegung vor dem kleinen Torweg wahrnimmt. Die Höhle, in die ohne Zustimmung des Chefs niemand gelangen darf.
Der Chef hat sich einen verdreckten Schlafsack über die Schultern geworfen, ein Schutzschild vor der kühlen, regenfeuchten Oslo-Nacht. Zitternde Finger werkeln an Zigarettenpapier und mageren Tabakresten. Das Päckchen ist leer. Die letzten Kronen sind für eine Tüte Hundefutter im Kiwi-Supermarkt am Markvei draufgegangen.
Das Geräusch fremder Schritte. Die Ohren des Tieres stellen sich auf. Eine Gestalt geht vorbei und entschwindet aus ihrem Blickfeld. Die Schritte verklingen. Dann plötzliche neue, leichtere Schrittgeräusche, und die Gestalt ist wieder da, ein bleiches ovales Gesicht unter einem dunklen Regenschirm. Aus der Kehle des Tieres dringt ein tiefes, vibrierendes Knurren, ein Urlaut, älter als die Menschheit selbst.
Die Gestalt zögert einen Augenblick und entfernt sich wieder. Die magere linke Hand des Chefs krault den Nacken des Tieres, während er mit der rechten die dünne Selbstgedrehte entzündet. Sie brauchen einander, eine symbiotische Allianz gegen den Hunger und gegen die Gefahren der Stadt. Daher kommt die Ergebenheit. Seit zwölf Jahren schon ist einer des anderen Schatten.
Der Regen nimmt zu. So spät in der Nacht gibt es auf der Seilduksgate nur selten Autos und Menschen.
Nur selten. Der Chef und das Tier hören das Geräusch von Reifen auf nassem Asphalt. Der Wagen hält vor der Toreinfahrt. Eine von diesen neuen Karossen, die elektrisch fahren. Schwarz, oder vielleicht dunkelblau. Das Seitenfenster wird heruntergelassen, und eine Hand erscheint in der Öffnung.
Trotz entzündeter Augen erkennt der Chef, was zwischen den Fingern steckt. Ein Fünfhunderter. Genug für ein frisches Päckchen Tabak und eine halbe Flasche Wodka. Mühsam kommt er auf die Beine, befiehlt dem Tier, zu bleiben, wo es ist. Das gelbe Auge folgt seinen Schritten bis zum Wagen. Ein paar gedämpfte Worte werden gewechselt, dann dreht sich der Chef zur Höhle um.
»Warte, Castor. Paps kommt bald zurück.«
Er öffnet die Tür und setzt sich hinein. Der Wagen gleitet davon.
Nach einer Woche liegt das Tier noch immer da. Es wartet.
Prag, Tschechoslowakei
1968
Es war ein Rudel. Fünfzehn oder zwanzig in einer bedrohlichen Formation. Im grauen Licht des Morgens erinnerten sie mit ihren schnabelförmigen Kanonenläufen, den schildkrötenartigen Körpern und den Panzerketten, die sich über das Kopfsteinpflaster frästen, an Ungeheuer aus prähistorischer Zeit.
T-55. Sowjetische Panzer. Viele davon in eben jenem Land produziert, in das sie jetzt ohne Vorwarnung eingedrungen waren.
Margita Laita stand am Rand des Gehsteigs, eine in sich zusammengesunkene Gestalt, die wie Hunderte andere zu begreifen versuchte. Neben ihr: der knapp acht Jahre alte Sohn. Er, der in einem friedlichen Prag aufwachsen sollte und nicht in einem von Nazis okkupierten Land, in dem sie selbst einst Kind gewesen war. Sie drückte seine Hand und dachte daran, dass die Angst, die sie empfand, nicht ihr selbst galt, sondern dem Sohn, dessen Wohlergehen auf dem Spiel stand, dessen Zukunft bedroht wurde.
Der vorderste Panzer näherte sich der Stelle, wo sie stand. Die Blätter der Bäume raschelten in der windstillen Luft, der Boden vibrierte unter ihren dünnen Schuhsohlen, als erzittere die Erde selbst vor Furcht. Eine ältere Frau zu ihrer Linken weinte herzzerreißend, doch das Geräusch erstarb im Lärm tausender Pferdestärken. Noch zwanzig Meter. Die Ungeheuer hatten je vier Augen: ein Soldat in jeder Luke auf dem Dach.
Dann stand er plötzlich da, hob sich aus der Menschenmasse auf der anderen Straßenseite hervor; ein schlaksiger junger Mann in Flanellhemd, grauer Hose und mit schwarzer dicker Brille auf der Nase. Mit einem Mal stand er mitten auf dem Pflaster, stellte sich den Eindringlingen entgegen und hob die rechte Hand zu einer mahnenden Geste.
Der vordere Panzer bremste ab, nur vier oder fünf Meter vor ihm. Das Geräusch des Dieselmotors wurde schwächer. Der größte Soldat, der Mütze nach zu urteilen ein Offizier, musterte vom Panzer herab die aufrechte Gestalt unten auf dem Pflaster. Dann ein Befehl, erteilt in gebrochenem Tschechisch:
»Treten Sie zur Seite!«
Die Stimme des jungen Mannes war fest und klar, eine Stimme, die allen gehörte:
»Návrat domu. Geht nach Hause.«
Der Offizier zögerte.
»Ich wiederhole: Treten Sie zur Seite.«
»Návrat domu. Ihr seid nicht willkommen in unserer Stadt und auch sonst nirgendwo in unserem Land.«
Das Gesicht unter dem Mützenschirm verdüsterte sich.
»Letzte Warnung! Treten Sie zur Seite. Sofort!«
Der junge Mann auf dem Pflaster schüttelte den Kopf. Eine Bewegung, die so entschieden und voller Stolz war, dass sie die Herzen aller Augenzeugen aufgehen ließ. Angefeuert von der Unterstützung, die er von seinen Landsleuten wahrnahm, rief er laut:
»Nikdy! Návrat domu.«
Lange musterte der Offizier den Rebellen, ehe er seinem Untergebenen einen Befehl erteilte. Der Soldat verschwand im Innern des Panzers, tauchte aber nach ein paar Sekunden wieder auf. In den Händen hielt er etwas, das an ein Gewehr erinnerte, doch dieses rohrförmige Gerät war ein metallener Drache. Ein Flammenwerfer, der eine Säule brennenden Benzins ausspucken konnte, fünfzehn oder zwanzig Meter weit.
In der nächsten Sekunde brannte der zwanzigjährige Student Petr Sadílek lichterloh. Nicht ein Ton kam über seine Lippen. Die Schreie, die der grauen Wolkendecke am Himmel entgegenschlugen, kamen aus Hunderten anderen Kehlen. Nur wenige Meter entfernt stand Margita mit dem Sohn an der Hand und sah, wie Sadílek wild in den Flammen kämpfte. Ein paar Sekunden später fiel er auf die Knie und verharrte, schwarz und verkrümmt wie der Docht einer brennenden Kerze.
Erst jetzt wurde sich Margita der Situation bewusst. Erst in diesem Moment ging ihr auf, dass ihr Sohn dasselbe sah wie sie, dieses Grausame, vor dessen Anblick alle verschont bleiben sollten – sowohl Erwachsene als auch Kinder. Was sie entdeckte, als sie ihre Augen auf ihr Kind richtete, sollte sie noch bis in ihre schlimmsten Träume verfolgen.
Das Gesicht des Achtjährigen strahlte vor Faszination. Als sei der Junge Zeuge eines Wunders geworden.
Ein feiner Strahl der Abendsonne hatte sich einen Weg zwischen den gegenüberliegenden Fassaden hindurch gebahnt und traf das Schild vor dem Eingang des Geschäfts exakt zur Ladenschlusszeit wie eine Art Sonnenuhr. Jaroslaw Laita verriegelte die Tür, nahm die fleckige Schürze ab und ließ sie in den Plastikkorb an der Tür zum Kühlraum fallen.
Er war Schlachter in dritter Generation, und seine Fleischerei in der Jungmannova zog Kunden aus der ganzen Stadt an. Bis jetzt. Dieser Mittwoch hatte ihm nur knapp die Hälfte dessen eingebracht, was er für gewöhnlich bei Ladenschluss in der Kasse vorfand. Die Furcht vor Lebensmittelknappheit hatte begonnen sich auszubreiten, und die Menschen bunkerten nun mal keine Frischwaren. Viele seiner Kunden erinnerten sich noch an die deutsche Besatzung, von der die russische Armee sie befreit hatte. Vor vier Tagen waren die Russen zurückgekehrt, um die Freiheit wieder abzuschaffen.
Er löschte die Neonlampe über der Fleischtheke. Blieb im Halbdunkel stehen und dachte daran, worüber alle sprachen. Über das, was Margita am Samstag hatte mitansehen müssen. Den brennenden Mann. Der Student Sadílek.
»Was ist mit Filip?«, hatte er gefragt. »Hat er gesehen, was passiert ist?«
Murmelnd hatte Margita erwidert, dass die Menschenmenge zu dicht und der Junge zu klein gewesen sei. Außerdem habe sie ihn weiter mit sich fortgezogen, sobald es sich machen ließ. Nein, er habe unmöglich etwas sehen können.
Etwas sagte ihm, dass sie log oder jedenfalls die Wahrheit ausschmückte, aber er verfolgte es nicht weiter.
Schon zwei Wochen.
Vierzehn Tage mit fremden Soldaten, Panzern und brennenden Barrikaden in den Straßen. Nur schwer konnte Jaroslaw Laita die Realität akzeptieren. Dass die auf eine bessere Zukunft gerichtete Hoffnung, die mit der Ernennung Dubčeks im Januar aufgekeimt und sich im Laufe von Frühling und Sommer immer weiter entwickelt hatte, zerstört war. Zu historischem Staub pulverisiert von Generalsekretär Breschnew und seinen Claqueuren in Moskau.
Er saß in seinem Sessel am Fenster und betrachtete die Dämmerung, betrachtete den Tag, der in diesem besetzten Land langsam zur Nacht wurde. Er schloss die Augen und lauschte den Geräuschen aus der Küche. Margita schien die Lage besser zu verkraften. Ungeahnte Kräfte verbargen sich in dieser zartgliedrigen kleinen Frau, die vor fast zehn Jahren vor einem Altar in ihrer slowakischen Heimatstadt die Seine geworden war.
Zwei Jahre nach der Hochzeit war Filip zur Welt gekommen. Der eingeborene Sohn wie Jaroslaw sich bisweilen zu denken erlaubte, aber niemals laut aussprach. Nicht einmal gegenüber Margita.
Das muntere Läuten der Türglocke setzte seinem nostalgischen Rückblick ein Ende. Er warf einen Blick auf die Wanduhr über dem Fernseher. Fünf vor halb elf. Dann ein Hämmern an das Schaufenster in der Etage unter ihm. Er stand auf und sah auf die Straße hinunter. Fünf oder sechs Soldaten standen vor der Tür der Fleischerei. Margitas ängstliche Stimme hinter ihm:
»Was geschieht, Jaro?«
Größtmögliche Beruhigung lag in seiner Stimme:
»Ach, bloß ein paar Kunden, die unten klopfen. Vielleicht ein Nachbar, dem noch etwas fürs Abendessen fehlt. Ich gehe mal runter und sehe nach.«
Er nahm die Hintertreppe nach unten. Unterließ es bewusst, das Licht einzuschalten, als er in den Laden trat. Vor der Glastür sah er bleiche Gesichter unter Baretten und graugrünen Bootsmützen. Schulterriemen. Maschinenpistolen.
Er blieb mitten im Laden stehen, hob die Handflächen zu einer Geste des Unverständnisses, als wolle er damit unterstreichen, dass die Öffnungszeit schon längst vorüber sei. Die Antwort wurde mit Fäusten an die Tür gehämmert, sodass die Scheibe zu bersten drohte. Wenn er nicht öffnete, würden sie es tun. Jaroslaw ging zur Tür und schob den Riegel zurück.
Auf schwankenden Beinen drangen sie ein. Der Geruch von Schweiß und Branntwein schlug ihm entgegen. Verschleierte Blicke und schlaffe Lippen untermalten ihren Zustand. Keine Rangabzeichen an den Uniformen. Und dennoch war der Leitwolf gleich erkennbar, wie so oft bei einem Rudel. Dieser war mittelgroß, breitschultrig und hatte die Wangenknochen eines Mongolen. Unter dem Barett ein schwarzer Blick im schummrigen Licht. Er sprach eine Mischung aus Russisch und Tschechisch:
»Essen. Wir sind hungrig, Genosse. Du hast Fleisch.«
»Tut mir leid, aber der Laden ist geschlossen. Kommt doch morgen wieder. Wir öffnen um zehn.«
Der Leitwolf grinste, als hätte Jaroslaw einen guten Witz erzählt. Demonstrativ blickte er dann auf seine Armbanduhr.
»Neun Uhr? Dann bleiben … zehneinhalb Stunden? In zehneinhalb Stunden sind wir vielleicht schon vor Hunger gestorben, Genosse. Dann riskierst du womöglich eine Anklage wegen Mord an Soldaten der friedliebenden sowjetischen Armee.«
Die anderen vier lachten pflichtschuldig.
»Die meisten Kneipen bieten bis Mitternacht Speisen an«, sagte Jaroslaw freundlich. »Zwei davon liegen direkt hier in der Parallelstraße. Das Essen dort ist ausgezeichnet. Und wie gesagt, morgen seid ihr herzlich willkommen.«
Der Leitwolf schlug zu. Der tückische Schlag traf Jaroslaw direkt ins Zwerchfell und faltete ihn zusammen. Nach Luft schnappend, wurde er gepackt und zur Theke geschleift. Eine Kralle von Hand im Nacken, bevor sein Gesicht im nächsten Moment auf das geschwungene Glas donnerte. Es gelang ihm nicht, den Schrei zu unterdrücken. Er spürte den süßen Geschmack seines eigenen Nasenblutes.
»Fleisch!«, fauchte der Wolf. »Sofort.«
Das Geräusch schneller Schritte auf der Treppe hinter der geöffneten Seitentür. Nein!, dachte Jaroslaw in den Tiefen seines umnebelten Gehirns. Nicht!
In der nächsten Sekunde stand sie in der Türöffnung. Eine erstarrte, ungläubige Gestalt mit aufgerissenen Augen, als stünde sie vor einem Gespenst.
»Ihr bekommt euer Fleisch«, fiepte Jaroslaw mit heiserer Stimme. »Hört ihr? Ihr bekommt euer Fleisch!«
Die eiserne Hand stieß ihn hinunter auf die Fliesen. Seit sie erschienen war, hatte der Wolf Margita nicht aus den Augen gelassen.
»Fleisch …?«, sagte er gedehnt. »Vergiss es, Genosse. Wenn ich’s recht bedenke, stürzen wir uns doch gleich aufs Dessert.«
Jaroslaw versuchte aufzustehen. Ein schwerer Stiefel traf ihn seitlich am Kiefer und schickte ihn wieder zu Boden. Margita erkannte die Übermacht an, drehte sich auf dem Absatz um und rannte los. Sie schaffte etwa die Hälfte der Treppe, ehe sich die Hand des Leitwolfs um ihren Knöchel schloss. Eine heftige Ohrfeige ließ ihren Schrei verstummen, dann wurde sie in die Hölle gezerrt.
Langsam kommt er zu sich, ein schmerzhafter Aufstieg aus der Dunkelheit. Vor sich sieht er eine Bewegung, die nach einer Weile menschliche Formen annimmt. Uniformen. Jäh ist er in der Wirklichkeit zurück. Mit dem Rücken zur Wand sitzt er auf dem Fußboden, in dem Raum, in dem er für gewöhnlich die Schlachttiere zerlegt. Zwischen zwei Uniformen sieht er Maritas geblümten Rock. Dann hört er die Stimme des Leitwolfs:
»Werft sie auf den Tisch da vorn, da hab ich den Schwanz in der richtigen Höhe.«
Jaroslaw versucht zu schreien, bringt aber keinen Laut hervor.
Der Junge wurde wach. Spähte in die scharfe Morgensonne, die durch das Fenster drang, vor das die Mutter für gewöhnlich einen Vorhang zog, ehe sie schlafen ging. Er grunzte und drehte sich auf den Bauch. Blieb so liegen und lauschte der Stille im Haus. Etwas war anders als sonst. Mit einem Mal wurde ihm klar, was das war. Er verspürte Hunger. Nachdem er diesem Gefühl einen Moment lang nachgegangen war, stand er auf. Öffnete die Tür zum Gang und trat auf den neuen Flickenteppich, den dicken aus Wolle, den die Mutter gewebt hatte.
Er schlurfte durch den Gang in die Küche. Leer. Auf dem Boden lag eine Spülbürste, und aus dem Hahn mit dem roten Punkt floss Wasser. Er hielt den Finger prüfend darunter. Kalt. Kehrte dem fließenden Wasser der Rücken zu und ging zum Schlafzimmer der Eltern. Auch dort war niemand. Im Wohnzimmer das gleiche Bild.
Die Tür zur Treppe stand offen. War die Mutter vielleicht unten im Laden? Manchmal half sie dem Vater beim Bedienen der Kunden.
Barfuß flitzte er die Treppe hinunter und zählte dabei wie üblich die Stufen. Dreizehn an der Zahl. Die Tür zum Laden war geschlossen, aber die andere war offen – die Tür, die in den Raum führte, den der Vater benutzte, wenn er die frisch geschlachteten Tiere von den Bauernhöfen bekam.
Er stieg über die Türschwelle. Nahm den gewohnten Geruch wahr, streng und süßlich zugleich. Er scheuchte ein paar Fliegen weg, die der Vater normalerweise mit den klebrigen Bogen einfing, die er an die Wand hängte. Und da waren die Eltern. Die Mutter lag schlafend auf dem schweren Holztisch, ganz still, wie die Tierleiber, mit denen der Vater sonst arbeitete. Der Vater befand sich halb sitzend, halb liegend auf dem Boden. Sein Hemd war blutdurchtränkt, und etwas ragte unter dem kleinen Schnurrbart aus seinem Mund heraus. Der Junge beugte sich hinunter. Dann sah er, worum es sich handelte. Er fasste nach dem einen Ende und zog, aber die Hand rutschte am Fett ab. Entschlossen packte er abermals zu und zog mit aller Kraft. Langsam löste es sich aus dem Mund des Vaters, und dann hielt der Junge es zwischen den Fingern:
Ein kräftiger Hühnerschenkel.
Oslo
Juni 2017
War sie es, die seine Träume einfing? Kehrten diese surrealistischen Szenen, von denen er seit dem Mord an Frida und Anine jede Nacht verfolgt wurde, ihretwegen nicht mehr zurück?
Bogart Bull lag auf dem Rücken und lauschte ihren Atemzügen. Ruhig und gleichmäßig wie ein unendlicher Strom tiefer Seufzer. Christine Sand, diese außergewöhnliche Frau, deren Weg sich vor gut einem Jahr aufgrund tragischer Umstände in Nordirland mit dem seinen gekreuzt hatte.
Beim Begräbnis ihrer Eltern – den Opfern der Tragödie – waren sie sich wieder begegnet. Bull war sozusagen direkt aus Belfast in die Kirche gekommen, und nach der Beisetzung war er in der langen Reihe von Trauergästen, die ihr Mitgefühl ausdrücken wollten, stehen geblieben. Als er endlich an die Reihe kam, umarmte sie ihn fest und lange, ehe sie ihm die magischen Worte ins Ohr flüsterte:
Ich habe an dich gedacht. Sehr viel.
Von diesem Moment an war er verloren. Und reichlich verwundert. Wie groß war die Chance, dass eine junge, hübsche und intelligente Karrierefrau wie Christine Sand sich in einen desillusionierten, introvertierten und höchst gewöhnlichen Polizisten verlieben konnte? Noch dazu von der Sorte, die fünfzehn Jahre älter war als sie. Vielleicht barg der Altersunterschied tatsächlich nichts, was Schlagzeilen hervorrufen würde, aber ansonsten passte doch auch nichts …
Jedenfalls dachte er das. Sie hingegen anscheinend nicht.
Zu Beginn hatte ihn der Verdacht beschlichen, eine Art übertriebenes Bedürfnis, ihn zu beschützen, könne dem Ganzen zugrunde liegen. Halb Norwegen wusste ja von dem Mord an Bulls Frau und Tochter vor vier Jahren. In einem seltenen Augenblick von Offenheit hatte er sie gefragt, nicht nach dem Drang, sich um ihn zu kümmern, sondern danach, was eine Frau wie sie in einem wie ihm wohl sah. Sie hatte aufrichtig erstaunt gewirkt über die Frage, dann ihr besonderes Lächeln aufgesetzt und erwidert:
»Weißt du das nicht, Bogart?«
»Was denn?«
»Dass die meisten Frauen nicht auf Gockel hereinfallen, die vor Selbstbewusstsein nur so strotzen? Auf diese jämmerlichen Geschöpfe, die glauben, Gottes Geschenk an die Frau zu sein? Die den Klang ihrer eigenen Stimme lieben, und die mit ihrer gesellschaftlichen Stellung und entsprechend dicken Brieftaschen angeben? Nein, Bogart. Wir wollen echte Männer. Männer, die aufräumen, ohne Standing Ovations von ihrer Umgebung zu erwarten. Männer, die Geheimnisse haben, die sie niemals mit uns teilen werden. Männer, die durch das Tal der Schatten geritten sind und dennoch fest im Sattel sitzen.«
Dann hatte sie ihn geküsst und versichert, ihn gegen keinen anderen Mann auf der ganzen Welt eintauschen zu wollen. Seitdem hatte Bull das Thema nicht mehr angeschnitten. War gleichwohl aber immer noch leicht verwundert.
Ihre Beziehung ließ sich am ehesten als ›nicht zusammenlebendes Paar‹ beschreiben. Ungeachtet dessen verbrachten sie die meisten Nächte im selben Bett, in der Regel bei ihr zu Hause in Grünerløkka, manchmal auch bei ihm in Ensjø. Die Regelung sagte ihm zu. Sie bedeutete Schluss mit der Einsamkeit, und dennoch stand für sie beide noch immer eine Hintertür offen. Er war darauf vorbereitet, dass sie entschwinden könnte. Ihn fallen lassen könnte im Austausch gegen einen ebenso »echten«, aber jüngeren Mann. Und falls das passierte, sollte der Schmerz nicht größer sein, als Bull es aushalten könnte. Nicht so, wie er es auf dem letzten Kreuzweg erlebt hatte.
Er drehte sich auf die Seite, von Angesicht zu Angesicht mit seinem neuen Leben. Ein paar wilde Strähnen blonder Haare. Sprenkel blasser Sommersprossen auf den sonnengebräunten Wangen. Der hübsch geformte Mund, der …
Sie schlug die Augen auf.
»Hallo, Sheriff«, sagte sie grinsend.
Mehr als »hallo« konnte er nicht erwidern. Wie kam es bloß, dass er nach acht Stunden traumlosen Schlafs plötzlich so außer Atem geriet?
Unter der großen Bettdecke schmiegte sie sich an ihn und legte den Kopf in seine Armbeuge. Er spürte ihren Atem auf der Brust, spürte die Haarsträhnen auf der Haut kitzeln und nahm die warme Hand auf dem Bauch wahr, der nur durch unregelmäßige Mahlzeiten daran gehindert wurde, sich so ungünstig zu entwickeln, wie es bei über 45-Jährigen ohne Sporterfahrung üblich war.
Er wurde größer, wuchs fast schmerzhaft schnell, bis seine Begeisterung ihre Hand berührte.
»Ui, na so was!«, sagte sie heiter.
Und verschwand unter der Bettdecke.
Die Küste entlang des Oslofjords erglühte in der späten Dämmerung. Anlässlich des längsten Tages im Jahr waren Hunderte von Feuern entzündet worden. Der Triumph der Sonne über den dunklen Norden. Zahlreiche Menschen hatten sich zu losen Gruppen um die Flammen geschart und feierten, nicht zuletzt, weil der diesjährige Johannistag auf einen Freitag fiel.
Auf einer kleinen Landzunge westlich des Osloer Zentrums hatte der Lions Club ein Feuer entfacht, das vom Vorsitzenden voller Stolz als »rekordverdächtig« bezeichnet wurde. Der Abriss der alten Pfadfinderhütte im Frühjahr war wie gerufen gekommen. Viele Kubikmeter knochentrockenen Holzes, genau richtig übereinandergestapelt, sodass das Feuer mit genügend Sauerstoff versorgt wurde.
Am Rande des festlich flammenden Mittelpunkts waren kleinere Feuer entzündet worden. Hier grillten die jüngeren Teilnehmer Würstchen und Hamburger, während die Erwachsenen an unscheinbaren Plastikbechern nippten, die alles Mögliche enthalten konnten.
Als die Zeiger der Uhr auf Mitternacht zutickten, konnte sich der prestigesüchtige Klubpräsident nicht länger bremsen. Auf unsicheren Beinen erhob er sich von seinem mitgebrachten Campingstuhl, schlug zwei leere Weinflaschen aneinander und verlangte die Aufmerksamkeit der Gäste. Zeit für ein Loblied auf das Lagerfeuer, auf die dahinterstehenden Arrangeure sowie auf den Abend an sich.
Die Ansprache geriet ein wenig schwülstig, ließ aber – außer zwischen den Zeilen – keinen Zweifel daran aufkommen, wer tatsächlich die treibende Kraft hinter dem Rekordfeuer war.
»Und gestatten Sie mir zu bezweifeln …«, schloss der Vorsitzende mit schwerer Zunge, »… zu bezweifeln, dass irgendwer im Königreich ein größeres Feuer zu bieten hat, als wir es heute Abend erleben!«
Die letzten fünf Wörter hatte er förmlich hinausgeschrien, euphorisch, und bereit den Applaus entgegenzunehmen, der, wie er wusste, kommen würde, sobald er sich wieder auf seinen Stuhl fallen ließ. Doch stattdessen sprang plötzlich die Kassenwartin des Klubs von dem Stein auf, auf dem sie gesessen hatte, und deutete auf einen Punkt in der Ferne.
»Gut möglich, dass du dich irrst, Claus!«
Der Klubvorsitzende Claus Byhring kniff verwirrt die Augen zusammen, ehe er den Blick in die entsprechende Richtung lenkte. Ganz oben auf dem Hügelkamm, mehrere Kilometer Luftlinie entfernt, brannte ein Feuer, wie es niemand je zuvor gesehen hatte. Gigantische Feuerzungen wölbten sich in den dunklen Himmel hinein, und der Qualm legte sich über das Flammenmeer wie goldener Nebel im Abendlicht. Und trotz seiner anderthalb Promille Alkohol im Blut wusste Claus Byhring, dass er – rein formal betrachtet – recht behalten würde. Denn was die Versammelten aus der Ferne betrachteten, war kein Johannisfeuer.
Sondern die Mutter aller Hausbrände.
Als persönliche Referentin der norwegischen Finanzministerin folgte Christine Sand den Fernsehnachrichten mit Argusaugen. Der Flachbildschirm in ihrem Wohnzimmer war daher meist eingeschaltet, auch an diesem Morgen, als Bull den Weg ins Badezimmer antrat.
Die über den Bildschirm flackernde Szene schien mit einer Handykamera gefilmt worden zu sein. Verwackelt und manchmal außer Fokus, gleichwohl überdeutlich in dem Grauen der eingefangenen Bilder. Ein großes weißes Haus, das lichterloh brannte. Gleichwohl ein stummes Inferno, da Christine den Ton ausgeschaltet hatte, um sich in aller Ruhe dem Kaffee zu widmen, nach dem beide sich sehnten. Bull nahm die Fernbedienung vom Wohnzimmertisch und hörte die letzten Worte der Reportage:
»… laut Informationen des NRK wurde das Haus durch das Feuer bis auf die Grundmauern zerstört. Es sollen sich Personen im Haus aufgehalten haben, momentan liegen aber noch keine bestätigten Angaben über Verletzte oder Tote vor.«
Nach einem harten Schnitt zeigte die Kamera den Nachrichtensprecher, der einen weiteren Beitrag ankündigte. Bull schaltete den Ton aus und umging anzuhören, was die für Umweltschutz zuständige Stadträtin Nguyen Berg zu diesem oder jenem anzumerken hatte.
Mit der Fernbedienung in der rechten Hand blieb Bull regungslos vor dem Fernseher stehen, während in seinem Inneren die Bilder zurückgespult wurden, die er eben gesehen hatte. Etwas mit dem Feuer. Hatte er am oberen linken Bildrand nicht einen Zipfel von Holmenkollen gesehen? Und wenn schon. Er kramte in seinen Erinnerungen, fand aber nichts. Christines Stimme aus der Küche riss ihn aus seinen Gedanken:
»Das Ministerium verteilt jetzt Gratiskaffee an notleidende Polizeibeamte!«
Bull löschte die Bilder von seiner inneren Festplatte. Sollten sie etwas zu bedeuten haben, würde der Zusammenhang früher oder später auftauchen.
Am späten Nachmittag desselben Tages wurde ihm Hilfe bei der Lösung des Rätsels zuteil. Er hatte gerade seinen in die Jahre gekommenen Golf in der Tiefgarage in Ensjø geparkt, als das Handy klingelte. Der Name eines ihm bekannten Rechtsanwalts leuchtete ihm vom Display entgegen und gab den Bildern auf dem Fernsehbildschirm plötzlich einen Sinn. Fredrik Steffensen hatte ihm nach dem Mord an Frida und Anine beigestanden, aber gleichwohl nicht verhindern können, dass der schwerbehinderte Mörder vom König begnadigt worden war.
»Einen schönen guten Tag, Bull.«
»Hallo, Fredrik.«
So hielten sie es. Fredrik sagte »Bull«, und Bull sagte »Fredrik«.
»Sie ahnen vielleicht, weswegen ich anrufe?«, fragte der Rechtsanwalt.
»Falls ich tatsächlich eine Ahnung habe, dann erst seit höchstens zehn Sekunden. Aber es war das Torp-Haus, das letzte Nacht abgebrannt ist, nicht wahr?«
»Stimmt genau.«
Richard Torp. Sohn stinkreicher Eltern, den Bull 2009 schließlich hinter Schloss und Riegel gebracht hatte, nachdem der Jüngling drei ausgesucht brutale Vergewaltigungen begangen hatte. Als der selbstmordgefährdete Torp nach vier Jahren als unfreiwillige Knasthure den Mauern der Haftanstalt entkommen war, hatte er den ultimativen Racheplan geschmiedet: ein gewollter Frontalcrash bei hoher Geschwindigkeit. Wie durch ein Wunder hatte Torp überlebt. Die beiden, die in dem anderen Wagen saßen, hatten weniger Glück. Bogart Bulls Frau und Anine, ihre zwölfjährige gemeinsame Tochter.
Ein paar Monate nach den Morden war Bull zum Holmenkollen hinaufgefahren, wo sich das Haus befand, in dem Torp und seine Eltern einst gelebt hatten. War an dem hohen, schwarz gestrichenen Lattenzaun entlangspaziert, der das riesige Grundstück umgab. Hatte das gediegene Herrenhaus betrachtet, den parkähnlichen Garten, den Pavillon und die Schieferterrasse, hinter der eine Ecke des Schwimmbeckens hervorlugte.
Er wusste nicht, weswegen er diese Fahrt unternommen hatte. Vielleicht suchte er nach einer Art Verständnis, einer Erklärung dafür, warum ein Mensch, der in solchen Verhältnissen groß geworden war, derart destruktiv werden konnte. Völlig sinnlos, wie er im Nachhinein konstatiert hatte. Reichtum sorgte nicht automatisch für geistiges Wohl, genauso wenig wie Armut die Menschen zu bösen Taten antrieb.
Bull wusste nur, dass er einmal an dem Haus gewesen war, ohne dass es ihm weitergeholfen hätte.
Und nun war das Haus also bis auf die Grundmauern abgebrannt, dieses Haus, in dem Torp seit zwei Jahren lebte, weil seine massive Behinderung einen normalen Strafvollzug unmöglich gemacht hatte. Die sich daraus ableitende Frage war unausweichlich, und Bull schämte sich nicht, das Schlimmste zu hoffen.
»Was ist mit Richard Torp?«, fragte er.
Der Anwalt am anderen Ende der Leitung räusperte sich.
»Nun …« setzte er an. »Alles deutet darauf hin, dass Torp im Haus war, als es in Flammen aufging. Bedauernswert ist eigentlich nur, dass sich auch eine seiner Krankenschwestern dort aufhielt. Sie kam von einem privaten Pflegedienst und gilt als vermisst.«
Bull sagte nichts, und Steffensen fuhr fort.
»Die Techniker von der Feuerwehr sind dort schon den ganzen Tag zugange. Noch geben sie keine Einzelheiten preis, wollen aber wohl im Laufe des morgigen Tages mit konkreten Informationen an die Öffentlichkeit gehen. Aber mal ganz unter uns: Wenn nicht mal eine gesunde und agile Krankenschwester den Flammen entkommen konnte, besteht wohl kaum ein Zweifel, dass unseren Rollstuhlfahrer Torp das gleiche Schicksal ereilt hat. Ich melde mich wieder, wenn ich mehr weiß.«
»Gut. Dann warte ich auf Ihren Anruf«, sagte Bull und beeilte sich, die Verbindung zu unterbrechen.
Von dem akuten Bedürfnis getrieben, sich setzen zu müssen, öffnete er die Autotür und nahm hinter dem Lenkrad Platz. Blieb auf dem durchgesessenen Sitz hocken und verspürte Erleichterung. Richard Torp war tot. Von der Erdoberfläche verschwunden. Ausradiert. Bull hingegen lebte, und das tat auch Christine Sand.
Der Gedanke überwältigte ihn in bisher unbekanntem Maße. Erst jetzt begann es. Das neue Leben.
Es dauerte einen ganzen Tag, bis die endgültige Bestätigung kam. Nach einem kurzen Blick in den Kühlschrank hatten Christine und Bogart beschlossen, das Sonntagsessen in das kleine Sushi-Restaurant unten an der Ecke zu verlegen.
Sie hatte hart daran gearbeitet, seine Ernährungsgewohnheiten zu ändern. Nur Kaffee zum Frühstück war durch Biomüsli mit Beeren, Joghurt plus Kaffee ersetzt worden. Schweinekoteletts hatten Fisch, Geflügel, Salat und Vollkornreis weichen müssen. Jetzt saßen sie an ihrem Stammtisch ganz hinten im Lokal, sie mit Sashimi auf dem Teller, er mit einer Kombination aus Nigiri und Maki. Christine zerkaute nachdenklich ein dünnes Scheibchen Ingwer und betrachtete dabei Bogart, der bemüht war, die Essstäbchen in die richtige Position zu bringen.
»Wollte er dich nicht anrufen?«
»Hat er gesagt.«
»Hast du den Ton eingeschaltet?«
Bull nickte. Kaum hatte er die Bewegung vollführt, klingelte das Handy auch schon in der Jackentasche. Er warf einen Blick auf das Display, erhob sich und nickte Christine vieldeutig zu.
»Hallo, Fredrik«, sagte er, während er aus der Tür nach draußen trat.
»Guten Abend, Bull. Störe ich?«
»Das tun Sie nur selten – und momentan keineswegs.«
»Tja, ich kann also bestätigen, dass wir im Gerichtssaal des Schicksals einen vollen Sieg errungen haben. Langer Rede kurzer Sinn: Nachdem ein Nachbar angerufen hatte, kam die Feuerwehr erst verspätet an. Offensichtlich hatten die am Johannistag so einiges zu tun. Daher war dann also auch nicht mehr viel übrig, was vor den Flammen gerettet werden konnte. Jedenfalls haben sie Metallreste von Torps Rollstuhl gefunden sowie etwas anderes, das jeden Zweifel ein für alle Mal ausräumt. Denn das Einzige, das sich trotz der massiven Hitze nicht so schnell zerstören lässt, sind die Zähne. Torps Zahnarzt konnte heute bestätigen, dass die odontologischen Funde mit Torps Krankenjournal übereinstimmen.«
Obwohl er mental darauf vorbereitet war, konnte Bull das endgültige Urteil über den Mörder Richard Torp nicht so leicht verdauen.
»Da gibt es noch etwas, das Sie wissen sollten«, fuhr der Rechtsanwalt fort. »Die Techniker sind zu dem Schluss gekommen, dass es sich um Brandstiftung handelt. Übrigens mit der einfachsten Methode – ein paar Liter Benzin und ein Streichholz. Von einem alten Freund und Kommilitonen, der bei der Osloer Polizei arbeitet, habe ich außerdem erfahren, dass in Torps Briefkasten ein milde ausgedrückt sensationeller Fund gemacht wurde.
»Fund?«, fragte Bull und spürte den Ermittler in sich erwachen.
»Ein Brief. Unfrankiert. Torps Name auf dem Umschlag, mit einer Etikettenmaschine geschrieben. Übrigens dieselbe Maschine, mit der auch die kurze Nachricht auf dem Bogen im Inneren des Umschlags verfasst wurde.«
»Und wie lautet diese Nachricht?«
Steffensen räusperte sich gründlich.
»Acht Wörter und ein Ausrufezeichen: Das war für sie, du Abschaum der Hölle!«
Wortlos verarbeitete Bull die Meldung in seinem Kopf.
»Was fällt Ihnen als Erstes dazu ein?«, fragte Steffensen.
»Dass Torp drei junge Mädchen vergewaltigt und misshandelt hat, bevor wir ihn schnappen konnten.«
»Und vielleicht auch, dass sich ›sie‹ genauso gut auf nur zwei Personen beziehen kann?«
Der Rechtsanwalt hatte recht. Niemand hatte ein stärkeres Motiv für die Brandstiftung als Bull selbst. Zum Glück gab es aber auch eine überaus glaubwürdige Zeugin, die bestätigen konnte, dass er sich in einem Bett in Grünerløkka befunden hatte, als das Feuer ausbrach.
Er warf einen Blick durch die Glastür, hinter der Christine Sand gerade noch zu erkennen war.
Prag, Tschechoslowakei
1968
Sie hieß Hana Pilarová, war sechsundsiebzig Jahre alt und unter dem Kosenamen »Engel der Jungmannova« bekannt. Nach fast vierzig Jahren als Krankenschwester und Hebamme am Bulovka-Hospital hatte die Krankheit sie in die Reihen der Pensionisten gezwungen, und da das Gelenkrheuma sie daran hinderte, zu stricken, hatte sie sich ein anderes Hobby zugelegt.
Sie half denen, die Hilfe benötigten. Die guten Taten trugen viele Namen: Babysitterin, Gesellschafterin, Hundeausführerin, Botin, Waschfrau, Kuchenbäckerin und natürlich – Samariterin für Pflegebedürftige, egal, ob es sich dabei um einen banalen Beinbruch handelte oder um Beistand für alte Menschen, die sich dem Ende des Lebens näherten.
In diesen chaotischen Zeiten war sie mehr beschäftigt als je zuvor. Die täglichen Zusammenstöße zwischen den Demonstranten und der Besatzungsmacht brachten sowohl plötzliche Todesfälle als auch leichtere Schäden mit sich, und in der letztgenannten Kategorie konnte Hana Pilarová etwas ausrichten. An diesem Donnerstagmorgen war sie von einer Mutter aus dem jüdischen Viertel angerufen worden, die mit dünner Stimme um Hilfe bat. Ihr zwanzigjähriger Sohn hatte sich Brandverletzungen an der rechten Hand und am Unterarm zugezogen, nachdem ein Molotow-Cocktail schneller explodiert war, als der Junge vorausberechnet hatte. Hana war gerade im Gehen begriffen, als es an ihrer Tür klingelte.
Draußen stand der Sohn von Laita, dem Schlachter, der ganz in der Nähe seinen Laden betrieb. Der Junge war barfuß und trug einen Schlafanzug, der etwa die gleiche hellblaue Farbe aufwies wie die intensiv blickenden Augen unter der blonden Mähne.
»Nein, aber Filip!«, rief Hana erstaunt. »Läufst du hier draußen im Schlafanzug herum?«
»Vater ist tot, und Mutter schläft«, sagte der Junge. »Ich kann sie nicht aufwecken.«
Niemals sollte Hana Pilarová diesen Augenblick vergessen. Die Bedeutung seiner Worte war eine Sache. Die andere war die Art, wie sie vorgebracht worden waren. Ruhig, fast sachlich, als ob er ihr mitteilen wollte, dass das vorbestellte Schweinemett zur Abholung bereit sei. Viel später, als alles vorbei war, sollte sie noch viel an Filip denken.
Wie etwa an den kühlen Herbsttag 1960, an dem er zur Welt gekommen war. Hana hatte die Morgenschicht auf der Geburtsstation und war überrascht, wie schnell die Geburt verlief. Als die Presswehen einsetzten, schrie Margita Laita herzzerreißend und rief höhere Mächte um Gnade an. Zwanzig Minuten später war das Kind da. Nachdem die Nabelschnur durchschnitten war, trug Hana den Knaben fort von der erschöpften Mutter und legte ihn auf einen Wickeltisch. Da bemerkte sie es. Anders als die vielen Neugeborenen, die Hana in ihrer Zeit im Krankenhaus gewaschen und gewickelt hatte, blickte dieser Junge sie unmittelbar an. Kalt und blassblau wie Schnee im Mondschein leuchteten ihr die weit aufgerissenen Augen entgegen.
Später war ihr aufgefallen, dass sie den Nachbarjungen nie hatte weinen sehen. Sogar dann nicht, als sie ihm sagen musste, dass auch seine Mutter gestorben war.
Es kam mir ein wenig ungelegen, dass sie tot war. Mutter war immer dagewesen. Erst viele Jahre später erfuhr ich, dass sie erst misshandelt und vergewaltigt und danach erdrosselt worden war. Wenn irgendetwas mit dem Tode bestraft werden sollte, dann diese Art von Verbrechen. Es hätte mir nicht einmal widerstrebt, das Todesurteil eigenhändig zu vollstrecken, doch wo hätte ich anfangen sollen? Zu jener Zeit befanden sich tausende russischer Soldaten in Prag. Sogar heute, fünfzig Jahre später, geschieht es, dass ich den Mördern meiner Mutter im Schlaf begegne. Ich träume, dass ich sie an jenen Haken aufhänge, unter denen ich Mutter fand, und ihnen das abtrenne, womit sie sie besudelt haben. Dass ich in die Weichteile ihrer haarigen Körper hineinschneide. Sie stoßen gellende Schreie aus, zappeln herum wie die Schweine, die sie selbst gewesen sind, während das Blut die Rinne entlangläuft, die am Abfluss in der Ecke endet. Doch was nutzt es? Wenn ich erwache, verspüre ich nur denselben Rachdurst, mit dem ich eingeschlafen bin. Die tragische Gewissheit, dass sie entkommen sind. Dieses Schicksal muss ich bis an das Ende meiner Tage tragen. Ich habe eine Fotografie von Mutter, aufgenommen in Smolenice, als sie noch jung war. Schwarzweiß. Sie sitzt auf dem Rand eines Brunnens, vermutlich auf dem städtischen Marktplatz. Sie lächelt, wenngleich nicht in die Kamera. Sie trägt ein helles Kleid mit kleinem Blumenmuster. Ihre Hand spielt mit einer Haarlocke auf der linken Seite des Gesichts. Eine Taube erhebt sich gerade von der anderen Seite des Brunnens. Das Foto ist schön, wird aber von einem Schatten auf dem Pflaster vor ihr gestört. Der Fotograf war anscheinend so ungeschickt, sich mit dem Rücken vor die Sonne zu stellen. Es würde mich nicht wundern, wenn es Vater war. Ein Perfektionist war er jedenfalls nicht gerade. Diese Eigenschaft habe ich von ihr geerbt. Vielleicht liegt es an der Fotografie, dass ich sie so im Gedächtnis habe. In Schwarzweiß.
Oslo
Juni 2017
Da trat Petrus zu ihm und sprach: »Herr, wie oft muss ich denn meinem Bruder, der an mir sündigt, vergeben? Ist’s genug siebenmal?«
Jesus sprach zu ihm: »Ich sage dir: Nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal.«
Die Stimme des Pastors klang laut und mahnend durch die kleine Kapelle mit dem gewölbten Dach auf dem Friedhof Vestre Gravlund. Laut Matthäus-Evangelium sollte Richard Torp also 490 Mal vergeben werden.
Keine dieser Absolutionen würde von Bogart Bull kommen.
Er saß auf der Bank in der hintersten Reihe, den Blick fest auf das Altarbild hinter dem Rücken des Pastors gerichtet, wo Engel über zwei kleine Kinder wachten. Zur Beisetzung waren noch fünf andere Personen erschienen. Auf der vorderen Kirchenbank links saßen drei Frauen und ein Mann. Sogar von hinten glaubte Bull, Richard Torps Rechtsanwalt zu erkennen, einen verkniffenen und leidenschaftslosen Typen, dessen Namen er vergessen hatte. Die drei Frauen waren vielleicht entfernte Verwandte oder Freundinnen aus der Zeit, bevor Torp wegen Vergewaltigung verhaftet worden war.
Auf der Bank vor Bull saß eine vierte Frau. Allein. Trotz der Jahreszeit trug sie ein ockerfarbenes Kopftuch, der Kragen ihres Popelinmantels war aufgestellt, die Augen lagen hinter einer großen Sonnenbrille verborgen. Genau die Art von gewollter Anonymität, die allen sogleich auffällt.
Als ob der Pastor sich direkt an Bull wandte, zitierte er aus dem ersten Brief des Johannes: Wer aber seinen Bruder hasst, der ist in der Finsternis und wandelt in der Finsternis und weiß nicht, wo er hingeht; denn die Finsternis hat seine Augen verblendet.
Bull musste den Drang bekämpfen, sich zu erheben und das Gotteshaus zu verlassen. Der christliche Glaube, der enorme Leiden und vielfachen Tod verursacht hatte, ermahnte ihn also, dem Mann zu vergeben, der Frida und Anine getötet hatte. Und weigerte er sich, werde er in ewiger Finsternis umherwandeln, eine verlorene Seele, fern von allem, was an Frieden erinnern kann.
Wo war der Imperativ des guten Alten Testaments abgeblieben? Auge um Auge, Zahn um Zahn.
Schließlich nahm die Farce ein Ende. Aus der Lautsprecheranlage klang Robbie Robertsons »Fallen Angel«.
All the tears, all the rage
All the blues in the night
If my eyes could see you
kneeling in the silver light
Bull scherte sich nicht um die Etikette und verließ die Kapelle als Erster. Der Himmel war grau, eine Art Kompromiss zwischen der Finsternis, von der der Pastor gesprochen hatte, und dem Sommertag, der die Menschen tatsächlich umgab. Bull hatte gerade ein paar Meter auf dem asphaltierten Weg zurückgelegt, als er hinter sich Schritte hörte. Eine dünne Stimme:
»Verzeihung?«
Er blieb stehen und drehte sich um. Die Frau mit dem ockerfarbenen Kopftuch und der Sonnenbrille. Sie trat neben ihn, eine magere Hand nahm die Brille ab, unter der rot geränderte Augen zum Vorschein kamen.
»Sie sind doch Bogart Bull?«, fragte die Frau kurzatmig.
»Stimmt.«
»Ich kann mich vom Prozess her an Sie erinnern. Mein Name ist Birgitte Hammer – Lydias Mutter.«
Es war fast zehn Jahre her, doch Bull hatte Lydia Hammer noch im Gedächtnis. Das letzte von Richard Torps Vergewaltigungsopfern. Mit Mühe und Not hatte sie die Misshandlungen überlebt. Ein siebzehnjähriges Mädchen, das ein halbes Jahr später in den Gerichtssaal gerollt werden musste, in dem Torp sein Urteil von sechs Jahren Gefängnis entgegennahm.
Bull fiel auf die Schnelle nichts Passendes ein, daher begnügte er sich mit einem Nicken, woraus zu lesen war, dass der Name ihm etwas sagte.
»Ich wollte bloß …«, setzte sie an.
Ihre Stimme versagte, sie brach in Tränen aus. Ratlos verharrte Bull. Eine tröstende Umarmung kam ihm unpassend vor. Keinen Finger zu rühren, erschien ihm kalt und herzlos. Er legte ihr eine Hand auf die Schulter und drückte behutsam zu.
»Wie geht es ihr denn?«
Birgitte Hammer fasste sich wieder.
»Nicht so gut«, schluchzte sie leise. »Körperlich ist sie wieder einigermaßen beisammen, aber sie ist eine andere. Eine andere als die, die sie war, bevor … es passierte. Die Wunden am Körper sind verheilt, aber ihre Seele blutet weiterhin. Es stimmt nicht, was immer alle sagen, dass die Zeit alle Wunden heilt.«
Nein, dachte Bull. Bestenfalls ließ der Schmerz mit den Jahren nach. Wurde periodisch, wie ein Virus, das dauerhaft im Körper lebte, aber nur dann und wann wieder aufblühte.
»Lydia war so kontaktfreudig, so fröhlich«, fuhr Birgitte Hammer fort. »Jetzt nimmt sie Antidepressiva und schafft es kaum, am hellichten Tag allein vor die Tür zu gehen. Und gleichzeitig fürchtet sie sich davor, allein zu sein, was bedeutet, dass ich immer bei ihr sein muss.«
Sie zog ein Päckchen Zigaretten aus der Manteltasche. Musste viermal das kleine Rädchen des Einwegfeuerzeugs drehen, bevor sie sich Feuer geben konnte. Zwei, drei tiefe Züge, ehe sie mit einer Stimme zu reden fortfuhr, aus der nur Verachtung zu hören war.
»Mir wurde schlecht, als ich den Pastor von Vergebung reden hörte. Vergebung ist bloß ein schönes Wort, das leicht von Menschen in den Mund genommen wird, deren Leben nicht von Abschaum wie Richard Torp zerstört wurde.«
Bull nickte, verzichtete aber darauf, seine Zustimmung auszudrücken.
»Manchmal träume ich …«, sagte sie und hielt einen Moment lang inne, »… träume ich, dass Lydia fort ist … tot. Dass ich ihr Grab besuche. Und wenn ich dann wach werde und die Realität vor Augen habe, dann kommt mir die Trauer … schlimmer vor als im Traum. Dann schäme ich mich zu allem Überfluss.«
Ein leichter Regen trieb über den Friedhof. Vielleicht wäre es der richtige Moment gewesen, sie zu fragen, ob sie in einem der Cafés im Frognerpark etwas mit ihm trinken wolle. Eine halbe Stunde mit der armen Frau zusammenzusitzen, die ganz allein zu der Beisetzung gekommen war. Die vielleicht tatsächlich ganz allein war, mit einer anderen Tochter als der, die sie siebzehn Jahre lang gekannt hatte. Aber Bull vermochte es nicht. Nach der Vorstellung in der Kapelle fühlte er sich innerlich leer. Völlig erschöpft. Und mit einer Trauer, einer Verbitterung konfrontiert, die nicht die seine war. Er hatte mit seiner eigenen zu kämpfen. Bull murmelte etwas von einem Problem bei der Arbeit und wirkte mit einem Mal sehr schuldbewusst.
Sie reichten einander die Hände zum Abschied.
»Wissen Sie was?«, sagte sie.
Er wusste es nicht.
»Ich bin sehr froh, dass er tot ist.«
Dann drehte sie sich um und ging weg. Erst später fiel ihm auf, dass sie kein einziges Wort über Frida und Anine verloren hatte. Vielleicht las sie ja keine Zeitungen. Oder vielleicht war die Nachricht auch in ihrer eigenen Verzweiflung untergegangen.
Prag – Paris
1968
Der Junge blieb bis nach dem Begräbnis bei Hana Pilarová. Doch es musste eine langfristige Regelung gefunden werden. Niemand wollte Hana um eine Ausweitung ihres Engagements bitten, und auch sie selbst sprach nie von dieser Möglichkeit.
Nach sechs Wochen in einem Kinderheim am Rande der Stadt tat sich eine Lösung auf. Jaroslaw Laitas zwei Jahre ältere Schwester Viktória, die verwitwet in Paris lebte, hatte sich bereit erklärt, die Vormundschaft für den Jungen zu übernehmen. Die Vorsteherin des Kinderheims überbrachte Filip die gute Nachricht. Der Junge zuckte mit den Schultern und fragte, wann es Abendessen gebe.
Die Reise in die französische Hauptstadt barg gewisse Herausforderungen. Filip war gerade einmal acht, und die Grenze nach Deutschland konnte nur von Tschechen überquert werden, deren Papiere in Ordnung waren. Ein letztes Mal opferte sich Hana Pilarová im Dienst der guten Sache auf.
An einem Dienstagnachmittag Ende Oktober rollte der Zug in den Gare du Nord, einen der großen Pariser Bahnhöfe. Ein Schaffner half den beiden, Filips Koffer auf den Bahnsteig hinunterzuhieven, Hana trug nur eine kleine Reisetasche bei sich. Und eine Rückfahrkarte für den Nachtzug am selben Abend. Noch immer gab es in ihrer Heimatstadt viele Hilfsbedürftige.
Um sie herum wimmelte es von Menschen. Einige kehrten zu Familie und Freunden zurück, andere suchten das Glück, ein paar waren auf der Flucht, und wieder andere wollten bloß weiter. Umarmungen, Händeschütteln, aufgeregte Stimmen, Gelächter und Freudentränen. Irgendwo in diesem Chaos sollte sich Viktória Mandaroux befinden. Nach einer Weile schrumpfte die Menschenmenge, und Hana spähte in die leerer werdende Bahnhofshalle. Keine Viktória. Schließlich blieben nur sie und der Junge übrig. Der Bahnsteig gegenüber füllte sich langsam mit neuen Menschen. Eine metallische Stimme aus dem Lautsprecher kündigte die Ankunft eines Zuges auf Französisch an, wobei Hana nicht mehr als arrivée verstand. Als der Lautsprecher verstummte, hörte sie jemanden rufen:
»Mademoiselle Pilarová!«
Von der Ankunftshalle kam eine Gestalt mit wiegenden Hüften auf sie zugelaufen, in jener kuriosen Gangart, in die Frauen mitunter gezwungen werden, wenn die Länge des Rocks die der Schritte begrenzt und die Absätze dünn wie Bleistifte sind. Ein lautstarkes Bedauern ob der Verspätung wurde auf fünf Meter Abstand geäußert, und dann stand sie da. Hana bekam einen Kuss auf jede Wange, gefolgt von einer weiteren Entschuldigung, bevor Viktória den Blick auf Filip richtete und in die Hände klatschte, als hätte sie gerade ein Geschenk ausgepackt, das ihr die Sprache verschlug.
»Filip! Endlich.«