Inhaltsverzeichnis

Ich habe es für meine Tochter und die Kinder und Enkelkinder geschrieben.

Besonderer Dank gilt dem Kriminaljournalisten Peter R. de Vries. Er ist der Erste, den wir – meine Schwester und ich, aber auch der Rest der Familie – jemals ins Vertrauen gezogen haben und dem wir unsere ganze Geschichte erzählt haben. Niemals hat er dieses Vertrauen enttäuscht. Seit Cors Tod war er immer für uns da, und während des gesamten Weges zu unseren Zeugenaussagen und ihrer Veröffentlichung hat er uns unterstützt. Peter, danke für deine Freundschaft, deine Zuverlässigkeit, deine Aufrichtigkeit, deine Unterstützung und deinen Mut, auch im Namen meiner Mutter und aller Kinder.

Der erste Anschlag auf Cor

(1996)

Am 27. März 1996 hatten Sonja und Cor ihren Sohn Richie gemeinsam vom Kindergarten abgeholt. Cor parkte sein Auto vor ihrem Haus in der Deurloostraat in Amsterdam und sie blieben noch eine Weile sitzen, während sie über Richie lachen mussten, der hinten, zwischen den beiden Vordersitzen, sein Lieblingslied »Funiculi Funicula« von Andrea Bocelli zum Besten gab.

Meine Mutter stand vor dem Küchenfenster und beobachtete, wie ein Mann im dunklen Mantel auf das Auto zusteuerte. Sonja sah, wie sich im Hintergrund jemand näherte und schaute Cor an. Sie glaubte zunächst, der Mann wolle sich vielleicht nach dem Weg erkundigen, aber seine Zielstrebigkeit war ihr nicht geheuer.

Er ging zu Cors Fenster.

Sonja schaute ihm direkt ins Gesicht, das sich für immer in ihr Gedächtnis brennen sollte. Gegerbte Haut, viele Falten.

»Cor, was will der?!«, rief sie noch.

Cor schaute nach links.

Der Mann richtete eine Waffe auf ihn, und ehe Cor antworten konnte, eröffnete er das Feuer. Instinktiv warf sich Cor über Sonja, um sie zu beschützen.

Sonja fing an zu schreien. Richie saß hinten im Auto. War er getroffen worden? Sie öffnete die Beifahrertür und ließ sich auf die

Cor war mehrfach getroffen worden. Er stieg aus und wollte den Schützen verfolgen, aber seine Verletzungen hatten ihn dermaßen desorientiert, dass er in die falsche Richtung lief. Nach ein paar hundert Metern stieß er auf Nachbarn, die ihn zu seinem Haus zurückbrachten.

Dort setzte er sich verwirrt auf die Treppen, bis der Krankenwagen kam.

 

Ich saß in meinem Büro in der Willem Pijperstraat, als mein Handy klingelte. Es war meine Mutter. Sie schrie, dass jemand auf Cor, Sonja und Richie geschossen hatte.

»Nein!«, rief ich. »Leben sie noch?«

»Ja, sie leben, aber Cor wurde getroffen. Komm schnell!«

»Ist es schlimm, Mama?«

»Ich weiß es nicht, Cor wurde mit dem Krankenwagen abgeholt.«

Völlig in Panik fuhr ich zum Haus meiner Mutter. Sonja wartete schon auf mich. Sie fiel mir um den Hals und sagte weinend: »Tris, der hat auf uns geschossen. Cor wurde überall getroffen.«

»Wo?«, fragte ich. »Wo wurde er getroffen?«

»Am Arm, an der Schulter und am Rücken, und eine Kugel hat ihm den Kiefer zerschlagen. Aber er überlebt es, er wird gerade operiert.«

»Und Richie? Ist mit Richie alles in Ordnung?«, fragte ich.

»Ja, er ist oben. Er hat nichts abbekommen. Zum Glück versteht er nicht, was passiert ist. Wir müssen so tun, als sei alles normal.«

»Mach ich. Und wie geht’s dir?«

»Alles in Ordnung. Ich hab nur Beklemmungen und der Rücken tut mir weh. Ich glaube, ich hyperventiliere.«

Wir gingen nach oben, dort saß Richie neben meiner Mutter auf dem Fußboden und spielte.

»Hallo, Schätzchen«, sagte ich zu ihm. »Spielst du schön?«

Ich umarmte ihn und tastete seinen kleinen Körper ab, um festzustellen, ob er wirklich nicht getroffen worden war.

 

Sonja fragte: »Könntest du Francis von der Schule abholen? Jemand muss ihr erzählen, was vorgefallen ist. Und ich will sie schnell bei mir haben. Wer weiß, was noch alles passiert.«

»Natürlich, ich fahre sofort los.«

Ich machte mich auf den Weg zu Francis’ Schule und erzählte dem Hausmeister, ich sei ihre Tante und würde sie abholen, da ihr Vater einen Unfall hatte und im Krankenhaus lag.

Francis hatte mich schon vom Klassenzimmer aus gesehen und einen Schrecken bekommen. Der Hausmeister hatte den Lehrer verständigt und Francis kam raus.

»Komm, Schatz«, sagte ich. Wir gingen durch den Gang. »Ich muss dir was erzählen. Man hat auf deinen Papa geschossen und Mama und Richie saßen auch im Auto.«

Sie blieb stehen und klammerte sich an mich, ihr Gesicht wurde ganz blass. »Ist er tot, Tris?«

»Nein«, sagte ich, »aber er ist verletzt und liegt jetzt im Krankenhaus. Mama und Richie fehlt nichts. Komm, wir gehen nach Hause.«

Wir waren kaum dort eingetroffen, als Sonja einen Anruf vom Krankenhaus bekam. Die Operation war beendet.

»Kommst du mit zu Cor? Ich will nicht fahren, ich bin noch ganz durcheinander«, sagte Sonja.

»Einverstanden«, sagte ich. »Ich fahre. Ich will Cor auch sehen.«

Wir gingen zum Auto, aber auf halber Strecke fing Sonja an zu zittern. Ich stieg ein, Sonja blieb stehen.

»Steig ein«, sagte ich.

»Ich kann nicht.«

Ich stieg wieder aus und ging zu ihr. »Was ist?«

»Ich trau mich nicht. Ich traue mich nicht mehr in ein Auto. Immer wieder sehe ich es vor mir, wie er auf uns zugeht, das Geräusch

»Los, Sonny, du musst. Und es ist auch besser, du fährst jetzt gleich selbst, sonst tust du es nie wieder. Los, reiß dich zusammen!«

Ich öffnete die Tür und bedeutete ihr, sich ans Steuer zu setzen.

»Du hast recht«, sagte sie. »Ich muss.«

 

Im Krankenhaus eilten wir zu Cors Zimmer, das von Polizisten geschützt wurde. Cor war gerade erst aus der Narkose aufgewacht. Die Kugeln waren aus seinem Körper entfernt und sein Unterkiefer war fixiert worden.

»Wie geht es dir?«, fragte ich besorgt.

Cor lächelte schwach und hob den Daumen. Nach der Kieferoperation konnte er sowieso nicht sprechen, aber schon wegen der Bullen draußen war es ausgeschlossen, etwas zu besprechen.

Was ist mit dem Kleinen?, gebärdete er.

»Mit Richie ist alles in Ordnung«, sagte Sonja. »Es ist ein Wunder, dass er nicht getroffen wurde. Sieh du nur erst mal zu, dass du hier möglichst schnell wieder rauskommst.«

In Cors Augen funkelte Wut, er machte die Geste einer Pistole, er sann auf Rache.

Wir wollten wissen, ob Cor irgendeine Vermutung hatte, wer hinter dem Ganzen steckte, damit wir wussten, worauf wir uns einstellen mussten und eventuell Maßnahmen treffen konnten.

Cor schaute uns abwechselnd an und schüttelte immer wieder den Kopf. Er hatte also auch keine Ahnung, woher die Gefahr kam.

»Vorläufig lieber nicht zu Hause schlafen?«, fragte Sonja.

Wieder schüttelte Cor den Kopf.

»Okay«, sagte Sonja.

»Schlaf jetzt. Wir kommen später noch einmal vorbei, jetzt müssen wir aber wieder zu Francis und Richie«, sagte Sonja.

 

Draußen gingen wir erst ein Stück, um in Ruhe reden zu können.

»Glaubst du, dass Cor wirklich keine Ahnung hat, wer dahinter

»Nein«, entgegnete Sonja. »Das wäre in diesem Fall zu gefährlich. Er weiß es wirklich nicht, sonst würde er uns sagen, vor wem wir uns in Acht nehmen müssen.«

»Hast du auch keine Ahnung?«, fragte ich.

»Nein, ich habe nicht die geringste Ahnung, aber ich habe wohl ein Gefühl.«

»Was denn?«

»Lass nur. Ich darf das nicht rumerzählen, wenn ich es nicht sicher weiß.«

»Aber mir kannst du doch alles sagen?«, fragte ich ein wenig beleidigt.

»Nein, lass nur, ich darf nicht einfach jemanden beschuldigen. Lass uns das Thema wechseln.«

»Okay«, sagte ich und ließ es gut sein.

»Aber ich gehe nicht mehr nach Hause. Das traue ich mich wirklich nicht. Wer weiß, vielleicht kommen sie doch wieder«, sagte Sonja. »Kann ich mit den Kindern so lange bei dir schlafen?«

»Ja, natürlich, wir holen sofort eure Sachen.«

 

Zu Hause saß ich neben Sonja auf dem Sofa und sah mir ihre Jacke an. Lauter Federn tanzten durch die Luft. Ich entdeckte ein kleines Loch und bohrte mit dem Finger darin herum, bis ich auf etwas Hartes stieß. Eine Kugel lag in meiner Hand.

»Ich glaube, du wurdest doch getroffen«, sagte ich.

»Wirklich? Mir tut der Rücken auch so weh.«

»Zeig mal her«, sagte ich und schob ihren Pullover hoch. Über die gesamte Breite ihres Rückens zog sich eine Schürfwunde.

»Natürlich tut dir der Rücken weh«, sagte ich, »du hast einen Streifschuss abbekommen. Aber es ist nur eine Schürfwunde.«

Sonja hat so viel Glück gehabt. Ihre Rettung war, dass Cor sich auf sie geworfen und die Kugel dadurch die Richtung geändert hatte. Cors Körper hatte die Kugel so verlangsamt, dass sie im rechten Ärmel von Sonjas Jacke zum Stillstand gekommen war.

»Ihr hättet allesamt tot sein können, Sonny. Denk nur an Richie. Es ist ein Wunder, dass keine der rumschwirrenden Kugeln ihn getroffen hat, in dem kleinen Raum.«

Ich spürte die Wut in mir aufsteigen. Welches Schwein hatte das getan? Welcher feige Hund schießt auf eine Frau und ein kleines Kind?

 

Cor erholte sich, unter den achtsamen Blicken der ihn bewachenden Polizisten. Sie hatten die Pflicht, jeden Bürger zu beschützen, aber dieser Bürger war ihnen gewiss weniger lieb; ein Krimineller, ausgerechnet einer der Heineken-Entführer, der das hier zweifelsohne sich selbst zu verdanken hatte. Cor seinerseits war nicht darauf versessen, von den Leuten beschützt zu werden, die ihn gejagt hatten.

Er verließ das Krankenhaus, sobald er fand, es würde gehen, und verschwand mit Sonja, Richie und Francis nach Frankreich. Mein Bruder Wim und seine Freundin Maike kamen mit.

Ihren ersten Halt machten sie im Hotel Normandy in Paris. Von dort aus fuhren sie weiter gen Süden. Maike hatte das Hotel Les Roches in dem kleinen Ort Le Lavandou an der Côte d’Azur empfohlen.

Zusammen mit Wim hatte Cor schon hundertmal über alle Möglichkeiten nachgedacht: Wer war für den Anschlag verantwortlich? Die Spannung zwischen den beiden war zum Schneiden, und es war bereits häufiger zum Streit gekommen. Wim warf Cor vor, er würde andere oft beleidigen, wenn er was getrunken hatte.

Cor ließ Mo kommen, einen Afghanen, den er im Gefängnis kennengelernt hatte und mit dem er in Kontakt geblieben war.

Durch den Krieg in seiner Heimat war Mo an gewalttätige Situationen gewöhnt. Er kam bewaffnet, um Cor und seine Familie zu beschützen, wenn das nötig wäre. Wim und Maike fuhren zurück nach Amsterdam, um herauszufinden, was los war.

Schon bald kehrte Wim mit der Nachricht zurück, Sam Klepper und John Mieremet steckten hinter dem Anschlag, zwei schwere Jungs, die wegen der Gründlichkeit, mit der sie sich mehrerer Feinde entledigt hatten, Ratz und Putz genannt wurden.

Aber Wim meinte, es könne trotzdem sein. Er erzählte, dass Klepper und Mieremet ihnen eine »Buße« von insgesamt einer Million Gulden auferlegt hatten. Nur, wenn dieser Betrag bezahlt wurde, konnte der Konflikt gelöst werden.

Die Gefahr war noch nicht gewichen. Und sie würde auch nicht weichen, denn Cor sagte sofort zu Wim, er würde keinen Cent bezahlen, er ließe sich nicht erpressen. Wim war wütend, er sagte, man hätte ihn in Amsterdam enorm unter Druck gesetzt. Er sollte das regeln, sonst würde ihm dasselbe passieren wie Cor. Wim zog die Schrauben noch fester an, indem er Cor vorhielt, er würde – indem er die Zahlung verweigerte – einen Krieg anzetteln, der in einem Blutbad enden würde. Unsere Familien würden gnadenlos ausgelöscht werden, nur weil er nicht zahlen wollte.

Cor weigerte sich weiterhin, Wim wollte bezahlen.

»Ich lasse mich nicht erpressen«, hatte Cor ein letztes Mal gesagt, und Wim war wütend abgereist.

Ungefähr zwei Tage später flog ich zu Sonja und Cor, um Francis abzuholen. Sie musste unbedingt mal wieder zur Schule. Sonja holte mich vom Flughafen ab.

»Bist du müde?«, fragte ich.

»Wieso? Sehe ich schlecht aus?«

»Schon ein wenig«, bemerkte ich vorsichtig.

»Cor und Wim haben mächtig viel Krach gehabt. Wim erzählte, wer hinter dem Anschlag steckt und dass sie eine Million Gulden zahlen müssten. Wim will zahlen, aber Cor macht das nicht. Wim sagt, dann würde es jetzt Krieg geben. Darüber stritten sie sich. Ich habe kein Auge zugemacht. Ich habe Angst, dass sie wiederkommen.«

»Das kann ich gut verstehen«, sagte ich. »Wer steckt denn dahinter?«

»Klepper und Mieremet«, sagte sie, »das sind diese beiden Verrückten.«

»Hat Cor Angst vor ihnen?« fragte ich.

»Nein«, sagte Sonja, »hätte er das nur. Cor sagt, es sei sinnlos, zu

»Und was sagt Cor?«, fragte ich.

»Der findet, dass Wim hinter ihm stehen und nicht wie ein Angsthase vor den beiden klein beigeben sollte. Sie haben sich wirklich übel gestritten.«

»Das verstehe ich. Also hat das Elend jetzt eigentlich erst richtig angefangen?«

»So sieht es aus. Aber was meinst du denn?«, fragte Sonja.

»Es wäre schön, wenn sie bezahlen könnten und es dann aufhören würde, aber ich glaube, Cor hat recht. Glaubst du, dass es aufhört, wenn das Geld fließt? Sie wissen doch, dass er weiß, dass sie die Täter sind. Sie werden denken, dass er auf eine Gelegenheit wartet, es ihnen heimzuzahlen, und dann werden sie ihm zuvorkommen.«

»Das sagt Cor auch«, meint Sonja. »Er versteht Wim nicht.«

Wir fuhren zu dem kleinen Hafen von Le Lavandou, wo Cor saß und ein Bier trank und Mo eine Cola.

»Schön, dich zu sehen, Cor. Dein Kiefer sieht wieder ganz passabel aus«, sagte ich.

»Setz dich, Tris. Nimm dir was zu essen. Wir haben schon bestellt.«

Nach ein paar herben Scherzen über seine Wunden sagte Cor zu den anderen: »Geht ihr mal ein Stück spazieren. Bleib du bitte kurz hier, Trissi.« Er schaute gequält. »Hast du’s schon gehört?«

»Ja, wer sie sind und dass du Krach hast mit Wim.«

»Was denkst du?«

»Ich finde, du hast recht. Sollst du dich etwa anschießen lassen und dann auch noch bezahlen? Was soll das? Ich verstehe Wim nicht. Normalerweise lässt er sich so was nicht gefallen.«

»Ja, er wechselt für meinen Geschmack wirklich sehr schnell ins andere Lager. Pass gut auf Francis auf, wenn ihr wieder zurück seid. Halt sie fern von Wim, ja?«

Ich mochte Cor. Eigentlich schon seit dem ersten Tag, als Wim ihn mit zu uns nach Hause gebracht hatte. Er war ganz anders als Wim,

Ich teilte Cors Meinung und verstand nicht, warum Wim so einfach vor dem Feind kapituliert hatte, warum er Cor nicht unterstützt hatte nach allem, was sie zusammen erlebt hatten. Auch wenn Cor vielleicht einen Fehler gemacht hatte, na wennschon. Wir ließen einander doch nicht fallen? Wir hatten ihn doch auch nicht fallen lassen, trotz allem, was er getan hatte.

Wieso sollte er das jetzt mit Cor machen? Natürlich war mir klar, dass es ernsthafte Konsequenzen nach sich ziehen konnte, wenn er Cor unterstützte, aber man hat doch auch Prinzipien? Man konnte doch nicht einfach seine Familie attackieren lassen und anschließend so tun, als sei nichts geschehen.

Ich war schockiert, dass Wim das offensichtlich nicht so empfand.

Am nächsten Tag flog ich mit Francis zurück nach Amsterdam, und ich hielt sie fern von Wim. Cor zog um, auf einen kleinen französischen Bauernhof, der versteckt im Wald lag und als Ferienhaus vermietet wurde. Die Einrichtung, die als »authentisch französisch« beschrieben worden war, war altmodisch und das Haus war schmutzig. Das Schwimmbad draußen war das Einzige, was diese Bude als Ferienhaus qualifizierte. Es war sicherlich kein Ort, an dem Cor normalerweise Urlaub machen würde, aber in diesem Fall war gerade das die Voraussetzung für seinen Aufenthalt. Keiner durfte wissen, wo er wohnte.

Und mit »keiner« meinte er Wim.

Sonja war nur ab und zu bei ihm, weil Francis zur Schule musste. Eines Abends saß sie mit Cor draußen auf der Terrasse. Sie sahen sich die tanzenden Glühwürmchen an, als Cor sagte: »Wenn mir etwas passiert, will ich für uns und die Kinder ein Familiengrab. Und eine Kutsche mit Pferden.«

Cor zog die Möglichkeit in Betracht, dass er den Konflikt nicht überleben würde. Sonja versuchte, das auf ihre Weise zu verhindern. Vielleicht hatte Wim recht und Cor sollte besser doch bezahlen, schlug sie vorsichtig vor.

Cor wurde wütend. Ihre Bemerkung verletzte ihn: »Verrätst du

Seine scharfe Reaktion verschlug Sonja den Atem. So hatte sie es nicht gemeint, sie machte sich nur Sorgen um seine Sicherheit und die der Kinder. Was bedeutete Geld schon im Vergleich zu ihrem Leben?

 

Sonja war zwischen dem Standpunkt ihres Mannes und dem ihres Bruders gefangen. Beide klangen ebenso logisch wie gefährlich. Das Einzige, was sie ihrer Meinung nach tun konnte, war, sich da rauszuhalten. Cor hatte immer bestimmt, was das Beste für sie war, und sie würde ihm die Entscheidung auch jetzt überlassen.

Von dem französischen Bauernhof aus kümmerte Cor sich um ein Set neuer Zähne. Danach zog er ins Hotel Martin’s Château du Lac, in Genval, Belgien. Sonja reiste noch immer hin und her, aber die Situation ließ sich kaum lange durchhalten, da die Kinder zur Schule mussten.

Wim stand ständig bei Sonja vor der Tür, wenn sie zurück war, und löcherte sie mit stets derselben Frage.

Er wollte wissen, wo Cor war.

Aber Sonja, der Cor eingeschärft hatte, niemand dürfe das wissen, stellte sich dumm.

Familienangelegenheiten

1970–1983