Von Okapi, Scharnierschildkröte und Schnilch

Cover

Inhaltsverzeichnis

Fußnoten

  1. So war es Ende 2020, als dieser Beitrag für den Kreaturen-Podcast entstand. Zum Zeitpunkt der Überarbeitung für die Buchfassung im Herbst 2021 gibt es im deutschsprachigen und im englischsprachigen Wikipediaeintrag korrekte und außerordentlich niedliche Bilder einer jungen Kurzohrmaus, bereitgestellt von Nadja Hattinger.

  2. Auf den neuen Fotos sieht man sehr gut, dass man nichts sieht, die Kurzohrmaus also wirklich ziemlich kurze Ohren haben muss. Auch dieses Problem ist damit behoben.

  3. Der Schlusssatz ist zwar schon bei Erscheinen des Buchs überholt, bleibt aber so stehen. Es ist ja auch mal ganz schön, wenn Texte über bedrohte Tiere nicht nur mit fernen Zukunftshoffnungen enden, sondern Teile dieser Zukunft bereits eingetroffen sind.

So könnte man es natürlich auch machen: Im Jahr 2017 war es einem Forschungsteam rund um Andrew J. Pask von der Universität Melbourne gelungen, das komplette Genom eines in Alkohol konservierten Beutelwolf-Embryos zu entschlüsseln. Die Grundlage dafür, um dieses Tier von den Toten aufzuerwecken. Also, nicht den Embryo persönlich. Sondern seine Art. Mithilfe der DNA, die nun nur noch geklont, in die entkernte Eizelle einer nahe verwandten Art eingepflanzt, geboren, in irgendeinen künstlichen Beutel gepackt und dann großgezogen werden müsste. Einziger Nachteil: Kein Mensch weiß, ob das jemals gelingen wird.

Der Beutelwolf, auch bekannt als Tasmanischer Tiger, ist im 20. Jahrhundert ausgestorben. Wobei Ausgestorben eigentlich kein besonders treffender Terminus ist. Aussterben kann schon mal vorkommen. Wenn ein Komet auf die Erde trifft, beispielsweise. Weshalb bekanntlich vor 65 Millionen Jahren ein großer Teil der Dinosaurier ausgestorben ist (dass eine kleine Gruppe gefiederter Saurier dem Massen-Exitus entkommen ist und deren Nachkommen uns heute mit Gesang, Eiern und zugekoteten Stadtplätzen erfreuen, ist inzwischen ja hinlänglich bekannt). Es hat eine Weile gedauert, bis die Ökosysteme der Erde sich von diesem Schlag wieder

Der Beutelwolf aber ist nicht einfach so ausgestorben. Er wurde ausgerottet. Vom Menschen.

Als die Vorfahren der Aborigines vor etwa 50000 Jahren nach Australien kamen, waren Beutelwölfe dort noch weit verbreitet. Heute herrscht ja oft das Bild von edlen Ureinwohnern, die in Einklang mit der Natur, den Ahnen, den Mondphasen und ihren Totemtieren leben, aber die Wahrheit ist wohl eher, dass der Mensch schon immer eine Schneise der Verwüstung über den Planeten gezogen hat, wo immer er auftrat. Jedenfalls kam er nach Australien, brachte später auch seine Hunde mit, die dann als Dingos Karriere machen sollten, und schließlich war der Beutelwolf verschwunden. Man vermutet heute, dass die Dingos die Hauptursache dafür waren, denn diese wilden Hunde leben im Wesentlichen wie der Beutelwolf und machen im Ökosystem all die typischen Beutelwolf-Dinge – nur effektiver. Vor etwa 3000 Jahren gab es jedenfalls auf dem australischen Festland keine Beutelwölfe mehr, sehr wohl aber noch auf der bis dahin dingofreien Insel Tasmanien.

Der Beutelwolf sieht unserem Wolf ziemlich ähnlich. Abgesehen von seinem Hinterteil, das gestreift ist wie ein Tiger (und das ihm seinen Alternativnamen eingebracht hat). Ansonsten ginge so ein Beutelwolf optisch problemlos als neue, stylische Hunderasse durch. Jedenfalls solange man nicht sieht, wie er sich vermehrt. Denn der Beutelwolf war, man ahnt es bei dem Namen schon, ein waschechtes Beuteltier, also deutlich näher mit dem Känguru oder dem putzigen Koalabären (der ja auch kein Bär ist) verwandt als mit dem Wolf. Seine bis zu vier Jungen waren bei der Geburt nackt und winzig und mussten erst einmal drei Monate im unter dem Bauch befindlichen Beutel der Mutter Milch säugen und heranwachsen.

Hundert Jahre später war es vorbei. 1930 erschoss der Farmer Wilf Batty den letzten verbürgten, freilebenden Beutelwolf und posierte noch stolz mit ihm auf einem Foto. Einige weitere Exemplare lebten noch vereinzelt in Zoos. Dort starb das letzte Tier, Benjamin, in der Nacht vom 6. auf den 7. September 1936, in Hobart, der Hauptstadt Tasmaniens. Genau 59 Tage, nachdem die tasmanische Regierung sich durchgerungen hatte, die Art unter Schutz zu stellen.

In den folgenden Jahrzehnten wurde der Beutelwolf zu einer Art Nessie des australischen Buschlands. Immer wieder gab es mehr oder weniger glaubwürdige Sichtungen des zunehmend mystischen Tiers, die alle eines gemeinsam hatten: Sie konnten nie sicher bestätigt werden. Bis heute sucht eine unbeirrte Community nach dem verschollenen

Das Schicksal des Beutelwolfs berührt die Menschen, wohl weil er ein charismatisches, tatsächlich einzigartiges Tier war, dessen brutale Ausrottung anders als bei vielen Schicksalsgenossen sehr anschaulich verlief – und gut sichtbare Spuren hinterließ. Es gibt sogar noch Filmaufnahmen der Tiere. 2021 veröffentlichte das National Film and Sound Archive of Australia einen kolorierten Filmschnipsel von Benjamin, dem Letzten seiner Art, wie er durch seinen Käfig im Zoo streift. Das lässt uns sehr direkt fühlen, was wir verloren haben. Und ahnen, dass wir es hätten verhindern können – nein: müssen. Die heutigen Überlegungen, den Beutelwolf durch Klonen mit immensem Aufwand wieder auferstehen zu lassen, zeugen von einem andauernden schlechten Gewissen.

Leider ist der Beutelwolf kein Einzelfall. Der Mensch war wohl schon beteiligt am Exitus von prähistorischen Tieren wie dem Mammut, aber mit dem Beginn der Neuzeit stieg die Zahl seiner Opfer beständig. Prominente Beispiele dieser Epoche sind der Dodo, der Riesenalk oder die Stellersche Seekuh. Mit dem Beginn der Industrialisierung und dem Wachstum der Weltbevölkerung wurden es immer mehr. Was Exponentialkurven bedeuten, haben wir während der Corona-Krise ja gelernt. Im Fall des Artensterbens prognostizierte der Weltbiodiversitätsrat der Vereinten Nationen (IPBES) 2019, dass rund eine Million Arten (Pflanzen jetzt immer mitgemeint) in den »kommenden

Es gibt aber noch andere Gründe, warum wir uns bemühen sollten, so viele Arten wie möglich vor dem finalen Verschwinden zu bewahren. Etwa, weil wir keinen Schimmer haben, welcher Nutzen sich für uns noch hinter der schrumpeligsten braunen Kröte oder der blindesten Höhlenassel verbergen könnte. Wer hätte vor 200 Jahren gedacht, dass ein eher eklig wirkender Pinselschimmelpilz uns einmal einen Penicillin genannten Stoff schenken und Abermillionen von Leben retten würde? Die Ausrottung von Arten zu verhindern, gebietet also bereits die reine ökonomische Vernunft, wenn man schon sonst kein Gefühl für ihren Wert hat.

Viele Menschen aber haben genau dieses Wertegefühl durchaus, aus religiösen oder ethischen Gründen oder einfach nur so. Wie eben beim Beutelwolf. Sie spüren, dass diese Tiere schlicht nicht für immer verschwinden sollten. Weil wir sie sehen, weil wir sie unter uns wissen wollen. Wer

Darüber, dass die massenhafte Ausrottung von Arten verhindert werden sollte, herrscht weitgehend Einigkeit. Nur leider folgt daraus bislang nicht viel. Jedenfalls nicht viel Wirksames. Eine Spezies nach der anderen verschwindet, im immer höheren Tempo – Exponentialkurven eben. Die durch den Menschen verursachte Aussterberate liegt, je nach Modell und betrachteter Organismengruppe, um den Faktor 100 bis 10000 über dem »evolutiven Grundrauschen«. Seit dem Jahr 1600 wurden um die 500 Tier- und 700 Pflanzenarten wissenschaftlich als ausgerottet registriert, und die dürften nur den bedeutend kleineren Teil der tatsächlichen Opfer ausmachen, denn bei vielen weniger auffälligen Arten (denken Sie nur mal an Milben, Käfer und Moose) haben wir bislang nicht einmal von ihrer Existenz erfahren, geschweige denn davon, dass diese Existenz durch unser Wirken schon wieder beendet wurde.

Für viele Arten besteht die einzige Hoffnung auf Überleben derzeit darin, dass sie in menschlicher Obhut durch gezielte Zuchtprogramme erhalten werden. Aus dem einfachen Grund, dass es unmöglich sein wird, die Ausrottung in der Natur noch zu verhindern, selbst wenn umgehend strikte Maßnahmen eingeleitet würden – wonach es unglücklicherweise bislang zudem nicht einmal ansatzweise aussieht. Noch geht die Abholzung von Wäldern, das Trockenlegen von Mooren, die Ausbreitung der Wüsten nicht nur ungebremst, sondern sich in hohem Tempo beschleunigend weiter. Umweltgifte, eingeschleppte Invasoren und

Haben wir also schon verloren? Nein! Um beim Beispiel der Korallenriffe zu bleiben: Forscher basteln an vielversprechenden Ansätzen zum Aufbau künstlicher Riffe und der Aufzucht von wärmetoleranteren Korallenarten, mit deren Hilfe man neue Riff-Lebensräume schaffen könnte. Eine

Genau hier aber liegt das Problem. Viele Arten werden ausgerottet sein, ehe eine Rettung in der Natur möglich sein wird. Das lässt sich gar nicht mehr verhindern, egal wie engagiert wir jetzt plötzlich Natur- und Klimaschutz da draußen, also in situ, betreiben würden. Weil natürliche Prozesse nicht von heute auf morgen umkehrbar sind, und weil bei vielen Arten die Zahl der Individuen bereits so stark reduziert ist, dass die Population unter natürlichen Bedingungen keine Chance mehr hat, sich zu erholen – sie sind »funktional ausgestorben«. Zumindest in freier Natur.

Die einzige Rettung für viele Arten wird deshalb darin bestehen, ihnen Asyl in menschlicher Obhut zu gewähren, also ex situ. Solange, bis sie draußen wieder eine Chance haben. Dafür benötigen wir Zoos. Und weil die Ausrottungsraten so schnell ansteigen, bräuchten wir viel mehr Tierhaltungskapazitäten, um wenigstens einen Teil, eine Auswahl besonders bedeutsamer Arten noch zu retten. Anders als beim Beutelwolf vor hundert Jahren haben wir heute in vielen Fällen das Wissen und die Möglichkeiten, bedrohte Tierarten ex situ dauerhaft zu erhalten. Und zwar so zu erhalten, dass man sie in fünfzig, hundert oder zweihundert Jahren in den dann hoffentlich restaurierten und wieder funktionierenden Lebensräumen neu oder zur Unterstützung noch lebender Restbestände ansiedeln könnte. Beispiele dafür gibt es inzwischen viele. Wir stellen in diesem Buch eine ganze Reihe davon mitsamt ihren

Bei anderen Arten dagegen sind noch viele Fragen offen. Wir wissen schlicht noch nicht genug über sie. Dieses für ihre Erhaltung sowohl in situ als auch ex situ unbedingt notwendige Wissen zu sammeln, ist eine weitere Aufgabe, der wir uns stellen müssen. Und zwar rechtzeitig. Auch darüber sprechen wir in diesem Buch.

Woran es im Moment vor allem mangelt, sind Kapazitäten, um viel mehr Arten einen sicheren Unterschlupf bieten zu können. Die bestehenden Zoos sind diesbezüglich längst überlastet. Sie bräuchten erheblich mehr Ressourcen: mehr Geld, mehr Platz, mehr Personal. Wir würden uns sehr wünschen, dass die Mittel dafür von staatlicher Seite zur Verfügung gestellt werden. Aber seien wir ehrlich: Danach sieht es im Moment nicht gerade aus. Jedenfalls nicht in dem Umfang, der erforderlich wäre.

Aber Zoos sind nicht die Einzigen, die sich mit Tieren auskennen. Eine Vielzahl von privaten Enthusiasten beschäftigt sich hingebungsvoll mit der Haltung und Zucht zahlreicher Tierarten. Naturgemäß eher weniger mit Elefanten und Giraffen, sondern dafür mit kleinen Fröschen, Fischen und Finken. Oder Geckos, Asseln und Spinnen. Wo die Liebe eben so hinfällt.

Das Projekt Citizen Conservation wurde vom Berliner Verein Frogs & Friends, einer Art PR-Agentur für Amphibien, dem Verband der Zoologischen Gärten (VdZ) sowie der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT) gegründet. Es verfolgt das Ziel, möglichst viele Erhaltungszuchten in menschlicher Obhut aufzubauen,

Citizen Conservation wurde 2018 gegründet. 2020 wollten wir das Projekt durch eine Kampagne in den Zoos einer breiteren Öffentlichkeit vorstellen. Dann kam ein Virus dazwischen, das dazu führte, dass eine breitere Öffentlichkeit in Zoos keinen Einlass mehr fand. Daher sind wir auf die Idee gekommen, kleine Geschichten über wundersame Tiere zu schreiben, die alle eines gemeinsam haben: Sie drohen, in den nächsten Jahren auszusterben, wenn sie nicht durch ein beherztes Ex-situ-Zuchtprogramm gerettet werden. Oder sie wurden bereits durch die Haltung in menschlicher Obhut gerettet und können heute daher wieder in freier Natur umherstreifen oder -fliegen (und ein paar Sonderfälle haben wir auch vorgestellt). Wir haben eine Reihe von Musikerinnen, Schriftstellern, Schauspielerinnen und

Die Kenntnis, dass viele Tierarten nur durch Ex-situ-Erhaltungszucht gerettet werden konnten, ist nicht weit verbreitet. Die Erkenntnis, dass sie für noch viel mehr Arten die einzige Überlebenschance darstellt, noch viel weniger. Stattdessen wird gefragt, was es denn nütze, wenn eine Art nicht mehr in der Natur, sondern nur noch hinter Glas lebe? Wir antworten darauf stets, dass es darum geht, Optionen für die Zukunft zu erhalten. Die Option etwa, später einmal Arten in wiederhergestellten oder gesicherten Lebensräumen neu anzusiedeln. Ob das möglich sein wird, muss sich zeigen. Ist die Art erst einmal verschwunden, gibt es diese Option jedenfalls nicht mehr. Und ob das Zusammenklonen einst ausgestorbener Arten wirklich eine Alternative sein wird, ist mindestens ungewiss.

Zum anderen erzählen diese Tiere uns ihre Geschichten.

Und schließlich ist der Erhalt einer Art auch als reiner Selbstzweck sinnvoll und lohnend. Wäre die Welt nicht einfach ein kleines bisschen besser, wenn wir die Möglichkeit hätten, wenigstens im Zoo auch heute noch den Beutelwolf sehen zu können? Also, wir jedenfalls finden: Doch, doch!

Ach, dieses Macho-Gehabe! Da kann man gendern, was das Zeug hält, Sternchen oder Binnen-Is setzen, wie man mag, oder, so wie wir in diesem Buch, mal das generische Maskulinum mit dem generischen Femininum lustig hin und her wechseln lassen, und dann pfeift halt doch wieder der nächste Typ hemmungslos einer vorbeigehenden Frau hinterher und macht auf dicke Hose. Der Mensch neigt trotz tausender Jahre Zivilisationsgeschichte immer noch zum Gockelhaften, um nicht zu sagen: zum Prachtguramihaften.

Bei Alfreds Prachtgurami jedenfalls wird noch gänzlich vom Feminismus unverdorben geworben, gebalzt und geposed. Mit Saisonbeginn suchen sich die Männchen der mit etwa 3,5 Zentimetern Länge winzigen Fischlein eine möglichst schicke Bleibe, also beispielsweise eine Höhle, die durch Falllaub gebildet wird, oder einen Hohlraum unter einer Wurzel. Wären sie Menschen, stellten sie sich jetzt wohl breitbeinig vor ihren Angeberschuppen. Weil sie aber Fische sind, machen sie es eben breitflossig. Dabei hilft ihnen eine anatomische Besonderheit. Ihre Rücken- und Afterflossen sind auffällig lang, weisen ungewöhnlich viele Knochenstrahlen auf und können bei Erregung aufgespreizt werden.

Ebenfalls ähnlich wie im Hiphop fängt das Männchen jetzt an, seltsame Zuckungen vorzuführen. Es neigt den Kopf um mehr als 45 Grad nach unten und zittert mit dem ganzen Körper. Dabei geht es natürlich wie immer darum, die Bitch zu sich nach Hause zu locken. Über alles Weitere wollen wir hier mal diskret hinweggehen, denn was in den eigenen vier Höhlenwänden passiert, ist ja letztlich Privatsache. Wir sagen nur so viel: Umschlingungen! Scheinpaarungen! Laichstarre! Senkeier! Schaumnest! Den Rest überlassen wir Ihrer Fantasie. Am Ende kleben dann jedenfalls befruchtete Eier an der Wand. Im Grunde also alles wie beim Menschen.

Diese ganzen faszinierenden Verhaltensabläufe kann man im Aquarium gut beobachten. Wie es aussieht, allerdings wohl auch nur noch dort. Denn in freier Natur scheint Alfreds Prachtgurami seit ein paar Jahren ausgerottet zu sein. 2005 wurde er überhaupt erstmals wissenschaftlich beschrieben, Fundort war ein einziger Bachabschnitt im Torfmoorwald Westmalaysias. Ein womöglich letzter Nachweis gelang dort 2016, doch als Fischfreunde später zurückkehrten, fanden sie statt eines Schwarzwasser-Urwaldbaches nur noch einen zugeschlammten Wasserlauf inmitten von Palmölplantagen.

Prachtguramis bilden eine Gruppe von etwa 20 hochspezialisierten Arten, die sich an die extremen Bedingungen in Torfmoorwäldern angepasst haben. Wie bei uns entstehen auch in Südostasien Moore in wassergesättigter Umgebung, in der mehr pflanzliches Material anfällt als abgebaut werden kann. Anders als bei uns werden sie in Südostasien von Wald bestanden. Dessen reichliche Pflanzenreste bilden das Torf, und weil halt immer mehr dazukommt, wächst das Moor beständig in die Höhe – bis zu 20 Meter hohe Torfschichten sind möglich. Das halb verrottete organische Material bildet Huminsäuren, die für ein stark saures Milieu sorgen, was Mikroorganismen hemmt und somit dafür

Unglücklichweise aber gedeihen dort, wo Torfmoorwälder wachsen, auch Ölpalmplantagen besonders gut. Der internationale Markt für Palmöl ist in den vergangenen Jahrzehnten geradezu explodiert. Praktisch überall findet es Verwendung, von Biodiesel über Waschmittel bis zu Margarine und Nutella. Um Platz für neue Ölpalmplantagen zu schaffen, werden großflächig Torfmoorwälder gerodet und entwässert. Das ist zum einen natürlich für die zahlreichen Arten ein Problem, die in diesen Wäldern leben – unter ihnen als echter Promi der Orang-Utan. Zum anderen schadet diese Entwicklung dem globalen Klima, denn trockene Torfböden zählen weltweit zu den Hauptquellen für Treibhausgase, während nasse Torfböden der Atmosphäre Treibhausgabe entziehen. Torfbrände, die in trockengelegten Mooren schnell katastrophale Ausmaße annehmen, bedrohen überdies Leib und Leben der Menschen in Südostasien und führen zu Destabilisierung und Massenflucht aus ganzen Landstrichen.

Mit der Abholzung ändern sich natürlich auch die Bedingungen in den Bächen: Besonnung, Wasserchemie, Strömungsverhältnisse – nichts ist mehr so, wie es war. Alfreds Prachtgurami aber hat sich nun einmal an die speziellen Umweltbedingungen angepasst, die sein guter, alter Torfmoorwaldbach ihm über Jahrtausende geboten hat. Nun ist er verschwunden.

Und jetzt ganz zum Schluss können wir es ja verraten: Den Namen Alfreds Prachtgurami haben wir uns schlicht ausgedacht. Etwas so Triviales wie einen Trivialnamen hat