Käthe Kollwitz

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rowohlts monographien

 

begründet von Kurt Kusenberg

 

herausgegeben von Uwe Naumann

 

Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Hamburg, Oktober 2021

Copyright © 1981 by Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg

Für das E-Book wurde die Bibliographie aktualisiert, Stand: Oktober 2021

 

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Redaktionsassistenz Katrin Finkemeier

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Coverabbildung bpk/LWL-Museum für Kunst und Kultur, Münster/Sabine Ahlbrand-Dornseif (Selbstbildnis, Lithographie von 1924)

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ISBN 978-3-644-01262-2

www.rowohlt.de

 

Alle angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Printausgabe.

ISBN 978-3-644-01262-2

Anmerkungen

Bei Goya sind jedoch, im Gegensatz zu Käthe Kollwitz, die Titel und Bildtexte zu seinen graphischen Blättern wesentlich: in ihrer Ambivalenz vertiefen sie Goyas «gemalte Dialektik» (s. Gwyn A. Williams: «Goya». Reinbek 1978. S. 197). 1925 gab der Reissner Verlag, Dresden, «Das Käthe-Kollwitz-Werk» (mit einer Einführung von Arthur Bonus) heraus, in dem die Bildtitel in der eigenhändigen Schrift von Käthe Kollwitz faksimiliert sind. Jeep, die Frau von Arthur Bonus und Freundin von Käthe Kollwitz, erzählt in ihren Erinnerungen: «Auf eine Frage meines Mannes um nähere Bezeichnung ihrer Blätter sagt sie: Genaue Bezeichnung kann ich nicht geben. Es kommt immer wieder auf ‹Abschied und Tod› heraus.» (Beate Bonus-Jeep: «Sechzig Jahre Freundschaft mit Käthe Kollwitz». Bremen 1963. S. 222)

Unsere Zitate aus Briefen und Tagebuch sind, soweit sie veröffentlicht worden sind, der von Hans Kollwitz herausgegebenen Auswahl entnommen: Käthe Kollwitz, Aus meinem Leben. München 1957 (zuerst bei Gebrüder Mann 1948 erschienen). Weitere Passagen, die in unserer Monographie wohl den größten Anteil haben, sind nach den noch unveröffentlichten Teilen der Tagebücher zitiert, die in der Akademie der Künste in West-Berlin deponiert sind.

Über Käthe Kollwitz in Frankreich s. den Katalog «Paris bezauberte mich …» Käthe Kollwitz und die französische Moderne, Käthe Kollwitz Museum Köln, 2010. Die französische Ausgabe der Tagebücher gab Sylvie Doizelet 2018 heraus.

Noch bei zwei anderen Künstlern haben die Selbstbildnisse und der autobiographische Zug eine ähnliche Bedeutung, und zwar bei Ferdinand Hodler und bei Max Beckmann. S. Jura Brüschweiler, «Ferdinand Hodler, Selbstbildnisse als Selbstbiographie», Bern 1979, Fritz Erpel, «Max Beckmann, Leben im Werk, Die Selbstbildnisse», München und Berlin 1985 und Hildegard Zenser, «Max Beckmann Selbstbildnisse», München 1985

Wir denken hier vor allem an die vervielfältigten Selbstbildnisse – ob als Steindruck, als Radierung oder als Holzschnitt –, weniger an die gezeichneten Selbstporträts, die intimer und nackter im Erfassen ihrer selbst sind. Für einen entgegengesetzten Standpunkt s. Sigmar Holsten in Katalog der Ausstellung «Das Bild der Künstler. Selbstdarstellungen». Hamburg 1978. S. 57

Otto Nagel: «Käthe Kollwitz, die Selbstbildnisse». Berlin 1965, und Peter H. Feist: «Die Bedeutung der Arbeiterklasse für den Realismus von Käthe Kollwitz» in: «Künstler, Kunstwerk und Gesellschaft». Dresden 1978. S. 212

Den Durchbruch zur Anerkennung des künstlerischen Ranges der Zeichnerin Käthe Kollwitz leistete Gunther Thiem mit seiner Ausstellung zum 100. Geburtstag der Künstlerin: «Die Zeichnerin Käthe Kollwitz», Stuttgart 1967. Ihm war Herbert Bittner in Amerika vorausgegangen («Käthe Kollwitz, Drawings», New York 1959); und es folgte, nach langjähriger Arbeit, der wissenschaftliche Katalog des zeichnerischen Œuvres, der 1300 Zeichnungen erfasst: Otto Nagel und Werner Timm, «Käthe Kollwitz, Die Handzeichnungen». Berlin 1972

Max Klinger an Alexander Hummel den 12. Juni 1901: «Die Sinnlichkeit ist ein Grundpfeiler alles künstlerischen Wesens» (H.W. Singer: «Briefe von Max Klinger aus den Jahren 1874 bis 1919». Leipzig 1924. S. 145). Eduard Fuchs geht am weitesten in dieser Richtung: «Das Wesen der Kunst ist: die Sinnlichkeit. Kunst ist Sinnlichkeit. Und zwar Sinnlichkeit in potenziertester Form. Kunst ist Form gewordene, sichtbar gewordene Sinnlichkeit, und sie ist zugleich die höchste und edelste Form der Sinnlichkeit.» (In: «Geschichte der erotischen Kunst» Bd. 1/1923. S. 61) Nicht überraschend, dass sich Fuchs Daumier widmete, der Käthe Kollwitz nahe stand (s. Anm. 35).

Diese Fragestellung läuft dem gegenwärtigen feministischen Trend zuwider, der das Spezifisch-Weibliche negiert und nur das historisch und gesellschaftlich Bedingte in der Kunst der Frauen akzeptiert (die widrigen Umstände, usw.); s. den Katalog der wichtigen Ausstellung «Women Artists: 1550–1950». Los Angeles, County Museum of Art 1976, S. 65–67

Wir besitzen von Käthe Kollwitz großformatige, kräftige Zeichnungen, die sie ihre «Secreta» nannte: erotische Zeichnungen, von denen sie selber nicht wusste, was nach ihrem Tod mit ihnen geschehen solle. In ihren Erinnerungen schreibt sie rückblickend zu diesem Thema: … daß, wenn auch die Hinneigung zum männlichen Geschlecht die vorherrschende war, ich doch wiederholt auch eine Hinneigung zu meinem eigenen Geschlecht empfunden habe, die ich mir meist erst später richtig zu deuten verstand. Ich glaube auch, daß Bisexualität für künstlerisches Tun fast notwendige Grundlage ist, daß jedenfalls der Einschlag M. in mir meiner Arbeit förderlich war. (Aus meinem Leben, S. 28)

Aus meinem Leben. München 1957. S. 19–42 (woraus wir im Folgenden zitieren werden)

S. Georg Paga: «Julius Rupp zum Säkulartag seiner Geburt am 13. August 1909». In: Käthe Kollwitz, Tagebücher und Briefe. Hg. von Hans Kollwitz. Berlin 1949. Aus eben diesem Anlass hat auch Käthe Kollwitz ihre erste plastische Arbeit geschaffen: das Porträtrelief für das Denkmal des Großvaters. Es trägt die Inschrift: «Wer nach der Wahrheit, die er bekennt, nicht lebt, ist der gefährlichste Feind der Wahrheit selbst», und befand sich ehemals gegenüber dem früheren Wohnhaus von Julius Rupp, Pauperplatz in Königsberg. Laut Harald Isenstein soll wiederum auf Rupps Grabstein die Inschrift gestanden haben: «Der Mensch ist nicht dazu da, glücklich zu sein, sondern daß er seine Pflicht erfülle». Beide Sinnsprüche sind charakteristisch für Julius Rupp und die Familientradition. Übrigens gibt es in der Aszendenz von Käthe Kollwitz Henkerahnen, und zwar nicht weniger als fünf Scharfrichter aus dem bekannten Geschlecht der Schottmann. Julius Rupp heiratete eine Enkelin des letzten Tilsiter Scharfrichters Schottmann. Über diese «Beimischung scharfrichterlichen Blutes» s. «Altpreußische Geschlechterkunde», Bd. I, 1927–29: «Käthe Kollwitz und das Geheimnis der Vererbung» von Carl Schulz.

Ebd., S. 177

Zit.n. der 9. Auflage Stuttgart 1891, S. 117

Briefe der Freundschaft und Begegnungen. München 1966. S. 150

S. F. Mehring: «Geschichte der deutschen Sozialdemokratie» zweiter Teil. Gesammelte Schriften Bd. 2. Berlin 1960. S. 578

Dieses und folgende Zitate sind der Fortsetzung der Erinnerungen entnommen: Rückblick auf frühere Zeit, die sie 1941 für Sohn Hans aufgeschrieben hat. Abgedruckt in Aus meinem Leben, a.a.O., S. 43–54.

Lenka von Körber in «Erlebtes mit Käthe Kollwitz» (Berlin 1957, S. 26) rückt diesen ersten Aufenthalt fern von Zuhause in seine damalige Perspektive: «Was es Mitte der achtziger Jahre bedeutete für ein siebzehnjähriges Mädchen, vom Vater nach Berlin geschickt zu werden, dort in einer Pension leben zu dürfen und Malerei zu studieren, kann man sich heute kaum vorstellen. Zu einer Zeit, da die Töchter bürgerlicher Familien nur heiraten konnten, blieb es den fortschrittlichsten Eltern vorbehalten, ihren Töchtern einen Weg zur Ausbildung ihrer Fähigkeiten zu bahnen.»

Das Buch von Beate Bonus-Jeep: «Sechzig Jahre Freundschaft mit Käthe Kollwitz», enthält lebendige Erinnerungen gerade aus dieser gemeinsamen Studienzeit in München. Im Übrigen sind diese Erinnerungen, die viele, leider undatierte Briefe von Käthe Kollwitz enthalten, zwar äußerst wertvoll, aber im Rückblick wohl ein wenig beschönigend. Jeep taucht im Tagebuch von Käthe Kollwitz nur sehr selten auf, gefällt ihr jedoch im Alter noch mehr als früher (Juni 1921).

Briefe der Freundschaft, S. 137

Ebd., S. 142

Körber: «Erlebtes mit Käthe Kollwitz», a.a.O., S. 29

Aus meinem Leben, S. 206

Ebd., S. 211

S. Heinrich Vogeler: «Das Neue Leben, Schriften zur proletarischen Revolution und Kunst». Hg. von D. Pforte. Darmstadt 1973. S. 245. Vogeler über Vogeler: «Aber nicht das Leben selbst scheuchte ihn auf, sondern die künstlerische Widerspiegelung des Lebens in der Literatur: er las, zuerst widerstrebend, gequält, dann erschüttert und zuletzt voller Gier – Maxim Gorki. Erst ihm glaubte er, daß es außer seiner guten Traumwelt noch eine andere Welt gab, in der gute Menschen unter Unmenschlichem schuldlos litten.»

S. Ursula Münchow: «Deutscher Naturalismus». Berlin 1968. S. 99

S. Richard Hamann und Jost Hermand: «Epochen deutscher Kultur von 1870 bis zur Gegenwart» Bd. 2 «Naturalismus». München 1976. S. 203

S. Julius Elias in «Kunst und Künstler» Jg. 15/1916/17, wiederabgedruckt in der hervorragenden Edition «Kunst und Künstler», aus 32 Jahrgängen einer deutschen Kunstzeitschrift, hg. von Günter Feist, Berlin 1971, S. 233f: «Hauptmann, als er die Blätter zum ersten Mal sah, war, wie er sich später ausdrückte, ‹ein wenig enttäuscht›; er fand darin nicht den ‹vollen Bezug auf seine Dichtung›. Es war sein Dichterrecht, so zu denken, denn was er erwartet hatte, war wohl eine Art kongenial illustrierender Handschrift. Aber auch die Graphikerin war in ihrem Recht, als sie sich innerlich loslöste von der literarischen Stofflichkeit des Werkes und, in freien Erfindungen, sich Angeschautes und Durchlebtes von der Seele schrieb. Nichts anderes als eine erste Anregung ging von Hauptmanns Weberdrama aus, der Funke, der schlummernde Kräfte der Gestaltung explosiv befreite.»

Und dies sowohl im Osten wie im Westen. 1913 gab der «Kunstwart» bei Georg D.W. Callwey in München eine Kollwitz-Mappe heraus mit Faksimile-Drucken des Weberaufstands und einer Einführung von Avenarius, die die Verbreitung und Volkstümlichkeit des Werks der Künstlerin begünstigt hat. Mit dem Weberaufstand ist Käthe Kollwitz auch in den «Werkmonographien zur Bildenden Kunst» in Reclams Universal-Bibliothek vertreten.

Wolfgang Fischer im Katalog der Kollwitz/Barlach-Ausstellung der Marlborough Galerie, London Nov./Dez. 1967

S. Bertolt Brecht: «Über Realismus». Frankfurt a.M. 1975. S. 159: «Historisch bedeutsam (typisch) sind Menschen und Geschehnisse, die nicht die durchschnittlich häufigsten oder am meisten in die Augen fallenden sein mögen, die aber für die Entwicklungsprozesse der Gesellschaft entscheidend sind.»

Otto Nagel: «Käthe Kollwitz». Dresden 1963. S. 25

S. Curt Glaser: «Die Geschichte der Berliner Sezession» in: «Kunst und Künstler» 1927/28, in der Ausgabe von G. Feist, Berlin 1971, S. 278f; auch Peter Paret: «Die Berliner Sezession, Moderne Kunst und ihre Feinde im kaiserlichen Deutschland». Berlin 1981

Martha Kearns: «Käthe Kollwitz, woman and artist». New York 1976. S. 146. Das Wort von Käthe Kollwitz ist eine Betrachtung vom 28. August 1921 aus Anlass der Geburt eines vierten Mädchens in der Familie Goesch und geht folgendermaßen weiter: Aber es braucht ja auch kein Goethe zu sein, eine Lagerlöf – Ricarda Huch sind doch auch was wert … Wer weiß was die Frauen der nächsten Generation leisten werden?

Brief von Arthur Bonus, August 1921, in Aus meinem Leben, S. 170. Die Bauernkrieg-Folge entstand im Auftrag der «Verbindung für historische Kunst» und erschien 1908 als dessen Vereinsgabe. Die einzelnen Blätter waren jedoch schon vor Beendigung des gesamten Zyklus im Handel zu kriegen. Eine zweite Auflage vom Bauernkrieg wurde 1921 vom Emil Richter Verlag, Dresden herausgegeben.

Zit.n. dem wichtigen Katalog der Käthe Kollwitz-Ausstellung, Berlin 1974, NGBK, der das gesellschaftskritische Moment besonders hervorhebt.

Eduard Fuchs: «Der Maler Daumier». München 1930. S. 28

Briefe der Freundschaft, S. 135

Aus meinem Leben, S. 110 (Tagebuch 13.12.1922)

Die erste Buch-Ausgabe von «Die Mutter» ist im Juni 1907 im Verlag Ladyschnikov in Berlin erschienen, sowohl auf russisch wie auf deutsch. Das sozialistische Blatt «Vorwärts», bei dem der Bruder von Käthe Kollwitz, Konrad Schmidt, Redakteur war, brachte dann zwischen Juli und Oktober 1907 Gorkis Roman in Fortsetzungen, genau zu der Zeit, als Käthe Kollwitz aus Italien heimgekehrt war und sich wieder an ihren Bauernkrieg machte. Drei der sieben Blätter des Zyklus sind nach Italien entstanden: Vergewaltigt, Schlachtfeld und Die Gefangenen.

Käthe Kollwitz zu Sohn Hans, in Briefe der Freundschaft, S. 135

Erste Veröffentlichung dieses Nachrufs im Katalog «Auguste Rodin», Nationalgalerie Berlin 1979: Elmar Jansen, «Rückblick auf Rodin».

Paula Modersohn-Becker: «Briefe und Tagebuchblätter». München 1957. S. 101

S. Wilhelm Uhde: «Von Bismarck bis Picasso», Erinnerungen und Bekenntnisse. Zürich 1938. S. 119. In ihrem «Rückblick» spricht Käthe Kollwitz irrtümlicherweise von Hermann Uhde.

S. Kenneth Clark: «Rembrandt and the Italian Renaissance». New York 1966

Aus meinem Leben, S. 137f

Vgl. diese Tagebucheintragung vom 1. November 1925: Bahr spricht in einem Aufsatz über Stifter sehr gut aus, was mir das Wesentliche im Kunstwerk zu sein scheint. Er sagt: Stifter wäre als Maler treu bemüht gewesen, entweder Erfahrung zu der ihr einwohnenden Idee zu steigern oder Idee, wenn er eine mit seinem inneren Auge zu erblicken meinte, nicht als bloßen Reiz auf sich wirken zu lassen, sondern ihrer tiefsten Sehnsucht, der nach Verwirklichung, zu genügen.

Bonus-Jeep, a.a.O., S. 292

Aus meinem Leben, S. 53

Ebd., S. 53

Vgl. Käthe Kollwitz: Als er (Peter) sieben Jahre alt war und ich die Radierung machte «die Frau mit dem toten Kinde» zeichnete ich mich selbst ihn im Arm haltend im Spiegel. Das war sehr anstrengend, und ich mußte stöhnen. Da sagte sein Kinderstimmchen tröstend: sei man still, Mutter, es wird auch sehr schön. (Zit. n. Nagel, a.a.O., S. 21.) Dieses Werk entstand im thematischen Umkreis des Bauernkriegs und ist mitangeregt worden durch eine schwere Krankheit des älteren Sohnes Hans, um den die Mutter damals gebangt hat.

Bonus-Jeep, a.a.O., S. 103

Briefe der Freundschaft, S. 144

In ihren Erinnerungen schildert sie den schlimmsten ihrer Kinderträume: Ich liege in der halbdunklen Kinderstube in meinem Bett. Nebenan sitzt die Mutter am Tisch bei der Hängelampe und liest. Ich sehe nur den Rücken durch die angelehnte Tür. In der Ecke der Kinderstube liegt ein großes zusammengerolltes Schiffstau. Es fängt an, sich auszudehnen, aufzurollen und lautlos die ganze Stube zu füllen. Ich will die Mutter rufen und kann nicht. Das graue Seil füllt alles aus. (Aus meinem Leben, S. 25)

An den zahlreichen Träumen nach Peters Tod können wir beispielhaft die «Arbeit der Trauer» verfolgen. Gelegentlich schreibt sie auch einen komischen Traum auf wie folgenden Ende 1933: Ich gehörte der nordischen Edelrasse an u. diese verpflichtete mich zu vielerlei kühnen Taten. So sprach ich öffentlich in einer Studentenversammlung. Wachte immer vor Anstrengung auf u. mußte die Sache immer wieder weiterträumen. Am Morgen ganz gerädert.

Elias Canetti: «Das Gewissen der Worte». München 1978. S. 50

Bodo Uhse in Einführung zu «Käthe Kollwitz, Tagebücher und Briefe». Berlin 1964. S. 12

Bonus-Jeep, a.a.O., S. 101

S. Franz-Joachim Verspohl in «Autonomie der Kunst, zur Genese und Kritik einer bürgerlichen Kategorie». Frankfurt a.M. 1974. S. 224f

Gerhard Strauß: «Käthe Kollwitz». Dresden 1950. S. 8

Briefe der Freundschaft, S. 95

Bonus-Jeep, a.a.O., S. 133

Briefe der Freundschaft, S. 100

So ist auch Käthe Kollwitz in ihrem Selbstgespräch viel mitteilsamer als in ihren Briefen. Das Tagebuch ist das große menschliche Dokument.

Canetti, a.a.O., S. 56

«The Diary and Letters of Käthe Kollwitz», edited by Hans Kollwitz, translated by Richard and Clara Winston. Chicago 1955

In «Sozialistische Monatshefte», 1917, Nr. 9, S. 499f

Das ist der Tag ist durchgestrichen und darüber steht: An diesem Tag war es wohl auch. Die Erschütterung scheint derart gewesen zu sein, dass Käthe Kollwitz nur mit etwas Abstand das Geschehen dieser Tage hat aufschreiben können.

Am 1. Oktober 1914 fasste Käthe Kollwitz den Entschluss zu einem Denkmal auf den Höhen von Schildhorn: Das Denkmal soll Peters Gestalt haben, ausgestreckt liegend, den Vater zu Häupten, die Mutter zu Füßen, es soll dem Opfertod der jungen Kriegsfreiwilligen gelten.

Von dem Denkmal für Sohn Peter, das viele Wandlungen durchgemacht hat, spricht Käthe Kollwitz immer nur als von «der» Arbeit.

Zum 50. Geburtstag von Käthe Kollwitz wurden verschiedene Ausstellungen veranstaltet, darunter eine erste Ausstellung in ihrer Heimatstadt Königsberg, eine Jubiläumsausstellung der Berliner Secession und eine Sonderausstellung der Kunsthalle Bremen. Die Paul Cassirer-Schau mit über 200 Radierungen, Lithographien und Zeichnungen war jedoch die wichtigste. Im Tagebuch steht: Der Erfolg der Ausstellung war groß … Bleiben meine Arbeiten so in ihrer Wirkung – auch nach Jahrzehnten – ja, dann habe ich sehr viel erreicht.

Gemeint ist «Le Feu» (1916), das «nachhaltigste Volksbuch» (H. Mann), das der Erste Weltkrieg hinterlassen hat: «Reine Dichtung, die menschliche Stimme – aus dem Schützengraben, seinem Schmutz, Todesqualm, seinem Lebensgefühl, das nichts mehr hergab, außer Angst vor dem Ende, oder Schlauheit, um ihm zu entgehen, oder ungeduldiges Verlangen nach ihm. ‹Das darf doch nicht wiederkommen›, sprach Briand und wurde der schöne, vertrauenswürdige Illusionist. Das darf doch nicht wiederkommen: dafür ging Barbusse nach Moskau.» (Heinrich Mann: «Ein Zeitalter wird besichtigt». Reinbek 1976. S. 266) Der an Tuberkulose erkrankte Barbusse war als Freiwilliger an die Front gegangen und hat schon 1915 diese Schreckensvisionen aufgeschrieben. Nach dem Krieg hat er als Sozialist und später als Kommunist für den Frieden gekämpft. «Das Feuer» ist in Millionenauflage in über 60 Sprachen verbreitet worden.

Bonus-Jeep, a.a.O., S. 239

Die Gräber und die Eltern-Figuren vom Roggenfelder Friedhof sind 1955 auf den Soldatenfriedhof von Vladsloo-Praedbosch überführt worden.

Bonus-Jeep, a.a.O., S. 241

Gustav Janouch: «Gespräche mit Kafka». Frankfurt a.M. 1951. S. 59

Dieser Brief wurde in extenso, als Vorwort, in «Das Käthe Kollwitz-Werk» (Carl Reissner Verlag, Dresden 1925, 1930) abgedruckt.

Eine Wiederholung der Eltern wurde in den fünfziger Jahren in dem Atelier von Mataré in Stein gehauen und 1959 in der Ruine der St. Albans-Kirche in Köln aufgestellt: hier stehen die Figuren ohne Postament und entgegen dem ursprünglichen Willen von Käthe Kollwitz einander zugewandt.

Janouch, a.a.O., S. 91

Briefe der Freundschaft, S. 56

Am 22. Oktober 1918 brachte das Berliner Volksblatt «Vorwärts», das Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, einen Appell von Richard Dehmel für ein letztes Aufgebot von Freiwilligen: «An der Front dürfen nur noch Männer stehen, die in der Tat lieber sterben wollen als einen schmachvollen Frieden erleben.» Hiergegen wendet sich Käthe Kollwitz – es ist ihre erste öffentliche Stellungnahme gegen den Krieg – in einer Entgegnung «An Richard Dehmel», die der «Vorwärts» vom 28. Oktober 1918 bringt und von der «Voss» übernommen wird. Diese Entgegnung endet mit den Worten: Es ist genug gestorben! Keiner darf mehr fallen! Ich berufe mich gegen Richard Dehmel auf einen Größeren, welcher sagte: «Saatfrüchte sollen nicht vermahlen werden.»

Dies schrieb Felix Stiemer über Holzschnitte von Felixmüller in «Schöne Rarität», Juni 1918, zit.n. R. Hamann und J. Hermand: «Epochen deutscher Kultur» Bd. 5: Expressionismus. München 1976. S. 13

Briefe der Freundschaft, S. 30

Janouch, a.a.O., S. 53

Tagebuch von Hans Kollwitz (12. Oktober 1920) in Briefe der Freundschaft, S. 135

Sergej Tretjakov: «Die Arbeit des Schriftstellers». Reinbek 1972. S. 47f

Tagebuch von Hans Kollwitz, a.a.O.

Siehe den Katalog der Ausstellung «Revolution und Realismus», Revolutionäre Kunst in Deutschland 1917 bis 1933. Berlin 1978/79

S. die wertvolle Dokumentation ebd. S. 115f

Otto Nagel: «Käthe Kollwitz». Dresden 1963. S. 48

Ebd., S. 81

S. den Katalog «Holzschnitt in China», Zeitgenössische Graphik aus der Volksrepublik China. Ausstellung der Gesellschaft für Verständigung und Freundschaft mit China. Berlin 1976 – Im Herbst 1979 fand eine große Käthe Kollwitz-Ausstellung in Peking, im «Arbeiterkulturpalast», statt. Die Künstlerin wurde von Vizekulturminister Zhou Erfu als Vorbild für die chinesischen Künstler der Gegenwart gepriesen.

A. Lunatscharski: «Die Revolution und die Kunst». Dresden 1962. S. 104

Die Akademie der Künste unter der Präsidenz von Max Liebermann hatte für diesen Posten eine Liste von vier Namen aufgestellt: Frau Kollwitz, Emil Orlik, Ludwig Dettmann und Max Pechstein. Der Preußische Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung Adolf Grimme entschied sich zugunsten von Käthe Kollwitz, deren «Besoldungsdienstalter», wie es in der Beamtensprache heißt, auf den 1. April 1928 festgesetzt wird.

Aus meinem Leben, S. 179

1932, zum 65. Geburtstag von Käthe Kollwitz, wurde in Moskau und Leningrad eine umfassende Präsentation des Werks der Künstlerin veranstaltet, eine Ausstellung, die Otto Nagel organisiert und nach Russland begleitet hat. Da die Ausstellung mit dem fünfzehnjährigen Bestehen der Sowjetunion zusammenfiel, hatte Käthe Kollwitz zu diesem Anlass die große Lithographie Wir schützen die Sowjetunion geschaffen, die sie als Geschenk mitschickte.

Nach Alfred Kantorowics: «Portraits – Deutsche Schicksale». Berlin 1949. S. 34, zit. in «Ossietzky» von Kurt R. Grossmann. München 1963. S. 348

Aus meinem Leben, S. 180

Ebd., S. 181

Die Künstler des Atelierhauses in der Klosterstraße, Berlin, wo auch Käthe Kollwitz arbeitete, hatten im eigenen Gebäude eine Ausstellung organisiert.

S. Nagel, a.a.O., S. 76

Diese Nummern von «Das Schwarze Korps» befinden sich unter ihren persönlichen Papieren im Käthe-Kollwitz-Archiv, in der Akademie der Künste, Berlin. Die Angabe über das Datum von Tucholskys Tod ist irrig: er nahm sich am 21. Dezember 1935 das Leben.

«Das Wort», Literarische Monatsschrift 1936 bis 1939, erschien in Moskau, Redaktion Bertolt Brecht, Lion Feuchtwanger, Willi Bredel. Neudruck in 2 Bänden: Zürich 1969. 1938 I/3, S. 74

Abgedruckt in der ersten deutschen Ausgabe von Lu Hsün: «Der Einsturz der Lei-feng-Pagode». Essays über Literatur und Revolution in China. Reinbek 1973. S. 180

Aus der Einführung in den Katalog der Käthe Kollwitz-Gedächtnisausstellung, Magistrat der Stadt Berlin 1945

Die Käthe Kollwitz-Plastikmappe, die 1967 im Christian Wegner Verlag in Hamburg erschien, enthält gute Fotografien aller vorhandenen und auch von verlorengegangenen Plastiken, ist jedoch keine wissenschaftliche Publikation. Bis auf das Elternmal, zwei in Stein gehauenen Grabplatten und der großen Muttergruppe, von der es sowohl Bronze wie Gipsabgüsse gibt, befinden sich sämtliche Plastiken im Kollwitz’schen Familienbesitz. Von den meisten dieser Plastiken kleinen oder mittleren Formates gibt es verschiedene Güsse, die in der berühmten Gießerei von Hermann Noack in Berlin hergestellt wurden, wo auch noch heute die verstaubten Hohlformen von Kollwitz-Plastiken stehen. Eine Übersicht über Zahl und Qualität dieser Plastiken, sei es in Museums-, in Privatbesitz oder im Kunsthandel, ist bei dem heutigen Stand der Forschung nicht möglich.

Aus meinem Leben, S. 182

Nagel, a.a.O., S. 75

S. Briefe der Freundschaft, S. 86

Einige Hinweise in der Studie von Harald Isenstein: «Käthe Kollwitz und Ernst Barlach» (Kopenhagen 1967) und Elmar Jansen: «Zur Studienzeit Ernst Barlachs in Dresden mit einer Nachbemerkung zum Verhältnis von Käthe Kollwitz und Ernst Barlach» in «Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität zu Berlin» 1968, 5, S. 756f

S. Katalog «Auguste Rodin», Nationalgalerie Berlin 1979, S. 52. Hier veröffentlicht Elmar Jansen zum ersten Mal den kurzen Nachruf, den Käthe Kollwitz nach Barlachs Tod 1938 schrieb.

1972, S. 323. Das Gussmodell des Güstrower Engels konnte von Freunden Barlachs gerettet werden. Aus Sicherheitsgründen wurde 1942 ein zweiter Guss in Auftrag gegeben, der seit 1952 in der Antoniter-Kirche in Köln hängt. Ein dritter davon abgenommener Guss ist wieder an Ort und Stelle in Güstrow angebracht worden.

Reinhard Piper: «Mein Leben als Verleger». München 1964. S. 421

Siegmar Holsten in dem Katalog «Das Bild des Künstlers». Hamburg 1978. S. 78

Briefe der Freundschaft, S. 109

Aus meinem Leben, S. 194

Ebd., S. 198

Von der Zerstörung Dresdens im Februar 1945 finden wir bei Käthe Kollwitz kein Echo – von diesem schlimmsten aller Kriegsangriffe, der dem greisen Gerhart Hauptmann diesen letzten Herzensschrei entriss: «Ich stehe am Ausgangstor des Lebens und beneide alle meine toten Geisteskameraden, denen dieses Erlebnis erspart geblieben ist. Ich weine. Man stoße sich nicht an dem Wort weinen: die größten Helden des Altertums, darunter Perikles und andere, haben sich seiner nicht geschämt … Ich bin nahezu dreiundachtzig Jahre alt und stehe mit meinem Vermächtnis vor Gott, das leider machtlos ist und nur aus dem Herzen kommt: es ist die Bitte, Gott möge die Menschen mehr lieben, läutern und klären zu ihrem Heil als bisher.»

Über die Implikationen des Fortschrittsgedankens in der Kunst s. Ernst H. Gombrich: «Kunst und Fortschritt». Köln 1978

Der französische Kunstkritiker Marcelin Pleynet hat verschiedentlich auf diese Situation und ihre Folgen hingewiesen, u.a. in der Zeitschrift «Documents Sur» 1 (1978), S. 5

S. R.M. Rilke: «Briefe über Cézanne» aus dem Jahre 1907 und Peter Handke: «Die Lehre der Sainte-Victoire» (1980)

In dem Aufsatz «Die Jüngsten» in «Kunst und Künstler», Jg. II/1912/13, in der genannten Auswahl von Günther Feist S. 176f

Wesen und Wirkung der Kunst von Käthe Kollwitz

«… so ist auch der Wert aller Meisterwerke bedingt durch den verwandten, ihnen gewachsenen Geist, zu dem sie reden.»

Arthur Schopenhauer

Mitweinen, mitfühlen, mitkämpfen, mitnötig sein: Nichts kennzeichnet den Menschen Käthe Kollwitz und das Werk besser als diese emotionale und auf Gemeinsamkeit zielende Präposition «mit». Käthe Kollwitz wollte wirken, nicht um des Erfolges willen, sondern aus innerer Notwendigkeit heraus und um einzugreifen in ihre Zeit; sie wollte nicht dürres Blatt am absterbenden Baum sein.

die vielen stillen und lauten Tragödien des Großstadtlebens[1]