Dirk Müller
Cashkurs
So machen Sie das Beste aus Ihrem Geld:
Aktien, Versicherungen, Immobilien
Knaur e-books
Dirk Müller wird oft als »das Gesicht der Börse« bezeichnet. Nach dem Abitur und einer Bankausbildung begann 1992 seine Karriere an der Frankfurter Börse. Zunächst arbeitete er als Rentenhändler für verschiedene Unternehmen, bevor er 1998 amtlich vereidigter Kursmaklerstellvertreter und später Skontroführer wurde. Sein Wissen und seine Erfahrung werden allseits geschätzt; er ist ein gefragter Experte bei der Presse und im Fernsehen.
Die Abbildung im Kapitel »Ihre Vorsorgestrategie« wurde erstellt mit TeleTrader Professional, die Abbildung im Kapitel »Private Krankenvollversicherung« entstammt Morgen & Morgen, Hofheim, Stand: Mai 2010.
Wir danken für die freundliche Genehmigung der Verwendung.
Aktualisierte Neuausgabe August 2015
© 2015 der eBook-Ausgabe Knaur eBook
© 2015 Knaur Verlag
Ein Imprint der Verlagsgruppe Droemer Knaur GmbH & Co. KG, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit
Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.
Covergestaltung: ZERO Werbeagentur, München
Umschlagabbildung: Helmut Henkensiefken/FinePic®, München
ISBN 978-3-426-43500-7
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Die Welt scheint mal wieder verrückt geworden zu sein. Die Tagesschau beginnt immer häufiger mit den Berichten über den Euro und die Staatsverschuldungen. Die Menschen auf der Straße spüren, dass irgendetwas nicht stimmt und wohl gewaltig schiefläuft, aber was? Jeder weiß, es ist jetzt dringender denn je, sich um sein Geld und seine finanzielle Zukunft zu kümmern. Dennoch bleibt es meist bei dem vagen Gedanken. Aus Furcht vor der Unkenntnis und der Sorge, etwas falsch zu machen, starrt man die Schlange an und unternimmt gar nichts. Das ist mit Sicherheit die schlechteste Variante. Um in gefährlichen Situationen richtig reagieren zu können, muss man die Situation zunächst einmal einschätzen können. Die Grundlage dazu habe ich mit meinem ersten Buch »C(r)ashkurs. Weltwirtschaftskrise – oder Jahrhundertchance« gelegt, dessen unterhaltsame Lektüre ich Ihnen zum tieferen Verständnis des Finanzsystems und der weiteren Entwicklung dringend ans Herz legen möchte. Viele Leser haben mir geschrieben, dass sie das Buch binnen zwei Tagen durchgelesen hatten und immer wieder irritierte Reaktionen ihrer Lebensgefährten erleben mussten, weil sie ständig zwischen spontanen Lachattacken und verblüfftem »… unglaublich!« schwankten.
Um es auf den allerwichtigsten Punkt für den Moment zu reduzieren: Geld entsteht in unserem System, indem jemand einen Kredit aufnimmt. Jeder Euro, jeder Dollar, der in Umlauf ist, steht irgendwo als Kredit in den Büchern der Finanzwelt. Dem Schuldenberg des Staates steht auf der anderen Seite ein gleich großes Guthaben gegenüber. Klar, wenn der Staat Zinsen zahlen muss, muss ja auf der anderen Seite einer stehen, der die Zinsen bekommt. Deutschland hat Schulden in Höhe von etwa 2 Billionen Euro (ziemlich große Zahl), die Bundesbürger haben aber auf der anderen Seite Geldvermögen in Höhe von 5 Billionen Euro (noch größere Zahl). Alles prima, möchte man meinen. Ist aber leider nicht so: Unser Finanzsystem ist so angelegt, dass sich im Lauf der Jahrzehnte immer mehr Geld bei immer weniger Menschen ansammelt. Daher besitzt die Hälfte der Deutschen praktisch nichts von diesen 5 Billionen Euro. Aber die reichsten 10 Prozent besitzen mehr als 60 Prozent dieses Geldes. Dennoch müssen alle Bürger gemeinsam die Zinsen für die wenigen erarbeiten. Das ist jetzt keine linke Parteinahme, sondern lediglich eine nüchterne Beschreibung des Finanzsystems. Das geht so lange gut, bis die Masse der Menschen, trotz aller Anstrengungen und Verzicht, diese Zinsen nicht mehr erarbeiten kann. Es kommt zu immer geringeren Reallöhnen, die Leistungen des Staates werden immer weiter gestrichen, und immer mehr Superreiche jetten um den Globus. Am Ende kommt es immer wieder zum Kollaps dieses Systems. Das geschieht alle paar Jahrzehnte. Dann kommt es zu einer erneuten Umverteilung von den »Reichen« zur Masse der Bevölkerung. Das geht mal mehr, mal weniger friedlich vonstatten, und das Spiel beginnt anschließend erneut von vorne. Wenn ein Staat pleitegeht und einen Teil seiner Schulden streicht (wir diskutieren das gerade für Griechenland und Spanien, aber hinter den Kulissen längst auch für die USA und sämtliche »entwickelten« Staaten), dann passiert Folgendes: Denen, die Ansprüche an den Staat haben (die mehr oder weniger Reichen also, die Staatsanleihen besitzen), wird etwas weggenommen, und diejenigen, die nichts haben, werden entlastet (sie müssen einen kleineren Anteil ihres Lohnes für die Zinsausgaben des Staates mit ihren Steuern bezahlen). Interessanterweise passiert das alle paar Jahrzehnte. Spanien war in den letzten 300 Jahren 13-mal pleite. Frankreich achtmal und Deutschland immerhin sechsmal. Im Schnitt also alle 50 Jahre. Der letzte Bankrott ist jetzt etwa 65 Jahre her. Es ist mal wieder an der Zeit, sich auf das Thema »Umverteilung« einzustellen. Das ist keine Katastrophe, kein Weltuntergang, aber eine Zeit mit großen Veränderungen und unglaublich großen Chancen. Darauf gilt es, sich in den nächsten Jahren bestmöglich einzustellen, dann kann man diese Phase durchaus erfolgreich meistern und am Ende besser dastehen als je zuvor.
Henry Ford pflegte zu sagen: »Wenn die Menschen unser Geldsystem verstehen würden, hätten wir die Revolution noch morgen früh.« Ich möchte Sie keineswegs zur Revolution aufrufen, aber ich möchte, dass Sie das Thema »Geld« und »Geldanlage« zumindest so weit verstehen, dass Sie nicht mehr zu den geschorenen Schafen gehören, sondern zu den schlauen Füchsen, die sich die Funktionsweisen des Systems zunutze machen. Auch mit Ethik und Anstand lässt sich in dieser verrückten Finanzwelt zurechtkommen. Dazu nehme ich Sie mit auf eine Reise durch Ihren eigenen Finanzdschungel und beweise Ihnen, dass es verdammt viel Spaß machen kann, sich um sein eigenes Geld zu kümmern. Es macht Spaß und ermöglicht Ihnen am Ende noch wesentlich größere Sprünge, als wenn Sie das nicht in Angriff genommen hätten. Sie können also nur profitieren, wenn Sie die folgenden Seiten lesen. Ihr einziges Investment: Wenige Stunden Lesezeit, die ich Ihnen obendrein noch möglichst vergnüglich aufbereiten möchte.
Es heißt so schön: »Geld allein macht nicht glücklich.« Das ist korrekt, aber ich habe noch niemanden getroffen, der gejammert hat: »Hätt ich doch nur weniger davon!« Ein gesunder finanzieller Status trägt sehr wohl zum Glück bei. Man lebt frei! Frei in seinen Entscheidungen, frei von der Sorge, ob auch morgen noch die Rechnungen bezahlt werden können. Das gibt einem die Freiheit, die anderen wunderbaren Dinge des Lebens wie Liebe, Familie, Gesundheit, Freunde, Kultur und Weizenbier zu genießen, ohne immer wieder an die Mahnbriefe der Handwerker oder der Bank denken zu müssen. Also, auf geht’s, rein ins Vergnügen, und die Grundlage für ein glückliches und finanziell sorgenfreies Leben ist geschaffen, in dem Sie die Muße haben, sich um die wirklich wichtigen Dinge zu kümmern.
»Neun von zehn haben keinen Überblick über ihre Ausgaben.«
Nein, das ist nicht die Aussage des Psychologen über den Zustand seiner Patienten im Therapiezentrum für Kaufsüchtige. Mit diesem Satz ließ sich der Finanzberater einer Verbraucherzentrale in der Süddeutschen Zeitung zitieren, der damit seine Beobachtungen im Klienten- und Bekanntenkreis zusammenfasste.
Jetzt aber erst einmal die gute Nachricht: Auch wenn Sie sich in gewisser Weise selbst betroffen fühlen, brauchen Sie sich keine Gedanken über Ihre Intelligenz zu machen. Immerhin stehen Sie ja im Berufsleben wahrscheinlich höchst kompetent Ihren Mann oder Ihre Frau, sei es als erfindungsreicher Ingenieur, als verlässliche Sekretärin, erfolgreicher Schulabgänger oder auf welche Weise auch immer.
Wenn Sie also das Gefühl haben, dass Ihre Finanzplanung so etwas Ähnliches ist wie ein Überraschungsei mit unbekanntem Inhalt, sind Sie lediglich mit dem Virus infiziert, der nicht nur in Deutschland, sondern in praktisch allen Industrieländern grassiert. Dieses Virus bringt das finanzielle Kompetenzzentrum im Hirn in Unordnung und dadurch viele Leute dazu, ziemlich widersprüchliche Dinge zu tun:
Sie schließen einen Leasingvertrag ab, dessen Raten Sie sich eigentlich nicht leisten können, um mit einem tollen Auto ihre Nachbarn und Bekannten zu beeindrucken.
Sie verschieben die Schulden vom überzogenen Dispokredit auf einen Ratenkredit, damit sie den Dispokredit wieder aufs Neue in Anspruch nehmen können – trotz des Gefühls, dass das irgendwie auf Dauer nicht gutgehen kann.
Sie würden niemals im Leben eine Aktie an der Börse kaufen, unterschreiben aber einen Vertrag über eine vollkommen undurchsichtige fondsgebundene Versicherung, die ihnen ein guter Bekannter empfohlen hat (und der für diese selbstlose Tat von der Versicherung ein paar hundert Euro bekommt).
Kurz gesagt: Wenn es ums Geld geht, handeln wir häufig paradox, weil uns dieses ominöse Virus an einer Schwachstelle des Vernunft-Immunsystems angreift. Eine geregelte Finanzplanung anzugehen ist nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig, aber ein flottes Auto oder eine stylische Einrichtung machen wenigstens eine Zeitlang Spaß. Deshalb kaufen wir Dinge, die wir nicht brauchen, mit Geld, das wir nicht haben, um Leuten zu imponieren, die wir nicht leiden können – so die Diagnose des Philosophen Richard David Precht.
Doch so wie die Pharmaproduzenten von einer echten oder vermeintlichen Grippewelle profitieren, weil sie massenhaft Medikamente verkaufen können, gibt es auch Profiteure des Finanzvirus.
Die Hersteller von Konsum- und Anschaffungsgütern können die Flut ihrer neuen Produkte nur absetzen, wenn ein großer Teil davon auf Pump finanziert wird. An der Kreditmaschine hängen manche Branchen inzwischen wie der Junkie an der Nadel. So etwa die Automobilindustrie, die in Deutschland mehr als die Hälfte ihrer Neuwagen per Kredit oder Leasing absetzt. Würden Verbraucher nur die Autos kaufen, die sie sich wirklich leisten können, stünde es schlecht für die deutsche Autoindustrie. Schauen Sie sich doch einfach mal an, wie oft in der Werbung nicht der Kaufpreis, sondern die monatliche Kreditrate im Vordergrund steht. Warum wohl …?
Auch die Banken fahren mit Raten- und Konsumkrediten satte Gewinne ein. Häufig zahlen Verbraucher für ihre Konsumschulden zehn Prozentpunkte mehr Zinsen, als sie für ihre Guthaben erhalten – und die Differenz streicht die Bank ein, ohne mit der Wimper zu zucken. Selbst wenn man berücksichtigt, dass etwa 3 Prozent der Ratenkredite wegen Zahlungsunfähigkeit des Kunden ausfallen, bleibt immer noch ein eindrucksvoller Gewinn übrig – für die Bank.
Wo es Gewinner gibt, muss natürlich auch irgendjemand auf der Verliererseite stehen. Hier ist es ganz klar derjenige, der die hohen Kreditzinsen zahlen muss und damit nicht nur den Kaufpreis erheblich verteuert, sondern auch noch das Risiko eingeht, dass er am Ende in die Schuldenfalle rutscht.
Jetzt fragen Sie sich vielleicht, warum ich in diesem Thema herumbohre wie der Zahnarzt im hohlen Zahn. Ganz einfach: Bevor Sie sich über Altersvorsorge Gedanken machen, bevor Sie sich mit Aktienstrategien befassen und bevor Sie irgendwelche Investmentfonds vergleichen, brauchen Sie eine klare und durchdachte Geldstrategie für den Alltag.
Das bedeutet konkret: Sie haben nicht nur den Überblick über Ihre Einnahmen und Ausgaben, sondern können so frühzeitig an den Stellschrauben drehen, dass Ihnen Ihre Finanzen nicht aus dem Ruder laufen.
Sie nutzen sinnvolle Möglichkeiten, um ohne Einbußen bei der Lebensqualität weniger Geld auszugeben. Das hat übrigens nichts mit »Geiz ist geil« zu tun, sondern vielmehr mit vernünftigem Wirtschaften.
Sie verfügen über eine ausreichende Geldreserve, um nicht bei jeder ungeplanten Anschaffung teure Kreditzinsen an die Bank zahlen zu müssen.
Sie sind in der Lage, größere Ausgaben und Anschaffungen rechtzeitig zu planen und dafür eine sichere und kostengünstige Finanzierung auf die Beine zu stellen.
Liest sich langweilig? Ist aber hochinteressant: Hier können Sie nämlich mit wenig Mühe richtig Geld verdienen – und das auch noch steuerfrei. Sie brauchen dafür weder Studium noch Doktortitel, sondern nur eine ordentliche Portion gesunden Menschenverstand und den Mut, bei einem schlechten Angebot einfach nein zu sagen. Mehr nicht.
Tipp Ein halber Tag, den Sie mit klarer Planung und konsequenter Umsetzung verbringen, kann Ihnen im Lauf der Zeit locker 500 oder 1000 Euro Zusatzeinnahmen in Form eingesparter Kosten bringen. Und das ganz legal und ohne Steuerabzug bar auf die Hand. Ist doch kein schlechter Stundenlohn, oder?
Wenn Ihnen das als Motivation immer noch nicht genügt: Ich habe noch einen Motivationstipp für Sie: Eine aktuelle Studie hat ergeben, dass der Großteil der Frauen Männer mit Finanzkenntnissen bevorzugt. Was glauben Sie, warum ich Börsenmakler geworden bin!? Welche Frau will schon riskieren, dass der gutaussehende Fußballprofi in nur zwei Jahren die gesamten Siegprämien verdummdödelt, nur weil er sich aus Ahnungslosigkeit blind auf seinen Finanzberater verlassen musste. Als Mann ist das doch ein gutes Argument. Und wenn Sie als Frau mit Geld umgehen können, dürfen Sie auch ruhig ein Auge auf den Fußballprofi werfen. Seine Finanzverwaltung können ja dann Sie übernehmen.
Sie sehen also, es gibt eine Menge Gründe, sich um sein Geld zu kümmern, bevor es andere tun. Suchen Sie sich einen davon aus, und lassen Sie uns einsteigen.
Umsichtig wirtschaften – ist das die ultimative Spaßbremse für konsumfreudige Verbraucher? Eher umgekehrt, würde ich meinen. Wer ohne jeglichen Einsatz der einfachsten Rechenkünste munter drauflos konsumiert, hat zwar sicherlich eine gewisse Zeitlang Spaß am Leben. Aber wenn die Bank irgendwann einmal den Kredithahn zudreht, wird aus dem Spaß richtig übler Stress: Überschuldung, Pfändung, Zwangsversteigerung, Privatinsolvenz … Ich will hier keine Angst verbreiten, aber wer seine Schuldnerkarriere auf diese Art krönt, fragt sich am Ende: War’s das wirklich wert?
Das andere Extrem sind Leute, die aus purem Geiz lieber drei Pullover übereinander anziehen, anstatt die Heizung ein bisschen höherzudrehen, die sich die alte Zeitung vom Vortag beim Nachbarn holen und ihre Teebeutel zwei Mal aufkochen. Keine Angst: Dieser Lebensstil wird hier nicht propagiert, dazu habe ich selbst zu viel Spaß am Leben. Wenn man jedoch schon mit beiden Beinen im Sumpf steckt und Peter Zwegat bereits ratlos hinter sich die Tür ins Schloss geworfen hat, macht es durchaus Sinn, die Dinge mit einer zeitlich begrenzten »Operation Dagobert« wieder ins Lot zu bringen.
Aber jetzt sorgen wir erst mal dafür, dass es dazu erst gar nicht kommt. Wenden wir uns den ersten beiden wichtigen Schritten in der Finanzplanung zu:
Einnahmen und Ausgaben im Griff behalten und Anschaffungen mitsamt der optimalen Finanzierung richtig planen.
Für das Managen der Einnahmen und Ausgaben empfehle ich die Führung eines Haushaltsbuchs, zumindest über ein halbes Jahr hinweg. Ein kürzerer Zeitraum bringt Ihnen wenig, weil sich viele Erfahrungswerte erst im Lauf der Zeit ergeben. Ob Sie das Haushaltsbuch ganz traditionell auf Papier oder lieber am PC führen, hängt von Ihren persönlichen Vorlieben ab.
»Haushaltsbuch« klingt ziemlich altbacken, aber wenn’s um das schnöde Geld geht, kann man von den lieben Großeltern sicherlich mehr lernen als von den vollmundigen Versprechungen heutiger Finanzinstitute. Ein Haushaltsbuch, das Ihnen übersichtlich zeigt, was an Geld reinkommt, was rausgeht, und vor allem verdeutlicht, wie viel für was rausgeht, ist die absolute Grundlage jeder Finanzplanung. Da spielt es keine Rolle, ob Sie Schüler mit 20 Euro Taschengeld oder Oligarch mit dreistelligem Millioneneinkommen sind. Das Geld ist beiden schneller durch die Finger gerieselt, als man meinen mag. Ich führe heute noch ein Haushaltsbuch und habe das bereits als Schüler getan. Es ist faszinierend und erschreckend, wenn man sich die Ausgaben einmal vor Augen führt, die man sonst kaum beachtet.
Kleines Beispiel: Jeden Morgen auf dem Weg zum Büro einen Latte macchiato von Starbucks: 3,40 Euro. Bringt mich ja nicht um. Bei 220 Arbeitstagen sind es immerhin schon 748 Euro im Jahr. In 20 Jahren sind das 14960 Euro. Für Kaffee!!! Sie hätten eine luxuriöse Weltreise für zwei Personen mal eben für Milchschaum aus dem Pappbecher ausgegeben. Gut, Sie können sich jetzt entscheiden, dass Ihnen der morgendliche Koffeinschub aus dem Designerladen statt aus der Büroküche dieses Opfer wert ist, aber Sie sollten diese Entscheidung wenigstens bewusst treffen. Jetzt denken Sie vermutlich an die vielen anderen kleinen Alltäglichkeiten, die so im Vorbeigehen ausgegeben werden. Wie viel ist das doch gleich? Welche Doppelhaushälften kommen damit im Lauf der Jahre zusammen? Ich habe keine Ahnung. Das können nur Sie selbst herausfinden. Mit einem einfachen klassischen Haushaltsbuch.
Für die Papier-Buchhaltung gibt es Vordrucke, die beispielsweise in gut sortierten Schreibwarengeschäften oder auch in den Beratungsstellen der Verbraucherzentralen erhältlich sind. Aufwendig dabei ist, dass Sie die Einzelposten »mit der Hand am Arm« eintragen und zusammenrechnen müssen – das bedeutet ein Mehr an Schreib- und Tipparbeit.
Mehr Automatisierung ist bei der digitalen Version drin, da dort gleichbleibende Ausgaben wie Monatsmiete und Abos sowie die Umlage jährlich anfallender Aufwendungen wie die Kfz-Versicherungsprämie mit einer einzigen Angabe fürs ganze Jahr angelegt sind. Die einfachste Variante ist eine entsprechend angepasste Vorlage für die Excel-Tabellenkalkulation. Falls Sie das Office-Programmpaket von Microsoft nicht besitzen, tut es auch die kostenlose Konkurrenz in Form von OpenOffice (zu finden unter http://de.openoffice.org), für deren Tabellenkalkulation es ebenfalls kostenlose Haushaltsbuch-Vorlagen gibt. Darüber hinaus gibt es auch einige andere kostenlose eigenständige Programme sowie Online-Haushaltsbücher, die Sie über Ihren Internetbrowser führen können. Dann allerdings liegen Ihre Daten nicht auf dem PC zu Hause, sondern auf dem Server des Dienstanbieters.
Vorsicht Ich will zwar keinem Online-Anbieter Böses unterstellen, aber es sind auch schon bei großen Internetfirmen Kundendaten gehackt worden. Die eindeutig sicherere Variante ist das elektronische Haushaltsbuch auf dem hoffentlich gut geschützten PC zu Hause.
Der Erfolg beim Führen des Haushaltsbuchs hängt weniger davon ab, wie detailreich Sie einzelne Rubriken aufdröseln. Ob Sie Restaurantbesuche und Konzertkarten getrennt verbuchen oder zusammen mit anderen Lebenslust-Extras in einer gleichnamigen Rubrik zusammenfassen, ist ziemlich egal. Wichtiger ist, dass es möglichst keine Ausgaben gibt, die überhaupt nicht erfasst sind. Sonst fragen Sie sich womöglich, warum die roten Zahlen auf dem Girokonto immer größer werden, obwohl Sie laut Haushaltsbuch weniger ausgegeben als eingenommen haben.
Ich persönlich habe verschiedene Varianten ausprobiert und festgestellt, dass ein selbstgebasteltes Excel-Formular am praktischsten ist. Das kann man genau an die eigenen Bedürfnisse anpassen und schnell optimieren. Aber egal wie Sie das Haushaltsbuch führen: Hauptsache, Sie tun es.
Wenn Sie – sei es als Formular oder Tabellenkalkulations-Vorlage – Ihr Haushaltsbuch selber stricken wollen, sollten Sie Ihre monatlichen Ausgabenbereiche ungefähr wie folgt aufteilen:
Wohnen: Miete/Darlehensrate, Wohnnebenkosten, Nebenkosten-Nachzahlungen, Einrichtung, Haushaltsgeräte, Deko.
Auto & Mobilität: Kredit-/Leasingrate, Versicherung, Steuer, Reparaturen, Sprit, Fahrkarten.
Medien und Kommunikation: GEZ, Kabelfernsehen, Telefon, Internet, Handy, Abos, PC und Zubehör.
Lebenshaltung: Nahrungsmittel, Körperpflege, Friseur, Kleidung etc.
Bildung & Soziales: Schulgeld und -material, Kindergarten-/Hortgebühren, Bücher, Vereinsbeiträge, Spenden.
Genießen: Ausgehen, Restaurantbesuche, Konzerte, Urlaub etc.
Finanzen: Versicherungen, Kontogebühren, Dispozinsen, Sparraten.
Sonstiges: Unterhaltszahlungen (nein, den Posten gibt es in meinem Excel-Sheet nicht …!), Diverses.
Wichtig dabei: Manche Ausgaben fallen nur ein oder zwei Mal im Jahr an, so etwa die Ausgaben für Versicherungen oder den Urlaub. Dieses Problem lösen Sie ganz einfach, indem Sie das dafür vorgesehene Jahresbudget durch 12 teilen und diesen Betrag monatlich als Ausgabe einsetzen.
Tipp Wahrscheinlich haben Sie nicht die Zeit, nach jedem Einkauf den Computer hochzufahren und Ihren Beleg zu erfassen. Und womöglich haben Sie nach einem gemütlichen Abend im Restaurant auch keine Lust dazu. Daher empfiehlt sich die Schuhkarton-Lösung: Alle Belege und Kontoauszüge wandern in einen Karton und werden ein bis zwei Mal pro Monat ins Haushaltsbuch übertragen. Das ist meist weitaus zeitsparender als die tägliche Stückelei.
Sinn und Zweck des Haushaltsbuchs ist es, das »gefühlte Ausgabenverhalten« durch klare Fakten zu ersetzen. Wahrscheinlich werden Sie überrascht sein, dass Sie manche Lebensbereiche deutlich teurer zu stehen kommen, als Sie vermutet haben. In diesem Fall bestehen gute Chancen, dass Sie recht schnell den dicken Geldfresser lokalisieren – und dann sollten Sie sich über Einsparmöglichkeiten Gedanken machen.
Als Anregung zunächst einmal ein paar Überlegungen zu den großen Ausgaben und Investitionen:
Braucht wirklich jeder Haushalt einen Zweitwagen? Alles in allem kostet schon ein Kleinwagen inklusive Wertverlust, Reparaturen, Versicherungen, Benzin und allem weiteren Drumherum schnell mal 300 bis 400 Euro pro Monat. Für dieses Geld kann man sich etliche Taxifahrten leisten, von Bus- und Bahntickets ganz zu schweigen.
Lässt sich die Anschaffung neuer Möbel verschieben, wenn die Finanzierung nur auf Pump möglich ist? Es soll ja ein paar interessante Mittel geben, um im Do-it-yourself-Verfahren mit geringen Kosten alte Möbel zumindest übergangsweise aufzupeppen.
Lifestyle-Elektronik hat sich zu einem ebenso verführerischen wie kostspieligen Markt entwickelt. Es soll ja Leute geben, die lieber von trocken Brot und Wasser leben würden, als auf den extrabreiten Flachbildschirm zu verzichten. Aber macht das Sinn? Ich habe schon oft Unterhaltungselektronik »auf dem Zweitmarkt« gekauft und beste Erfahrungen damit gemacht. Auch ein Neuwagen ist völliger Unfug. Ein ein oder zwei Jahre alter Wagen vom Markenhändler hat oft ebenfalls zwei Jahre Garantie. Wer einen Neuwagen kauft, wirft Tausende von Euro aus dem Fenster in jenem Moment, in dem er vom Hof des Händlers fährt. Haarsträubender Unfug, den ich seit sehr vielen Jahren nicht mehr betreibe. Zuletzt habe ich einen anderthalb Jahre alten Wagen eines deutschen Autobauers mit Vollausstattung und 12000 Kilometer zum halben Listenpreis samt Garantie bekommen. Schneller und einfacher kann auch ein Börsenmakler sein Geld nicht verdienen.
Doch der Ausgabenteufel kann auch im Detail lauern, und manchmal zeigt sich erst bei der Hochrechnung auf mehrere Jahre, wie viel hundert Euro fast unbemerkt verdunsten – und wohin. Solche heimlichen Geldfresser lassen sich schwerer ermitteln, weil sie gut getarnt und scheinbar nebensächlich sind.
Ein beliebter Lebensraum dieser Spezies ist der Bereich »Medien und Kommunikation« mit seinen Abos und Tarifen. Lesen Sie wirklich jede Zeitung und Zeitschrift, die Sie abonniert haben, oder haben Sie nur aus Bequemlichkeit ein einstiges Probe-Abo nicht gekündigt? Das ist übrigens genau der Grund, warum Verlage so gerne Probe-Abos anbieten. Oder haben Sie sich schon so sehr an die hohe Handyrechnung gewöhnt, dass Sie weder Telefonverhalten noch Tarif ändern?
Auch bei den ganz alltäglichen Lebenshaltungskosten gibt es jede Menge Sparmöglichkeiten, die jedoch zuweilen nur mit Änderungen des Lebensstils umsetzbar sind. Beispiel Ernährung: Selber zu kochen, statt das Fertiggericht in der Mikrowelle aufzuwärmen, schmeckt nicht nur besser, sondern ist auch viel preisgünstiger – aber wer keinen Spaß am Kochen hat, hat wahrscheinlich nur eine ziemlich begrenzte Motivation, umzusteigen.
Während für viele Menschen das Führen eines Haushaltsbuchs und die darauf folgenden Einsparungen dazu dienen, den finanziellen Spielraum zu vergrößern und entweder das Sparen auf Anschaffungen zu intensivieren oder sich ab und zu mal einen kleinen Luxus zu gönnen, ist in manchen Situationen der kräftige Tritt auf die Ausgabenbremse ein absolutes Muss. Das ist dann wie beim Autofahren: Eine Vollbremsung ist unangenehm und lässt Ihnen einiges um die Ohren fliegen, aber sie verhindert einen gefährlichen Crash.
Angesagt ist die Vollbremsung dann, wenn Sie Schulden haben und Ihre Ausgaben höher sind als Ihre Einnahmen. Die Schuldnerberater in den sozialen Einrichtungen nennen diesen Mechanismus »Schuldenspirale« und können ein trauriges Lied davon singen. Zu den alten Schulden kommen immer mehr neue dazu, dadurch steigen die Zinszahlungen, was wiederum die Neuverschuldung immer schneller anwachsen lässt, und am Ende klingelt der Gerichtsvollzieher an der Tür.
Bevor es so weit kommt, ist radikaler Ausgabenverzicht angesagt: »Operation Dagobert«. Streichen Sie alles, was nicht unbedingt lebensnotwendig ist, von Ihren Einkaufszetteln. Stecken Sie jeden Euro, den Sie auftreiben können, in die Schuldenrückzahlung. Suchen Sie frühzeitig Kontakt zu den Schuldnerberatern bei sozialen Einrichtungen oder Landratsämtern. Lassen Sie sich rechtzeitig helfen, denn das Abrutschen in die Schuldenfalle ist keine Schande, sondern ein persönliches Unglück.
Vorsicht Meiden Sie bei finanziellen Engpässen gewerbliche Schuldenregulierer und Kreditvermittler, die Ihnen überteuerte »Kredite ohne Schufa« oder irgendwelche Umschuldungen aufschwatzen wollen.
Wenden wir uns nun wieder den angenehmeren Dingen zu, denn in einem Bereich können Sie ohne jeglichen Spaßverzicht knausern: nämlich, wenn es um Finanzen und Versicherungen geht.
Beispiel Versicherungen: Rund 3700 Euro geben deutsche Haushalte Jahr für Jahr für ihre Versicherungen aus – und zahlen laut einer Studie des Finanzforschungsunternehmens Evers & Jung jährlich 20 Milliarden Euro zu viel. 400 Euro lassen sich jährlich einsparen, indem überflüssige Policen gekündigt und bei den notwendigen Versicherungen konsequent der günstigste Anbieter ausgewählt wird, so das Ergebnis der Studie. Also: Wenn Sie die Tipps und Hinweise zu Versicherungen in diesem Buch beherzigen, haben Sie gute Chancen, sich von der Ersparnis schon bald einen netten Wochenendtrip leisten zu können.
Auch bei der Geldanlage und der Kreditaufnahme lassen sich zusätzliche Einnahmen erwirtschaften oder überflüssige Zinskosten und Gebühren vermeiden. Im Durchschnittshaushalt geht es auch hier jährlich um mindestens dreistellige Beträge, die Sie entweder der Bank schenken oder selber behalten können. Einen besonderen Stellenwert hat dabei das Girokonto.