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© 2022 L.C. Wizard
Lektorat: L.C. Wizard
Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 978-3-7562-4907-7
Musik: Sie war meine erste Liebe, immer ein treuer Wegbegleiter und wird – neben meiner Frau – wohl auch meine letzte sein.
Dieses Buch würdigt diese Liebe und geht in erster Linie auf eine musikalische Reise, begleitet von geschichtlichen und geographischen Ausflügen. Es schildert persönliche Erfahrungen, fördert Erinnerungsschätze und liefert Anekdoten zum Thema, jeweils bezogen auf einzelne Jahre, Konzerte und Reisen in meiner bisherigen Lebenszeit.
Es enthält zudem biographische Informationen zu 32 Musikern und Musikgruppen, die mein Leben bereichert haben. Dabei kann auf eine Fülle von musikalischem Material (Bücher, CDs, DVDs u.a.) verwiesen werden, die ich über viele Jahre angehäuft habe.
Beim Schreiben und Gestalten haben mich etliche Menschen inspiriert und begleitet, denen an dieser Stelle vielmals gedankt sei.
L.C. Wizard, Weserbergland, im Februar 2022
Archäologische Funde an verschiedenen Orten in Europa (z.B. Knochenflöten) zeigen, dass die Geschichte der Musik schon in der Steinzeit begann. Kaum gab es unsere Spezies, „da machten wir […] auch schon Musik1.“
Sie ist eine Kunstform, die sich über die Jahrhunderte immer wieder verändert hat. In der Antike wurde mit einfachen Mitteln musiziert, so z.B. mit Zupfinstrumenten wie Harfen, Leiern und Lauten in Mesopotamien und China.
Wäre jemand im Mittelalter im achten Jahrhundert auf Weltreise gewesen, hätte der Reisende „in der gesamten christlichen Welt die Tradition der Kirchengesänge vorgefunden, in China dagegen ein hoch entwickeltes Solo-Instrumentalspiel [und] in Indien hätte er einen großen Reichtum an instrumentaler und Theatermusik erleben können2“.
Die klassische Musik in Europa entwickelte sich dann mit der wachsenden Bedeutung von Tasten- und Streichinstrumenten (wie Cembalo und Violine) ab dem 18. Jahrhundert und ist bis heute populär (z. B. Bach, Beethoven, Mozart). Sie stammt aus einer Zeit, in der es noch keinen Strom gab und somit alle Instrumente von Hand gespielt und nicht verstärkt wurden.
Ende des 19. Jahrhunderts begann die Entwicklung des Stromnetzes und von elektrischen Geräten (Plattenspieler, Tonbandgerät, Radio), was die Welt der Musik völlig verändert hat. Unterhaltungsmusik mit ihren vielen Musikstilen wurde geboren und damit z. B. Jazz ab 1900, Blues (mit afro- und lateinamerikanischen Wurzeln) ca. ab 1900, Countrymusik etwa ab 1920, Rhythm & Blues ab 1940, Rock´n`Roll / Rockmusik (kurz auch Rock) ab den 1950er Jahren, Beat- und Popmusik etwa ab 1960, Funkmusik ab Ende der 1960er Jahre, Rap ab 1970 und Techno ab 1980.3
Rock und Pop gelten als die Musikrichtungen unserer Zeit, wobei Popmusik als die Weiterentwicklung der Rockmusik gilt. Die Klänge der Popmusik sind sanfter und das Gitarrenspiel tritt hinter dem Tasteninstrument zurück. Popmusik wird oft auch ohne eine Band gestaltet, was bei der Rockmusik nicht üblich ist.
Letztere hatte sich aus der Vermischung des Rock´n`Roll mit anderen Musikstilen, wie z.B. der Countrymusik und dem Rhythm & Blues, entwickelt.
Rockmusik wird in verschiedene Kategorien unterteilt (z.B. Bluesrock, Hardrock, Artrock oder Latinrock). Sie ist geprägt von langsamen oder schnellen Beats, die sich innerhalb der Songs auch untereinander abwechseln können.
Musiktheoretisch betrachtet handelt es sich dabei um homophone Musik: Gesang, Gitarre oder andere Soloinstrumente führen mit einer herausstechenden Melodie und eine Rhythmusgruppe begleitet.
Herkunftsorte der Rockmusik sind das Vereinigte Königreich und die USA. Wichtige Pionierbands sind die Beatles, die Rolling Stones und Elvis Presley.4
Kaum jemand kann und will sich ein Leben ohne Musik vorstellen, denn sie ist mehr als nur ein schöner Zeitvertreib oder ein schönes Hobby und gehört wie Essen und Schlafen für viele untrennbar zum Menschsein dazu.
Bereits seit langer Zeit wird Musik als Heilmittel eingesetzt, um negativen Stimmungen entgegenzuwirken, Beziehungs- und Kommunikationsprobleme zu überwinden oder die motorische Aktivierung und Mobilisierung des Gehirns bei Schlaganfall- und Demenzkranken zu erreichen.5
Allgemein kann Musik Balsam für die Seele sein und positive Emotionen wie Fröhlichkeit oder Spaß auslösen, so dass schwierige Lebensphasen besser überstanden werden. Eine derartige Entwicklung kann wiederum die Kraft für ein längeres Leben beinhalten.6
Musik kann ein guter Freund sein7 und das Leben enorm bereichern. Immer wieder verbindet sie sich mit persönlichen Erlebnissen und dabei entstandenen Empfindungen: Mancher Song weckt Erinnerungen an bestimmte Ereignisse im Leben8 und man denkt sogleich an die erste Liebe zurück, oder es reicht ein Weihnachtslied, um jemanden in Weihnachtsstimmung zu versetzen.
Es gibt wohl nur wenige Dinge, die uns auf solch einfache Weise mit Glück erfüllen können: So kann ein schlechter Tag mit der Lieblingsmusik zu einem guten werden. Eine Autobahnfahrt wird mit den richtigen Songs erträglich. Die Liebesszene im Film erzeugt mit passender Musik große Gefühle. Ein tolles Freiluft-Konzert (z.B. in Hamburg, s.u.) kann in berauschende Stimmung versetzen.
Kurz: Musik bewegt und berührt – ob jung oder alt, ob Frau oder Mann. Welche andere Kunstform auf unserer Erde verbindet so stark?
Es waren neben der Schule vor allem meine Eltern, die mich schon früh an das Thema Musik heranführten und denen ich daher nicht genug danken kann.
Schon auf ihrer Flucht über die „Grüne Grenze“ im Harz aus der DDR nach Hannover im Jahr 1950 (wo sie meinem Vater begegnete) hatte meine tapfere Mutter in Gedanken Liedtexte angestimmt, um ihre Angst zu bekämpfen.
Später wurde auch in der Familie insbesondere im Urlaub und an Festtagen gern gesungen, wobei das gemeinsame Musizieren unzweifelhaft die emotionale Intelligenz der Heranwachsenden gefördert hat. 1967 erwarben meine Eltern ein Klavier, um den Kindern Klavierunterricht in klassischer Musik zu ermöglichen. Dieser mündete in mehrere erfolgreiche Auftritte bei Kammermusik-Abenden und bei Schulkonzerten als Pianist sowie mit Marimbaphon und Perkussion. Daneben war ich viele Jahre Mitglied des Schulchors.
Ab dem Alter von 12 Jahren war es dann oftmals eine große Freude, deutsche Schlager der 1970er Jahre im Radio zu hören und mit Hilfe eines Grundig-Tonbandgeräts aufzunehmen. Welche Enttäuschung aber, wenn der jeweilige Moderator noch vor dem Ende des jeweiligen Songs in die laufende Aufnahme „hineinquatschte“! Große Idole in dieser Zeit waren z.B. Juliane Werding, Katja Ebstein, Jürgen Marcus und Michael Holm.
Und dann katapultierte sich Udo in mein Leben! Im Radio lief im Norddeutschen Rundfunk „Hoch im Norden“ (1972) von Udo Lindenberg und ich dachte, was ist das denn? Diese Musik elektrisierte mehr als alles andere vorher und eine lebenslang dauernde Liebe speziell für Rock-Musik war geboren worden.
Welche Freude aber erst, als Weihnachten 1972 Vinyl unter dem Weihnachtsbaum lag („Deep Purple in Rock“, siehe S. →, und „Paranoid“ von Black Sabbath). Die beiden Scheiben wurden bald unaufhörlich auf dem neuen Dual-Schallplattenspieler „gedudelt“, so dass die Mutter des Öfteren dazu aufforderte, die „Hottentotten-Musik“ leiser zu stellen! Nicht unerwähnt bleiben sollen auch The Rolling Stones, die später eine ähnliche ethische Verrohung bei mir auslösten!
Etwa in diese Zeit fällt auch die erste Bekanntschaft mit dem leidenschaftlichen Latin-Rock von Santana, der mich nun schon Jahrzehnte begleitet und bis heute begeistert! Es war mein damaliger Deutsch-Lehrer, der mir Santanas Hitalbum „Abraxas“ (s. S. →) ausgeliehen und diese Tür für mich geöffnet hat.
Ab den 1980er Jahren rückten dann Jazz-Rock und Funk-Musik mit ihren unterschiedlichen Spielarten und Musikern immer stärker in mein Blickfeld: George Duke, Herbie Hancock, Al Di Meola, John McLaughlin, Airto Moreira, Return to Forever, Earth, Wind & Fire, Sly & The Family Stone, Johnny Guitar Watson u.a.m.
Jetzt lernte ich auch die Jazz/Funk-Formation Incognito mit ihrem fröhlichen und tanzbaren Acid-Jazz kennen, der mich seither immer wieder in Begeisterung versetzt hat.
Mein reges Interesse an Weltmusik rührt vor allem auch von den Reisen her, die mich von Mitte der 80er bis Mitte der 90er Jahre auf alle Kontinente (ohne Antarktis) geführt haben.
Es ist eine große Freude, viele Alben und DVDs/Blu-rays z.B. von Udo Lindenberg, Santana, Neil Young (+ Crazy Horse), The Rolling Stones, George Duke oder Incognito zu besitzen und immer wieder aufzulegen und zu genießen. Übertroffen wird dieser Genuss noch dadurch, viele dieser Musiker auf unzähligen Konzerten und Festivals erlebt zu haben.
Meine ersten Konzertbesuche datieren aus den 1970er Jahren (z.B. das unvergleichliche Santana-Konzert 1978 in der Messehalle Hannover vor ca. 20.000 Zuschauern), die zuletzt erlebten aus dem Jahr 2019 (Herbie Hancock, John McLaughlin, Udo Lindenberg, siehe S. →). Diesen Konzerten mögen noch viele folgen.
Wer jetzt auf den Geschmack gekommen ist, kann in den folgenden Kapiteln Genaueres und allerlei Wissenswertes und Genüssliches rund um meine Lieblingsmusiker, ihre Musik und Konzerte erfahren.
Denn schon der deutsche Philosoph Friedrich Nietzsche sagte9:
„Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum!“
1972: Im Radio läuft „Hoch im Norden“ und ich bin ganz von den Socken! Denn ich habe das Gefühl, hier spricht jemand in einem Lied zum ersten Mal aus dem echten Leben heraus zu mir in meiner Sprache. Schlagartig wird mir bewusst, es gibt auch noch etwas anderes als z.B. Gittes „Ich will ´nen Cowboy als Mann“! Die schnoddrige Art dieses Sängers, alltägliche Geschichten in einem Rock-Song zu erzählen, beeindruckt mich unglaublich. Heute weiß ich, dass diese bisher ungehörte Sprache nicht nur mir bei der Ablösung von den Eltern und anderen Erwachsenen viel Selbstvertrauen verschafft hat, denn mir wurde langsam bewusst, dass die vermeintlich heile Welt aus den Schlagerschnulzen nicht alles sein konnte.
Zum Durchbruch deutschsprachiger Rockmusik mit einem ernsthaften Anliegen hat er entscheidend beigetragen:
Udo Lindenberg (www.udo-lindenberg.de).
Dieser deutsche Rockmusiker, Schriftsteller und Maler wurde 1946 in Gronau/Westfalen geboren. An die Schule schloss sich eine nicht beendete Ausbildung zum Kellner in Düsseldorf an, wo er in Altstadtkneipen abends als Schlagzeuger spielte. Nach einer kurzen Karriere als Trommler in verschiedenen Bands Ende der 60er Jahre konzentrierte sich Udo Lindenberg dann in Hamburg („Wir müssen raus aus dem Dreck“) vor allem auf das Singen und das Schreiben eigener Titel mit deutschen Texten. Von Anfang an pflegte Lindenberg dabei einen eigenen Erzählstil. Seine Lieder sind oftmals in sich geschlossene Geschichten, die in einer nuancierten und metaphernreichen Sprache sowohl von zwischenmenschlichen (z.B. Beziehungs- und Drogenprobleme) als auch von gesellschaftlichen Themen (z.B. Kriegsgefahr, Umweltprobleme) handeln.
Oftmals treten fiktive Charaktere auf, die sich dem Ernst des Lebens gegenübersehen. Der Deutschrocker lässt dabei Protagonisten wie den Geiger Rudi Ratlos (auf „Ball Pompös“), den Dirigenten Votan Wahnwitz (auf „Votan Wahnwitz“), den Fußballer Bodo Ballermann (auf „Galaxo Gang“), Lady Whisky (auf „Dröhnland Symphonie“) oder Harry Hänger (im Song „Coole Socke“) entstehen, die mitunter auch biographische Züge aufweisen.
Die ersten Alben „Lindenberg“ (1971) und „Daumen im Wind“ (1972) fanden wenig Beachtung, aber die ausgekoppelte Single „Hoch im Norden“ war vor allem in Norddeutschland ein erster größerer Erfolg. Das 1973 veröffentlichte Album „Andrea Doria“ (siehe S. →) mit den Ohrwürmern „Alles klar auf der Andrea Doria“ und „Cello“ brachte den Durchbruch, aus dem bis heute etliche gut dotierte Plattenverträge für nachfolgende erfolgreiche Alben hervorgingen, so z.B.: „Ball Pompös“ (1974), „Galaxo Gang“ (1976), „Dröhnland Symphonie“ (1978), „Odyssee“ (1983), „Bunte Republik Deutschland“ (1989), „Atlantic Affairs“ (2002), „Stark wie zwei“ (2008), „Udo Lindenberg Unplugged“ (2011), „Stärker als die Zeit“ (2016) und „Unplugged 2“ (2018).
Bei seinem musikalischen Schaffen gelingen Lindenberg unsterbliche Melodien und Texte, die heute zum deutschen Kulturgut gehören: „Wozu sind Kriege da?“, fragt der überzeugte Pazifist 1981 (als Singleveröffentlichung). 1983 tritt er als erster westlicher Rockmusiker, dem die Wiedervereinigung am Herzen liegt, in der DDR auf und fordert im Ostberliner Palast der Republik die Abschaffung aller amerikanischen und sowjetischen Atomraketen auf beiden Seiten der Mauer, woraufhin eine versprochene Tournee durch die DDR gestrichen wird.
In „Sonderzug nach Pankow“ (auf „Odyssee“) richtet sich Udo 1983 persönlich an Honecker: „Och, Erich, ey, bist du denn wirklich so ein sturer Schrat? Warum lässt du mich nicht singen im Arbeiter- und Bauernstaat?“ 1987 kommt es unter dem Motto „Gitarren statt Knarren“ zur Begegnung Lindenbergs mit Honecker. Nach dem Zerfall der DDR folgt 1990 endlich die ersehnte Tournee durch Ostdeutschland. Bei Festivals gibt es in diesen Jahren des politischen Engagements Auftritte unter dem Motto „Rock gegen Rechts“, bei denen von Lindenberg u.a. die aufkommende Fremdenfeindlichkeit thematisiert wird.
Als Udo Lindenberg nach einer Durststrecke in den 90er Jahren mit Mitte 60 seine beiden erfolgreichsten Alben „Stark wie zwei“ (siehe S. →