H.P. Lovecraft
Der Schatten aus der Zeit
Erzählung
Aus dem Amerikanischen von Alexander Pechmann
FISCHER digiBook
H. P. Lovecraft (1890-1937) ist der einflussreichste und beliebteste Horror-Autor des 20. Jahrhunderts. Seine Erzählungen erschienen zu seinen Lebzeiten vor allem in Magazinen wie »Weird Tales« und werden heute in Millionenauflagen gedruckt und gelesen.
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Nathaniel Wingate Peaslee glaubt sich dem Wahnsinn verfallen: Immer wieder stehen ihm fremde Landschaften und Städte vor Augen. Allmählich beginnt er zu begreifen, dass er von einer außerirdischen Spezies heimgesucht wird, die vor langer Zeit auf der Erde lebte ...
H. P. Lovecrafts phantastische Reise durch Raum und Zeit in ungekürzter Neuübersetzung, der es erstmals gelingt, Lovecrafts speziellen Stil und die besondere Atmosphäre seiner Erzählung in deutscher Sprache schillern zu lassen.
»H. P. Lovecraft ist der bedeutendste Horror-Autor des 20. Jahrhunderts.« Stephen King
Erschienen bei FISCHER digiBook
Unter dem Titel »The Shadow out of Time« erstmals veröffentlicht 1936 in der Zeitschrift »Astounding Stories«
Erstdruck der Übersetzung in »H. P. Lovecraft – Das Werk« (FISCHER Tor, 2017)
© 2017 S. Fischer Verlag GmbH, Hedderichstr. 114, D-60596 Frankfurt am Main
Covergestaltung: Guter Punkt, München, nach einer Idee und unter Verwendung einer Illustration von Jonathan Gray
Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.
Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.
ISBN 978-3-10-490741-3
Nach zweiundzwanzig Jahren voller Albträume und Schrecken, die nur von einer verzweifelten Überzeugung, dass gewisse Erlebnisse auf mythologische Ursprünge zurückgehen, erträglich gemacht wurden, möchte ich nicht für die Wahrhaftigkeit dessen einstehen, was ich vermutlich in der Nacht vom 17. auf den 18. Juli 1935 im Westen Australiens entdeckt habe. Es besteht durchaus Hoffnung, dass das, was mir widerfuhr, ganz oder teilweise eine Halluzination gewesen ist – die letztendlich unzählige Ursachen gehabt haben könnte. Und doch war sie so entsetzlich real, dass ich manchmal jede Hoffnung verliere.
Sollte das alles wirklich passiert sein, muss der Mensch sich darauf gefasst machen, eine Vorstellung vom Kosmos und seinem eigenen Platz im wirbelnden Malstrom der Zeit zu akzeptieren, deren bloße Erwähnung schon lähmend wirkt. Er muss sich zudem vor einer bestimmten lauernden Gefahr hüten, die zwar nie die gesamte Spezies bedrohen wird, aber einigen ihrer wagemutigen Vertreter monströse und unvorstellbare Schrecken auferlegen kann.
Aus diesem letztgenannten Grund dränge ich mit all der mir gegebenen Kraft darauf, dass man jedweden Versuch unterbindet, jene Fragmente unbekannten, urzeitlichen Mauerwerks freizulegen, dessen Erkundung Zweck meiner Expedition war.
Geht man davon aus, dass ich bei Sinnen und wach war, ist das, was ich in jener Nacht erlebt habe, mit nichts zu vergleichen, was je einem Menschen zugestoßen ist. Es bestätigte vielmehr auf schreckliche Weise all das, was ich als Mythos und Traum hatte abtun wollen. Glücklicherweise gibt es keinen Beweis, denn in meiner Panik habe ich das erstaunliche Objekt verloren, welches – wenn es denn real war und aus jenem giftigen Abgrund heraufgebracht wurde – ein unwiderlegbares Beweisstück gewesen wäre. Als ich dem Grauen begegnete, war ich allein – und ich habe bis jetzt niemandem davon erzählt. Ich konnte die anderen nicht davon abhalten, in seine Richtung Ausgrabungen zu machen, doch der Zufall und die Sandverwehungen haben sie bislang davor bewahrt, es zu finden. Nun muss ich eine unmissverständliche Stellungnahme abgeben – nicht nur, um mein seelisches Gleichgewicht zu wahren, sondern auch, um jene zu warnen, die sie ernst nehmen werden.
Diese Seiten – deren anfängliche Schilderungen den aufmerksamen Lesern der Tagespresse und der wissenschaftlichen Journale vertraut sein dürften – schreibe ich in der Kabine des Schiffes, das mich nach Hause bringt. Ich werde sie meinem Sohn, Prof. Wingate Peaslee von der Miskatonic University, übergeben – dem einzigen Mitglied meiner Familie, das mir damals, nach meiner seltsamen Amnesie beistand, und dem Mann, der mit den wichtigsten Fakten meines Falles am besten vertraut ist. Unter allen lebenden Menschen wird er das, was ich von jener schicksalhaften Nacht zu berichten habe, wohl am wenigsten verhöhnen.
Vor meiner Abreise habe ich nicht mit ihm über meine Erfahrungen gesprochen, da ich es für besser halte, wenn er meine Enthüllungen in schriftlicher Form erhält. Eine Lektüre, die er nach Belieben wiederholen kann, wird ihm zweifellos ein überzeugenderes Bild vermitteln als mein wirres Gerede. Er kann mit diesem Bericht tun, was er für das Beste hält – er kann ihn, mit einem angemessenen Kommentar, überall herumreichen, wo er wahrscheinlich Gutes bewirken wird. Den Lesern zuliebe, die mit den früheren Stadien meines Falles nicht vertraut sind, füge ich der eigentlichen Enthüllung eine recht umfangreiche Zusammenfassung ihrer Vorgeschichte bei.
Ich heiße Nathaniel Wingate Peaslee, und jene, die sich an die Zeitungsgeschichten einer älteren Generation erinnern – oder an die Briefe und Artikel in den psychologischen Fachzeitschriften vor sechs bis sieben Jahren –, werden wissen, wer und was ich bin. Die Zeitungen berichteten ausführlich über die Einzelheiten meiner seltsamen Amnesie in den Jahren 1908 bis 1913, und man schrieb allerhand über althergebrachten Schrecken, Wahnsinn und Hexerei, die hinter der Fassade der alten Stadt in Massachusetts lauern, in der ich damals wie heute meinen Wohnsitz habe. Man soll jedoch nicht annehmen, dass Wahnsinn oder unheimliche Dinge in meiner Familie oder meinen ersten Lebensjahren irgendeine Rolle gespielt hätten. In Anbetracht des Schattens, der sich so plötzlich aus äußeren Quellen über mein Leben senkte, ist dies ungemein wichtig. Vielleicht haben Jahrhunderte freudlosen Grübelns dem zerfallenden, von Gerüchten umwobenen Arkham eine besondere Anfälligkeit für solche Schatten verliehen – obwohl auch dies im Lichte jener anderen Fälle, mit denen ich mich später beschäftigen musste, zweifelhaft erscheint. Von höchster Bedeutung ist jedoch, dass mein eigener Stammbaum und familiärer Hintergrund ganz und gar normal waren. Das, was kam, kam von sonstwo – woher, das kann ich nicht einmal jetzt ohne zu zögern in deutlichen Worten erklären.
Ich bin der Sohn von Jonathan und Hannah (Wingate) Peaslee, die beide von ehrbaren, alteingesessenen Familien aus Haverhill abstammen. Ich bin in Haverhill geboren und aufgewachsen – im alten Familienanwesen in der Boardman Street beim Golden Hill – und kam zum ersten Mal nach Arkham, als ich mich im Alter von achtzehn Jahren an der Miskatonic University einschrieb. Das war 1889. Nach meinem Abschluss studierte ich Wirtschaft in Harvard und kehrte als Dozent für Volkswirtschaft 1895 an die Miskatonic zurück. Die nächsten dreizehn Jahre meines Lebens verliefen reibungslos und glücklich. Ich heiratete 1896 Alice Keezar aus Haverhill, und meine drei Kinder, Robert K., Wingate und Hannah, wurden 1898, 1900 und 1903 geboren. 1898 wurde ich Lehrbeauftragter und 1903 Professor. Zu keiner Zeit hatte ich das geringste Interesse an Okkultismus oder Geisteskrankheiten.
Es war am Donnerstag, dem 14. Mai 1908, als mich die seltsame Amnesie befiel. Es geschah ziemlich unvermittelt, obwohl mir später klar wurde, dass gewisse kurze undeutliche Visionen, die einige Stunden zuvor auftraten – chaotische Visionen, die mich sehr beunruhigten, da sie so beispiellos waren –, offenbar Frühsymptome waren. Mein Kopf schmerzte, und ich hatte das merkwürdige Gefühl – ein Gefühl, das mir völlig neu war –, dass jemand versuchte, Gewalt über meine Gedanken zu erlangen.
Der Zusammenbruch erfolgte ungefähr um 10.00 Uhr vormittags, während ich das Seminar »Volkswirtschaft VI« – Geschichte und aktuelle Tendenzen der Wirtschaft – für Erstsemester und einige Studenten im zweiten Semester abhielt. Ich begann, eigenartige Formen vor meinen Augen zu sehen und zu spüren, dass ich mich in einem grotesken Raum befand, der nicht der Seminarraum war. Meine Gedanken und Worte schweiften vom Thema ab, und die Studenten merkten, dass etwas ernstlich nicht stimmte. Dann sackte ich bewusstlos auf meinem Stuhl zusammen, und niemand konnte mich aus meiner Betäubung wecken. Fünf Jahre, vier Monate und dreizehn Tage sollte es von diesem Moment an dauern, bis meine rechtmäßigen Sinne erneut das Tageslicht unserer gewöhnlichen Welt erblickten.
Was folgte, erfuhr ich natürlich von anderen. Sechzehneinhalb Stunden lang zeigte ich keinerlei Anzeichen von Bewusstsein, obwohl ich in meine Wohnung in der Crane Street 27 gebracht und mit der besten medizinischen Pflege versorgt wurde.
Am 15. Mai um 3 Uhr früh öffneten sich meine Augen, und ich begann zu sprechen, doch rasch jagten meine Ausdrucksweise und Sprache den Ärzten und meiner Familie einen profunden Schrecken ein. Man konnte deutlich erkennen, dass ich mich nicht an meine Identität oder Vergangenheit erinnerte, obwohl ich anscheinend versuchte, diese Wissenslücke sorgsam zu verbergen. Meine Augen bedachten die Personen ringsum mit fremdartigen Blicken, und die Bewegungen meiner Gesichtsmuskeln waren ganz und gar unvertraut.
Sogar meine Sprechweise schien unbeholfen und fremd. Ich nutzte meine Sprechorgane tölpelhaft und unsicher, und meine Wortwahl klang eigentümlich gestelzt, als hätte ich die englische Sprache mühsam aus Büchern erlernt. Die Aussprache war barbarisch fremdartig, während das Idiom sowohl Brocken merkwürdiger archaischer Wendungen als auch gänzlich unverständliche Ausdrücke enthielt. Unter den Letztgenannten trat einer besonders stark, ja geradezu beängstigend hervor, an den sich der jüngste der Ärzte zwanzig Jahre später erinnerte. Denn zu diesem späteren Zeitpunkt begann ein solcher Ausdruck tatsächlich die Runde zu machen – zunächst in England und dann in den Vereinigten Staaten –, und obwohl er sehr komplex und unbestreitbar neu war, wiederholte er bis ins kleinste Detail die verblüffenden Worte des seltsamen Patienten im Arkham des Jahres 1908.
Die Körperkraft kehrte sofort zurück, auch wenn ich seltsamerweise den Gebrauch meiner Hände, Beine und des allgemeinen Bewegungsapparats bis zu einem gewissen Grad neu erlernen musste. Deshalb und wegen anderer Beeinträchtigungen, die mit meiner Erinnerungslücke zusammenhingen, wurde ich eine Zeitlang unter strenge ärztliche Aufsicht gestellt. Als mir klar wurde, dass meine Versuche, die Erinnerungslücke zu verbergen, fehlschlugen, gab ich sie freimütig zu und lechzte nach Informationen jeglicher Art. Tatsächlich kam es den Ärzten so vor, als hätte ich das Interesse an meiner richtigen Persönlichkeit verloren, sobald ich gemerkt hatte, dass man meine Amnesie als etwas Natürliches betrachtete. Sie stellten fest, dass es mir hauptsächlich darum ging, gewisse Aspekte von Geschichte, Wissenschaft, Kunst, Sprache und Brauchtum zu meistern – einige davon ungeheuer abwegig und andere von kindlicher Schlichtheit –, von denen ich nichts mehr wusste, was in vielen Fällen sehr sonderbar war.
Gleichzeitig bemerkten sie, dass ich auf unerklärliche Weise viele fast unbekannte Wissensgebiete beherrschte – und ich versuchte diese Kenntnisse eher zu verbergen, als zur Schau zu stellen. Versehentlich spielte ich mit beiläufiger Gewissheit auf bestimmte Ereignisse in dunklen Zeitaltern an, die nicht von der akzeptierten Geschichtsschreibung abgedeckt wurden – und wenn ich merkte, wie sehr man von ihnen überrascht war, stellte ich solche Anspielungen als Scherz dar. Und meine Art, über die Zukunft zu sprechen, jagte meinen Zuhörern in ein, zwei Fällen einen regelrechten Schrecken ein. Diese unheimlichen Geistesblitze traten bald nicht mehr auf, obwohl einige Beobachter ihr Verschwinden eher durch eine gewisse Vorsicht meinerseits erklärten als durch ein Verblassen des seltsamen Wissens, das dahintersteckte. Ich schien tatsächlich außergewöhnlich erpicht, die Sprache, Sitten und Perspektiven des Zeitalters, in das es mich verschlagen hatte, aufzunehmen, als wäre ich ein gelehrter Reisender aus einem fernen, fremden Land.
Sobald man es mir gestattete, geisterte ich zu jeder Stunde durch die College-Bibliothek und machte mich bald daran, jene eigenartigen Reisen und die Besuche besonderer Seminare an amerikanischen und europäischen Universitäten zu arrangieren, die in den nächsten Jahren so große Aufmerksamkeit erregten. Mir mangelte es zu keiner Zeit an Beziehungen zu Gelehrten, denn mein Fall war unter den Psychologen jener Epoche zu einiger Berühmtheit gelangt. Man hielt Vorlesungen über mich als ein typisches Beispiel für eine Sekundärpersönlichkeit, auch wenn ich die Professoren anscheinend hin und wieder mit einem bizarren Symptom oder einem kuriosen Anflug sorgsam verschleierten Spotts in Erstaunen versetzte.
Auf echte Freundlichkeit stieß ich hingegen selten. Etwas in meinen Zügen und meiner Sprechweise schien bei jedem, dem ich begegnete, vage Ängste und Aversionen zu wecken, als wäre ich ein Wesen, das unendlich weit von dem entfernt ist, was man als normal und gesund betrachtet. Diese Vorstellung eines finsteren, verborgenen Grauens, das mit einer Art unberechenbaren, abgründigen Fremdheit verbunden war, war merkwürdig verbreitet und beharrlich. Meine eigene Familie bildete keine Ausnahme. Seit meinem seltsamen Erwachen hatte meine Frau mich mit äußerstem Schrecken und heftigster Abscheu betrachtet und geschworen, ich sei etwas vollkommen Fremdes, das vom Körper ihres Mannes Besitz ergriffen hätte. 1910 setzte sie eine gerichtliche Scheidung durch und wollte mich auch nach meiner Genesung im Jahr 1913 niemals wiedersehen. Diese Gefühle wurden von meinem älteren Sohn und meiner kleinen Tochter geteilt, die ich beide seither nicht wiedergesehen habe.
Nur mein zweiter Sohn Wingate schien dazu in der Lage, das Entsetzen und die Abneigung zu überwinden, die meine Veränderung hervorrief. Er spürte zwar, dass ich ein Fremder war, doch obwohl er nur acht Jahre alt war, hielt er an der Überzeugung fest, dass mein richtiges Selbst zurückkehren würde. Als es zurückkehrte, machte er mich ausfindig, und ich bekam vor Gericht die Vormundschaft für ihn zugesprochen. In den folgenden Jahren half er mir bei den Studien, zu denen es mich hinzog, und heute, mit fünfunddreißig, ist er Professor für Psychologie an der Miskatonic. Allerdings wundere ich mich nicht über das Grauen, das ich weckte – denn eins ist gewiss: Der Verstand, die Stimme und der Gesichtsausdruck des Wesens, das am 15. Mai 1908 erwachte, gehörten nicht zu Nathaniel Wingate Peaslee.
Ich versuche nicht, viel von meinem Leben zwischen 1908 und 1913 zu erzählen, da die Leser – so wie ich dies größtenteils tun musste – alle wichtigen Ereignisse aus den Archiven alter Zeitungen und wissenschaftlicher Journale erfahren können. Man übertrug mir die Verantwortung für meine Ersparnisse, und ich gab sie langsam und weitgehend sinnvoll für Reisen und Studien an verschiedenen Zentren der Gelehrsamkeit aus. Meine Reisen waren jedoch äußerst ungewöhnlich; sie umfassten Aufenthalte an abgelegenen und menschenleeren Orten. 1909 verbrachte ich einen Monat im Himalaya, und 1911 erregte ein Kamelritt in die unerforschten Wüsten Arabiens große Aufmerksamkeit. Was während dieser Reisen geschah, konnte ich nie herausfinden. Im Sommer 1912 charterte ich ein Schiff und segelte in die Arktis bis nördlich von Spitzbergen, zeigte mich hinterher jedoch enttäuscht. Später im selben Jahr verbrachte ich Wochen allein jenseits der Grenzen vorheriger oder späterer Erkundungen in den Kalksteinhöhlensystemen im Westen Virginias – schwarze Labyrinthe, die so komplex sind, dass es völlig undenkbar ist, meine Spuren zurückzuverfolgen.
Bei meinen Aufenthalten an den verschiedenen Universitäten lebte ich mich ungewöhnlich rasch ein, als ob meine Sekundärpersönlichkeit um ein Vielfaches intelligenter gewesen wäre als ich. Ich habe außerdem herausgefunden, dass das Pensum meiner Lektüre und einsamen Studien phänomenal war. Ich konnte jedes Detail eines Buches erfassen, indem ich nur einen Blick darauf warf, während ich blitzschnell die Seiten umblätterte. Gleichzeitig war meine Fähigkeit, komplexe Schaubilder in Sekundenschnelle zu interpretieren, regelrecht erschreckend. Manchmal erschienen recht unschöne Berichte über meine Fähigkeit, die Gedanken und Taten anderer zu manipulieren, obwohl ich anscheinend darauf achtete, diese Macht so selten wie möglich zu zeigen.
Andere unschöne Artikel berichteten von meinem vertrauten Umgang mit Führern okkulter Gruppen und Gelehrten, denen man nachsagte, sie stünden mit grauenvollen Banden abscheulicher Hohepriester der Älteren Welt in Verbindung. Diese Gerüchte, die damals freilich nie bewiesen wurden, wurden zweifellos durch das ausgelöst, was über gewisse Tendenzen meiner Lektüre bekanntgeworden war – denn man kann in Bibliotheken nicht unbemerkt seltene Bücher konsultieren. Es gibt – in Form von Randnotizen – greifbare Beweise, dass ich Werke wie Comte d’Erlettes Cultes de Goules, Ludvig Prinns De Vermis Mysteriis, von Junzts Unaussprechliche Kulte, die erhaltenen Fragmente des verwirrenden Buches von Eibon und das gefürchtete Necronomicon des wahnsinnigen Arabers Abdul Alhazred genauestens studierte. Außerdem lässt sich nicht leugnen, dass ungefähr zur selben Zeit wie meine merkwürdige Mutation eine neue und böse Welle geheimer Kultaktivitäten einsetzte.
Im Sommer 1913