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»… das Mägdlein ist mit 11 Jahren, und der Knab mit 7 Jahren solche Virtuosen auf dem Clavier, das sich die Welt darob erstaunen mus: ist auch unsäglich, was ihm dieser Leopold Mozart mit seinem Sohn Wolfgang Mozart und seinem Töchterlein, welche noch künstlicher das Clavier schlägt, als ihr Brüderl, in der Welt vor Geld gewinnet.«

 

24. April 1766, Diarium Patris Bedae Hübner, Erzabtei St. Peter, Salzburg

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Der Woferl, wie er in der Familie gerufen wird, ist mit seinen Eltern und mit seiner Schwester Nannerl auf dem Weg nach Wien. Er ist gerade sechs Jahre und acht Monate alt und kann schon seinen Namen schreiben. Fünf schwierige Wörter nacheinander: Johann Chrisostomos Wolfgang Theophilus Mozart. Meistens schreibt er nur Wolfgang Mozart. Er kann Klavier spielen, etwas Geige und Orgel, allerdings ohne Pedale, er kann schon ein wenig komponieren und versteht von der Musik so viel, sagt sein Vater, wie ein gewöhnlicher Salzburger Hofmusikus. Und er kann fluchen, träumen und furzen.

Manchmal schilt ihn die Mutter deswegen: Du benimmst dich daneben, Woferl. Dann tritt er einen Schritt neben sich und lässt einen fahren. Womit er das Nannerl zum Lachen bringt.

Der Vater hat vor, ihn in Wien der großen Kaiserin Maria Theresia vorzustellen. Weil du für die ganze Welt ein Wunder bist, Bub.

Er selbst findet es anstrengend, ein Wunder zu sein.

Wieso soll es ein Wunder sein, dass er gern Klavier spielt und Musik hört. Obwohl er einen wie sich noch nicht kennengelernt hat.

Also fahren sie nach Wien, Mutter und Schwester sind dabei, denn sie möchten am Kaiserhof keineswegs fehlen. Weil die Familie Hilfe braucht, wird sie von Joseph Etlinger, dem Diener, begleitet, den nur Vater und Mutter Pepi nennen dürfen. Weil der, wie er behauptet, Wert auf sich legt. Wolfgang findet ihn manchmal stur und deshalb anstrengend. Sie sind mit der Post bis Passau gefahren, wo drei Flüsse zusammenfließen, und weil es in der Stadt viele Kirchen und Klöster gibt, ist auch ein Bischof da. Von Passau reisen sie mit dem Donauschiff bis Linz, wo es ihm schlecht wird. Nicht, weil das Schiff schaukelt, sondern weil er sich auf Deck vor Vergnügen um die eigene Achse gedreht hat, immer wieder, bis das Nannerl ihn auffängt. Am Schluss muss er in eine Ecke kotzen. Der Pepi erklärt, er müsse sich für ihn schämen. Das Nannerl erregt sich derart über diesen Satz, dass sie dem Pepi sagt: Dann müssen Sie es aber so tun, dass es alle merken. Das findet Wolfgang gut.

In Linz bezogen sie Zimmer im »Gasthof zur Dreifaltigkeit«. Der Vater kannte den Wirt, Herrn Kiener, aber der war inzwischen gestorben, und dessen Töchtern, die die Familie empfingen, erklärte er, wahrscheinlich zum Trost, dass er sie schon gekannt habe, als sie noch sehr klein waren. Die beiden Damen waren mittlerweile gewachsen und furchterregend dick geworden.

Hier in Linz trat zum ersten Mal Quintus auf, der ihn danach auf allen seinen Reisen begleiten sollte. Wolfgang saß am Fenster, blätterte in einem Bündel Noten, das ihm der Vater zum Studium gegeben hatte. Er hätte die Stücke am Klavier unten im Saal ausprobieren können. Dazu hatte er keine Lust. Das Nannerl war mit der Mutter in die Stadt gegangen.

Er war allein.

Er sang die Noten nach.

Er stellte sich vor, wie das Klavier klingen könnte.

Er stellte sich außerdem vor, was er komponieren könnte.

Nicht immer wieder diese Quinten. Mach es dir doch nicht so einfach! Er hörte den Vater aus dem Nachbarzimmer rufen, als hätte der in seinen Gedanken gelesen. Es gibt auch Quarten auf der Welt, Sexten, Oktaven.

Jaja.

Er schneidet eine Grimasse und sähe sich gern im Spiegel. Er kann wie der Vater aussehen, vor allem wie Vater, wenn er sich über ihn ärgert.

Nix. Lass es! sagt eine Stimme in ihm, aus ihm, und mit einem Mal sieht er ihn. Er sieht ein krummes, grässliches Wesen, das bewegt sich mühsam auf den Noten einer Quinte, stolpert, stürzt zwischen die Linien, kreischt.

Quintus, hört sich Wolfgang verwundert sagen.

Quintus, Quantus, Quartus. Während er mit dem Namen spielt, klopft er einen Dreivierteltakt auf den Tisch und macht damit den Vater aufmerksam. Was hast du mit der Quinte, Woferl?

Nix, nix, gibt er zur Antwort, legt schützend seine Hand über den Quintus, damit der Vater den winzigen Geist nicht sieht. Er spürt, wie der ihn kitzelt, als hätte er eine Mücke in der hohlen Hand.