Gareth Stedman Jones
KARL MARX
Die Biographie
Aus dem Englischen von
Thomas Atzert und Andreas Wirthensoh
FISCHER E-Books
Gareth Stedman Jones, geboren 1942, studierte Geschichte in Oxford und unterrichtete am dortigen Kings College fast 20 Jahre politische Wissenschaften. Von 1964 bis 1981 war er Mitherausgeber der Zeitschrift »New left review« und ist nun Professor für Ideengeschichte an der Queen Mary University von London und Direktor des Centre for History and Economics an der Universität von Cambridge.
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»Eine profunde Neubewertung von Marx und eine fesselnde Lektüre.«
Christopher Clark
Karl Marx war kein Marxist – zum Marxisten haben ihn andere gemacht. Indem Gareth Stedman Jones Leben und Werk von Marx konsequent aus seinem Kontext im 19. Jahrhundert beschreibt, gelingt ihm eine faszinierende neue Deutung dieses epochemachenden Denkers. Endlich verstehen wir Marx‘ Entwicklung aus seiner Zeit heraus und wie er die Gedanken von Kant, Hegel, Feuerbach, Ricardo und anderen zu neuen Ideen schmiedete. In einer Epoche des industriellen und politischen Umbruchs erscheint Marx als Zeitgenosse, der versucht, Antworten auf die neuen Herausforderungen zu finden. Antworten, von denen er nicht ahnen konnte, wie sehr sie die Welt verändern würden.
Erschienen bei FISCHER E-Books
Die Originalausgabe erschien unter dem Titel
»Karl Marx. Greatness and Illusion« im Verlag Allen Lane, London
© Gareth Stedman Jones, 2016
Für die deutschsprachige Ausgabe:
© 2017 S. Fischer Verlag GmbH,
Hedderichstr. 114, D-60596 Frankfurt am Main
Covergestaltung: KOSMOS – Visuelle Kommunikatio Münstern
unter Verwendung einer Idee von Jim Stoddart
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ISBN 978-3-10-490558-7
Eugen von Böhm-Bawerk, Zum Abschluß des Marxschen Systems, in: Staatswissenschaftliche Arbeiten. Festgaben für Karl Knies, hg. von Otto von Boenigk, Berlin 1896, S. 87–205.
Zum Verlauf des Revisionsmusstreits siehe H. und J.M. Tudor (Hg.), Marxism and Social Democracy: The Revisionist Debate 1896–1898, Cambridge 1998. Zu Bernsteins Angriff auf die Zusammenbruchstheorie siehe insbes. S. 159–173.
Werner Blumenberg, Karl Marx. In Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Reinbek bei Hamburg 1962, S. 8; August Bebel/Eduard Bernstein (Hg.), Der Briefwechsel zwischen F. Engels und K. Marx, 4 Bde., Stuttgart 1913; August Bebel an Karl Kautsky, 7. Februar 1913, in: Karl Kautsky Jr. (Hg.), August Bebels Briefwechsel mit Karl Kautsky, Assen 1971, S. 278–279.
Isaiah Berlin, Karl Marx. Sein Leben und sein Werk, übers. von Curt Meyer-Clason, München 1959, S. 27–28.
Siehe Michael Rowe, From Reich to State: The Rhineland in the Revolutionary Age, 1780–1830, Cambridge 2003, S. 158–159, 188.
Heinz Monz, Karl Marx und Trier. Verhältnisse, Beziehungen, Einflüsse, Trier 1964, S. 38–39.
Heinz Monz, Karl Marx. Grundlagen der Entwicklung zu Leben und Werk, Trier 1973, S. 221–232; siehe auch Jan Gielkens, Karl Marx und seine niederländischen Verwandten. Eine kommentierte Quellenedition, Schriften aus dem Karl-Marx-Haus, Trier, Heft 50, 1999.
Timothy Tackett, Becoming a Revolutionary: The Deputies of the French National Assembly and the Emergence of a Revolutionary Culture (1789–1790), Princeton, NJ 1996, S. 120.
Keith Michael Baker, Fixing the French Constitution, in: ders., Inventing the French Revolution: Essays on French Political Culture in the Eighteenth Century, Cambridge 1990, S. 303.
Ebd., S. 265.
Ebd., S. 305.
Siehe François Delpech, La Révolution et l’Empire, in: B. Blumenkranz (Hg.), Histoire des Juifs en France, Toulouse 1972, S. 265–304.
Rowe, From Reich to State, S. 21–23.
R. Liberles, From Toleration to Verbesserung: German and English Debates on the Jews in the Eighteenth Century, in: Central European History 22 (1989), S. 1–32.
Siehe David Sorkin, The Transformation of German Jewry 1780–1840, Oxford 1987, S. 25–27; Christopher Clark, Preußen. Aufstieg und Niedergang, 1600–1947, übers. von Richard Barth, Norbert Juraschitz und Thomas Pfeiffer, München 2006, S. 313.
Zu Grégoires Begriff der régénération siehe Alyssa Goldstein Sepinwall, The Abbé Grégoire and the French Revolution: The Making of Modern Universalism, Berkeley, CA 2005, S. 56–136. 1769 hatte Lavater versucht, Moses Mendelssohn zum Christentum zu bekehren, indem er ihm Charles Bonnets proto-evolutionäre Schrift Palingénésie Philosophique schickte und ihn bedrängte, entweder Bonnets Argumentation zu widerlegen oder zu konvertieren.
Zu Karls Familie siehe Jonathan Sperber, Karl Marx. Sein Leben und sein Jahrhundert, übers. von Thomas Atzert, Friedrich Griese und Karl Heinz Siber, München 2013, S. 18–47.
Delpech, La Révolution et l’Empire, S. 282–285.
Siehe Rowe, From Reich to State, Teil II.
Zitiert nach John McManners, The French Revolution and the Church, London 1969, S. 142.
Delpech, La Révolution et l’Empire, S. 287; siehe auch Robert Anchel, Napoléon et les Juifs, Paris 1928, S. 62–75.
Siehe Albert Rauch, Der Große Sanhedrin zu Paris und sein Einfluß auf die jüdische Familie Marx in Trier, in: Richard Laufner/Albert Rauch (Hg.), Die Familie Marx und die Trierer Judenschaft, Schriften aus dem Karl-Marx-Haus, Trier, Heft 14, 1975, S. 18–22; Anchel, Napoléon et les Juifs, S. 187–226; Delpech, La Révolution et l’Empire, S. 286–301.
Heinz Monz, Der Religionswechsel der Familie Heinrich Marx, in: ders., Karl Marx. Grundlagen, Kap. 19, S. 239–240.
Laufner/Rauch, Vorbemerkung, in: Die Familie Marx und die Trierer Judenschaft.
Rowe, From Reich to State, S. 253–254.
Clark, Preußen, S. 363.
Hagen Schulze, Der Weg zum Nationalstaat. Die deutsche Nationalbewegung vom 18. Jahrhundert bis zur Reichsgründung, 4. Aufl., München 1994, S. 58–70; siehe auch Clark, Preußen, Kap. 11.
Monz, Karl Marx. Grundlagen, S. 245–248, die Zitate S. 246.
Ebd., S. 247.
Ebd., S. 248.
Wilhelm Liebknecht, Karl Marx zum Gedächtniß. Ein Lebensabriß und Erinnerungen, in: Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (Hg.), Mohr und General. Erinnerungen an Marx und Engels, 5. Aufl., Berlin 1983, S. 5–162, hier S. 12; Eleanor Marx an Wilhelm Liebknecht, in: ebd., S. 144. Auch bei Monz, Karl Marx. Grundlagen, S. 248.
Heinrich Marx an Karl Marx und Henriette Marx, 12.–14. August 1837, MEGA2 III. 1, S. 311.
Edgar von Westphalen an Friedrich Engels, 15. Juni 1883, Internationales Institut für Sozialgeschichte Amsterdam, Karl Marx/Friedrich Engels Papers, Inv. nr. L 6312–6319 [L IX 233–240]. Zu Lessing, der das Christentum als eine Stufe auf dem Weg der fortschreitenden Erziehung der Menschheit betrachtete, siehe Die Erziehung des Menschengeschlechts (1780), in: Gotthold Ephraim Lessing, Werke und Briefe. 12 in 14 Bänden, Berlin 2014, Bd. 10, S. 75–99; zu Kant siehe dessen Schrift Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft (1793/94), in: ders., Schriften zur Ethik und Religionsphilosophie, Darmstadt 1983 (Werke in zehn Bänden, Bd. 7), S. 753–759.
Heinrich Marx und Henriette Marx an Karl Marx, 18.–29. November 1835, MEGA2 III.1, S. 291.
Monz, Karl Marx. Grundlagen, S. 252.
Heinrich Marx an Karl Marx und Henriette Marx, 12.–14. August 1837, MEGA2 III.1, S. 313.
Siehe Monz, Karl Marx. Grundlagen, Kap. 4; Rowe, From Reich to State, S. 274.
Karl Marx, Verhandlungen des 6. Rheinischen Landtags. Dritter Artikel: Debatten über das Holzdiebstahlsgesetz (1842), MEGA2 I.1, S. 199–236. Jonathan Sperber, Rhineland Radicals: The Democratic Movement and the Revolution of 1848–1849, Princeton, NJ 1991, S. 77.
Siehe Monz, Karl Marx. Grundlagen, S. 52.
Stände bildeten die allgemeine Sozialordnung in einer hierarchisch konzipierten Gesellschaft und waren vor 1789 die gängige Form der Repräsentation. Zwar wurden sie von Konservativen das gesamte 19. Jahrhundert hindurch favorisiert, doch wurde ihre Legitimität durch die Französische Revolution radikal in Frage gestellt, als der »Dritte Stand« zur »Nation« erklärt und die beiden anderen Stände, der Adel und der Klerus, abgeschafft wurden.
Rowe, From Reich to State, S. 270–271.
Heinrich Heine, Ludwig Börne. Eine Denkschrift, in: ders., Sämtliche Schriften, hg. von Klaus Briegleb, Bd. 4, München 1997, S. 7–148, das Zitat S. 54.
Rowe, From Reich to State, S. 276–278.
Die Ansprache wird zitiert in Monz, Karl Marx und Trier, S. 88.
Monz, Karl Marx. Grundlagen, S. 135.
Ebd., S. 135–136.
Heinrich Marx und Henriette Marx an Karl Marx, 18.–29. November 1835, MEGA2 III.1, S. 230–232, die Zitate S. 232 und 231.
Heinrich Marx an Karl Marx, 2. März 1837, MEGA2 III.1, S. 308–310, die Zitate S. 310
Eleanor Marx an Wilhelm Liebknecht, in: Mohr und General, S. 143.
Rowe, From Reich to State, S. 247–249; Sperber, Rhineland Radicals, S. 47–49.
Franz Mehring, Karl Marx. Geschichte seines Lebens, 4. Aufl., Leipzig 1923, S. 4.
Zitiert in Jan Gielkens, Karl Marx und seine niederländischen Verwandten. Eine kommentierte Quellenedition, Schriften aus dem Karl-Marx-Haus, Trier, Heft 50, 1999, S. 33.
Heinz Monz, Karl Marx. Grundlagen der Entwicklung zu Leben und Werk, Trier 1973, S. 251.
Karl Marx an Friedrich Engels, 30. April 1868, MEW 32, S. 75.
Heinrich Marx und Henriette Marx an Karl Marx, Februar – Anfang März 1836, MEGA2 III.1, S. 295.
Henriette Marx an Henriette van Anrooij, 18. November 1851, zitiert in Gielkens, Karl Marx, S. 143.
Henriette Marx an Sophie Philips, 14. April 1853, zitiert in Gielkens, Karl Marx, S. 154.
Heinrich Marx und Henriette Marx an Karl Marx, 18.–29. November 1835, MEGA2 III.1, S. 292.
Heinrich Marx und Henriette Marx an Karl Marx, Februar – Anfang März 1836, MEGA2 III.1, S. 294–295.
Heinrich Marx und Henriette Marx an Karl Marx, 16. September 1837, MEGA2 III.1, S. 320; Heinrich Marx, Henriette Marx und Sophie Marx an Karl Marx, 10. Februar 1838, MEGA2 III.1, S. 329.
Über Hermann, der bei einem Brüsseler Kaufmann in die Lehre ging, schrieb Heinrich: »Von seinem Fleiße erwarte ich viel, von der Intelligenz desto weniger.« Heinrich Marx an Karl Marx, 9. November 1836, MEGA2 III.1, S. 301. Er starb 1842 in Trier an der Schwindsucht. Siehe Monz, Karl Marx. Grundlagen, S. 233–234.
Heinrich Marx an Karl Marx, 9. November 1836, MEGA2 III.1, S. 301; Heinrich Marx an Karl Marx und Henriette Marx, 12. August 1837, MEGA2 III.1, S. 311.
Jenny Marx an Karl Marx, 11.–18. August 1844, MEGA2 III.1, S. 441.
Zitiert nach Monz, Karl Marx. Grundlagen, S. 235.
Siehe beispielsweise Mehring, Karl Marx, S. 5.
Karl Marx, Betrachtung eines Jünglings bei der Wahl eines Berufes. Deutscher Aufsatz, August 1835, MEGA2 I.1, S. 456.
Heinrich Marx und Henriette Marx an Karl Marx, Februar – Anfang März 1836, MEGA2 III.1, S. 293.
Heinrich Marx an Karl Marx, Mai – Juni 1836, MEGA2 III.1, S. 297.
Karl Marx an Heinrich Marx, 10./11. November 1837, MEGA2 III.1, S. 15.
Henriette Marx und Heinrich Marx an Karl Marx, 15./16. Februar 1838, MEGA2 III.1, S. 330.
Monz, Karl Marx. Grundlagen, S. 233.
Eleanor Marx-Avelin, Karl Marx. Lose Blätter, in: Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (Hg.), Mohr und General. Erinnerungen an Marx und Engels, 5. Aufl., Berlin 1983, S. 242–251, das Zitat S. 245. Laut Eleanors Schilderung ertrugen die Schwestern diese Behandlung, weil der Bruder ihnen als Entschädigung immer so schöne Geschichten erzählte.
Heinrich Marx, Henriette Marx und Sophie Marx an Karl Marx, 28. Dezember 1836, MEGA2 III.1, S. 302.
Heinrich Marx an Karl Marx, 9. November 1836, MEGA2 III.1, S. 300; Heinrich Marx an Karl Marx und Henriette Marx, 12.–14. August 1837, MEGA2 III.1, S. 312.
Monz, Karl Marx. Grundlagen, S. 297–319.
Karl Marx an Friedrich Engels, 17. September 1878, MEW 34, S. 78.
Siehe Monz, Karl Marx. Grundlagen, S. 147, 153, 161–162.
Zum Hambacher Fest siehe Kapitel 1, S. 40.
1835 wurden die Werke zahlreicher Schriftsteller, unter ihnen Heinrich Heine, Ludwig Börne und Karl Gutzkow, auf Betreiben Metternichs verboten, weil die Autoren angeblich dem Jungen Deutschland angehörten, einem Ableger von Mazzinis revolutionärem Geheimbund Junges Europa. Tatsächlich verwechselte der Deutsche Bund zwei verschiedene Gruppierungen, die den gleichen Namen trugen (wenngleich kaum anzunehmen ist, dass Metternich so naiv war). Das literarische »Junge Deutschland« war nicht mehr als eine lockere Schriftstellervereinigung, die durch gemeinsame journalistische Unternehmungen und ähnliche literarische und politische Ansichten miteinander verbunden war. Als solche existierte diese Gruppierung nur zwischen 1833 und 1835. Die Verfolgung kappte schon bald die Verbindungen zwischen den Autoren, und die Bewegung endete in einem Sumpf aus gegenseitigen Schuldzuweisungen, Renegatentum und Fehden, von denen Heines ungebührlicher Angriff auf die Erinnerung an Börne am berühmtesten wurde.
Trotzdem hatte Metternich nicht ganz unrecht gehabt, als er im Jungen Deutschland ein unliebsames Aufbrechen der bis dahin ruhigen Oberfläche der deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts erkannt hatte. Denn das Junge Deutschland war eindeutig eine literarische Antwort auf die Revolutionen von 1830 und ein expliziter Angriff auf den mittelalterlichen Konservatismus der Romantik wie auf die politische Indifferenz Goethes und der Klassik. Sowohl Friedrich Engels als auch Jenny von Westphalen waren kurzzeitig sehr angetan von dieser Bewegung.
Zu den gesellschaftlichen und politischen Spannungen in Trier nach den Revolutionen von 1830 siehe Kapitel 1, S. 39–44.
Zeugnis der Reife für den Zögling des Gymnasiums zu Trier Karl Marx, zitiert nach Monz, Karl Marx. Grundlagen, S. 312–313.
Marx, Betrachtung eines Jünglings bei der Wahl eines Berufes, MEGA2 I.1, S. 454–457.
Johann Hugo Wyttenbach an Karl Marx, August 1835, MEGA2 I.1, Apparat, S. 1200.
Die staatlichen Mittel für die protestantische Theologiefakultät in Bonn waren doppelt so hoch wie für die katholische Theologie, obwohl sie deutlich weniger Studenten hatte. Siehe Michael Rowe, From Reich to State: The Rhineland in the Revolutionary Age, 1780–1830, Cambridge 2003, S. 251.
Der prominente katholische Publizist Joseph Görres, einst ein Unterstützer der Franzosen, wurde als Leiter des Unterrichtswesens in Koblenz entlassen und verfasste mit Deutschland und die Revolution (Koblenz 1819) eine einflussreiche Attacke gegen die preußische Bürokratie im Rheinland; Ernst Moritz Arndt war ein bekennender Nationalist. 1814 war er Sekretär des vormaligen preußischen Staatsministers Freiherr vom Stein gewesen, als dieser dem Zentralverwaltungsrat im Rheinland vorstand. Nach seiner Ernennung zum Professor für Geschichte in Bonn griff er die Polizei an. 1819 wurde er wegen angeblicher Verbindungen zu subversiven Aktivitäten der Burschenschaften suspendiert und erst 1840 vom neuen Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. rehabilitiert.
Bruno Bauer an Karl Marx, 1. März 1840, MEGA2 III.1, S. 340.
Abgangszeugnis der Universität Bonn für Marx vom 22. August 1836, MEGA1 I.1,2, S. 194; Heinrich Marx an Karl Marx, 8. November 1835, MEGA2 III.1, S. 289; Heinrich Marx und Henriette Marx an Karl Marx, Februar – Anfang März 1836, MEGA2 III.1, S. 293; Heinrich Marx an Karl Marx, 19. März 1836, MEGA2 III.1, S. 296; Heinrich Marx und Henriette Marx an Karl Marx, 18.–29. November 1835, MEGA2 III.1, S. 290.
Abgangszeugnis der Universität Bonn, S. 194; zwei der Vorlesungen konnten wegen des plötzlichen Todes des Professors nicht »testiert« werden.
Siehe David Lindenfeld, The Practical Imagination: The German Sciences of State in the Nineteenth Century, Chicago 1997, S. 11–17, 60–64, 70–80, 90–91.
Heinrich Marx und Henriette Marx an Karl Marx, Februar – März 1836, MEGA2 III.1, S. 293.
Unter Kanzler Hardenberg hatte man sich Anfang der 1820er Jahre darauf verständigt, nur mit Zustimmung einer Repräsentativversammlung neue Steuern zu erheben. Das bedeutete, dass die Zahl der Verwaltungsangestellten trotz des enormen Bevölkerungszuwachses in Preußen weitgehend unverändert blieb. Siehe Lenore O’Boyle, The Problem of an Excess of Educated Men in Western Europe, 1800–1850, in: Journal of Modern History 42 (1970), S. 471–495; Reinhart Koselleck, Staat und Gesellschaft in Preußen 1815–1848, in: Werner Conze (Hg.), Staat und Gesellschaft im deutschen Vormärz 1815–1848, Stuttgart 1962, S. 79–112, wiederabgedruckt in H.-U. Wehler (Hg.), Moderne deutsche Sozialgeschichte, 2. Aufl., Köln 1968, S. 55–85.
Karl Marx an Heinrich Marx, 10./11. November 1837, MEGA2 III.1, S. 17.
Eleanor Marx an Wilhelm Liebknecht, in: Mohr und General, S. 142–143 und 13.
Heinrich Marx und Henriette Marx an Karl Marx, 18.–29. November 1835, MEGA2 III.1, S. 292.
Heinrich Marx und Henriette Marx an Karl Marx, Februar – März 1836, MEGA2 III.1, S. 293–294; Heinrich Marx und Henriette Marx an Karl Marx, 18.–29. November 1835, MEGA2 III.1, S. 291. Im November 1837 verbrannte Karl seine frühen dichterischen Versuche. 1977 erschien interessanterweise eine amerikanische Ausgabe seiner Liebesgedichte, herausgegeben. von zwei bedeutenden Schriftstellern: Love Poems of Karl Marx, hg. von Reinhard Lettau und Lawrence Ferlinghetti, San Francisco 1977.
Heinrich Marx und Henriette Marx an Karl Marx, Februar – März 1836, MEGA2 III.1, S. 294.
Karl Marx an Heinrich Marx, 10./11. November 1837, MEGA2 III.1, S. 9–10.
Karl Marx’ literarische Versuche finden sich in MEGA2 I.1, S. 477–770.
Siehe insbesondere Siegbert S. Prawer, Karl Marx und die Weltliteratur, übers. von Christian Spiel, München 1983; Michail Lifschitz, Karl Marx und die Ästhetik (1933), übers. von Joachim E. Boeckl, Dresden 1967; Peter Demetz, Marx, Engels und die Dichter. Zur Grundlagenforschung des Marxismus, Stuttgart 1959.
Eine – gerade für das Rheinland bedeutsame – Ausnahme bildete die Kritik an Fideikommiss und Ältestenrecht in Scorpion und Felix, Kap. 29: »Das Majorat ist der Waschschrank der Aristokratie, denn ein Waschschrank ist nur, um zu waschen.« MEGA2 I.1, S. 696.
Demetz, Marx, Engels und die Dichter, S. 77.
Empfindungen, MEGA2 I.1, S. 535; siehe auch Prawer, Karl Marx und die Weltliteratur, S. 18.
MEGA2 I.1, S. 681; siehe auch Lifschitz, Karl Marx und die Ästhetik, S. 44.
MEGA2 I.1, S. 490.
MEGA2 I.1, S. 674.
MEGA2 I.1, S. 644–646.
Karl Marx an Heinrich Marx, 10./11. November 1837, MEGA2 III.1, S. 15; Scorpion und Felix, MEGA2 I.1, S. 697, 699–700.
Oulanem, MEGA2 I.1, S. 654, 661, 667.
Ebd., MEGA2 I.1, S. 660.
Demetz, Marx, Engels und die Dichter, S. 83; siehe auch Nicholas Saul, Aesthetic Humanism (1790–1830), in: Helen Watanabe-O’Kelly (Hg.), The Cambridge History of German Literature, Cambridge 1997, S. 248–250.
Oulanem, MEGA2 I.1, S. 662–663.
Karl Marx an Heinrich Marx, 10./11. November 1837, MEGA2 III.1, S. 17.
Heinrich Marx, Henriette Marx und Sophie Marx an Karl Marx, 28. Dezember 1836, MEGA2 III.1, S. 304.
Karl Marx an Heinrich Marx, 10./11. November 1837, MEGA2 III.1, S. 15–17.
Heinrich Marx an Karl Marx, 16. September 1837, MEGA2 III.1, S. 318.
Karl Marx an Heinrich Marx, 10./11. November 1837, MEGA2 III.1, S. 16. Das Zitat stammt aus Heines Gedichtzyklus Die Nordsee.
MEGA2 I.1, S. 773–858. Die Sammlung speist sich nicht aus der berühmtesten Zusammenstellung der damaligen Zeit, nämlich Achim von Arnims und Clemens Brentanos Des Knaben Wunderhorn, sondern aus einer weniger veränderten und bearbeiteten Anthologie von Erlach, Kretschmer und Zuccalmaglio. Interessant ist auch, dass Marx ein Lied aufnahm, das Byron in Childe Harold’s Pilgrimage erwähnte. Siehe Prawer, Karl Marx und die Weltliteratur, S. 23.
Monz, Karl Marx. Grundlagen, S. 324. Zur Familiengeschichte der Westphalens siehe Boris Nicolaevsky und Otto Maenchen-Helfen, Karl Marx. Eine Biographie (1935/36), Frankfurt a.M. 1982, S. 22–29.
Das Königreich Westphalen ist nicht zu verwechseln mit der Region bzw. Provinz Westfalen. Das Königreich entstand 1807, als im Frieden von Tilsit an Preußen abgetretene Gebiete zusammengelegt wurden. Es umfasste die Region westlich der Elbe sowie Teile von Braunschweig, Hannover und Hessen.
Der Staat verfügte über eine geschriebene Verfassung, Geschworenengerichte und Gleichheit vor dem Gesetz. 1808 garantierte er als erster deutscher Staat den Juden gleiche Rechte.
Monz, Karl Marx. Grundlagen, S. 325–327.
Siehe Heinz Monz, Politische Anschauung und gesellschaftliche Stellung von Johann Ludwig von Westphalen, in: Zur Persönlichkeit von Marx’ Schwiegervater Johann Ludwig von Westphalen, Schriften aus dem Karl-Marx-Haus, Trier, Heft 9, 1973, S. 5–19, das Zitat S. 13. Bezeichnenderweise forderte von Westphalen seinen Neffen auf, den Brief nach der Lektüre zu verbrennen.
Konrad von Krosigk, Ludwig von Westphalen und seine Kinder. Bruchstücke familiärer Überlieferungen, in: Zur Persönlichkeit von Marx’ Schwiegervater Johann Ludwig von Westphalen, S. 47.
Lutz Graf Schwerin von Krosigk, zitiert in Monz, Karl Marx. Grundlagen, S. 345.
Karl Marx an Jenny Marx, 15. Dezember 1863, MEW 30, S. 643.
Brief von Ferdinand an seinen Schwiegervater, 10. April 1831, zitiert in Monz, Karl Marx. Grundlagen, S. 344
Von Krosigk, Ludwig von Westphalen und seine Kinder, S. 67.
Ebd., S. 68.
Ebd., S. 71.
Karl Marx an Friedrich Engels, 9. August 1865, MEW 31, S. 139–140.
»Auskultator« bezeichnete in Preußen die erste (unbezahlte) Stufe der dreistufigen Ausbildung im Justizwesen nach der Universität. Am Ende dieser ersten Stufe stand das Referendarsexamen.
Jenny Marx an Friedrich Engels, 23./24. Dezember 1859, MEW 29, S. 654–655. Verschärft wurde der Konflikt noch dadurch, dass Jenny den Verdacht hegte, dies sei Teil eines Plans, sie um ihren Anteil an einem künftigen Erbe der Familie Westphalen zu bringen.
Eleanor Marx-Aveling an Wilhelm Liebknecht, 15. April 1896, zitiert in Monz, Karl Marx. Grundlagen, S. 342.
Heinrich Marx, Henriette Marx und Sophie Marx an Karl Marx, 28. Dezember 1836, MEGA2 III.1, S. 303.
Der aus Koblenz stammende Ernst Dronke (1822–1891) studierte in Bonn, Marburg und Berlin. Infolge seines Buches über Berlin wurde er 1847 zu zwei Jahren Haft verurteilt. Er konnte nach Brüssel fliehen, wo er die Bekanntschaft von Engels und Marx machte und sich dem Bund der Kommunisten anschloss. 1848 begleitete er die beiden nach Köln, wo er in der Redaktion, welche die Neue Rheinische Zeitung produzierte, eine wichtige Rolle spielte. Er beteiligte sich am Aufstand von 1849 und floh anschließend, zunächst in die Schweiz und dann nach England, wo er für den Rest seines Lebens blieb. 1852 zog er sich aus der Politik zurück und wurde Vertreter einer Kupferminengesellschaft.
Ernst Dronke, Berlin (1846), Darmstadt und Neuwied 1974, S. 67; Friedrich Saß, Berlin in seiner neuesten Zeit und Entwicklung (1846), Berlin 1983, S. 17, 88; siehe auch Robert J. Hellman, Berlin, the Red Room and White Beer: The ›Free‹ Hegelian Radicals in the 1840 s, Washington, DC 1990, S. 5–25.
Henry Vizetelly, Berlin under the New Empire: Its Institutions, Inhabitants, Industry, Monuments, Museums, Social Life, Manners, and Amusements, 2 Bde., London 1879, Bd. 1, S. 14–16, zitiert in Hellman, Berlin, S. 22.
Edgar Bauer, Bruno Bauer und seine Gegner, Berlin 1842, S. 80–81.
Vizetelly, Berlin, Bd. 2, S. 314; Hellman, Berlin, S. 9.
Infolge der Niederlage bei Jena und Auerstedt hatte Preußen die Hälfte seines Territoriums verloren und musste enorme Reparationszahlungen leisten. Um sie aufbringen zu können, war der Staat zu einem radikalen Rationalisierungsprozess gezwungen; damit rückten Personen in den Vordergrund, die ein auf Idealen der Aufklärung beruhendes Reformprogramm umsetzen wollten. Die Leibeigenschaft wurde abgeschafft, die Monopole der Zünfte wurden beseitigt, das Militär und das Bildungssystem wurden modernisiert, Juden wurde partielle Emanzipation gewährt, und die städtische Regierung wurde auf repräsentativer Basis neu organisiert. Durchgeführt wurden die Reformen unter der Federführung von Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein (1807–1810) und anschließend von Karl August Fürst von Hardenberg (1810–1822). Die »Reformära« endete 1819 mit einer konservativen Reaktion, die vor allem in den Karlsbader Beschlüssen zum Ausdruck kam.
Berlin und andere preußische Universitäten profitierten von der deutlichen Ausweitung der Bildungsversorgung in der »Reformära«. Zwischen 1816 und 1846 stieg der Anteil der Kinder zwischen 6 und 14 Jahren, die eine Schule besuchten, von 61 auf 82 Prozent. Die Zahl der Grundschüler nahm um 108 Prozent zu, die der Gymnasiasten um 73 Prozent und die der Studenten um 40 Prozent. Damit einher ging eine bemerkenswerte Ausweitung sozialer Mobilität. In den 1830er Jahren etwa, so Schätzungen, waren ein Drittel der an der Universität Halle eingeschriebenen Studenten Söhne von Bauern, Handwerkern und niederen Beamten. Siehe John R. Gillis, The Prussian Bureaucracy in Crisis, 1840–1860: Origins of an Administrative Ethos, Stanford, CA 1971.
Eduard Meyen, in: Hallische Jahrbücher für deutsche Wissenschaft und Kunst, Leipzig, Nr. 193, 12. August 1840, Sp. 1542.
Karl Marx an Heinrich Marx, 10./11. November 1837, MEGA2 III.1, S. 9–18. Die nachfolgenden Zitate stammen ebenfalls aus diesem Brief.
Er füllte insgesamt 168 Notizbücher und lieferte späteren Wissenschaftlern damit einen unschätzbar wertvollen Leitfaden zu seiner geistigen Entwicklung und ihren Quellen.
Heinrich Marx, Henriette Marx und Sophie Marx an Karl Marx, 28. Dezember 1836, MEGA2 III.1, S. 302; Heinrich Marx an Karl Marx und Henriette Marx, 12. August 1837, MEGA2 III.1, S. 311; Heinrich Marx und Henriette Marx an Karl Marx, 16. September 1837, MEGA2 III.1, S. 319–320; Heinrich Marx und Sophie Marx an Karl Marx, 17. November 1837, MEGA2 III.1, S. 321; Heinrich Marx an Karl Marx, 9. Dezember 1837, MEGA2 III.1, S. 326.
Heinrich Marx, Henriette Marx und Sophie Marx an Karl Marx, 28. Dezember 1836, MEGA2 III.1, S. 303–304; Heinrich Marx an Karl Marx, 3. Februar 1837, MEGA2 III.1, S. 306.
Heinrich Marx, Henriette Marx und Sophie Marx an Karl Marx, 28. Dezember 1836, MEGA2 III.1, S. 302; Heinrich Marx an Karl Marx, 2. März 1837, MEGA2 III.1, S. 308.
Heinrich Marx an Karl Marx und Henriette Marx, 12.–14. August 1837, MEGA2 III.1, S. 311–312; Heinrich Marx an Karl Marx, 9. Dezember 1837, MEGA2 III.1, S. 327.
Heinrich Marx an Karl Marx, 9. Dezember 1837, MEGA2 III.1, S. 325.
Heinrich Marx an Karl Marx, 9. Dezember 1837, MEGA2 III.1, S. 326; Heinrich Marx, Henriette Marx und Sophie Marx an Karl Marx, 10. Februar 1838, MEGA2 III.1, S. 328.
Heinrich Marx an Karl Marx und Henriette Marx, 12.–14. August 1837, MEGA2 III.1, S. 311; Heinrich Marx an Karl Marx, um den 20. August 1837, MEGA2 III.1, S. 316; Heinrich Marx, Henriette Marx und Sophie Marx an Karl Marx, 10. Februar 1838, MEGA2 III.1, S. 328–329.
Dronke, Berlin, S. 19, 21.
Hellman, Berlin, S. 11, 18–22.
Die deutsche Historische Rechtsschule erlangte ihre Bekanntheit vor allem als Teil der konservativen Reaktion auf die in der Französischen Revolution ausgeprägte universelle Sprache der Menschenrechte. Entstanden war sie schon vor 1789 in Göttingen als Replik auf die stilisierten Pseudogeschichten des römischen Rechts, die davon ausgingen, das Privateigentum sei eng mit der Natur des Menschen und der Menschheitsgeschichte verbunden. Nach 1815 spielte sie in der Debatte um die Ausarbeitung eines einheitlichen Gesetzbuchs im Deutschen Bund eine wichtige Rolle. Savigny attackierte die (rationalistische und aufklärerische) Vorstellung von einem universellen Kodex und plädierte stattdessen für einen langsamen, friedlichen und unpolitischen Weg hin zur Befreiung der Bauern vom Feudalismus. Gans hingegen war der Ansicht, das Recht beziehe seine Validität aus seiner Stimmigkeit als System von Beziehungen und Verpflichtungen. 1838 griff er Savignys Standpunkt an und verteidigte die Kodifizierung als Möglichkeit, die Universalität des Rechts zu stärken und die Rolle der Ermessensentscheidungen, für die sich eine konservative Professorenelite starkmachte, zu marginalisieren.
Heute schreibt man den Ort Stralau. Es handelt sich um eine Landzunge zwischen der Spree und dem Rummelsburger See. Seit 1920 gehörte er zu Großberlin, doch Mitte des 19. Jahrhunderts war er noch ein eigenes Dorf, das 1855 gerade einmal 143 Einwohner zählte.
Hegels Interesse galt dem bewussten Geist. Er hatte keine Zeit für symbolische und dichterische Andeutungen des Absoluten, wie sie angeblich durch Schellings Idee von der »intellektuellen Anschauung« möglich wurden. Vielleicht war das der Grund, warum Karl sich zunächst von der »grotesken Felsenmelodie« abgestoßen gefühlt hatte. In späteren Jahren war Hegel auch zu der Überzeugung gelangt, die Kunst sei von untergeordneter Bedeutung. Sie sei nicht mehr in der Lage, die Freiheit oder das Göttliche widerzuspiegeln, wie sie das noch vermocht habe, als die griechische Kunst durch die Götter eine einzigartige Vision menschlicher Freiheit geschaffen habe. Mit der Ankunft Jesu, eines Menschen statt eines mythischen Gottes, habe die Religion die Kunst verdrängt, während in der Neuzeit, mit dem Zuwachs an Freiheit und rationalen Institutionen, die holländischen Gemälde vom bürgerlichen Leben und der Häuslichkeit »in größter Wahrheit der Kunst unübertrefflich ausgebildet« seien.
Insoweit Begriffe wie Idealismus und Materialismus die Einstellungen der gebildeten Laien im 18. und frühen 19. Jahrhundert beeinflusst haben, wurde der Materialismus zumindest in der angelsächsisch-französischen Tradition mit verschiedenen Formen von Naturalismus in Verbindung gebracht, insbesondere mit der Vorstellung, der Mensch sei ein Tier, das nach Lust strebe und Schmerz zu vermeiden suche und deshalb bestrebt sei, eine Umgebung zu schaffen, in der die Chancen auf Glück möglichst groß sind. Diese Position wurde von Helvétius, Bentham und den Anhängern des Owen’schen Sozialismus vertreten. Besonders wichtig war sie als Antwort auf die Betonung der Ursünde bei den evangelikalen Christen. Ihr Nachteil war allerdings die passive Vorstellung vom Menschen als Wesen, das von Instinkten und Interessen bestimmt sei. Auf der anderen Seite betonte der Idealismus im weitesten Sinne die Fähigkeit des Menschen, mittels Vernunft Leidenschaften und instinktiven Trieben zu widerstehen. Bei Kant ließ sich ein moralischer Vernunftgebrauch durch eine moralische Aufforderung an jedes Individuum verallgemeinern – den kategorischen Imperativ (»Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde«). Bei Hegel ging der Fortschritt in Sachen rationaler Sittlichkeit mit der Vorstellung von geschichtlichem Fortschritt einher, bei dem moralische Prinzipien nach und nach in Rechts- und Religionssystemen institutionalisiert werden, was immer angemessenere Vorstellungen vom »sittlichen Leben« ermöglicht. Zur Entwicklung des Idealismus bei Kant siehe unten, S. 92ff. Für eine detailliertere Darstellung des Versuchs, diese unterschiedlichen Positionen in den jeweiligen theoretischen Ansätzen von Marx und Engels Mitte der 1840er Jahre zu aktualisieren, siehe Kapitel 6, Abschnitt 5.
Friedrich Carl von Savigny, Geschichte des Römischen Rechts im Mittelalter, Bd. 1 (1815), 2. Aufl., Heidelberg 1834, S. vi und xiv-xv.
Friedrich Carl von Savigny, Das Recht des Besitzes. Eine civilistische Abhandlung, Gießen 1803, S. 3.
Savigny, Geschichte des Römischen Rechts im Mittelalter, S. xii.
Herders Position leitete sich ursprünglich von J.G. Hamann her, der Kants Vernunftvorstellung 1783 kritisiert hatte. Die Vernunft, so hatte er behauptet, existiere allenfalls insofern autonom, als sie in Sprache und Tun zum Ausdruck komme. Die Vernunft könne man deshalb nicht so behandeln, als existiere sie außerhalb der Beschränkungen durch Zeit und Raum. Die Vernunft habe eine Geschichte und gewinne in Sprache und Kultur Gestalt. Sprachen und Kulturen aber änderten sich im Laufe der Zeit und unterschieden sich je nach Raum. Die Vernunft könne man deshalb nicht als formales Kriterium der Urteilskraft betrachten, sondern als etwas, das sich in mehr oder weniger entwickelter Form im Geist eines bestimmten Volkes manifestiere. Im Gegensatz zu Savigny jedoch glaubte auch Herder, nationale Gemeinschaften würden in einer präexistenten Harmonie nebeneinander existieren, und bezog sich in dieser Hinsicht auf den Rationalismus Leibniz’. Siehe Frederick Beiser, The Fate of Reason: German Philosophy from Kant to Fichte, Cambridge, MA 1987.
Friedrich Carl von Savigny, Vom Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft, Heidelberg 1814, S. 8.
Savigny, Geschichte des Römischen Rechts im Mittelalter, S. xii-xiii.
Man hat häufig vermutet, Gans müsse auf den jungen Karl eine enorme Wirkung gehabt haben. Diese Annahme gründet darauf, dass Gans Anfang der 1830er Jahre Paris besucht, sich für die Armut und die »soziale Frage« interessiert und ein Buch über die Saint-Simonisten geschrieben hatte. Das ist jedoch umstritten. Zwar ist richtig, dass Gans als einer der Ersten eine fortschrittliche Interpretation Hegels unternahm und dessen Grundlinien der Philosophie des Rechts sowie dessen Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte posthum herausgab, doch die Entwicklung seines Denkens unterschied sich deutlich von dem der wichtigsten Junghegelianer. Während er der saint-simonistischen Kritik des Wettbewerbs durchaus wohlwollend gegenüberstand, lehnte er die Vorstellungen der Saint-Simonisten von der Religion und Enfantins Idee der »Rehabilitation des Fleisches« ab. Er bestritt zudem die saint-simonistische Vorstellung vom Primat der Gesellschaft gegenüber dem Staat. In Verbindung mit dem Schlagwort des Saint-Simonismus »jeder nach seinen Fähigkeiten« bestand nach Ansicht Gans’ die reale Gefahr einer neuen »Knechtschaft«, einer »Knechtschaft der Aufsicht«. Zwar schätzte Karl Marx Gans höchstwahrscheinlich als Gegengewicht zu den Argumenten Savignys, doch selbst in seinen frühen Jahren in Berlin findet sich in Karls Briefen oder Schriften keinerlei Hinweis auf Gans; und nur ein paar wenige Spuren lassen eindeutig auf den Einfluss seiner Ideen schließen. 1842/43 bestand dann unübersehbar eine enorme Kluft zwischen den Ideen von Gans (der 1839 gestorben war) und denen von Karl Marx. Marx kritisierte Hegels Grundlinien der Philosophie des Rechts gerade auf der Grundlage des Primats der Gesellschaft gegenüber dem Staat. Und er änderte die saint-simonistische Formel des »jeder nach seinen Fähigkeiten« ab zu »jedem nach seinen Bedürfnissen« und verwendete sie sowohl in Das Elend der Philosophie (1847) als auch später in seiner Kritik des Gothaer Programms (1875). Doch diese Veränderung der Wortwahl, so wichtig sie auch in anderer Hinsicht war, hätte den Einwand von Gans nicht entkräftet, der sich gegen die autoritären Implikationen des saint-simonistischen Vorschlags richtete. Zu Gans’ Kritik am Saint-Simonismus siehe Myriam Bienenstock, Between Hegel and Marx: Eduard Gans on the »Social Question«, in: Douglas Moggach (Hg.), Politics, Religion and Art: Hegelian Debates, Evanston, IL 2011, S. 164–179.
Der Begriff der »Bewegungspartei« war in den 1830er und 1840er Jahren häufig zu finden. Er ist besonders nützlich, weil er die Tatsache erfasst, dass sich Liberale, Radikale, Republikaner und in gewissem Maße sogar Sozialisten damals nicht klar unterscheiden ließen. Zu Gans’ Mitgliedschaft bei den »Freunden Polens« siehe Auguste Cornu, Karl Marx und Friedrich Engels. Leben und Werk, Erster Band: 1818–1844, Berlin 1954, S. 179–180.
Saint-Simon (1760–1825), der häufig als einer der Begründer des Sozialismus gilt, war der Ansicht, die Französische Revolution sei deshalb gescheitert, weil es ihr nicht gelungen sei, »die Interessen der Menschen zusammenzuführen […] und einen gemeinsamen Weg für das besondere und das allgemeine Interesse zu finden«. Das war der Weg der Wissenschaft. Er stimmte überdies mit konservativen Kritikern der Revolution darin überein, die Revolution habe es nicht geschafft, eine neue Form von pouvoir spirituel (spiritueller Macht) zu etablieren, welche die katholische Kirche hätte ersetzen können. Religion war essentiell, denn sie war die letztgültige Quelle des Rechts, die eine Gemeinschaft zusammenhalten konnte. In seinen frühen Schriften war er davon überzeugt gewesen, dass das Christentum diese Rolle nicht mehr spielen könne, weil es wissenschaftlich obsolet war. Er hatte deshalb eine »religion à Newton«, vorgeschlagen, eine Newton’sche Religion. Doch mit der Rückkehr der französischen Monarchie nach 1815 wandelte er seine Argumentation ab, und in seinem letzten großen Werk Le Nouveau Christianisme (1825, Das neue Christentum) vertrat er die These, der christliche Glaube lasse sich mit der Wissenschaft versöhnen, wenn man ihn auf zwei Prämissen eindampfe: Alle Menschen müssten sich gegenseitig wie Brüder behandeln, und alle müssten sich darum bemühen, das Los der ärmsten und zahlenmäßig größten Klasse zu verbessern. Nach seinem Tod 1825 schlossen sich seine Anhänger zu einer Gruppe zusammen und legten 1829 die Exposition de la Doctrine de Saint-Simon (Darstellung der Lehre Saint-Simons) vor mit dem Ziel, eine saint-simonistische Kirche zu etablieren. Auf europäische Intellektuelle hatte dieses Werk enorme Wirkung, und es gilt im Bereich der Theorie als eine der wichtigsten Quellen für das Nachdenken über die »soziale Frage« nach 1830.
In Westeuropa wurde in den frühen 1840er Jahren viel über die »soziale Frage« diskutiert. Ihren Ausgang hatte diese Diskussion von den Debatten im Gefolge der Revolution 1830 in Frankreich und der Reform Bill 1832 in Großbritannien genommen. Die rege Beteiligung von Arbeitern auf den Barrikaden in Paris in den drei Tagen, die zur Abdankung Karls X. führten, und die Reformkrise in Großbritannien warfen Fragen auf. Es ging dabei um ihre weiterhin untergeordnete Stellung in der Verfassung ebenso wie um neue Formen der Armut, von denen die Arbeiterschaft betroffen war. In Deutschland wurde die Diskussion noch dadurch verkompliziert, dass man nicht so recht wusste, wie man die neuen Arbeiter in den Städten und die Wanderarbeiter auf dem Land in die offiziellen Kategorien der Ständegesellschaft integrieren sollte. Sismondi hatte in seinen Nouveaux principes d’économie politique, ou de la richesse dans ses rapports avec la population von 1819 den Begriff des »Proletariats« eingeführt, um dieses neuartige Phänomen zu beschreiben. Hegel hatte diese Gruppe in seiner Philosophie des Rechts als »Pöbel« bezeichnet. Gans hatte diese Begrifflichkeit ursprünglich übernommen, sprach angesichts seiner Besuche in Frankreich und England später aber lieber vom »Proletariat«. Siehe Norbert Waszek, Eduard Gans on Poverty and on the Constitutional Debate, in: Douglas Moggach (Hg.), The New Hegelians: Politics and Philosophy in the Hegelian School, New York 2006, S. 24–50.
Zu Gans’ Haltung zur Rechtsgeschichte und Rechtsphilosophie siehe Michael H. Hoffheimer, Eduard Gans and the Hegelian Philosophy of Law, Dordrecht 1995.
Savigny, Vom Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft, S. 2, 4, 5–6, 57. Die Wendung von der »Vernichtung unserer Nationalität« stammt aus der Vorrede zur zweiten Ausgabe, Heidelberg 1988, S. iii. Das Zitat »Ausweis politischer Erniedrigung« findet sich im Vorwort des Übersetzers der englischen Ausgabe (Friedrich Karl von Savigny, Of the Vocation of Our Age for Legislation and Jurisprudence, übers. von Abraham Hayward, London 1828, S. iv.).
Siehe Hoffheimer, Gans, S. 35, 46The Legacy of Roman Law in the German Romantic Era: Historical Vision and Legal ChangeNJ1990183185