Oliver Stöwing

Dann zeigte er mir seine Schlumpfsammlung

Die kuriosesten Dating-Desaster

Knaur e-books

Inhaltsübersicht

Über Oliver Stöwing

Oliver Stöwing, geboren 1972, ist Bestseller-Autor und Textchef bei BILD-Online. Aus eigener Erfahrung kennt er die tragischen Geschichten vom Suchen und Finden der Liebe, die doch eines zeigen: Wir sitzen auf der beschwerlichen Suche nach dem Traumpartner alle im selben Boot.

Impressum

eBook-Ausgabe 2014

Knaur eBook

© 2014 Knaur Taschenbuch

Ein Unternehmen der Droemerschen Verlagsanstalt

Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.

Redaktion: Mareike Fallwickl

Covergestaltung: ZERO Werbeagentur, München

Coverabbildung: FinePic®, München

ISBN 978-3-426-42380-6

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Für Alex

Einleitung

Es beginnt ganz gut: Der Typ fragt mich über Facebook, ob ich auch bei der Party von Hendrik eingeladen sei. Ja, bin ich. Ob ich vorher bei ihm vorbeikommen wolle. Ja, sehr gerne. Ich also hin, er kocht aufwendig, wir trinken Wein und noch mehr Wein, ich denke, jetzt ist die Gelegenheit gut, und greife an. Seine Reaktion: verhalten. Verlegen trinken wir noch mehr Wein. Dann sagt er: »Wir müssen mal los. Die Party.« »Klar, die Party«, sage ich, und dann steigen wir in ein Taxi. Auf der Party begrüße ich ein paar Leute – und sehe meine Begleitung von da an nie wieder. Er verschwindet einfach. Ich schreibe ihm am nächsten Morgen eine SMS, ob alles in Ordnung sei. »Ja, hatte einfach das Bedürfnis, rauszugehen und durch die Nacht zu laufen. Hoffe, du verstehst das. Ich melde mich«, war die Antwort. Klar verstehe ich das. Für Bedürfnisse habe ich immer Verständnis. Die einen haben das Bedürfnis, Onepiece-Tierkostüme aus Fleece anzuziehen und sich mit Gleichgesinnten zu Flashmobs zu treffen, andere haben das Bedürfnis, sich nackt einen Rucksack umzuschnallen und durch Tirol zu wandern. Da ist es doch ein vergleichsweise unauffälliges Bedürfnis, plötzlich durch die Nacht spazieren zu wollen. Ohne ein Wort zu sagen. Weiß der Teufel, was in ihm vorging. Wir suchen die Gründe für ein verkorkstes Date immer bei uns selbst, aber seltsames Verhalten des anderen hat eben immer mit dem anderen zu tun. Und nicht mit uns. Ein schwacher Trost. Denn: Er meldete sich nicht.

Sie sehen, das Thema Dating-Desaster lässt mich nicht los: Dagegen ist einfach kein Kraut gewachsen. Und auch meine Freunde, Bekannten, Kollegen und Leser haben immer wieder mit Dating-Enttäuschungen zu tun. Das zeigen die unzähligen Geschichten von missglückten Dates, die nach meinem letzten Buch »Blöder Prinz, du kannst mich mal« auf mich einprasselten. Die besten neuen Storys und die besten aus der bestehenden Sammlung gibt es hier in diesem Buch – und die meisten dieser Desaster sind witziger als das, welches ich Ihnen gerade erzählt habe, versprochen. Denn auch wenn ich Ihnen noch immer kein Patentrezept gegen schlechte Dates bieten kann, eines ist sicher: Darüber zu lachen ist so viel besser als deswegen zu weinen!

Date-Crasher Nr. 1:
Pannen, Pech und Peinlichkeiten

Bei einem Date kann ja alles Mögliche schiefgehen. Und meistens macht der Teufel von seinen Möglichkeiten Gebrauch! Hier geht es um Pannen, für die eigentlich niemand richtig etwas kann. Warum sie gerade bei Dates so oft auftreten?? Vielleicht, weil beide Beteiligten etwas nervös sind und ungeübt im Umgang miteinander. Das ist wohl die beste Voraussetzung dafür, dass etwas Peinliches passiert!

Feuriges Date. Alexandra (29): Joe hatte sich richtig ins Zeug gelegt und bei sich zu Hause ein Vier-Gänge-Menü für mich gezaubert. Zum Nachtisch sollte es etwas Flambiertes geben, Crème brulée, und wie der Teufel es so wollte, fingen erst ein Blumengesteck, dann die Servietten und dann die Tischdecke Feuer. Er geriet total in Panik, rannte in den Hausflur und kam mit einem Feuerlöscher wieder. »Scheiße, scheiße, wie geht das!?«, schrie er hysterisch und versuchte, die Gebrauchsanweisung auf dem Feuerlöscher zu entziffern. »So ein Scheiß, ich hab das Ding noch nie benutzt, wie geht das?« In der Zeit hatte ich bereits einen Kochtopf mit Wasser gefüllt. Den schüttete ich auf die Flammen und sie erloschen mit einem ergebenen Zischen.

Extensionsskalp. Mo (26): Erstes Date, erster Kuss. Ich wuschelte in ihren tollen blonden Haaren, als ich plötzlich ihr Haarteil in der Hand hatte. Während ich sie weiterküsste, versuchte ich, ihr das Teil wieder aufzustecken, aber irgendwann griff sie panisch an ihren Kopf und merkte, dass da etwas nicht stimmte. Es war ihr total peinlich, und die Stimmung war hinüber.

Schildkröte zertreten. Tina (32): Mein Date mit Johannes stand unter einem gänzlich ungünstigen Stern. Erst wurde mir in der Bar meine Marc-Jacobs-Handtasche gestohlen. Dann bin ich mit zu ihm und trat mit meinen Highheels versehentlich auf seine über den Küchenfußboden krabbelnde Lieblingsschildkröte Hertha, ein lebendes Erbstück seiner Oma, die ihn großgezogen hatte. Wir brachten sie in die Notfall-Tierklinik. Von solchen Omen sollte man sich nicht abschrecken lassen: Heute sind Johannes und ich ein Paar, und auch Hertha geht es wieder blendend.

Promille-Power. Maike (23): Ich war vor meinem Date so schrecklich nervös. Meine Mitbewohnerin überredete mich zu einem Schluck Wodka, um mir Mut anzutrinken. Gut, es war ein Date zum Nachmittagskaffee. Es lief dann auch nicht so toll: Er beendete das Date ziemlich hastig. Ich schrieb ihm hinterher eine SMS, was denn los gewesen sei und ob wir uns wiedersehen, und er schrieb zurück: »Du hattest eine Fahne, das hat mich total irritiert. Irgendwie nicht so mein Style.« Ich kam mir vor wie eine Alkoholikerin, dabei war das echt die totale Ausnahme.

Atemlos I. Nicola (33): Ich war mit Marcus im Café Oberholtz in Berlin-Mitte, und er aß einen Caesar Salad. Plötzlich verschluckte er sich fürchterlich und lief blau an. »Trink von meinem Wasser«, sagte ich, doch Marcus winkte an: »Geht schon, geht schon.« Leider wurde es immer schlimmer. Alle anderen Gäste sahen inzwischen von ihren iPads und Macbooks auf, aber keiner half. In meiner Verzweiflung fragte ich den Kellner, ob er irgendetwas tun könne. Er entgegnete nur mit spanischem Akzent: »Sorry, no german.« Ich schrie ihn an: »Call 110, you motherfucker, avanti!« »Do not shout me«, giftete mich der Kellner an. »I only shout at you because my friend is dying!«, kreischte ich daraufhin panisch. Ich schien damit nicht zu übertreiben: Marcus’ Gesichtsfarbe vergrößerte meine Panik nur noch, er röchelte bereits. »Wende das Heimlich-Manöver an«, rief mir ein Mädchen mit Ponyfrisur zu. »Wie geht das?«, fragte ich mit Hysterie in der Stimme. Das Mädchen zuckte nur mit den Schultern. »Warte, ich google das!«, sagte ein Hipster mit Nerdbrille und Häkelmütze. Ich drückte währenddessen hilflos an Marcus herum und klopfte auf seine Schultern. Seine Augen schienen mir zu sagen: »Hilf mir, hilf mir!« Aussprechen konnte er die Worte nicht. »Bitte huste doch!«, flehte ich ihn an. »Huste das aus! Wenn du jetzt nicht hustest, hast du ein Leben lang einen Croûton in der Lunge!« Das sagte ich, um ihm Mut zu machen – was das Leben betraf, sah ich inzwischen schwarz für ihn. Da kam ein Mann im blauen Overall, der gerade Getränkefässer angeliefert hatte, schlug Marcus zwischen die Schulterblätter, umklammerte dann von hinten seinen Bauch und drückte ruckartig zu. In einem hohen Bogen spuckte Marcus den Croûton aus, der zielsicher und verfeinert mit Blut und Schleim in meinem Ausschnitt landete. »Der Heimlich-Griff! Das war er«, freute sich der Hipster und hatte seine iPhone-Kamera auf das Geschehen gerichtet. Ich bin sicher, das landete irgendwo im Netz.

Angriff des Killer-Vorhangs. Franzi (28): Ich betrat das Café, in dem er wartete. Verhedderte mich am Türvorhang, riss ihn runter, sah nix mehr, warf Tische um. Der Scheißkerl filmte das, stellte es auf YouTube. Hatte mehr Klicks als das letzte Video von Lady Gaga.

Angriff der Killer-Nuss. Friedrich (43): Wir im Asia-Lokal: Sie fragte, ob das Essen ohne Nüsse ist. Der Kellner: Ja, schon. Nach dem Essen: Allergischer Anfall, sie zuckte, röchelte, war leichenblass. Notaufnahme.

Fliegendes Fleisch. Julia (31): Im Nobel-Restaurant. Er machte den Macker, bestellte für mich, zeigte, wie man das Bestellte isst. Dann zersägte er sein Entrecôte. Es flog quer vom Teller durch den Raum. Ich lachte. Er nicht.

Sexpillen-Panne. Claudia (23): Date im Vapiano. An der Kasse. Er zückte sein Portemonnaie, zog den Schein. Kleine blaue dreieckige Pillen kullerten auf den Tresen und den Boden. Er wurde sehr rot.

Fragwürdige Uniform. Mandy (33): Er kam direkt vom Dreh, Minirolle als DDR-Soldat, in Uniform, zu mir nach Pankow. Wir hatten ja nicht mit den Reaktionen der Leute gerechnet! Manche Ur-Ossis haben applaudiert, andere geschimpft und uns sogar aus dem Fenster mit altem Gemüse beworfen. Wir standen knapp vor einer Straßenschlacht!

Die Rache der Dorade. Katinka (35): Restaurant von mir ausgewählt. Ich empfahl Joseph die Dorade. Bestellte sie auch. Kriegte dann Hunger auf eine Pizza. Bestellte um. Er blieb bei dem Fisch und fing sich einen hammerharten Darmvirus ein. Machte sich fast vor mir in die Hose, blieb eine Woche lang krank.

Joseph (32): Ich dachte, diese Hexe hat mich vergiftet. Heute sind wir zwar zusammen, aber Katinka darf mir niemals meine Speisen aussuchen. Und ich esse nie wieder Dorade.

Zaun-Unfall. Mareike (24): Es war das dritte oder vierte Date, als wir an einem See spazieren gingen und er lässig über einen Zaun sprang, der den Weg versperrte. Er wollte mich wohl beeindrucken, ratschte sich aber die Hose auf und auch die Boxershorts, so dass kurzzeitig sein Gemächt freigelegt war. Zuerst war ich genauso erschrocken wie er, aber dann stellte ich fest, dass er nicht verletzt war und konnte mich nicht mehr halten vor Lachen. Er reagierte jedoch völlig humorlos, schnauzte mich an, ich solle die Klappe halten, und stapfte wutschnaubend davon.

Depressive Busenfreundin. Peter (31): Ich datete Viola schon eine Weile. An jenem Tag hatten wir eine Radtour mit Picknick geplant. Überraschung: Ihre Freundin Mona kam mit. Viola musste sie mitnehmen, weil sie gerade von ihrem Freund verlassen worden war. »Ich kann sie jetzt nicht allein lassen. Nicht in diesem Zustand«, sagte sie. Ich hatte alles so schön vorbereitet, doch Mona heulte und jammerte die ganze Zeit. Dann stopfte sie meinen teuren Käse in sich hinein, als sei es billige Schokolade, fluchte über ihren Ex und wünschte ihm kontinentgroße Tumore an die Organe, danach heulte sie wieder, wie sehr sie ihn vermisse. Als Viola und ich es wagten, in einem unbeobachtet geglaubten Moment ein Küsschen auszutauschen, jaulte sie auf wie ein verwundeter Hund: »Arrrrrghhh! Es ist noch zu früh für mich, um liebende Paare um mich herum zu ertragen!« Schnell stopfte sie sich mein Ciabatta in den Mund. Auf den Magen schlug ihr der ganze Trennungsschmerz jedenfalls nicht.

Blut-Drama unter Palmen. Franzi (28): Während meines Animateur-Jobs auf Fuerte. Date mit Dan. Er wollte mit mir Kite-Surfen. Schlimmer Unfall: Er schlug mit dem Kinn auf einem Tretboot auf.

Dan (29): Ich wollte Franzi mit der Kite-Surf-Nummer beeindrucken – und das Date endete im Blut-Drama. Eine Woche Krankenhaus. Sie kam jeden Tag. Bis heute sind wir ein Paar.

Blut auf Eis. Olivia (27): Er wollte sich auf der Eisbahn treffen. Mein erstes Mal. Er kufte gottgleich. Mich lachten die Teenies aus. Ich schlitterte gegen ein älteres Paar, die beiden stürzten, und ich fuhr ihnen über die Hände. Splatter on Ice!

Unter Prostitutionsverdacht. Tina (32): Ich hatte ein Date mit einem Mann, den ich von einem Dating-Portal kannte. Treffpunkt: eine Hotelbar. Ich hatte mich schick gemacht, enger Rock, Killerabsätze. Da saßen nun ein paar einzelne Herren, und mindestens drei von ihnen hätten mein Date sein können. Also trat ich auf den ersten zu und fragte: »Sind Sie mein Date?« »Leider nicht«, sagte er und sah mich irritiert an. Ich ging zum zweiten Mann, der an seinem Tablet saß, und wollte nun nicht mehr diese blöde Frage stellen. Also sagte ich: »Entschuldigen Sie, darf ich fragen, ob Sie auf jemanden warten?« Da kam der Kellner auf mich zu und sagte: »Darf ich Sie bitten zu gehen? Prostitution ist in unserem Haus nicht gestattet.« In dem Moment trat der richtige Kerl an mich heran und fragte mich: »Sind Sie Tina?« Der andere Mann sah ihn an, und ich konnte seine Gedanken lesen: ›Du bist also ein Freier, Kollege …‹ Der Kellner verzog sich kopfschüttelnd. Mir war das Ganze enorm peinlich. Ach ja, und das Date war auch nix.

Date im Panik-Restaurant. Yvonne (24): Mein erstes Date mit meinem jetzigen Freund war insofern eine Katastrophe, als dass wir uns das ungemütlichste Thai-Restaurant von Berlin ausgesucht hatten – Hauptsache hip! Wir mussten Schlange stehen, wurden dann von topmodisch frisierten Thailänderinnen gnädig an ein winziges Tischchen gescheucht, an dem wir unseren Sitznachbarn so nah waren wie im Billigflieger. Wir bekamen die Karte hingeknallt und mussten uns sofort für ein Gericht entscheiden. Nun, die Entscheidung fiel nicht schwer, denn es war alles aus bis auf ein Gericht. Das kam dann wundersamerweise nach zwei Minuten und wurde uns wieder entrissen, noch ehe wir fertig waren. Sofort folgte die Rechnung, während schon ganze Hipster-Touristengruppen auf unseren Tisch lauerten. Ein Gespräch konnte so nicht zustandekommen. Wenigstens verbeugten die Kellner und Kellnerinnen sich zum Abschied und sagten: »Kobkun krab, la gon krab.« Heißt auf Thai wohl so viel wie: »Buddha sei Dank, verschwindet ihr Lahmärsche endlich.«

Als ich einen Flamenco zu viel tanzte. Kassandra (32): Ein Date im Urlaub! Das kann ja nur unbeschwert sein! Ohne dass die drückende Frage im Raum steht: Gibt es eine Zukunft? Nein, gibt es nicht, und weil das also geklärt ist, kann man ganz das Hier und Jetzt genießen. Ich hatte meiner besten Freundin Mona die Barcelona-Reise geschenkt. Sie hatte es verdient, weil sie eine ziemliche Pechmarie gewesen war. Euphorisch stürmten wir am ersten Abend die nächstbeste Tapas-Bar, Mona bestellte eine Paella und beschimpfte mich als provinziell, weil ich keinen Fisch mag. Ein hartnäckiger Brechdurchfall fesselte sie die nächsten Tage ans Hotelzimmer. Also schlenderte ich alleine durch die Gassen und lernte Luis kennen, der in einem Café arbeitete und Musiklehrer war und wohl auch gerne Siesta machte.

Wir verabredeten uns für den nächsten Tag am Strand von Barceloneta. Ich war hingerissen, als er tatsächlich erschien. Diese dunklen Wuschelhaare, die langen Wimpern, die Armbändchen und Kettchen mit Amuletten! Sein Englisch war erbärmlich, aber wen kümmert das, wenn er Gitarre spielt und dazu Folk-Pop oder Zigeunerweisen singt? Es ist gut, dass ich keine Familie habe: Da müsste nur so ein Hippie-Junge mit Gitarre kommen und mit seinen langen schwarzen Wimpern klimpern, und ich würde auf sein rostiges Vehikel steigen und Kind und Kegel und Eigenheim mit Poggenpohl-Küche verlassen, ganz übel.

Luis nahm mich auf seinem Roller mit auf den Montjuic-Berg, unter uns die Lichter der Stadt und der Hafen, über uns die Sterne, und wir küssten uns. In dem Moment stimmte alles. Es war der Knall im All. »You eyes like a star falls from heaven«, sagte er. Von spanischen Hippiejungs kann ich auch Augen-Komplimente gut ab, ein deutscher Anwalt hingegen würde sich für so einen Stuss eine fangen.

Der Hippiejunge war zwar auch schon 28 Jahre alt, wirkte aber noch so hoffnungslos verantwortungslos und war dazu hinreißend romantisch. Als er mich bat, die Nacht mit ihm zu verbringen, sagte ich einfach »Sì«. Es überraschte ihn nicht: Mädels aus dem Norden fackeln nicht lange, wenn die Gelegenheit gut ist, das hat sich in den Mittelmeerländern herumgesprochen! Er fragte nach meinem Hotel, ich bedeutete ihm, dass dort eine Freundin liege, die ganz oft aufs Klo müsse. »We go my place«, sagte er. Na klar!

Dass wir fast eine Stunde durch irgendwelche Vororte bretterten, in denen sich zeigte, dass Spanien nicht nur Plaza und Playa und Promenade und Pinienwald bedeutet – nun ja. Endlich kamen wir an, in ein irgendwie zusammengewürfeltes Haus, dessen Grundlage ganz sicher keine Baugenehmigung war. Durch ein rostiges Tor betraten wir einen Hinterhof, schoben ausufernde Rhododendronbüsche zur Seite, Grillen zirpten, wir scheuchten ein paar Katzen auf, die Luis beim Namen nannte. Mir war mulmig zumute, gleichzeitig lobte ich mich innerlich für meine Abenteuerlust. Ich mochte manchmal beknackte Entscheidungen treffen, aber ich langweilte mich nie mit mir!

Über eine Außentreppe erreichten wir eine Wohnung, eine kleine Diele, in der es stark nach Desinfektionsmittel roch. Dann waren wir in einer winzigen Stube – ein Jungenszimmer mit ein paar Wimpeln des FC Barcelona, einem Globus, einem schmalen Bett, einer alten Kommode und einem riesigen Flatcsreen, und überall lagen Sachen herum, CDs, Bücher (Carlos Castaneda, J.D. Salinger, Gabriel Garcia Marquez, Francisco Umbral), Klamotten, Turnschuhe. Luis murmelte irgendwas, was ich als Entschuldigung für die unordentliche Kammer verstand, und dann saßen wir auf dem schmalen Bett, und er streichelte verlegen meine Hand.

Ich hatte den Impuls zu flüchten, denn ich hatte nun doch etwas erwartet, das man Wohnung nennen konnte. Aber mit welcher Ausrede sollte ich das hier abbrechen und dabei diesem heißen Burschen in die lang gewimperten Augen schauen? Wie nach Hause kommen? War es draußen vielleicht gefährlich? Gab es hier Taxis? Und warum sollte ich die Sache nicht zu Ende bringen, ich war doch kein Feigling und der Typ wirklich süß!

Also zog ich ihn an mich und küsste ihn. Was folgte, war unbeholfen, niedlich, manchmal ein bisschen peinlich, aber es hatte seinen Charme, wenn wir nur nicht immer von diesem schmalen Kajütenbett gekracht wären. Ich will mich beim Sex nun mal bewegen, dafür war das Mobiliar schlicht nicht geeignet.

Schließlich spürte ich unerwartet einen Moment der Ekstase, und ich bin es nicht gewohnt, mich zurückzuhalten. Ich wollte meine Lust hinausschreien – doch Luis hielt mir den Mund zu.

Schlafen war auch ein Problem, unsere klebrigen Körper hatten keinen Platz auf dem Bett. Luis wies mir den Weg durch den dunklen Flur zu einem kleinen WC und verschwand in einem anderen Raum. »This is kitchen, there is couch, I sleep there«, erklärte er mir und verabschiedete mich mit einem Kuss. Plötzlich lag ich allein in seinem Jungszimmer, was ganz angenehm war. Es fühlte sich aber auch seltsam an, gerade hatte ich noch die Intimität eines anderen Körpers gespürt, nun lag ich allein in einem ausländischen Raum. Ich sah mich um und hörte, was die Gegenstände mir für eine Geschichte erzählten. Es war die Geschichte eines musikalischen und etwas chaotischen Jungen, der Fußball mag und die Rockband La Oreja de van Gogh und auf italienische Filme von Visconti und Fellini steht und offenbar Shakira für die Erhörung seiner heißesten Fantasie hält.

Eine freundliche Geschichte, und ich schlief beruhigt über dem Rattern der Klimaanlage ein. Als ich aufwachte, orientierte ich mich zunächst, ohne Panik, aber zügig. Ich suchte nach dem Faden meiner Biographie, mit dem ich dort anknüpfen konnte, wo ich gestern aufgehört hatte, und fand ihn glücklicherweise bald. Gitarre am Strand, billiger Rotwein, eine Rollerfahrt in Vororte, seine kleine Wohnung, ein Intermezzo auf dieser schmalen Matratze, das, wenn man mal ein Auge zudrückte, durchaus als Sex durchging. Luis hatte sich aus Platzgründen auf die Küchencouch schlafen gelegt. Und ich lag nun hier. Katzen miauten auf dem Hof, ich hörte spanische Männerstimmen und so etwas wie eine Schubkarre. Und ich beschloss, mich wohl zu fühlen. War es nicht wild und verrückt, nackt in einer kleinen Jungswohnung in einem Vorort von Barcelona aufzuwachen?

Ich stand auf und betrachtete meinen Körper in den billigen Spiegelkacheln, die an die Tür geklebt waren. Ich fand mich verrucht und sexy und verrückt und legte mir seine sämtlichen Muschelketten und Amulette, die an einem Haken hingen, um den Hals, und verließ das Zimmer. Nackt bis auf den Schmuck. Ich bin gerne nackt, vor allem im Urlaub, vor allem im Süden. Ich trat in die Diele, suchte das WC auf, dann wollte ich Luis überraschen, mit meiner Nacktheit, und so den Zauber der Nacht noch erhalten, ihm zu verstehen geben, dass ich keine kühle Deutsche bin, die abgebrüht zum Alltag übergeht, nur weil es wieder hell ist. Der Rest Rotweinrausch von gestern war da durchaus hilfreich.

Ich ging auf die Küchentür zu, hinter der ich Luis vermutete. Ich hörte spanische Musik aus der Küche und dachte mir, mach Platz, Shakira, denn hier kommt Kassandra, das Heißeste, was Kassel je hervorgebracht hat! Also öffnete ich die Tür und tanzte mit einem wilden Flamenco-Hüftschwung hinein, drehte mich derwischgleich, wackelte mit dem Po und dem blanken Busen, mein langes rotes Haar rotierte, die ganzen Ketten, die ich mir umgelegt hatte, schwangen und rasselten. Dann sah ich, dass eine ganze Großfamilie am Küchentisch saß. Eine spanische Mama, ein strenger Papa, eine zahnlose Oma, ein Teenager-Girl mit sehr langen Haaren und zwei kleine Jungs und auch Luis. Richtig, jetzt fiel es mir wieder ein: Südländische Männer wohnen ja ewig noch zu Hause!

»Hola!«, grüßte ich lächelnd in die Runde. Was sollte ich auch sonst sagen?

Dating-Tricks

Date-Crasher Nr. 2:
Gefloppte Gespräche

Ein Date dient dazu, sich zu beschnuppern. Wir Menschen schnuppern mit den Ohren. Denn wir tauschen uns hauptsächlich über die Sprache aus. Mit unseren Worten versuchen wir, ein Bild von uns abzugeben – aber nicht immer wird das Bild vom anderen so gesehen, wie wir es zeichnen wollten. Oftmals entlarven wir uns stattdessen und kommen ganz anders rüber als beabsichtigt. Je mehr Ängste und Unsicherheiten wir verbergen wollen, desto größer wird die Gefahr zu scheitern, was dann die Ängste und Unsicherheiten wiederum verschärft. »Sei einfach der, der du bist!«, heißt es daher oft. Sagt sich so, aber: Wer bin ich denn?

Das Gespräch ist die Königsdisziplin bei jedem Date. Oftmals reden wir aneinander vorbei. Aber wenn es gutläuft, geraten wir in einen gemeinsamen Fluss. Dieser Fluss kann uns in einen Zustand namens Liebe schwemmen, scheinbar ganz von selbst, obwohl doch auf seinem Weg tausend kleine und große Entscheidungen gefällt werden. Wenn Sie dann irgendwann miteinander schweigen – und es anders als beim Date nicht mehr als unangenehm empfinden –, haben Sie es geschafft!

Worauf Sie beim Date-Talk achten sollten

Pofixiert. Sanja (27): Ich traf mich mal mit einem Typen, der redete die ganze Zeit von seinem fantastisch geformten Arsch und beschrieb mir die Übungen, die er dafür machte, faselte von Beinrückheben und tiefer Beinpresse. Wir waren auf dem Weihnachtsmarkt, und er machte mir die Übungen vor, die ihm zu seinem vorzüglichen Hinterteil verholfen hatten. Er streckte dabei den Hintern raus wie eine Ente. Eine Gruppe gut gekleideter Männer ohne Damenbegleitung wurde auf ihn aufmerksam. Ich muss zugeben, er erzielte also eine gewisse Wirkung. Als er aber dann meine Hand nahm, zu seinem Gesäß führte und sagte: »Na, kannst du ein Tablett drauf abstellen, was?«, da ging es mir doch etwas zu weit. Ich antwortete nur: »Ich will darauf doch gar kein Tablett abstellen!«

Papageien-Frau. Michael (40): Ich ging mit einer Frau aus, die wiederholte die ganze Zeit meinen letzten Satz. Etwa so! Ich: »Und als die Zentrale nach München gezogen ist, da wurde mir klar, dass es nun Zeit für mich war, die Firma zu wechseln.« Und sie: »Dann wusstest du, es war Zeit zu wechseln.« Das ging ungelogen die ganze Zeit so. Erst hielt ich das für empathisch und dachte, wir unterhalten uns prima, dann fiel mir auf, dass sie völlig mechanisch immer nur einen Satzteil wiederholte. Sie trug überhaupt gar nichts Eigenes zum Gespräch bei!

Hasstirade. Silke (37): Der Typ erzählte mir im Restaurant ausschließlich von seiner Ex-Frau und wie sie ihn finanziell über den Tisch ziehe. Am Ende hatte er nicht genug Bargeld für die Hälfte der Rechnung, ich zahlte alles mit meiner Karte.

Ungebetener Gesundheitsreport. Silke (37): Im Restaurant. Dem Typen war es sehr wichtig zu betonen, dass er keinen Alkohol trinkt und nicht Auto fährt. Ich fühlte mich genötigt zu fragen: Und warum nicht? Da breitete er zwei Stunden lang aus, dass er Epileptiker sei und wie sehr ihn das einschränke.

Schweige-Date. Jeff (31): Ich hatte ein Date mit einer Frau, die hatte rein gar nichts zu erzählen. Ich fragte sie, was sie so am Wochenende mache. Sie sagte: »Meist nicht so viel. Ich sehe fern oder so.« Für sie wäre so etwas ratsam wie: ein Leben.

Heulsuse, männlich. Natascha (23): Ich hatte einen Typen bei mir, einen Anwalt, der wollte nur reden, über seinen Job, seine Probleme mit der Familie, dass sie gerade mit einem Therapeuten eine Familienaufstellung machten. Am Ende weinte er betrunken in meinen Armen!

Bonjour tristesse! Nadine (25): Er zeigte mir während des Dates im Café Bilder seiner tristen Heimat. Er stammte aus einer niedersächsischen Kleinstadt. Auf seinen Fotos: eine Fußgängerzone, eine Sportkneipe, eine Kirche, eine Sportaschebahn, ein Friedhof. Ohne Scheiß, ein Friedhof. Warum das Ganze? Ich solle sehen, wo er herkam. Es war das Zweitlangweiligste, was ich mir je angesehen habe, nach einer mehrstündigen Diashow meines Chefs über seine Feuerlandreise.

Hochspannung. Soraya (33): Der Typ fand ganz viel spannend: die Speisekarte. Seinen Job. Die Möglichkeiten, die sich durch 3D-Drucker bieten. Wie Berlin sich verändert. Nahost-Reisen. Ich dachte: Noch einmal das Wort spannend, und ich breche ins Essen!

Bill killt das Date. Marsha (25): Wir gingen nach dem Date zu ihm. Er legte Kill Bill ein und zitierte den ganzen Film. Und nein, Kill Bill ist keine Romantikkomödie.

Mallorca-Show. Yasmin (28): Zweites Date. Er war frisch vom Mallorca-Urlaub zurück. Zeigt mir eine Stunde lang Fotos auf dem iPad. Party, Strand, Altstadthäuser, die mit Wunderblumen überwuchert sind, Katzen, die vor Keramikkrügen sitzen, Gewürzmischungen auf dem Markt. Dazu Storys von Leuten, die ich nicht kenne. Öde!

Niedergeredet. Henry (37): Hatte ein Date mit einem Typen, der nur von sich redete. Seine kleinen Neffen und Nichten (sie kostümieren sich gern als Ice-Age-Figuren, wie er mir auf dem Handy zeigte), seine Heimatstadt (Mainz, ist ja nicht so aufregend), seine Bewerbungsgespräche (alle gefloppt, wahrscheinlich hat er die Personaler in Grund und Boden gequasselt). Nicht eine Frage an mich: Wo ich herkomme, was ich so mache … Er schien danach aber das Gefühl zu haben, dass das Date prima verlaufen war – so einseitig kann eine solche Wahrnehmung sein!

Date-Crasher Nr. 3:
Lügner und Angeber

Laut Internet lügt der Mensch 200-mal am Tag. Aber – Newsflash – manchmal lügt auch das Internet. Wahr ist jedoch: Bei einem Date wird oft gelogen, dass die Balken krachen. Dahinter steckt meist keine Bösartigkeit, sondern die urmenschliche Angst, nicht zu genügen – mit dem, der man wirklich ist. Lesen Sie selbst.