Renée Carlino
Denkst Du manchmal noch an mich?
Aus dem Amerikanischen
von Annette Hahn
FISCHER E-Books
Renée Carlino lebt mit ihrem Mann, ihren zwei Söhnen und ihrer Hündin June in Südkalifornien. Wenn sie nicht mit ihren Jungs am Strand spielt oder an ihrem nächsten Buch arbeitet, verbringt sie ihre Zeit gerne damit zu lesen, auf Konzerte zu gehen oder dunkle Schokolade zu essen.
Weitere Informationen finden Sie auf www.fischerverlage.de
Es beginnt im Studentenwohnheim der New York University. Dort sind Matt und Grace zunächst Zimmernachbarn, dann beste Freunde und schließlich ein Liebespaar. Sie studiert Musik und spielt Cello, er studiert Fotografie und bekommt nach seinem Abschluss die Chance seines Lebens: das Angebot, für National Geographic nach Südamerika zu reisen. Keiner von beiden traut sich selbst und dem anderen seine Gefühle einzugestehen, keiner will dem anderen bei der Zukunftsplanung im Weg stehen. So verlieren sich die beiden aus den Augen.
15 Jahre später sieht Matt eine Frau in der U-Bahn und erkennt zu spät, dass es Grace ist – seine erste große Liebe, die Frau, die er seitdem nicht vergessen kann. Er wünscht sich nichts mehr, als sie wiederzufinden. Wird ihre Liebe eine zweite Chance bekommen?
Erschienen bei FISCHER E-Books
Originalausgabe © 2015 by Renée Carlino
All rights reserved including the right of reproduction in whole or in part in any form. This edition published by arrangement with the original publisher, Atria Books, a division of Simon & Schuster, Inc., New York
Für die deutschsprachige Ausgabe:
© 2018 S. Fischer Verlag GmbH, Hedderichstr. 114, D-60596 Frankfurt am Main
Covergestaltung: kreuzerdesign Agentur für Konzeption und Gestaltung
Coverabbildung: Getty Images/Paul McGee
Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.
Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.
ISBN 978-3-10-490165-7
Für Sam und Tony,
mit denen ich gesegnet bin
Das Leben läuft nicht rückwärts,
noch verweilt es im Gestern.
– KHALIL GIBRAN
(Grave, ma accelerando)
Neulich
Matt
Das Leben lief mit rasender Geschwindigkeit an mir vorbei, während ich die Füße hochlegte, jede Veränderung verweigerte und die Welt im Allgemeinen – insbesondere alles, was Sinn oder Belang zu haben drohte – ignorierte. Neumodisches lehnte ich kategorisch ab. Ich verabscheute Emojis, das Wort »Selbstironie« und Kunden, die an der Supermarktkasse mit ihren Handys telefonierten. Ganz zu schweigen von der allgegenwärtigen Wohnviertel-Gentrifizierung. Mein Büro war im Umkreis von einem Kilometer von einundzwanzig Starbucks umgeben. Tonstudios, Fotolabore und Schallplattenläden starben aus, und ihre ausgehöhlten Kadaver wurden zu Cupcake Shops oder Blow Dry Bars. Auf MTV gab’s keine Musikvideos mehr, in den Kneipen war Rauchen verboten. Ich erkannte New York nicht wieder.
Über all das dachte ich nach, während ich in meiner Zwei-mal-zwei-Meter-Bürozelle bei National Geographic am Schreibtisch saß. Allerdings fühlte es sich weder »national« noch »geographic« an, seit ich vor ein paar Jahren zu diesem Schreibtischjob gewechselt hatte. Nach den Reisen durch die große weite Welt, auf denen ich alles gesehen hatte, fiel ich in ein tiefes, dunkles Loch. Ich lag der Stadt, die ich liebte, quasi in den Armen, und dennoch waren wir wie Fremde. Ohne zu wissen, warum, hielt ich noch immer an der Vergangenheit fest.
Scott schlug mir auf den Rücken. »Hey, Kumpel. Mittagessen in Brooklyn?«
»Warum so weit?« Ich fummelte gerade am Akku meines Handys herum.
»Da gibt’s eine Pizzeria, die ich dir unbedingt zeigen muss, Ciccio’s. Schon davon gehört?«
»An der Fifth Avenue kriegen wir auch gute Pizza.«
»Nein, Matt, du musst die ausprobieren. Die ist phänomenal.«
»Was genau ist dort phänomenal: die Pizza oder die Bedienung?« Seit meiner Scheidung vor ein paar Jahren hegte Scott – mein Boss, mein Freund und ein eingefleischter Junggeselle – die Hoffnung, ich könnte ihn als Wingman bei seinen Beutezügen unterstützen. Ihm etwas auszureden war schier unmöglich, vor allem, wenn es um Frauen und Essen ging.
»Erwischt. Du musst dir diese Frau ansehen. Wir lassen es als Arbeitsessen laufen, und ich stelle es der Firma in Rechnung.« Scott war der Typ Mann, der nur Frauen im Kopf hatte.
»Ich bin mir sicher, das fällt in irgendeiner Weise unter sexuelle Belästigung.«
Scott lehnte sich gegen die halbhohe Trennwand. Er hatte ein hübsches Gesicht mit freundlichem Dauerlächeln, war aber ansonsten absolut durchschnittlich. Wenn er einem eine Woche lang nicht begegnete, wusste man nicht mehr, wie er aussah.
»Wir nehmen die U-Bahn.«
»Hey, Jungs!« An einem Kaffeebecher nippend, schlenderte meine Exfrau vorbei.
Ich beachtete sie nicht weiter. »Hey, Liz«, sagte Scott, und während sie sich entfernte, starrte er auf ihren Arsch. »Ist es blöd für dich, mit ihr und Brad zusammenzuarbeiten?«, erkundigte er sich.
»Ich habe schon immer mit ihr und Brad zusammengearbeitet.«
»Ja, aber früher war sie deine Frau und jetzt ist sie Brads.«
»Das ist mir ehrlich gesagt völlig egal.« Ich stand auf und nahm meine Jacke.
»Ein gutes Zeichen. Ich glaube dir. Daher weiß ich auch, dass du zu Abenteuern bereit bist.« Diese Art von Kommentaren ignorierte ich zumeist.
»Ich muss erst noch einen neuen Akku kaufen.« Ich wedelte mit meinem Handy.
»Was ist das denn?«
»Ein Handy. So was hast du sicher schon mal gesehen.«
»Der alte Knochen? Das ist kein Handy, Matt, das ist eine Antiquität. Schenk es einem Museum, und kauf dir endlich ein Smartphone!«
Auf dem Weg nach draußen begegneten wir Kitty, der jungen Kollegin mit dem Kaffeewagen. »Guten Tag, die Herren.«
Ich lächelte. »Hallo, Kitty.« Sie wurde rot.
Scott schwieg, bis wir in den Fahrstuhl stiegen. »Die solltest du dir schnappen, Mann. Die steht total auf dich.«
»Die ist doch noch ein Kind.«
»Sie hat das College abgeschlossen. Ich habe sie eingestellt.«
»Danke, nicht mein Typ. Ich mein, bitte, Scott: Sie heißt Kitty!«
»Jetzt bist du gemein.« Stellvertretend für Kitty tat er beleidigt.
»Bin ich gar nicht. Warum hält es eigentlich jeder für seine Mission, mich zu verkuppeln? Mir geht’s gut.«
»Die Uhr tickt.«
»Bei Männern ticken keine Uhren.«
»Du bist sechsunddreißig.«
»Das ist noch jung.«
»Nicht im Vergleich zu Kitty.«
Die Fahrstuhltüren glitten auf, und wir traten in die Lobby. An der hinteren Wand prangte die riesige Vergrößerung eines meiner Fotos.
»Sieh dir das an, Matt? Das macht die Frauen an.«
»Das ist ein irakisches Kind mit einer Maschinenpistole!«
»Der Pulitzer-Preis, den du dafür gekriegt hast, meine ich, nicht das Foto.« Er verschränkte die Arme. »Das war ein gutes Jahr für dich.«
»Ja, war es. Zumindest beruflich.«
»Du solltest das zu deinem Vorteil nutzen. Aufgrund dieses Fotos bist du einigermaßen berühmt. Mir hat es schon geholfen.«
»Wie das denn?«
»Es könnte sein, dass ich mir mal deinen Namen geborgt habe … Für ein oder, äh, zwei Nächte.«
Ich musste lachen. »Du bist unmöglich!«
»Kitty steht auf dich. Ehrlich, du solltest dieser Sahneschnitte geben, was sie will. Es gibt da so Gerüchte …«
»Ein Grund mehr, mich von ihr fernzuhalten.«
»Nein, gute Gerüchte. Dass sie wild ist. Wild und heiß.«
»Und das ist gut, weil …?«
Wir verließen das Gebäude und steuerten auf die Station zu, um die U-Bahn nach Brooklyn zu erwischen. Um diese Uhrzeit ist Midtown Manhattan sowieso schon chronisch überfüllt, aber jetzt kam noch hinzu, dass der Winter bald vorbei war. Die Sonne, die ihr Licht in die tiefen Straßenschluchten schickte, lockte noch mehr Leute ins Freie. Ich schlängelte mich durch die Menschenmassen, Scott an meinen Fersen.
Unten vor den Drehkreuzen stand eine alte Frau, die Geige spielte. Sie trug schmutzige Kleider, und das Haar hing ihr in grauen, verfilzten Zotteln vom Kopf. An ihrem Bogen schlingerten abgerissene Haare hin und her wie wogende Gräser, aber sie spielte fehlerlos Brahms. Als ich ihr fünf Dollar in den Kasten warf, lächelte sie. Kopfschüttelnd zog Scott mich weiter.
»Ich will doch nur, dass du glücklich und produktiv bleibst, Matt.«
Ich zog meine Metro-Card durch den Schlitz. »Dann gib mir einfach eine Gehaltserhöhung.«
Der Bahnsteig war überfüllt. Gerade fuhr eine Bahn ein, doch wir wurden von einer Gruppe beiseitegeschoben, die sich nach vorn drängelte. Ungerührt ließ Scott sich überholen und starrte auf eine Frau, die direkt an der Bahnsteigkante stand und uns den Rücken zuwandte. Sie wippte auf den Füßen vor und zurück, als würde sie auf der durchgezogenen gelben Linie am Rand des Bahnsteigs balancieren. Irgendetwas an ihr war besonders.
Scott knuffte mir den Ellbogen in die Seite, ließ seine Augenbrauen tanzen und formte lautlos die Worte »scharfe Braut«. Am liebsten hätte ich ihm eine reingehauen.
Je länger ich die Frau betrachtete, desto mehr fühlte ich mich zu ihr hingezogen. Sie trug ihre blonden Haare zu einem dicken Zopf geflochten, der ihr bis zur Mitte des Rückens reichte. Ihre Hände waren in den Taschen ihres schwarzen Mantels vergraben, und ich hatte den Eindruck, dass sie sich zum Klang der Geige, der von den Wänden des Bahnsteigs hallte, wie ein Kind versonnen hin- und herwiegte.
Als die U-Bahn endlich anhielt, ließ sie die Leute an sich vorbeiziehen und stieg erst in letzter Sekunde ein. Scott und ich rückten währenddessen an die gelbe Linie vor, wo wir auf die nächste, weniger überfüllte Bahn warten wollten. In dem Moment, als die Türen sich schlossen, drehte sie sich um. Unsere Blicke trafen sich.
Ich blinzelte. Heilige Scheiße. »Grace?«
Sie legte eine Hand auf die Scheibe und formte lautlos das Wort »Matt?«, doch der Zug fuhr bereits an.
Ohne nachzudenken, rannte ich los. Wie ein Bekloppter rannte ich mit ausgestreckten Armen bis zum Ende des Bahnsteigs, ohne sie aus den Augen zu lassen, und beschwor dabei innerlich den Zugführer, auf der Stelle anzuhalten. Doch als ich nicht mehr weiterkonnte, musste ich dem Zug nachsehen, wie er ins Dunkel verschwand.
Als Scott mich eingeholt hatte, blickte er mich verwundert an. »Whoa, Mann! Was war das denn jetzt? Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen.«
»Keinen Geist. Grace.«
»Wer ist Grace?«
Ich war immer noch wie betäubt und starrte in die Dunkelheit, die sie verschluckt hatte. »Ein Mädchen, das ich mal kannte.«
»So was wie die erste große Liebe?«
»So in der Art.«
»So eine hatte ich auch. Janie Bowers, das erste Mädchen, das mir einen geblasen hat.«
Ich überhörte seinen Kommentar. Alles, woran ich denken konnte, war Grace.
Scott fuhr fort: »Sie war Cheerleaderin. Hing immer mit unserem Lacrosse-Team herum. Alle nannten sie ›die Therapeutin‹, keine Ahnung, warum. Ich dachte, nach dem Blowjob wird sie meine Freundin.«
»Häh? Nein, so war es bei uns nicht«, sagte ich. »Grace und ich waren auf dem College zusammen, bevor ich Elizabeth kennenlernte.«
»Ach, so! Na ja, sie sah gut aus. Vielleicht solltest du dich wieder mit ihr in Verbindung setzen.«
»Ja, vielleicht«, erwiderte ich, dachte aber gleichzeitig, dass sie mit hundertprozentiger Sicherheit kein Single mehr war.
Ich ließ mir von Brody, einem siebzehnjährigen Handy-Verkäufer, das neueste iPhone aufschwatzen. Es kostete tatsächlich acht Dollar pro Monat weniger, ein neues Handy zu besitzen. Nichts auf dieser Welt ergab mehr Sinn. Beim Unterzeichnen des Vertrags war ich noch immer nicht ganz bei mir, weil das Bild von Grace in diesem Zug, der in die Dunkelheit entschwunden war, mir seit dem Verlassen der U-Bahn als Dauerschleife durch den Kopf spukte.
Beim Pizzaessen erklärte mir Scott, wie man Angry Birds spielte. Er hielt es für einen ersten Schritt auf dem Weg zur Überwindung meiner Technikphobie. Die Frau, die Scott zu sehen gehofft hatte, war nicht da, also verdrückten wir unsere Pizza und kehrten ins Büro zurück.
Sobald ich wieder in meiner Zelle saß, googelte ich Grace’ Namen in jeder erdenklichen Kombination und Reihenfolge, jedoch ohne Erfolg. Wie war das möglich? Wie konnte sie ein Leben führen, ohne dass es Spuren im Internet gab?
Ich dachte daran, was mit uns passiert war. Daran, wie sie in der U-Bahn ausgesehen hatte – immer noch so hübsch wie in meiner Erinnerung, aber anders. Niemand hätte Grace je als »süß« bezeichnet. Auch wenn sie zierlich war, war sie mit ihrer dichten blonden Mähne und den großen grünen Augen eher bemerkenswert als süß. Unter diesen Augen hatten jetzt Schatten gelegen, und ihre Gesichtszüge hatten ein wenig härter gewirkt. Selbst nach diesem kurzen Blick auf sie meinte ich gespürt zu haben, dass sie nicht mehr der überschäumend fröhlich-freie Mensch von damals war. Ich wurde ganz unruhig bei der Vorstellung, wie ihr Leben jetzt wohl aussehen mochte.
Aus dem Pausenraum am anderen Ende des Ganges erklangen Glückwünsche. Als ich dort hinging, bekam ich gerade noch das Ende der Ankündigung meiner Exfrau mit, dass sie schwanger sei. Schon kurz nach meiner Scheidung war mir bewusst geworden, dass alle anderen um mich herum ihr Leben weiterlebten. Nur ich blieb stehen, verharrte auf dem Bahnsteig, sah Zug um Zug vorbeifahren und wünschte, ich wüsste, in welchen ich einsteigen sollte. Elizabeth hatte bereits den nächsten Zug genommen, sie gründete eine neue Familie, während ich still in meine erbärmliche Bürokabine zurückschlich in der Hoffnung, dass niemand mich gesehen hatte. Sie und auch die Nachricht ihrer Schwangerschaft waren mir gleichgültig. Ich fühlte mich wie taub, aus Pflichtgefühl schrieb ich ihr dennoch eine E-Mail.
Elizabeth,
meinen Glückwunsch. Ich freue mich für Dich. Ich weiß, wie sehr Du Dir ein Kind gewünscht hast.
Viele Grüße, Matt.
Zwei Minuten später hörte ich das Pling einer eingehenden E-Mail.
Viele Grüße? Ist das Dein Ernst? Nach über einem Jahrzehnt gemeinsamer Zeit kannst Du mir nicht einmal mehr »Liebe Grüße« senden?
Ich antwortete nicht. Ich war in Eile. Ich musste zurück zur U-Bahn.
Matt
An jedem der folgenden Tage fuhr ich in der Mittagspause die verdammte U-Bahn von Midtown nach Brooklyn, in der Hoffnung, Grace wiederzusehen. Jedoch ohne Erfolg.
Stattdessen musste ich Elizabeth und Brad dabei zusehen, wie sie freudestrahlend die Glückwünsche der Kollegen zum erwarteten Nachwuchs sowie zu Brads Beförderung entgegennahmen, die kurz nach der Bekanntmachung erfolgt war.
Für mich lief es auf der Arbeit schlecht. Drei Monate zuvor hatte ich einen Antrag gestellt, wieder in den Außendienst geschickt zu werden, ich hatte darum gebeten, erneut mit einer Filmcrew von National Geographic nach Südamerika reisen zu dürfen – New York war einfach nicht mehr dasselbe. Sein Zauber war für mich verflogen. Der Regenwald am Amazonas mit all seinen exotischen Krankheiten erschien mir weitaus verlockender, als hier die Anweisungen meiner Exfrau und ihres ach so tollen Ehemanns entgegenzunehmen. Doch bisher hatte sich nichts getan. Mein Antrag lag weiterhin in einem Stapel auf Scotts Schreibtisch.
Einen halbleeren Pappbecher in der Hand, stand ich im Pausenraum neben dem Wasserspender, starrte auf die leere Wand und dachte über mein Leben nach. Ich ging die gemeinsamen Jahre mit Elizabeth geistig durch und fragte mich, wie und warum alles den Bach runtergegangen war.
»Was machst du da, Mann?«, ertönte Scotts Stimme von der Tür.
Ich drehte mich um. »Nachdenken.«
»Ja, du wirkst schon ein bisschen schlauer.«
»Tatsächlich denke ich darüber nach, wie es dazu gekommen ist, dass ich mit sechsunddreißig als geschiedener Mann in dieser Bürozellenhölle landen konnte.«
Scott ging zur Kaffeemaschine, goss einen Becher voll und lehnte sich gegen die Theke. »Du warst ein Workaholic?«, schlug er vor.
»Das ist nicht der Grund, warum Elizabeth mich betrogen hat. Brad arbeitet noch mehr als ich. Verdammt nochmal, Elizabeth selbst arbeitet mehr als ich.«
»Warum hältst du dich mit der Vergangenheit auf? Sieh dich an. Du bist groß. Du hast Haare. Und womöglich«, er wedelte mit der Hand vor meinem Bauch herum, »hast du sogar Bauchmuskeln.«
»Begutachtest du mich etwa?«
»Für einen so gutbehaarten Kopf würde ich meine Großmutter verkaufen.«
Scott gehörte zu den Männern, die schon mit Anfang zwanzig eine Glatze bekommen hatten. Seitdem trug er einen Meister-Proper-kahlen Schädel.
»Wie nennen Frauen dieses Ding da?« Er zeigte auf meinen Hinterkopf.
»Einen Dutt?«
»Nein, da gibt’s doch bestimmt einen anderen Ausdruck, der sexy klingt. Frauen lieben diese hippen Dinger.«
»Sie nennen ihn Männer-Dutt.«
Er musterte mich. »Herrgott nochmal, Matt, du bist ein freier Mann. Warum durchstreifst du nicht mal wieder die Savanne und gehst auf Beutezug? Ich kann gar nicht mit ansehen, wie du hier rumhängst und Trübsal bläst. Ich dachte, du wärst über Elizabeth hinweg.«
Ich schloss die Tür des Pausenraums. »Das bin ich. Ich bin schon lange über sie hinweg. Es fällt mir schwer, mich überhaupt zu erinnern, dass ich mal in sie verliebt war. Ich hatte mich wohl in eine Phantasie hineingesteigert, als ich mit ihr herumgereist bin und Fotos geschossen habe. Trotzdem hat immer irgendwas gefehlt. Vielleicht hab ich tatsächlich zu viel gearbeitet. Ich meine, der Job war alles, worüber wir geredet haben, was wir gemeinsam hatten. Und jetzt sieh dir an, wo ich gelandet bin.«
»Was ist mit der Frau aus der U-Bahn?«
»Was soll mit ihr sein?«
»Ich weiß nicht. Ich dachte, du würdest versuchen, Kontakt zu ihr aufzunehmen.«
»Ja, vielleicht. Aber das ist leichter gesagt als getan.«
»Du musst einfach mal stöbern. Nutz die sozialen Netzwerke.«
Würde ich Grace dort finden? Ich war hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, alles Erdenkliche zu tun, um sie ausfindig zu machen, und dem Gefühl, dass es ohnehin sinnlos wäre. Bestimmt war sie mit jemandem zusammen. Mit jemandem verheiratet. Jemandem, der besser war als ich. Ich hatte keine Lust, mir vor Augen führen zu lassen, dass ich in meinem Leben immer noch nichts vorzuweisen hatte.
»Und überhaupt, wenn du dir so viele Sorgen um mein Wohl machst, warum hast du meinen Antrag dann nicht angenommen?«, wollte ich wissen.
Er runzelte die Stirn. Als ich die tiefe Falte zwischen seinen Augenbrauen sah, fiel mir ein, dass Scott und ich im selben Alter waren … und er wurde alt. »Ich meinte nicht die richtige Savanne, Mann. Weglaufen wird deine Probleme nicht lösen.«
»Bist du jetzt mein Therapeut?«
»Nein, ich bin dein Freund. Weißt du noch, wie du mich um diesen Schreibtischjob gebeten hast?«
Ich öffnete die Tür. »Denk einfach drüber nach. Bitte, Scott.«
Als ich ging, rief er mir nach: »Du verfolgst das Falsche, Matt. Es wird dich nicht glücklich machen.«
Er hatte recht, das musste ich zugeben – aber nicht laut. Ich dachte, wenn ich nur wieder einen Preis gewinnen und Anerkennung für meine Arbeit bekommen könnte, würde es die Leere füllen, die mich von innen auffraß. Aber unterschwellig wusste ich natürlich, dass das nicht die Lösung war.
Nach der Arbeit setzte ich mich auf eine Bank direkt vor unserem Gebäude. Ich beobachtete, wie Horden von Menschen auf dem Nachhauseweg die übervollen Gehwege entlanghasteten. Ich überlegte, ob ich den Grad der Einsamkeit einer Person daran erkennen könnte, wie sehr sie in Eile war. Niemand, auf den zu Hause jemanden wartete, würde nach einem Zehnstundenarbeitstag auf einer Bank sitzen und Leute beobachten.
Ich hatte meine alte Pentax noch wie zu Collegezeiten immer in der Tasche, sie aber schon seit Jahren nicht mehr benutzt. Jetzt zog ich sie hervor und fing an, Fotos von den Menschen zu schießen, die die Treppe zur U-Bahn-Station hinauf- und hinuntereilten, die auf Busse warteten, die Taxis herbeiriefen. Ich hoffte, sie wieder vor die Linse zu bekommen, so wie vor vielen Jahren. Ihre lebensfrohe Ausstrahlung. Die Art und Weise, wie sie allein durch ihre Ausdruckskraft Farbe in ein Schwarzweißfoto zauberte.
All die Jahre über hatte ich immer wieder an Grace gedacht. Der Geruch von süßen Pfannkuchen am Abend etwa, oder der Klang eines Cellos in der Grand Central Station oder an einem warmen Tag im Washington Square Park, transportierten mich geradewegs zurück in das eine Jahr am College. Das Jahr, das ich damit verbracht hatte, mich jeden Tag ein Stück mehr in sie zu verlieben.
Jetzt fiel es mir schwer, in New York noch Schönheit zu erkennen. Gut, viel von dem früheren Schmutz im East Village war verschwunden, überall war es sauberer und grüner, doch die Energie, die ich damals im Studium wahrgenommen hatte, war damit ebenfalls dahin. Jedenfalls für mich.
Die Zeit verstrich, das Leben ging weiter, Orte und Menschen veränderten sich. Fünfzehn Jahre waren zu lang, als dass man sich an ein paar herzzerreißende Momente aus Collegezeiten klammern sollte. Und dennoch konnte ich Grace nach diesem Wiedersehen in der U-Bahn einfach nicht vergessen.
Matt
»Matt, ich rede mit dir.«
Ich richtete mich auf und sah Elizabeth, die über die Trennwand meiner Bürozelle spähte. »Hm?«
»Ich habe dich gefragt, ob du mit uns zu Mittag essen und dabei die neuen Bilder durchgehen willst.«
»Wer ist wir?«
»Scott, Brad und ich.«
»Nein.«
»Matt …«, sagte sie drohend. »Du musst mitkommen.«
»Ich bin beschäftigt.« Ich löste gerade das Sudoku auf der Papiertüte des Delikatessenladens, in dem ich immer meine Truthahnsandwiches kaufte. »Und ich esse gerade. Siehst du das nicht?«
»Eigentlich sollst du im Pausenraum essen. Ich rieche die Zwiebeln bis ans andere Ende des Ganges.«
»Ja, weil du schwanger bist«, brummte ich mit vollem Mund.
Sie schnaubte kurz, drehte sich um und ging leise fluchend davon.
Eine Minute später tauchte Scott auf. »Wir müssen diese Folien durchgehen, Kumpel.«
»Kann ich nicht einfach mal in Ruhe essen? Ach, und hast du über meinen Antrag nachgedacht?«
Er grinste. »Ach, und hast du schon die Frau aus der U-Bahn kontaktiert?«
»Ich bin einen Monat lang jeden Tag nach Brooklyn gefahren und habe sie nicht gesehen. Was soll ich machen?«
Es stimmte, ich hatte nach Grace gesucht. Ich war nach der Arbeit zu all unseren alten Plätzen im East Village gegangen; ich hatte mich sogar vor dem Senior House herumgedrückt, dem alten Studentenwohnheim der NYU, in dem wir gewohnt hatten. Nichts.
»Hmm.« Er kratzte sich das Kinn. »Mit all der Technik, die es inzwischen gibt, musst du sie doch irgendwie finden können. Vielleicht hat sie eine Suchanzeige aufgegeben? Hast du in diese Richtung schon geforscht?« Er kam in meine Kabine. »Komm, lass mich da mal ran.«
Ich stand auf. Scott setzte sich vor meinen PC, rief die Seite Craigslist auf und navigierte zum Unterpunkt »Verpasste Gelegenheiten«.
»Das benutzt man, wenn man irgendwo jemanden sieht und eine gewisse Verbindung spürt, aber nicht weiß, wie man sie oder ihn erreichen soll. Man hinterlässt hier eine Nachricht und hofft, dass der andere sie liest.«
»Warum fragt man in dem gewissen Moment nicht einfach nach der Telefonnummer?«
»Das ist eine dieser neuen Sensible-Männer-Sachen. Wenn man zum Beispiel nicht den Mut hat, jemanden anzusprechen, aber trotzdem ein Kribbeln gespürt hat. Wenn es der Frau genauso ging, dann liest sie es vielleicht und antwortet. Alles völlig schmerzfrei und ungefährlich. Du beschreibst einfach, wann und wo es war, was du anhattest und andere relevante Infos, damit der andere dich erkennt.«
Mit kritischem Blick starrte ich auf den Bildschirm. Ich hielt das für eine blöde Idee. »Ja, aber ich kenne Grace ja schon und hätte direkt hallo gesagt, wenn der Zug nur ein paar Sekunden später abgefahren wäre.«
Er schwang im Drehstuhl herum und sah mich an. »Pass auf: Du wirst sie in der U-Bahn nicht finden, keine Chance. Du musst daher andere Wege der Kontaktaufnahme in Betracht ziehen.«
»Also gut, ich lese sie mal durch. Wobei ich ziemlich sicher bin, dass, wenn sie mich finden wollte, sie kein Problem damit hätte. Mein Name hat sich nicht geändert, und ich arbeite noch immer bei derselben Firma.«
»Man kann nie wissen. Versuch es einfach.«
Den Rest des Nachmittags verbrachte ich also mit dem Lesen von Nachrichten wie: Ich habe Dich im Park gesehen, Du hast eine hellblaue Jacke getragen. Wir haben uns immer wieder verstohlen angeschaut. Wenn ich Dir gefallen habe, ruf mich an. Oder: Wohin bist Du neulich im SaGalls verschwunden? Du wolltest einen Cherry Drop Martini, dann warst Du plötzlich weg. Ich dachte, Du wärst an mir interessiert. Und das Übliche: Ich will versaute Dinge mit Dir machen. Ich dachte, Du willst es auch, als Du im ClubForty vor mir rumgetanzt bist und Dich an mir gerieben hast. Ruf mich an.
Von Grace war nichts dabei, da war ich mir relativ sicher, und auch dass kein Mensch unter vierzig diese Seite nutzte. Dann allerdings las ich einen Eintrag mit der Überschrift »Gedicht für Margaret«:
Einmal gab’s ein du und ich
Wir waren Liebende
Wir waren Freunde
Bevor alles anders wurde
Bevor wir Fremde wurden
Denkst du manchmal noch an mich?
– Joe
Ich konnte mir keine Zwanzigjährigen namens Joe und Margaret vorstellen, die in dieser Art über die Vergangenheit sprachen. Auf eigenartige Weise war hier genau das formuliert, was ich für Grace empfand, und einen Moment lang überlegte ich, ob sie es wohl geschrieben hatte. Ich rief die Nummer an. Ein Mann hob ab.
»Hallo, ist da Joe?«, fragte ich geradeheraus.
»Nee, aber Sie sind schon der dritte, der hier anruft und das fragt. Dieser Joe scheint ein beliebter Typ zu sein, aber er wohnt hier nicht.«
»Na, dann Entschuldigung.«
Ich legte auf. Plötzlich wurde alles dunkel mit Ausnahme der Leuchtstoffröhre über meinem Büroabteil. Vom Eingang her rief Scott: »Ich lass das für dich an, Matt! Viel Erfolg, Mann!« Er wusste genau, was ich vorhatte. Entweder würde Grace den Eintrag finden oder eben nicht. Aber wie es auch ausgehen würde, ich musste es versuchen – und wenn es dabei nur um meinen Seelenfrieden ging.
An den Grünäugigen Schwan:
Wir lernten uns fast auf den Tag genau vor fünfzehn Jahren kennen, als ich im Studentenwohnheim das Zimmer neben Dir bezog.
Du hast es als »Blitzfreundschaft« bezeichnet. Ich möchte gern glauben, dass es mehr war.
Was uns damals antrieb, war Musik (Du warst besessen von Jeff Buckley) und Fotografie (ich konnte nicht aufhören, Bilder von Dir zu schießen). Woran ich mich am meisten erinnere: mit Dir im Washington Square Park rumzuhängen und all die verrückten Sachen, die wir machten, um an Geld zu kommen. In jenem Jahr lernte ich mehr über mich selbst als in jedem anderen danach.
Trotzdem war dann alles irgendwie vorbei. Im Sommer nach unserem Abschluss, als ich für National Geographic nach Südamerika ging, verloren wir uns aus den Augen. Nach meiner Rückkehr warst Du weg. Erst vor einem Monat sah ich Dich wieder. Es war ein Mittwoch. Du balanciertest auf der gelben Linie, die auf dem Bahnsteig verläuft, während Du auf die U-Bahn Richtung Brooklyn wartetest. Ich erkannte Dich zu spät, und dann warst Du verschwunden. Schon wieder. Du hast meinen Namen gerufen, das konnte ich an Deinen Lippen sehen. Ich habe mir mit aller Kraft gewünscht, der Zug möge anhalten, damit ich Dir hallo sagen könnte.
Nach dieser Begegnung kamen all die Gefühle und Erinnerungen wieder in mir hoch, und ich habe den Großteil des letzten Monats damit verbracht, mir vorzustellen, wie Du jetzt wohl lebst. Vielleicht ist es total verrückt, aber hättest Du Lust auf ein Wiedersehen?
M
(212)-555-3004
(Vivace e giocoso)
Vor fünfzehn Jahren
Matt
Der Tag, an dem wir uns im Studentenwohnheim der New York University zum ersten Mal begegneten, war ein Samstag. Sie saß in der Gemeinschaftsecke meines Stockwerks und las eine Zeitschrift, während ich meinen neunzehn Jahre alten Massivholzschreibtisch aus dem Fahrstuhl in den Flur hievte. Es war das einzige Stück Zuhause, das meine Mutter aus Kalifornien hatte verschiffen lassen, abgesehen von meiner Kameraausrüstung, einem Koffer voll Kleidung und einer Kiste mit Krimskrams.
Als sie in meine Richtung schaute, hielt ich verlegen inne und hoffte, sie würde an mir und meinen ungelenken Transportversuchen vorbeisehen.
Aber nein.
Sie blickte mir geradewegs in die Augen, legte den Kopf schief und runzelte die Stirn, als wollte sie sich an meinen Namen erinnern. Wir waren uns noch nie begegnet, da war ich sicher. Ein Gesicht wie das ihre konnte man nicht vergessen.
Den Schreibtisch auf den Knien balancierend, verharrte ich wie versteinert, während sie mich musterte. Sie hatte große, strahlend grüne Mandelaugen, aus denen überschäumende Lebensenergie leuchtete und einen schmalen zarten Hals. Ihre Lippen bewegten sich, doch ich hörte kein Wort; das Einzige, woran ich denken konnte, war, wie unglaublich schön sie aussah. Ihre Augenbrauen waren dunkler als ihr beinah weißblondes Haar, und bei ihrer zarten glatten Haut stellte ich mir sofort vor, wie süß sie schmecken würde.
»Hey, du!«
»Hm?« Ich fuhr zusammen.
»Ob ich dir helfen soll, hab ich gefragt.« Sie lächelte mitfühlend und deutete auf den Schreibtisch.
»Sicher. Gern. Danke.«
Ohne zu zögern, legte sie die Zeitschrift beiseite, packte den Schreibtisch am hinteren Ende und lief rückwärts los, während ich versuchte, mit ihr Schritt zu halten.
»Ich heiße übrigens Grace.«
»Freut mich, dich kennenzulernen«, erwiderte ich keuchend. Der Name passte zu ihr. Anmut.
»Hast du auch einen Namen?«
»Noch eins«, keuchte ich und reckte das Kinn vor.
»Noch eins? Das scheint mir kein besonders glücklicher Einfall, und er wirft die Frage auf, was deine Eltern wohl verleitet hat, dich so zu nennen.« Sie grinste.
Ich lachte nervös. Sie war umwerfend schön, aber irgendwie auch seltsam. »Ich meinte, wir müssen noch ein Zimmer weiter.«
»Das weiß ich doch. Ich warte aber immer noch auf deinen Namen.«
»Matt.«
»Also gut, Matt noch eins«, sagte sie, als sie vor meiner Zimmertür stehen blieb. »Was ist dein Hauptfach?«
»Fotografie.«
»Ah, dann kennen wir uns von der Kunstakademie?«
»Nein. Das ist mein erstes Jahr.«
Sie schien verwirrt. Offenbar erinnerte ich sie an jemanden. Ich hoffte nur, es war jemand, den sie mochte. Wir setzten den Schreibtisch ab, und ich schob mich an ihr vorbei zur Tür. Mit gesenktem Kopf murmelte ich in Richtung meiner Vans: »Ich hab von der USC hierher gewechselt.«
»Wirklich? Ich war noch nie in Kalifornien! Und, hey, ich kann nicht fassen, dass du eine private Nobel-Uni gegen dieses abgewrackte Altersheim hier eintauschst!«
»War einfach nicht meine Szene.« Ich hatte die Tür aufgeschlossen, sie aber noch nicht geöffnet. Nun drehte ich mich um und lehnte mich dagegen. Unsere Blicke ruhten ein paar Sekunden länger als nötig aufeinander, dann sahen wir beide zur Seite. »Ich musste mal für eine Weile aus Kalifornien raus.« Ich wusste vor Nervosität nicht, was ich sagen sollte, aber ich wollte nicht, dass sie wieder ging. »Willst du mit reinkommen, während ich mein Zeug auspacke?«
»Gern.«
Sie klemmte die Tür mit einem Stapel Bücher fest und half mir, den Schreibtisch in die Ecke zu bugsieren. Dann setzte sie sich darauf und kreuzte die Beine, als wollte sie meditieren. Ich sah mich in meinem Zimmer um. Es war mit dem Standard-Wohnheim-Mobiliar ausgestattet: ein extralanges breites Metallbett, ein Schreibtisch, den ich für meine Fotosachen benutzen konnte, ein leeres Bücherregal sowie als Extra eine alte Stereoanlage, die mein Vormieter zurückgelassen hatte. In meiner mitgebrachten Umzugskiste hatte ich ein paar meiner liebsten Schallplatten, Bücher, CDs und Fotos. Meine besten Arbeiten von der USC waren in einer Ledermappe verstaut. Grace griff sie sich und blätterte darin. Durch zwei hohe schmale Fenster fiel helles Sonnenlicht ins Zimmer und beleuchtete ihr Gesicht. Es sah perfekt aus und wirkte, als würde sie selbst das Licht ausstrahlen.
»Wow, das hier ist klasse! Ist das deine Freundin?« Sie hielt das Bild eines sehr hübschen Mädchens mit schalkhaft glitzernden Augen hoch, das ich nackt fotografiert hatte.
»Nein, sie war nicht meine Freundin. Nur eine gute Bekannte.« Das stimmte aber nur halb, da sie, kurz bevor ich abdrückte, Willst du mich ficken?, geflüstert hatte, während ihr – und mein – Freund uns aus einiger Entfernung stumm beobachtete. Wie ich schon sagte: die USC war nicht meine Szene.
»Oh«, sagte sie leise. »Jedenfalls ist es ein tolles Foto.«
»Danke. Das Licht hier drin ist übrigens phantastisch. Vielleicht kann ich ja auch ein paar Fotos von dir schießen?«
Ich sah, wie sie schluckte. Ihre Augen weiteten sich, und mir wurde bewusst, dass sie dachte, ich wolle sie nackt fotografieren. »Äh, angezogen, natürlich.«
Sie entspannte sich wieder. »Na klar, sehr gern.« Sie starrte weiter auf das Foto. »Aber ich glaube, ich könnte mich auch so wie sie fotografieren lassen.« Sie sah mich an. »Vielleicht irgendwann mal, wenn wir uns besser kennen. Natürlich nur um der Kunst willen.« Sie grinste.
Ich versuchte krampfhaft, sie mir nicht nackt vorzustellen. »Klar, nur um der Kunst willen.« Sie trug ein weißes Männeroberhemd mit hochgerollten Ärmeln, dessen obere zwei Knöpfe offen standen. Ich betrachtete ihre pinken Zehennägel, dann das Stück Haut, das durch ein Loch im Knie ihrer Jeans schimmerte. Sie fing an, ihr langes blondes Haar über der Schulter zu einem Zopf zu flechten. Ich konnte den Blick einfach nicht von ihr lösen und beobachtete fasziniert jede Bewegung. Sie merkte es, doch anstatt etwas dazu zu sagen, lächelte sie nur.
»Warum hast du das hier als Altersheim bezeichnet?«, erkundigte ich mich, während ich mich umdrehte, um meine Kiste auszupacken. Ich musste mich ablenken, damit ich sie nicht ständig anstarrte.
»Weil es hier einfach stinklangweilig ist. Im Ernst, ich bin erst eine Woche hier und hab schon das Gefühl, meine Seele würde vertrocknen.«
Ich lachte über die Dramatik. »So schlimm?«
»Seit meinem Einzug hab ich noch kein einziges Mal richtig Cello gespielt, weil ich Angst habe, dass jemand sich beschwert. Ach, übrigens, du musst sagen, wenn ich dir mal zu laut spiele. Klopf dann einfach an die Wand oder so etwas.«
»Was meinst du?«
»Ich wohne gleich nebenan. Die Übungsräume sind ewig weit weg, also werde ich wohl meistens hier üben. Ich hab Musik als Hauptfach.«
»Das ist ja toll. Ich würde dich gern mal spielen hören.« Ich konnte nicht fassen, dass sie direkt neben mir wohnte.
»Gern, jederzeit. Also … nicht viele Studenten im letzten Jahr wollen in ein Wohnheim. Was ist bei dir der Grund?«
»Ich konnte mir nichts anderes leisten.« Mir fiel auf, dass sie einen runden Anstecker mit den griechischen Symbolen einer Studentenverbindung trug. »Und was ist mit dir? Warum wohnst du nicht in einem der WG-Häuser der Studentenverbindung?«
Sie deutete auf den Anstecker. »Ach, du meinst deswegen? Das ist nur eine Fälschung. Also nein, es ist keine Fälschung … Den habe ich geklaut. Ich wohne hier, weil ich bettelarm bin. Alles andere ist zu teuer. Meine Eltern können noch nicht mal die Studiengebühren zahlen, und ich kann keinen richtigen Job annehmen, weil ich so viel auf meinem Instrument üben muss. Ich geh daher häufig zu der kostenlosen Essensausgabe der Studentenverbindung an der Fourteenth Street.« Sie reckte eine Faust in die Luft. »Pi Beta Phi – verhungern werd ich nie!«
Sie war einfach der Wahnsinn. »Dass es mit dir hier langweilig wird, kann ich mir nicht vorstellen.«
»Besten Dank.« Aus dem Augenwinkel sah ich, dass sie rot wurde. »Die Lernerei liegt mir nicht besonders, aber sobald das Semester beginnt und alle wieder in der Stadt sind, werden meine Musikerfreunde kommen und die Stimmung ein bisschen anheben. Hier war es bisher ziemlich ruhig. Die meisten der Bewohner bleiben wohl lieber für sich. Das fällt mir besonders auf, weil ich den Sommer über mit ein paar Leuten in einer etwas runtergekommenen WG gehaust hab, da war immer was los.«
»Warum warst du den Sommer über nicht zu Hause?«
»Kein Platz. Das Haus meiner Eltern ist sehr klein, und ich habe drei jüngere Schwestern und einen Bruder, die alle noch zu Hause wohnen.« Sie hüpfte vom Schreibtisch und durchquerte den Raum, um die Sachen zu begutachten, die ich ausgepackt und auf dem Boden gestapelt hatte. »Das ist nicht wahr!« Staunend hielt sie Grace von Jeff Buckley hoch. »Er ist praktisch der Grund, weshalb ich überhaupt zur NYU gegangen bin!«
»Er ist genial. Hast du ihn mal spielen sehen?«
»Nein, das wär mein Traum. Ich hab gehört, er lebt jetzt in Memphis. Ich bin den ganzen Weg von Arizona nach New York gereist und die ersten drei Monate permanent durchs East Village gestreift, um ihn zu suchen, weil ich seine Musik so geil finde. Dann erzählte mir jemand, er wäre schon vor langer Zeit aus New York weggezogen. So ein Scheiß! Aber Grace höre ich immer noch jeden Tag. Es ist meine musikalische Bibel. Ich bilde mir ein, er hätte das Album nach mir benannt.« Sie lachte leise. »Weißt du was? Du siehst ihm ziemlich ähnlich.«
»Ehrlich?«
»Ja, du hast mehr Haare, aber ihr habt beide diese dunklen, tiefliegenden Augen. Und auch das kantige Kinn ist fast gleich.«
Ich fuhr mir mit dem Handrücken übers Kinn und zuckte verlegen zusammen. »Ich muss mich rasieren.«
»Nein, das gefällt mir. Steht dir gut. Du bist auch so schmal wie er, aber doch ein bisschen größer, glaube ich. Wie groß bist du?«
»Eins fünfundachtzig.«
Sie nickte. »Ja, ich glaube, er ist kleiner.«
Ich sank aufs Bett, ließ mich nach hinten fallen, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und musterte sie amüsiert. Sie hielt meine Ausgabe des Portable Beat Reader hoch. »Wow! Wir sind wahrhaftig Seelenverwandte. Sag mir, dass da auch was von Kenneth Rexroth drin ist.«
»Da steht ganz sicher was von Rexroth drin. Gib mir doch mal die CD da.« Ich deutete auf Ten von Pearl Jam.
»Ich muss in einer Minute anfangen zu üben, aber könntest du vorher noch Release spielen? Das ist mein Lieblingssong auf diesem Album.«
»Klar. Wenn ich dich dabei fotografieren darf.«
»Okay.« Sie zuckte mit den Schultern. »Was soll ich machen?«
»Einfach irgendwas. Sei ganz natürlich.«
Ich legte die CD ein, und sie bewegte sich zur Musik durch den Raum, wirbelte herum und summte. Schnell griff ich nach meiner Kamera und fing an, Fotos zu schießen.
Irgendwann blieb sie stehen und starrte direkt in die Linse. »Seh ich blöd aus?«
»Nein«, erwiderte ich, während ich weiter auf den Auslöser drückte. »Du siehst hübsch aus.«
Sie lächelte verlegen, dann ließ sie sich wie ein kleines Kind in die Hocke auf den Boden sinken, um einen Knopf aufzuheben. Ich schoss weiter Foto um Foto.
»Jemand hat einen Knopf verloren«, murmelte sie im Singsang. Dabei blickte sie nach oben, direkt in die Kamera, und kniff ihre durchdringend grünen Augen zusammen.
Ich drückte den Auslöser.
Sie erhob sich, streckte die Hand vor und präsentierte mir den Knopf. »Bitte sehr.« Dann hielt sie inne und sah zur Decke. »Gott, ich liebe diesen Song! Jetzt bin ich in der richtigen Stimmung zum Üben. Vielen Dank, Matt, ich mach mich jetzt besser vom Acker. Es war wirklich nett, dich kennenzulernen. Vielleicht können wir ja mal was zusammen unternehmen?«
»Ja. Wir laufen uns sicher wieder über den Weg.«
»Du wirst mich kaum meiden können. Ich wohne schließlich neben dir, du erinnerst dich?«
Sie tanzte aus der Tür, und einen Moment später, gerade als Eddie Vedder die letzten Zeilen sang, hörte ich die tiefen Klänge eines Cellos durch die dünne Wohnheimwand dringen. Sie spielte Release. Ich schob das Bett durchs Zimmer an die gegenüberliegende Wand, die Grace und mich verband.
Dort schlief ich zu den Klängen ihrer Celloübungen, die bis tief in die Nacht andauerten, ein.
Am folgenden Morgen verputzte ich zum Frühstück einen alten, aufgeweichten Müsliriegel und schob die übrigen drei Möbelstücke meines winzigen Zimmers so lange hin und her, bis ich mich in meinem neuen beengten Zuhause einigermaßen wohl fühlte. Dabei entdeckte ich am Boden der leeren Schublade meines kalifornischen Schreibtischs eine gelbe Haftnotiz. Nicht vergessen: Mom anrufen! stand darauf – in der Handschrift meiner Mutter. Dafür liebte ich sie.
Im Erdgeschoss fand ich ein Münztelefon. Ein Mädchen mit Jogginghose und Sonnenbrille hielt den Hörer ans Ohr gepresst.
»Ich kann ohne dich nicht leben, Bobbie«, klagte sie und wischte sich die Tränen von den Wangen. Schniefend zeigte sie auf eine Schachtel Taschentücher. »He, du! Gibst du mir die mal rüber?«
Ich nahm die Box vom Beistelltisch neben der abgewetzten Couch, die das Aroma alter Kartoffelchips verströmte, und gab sie ihr. »Brauchst du noch lange?«
»Ist das dein Ernst?« Sie schob die Sonnenbrille auf die Nasenspitze und starrte mich darüber hinweg an.
»Ich muss meine Mom anrufen.« Ich klang erbärmlich. Noch erbärmlicher als dieses Mädchen.
»Bobbie, ich muss Schluss machen, weil so ein Typ hier seine Mami anrufen will. Ich melde mich in einer Viertelstunde wieder, okay? Ja, irgend so ein Typ.« Sie musterte mich von oben bis unten. »Trägt ein T-Shirt von Radiohead. Ja … Koteletten … ziemlich mager …«
Ich hob die Hände und sah sie mit großen Augen an, wie um zu sagen: Hey, was ist dein Problem?
»Okay, Bobbie … Hab dich ganz doll lieb … Bye … Nein, du legst auf … nein, du zuerst.«
»Na, komm schon«, drängte ich.
Sie stand auf und hängte den Hörer ein. »Bitte schön, deins.«
»Danke.«
Sie verdrehte die Augen.
»Hab dich ganz doll lie-hieb«, rief ich ihr nach, als sie sich trollte.
Dann holte ich meine Telefonkarte aus dem Portemonnaie und wählte die Nummer meiner Mutter. »Hallo?«
»Hi, Mom.«
»Matthias, mein Schatz, wie geht es dir?«
»Gut. Gerade habe ich mein Zimmer fertig eingerichtet.«
»Hast du deinen Dad schon angerufen?«
Ich verzog das Gesicht. Ich hatte vor allem deshalb an die NYU gewechselt, um ein ganzes Land Abstand zwischen mich und die Enttäuschung meines Vaters zu bringen. Denn auch nach all den Fotografie-Preisen, die ich im College gewonnen hatte, war er noch immer davon überzeugt, ich hätte in diesem Metier keine Zukunft.
»Bisher noch nicht.«
»Dann fühle ich mich aber geehrt«, erwiderte sie feierlich. »Wie ist es denn so im Wohnheim? Hast du das Fotolabor schon inspiziert?« Meine Mom war die Einzige, die mich bei meinen Plänen unterstützte; sie ließ sich auch gern von mir fotografieren. Als ich klein war, schenkte sie mir die alte Ciro-Flex ihres Vaters, die meine Leidenschaft für Fotografie überhaupt erst ausgelöst hatte. Mit zehn Jahren fotografierte ich alles und jeden, der nicht schnell genug flüchten konnte.
»Das Wohnheim ist ganz okay, und das Labor ist klasse.«
»Hast du schon jemanden kennengelernt?«
»Ja, ein Mädchen. Grace.«
»Ahh …«
»Nichts Ahh! Wir sind nur Zimmernachbarn. Ich habe sie gestern getroffen und mich ein wenig mit ihr unterhalten.«
Das Hab-dich-Lieb-Mädchen kam zurück. Sie sank aufs Sofa, ließ sich mit einer dramatischen Bewegung rückwärts über die Rücklehne sinken und starrte mich aus umgedrehter Perspektive an. Ihr Gesicht so verkehrt herum zu sehen, irritierte mich.
»Studiert sie auch etwas Künstlerisches?«
»Ja, Musik. Sie war sehr nett. Sehr freundlich.«
»Das ist schön.« Im Hintergrund hörte ich Geschirr klappern und Wasser plätschern. Wäre meine Mutter immer noch mit meinem Dad verheiratet, dann müsste sie nicht eigenhändig Geschirr spülen. Mein Vater war ein erfolgreicher Anwalt in der Unterhaltungsbranche, und meine Mom gab für ein mickriges Gehalt Kunstunterricht an einer Privatschule. Als ich vierzehn war, ließen sie sich scheiden, und während mein Vater gleich darauf wieder heiratete, blieb meine Mutter allein. Und obwohl ihr gemütlicher kleiner Bungalow in Pasadena sich weitaus mehr wie ein Zuhause anfühlte, entschied ich mich dennoch, bei meinem Vater und meiner Stiefmutter zu leben. Dort war für meinen älteren Bruder und mich einfach mehr Platz gewesen.
»Hat Alexander dir gesagt, dass er Monica einen Antrag gemacht hat?«
»Tatsächlich? Wann?«
»Ein paar Tage vor deiner Abreise. Ich dachte, du wüsstest inzwischen Bescheid.«
Mein Bruder und ich redeten kaum noch miteinander, vor allem nicht über Monica, die früher einmal meine Freundin gewesen war. Er trat in die Fußstapfen meines Vaters und stand kurz vor seiner Zulassung als Rechtsanwalt in Kalifornien. Mich hielt er für einen Versager.
»Schön für ihn«, meinte ich.
»Ja, sie passen gut zusammen.« Sie schwieg einen Moment. »Du wirst sicher auch jemanden finden, Matt.«
Ich lachte. »Mom! Wer hat denn gesagt, dass ich überhaupt suche?«
»Und übertreib’s nicht mit den Kneipenbesuchen, okay?«
»Bevor ich volljährig war, bin ich öfter durch die Kneipen gezogen als heute.« Das Hab-dich-lieb-Mädchen verdrehte die Augen. »Ich muss jetzt Schluss machen, Mom.«
»Gut, mein Schatz. Ruf mich bald wieder an, ja? Ich will mehr über diese Grace hören.«
»Okay. Hab dich gaaaanz doll lieb!« Ich zwinkerte dem Mädchen auf dem Sofa zu, das mich böse anstierte.
Meine Mom lachte. »Ich hab dich auch doll lieb, mein Sohn.«
Matt
Die nächste Stunden verbrachte ich damit, meine Fotomappe zu überarbeiten. Ich wusste, irgendwann würde ich rausgehen und Kontakte knüpfen müssen, aber fürs Erste hoffte ich nur, eine bestimmte Person wiederzusehen, entweder beim Kommen oder Gehen. Keine Ahnung, wie offensichtlich meine Absichten waren, indem ich meine Tür einen Spaltbreit offen ließ, aber das war mir egal – vor allem, als ich endlich irgendwann ihre Stimme aus dem Hausflur hörte.
»Klopf-klopf.« Ich wollte mir noch schnell ein Hemd überziehen, doch ehe ich dazu kam, schob sie die Tür schon mit dem Zeigefinger auf.
»Ups, ’tschuldigung.«
»Kein Problem.« Ich schwang die Tür ganz zurück und lächelte. »Hallo, Nachbarin.«
Sie lehnte sich gegen den Türrahmen und ließ ihren Blick über meinen Oberkörper bis zum Bund meiner Jeans wandern, der über den oberen Rand meiner Boxershorts gerutscht war, dann weiter zu meinen schwarzen Stiefeln.
»Ich mag deine … Stiefel.« Sie sah mir wieder in die Augen. Ihr Mund war leicht geöffnet.
»Danke. Willst du reinkommen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Eigentlich wollte ich dich fragen, ob du mit mir Mittagessen gehst. Kostenlos«, fügte sie schnell hinzu, und ehe ich Zeit hatte zu antworten, sagte sie: »Die zahlen dir sogar etwas.«
»Und was genau ist das für ein Lokal, das einen fürs Mittagessen auch noch bezahlt?« Skeptisch zog ich eine Augenbraue hoch.
Sie lachte. »Vertrau mir einfach. Komm, zieh dir ein T-Shirt über, und los geht’s!«
Ich fuhr mir mit der Hand durchs Haar, das mir gerade in alle Richtungen vom Kopf abstand. Wieder musterte Grace meinen Oberkörper. Auch wenn ich nur schwer den Blick von ihrem hübschen, herzförmigen Gesicht lösen konnte, fiel mir auf, dass ihr übriger Körper, vor allem ihre Hände und Finger, ständig in Bewegung waren. Heute trug sie ein schwarzes Kleid mit aufgedruckten Blumen, eine Strumpfhose und kurze schwarze Stiefel, auf deren Sohlen sie vor und zurück wippte. Sie erinnerte mich an einen Kolibri – offenbar gehörte sie zu den Menschen, die niemals stillhalten konnten.