Über das Buch

Seit Beginn der Frauenbewegung gibt eine bestimmte Art Frauen den Ton an: bürgerliche Frauen aus westlichen Nationen, die vor allem eins sind — 'weiß'. Doch während sie in Vorstandspositionen aufsteigen, bleibt politische Unterstützung für alle anderen Frauen aus.
Rafia Zakarias brillante Polemik enthüllt das rassistische Erbe der Frauenbewegung. Sie zeigt, wie der Wunsch nach Gleichberechtigung auf Vorurteilen und Ausbeutung fußt und wie ein gemeinschaftlicher Kampf für politische Teilhabe aussehen kann.

Rafia Zakaria

Against White Feminism

Wie weißer Feminismus Gleichberechtigung verhindert

Aus dem Englischen von Simoné Goldschmidt-Lechner

hanserblau

»Dieses Buch ist Abrechnung und Weckruf zugleich.«

Boston Globe

»Rafia Zakarias Argumentation umspannt Jahrhunderte und Kontinente und belegt, wie der Fokus des Mainstream-Feminismus auf weiße, westliche Perspektiven Unterdrückung und Ausbeutung auf der ganzen Welt aufrechterhalten hat, anstatt sie zu bekämpfen.«

The New Yorker

»Dieses Buch erklärt, wie ein vermeintlich allgemeingültiger weißer Feminismus beteiligt war an den Interventionskriegen im Irak und in Afghanistan, an der Zerstörung einheimischer Hilfs- und Empowerment-Strukturen in einkommensschwachen Ländern und an der Leugnung der kulturellen Rückständigkeit westlicher Gesellschaften in Bezug auf die Rechte von Frauen.«

The Guardian

»Against White Feminism ist ein brillanter, erfrischender und zutiefst notwendiger Text. Rafia Zakaria zeigt auf, wie Feminismus systematisch die Stimmen weißer Frauen in den Mittelpunkt gestellt und die Stimmen anderer ausgeschlossen hat. Diese Streitschrift könnte nicht dringlicher sein.«

Kate Manne, Autorin von Down Girl: Die Logik der Misogynie

»Klar und hellsichtig schreibt Rafia Zakaria über die Notwendigkeit, Feminismus von Grund auf neu zu gestalten. Leser:innen werden diesem Ruf nach Veränderung folgen wollen.«

Publishers Weekly

»Against White Feminism liefert eine kraftvolle Einschätzung davon, wo Mainstream-Feminismus versagt hat. Unmöglich zu ignorieren.«

Financial Times

Anmerkung der Autorin

Eine weiße Feministin ist eine Person, die nicht wahrhaben will, welche Rolle Weißsein und die damit verbundenen Privilegien dabei gespielt haben und immer noch spielen, Themen und Überzeugungen weißer Feministinnen als integrale Anliegen für alle Feministinnen und den Feminismus als Ganzes zu bezeichnen. Man muss nicht weiß sein, um eine weiße Feministin zu sein. Es ist auch durchaus möglich, weiß und feministisch, aber keine weiße Feministin zu sein. Der Begriff beschreibt verschiedene Überzeugungen und Verhaltensweisen, die sich im westlichen Feminismus eingebürgert haben, und nicht die Hautfarbe seiner Anhänger:innen. Gleichzeitig sind die meisten weißen Feminist:innen tatsächlich weiß, und das Weißsein selbst ist der Kern des weißen Feminismus.

Eine weiße Feministin kann beispielsweise eine Person sein, die ernsthaft die Grundsätze von »Intersektionalität« vertritt und strukturelle Ungleichheiten entlang der verschiedenen Dimensionen race, Glaube, Klasse, Behinderung und so weiter denkt, aber gleichzeitig Feminist:innen of Color keinen Raum gibt, deren Perspektiven ignoriert, auslöscht und von der feministischen Bewegung ausschließt. Weiße Feministinnen nehmen an Demonstrationen teil, sie haben Schwarze, asiatische und PoC-Freund:innen und sind in manchen Fällen selbst Schwarz, asiatisch und PoC. Trotzdem folgen sie fraglos Strukturen oder Wissenssystemen, die Erfahrungen und somit die Bedürfnisse und Prioritäten Schwarzer, asiatischer und PoC-Frauen beiseiteschieben. Allgemeiner ausgedrückt: Weiße Feministinnen akzeptieren die Vorteile weißer Vorherrschaft auf Kosten von Personen of Color, während sie gleichzeitig behaupten, die Gleichberechtigung der Geschlechter zu unterstützen und solidarisch mit »allen« Frauen zu sein.

Dieses Buch ist eine Kritik des Weißseins innerhalb feministischer Strukturen; es zeigt auf, was entfernt, was zerlegt werden muss, damit etwas Neues, etwas Besseres an diese frei gewordene Stelle treten kann. Es erklärt, warum es nicht funktioniert, Schwarze, asiatische oder PoC-femme- und Frauenperspektiven einfach in bestehende Strukturen einfügen. Da dieses Buch eine Kritik ist, kann es nicht die Vielfalt der Ansichten darstellen, die unter und zwischen Schwarzen, asiatischen und PoC-Frauen bestehen. Diese Arbeit wird von anderen geleistet, aber um deren Bemühungen fruchtbar zu machen, muss diese Dekonstruktion erfolgen.

Dieses Buch befasst sich damit, was Weißsein in der feministischen Bewegung angerichtet hat; ähnliche Arbeit kann und muss dazu geleistet werden, wie Weißsein in lesbischen, schwulen, trans und queeren Bewegungen wirkt.

Das Ziel ist es nicht, weiße Frauen aus dem Feminismus zu vertreiben, sondern Weißsein mit allen damit einhergehenden Annahmen, Privilegien und Überlegenheiten zu beseitigen, um so die Freiheit und die politische Teilhabe aller Frauen zu fördern.

Einleitung

Eine Gruppe Feministinnen in einer Weinbar

Es ist ein warmer Herbstabend, und ich sitze mit fünf anderen Frauen in einer Weinbar in Manhattan. Die Stimmung ist angenehm und ausgelassen. Zwei der Frauen sind, wie ich, Autorinnen und Journalistinnen, die anderen drei arbeiten in Verlagen und in der Medienbranche. Alle außer mir sind weiß. Ich freue mich, dass ich an diesem Abend dabei sein darf, möchte unbedingt einen guten Eindruck hinterlassen und mich mit diesen Frauen anfreunden, die ich bislang nur von Arbeitstelefonaten und -E-Mails kenne.

Die erste Hürde erscheint, als die Bedienung unsere Bestellung entgegennehmen möchte. »Lasst uns einen Pitcher Sangria teilen!«, sagt jemand, und alle stimmen zu — dann drehen sie sich zu mir, ihre Blicke suchen auch mein Einverständnis.

»Ich nehme gerade Medikamente, aber trinkt bitte für mich mit«, sage ich mit einem Lächeln, das alles Unbehagen überblenden soll, das meine genauso wie das ihre. Was ich sage, entspricht der Wahrheit, aber ich schäme mich dafür. Sie wissen, dass ich Muslimin bin, und ich stelle mir vor, wie sie sich fragen, ob ich zu verklemmt sei, um dazuzugehören.

»Es hat nichts mit Religion zu tun«, füge ich hinzu, sobald die Bedienung sich entfernt hat, »ihr wisst gar nicht, wie gern ich gerade mittrinken würde.«

Der ganze Tisch lacht. Jetzt mache ich mir Sorgen, dass das Lachen erzwungen ist und die Prüfung meiner Zugehörigkeit bereits vorbei sein könnte.

Die zweite Hürde kommt etwas später, als alle außer mir durch den Sangria lockerer geworden sind, persönliche Geschichten austauschen, Solidaritäten stärken, ganz so wie es an warmen Herbstabenden in Weinbars in Manhattan sein sollte. Ich sehe die Hürde auf mich zukommen, als eine der Frauen, eine bekannte feministische Autorin, mich verschmitzt ansieht. »Na, Rafia … Was ist deine Geschichte?«, fragt sie verschwörerisch, als hätte ich bislang ein verlockendes Geheimnis verborgen.

»Ja«, meldet sich eine der anderen zu Wort, die Herausgeberin eines Literaturmagazins. »Wie bist du überhaupt hierher … also nach Amerika gekommen?«

Es ist eine Frage, die ich so sehr verabscheue, dass ich gelernt habe, sie mit einer Stand-up-Einlage umzulenken. Ich performe auch jetzt, aber ich weiß, dass Comedy hier nicht ausreichen wird, dass ein Witz zu sehr wie ein Ausweichen wirken würde. Doch ich bin auf diesen Moment vorbereitet, nicht zuletzt, weil er sich schon oft als heikel erwiesen hat. Oft (wenn ich die Stand-up-Routine zum Besten gebe) biete ich ein paar Notlügen an. Ich erzähle, dass ich mit achtzehn zum Studieren nach Amerika kam und dann blieb.

Das ist nur zu zwei Dritteln eine Lüge. Die Wahrheit ist, dass ich als junge Braut nach Amerika kam. Eines Abends nach dem Essen, als ich Mitte der 90er-Jahre in Karatschi auf meiner Bettkante saß, willigte ich in eine arrangierte Ehe ein. Ich war siebzehn; mein dreizehn Jahre älterer Mann, ein pakistanisch-amerikanischer Arzt, hatte versprochen, dass ich aufs College gehen »dürfte«, sobald wir verheiratet waren. Es gab noch andere Gründe, warum ich Ja sagte, aber die Möglichkeit, in den USA zu studieren, was meine konservative Familie niemals erlaubt hätte (oder sich hätte leisten können), war ein wichtiger Faktor. Mein Leben war bis dahin in vielerlei Hinsicht eingeschränkt gewesen und reichte kaum über die Mauern hinaus, die unser Haus umgaben. Ich hatte noch nie Freiheit erlebt, und so gab ich sie gerne auf.

Als ich in den Vereinigten Staaten ankam, zog ich nach Nashville, Tennessee. Dort besuchte ich ein Southern Baptist College (zu einer Zeit, als dieses noch eng mit der Kirche verbunden war und Mahnungen, dass alle Nicht-Baptisten im Fegefeuer landen würden, an der Tagesordnung waren). Mein neuer Ehemann hatte es ausgesucht und mich eingeschrieben, und ich würde es mit Studienkrediten bezahlen. Nach dem College-Abschluss bat ich ihn um die Erlaubnis, ein Jurastudium aufzunehmen. Ich hatte mich beworben und ein Teilstipendium erhalten. Er weigerte sich, lenkte dann ein, »änderte seine Meinung«, erinnerte mich daran, dass sein eheliches Versprechen darin bestand, mich das College besuchen zu lassen, und dass ein Jurastudium nicht Teil der Vereinbarung war.

Das führte mir den transaktionalen Charakter unserer Beziehung vor Augen. Die nächsten sieben Jahre waren nicht besser. Während unseres letzten Streits ließ sich die eintreffende Polizei von meinem plötzlich ruhigen und zuvorkommenden Ehemann blenden und sagte mir, ich solle »mich wieder vertragen«. Erst viel später wurde mir klar, dass Polizeibeamt:innen dies häufig zu den Frauen sagen, die die Beamt:innen um Hilfe bitten.

Ich habe mich nicht »wieder vertragen«, sondern die Nacht damit zugebracht, mein schlafendes Kleinkind fest an mich zu drücken. Am nächsten Morgen, nachdem mein Mann zur morgendlichen Visite ins Krankenhaus gefahren war, nahm ich meine Tochter, einen kleinen Koffer mit Kleidung, eine Schachtel mit Spielzeug und eine aufblasbare Matratze und fuhr in ein Frauenhaus. Eine Frau mit blondem Haar und hellblauem Lidschatten kannte die Adresse und führte mich dorthin.

»Folgen Sie einfach meinem Auto«, sagte sie, als wir uns auf einem K-Mart-Parkplatz trafen, und das tat ich, während in meinem Auto die Titelmelodie der Kinderserie Barney in Dauerschleife lief, um meine Tochter zu beruhigen.

Ich überschlage in Gedanken die Kraft, die es mich kosten würde, die Kurzversion meiner Geschichte in der literarischen Feierabendrunde zu erzählen. Selbst wenn ich ein paar Details hinzufüge, könnte die Wahrheit zu knapp und abweisend wirken. Das Erzählen von Geheimnissen ist der Stoff, aus dem Freundschaften entstehen; ich könnte jetzt anfangen, diesen Stoff zu weben, indem ich diese Personen in die Fäden meiner Geschichte einbinde.

Aber ich habe im Gefühl, dass ich ihnen nicht die unredigierte Geschichte präsentieren kann. Die Wahrheit über diese Tortur und das, was ich danach in meinem Kampf um mein eigenes Leben als junge, alleinerziehende Mutter in den Nullerjahren ertragen musste, scheint für die Weinbar und meine hübsch gekleideten, leicht angeheiterten, »aufgeklärten« Begleiterinnen völlig unangemessen. Ich habe solchen Frauen schon früher die ganze Wahrheit erzählt, und die Reaktion ist immer dieselbe. Die Augen weiten sich, der Blick wird ernst und schockiert, Hände werden vor den Mund gehalten, die Arme um meine Schultern gelegt. Wenn ich mit meiner Erzählung durch bin, gibt es echtes Mitgefühl, ein eifriges Herumwühlen in der eigenen Fantasie nach einer ähnlichen Geschichte, einer Tante, einer befreundeten Person, einer Verbindung zur Gewalt. Dann passiert eines von zwei Dingen.

Wenn ich Glück habe, macht jemand einen Witz oder einen Toast, und wir gehen zu anderen Themen über, die ich dann gerne aufgreife. In den häufigeren Fällen, dann, wenn ich kein Glück habe, herrscht eine unangenehme Stille, während alle auf den Tisch oder auf ihre Getränke starren. Dann wird nach Handtaschen und Handys gegriffen, und es werden Gründe gesucht zu gehen, inmitten von Erklärungen wie »wie gut das war« und »wir sollten das bald wiederholen« und »danke, dass du deine Geschichte geteilt hast«.

Die Worte sind gut gemeint, aber der Tonfall ist unmissverständlich. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich jemals irgendetwas »bald wiederholt« habe.

Ich weiß warum. Es gibt eine Spaltung im Feminismus, über die nicht gesprochen wird, die aber seit Jahren unter der Oberfläche brodelt. Es ist die Spaltung zwischen den Frauen, die über Feminismus schreiben und sprechen, und den Frauen, die ihn im Alltag leben, zwischen den Frauen, die eine Stimme haben, und den Frauen, die Erfahrung haben, zwischen denjenigen, die Theorien und Strategien entwickeln, und denjenigen, die die Wunden und Narben des Kampfes tragen. Auch wenn diese Dichotomie nicht immer entlang der Linien von race verläuft, ist es doch so, dass die Frauen, die dafür bezahlt werden, über Feminismus zu schreiben, feministische Organisationen zu leiten und feministische Politik in der westlichen Welt zu machen, im Großen und Ganzen weiß sind und zur gehobenen Mittelschicht gehören. Das sind unsere Fachleute, unsere »Expertinnen«, die wissen oder zumindest behaupten zu wissen, was Feminismus bedeutet und wie er funktioniert. Auf der anderen Seite gibt es Frauen of Color, Frauen aus der Arbeiter:innenklasse, Einwanderer:innen, Minderheiten, indigene Frauen, trans Frauen, Bewohner:innen von Frauenhäusern — viele von ihnen leben ein feministisches Leben, kommen aber nur selten dazu, darüber zu sprechen oder zu schreiben. Es besteht die unausgesprochene Annahme, dass die wirklich starken Frauen, die »echten« Feministinnen, die von anderen weißen Feministinnen aufgezogen und ausgebildet wurden, nicht in Missbrauchssituationen landen.

Natürlich tun sie das. Aber durch eine Vielzahl von Faktoren, insbesondere ihren Zugang zu Ressourcen, sind sie selten/nie auf öffentliche Einrichtungen oder öffentliche Mittel angewiesen. Umgekehrt müssen Frauen of Color, die häufiger eingewandert und arm sind, fremde und staatliche Hilfe in Anspruch nehmen, sie sind die sichtbar Bedürftigen und die offensichtlich Geschädigten. Es ist eine komplexe Situation; sie festigt/erhält das Bild von weißen Feminist:innen als Retter:innen und Frauen of Color als Gerettete.

Weißen Feminismus durchdringt also eine unausgesprochene Abneigung gegen erlebte Traumata und somit ein Unbehagen und eine Entfremdung gegenüber Frauen, die ein solches Trauma erfahren haben. Ich habe das immer gespürt, konnte dieses Gefühl aber erst kürzlich mit den gesellschaftlichen Annahmen darüber in Verbindung bringen, wer Traumata erlebt. Indem leidende PoC, Schwarze und asiatische Frauen dargestellt werden, als würde sich ihre Opferrolle aus ihrer Kultur ergeben, während wir leidende weiße Frauen als Abweichung, als Störung, begreifen, macht die weiße Kultur — einschließlich des Feminismus, der aus ebendieser Kultur hervorgegangen ist — ihre Überlegenheit geltend.

Aus diesem Grund fällt es mir schwer, ehrlich über das, was ich durchgemacht habe, zu sprechen. Ein Teil der nicht-weißen »Anderen« zu sein — und mich vor allem als eine Person zu erkennen zu geben, die selbst in den Schützengräben gesessen hat, die in Angst um ihr Leben gelebt hat, von Unterkunft zu Unterkunft gezogen ist und die Narben dieses Traumas immer noch mit sich herumträgt — wird mir für einen Moment lang Lob von weißen Frauen einbringen, das weiß ich. Und in diesem Moment werden sie die richtigen Dinge sagen, meinen Mut bewundern, Fragen dazu stellen, wie es war, sich vor einem gewalttätigen Mann zu verstecken, was es bedeutet, eine alleinerziehende Mutter zu sein. Aber meine »andere« Identität wird mich in ihren Köpfen auch weniger wertvoll machen als die Frauen, die die sichtbare Arbeit des Feminismus leisten, die seine Grenzen definieren, seine intellektuellen und politischen Parameter. »Echte« Feministinnen kämpfen in ihren Augen in der Öffentlichkeit für die Sache, unbehelligt von der sich von Tag zu Tag verändernden Last unangenehmer Erfahrungen.

Was ich in diesen Momenten fühle, ist kein Imposter-Syndrom. Ich weiß, dass ich mehr erlebt und mehr überwunden habe als die Frauen, die heute Abend bei mir sind. Aber ich weiß auch, dass die Welt meiner Begleiterinnen sich unterteilt in Frauen of Color, die »Geschichten« zu erzählen haben (oder Geschichten, die in ihrem Namen erzählt werden müssen), und weiße Frauen, die Macht und eine inhärent feministische Einstellung haben. Hierin liegen die Mechanismen begründet, die Hebel und Weichen dafür, wie weiße Feminist:innen die Erfahrungen Schwarzer und asiatischer Frauen und von Frauen of Color als »trifft nicht auf mich zu« abspeichern.

Auch hier ist das tyrannische oberste Gebot relatability, die »Nachvollziehbarkeit«, die Enge und Starrheit der kollektiven weißen Vorstellungswelt in eine Sprache persönlicher Vorlieben gießt. Akademische Fakultäten, Verlage, Nachrichtenredaktionen, Vorstände mächtiger internationaler NGOs und Bürgerrechtsorganisationen der westlichen Welt sind mit weißen Frauen der Mittelschicht besetzt. Um in diesen Räumen der Macht willkommen geheißen zu werden, muss ich für diese Frauen »nachvollziehbar« sein, in sie »hineinpassen«. Und wenn diese Räume von weißen Vorstellungen und aus der Mittelschicht beherrscht sind (und das sind sie), dann muss ich in meiner Menschlichkeit speziell für weiße Menschen und Menschen aus der Mittelschicht erkennbar sein.

Oberflächlich zeigen kann ich diese Nähe durch die Erwähnung eines leidenschaftlichen feministischen Erwachens im College, durch Dating-Pannen auf verschiedenen Apps, durch kuratierte Details eines wohlhabenden Stadtlebens und durch sorgfältige Hautpflege-Routinen. Ich kann sie auch dadurch zeigen, dass ich die Arten von Erfahrungen nicht erwähne, von denen weiße Menschen glauben, dass sie nicht auf sie zuträfen — bestimmte Arten von häuslicher Gewalt, Migration und innerfamiliären Konflikten zum Beispiel.

Die Forderung zur Nachvollziehbarkeit fördert den Ausschluss bestimmter Arten von Lebenserfahrungen aus den Hierarchien feministischer Macht, was weitreichende Folgen für feministisches Denken und Handeln hat. Viele Institutionen, die das Gestalten feministischer Politik zum Ziel haben, weigern sich nicht nur, die Lebenserfahrung von Frauen of Color als nützliche Perspektive zu sehen, sie behandeln solche Erfahrungen sogar als ein Ausschlusskriterium für Bewerber:innen, weil sie behaupten/befürchten, dass diese aufgrund ihrer Erfahrungen »weniger objektiv« seien. Während meiner sechsjährigen Tätigkeit im Vorstand von Amnesty International USA habe ich nicht ein einziges Mal erlebt, dass eine:r der vielen politischen Gefangenen, über die von der Organisation berichtet wurde, zur Teilnahme an politischen Diskussionen eingeladen oder für den Vorstand nominiert wurde. Sogar in dem Frauenhaus, in dem ich arbeitete, gab es eine Regel, die es den Bewohner:innen untersagte, dort mehrere Jahre lang ehrenamtlich tätig zu sein oder zu arbeiten.

Die große Lüge der Nachvollziehbarkeit ist die unausgesprochene Behauptung, dass es eine wirklich neutrale Perspektive gebe, einen ursprünglichen Ausgangspunkt, von dem aus alles andere gemessen werden könne. Nachvollziehbarkeit ist Subjektivität, die sich als Objektivität verkleidet. Die Frage, die wir nicht stellen sollen, wenn wir mit dem »Problem« der unzureichenden Nachvollziehbarkeit konfrontiert werden, lautet: nachvollziehbar für wen? Und so werden oft Geschichten über Frauen of Color erzählt, aber die Perspektiven dieser Frauen finden nie Eingang in feministische Theorie.

Diese Gegensätzlichkeit zwischen Expertise und Erfahrung ist kein Zufall. Viele weiße Feministinnen haben auf der Grundlage von formalem Fachwissen, der Anhäufung von Qualifikationen, Forschungsarbeit und der Veröffentlichung in Fachzeitschriften und von Büchern erfolgreich Karriere in der Meinungsforschung und Politik gemacht. Sie haben einen professionellen Raum abgesteckt, in dem Ideen konstruiert und demontiert werden können. Und da der Zugang zu Bildungs- und Berufschancen ungleichmäßig zugunsten weißer Menschen verteilt ist, wird dieses Beharren auf Fachwissen zu einer Art Gatekeeping der Macht, das Personen of Color ebenso ausschließt wie Personen der Arbeiterklasse, Einwanderer:innen und viele andere Gruppen. Die Einführung einer anderen Autorität, einer Autorität, die auf gelebten Erfahrungen beruht, die diese »Expertinnen« vielleicht nicht haben, wird als Bedrohung ihres eigenen Beitrags zur Diskussion um Frauenrechte gesehen — als ob feministisches Denken und Handeln ein Nullsummenspiel wäre, bei dem eine Wissensexpertise die andere notwendigerweise verdrängt.

Diese Angst, dass die Vorherrschaft des Fachwissens und damit das Weißsein an sich und seine Machtanhäufung infrage gestellt werden könnte, führt zu einer besonderen Art von rassistischem Kalkül. Wenn ein Erlebnis oder ein Merkmal mit nicht-weißen Personen verknüpft wird, dann wird es automatisch als wertlos kodiert, und im Gegenzug wird jede Person, die damit in Verbindung gebracht wird, selbst abgewertet.

Auf diese Weise schützt sich die Hegemonie: Sie bringt das »Andere« zum Schweigen und straft es ab, indem sie ihm die Legitimität entzieht. Diese Art von gezielten Werturteilen ist das Herzstück der weißen Vorherrschaft. Und so funktioniert die weiße Vorherrschaft auch in feministischen Strukturen. Weiße Frauen der oberen Mittelschicht an der Spitze dieser Strukturen sorgen dafür, dass die Referenzen, die weiße Frauen der oberen Mittelschicht besitzen, die wertvollsten Kriterien im Feminismus selbst bleiben.

Während ich in der Weinbar sitze, bin ich mir all dessen bewusst. Und ich spüre meine wachsende Wut darüber, dass ich mich »zurückhalten« muss, um den Erwartungen von Menschen gerecht zu werden, die mit all den Dingen nicht vertraut sind, die für Frauen wie mich schiefgehen können und es auch tun. Aber eine Stimme tief in mir sagt: »Du bist schon so weit gekommen.« Ich weiß genau, was sie meint: Ich möchte meine Stimme erheben, wie es Frauen wie ich — alleinerziehende Mütter, zur Heirat immigrierte Frauen, Überlebende von Missbrauch, Frauen ohne Sicherheitsnetze oder Beziehungen oder Hochschulabschlüsse — nur selten tun können. Und ich habe es fast geschafft, sage ich mir. Ich bin so nah dran. Ich muss mich nur entscheiden, ob ich stolz auf meine Wahrheit bin oder sie zensiere.

Ich entscheide mich für Letzteres. »Oh, ich habe jung geheiratet und kam zum Studieren in die USA«, sage ich locker. »Er war ein Idiot«, ich rolle mit den Augen, »also habe ich mich von ihm scheiden lassen und es nie bereut.«

Es ist genau die richtige Menge an Informationen. »Gut so!«, ruft eine von ihnen. »Wow, ich war noch nicht einmal verheiratet, und du bist schon geschieden«, lacht eine andere am Ende des Tisches. Das Gespräch geht nahtlos weiter. Als die Rechnung für die drei Krüge Sangria kommt, wird sie gleichmäßig unter uns aufgeteilt. Ich zahle einen kompletten Anteil, obwohl ich nur eine einzige Cola Light getrunken habe. Niemand macht sich die Mühe, das zu bemerken.

*

In dem rein auf Gender basierenden Narrativ, das den Mainstream-Feminismus beherrscht, werden alle Frauen gegen alle Männer ausgespielt, gegen deren Widerstand sie Gleichberechtigung anstreben. In diesem Kampf haben sich weiße Frauen jedoch das Recht herausgenommen, für alle Frauen zu sprechen. Gelegentlich lassen sie eine Frau of Color zu Wort kommen, aber nur, wenn diese sich im Tonfall und der Sprache weißer Frauen ausdrücken kann und die Prioritäten, Gründe und Argumente des Weißseins übernimmt. Aber die Annahme, dass Frauen of Color und weiße Frauen gegenüber Männern gleich benachteiligt sind, ist nicht richtig. Alle weißen Frauen genießen die Privilegien des Weißseins. Frauen of Color sind nicht nur von Ungleichheit betroffen, die auf Gender basiert, sondern auch von Ungleichheit, die auf race basiert. Ein farbenblinder Feminismus erfordert daher von Frauen of Color, einen Teil ihrer Identität aufzugeben, und löscht so einen zentralen Teil ihrer gelebten Erfahrung und politischen Realität aus. Dieses Vorgehen macht es unmöglich zu erkennen, dass ein Feminismus, der sich auf weiße Personen konzentriert, den Bedürfnissen von Personen of Color nicht gerecht wird.

Als ich in Pakistan aufwuchs, sah ich, wie meine Mutter, meine Großmutter und meine Tanten schreckliches Leid jeglicher Art überlebten. Sie überlebten Auswanderungen, verheerende Geschäftsverluste, unfähige Ehemänner, verlorene Beziehungen, rechtliche Diskriminierung und so vieles mehr, ohne jemals der Verzweiflung nachzugeben, ohne jemals diejenigen im Stich zu lassen, die sich auf sie verließen, ohne jemals zu versagen. Ihre Widerstandsfähigkeit, ihr Verantwortungsbewusstsein, ihr Einfühlungsvermögen und ihre Fähigkeit zur Hoffnung sind ebenfalls feministische Qualitäten, aber keine, die in der derzeitigen feministischen Rechnung wertvoll sind. Im Wertesystem des weißen Feminismus gilt nicht Widerstandskraft, sondern Rebellion als die ultimative feministische Tugend; das Durchhaltevermögen meiner weiblichen Vorfahren wird daher als vorfeministischer Impuls bezeichnet, der fehlgeleitet und unaufgeklärt ist und keine Veränderung bewirken kann. Pakistanische Feminist:innen können nur dann Aufmerksamkeit erlangen, wenn sie etwas tun, das weiße Feministinnen verstehen — mit dem Kopftuch Skateboard fahren, mit Plakaten auf die Barrikaden gehen, ein Buch über Sex schreiben, in den Westen fliehen. Die Wahrheit, dass Widerstandsfähigkeit ebenso feministisch sein kann wie Rebellion, geht in der Geschichte des Feminismus, die ausschließlich von weißen Frauen geschrieben und bevölkert wird, verloren. Auch dies gehört zum Erbe der weißen Vorherrschaft: Der weiße Blick ist nie vom Feminismus selbst getrennt worden. Er ist die einzige Art von Feminismus, die wir anerkennen und für die wir eine Sprache haben.

Und das bedeutet, dass Frauen, wenn sie von »Feminismus« sprechen, in den meisten Fällen ungewollt den Tonfall und die Farbe des Weißseins annehmen.

In meiner Analyse bin ich der politischen Theoretikerin Gayatri Chakravorty Spivak zu großem Dank verpflichtet, die in ihrem bahnbrechenden Essay »Can the Sub-Altern Speak?« (in etwa »Können Untergebene sprechen?«) erstmals darauf hinwies, wie Europäer:innen davon ausgehen, dass sie die »Anderen« durchschauen, und diese »Anderen« in einen unterdrückerischen Kontext stellen. Spivaks berühmte Formulierung, dass »weiße Männer Frauen of Color vor Männern of Color retten«, bildet den theoretischen Rahmen, auf dem ein Großteil dieses Buches beruht. Spivak zeigte auf, dass »Subalterne« nicht sprechen konnten; ich hingegen möchte darauf hinweisen, dass »Subalterne« heute durchaus die Möglichkeit haben, sich zu äußern. Sie werden nur nicht gehört, weil die Grundlagen der weißen Vorherrschaft (von denen Kolonialismus und Neokolonialismus die deutlichsten sind) nicht beseitigt worden sind. Im Gegensatz zu Spivaks Werk ist dies kein Buch über feministische Theorie, sondern über feministische Praxis und ihre problematischen Genealogien, die Probleme der Vergangenheit und die neuen Formen, die sie in unserer Gegenwart angenommen haben.

Weil Feminist:innen unfähig sind, das Weißsein von feministischen Anliegen zu trennen, ist, bleibt Feminismus an die Genealogie und Epistemologie weißer Feministinnen gebunden. Schwarze Schulmädchen werden über Susan B. Anthony unterrichtet. Dabei verehren sie, ohne es zu wissen, eine Frau, die, verärgert über das Wahlrecht für ehemals versklavte Personen und Personen of Color zu dem Schwarzen Bürgerrechtskämpfer Frederick Douglass sagte: »I will cut off this right arm of mine before I will ever work or demand the ballot for the Negro and not the woman.« (»Eher schneide ich mir diesen rechten Arm ab, bevor ich mich für das Wahlrecht des [N-Wort] anstatt der Frau einsetze.«) Südasiatische Feminist:innen, die Jane Austens Heldinnen für deren Stärke, Witz und Urteilsvermögen als Vorbilder verehren, übernehmen auch Austens imperialistische Ansichten, ihre Rechtfertigungen für weiße Kolonialherren, die sich Land aneignen, ohne dessen Eigenschaften und Bewohner:innen zu kennen. So rekrutiert die unkritische Darstellung eines weißen Feminismus als endgültige und einzige Form des Feminismus insgeheim Frauen of Color, um sich selbst zu rechtfertigen.

Mit zwei Gegenmitteln können wir uns zur Wehr setzen: Erstens müssen wir weiße Vorherrschaft aus dem Feminismus verbannen. Dem unverhältnismäßig großen Anteil, den das Weißsein innerhalb des Feminismus eingenommen hat, und der Annahme, dass dieses Ungleichgewicht besteht, weil nur weiße Frauen tatsächlich Feministinnen sind, muss durch aussagekräftige Darstellungen anderer Feminismen entgegengewirkt werden. Durch diejenigen Feminismen, die durch die koloniale Herrschaft und das Schweigen weißer Personen aktiv unterdrückt oder ausgelöscht wurden, und diejenigen Feminismen, die in der Vergangenheit und in der Gegenwart durch das Vergessen und Verleugnen weißer Privilegien in den Hintergrund gedrängt wurden.

Zweitens: Da gelebte Erfahrung Politik hervorbringt, müssen sowohl Erfahrungen als auch Politik Teil des feministischen Wortschatzes werden. Die Auslöschung der Erfahrungen Schwarzer Frauen, von Frauen of Color und asiatischer Frauen hat zur Auslöschung ihrer politischen Anliegen geführt, und diese Erfahrungen und politischen Anliegen müssen dringend als integraler Bestandteil des feministischen Kanons aufgewertet werden. Um ihre Erfahrungen explizit zu machen, müssen Feminist:innen aller Art daran arbeiten, ihre eigenen Genealogien zu entwickeln, sich mit den Frauen in ihrem Leben und in ihrer Geschichte zu befassen, die nicht als »feministisch« angesehen wurden, weil sie nicht die Projekte und Prioritäten weißer Frauen widerspiegelten. Diese Arbeit wurde bereits von vielen Autor:innen begonnen, die sich für die Geschichte von Frauen of Color einsetzen. Das Aussprechen und Dokumentieren von Erfahrungen ist an und für sich schon wertvoll, ein wichtiger Prozess der Bestätigung und kollektiven Solidarität. Aber dieser Prozess ist auch ein Katalysator, um das Politische neu zu beleben, damit die Strategien und Ziele des Feminismus über die Interessen der weißen Mittelschicht hinausgehen und die Interessen all der Frauen einbeziehen, deren Geschichten und Politik derzeit unsichtbar sind und deren Bedürfnisse jetzt dringlich sind, da sie seit Jahrhunderten systematisch unterrepräsentiert und ausgeklammert werden. Darüber hinaus ist die Dokumentation von Erfahrungen auch als Bestätigung von Menschlichkeit, Solidarität und kollektiver Erfahrung wertvoll und für Frauen of Color und andere marginalisierte Frauen eine wichtige Form der Selbstfürsorge.

Die neue Geschichte des Feminismus wird eine andere sein als die, die wir heute kennen. Es reicht nicht aus, dass alternative Narrative von Frauen of Color lediglich existieren; sie müssen den Inhalt und den Verlauf der Bewegung für Geschlechtergerechtigkeit tatsächlich beeinflussen.

Und bevor das passieren kann, müssen sich weiße Frauen damit auseinandersetzen, wie sehr weiße Privilegien feministische Bewegungen beeinflusst haben und auch heute noch die Agenda des Feminismus beeinflussen. Dies sind keine neuen Vorschläge, aber sie werden mit erschreckender Hartnäckigkeit ignoriert.

Ich bin es leid, so zu tun, als ob ich mich engagieren würde, während die weißen Feministinnen in Machtpositionen an ihrer Angst, ihren Filtern und den mehr oder weniger subtilen Methoden festhalten, mit denen sie ein- und ausgrenzen. Ich möchte mich in einer Weinbar treffen und ein ehrliches Gespräch über Veränderung führen, über Transformation, darüber, wie wir ein gescheitertes System zu Fall bringen und ein neues, besseres aufbauen können.