My home is on the water, I don’t like no land at all.
Home is on the water, I don’t like no land at all.
My home is on the water, I don’t want no land at all.
I’d rather be dead than stay here an be your dog.
»SEE SEE RIDER«, Blues
ERSTER TEIL
1. KAPITEL
Der Stark River floss durch die Flussschleife bei Murrayville wie das Blut durch Margo Cranes Herz. Sie ruderte stromaufwärts, um nach Braut-, Riesentafelenten und Fischadlern Ausschau zu halten und im Farn nach einem Tigersalamander zu suchen. Sie ließ sich flussabwärts treiben, um Zierschildkröten zu beobachten, die sich auf umgestürzten Baumstämmen sonnten, und die Fischreiher im Reiherhorst am Friedhof von Murrayville zu zählen. Sie vertäute ihr Boot und folgte seichten Seitenarmen, um Flusskrebse, Brunnenkresse und winzige Wilderdbeeren zu sammeln. Ihre abgehärteten Füße trotzten den scharfkantigen Steinen und Glasscherben. Beim Schwimmen schluckte Margo kleine lebende Fische, und dann spürte sie, wie der Stark River sich in ihr regte.
Sie watete durch verschlungene Baumwurzeln, griff nach glitschigen Wasserschlangen und ließ den Fluss die Wunden der ungiftigen Bisse reinigen. Manchmal überlistete sie eine Schnappschildkröte und brachte sie dazu, sich in einen Ast zu verbeißen, damit sie sie nach Hause zu Grandpa Murray tragen konnte. Er kochte dann aus dem Fleisch eine Suppe und machte den Kindern weis, dass Schnappschildkröten wie Dinosaurier schmecken. Margo war die Einzige, die der Alte mitnahm, wenn er zum Angeln oder seine Fallen kontrollieren ging, weil sie stundenlang schweigend im Bug seines kleinen Teakholzbootes The River Rose sitzen konnte. Sie lernte, dass sie besser still war und Augen und Ohren offenhielt, anstatt etwas zu sagen oder zu rufen. Der alte Mann nannte sie »Elfe« oder »Flussnymphe«. Ihre Cousins riefen sie »Nympho«, aber nie, wenn der Alte in Hörweite war.
Margo, die eigentlich Margaret Louise hieß, und ihre Cousins kannten sich mit dem trüben Wasser und der starken Strömung aus, sie kannten den Sand und den Schlamm zwischen ihren Zehen, schöpften ihn in leere Hüttenkäse- oder Plastikeisbecher, ließen ihn durch die Finger rieseln und bauten damit einsackende Stalagmiten und Tropfburgen. Sie untergruben das Flussufer, buddelten sich durch Erdreich und Wurzelwerk und schufen einsturzgefährdete Höhlen und Tunnel. Stand ein Kind zu lange an einer weichen Stelle und versank bis zu den Knien, brauchte es nur zu schreien, schon zog es jemand heraus. Sie verbrachten die Sommer mehr oder weniger nackt, sammelten Regenwürmer im moosigen Wald und im Wasser Froscheier im Glibber unter dem Totholz. Sie bauten Flöße aus Schwemmholz und Ballengarn. Sie lernten, an der Wasseroberfläche Hinweise auf ein Unglück darunter zu erkennen. Einmal – Margo war damals acht und ihr Lieblingscousin Junior neun – retteten sie einen Onkel, der betrunken in den Fluss gestürzt war.
Sie alle angelten zwischen den abgestorbenen Bäumen am Flussrand nach Sonnen- und Felsenbarschen, mieden aber den Abschnitt gleich unterhalb der Metallfabrik der Murrays, weil dort ein Abflussrohr ein Gemisch aus Abwasser, Maschinenöl und Lösungsmitteln in den Fluss leitete – ein paar der Fische dort unten hatten seltsame Tumore, fleischige Bläschen an den Lippen und fransige Kiemen. An windigen Tagen waberte der lehmfarbene Qualm aus der Fabrik über den Fluss bis zu ihren Häusern und drang selbst bei geschlossenen Fenstern durch die Ritzen zwischen den Bodendielen und in den Türstöcken ins Innere.
Die Murrays waren eine starrköpfige Sippe, und Bernard Crane war nicht weniger starrköpfig, war er doch als unehelicher Sohn von Dorothy Crane und dem alten Murray in einer untreuen Phase gezeugt worden, was ihm dessen Ehefrau, die trotz (oder gerade wegen) ihres nachsichtigen Wesens jung verstorben war, jedoch beizeiten verziehen hatte. Der Alte hatte Dorothy Crane bekniet, ihrem gemeinsamen Kind seinen Nachnamen zu geben, doch sie ließ in die Geburtsurkunde Vater unbekannt eintragen. Manche sagten, Dorothy habe indianisches Blut, und deshalb sei Bernard so klein geraten; andere behaupteten, sie habe ihrem Kind die Muttermilch vorenthalten, weil der Alte sein angetrautes Weib nicht habe verlassen wollen; und wiederum andere, darunter auch Cal Murray selbst, bestritten, dass Bernard in irgendeiner Weise mit Cal verbrüdert war. Jahre später aber, als Bernard Crane, den alle einfach nur »Crane« nannten, und seine Frau Luanne ein bildhübsches Töchterchen mit grünen Augen zur Welt brachten, schlug die Versöhnung auf magische Weise eine Brücke über den Fluss, und sämtliche Murrays erhoben Anspruch auf Margo. Eine Weile genoss die Kindsmutter sogar das Wohlwollen der anderen Frauen. Meist aber nannten sie Luanne einen »Freigeist«, und das war nicht als Kompliment gemeint.
Wenn das Wetter es zuließ, schwammen Margo und ihre Cousins den ganzen Tag. Selbst wenn die Dürre den Fluss so seicht machte, dass man hindurchwaten konnte, schwammen sie zum großen Farmhaus der Murrays am Nordufer, wo Tante Joanna Wäsche aufhängte oder Brot backte und Onkel Cal sie manchmal mit Flinten Tontauben schießen oder mit Kleinkalibergewehren auf Blechziele ballern ließ. Von dort schwammen sie dann quer über den Fluss zum tief im Schatten liegenden Haus der Cranes, wo Luanne am Ende des Schwimmstegs auf dem einzigen sonnigen Fleckchen des Grundstücks bäuchlings mit aufgehaktem Bikinioberteil auf einem Liegestuhl lag. Sie bräunte vor sich hin wie einer von Joannas Brotlaiben, und nur, um von dem mit Wasser verdünnten Weißwein zu trinken, den sie in ein Einmachglas voll schmelzender Eiswürfel gestellt hatte, hob sie den Kopf und öffnete die Augen. Ihr Kakaobutterduft wehte aufs Wasser hinaus, und die Jungs konnten die Augen nicht von ihr losreißen.
Gegen Abend ruderte, schwamm oder trieb Margo schließlich nach Hause. Dann erwachte ihre Mutter, die Rückkehr der Tochter vorausahnend, stellte sich – mitunter ein wenig schwankend – auf den Steg und hielt ihr ein Handtuch hin, Margos Lieblingshandtuch, das extragroße mit dem grünen Dschungelmuster. Zähneklappernd ließ Margo sich von ihrer Mutter ins Handtuch hüllen und drücken. Erst dann roch sie die süßliche Weinfahne inmitten der Kakaobutterwolke. Luanne sagte »Gleich sind wir da, Margaret Louise«, während sie eng umschlungen über den Steg und das Ufer entlang zum Haus gingen. Im Windfang suchten sie Margo nach Blutegeln ab und bestreuten die Nachzügler mit Salz. Kaum hatten sie beide geduscht, verzog Luanne sich mit ihrer Weinflasche ins Bett, um fernzusehen oder ihren Zwölf-Stunden-Schlaf in Angriff zu nehmen, während Margo sich auf die Couch legte und darauf wartete, dass ihr Vater von der Spätschicht in der Metallfabrik heimkam. Dann blätterte sie manchmal in ihrem Buch über Annie Oakley, an deren düsterem Gesicht sie sich nicht sattsehen konnte. Annie wirkte mit ihren Büchsen und Flinten so natürlich, dass Margo glaubte, jedes Mädchen würde gern ein Gewehr tragen. Als sie dies einmal zu ihrer Mutter sagte, erwiderte Luanne müde, sie verstehe nicht, wie Annie Oakley so viel »schießen konnte, ohne mal irgendwen zu töten, ja, ohne einfach alle abzuknallen«. Margo brachte anschließend nie wieder die Sprache darauf.
Nach einem schweren Sturm oder plötzlichem Tauwetter konnte es vorkommen, dass der Fluss sprunghaft anschwoll und jede Menge Unrat mit sich führte: laienhaft vertäute Boote etwa oder Bruchstücke von Flößen und Stegen, die gegen Bäume geschmettert worden waren. Dann wurde alles Mögliche an die Ufer geschwemmt: riesige Fässer, veralgte Bojen an Nylonschnüren, Tierkadaver. Und die Fluten rissen auch das mit sich fort, was die Murrays nicht gesichert hatten oder nicht sichern konnten: Sand aus der Sandkiste, Schweinemist von dem halben Dutzend Schweine auf der Weide, Gartenpfähle und Tomatenranktürme, die seit dem Vorsommer draußen standen, Spielzeug und Hundenäpfe, Tausende Schrot- und Patronenhülsen auf dem Boden neben der Scheune. Die jährlichen Überflutungen durchspülten die Höhlen der Bisamratten, ersäuften die Maulwürfe, rissen Feuertonnen mit sich, trugen Grund ab und wuschen ganze Landstriche sauber. Einmal verloren die Cranes im Februar nach einer frühen Schneeschmelze ein Klafter Brennholz, das sie allzu nah am Wasser gestapelt hatten.
Der Tod von Margos Großvater, als sie vierzehn war, traf die Familie wie eine dieser Fluten zum Ende des Winters. Er ließ alles gefrieren und spülte nicht nur die alte Generation fort, sondern auch den unsichtbaren Kitt und die Bande, die die Murrays zusammengehalten hatten. Margo hatte so oft, wie man es ihr erlaubt hatte, am Krankenbett ihres Großvaters im Wintergarten gesessen. Nach der Beerdigung ging sie mit Onkel Cal hinaus, schob wie Annie Oakley fünfzehn Patronen in Cals Marlin-Lever-Action-Büchse Kaliber .22, fädelte den Arm durch die Schlinge und zielte über Kimme und Korn auf die Zielscheibe aus Papier. Als der erste Schuss danebenging, riet ihr Cal, sich im Schneidersitz hinzusetzen und die Schlinge enger zu ziehen. Die folgenden vierzehn Schuss trafen die Scheibe dicht nebeneinander gleich links von der Mitte. Zwölf davon schlugen ein einziges Loch von nur knapp einem Fingerbreit Durchmesser. »Was zur Hölle war das?«, fragte Cal und fuhr mit dem Finger über das zerfetzte Papier. »Ich habe in meinem ganzen Leben noch nicht so geschossen! Teufel noch mal!« Onkel Cal hielt es für sein Verdienst, Margo das Schießen beigebracht zu haben, und Margo hatte seine Anleitung zwar gespürt, aber noch stärker hatte das Gewehr selbst sie geführt. Es hatte ihr Halt gegeben, und die Trauer hatte ihre Treffsicherheit perfektioniert.
Als Cal dann in der Metallfabrik der Murrays den Posten des Direktors übernahm, hielt er seine Söhne dazu an, in den Sommern zu arbeiten, statt sich den ganzen Tag am Fluss herumzutreiben. Etwa zur selben Zeit begann Margos Mutter, sich zu schminken und nachmittags stundenlang zu verschwinden. Bei Einbruch der Dunkelheit kam sie nach Hause – bis zu einem Abend im Juli, an dem Margo allein schwimmen gegangen war. In Margos extragroßem Kescher lag ein riesiger Bovist, weiß wie der Mond und größer als ihr eigener Kopf. Margo stieg aus dem Fluss und stand allein auf dem Steg mit dem totenkopfweißen Pilz in der Hand, den sie in Scheiben schneiden und braten wollte. Das kleine Haus der Cranes lag im Dunkeln. Als Margo in der Küche Licht machte, sah sie den Zettel auf dem Tisch. Sie las ihn ein ums andere Mal, aber begriff die Bedeutung nicht. Wie oft hatte Luanne geklagt, dass sie das Leben an diesem Ort nicht ertrug, und doch war sie immer da gewesen! Margo kratzte sich am Knöchel und entdeckte einen vollgesaugten Blutegel. Sie hatte nicht die Geduld, ihn mit Salz zu bestreuen und zu warten, bis er verschrumpelte. Stattdessen nahm sie ein Fleischermesser, stieß dem Biest mit dem hölzernen Griffende auf den Kopf und zog es mit einer Drehbewegung heraus, bis die blutige Masse auf die Küchenfliesen fiel.
Vielleicht waren nach dem Tod des alten Murray der Niedergang der Metallfabrik und die daraus folgende Arbeitslosigkeit in Murrayville unvermeidlich, noch dazu vor dem Hintergrund der Wirtschaftslage Ende der Siebzigerjahre; vielleicht war aber auch Onkel Cals schlechtes Management schuld. Vielleicht musste auch geschehen, was zwischen Onkel Cal und Margo am Tag nach Erntedank geschah. Als Margo zwei Spülbecken voll Geschirr abgewaschen hatte, scheuchte Tante Joanna sie aus der Küche.
»Geh mit den anderen feiern, amüsiert euch«, forderte Joanna sie auf. »Husch!«
»Ich zieh mir nur schnell Jeans an«, erwiderte Margo. Sie trug ein langärmliges Kleid, das sie auf Joannas Geheiß immer dann anziehen musste, wenn sie ihre Tante in die Kirche begleitete, und sei es auch nur, um ein paar Lebensmittelkonserven zu spenden. Obenherum war das Kleid gar nicht so übel, aber es reichte Margo bis über die Knie.
»Was ist schlimm daran, sich wie ein Mädchen zu kleiden?«, wollte Joanna wissen. »Geh raus und sag deinem Cousin Junior, er soll nicht nur Rock-’n’-Roll-Platten auflegen. Wir wollen ein bisschen Country Music hören.«
Das Fest war in vollem Gang, und aus den in den Bäumen festgezurrten Lautsprechern dröhnte gerade »Smoke on the Water«. Joanna bugsierte Margo zur Tür, drückte ihr die Jacke in den Arm und schob sie hinaus in die Kälte. Margo raffte ihr Kleid und krempelte es an der Hüfte um, um es kürzer zu machen. Es war das erste Fest ohne Grandpa Murray, und Margo vermisste seine starke Präsenz. Sie schlenderte über das gefrorene Gras zu ihrem Vater, doch der war in ein Gespräch vertieft. Da er sie nicht beachtete, ging sie weiter zu der Stelle, an der das Spanferkel zerlegt wurde. Hal Slocum, der Mann, den Margo einst vor dem Ertrinken gerettet hatte, schnitt das Fleisch in Streifen und legte diese in eine große Aluminiumschale. Margo sah, wie ein langer weißer Knochen zum Vorschein kam, an dem er dicht entlangschnitt. Hal wohnte mit Frau und sechs Kindern in zwei Wohnwagen eine halbe Meile flussaufwärts auf dem Land der Murrays. Julie Slocum, die für ihre dreizehn Jahre noch eine ganz schöne Petze war, flirtete gerade mit ihrem Cousin Junior, der im Schneidersitz neben dem Plattenspieler hockte und sie ignorierte. Billy Murray, ein paar Monate jünger als Margo, kommandierte ein paar kleine Kinder herum, darunter auch seine Zwillingsbrüder Toby und Tommy. Margo beobachtete, wie er sie anwies, auf allen vieren zu der Stelle zu kriechen, an der die Männer Hufeisen warfen, und in ihr schäumendes Fassbier zu spucken. Die Männer merkten es nicht, und jedes Mal, wenn einer von ihnen seinen Plastikbecher an die Lippen setzte, kreischten Billy und die Kinder vor Vergnügen. Margo lag gerade neben dem schwarzen Labrador Moe auf dem Boden und unterhielt sich knurrend und bellend mit ihm, als Onkel Cal ihr mit der Stiefelspitze in die Rippen stupste. »Hey, Nympho, wenn du auf die Jagd gehen willst, musst du zuerst lernen, wie man einen Hirsch aus der Decke schlägt.«
Margo stand auf und krempelte ihr Kleid abermals an der Taille um. Cal war dafür bekannt, dass er Mädchen Komplimente machte, wenn sie hübsch aussahen, und deshalb gaben sich alle Mühe.
»Wenn du es gleich lernen willst, zeige ich es dir.« Er lallte ein bisschen.
Obwohl ihr Vater ihr geraten hatte, sich von betrunkenen Männern – ihn selbst eingeschlossen – fernzuhalten, folgte Margo ihrem Onkel in den weiß getünchten Schuppen. Sie strich ihr Haar glatt, um sicherzugehen, dass es nicht abstand. Der Holzofen war ausgegangen, aber es war noch warm im Raum. Cal zog seine Jacke aus und warf sie auf den Lehmboden. Margo hatte nicht damit gerechnet, dass Cal sie an sich ziehen würde, und als er es tat, stolperte sie und stieß ihn gegen den von der Decke hängenden aufgebrochenen Tierkadaver, sodass dieser hin und her schwang und sich der Geruch von Blut breitmachte.
Als Cal sie auf den Kopf küsste, drückte Margo ihr Gesicht an seine breite Brust. Sie spürte sein dickes Flanellhemd an ihrer Wange. Sie liebte Cals ledrigen Duft, in den sich ein Hauch von Schweinebraten und Bier mischte. Er griff nach unten, schlang die Arme fest um ihre Beine und hob sie hoch, sodass sich ihre Gesichter auf einer Höhe befanden. Das hatte er früher manchmal getan, als sie noch ein Kind gewesen war. Unlängst war sie fünfzehn geworden.
»Willst du morgen mit mir auf die Jagd gehen? Um fünf Uhr früh?«
Margo nickte, obwohl sie das Entsetzen auf Tante Joannas Gesicht gesehen hatte, als Cal vor ein paar Tagen laut überlegt hatte, Margo und nicht etwa einen ihrer fünf Söhne zum Auftakt der Jagdsaison mitzunehmen. Sie strampelte wie beim Schwimmen mit den Beinen.
Cal hielt sie noch immer einen Fußbreit über dem Boden. Er küsste sie auf den Mund und fragte leise: »Und, wie ist das? Ist das so schlimm?«
Margo unterdrückte ein Stöhnen. In der Schule hatte sie im Treppenhaus ein paar Jungs und in der verlassenen Hütte flussaufwärts einen Freund von Junior geküsst, sie hatte alle möglichen Arten zu küssen ausprobiert – weich und hart, schnell und langsam. Als der Junge und sie sich sicher gewesen waren, dass Junior eingenickt war, hatten sie sich ausgezogen. Margo hatte geglaubt, niemand wüsste, dass sie mit dem Jungen bis zum Letzten gegangen war, aber vielleicht wusste Cal es doch. Cal drehte sie und nahm sie auf den Arm wie eine Braut, die über die Türschwelle getragen wird. Er war der bestaussehende Mann weit und breit, hatte ihre Mutter immer gesagt. Als er Margo auf seine große Jacke legte, versuchte sie ruhig weiter zu atmen. Schon waren seine Hände auf ihr, und sie musste daran denken, wie er ihr das Schießen beigebracht hatte, wie er die Haltung ihrer Hände und Arme korrigiert und ihr erklärt hatte, dass sie den Abzug drücken und nicht ziehen musste. »Der Schuss muss für den Schützen überraschend kommen«, hatte er gesagt, »auch wenn alles, was er tut, darauf ausgerichtet ist.«
»Du bist so schön«, raunte er. »Teufel noch mal!«
Cal war der beste Mann in der Stadt, hatte ihre Mutter gesagt, aber was hätte ihre Mutter hierzu gesagt? Margo wusste, dass es falsch war; sie wusste, dass ihr Vater wütend werden würde, aber sie sagte trotzdem nicht Nein. Nein zu sagen wäre so, als würde man eine Kugel abfeuern – es gab keine Möglichkeit, sie zurückzuholen. Nein zu rufen konnte sie üben, wenn das hier vorbei war, aber zunächst einmal wollte sie Cal vertrauen. Die Jacke unter ihr verrutschte, und als sie den Kopf zur Seite drehte und zur Tür blickte, wurde ihr Ohr auf den schmutzigen Boden gedrückt. Sie roch Blut und Moder und Mäusepisse, während Cal sich in ihr bewegte. Das goldene Licht, das durch das westliche Fenster fiel, wärmte ihre Wange. Plötzlich entdeckte sie das Gesicht eines Mädchens hinter der Scheibe. Zuerst hielt Margo es für ihr eigenes Spiegelbild, doch es war Julie Slocum. Julie hob die Hand an den Mund und war gleich darauf verschwunden.
»Das war doch nicht so schlimm, oder?«, erkundigte sich Cal danach.
Ihr war klar, dass Cal keine Antwort von ihr erwartete. Niemand erwartete von ihr, dass sie etwas sagte, nicht einmal ihre Lehrer. Bevor sie eine im Unterricht gestellte Frage beantworten konnte, musste sie immer erst herausfinden, wie sich das Gefragte zu all den anderen Dingen verhielt, die sie wusste. So konnte es geschehen, dass sie erst Stunden später eine Antwort fand, wenn sie allein in ihrem Boot saß und die Wasserläufer auf der Oberfläche des Flusses beobachtete. Ihr fiel es leichter, beim Rudern Matheaufgaben im Kopf zu lösen oder beim Tauchen die Zellteilung nachzuvollziehen.
War es so schlimm gewesen? Margo zog ihre Unterhose hoch. Wenn sie sich nicht auf ihre Atmung konzentrierte, würde sie das Atmen vergessen und sterben, dachte sie. Sie sah sich um, ob sich etwas verändert hatte. Der Tierkadaver nicht, die Spinnweben nicht und auch nicht der Blutgeruch. Onkel Cal lächelte sein typisches Lächeln. Sie musste raus aus diesem Schuppen, musste ihn von außen sehen und sich darüber klar werden, was gerade passiert war.
Da stürmte Margos Vater herein. Cal stand gerade auf und knöpfte sich die Hose zu, als ihr Vater, der kaum größer als sie selbst war, mit dem Fuß die Tür aufstieß und Cal mit seinem Arbeitsstiefel in den Mund trat. Margo hörte Knochen knacken, und zwei rot-weiße Klümpchen – Onkel Cals Zähne – hüpften auf den Boden. Die beiden für ihr hitziges Temperament berüchtigten Halbbrüder fauchten sich an wie Bären.
Tante Joanna betrat den Schuppen, kurz nachdem Margos Vater Cal den Kopf in die Brust gerammt und ihm eine Rippe gebrochen hatte. Rund ein Dutzend Gaffer fand sich ein und schaute zu, die einen im Innern des Schuppens, die anderen durch die offene Tür oder die schmutzige Fensterscheibe. Julie Slocum schlüpfte herein und strich Margo mit der Hand übers Haar. Sie roch nach dem Kerosin der Heizgeräte, die ihre Familie in den Wohnwagen benutzte. Cal lag jetzt am Boden, und Joanna beugte ihren langen Rücken über seinen Körper. Sie wischte ihm mit einem Taschentuch das Blut vom Mund und zischte ihn wütend an. Als Cal sich flüsternd verteidigte, wurde es schlagartig still. »Das kleine Flittchen hat mich hergelockt, Joanna, aber ich schwöre dir, ich habe sie nicht angerührt«, beteuerte er.
Schweigend und wie erstarrt standen alle da. Erst als Julie rückwärts zur Tür schlich, hüstelte jemand, und ein Raunen setzte ein.
Joanna sah Margo an. »Zum Teufel mit dir!«
Margo fixierte Cal mit zusammengekniffenen Augen, als nähme sie ihn mit der Marlin ins Visier. Sie wartete auf eine Erklärung oder Geste von ihm, die klarstellte, dass er seine Worte nicht so gemeint hatte. Mit dem Tod ihres Großvaters im Januar und dem Fortgang ihrer Mutter im Juli hatte es begonnen, und nun war der Bruch zwischen ihr und den anderen endgültig vollzogen. Selbst ihr Vater, der neben ihr stand und »Steh auf!« sagte, schien weit weg.
Im Pick-up wollte ihr Vater von ihr wissen, was passiert war, aber Margo schwieg sich aus. Er fuhr auf den Parkplatz vor der Polizeiwache und flehte sie an, mit ihm hineinzugehen. Als er einen halbherzigen Versuch unternahm, sie aus dem Pick-up zu ziehen, griff sie mit der linken Hand nach dem Schalthebel und mit der rechten nach der Armstütze und klammerte sich fest. Sie hatte gegen Cal keinen Widerstand geleistet, aber Widerstand war eine Lektion, die sie rasch lernte. Als sie an diesem Abend zu Hause im Bett lag und nicht einschlafen konnte, hörte sie eine Eule. Huhu, wer ruft mir zu?, ahmte sie den Vogel leise nach. Sie stellte sich vor, wie sie auf die Eule zielte und sie von ihrem dämlichen Sitzplatz in den Zedern schoss. Durchs Fenster sah Margo, dass gegenüber bei den Murrays noch Licht brannte, und sie vernahm leise Musik.
Am nächsten Morgen wurde sie vom Stöhnen ihres Vaters wach, das durch die Wand zu ihr drang. Mit einem Buttermesser öffnete sie seine abgeschlossene Tür. Er lag mit geschwollenem, blutverkrustetem Gesicht im Bett und roch nach Brombeerschnaps. Als er sie bat, ihm ein Bier zu bringen, zerrte sie sein noch nicht angebrochenes Zwölferpack Bierdosen neben dem Kühlschrank hervor, trat es mit dem Fuß von der Veranda und stieß es vor sich her in den Wald, wobei es sich immer wieder überschlug, bis der Karton aufriss. Margo öffnete eine Bierdose, ließ den Schaum über ihre Hand laufen, nahm einen kräftigen Schluck und spuckte ihn aus. Dann stellte sie die Dose auf einen Baumstumpf. Eine zweite platzierte sie ungeöffnet in der Astgabel eines Baums und hielt kurz inne, um dem Gurren einer Trauertaube auf dem gefrorenen Boden zu lauschen. Mit einem ebenso traurigen Gurren riet sie der Taube wegzufliegen. Die dritte Dose stellte sie unter ein Geflecht aus dornigen Himbeerranken. So machte sie weiter, bis sie alle zwölf Dosen im Wald verteilt hatte. In einer Hand hielt sie die Schrotflinte ihres Vaters; in ihrer Tasche steckte ein Dutzend Patronen. Margo stellte sich rund zehn Schritt von der ersten Dose entfernt hin, schob vier Schrotpatronen ins Magazin, lud durch, drückte ab und pulverisierte die Dose. Den Rückstoß steckte sie ohne zu zucken weg. Sie zog den Ladehebel nach hinten, presste den Kolben noch fester gegen die Schulter, feuerte erneut und sah, wie die zweite Dose explodierte. Mannshoch spritzte das schäumende Bier heraus. Eine nach der anderen zerschoss sie die Dosen im Morgengrauen und setzte das Gewehr nur ab, um nachzuladen. Tief atmete sie den süßlichen Geruch des Schießpulvers ein. Jeder einzelne Schuss hallte durch den Wald und übers Wasser.
Im Schlafzimmer ihres Vaters ging das Licht an. Sie würde ihn ins Krankenhaus bringen. Während sie darauf wartete, dass er herauskam, lauschte sie dem Wasser, das neben ihr den Stark River hinunterrauschte, geradewegs zum Wehr bei Confluence, hinter dem der Kalamazoo River und, ein Stück weiter, der Michigansee lagen. Ihre Ohren dröhnten von den Schüssen. Ihre Schulter pochte.
2. KAPITEL
Ein Jahr später, am Sonntag vor Thanksgiving, kniete Margo kurz vor Tagesanbruch ein Stück flussaufwärts von ihrem Haus zwischen zwei Zedern und beobachtete einen Sechsender, der im gefrorenen Laub nach Eicheln stöberte. Margo hatte alle Zeit der Welt, das Tier mit den schwarzen Hufen und schlanken Läufen, der dunklen Brust, so breit wie die eines Mannes, der schweren Krone, dem weißen Bart und dem arroganten Blick zu studieren. Als es eine Hirschkuh witterte, hob es den Kopf und blähte die Nüstern. Margo legte das Gewehr an und presste die Wange gegen den Schaft. Der Fluss schien ihren Arm und ihr Auge zu führen, als sie auf Herz und Lungen zielte und abdrückte – peng! Erst als sie aufstand, bemerkte sie, dass ihr Knie nass war und sich auf ihrer Jeans Eis gebildet hatte.
Im Zimmer ihres Vaters flammte Licht auf. Bis er sich Kleider und Stiefel angezogen hatte und kopfschüttelnd und brummend aus dem Haus trat, hatte sie den Hirsch längst auf einem Schlitten zum Schaukelgestell hinter dem Haus gezogen. Es war ihr dritter Abschuss in fünf Tagen.
»Das reicht jetzt. Schluss mit der Jägerei, Kleine!«, befahl Crane. Er half ihr, die Läufe abzusägen und das Tier mit einer Kette um den Hals hochzuziehen. Dann setzte er sich am Flussufer auf den Stumpf einer Eiche und wetzte sein Fleischermesser an einem Schleifstein. Das Wasser unter ihm war schwarz und kalt. »Hast du gehört, Margo? Schluss mit Jagen, okay? Sag was. Du bist nicht stumm.«
»Ich hab’s gehört«, brachte sie mühsam hervor.
Im Sommer und Herbst hatte Margo bei Mr Peake von der Landjugend Jagd- und Schießunterricht genommen, und sie war ganz erleichtert gewesen, als er meinte, ihr ruhiges Naturell wäre für sie beim Schießen von Vorteil.
»Ich besorge dir alle Ziele, die du haben willst, aber Hirsche sind ab sofort tabu.«
Margo nickte, doch dann entdeckte sie etwas im gräulichen Dunst, einen orangefarbenen Zettel, der am Stamm der Buche neben der Zufahrt hing. Zwischen all den Ahornbäumen, Eichen und Ferkelnussbäumen gab es nämlich eine einzige Buche mit glatter Rinde, in die Luanne früher mit einem Federmesser Margos Größe und Alter eingeritzt hatte. So leise wie möglich schlich Margo um die Hausecke.
»Die Gefriertruhe ist voll, Margo. Wir haben mehr als genug Fleisch!« Mit zusammengekniffenen Augen blickte Crane misstrauisch flussaufwärts zum rosafarbenen Horizont.
Obwohl Margo nur leicht auftrat, knirschten die gefrorenen Blätter unter ihren Füßen.
»Auch wenn du erst sechzehn bist, gilt für dich das Gesetz genauso«, sagte Crane. Er prüfte die Klingenschärfe an der Kante eines Streichholzbriefchens, schob es zurück in die Tasche und zog die Klinge noch ein paarmal über den Stein. Obwohl er eher klein war, hatte er eine kräftige Stimme, die weit trug. »Das Jagdabzeichen, das man dir an die Jacke geheftet hat, berechtigt dich, einen Hirsch zu schießen, Margo, nicht drei.«
Am Donnerstag, dem Beginn der Jagdsaison, hatten sie Margos ersten Hirsch zerlegt und abends ein paar Koteletts und Steaks in blassgrünes Wachspapier gewickelt und eingefroren. Den Großteil hatten sie mit dem am Küchentisch festgeschraubten Fleischwolf zu Hackfleisch verarbeitet und das magere Wildbret anschließend mit Rindertalg aus dem Lebensmittelladen vermengt, in dem Crane seit Kurzem arbeitete, auch wenn er dort im Vergleich zu früher nur noch die Hälfte verdiente. Danach hatten sie Margos zweiten Hirsch aufgebrochen, ein paar Telefonate geführt, das tote Tier hinten auf den Pick-up gewuchtet, mit einer Plane zugedeckt und bei einem Mann mit acht Kindern abgeliefert, der gerade seinen Job in der Metallfabrik der Murrays verloren hatte.
Als Crane mit einem Blick über die Schulter feststellte, dass Margo ihm nicht zuhörte, sondern sich davonstahl, rammte er das Messer in den Baumstumpf und stand auf. »Herrgott noch mal, Margo! Wenn du schon nicht antwortest, kannst du wenigstens zuhören, wenn ich mit dir rede.«
Margo streckte sich, aber das orangefarbene Stück Papier war zu weit oben an den Baum getackert. Crane stellte sich neben sie und blickte zu dem handgeschriebenen Zettel hoch.
Alljährliches Familientreffen der Murrays zum Thanksgiving-Wochenende am Freitag, den 23. November stand da und darunter die Adresse in der Stark River Road, als würden die Murrays sie nicht sowieso alle wissen. Jemand hatte in einfachen Strichzeichnungen ein Schwein, einen Truthahn und einen Kuchen dazu gemalt – bestimmt Tante Joanna, denn niemand sonst hätte sich die Mühe gemacht, die Einladungen zu verzieren.
»Der Scheißkerl!«, fluchte Crane und presste die Kiefer so fest aufeinander, dass sein Backenmuskel zuckte. Er sprang ein paarmal hoch, um nach dem Zettel zu schnappen, kam aber nicht heran.
Für Margo stand fest, dass ihr Cousin Billy dahintersteckte, der inzwischen fast so groß wie Cal war und extrem abstehende Ohren hatte. Er machte Margo in der Schule das Leben zur Hölle. Nachdem er sie vor einem Monat auf dem Heimweg fast über den Haufen gefahren hatte – sie hatte sich durch einen Sprung in einen von Brombeergestrüpp überwucherten Graben retten müssen –, hatte Margo ihm auf dem Schulparkplatz ein überfahrenes Murmeltier auf den Rücksitz seines Camaro gelegt. Aus Rache hatte Billy ihr im Gang aufgelauert und ihr mit einer Schere hinterrücks ein ganzes Stück von ihrem langen dunkelbraunen Pferdeschwanz abgeschnitten. Sie hatte ihren Vater später angelogen und behauptet, sie hätte es selbst getan. Sie hatte ihm den Zopf gegeben, und Crane hatte ihn sich kopfschüttelnd um die Hand gewickelt und in die Jackentasche geschoben wie seinerzeit den Abschiedsbrief ihrer Mutter.
Bis vor Kurzem hatte Junior Murray in der Schule auf sie aufgepasst, aber als Cal ihn diesen Sommer zum dritten Mal beim Kiffen erwischt hatte, hatte er ihn seine Sachen packen lassen und auf eine Militärakademie im Westen geschickt. Früher war Margo oft von zu Hause ausgebüxt und hatte Junior in der verlassenen Hütte oben am Fluss besucht, die er Marihuana-Haus nannte. Ab und zu hatte sie auch an einem Joint gezogen, aber sie mochte das schwummrige Gefühl nicht, das das Gras in ihr hervorrief. Manchmal hatte sie auf dem Weg zur Hütte ihre Cousine Julie Slocum allein am Flussufer sitzen sehen und zu Musik aus einem Transistorradio singen hören. Dann hatte sie mit dem Gedanken gespielt, sich ein Weilchen mit ihr zu unterhalten, aber andererseits: Hätte Julie sich vor einem Jahr um ihren eigenen Kram gekümmert, hätte niemand etwas von Margo und Cal erfahren, und alles hätte so bleiben können, wie es war.
Crane stampfte davon, und Margo fuhr mit den Fingern über die Narben in der glatten Buchenrinde. Bevor Luanne verschwunden war, hatte sie Margo zu ihrem vierzehnten Geburtstag gemessen. Es hatte sich herausgestellt, dass Margo seit dem letzten Jahr nicht mehr gewachsen war, deshalb hatte Luanne keine neue Kerbe eingeritzt. »Das war’s dann wohl«, hatte sie gesagt. »Du bist jetzt erwachsen.«
Crane kehrte mit der Kettensäge zurück und riss am Seilzug, um sie anzuwerfen. Der Motor heulte auf. Margo machte gerade noch rechtzeitig einen Schritt rückwärts, bevor ihr Vater das Blatt auf Kniehöhe am Stamm der Buche ansetzte. Späne stoben auf, und mit einem grimmigen, sauberen Schnitt trennte er den Baum von seinen Wurzeln. Er war größer, als Margo gedacht hatte, und die Krone verfing sich in einer mächtigen Sumpfeiche, bevor sie sich losriss und dabei einen Eichenast abbrach. Die Buche schlug zwischen Cranes Pick-up und dem Haus zu Boden und begrub einen Gewürzbaum unter sich, der im Frühling immer süß geduftet hatte. Crane stellte einen Fuß auf den gefällten Baum und sägte ein paar ofenlange Stücke vom Stamm ab. Dann machte er sich mit der Kettensäge über die Einladung her. Margo staunte, wie lange es dauerte, das Wort Murrays zu schreddern.
»Der Scheißkerl hat Nerven!«, knurrte Crane.
Margo schluckte.
»Wenn du was zu sagen hast, Margo, sag es! Mit dieser ernsten, verschreckten Miene kann ich so früh am Morgen nichts anfangen!« Crane schnitt noch ein halbes Dutzend Klötze Feuerholz in der passenden Länge zurecht, dann würgte er den Motor ab und warf die Säge auf die Ladefläche seines Pick-ups. »Bist du jetzt bereit, darüber zu reden?«
Sie wollte den Kopf schütteln, verkniff es sich jedoch.
»Wir lassen uns von ihm nicht beleidigen«, verkündete Crane, kletterte in die Fahrerkabine, knallte die Tür zu und fuhr los. Der Auspuff des Ford spuckte Ruß, und seine Hinterräder gruben sich in die Eiskruste auf der zweispurigen Zufahrt. Als er schon außer Sichtweite war, hörte Margo immer noch, wie er den Kies auf der Straße aufspritzen ließ und dann knatternd an der Pizzabude, dem Drugstore, dem Lebensmittelladen sowie der Kneipe von Murrayville vorbei und flussabwärts über die Brücke fuhr.
Nein, sie war nicht bereit, darüber zu reden. Und sie war auch nicht bereit, Onkel Cal ins Gefängnis zu schicken, damit er dort verrottete, wie ihr Vater sich ausgedrückt hatte. Wenn Crane doch nur mehr Geduld mit ihr hätte. Hätte er an diesem Morgen nicht mit der Kettensäge verrückt gespielt, hätte sie seine verschränkten Hände als Steigbügel benutzen und sich von ihm zum Zettel hochheben lassen können. Sie hätte ihn abgerissen und zusammen mit den Küchenabfällen verbrannt. Nun waren die winzigen Schnipsel des orangefarbenen Papiers übers ganze Grundstück verstreut, und jeder einzelne würde Crane bis zum ersten großen Schneefall Tag für Tag an die Einladung erinnern. Und in den Tagen danach würde das Bastelpapier den Schnee orange färben, und wenn es im Frühjahr taute, wären immer noch Reste davon übrig.
Margo ging zum Schaukelgestell zurück, legte den Arm um ihren aufgehängten Hirsch und blickte über den Fluss. Vielleicht war die Einladung gar nicht als Beleidigung gemeint gewesen. Wahrscheinlich sollte sie vielmehr ein Angebot sein, den Ärger vom vergangenen Jahr für einen Tag zu vergessen und miteinander zu essen, zu trinken und sich zu amüsieren. Margo hätte Joanna gerne wiedergesehen. Joanna hatte ihr das Kochen beigebracht, was man von ihrer eigenen Mutter nicht behaupten konnte. Luanne brachte es sogar fertig, Wasser anbrennen zu lassen, spottete Crane gerne. Joanna hatte bestimmt schon mit dem Kuchenbacken für das Fest am Freitag angefangen: Früchtebrot, Apfel-, Kürbis- und Schwarznusskuchen. Ihre Söhne halfen ihr zwar, die Nussschalen mit dem Hammer aufzubrechen, aber sie hatten es immer ziemlich schnell satt, die Nüsse herauszupulen, sodass diese Arbeit stets an Joanna und Margo hängen geblieben war. Ihre Cousins waren für Margo wie Brüder gewesen, mit Ausnahme von Billy, der immer noch sauer war, weil Großvater ihr und nicht ihm sein Teakholzboot mit dem Namen The River Rose vererbt hatte. Wenn Cal sich für das, was er getan und gesagt hatte, entschuldigen und ihren Vater wieder als Werkmeister in der Metallfabrik einstellen würde, wäre alles in Ordnung. Dann könnte ihr Daddy den türkisblauen Krämerkittel gegen seine alte Arbeitskluft mit dem über der Brusttasche in roter Schreibschrift auf weißem Grund aufgestickten Namenszug CRANE eintauschen, und sie könnten die Zahnarztrechnungen bezahlen.
Margo zog das geschliffene Messer aus dem Baumstumpf und ging damit zurück zu ihrem Hirsch, dem größten von den dreien, die sie bislang erlegt hatte. Die Läufe waren bereits abgesägt, der Anus herausgeschnitten und die Öffnung zugebunden. Margo wollte den ersten langen Schnitt so schnell wie möglich hinter sich bringen, denn sie wusste, dass es beim dritten Mal nicht einfacher sein würde als beim ersten oder zweiten. Nach diesem Initialschnitt, der ein totes Lebewesen in ein Stück Fleisch verwandelte, würde sie sich besser fühlen. Zu ihrem Erstaunen hatte sie festgestellt, dass das Töten der einfachste Teil war. Crane würde ihr sicher dabei helfen, den Hirsch aufzubrechen und aus der Decke zu schlagen, wenn sie ihn darum bat, aber ihr Großvater hatte immer betont, wie wichtig es war, eine Arbeit selbst zu erledigen. Also streckte sie den Arm nach oben und stieß die Klinge einen Fingerbreit unterhalb der Stelle ins Fleisch, wo die Rippen aufeinandertreffen. Fest und gleichmäßig zog sie den Messergriff nach unten und schlitzte den Hirsch vom Brustbein bis zu den Hoden auf. Sie durchtrennte Haut, Fleisch und Fettgewebe, und als der Aufbruch in die Zinkwanne schwappte, schloss sie die Augen.
Ein Gewehrschuss knallte auf der anderen Seite des Flusses am Farmhaus der Murrays. Margo ließ das Messer in die Wanne mit den verknäulten, dampfenden Eingeweiden fallen. Es folgte ein zweiter Schuss. Die vier Beagles der Murrays warfen sich bellend gegen ihren Verschlag aus Holz und Hühnerdraht. Das Jaulen des schwarzen Labradors hallte über den Fluss. Früher hatte Margo sich zum Lesen oft auf den Boden gelegt und mit dem Rücken an den Hund gelehnt; sie hatte ihn in ihrem Boot herumgerudert und war mit ihm schwimmen gegangen. Aber diesen Sommer hatte Crane ihr das Schwimmen und jedes Überqueren des Flusses strikt verboten.
Ein dritter Schuss schallte vom anderen Ufer herüber.
Margo hatte immer befürchtet, dass Crane ihren Onkel eines Tages umbringen würde. Dafür würde Crane ins Gefängnis kommen, und sie wäre auf sich allein gestellt. Von ihrer Mutter hatte sie seit deren Verschwinden vor anderthalb Jahren nichts gehört. Auf dem mit Reihern verzierten blauen Stück Papier, das auf dem Küchentisch lag, hatte folgende Nachricht gestanden: Liebe Margaret Louise, ich hoffe, Du weißt, dass ich Dich nicht im Stich lasse. Ich würde Dich gern mitnehmen, aber zuerst muss ich mich selbst finden, und das kann ich hier nicht. Pass auf Deinen Daddy auf, ich melde mich bald bei Dir. Alles Liebe, Mom.
Margo hatte befürchtet, wenn sie das Papier nicht pfleglich behandelte, könnte die dunkelblaue Tinte sich verflüchtigen, die Reiher könnten davonfliegen, das Papier sich auflösen und nichts als ein Hauch von Kakaobutter und ein paar Tropfen Wein zurückbleiben.
Ein vierter Gewehrschuss hallte übers Wasser.
Margo starrte in die Mulde, die sie in den halb gefrorenen Boden gegraben hatte, um die Eingeweide des Hirschs zu verscharren. Ihr war klar, dass sie schnell handeln musste, um das Verbrechen ihres Vaters zu vertuschen. Also packte sie Schaufel und Knochensäge, warf beides ins Boot und ruderte über den Fluss. Auf der anderen Seite machte sie fest und kletterte die Uferböschung hoch. Als sie am weiß getünchten Schuppen vorbeikam, hatte sie ein mulmiges Gefühl, aber sie ging weiter, und gleich darauf erblickte sie Cals neuen weißen Chevy Suburban zusammengesunken auf vier platten Reifen.
Daneben stand groß und breitschultrig Cal und brüllte dem verbeulten Heck von Cranes Ford hinterher: »Crane, du Dreckskerl! Die Winterreifen waren nagelneu!«
Erleichtert sank Margo gegen die Schuppenwand.
Tante Joanna trat neben Cal. Sie trug eine Schürze, aber keine Jacke, hielt einen Apfel in einer schwieligen Hand und ein Schälmesser in der anderen. Fast wäre Margo bereit gewesen, Cal alles zu verzeihen, wenn sie dafür mit Joanna in der großen Küche der Murrays am brennenden Ofen hätte sitzen, mit ihr Äpfel schälen und ihr hätte zuhören können, wie sie sang oder von ihren Kochschülern von der Landjugend erzählte, zu denen Margo auch einmal gehört hatte.
Am Mittwoch, dem Tag vor Thanksgiving, beobachtete Margo gerade das Haus der Murrays am anderen Flussufer, als dort ein Hirsch mit stelzendem Schritt den Pfad neben dem weiß getünchten Schuppen zum Wasser hinunterging. Das Tier trank, blickte flussabwärts und bot sich Margo perfekt im Profil dar. Margo legte das Gewehr an, richtete das Visier auf einen Punkt knapp hinter dem Vorderlauf und zielte dann ein klein wenig höher, um die Schwerkraft über die Entfernung auszugleichen. Ruhig schoss sie dem Tier eine Kugel in Herz und Lungen und federte den Rückstoß ab. Sie war sich nicht sicher gewesen, ob sie über eine Distanz von knapp dreihundert Schritt treffen würde, aber der Hirsch knickte an den Vorderläufen ein und kippte vornüber in den Sand, als würde er sich verneigen. Margo wartete ein paar Minuten, um zu sehen, ob der Knall irgendeinen Murray aufgeschreckt hatte, aber es ließ sich niemand blicken. Sie nahm das große Messer, und ihr graute bei der Vorstellung, dem Tier endgültig den Garaus machen zu müssen, indem sie ihm die Halsschlagader durchschnitt – Mr Peake hatte sie gewarnt, dass das auf sie zukommen konnte –, doch als sie an Ort und Stelle eintraf, war der Hirsch bereits tot. Wenn sie ihn mitnahm, würden ihn weder Onkel Cal noch Billy bekommen.
Sie schlang die Arme um Brust und Hals des Hirschs und versuchte ihn hochzuziehen, aber er war zu schwer. Immerhin gelang es ihr, sein Hinterteil anzuheben und ein Stück weit in ihr Boot zu hieven, aber das Vorderteil ließ sich nicht bewegen. Da kam sie auf die Idee, mit dem Kopf voraus unter den Rumpf des Tieres zu kriechen. Bäuchlings schlängelte sie sich im kalten Schlamm unter den toten Hirsch, bis sie sich ganz unter ihn geschoben hatte. Er roch nach Moschus und Urin, nach Blut, Erde, Moos und Schweiß. Mit seinem warmen Gewicht auf ihrem Nacken und Rücken glaubte sie zu ersticken, denn der Schlamm war nicht nur auf ihrer Jacke, ihrer Hose und in ihren Socken, sondern auch in ihrer Nase. Ihr fiel ein, dass Mr Peake ihr eingeschärft hatte, sich vor dem Abdrücken zu beruhigen, indem sie Atem und Herzschlag verlangsamte. Unter Aufbietung all ihrer Kräfte reckte sie den Kopf unter dem Kinn des Hirschs und rappelte sich langsam auf. Zuerst stemmte sie sich auf die Knie hoch, sodass sie das Tier wie einen blutigen Umhang trug. Dann richtete sie sich auf, und der Hirsch glitt von ihrem Rücken und fiel krachend in den Bug ihres Bootes The River Rose. Zwei Läufe hingen ins Wasser. Auf dem Heimweg erschwerte sein Gewicht das Rudern gegen die Strömung.
Als Crane von der Arbeit kam, zerrte Margo gerade den warmen, weichen Körper ihres Zehnenders an den Geweihstangen aufs Flussufer.
»Was, zum Teufel, treibst du da?«
Sie hielt inne und sah ihn an.
»Du musst mit dieser Abschlachterei aufhören, Kind.« Crane schüttelte den Kopf. »Wenn sie dich erwischen, brummen sie uns eine Geldstrafe auf, und die kann ich nicht bezahlen. Herrgott, ich wünschte, ich könnte mir jetzt einen Drink genehmigen, nur einen einzigen gottverdammten Drink.«
Margo zerrte wieder an dem Hirsch, aber ein Hinterlauf hatte sich in ein paar Wurzeln verfangen. Sie zog und zog und wollte nicht loslassen aus Angst, er könnte das Flussufer wieder hinunterrollen, und sie müsste von vorn anfangen.
»Hör mir zu«, sagte Crane. »Die Murrays kostet das nur einen einzigen Anruf, und wenn die Scheißbullen vom Staat Michigan hier aufkreuzen und das Fleisch in unserer Kühltruhe finden, kriegen wir Probleme.«
Er musste sich keine Sorgen machen, das wusste Margo. Cal hatte Crane auch nicht angezeigt, nachdem er ihm neulich die Reifen zerschossen hatte. Sie konnte nicht erwarten, dass ihr Vater verstand, warum sie die Hirsche schießen musste – sie verstand es ja nicht einmal selbst –, aber wenn ihr einer vor den Lauf kam, musste sie abdrücken, das war für sie so natürlich und lebensnotwendig wie der nächste Atemzug.
Als Margo sich weiter abmühte, sprang Crane hinunter ans Ufer und befreite Huf und Vorderlauf aus dem Wurzelgewirr. Kopfschüttelnd schob er den Hirsch die Böschung hinauf und half Margo anschließend, ihn mit dem Seilzug hochzuziehen.
»Du schießt wie der Teufel! Ich habe keine Ahnung, woher du so gut zielen kannst, aber wenn du schießt, dann triffst du auch.« Er klopfte ihr auf den Rücken, wischte ein wenig Schmutz von ihrer Schulter und ließ den Arm dort liegen. »Hast du dich mit diesem Hirsch im Schlamm gewälzt?«
Margo lächelte. Es war das erste Mal, dass er den Arm um sie legte, seit sie vergangenen Monat bei dem von der Landjugend veranstalteten Zielscheibenschießen mit Randfeuermunition den ersten Preis gewonnen hatte. Sie hatte danebengestanden, als Mr Peake zu ihrem Vater gesagt hatte, ihre Schießkünste seien unheimlich und grenzten an ein Wunder, wenn man bedenke, dass sie mit Cranes alter einschüssiger Remington 510 über Kimme und Korn schoss.
»Eins darfst du nie vergessen, Margo: Du bist der einzige Grund, warum ich trocken und überhaupt noch auf dieser Welt bin.« Er hob schnuppernd die Nase und schnüffelte dann an ihrer Jacke. »Du siehst aus wie ein Engel, aber du riechst wie ein brunftiger Bock.«
Als er ins Haus ging, um sein Messer zu holen, schnupperte auch Margo an ihrem Ärmel. Sie blickte über den Fluss und sah Billy aus der Scheune kommen und den schweren Schweinegrill – einen längst durchgefrästen Tausend-Liter-Heizöltank – an den Füßen Stück für Stück über den gefrorenen Boden ziehen. Margo konnte von Glück reden, dass sie den Hirsch unbemerkt hatte nach Hause schaffen können.
Jetzt verließ Tante Joanna, ein orangefarbenes Verlängerungskabel hinter sich her ziehend, in Thermogummistiefeln und langem kariertem Mantel das Haus. Gleich darauf betrat sie mit einer bereits blinkenden bunten Lichterkette in der Hand das auf Ölfässern ruhende Floß. Letztes Jahr hatte Margo ihr dabei geholfen, am Rand des Floßes ringsherum Rundhaken einzuschrauben. Im Dunkeln spiegelten sich die Lichter im Wasser und verbreiteten eine festliche Stimmung. Nach Thanksgiving zogen die Murrays das Floß zum Schutz vor Eis und Überflutung immer an Land und ketteten es an einem Baum fest.
»Ich weiß, dass dir Tante Joanna fehlt«, sagte Crane, als er zurückkam. »Und ich weiß auch, dass es schwer ist, keine Mutter mehr zu haben. Aber dass du ja nicht auf die Idee kommst, zu dieser Party zu gehen!«
»Ich habe eine Mutter«, erwiderte Margo leise. »Irgendwo.«
Drüben fiel Joanna die Lichterkette in den Fluss, und Margo sah, wie sich das Ende ein Stück flussabwärts blitzend im Wasser schlängelte. Trotz eines drohenden Stromschlags lachte Joanna bestimmt, als sie die Lichterkette aus der kalten Strömung fischte. Im Kopf hörte Margo Joannas Stimme, die zu ihr sagte: Lass das Grübeln und sing mit mir, Elfe! Wer will schon ein missmutiges Mädchen haben.
Joanna war es gewesen, die für Margo in der Diele das Buch Little Sure Shot aus dem Regal gezogen hatte, kaum dass Margo Interesse am Schießen zeigte. Die Murray-Jungs hatten sich allesamt geweigert, ein Buch über ein Mädchen zu lesen. Irgendwer hatte Annie Oakley auf dem Titelbild sogar mit schwarzem Wachsmalstift Backenbart und Schnauzer verpasst, aber das meiste davon hatte Margo abrubbeln können, sodass auf Annies Gesicht nur ein Grauschleier zurückgeblieben war. Die sonderbare Kleidung, die Annie von Kopf bis Fuß bedeckte – hochgeschlossener Kragen, lange Unterhosen unter ihren Röcken –, hatte Margos Neugier geweckt, und sie konnte sich Annies melancholischen Gesichtsausdruck stundenlang ansehen.
Crane wollte, dass sie sich Freunde außerhalb der Verwandtschaft suchte, das wusste Margo, und sie interessierte sich auch für die anderen Kinder in der Schule, aber die hielten ihre Schweigsamkeit für Dünkel und ihre Langsamkeit beim Antworten für Beschränktheit. Crane wollte, dass sie mehr redete, aber durch die Ruhe und Stille des zurückliegenden Jahres war in ihr der Wunsch nach noch mehr Ruhe und Stille entstanden, und Margo wusste nicht, ob sich das noch mal ändern würde. Die Stille erlaubte es ihr nicht nur, über Cal und das, was im vergangenen Jahr vorgefallen war, nachzudenken, sondern auch über ihren Großvater. Sie erlaubte ihr, sich seine papierne Haut sowie die Traurigkeit und die Angst in Erinnerung zu rufen, die er auf dem Sterbebett im Wintergarten geäußert hatte. Die Stille erlaubte ihr, sich an das Seufzen ihrer Mutter zu erinnern, wenn diese an Wintertagen zu träge zum Aufstehen gewesen war. Margo war sich nicht sicher, ob sie sich der Zukunft stellen konnte, wenn die Vergangenheit sie weiterhin dermaßen in Beschlag nahm.
»Du begreifst offenbar nicht, was diese Leute dir angetan haben«, sagte Crane. Als er bemerkte, dass Margo Joanna nicht aus den Augen ließ, packte er sie an den Schultern. »Wenn du gegen Cal ausgesagt hättest, hätten wir ihn ins Gefängnis bringen können. Verdammt noch mal, er hat dich vergewaltigt! Die kleine Slocum hat es mir erzählt.« Er ließ sie los und stampfte kopfschüttelnd zum Haus.
Vergewaltigung – das