Dieses E-Book ist der unveränderte digitale Reprint einer älteren Ausgabe.
Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg
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Umschlaggestaltung Anzinger | Wüschner | Rasp, München
Impressum der zugrundeliegenden gedruckten Ausgabe:
ISBN Printausgabe 978-3-499-21279-6
ISBN E-Book 978-3-688-11147-3
www.rowohlt.de
ISBN 978-3-688-11147-3
Für Allyssa und Leandra
Herzlichen Dank an alle Leserinnen und Leser, auch für die vielen lieben Briefe und E-Mails. Und sicherheitshalber schon mal ’ne Entschuldigung, falls meine Antworten erst bei euch eintrudeln, wenn ihr bereits euren Schulabschluss oder ’ne eigene Familie gegründet habt. (Ich versuche nach wie vor rauszukriegen, wessen Schuld es ist. Hoffentlich nicht meine!)
«Du musst bellen!»
«Ich muss was?», fragte ich empört.
«Er ist ein Hund! Also wenn du ihn was fragen willst, dann musst du bellen!», erklärte mir der kleine Konny.
Wie käme ich denn dazu! Das wäre ja noch schöner, wenn mein fünfjähriger Bruder mich dazu bringen würde, unter den Couchtisch zu kriechen und unseren Hund Karl anzubellen. Nie im Leben!
Zwei Minuten später kroch ich auf allen vieren unter den Couchtisch, um Karl zu fragen, ob er wohl Lust habe, mit mir ein wenig spazieren zu gehen.
«Wuff, wuff, wau wau?», bellte ich.
Karl, der aussah wie eine Mischung aus Bobtail, Golden Retriever und einer überdimensional großen Klobürste, legte seinen Kopf schief und sah mich an. Ich schaute mich nach meinem kleinen Bruder um.
«Was hat der Hund?»
«Du hast ‹bitte› vergessen», sagte der kleine Konny.
Ich stöhnte, bellte aber brav «wuhuff».
Nun legte Karl den Kopf in die andere Richtung schief.
«Was sagt er? Was hält er von meinem Vorschlag? Kommt er mit?» Ich drehte mich wieder nach meinem kleinen Bruder um.
In dem Moment ging die Wohnzimmertür auf. Ich erschrak und knallte mit dem Kopf an die Tischplatte. Oh nein, das wird eine riesengroße Beule geben. Kann man mit Gehirnerschütterung im Park spazieren gehen?
Meine Freundin Liz blinzelte zu mir runter. «Was um alles in der Welt tust du denn da?»
«Karl und ich plaudern ein wenig», knurrte ich, rieb mir den Kopf und warf Karl einen ärgerlichen Blick zu.
Liz sah mich tadelnd an: «Sanny, was ist los mit dir?! Bist du nicht mit Theo verabredet?!»
«Doch! Und genau deshalb sitze ich auch hier!», sagte ich verzweifelt.
«Ach ja. Du sitzt hier und bellst mit dem Hund um die Wette, weil du mit Theo verabredet bist?!» Liz sah mich vorwurfsvoll an. Mit einem Blick auf Karl fügte sie sachlich hinzu: «Ich denke, das wird so nichts.»
«Mit dem Wettbellen oder mit Theo?»
Liz verdrehte die Augen. «Sanny, eins kann ich dir sagen: Verliebtsein bekommt dir ganz und gar nicht!»
«Um mich mit Theo zu treffen, brauche ich einen Hund. Wir haben uns doch zum Hundeausführen verabredet! Aber mein kleiner Bruder will mir seinen Hund nicht leihen.»
«Das stimmt nicht, das hab ich nicht gesagt», mischte sich jetzt der kleine Konny ein und schüttelte energisch den Kopf. «Ich will nur, dass du ihn fragst.»
Liz sah mich an. «Also los, Sanny, frag den Hund!»
«Hab ich ja», verteidigte ich mich. «Hast du mich denn nicht bellen hören?!»
Liz kniete sich nun neben mich und flüsterte grinsend: «Hat dich der Kleine allen Ernstes dazu gebracht, den Hund anzubellen?»
Ich nickte.
Liz grinste noch breiter und schüttelte den Kopf.
«Bitte hilf mir», flüsterte ich Liz zu, «Theo wird jeden Moment hier auftauchen. Wenn ich dann ohne Hund dastehe, ist das oberpeinlich.»
Liz nickte, kroch wieder unter dem Tisch hervor, stand auf und wandte sich an meinen kleinen Bruder. «Hör mal zu, Konny, wir beide unterhalten uns jetzt mal über Karl!»
«Puschel!», korrigierte der kleine Konny. Er nannte Karl nämlich hartnäckig Puschel.
Unbemerkt von Liz war mein anderer Bruder ins Zimmer gekommen, schlich sich von hinten an Liz ran und baute sich zu einer Art King Kong auf, der jeden Moment angreifen würde. Dazu hob er die Arme in die Höhe, formte seine Hände zu Klauen und fletschte die Zähne. Es sollte wohl bedrohlich aussehen, wirkte aber eindeutig lächerlich.
Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass wir beide auf keinen Fall Blutsverwandte sein können. Obwohl meine Eltern das immer wieder behaupten. Konny soll angeblich mein Zwillingsbruder sein. Dieser große, nervige, hirnlose Typ heißt ebenfalls Konny. Wir haben nämlich einen «großen» und einen «kleinen» Konny in der Familie. Das liegt an der K-Macke meines Vaters. Er heißt Konrad, mit Nachnamen heißen wir Kornblum. Ungeschickterweise hatte er eine Susanne geheiratet, und das versuchte er wieder gutzumachen, indem er darauf bestand, dass die Vornamen seiner Kinder alle mit K anfangen. Dass meine beiden Brüder Konny heißen, liegt nicht etwa daran, dass meinem Vater bereits beim zweiten Sohn die männlichen K-Vornamen ausgingen, sondern daran, dass mein kleiner Bruder, der eigentlich Kornelius heißt, lieber Konny genannt werden wollte, genau wie mein großer Bruder, der eigentlich Konstantin heißt. Also gibt es in unserer Familie einen großen und einen kleinen Konny.
Ich heiße Kassandra, aber meine Mutter nannte mich von klein auf Sanny. Natürlich war das eine kleine Bosheit von ihr, und mein Vater protestierte heftig. Aber keine Chance, meine Mutter gab keinen Millimeter nach, es blieb dabei: Ich werde Sanny genannt. Mein vorrangiges Ziel ist es, ganz schnell erwachsen zu werden, um diese namensverwirrte Familie verlassen zu können.
Als Liz sich umdrehte, erschreckte sie sich natürlich nicht die Bohne. Sie sah meinen Bruder nur von oben bis unten an und meinte: «Wie witzig! Habt ihr das gestern im Kindergarten gelernt?»
«Ich fand’s total witzig!», rief der kleine Konny.
Der große Konny war offensichtlich enttäuscht, versuchte aber sein Gesicht zu wahren. «Konnte doch nicht wissen, dass du deinen Humor verloren hast.»
Der kleine Konny sprang begeistert auf und ab. «Ich hab meinen Humor nicht verloren, los, das machen wir gleich nochmal. Aber diesmal muss Liz schreien!»
Ich kroch wütend unter dem Couchtisch hervor. «Ich schrei gleich! Und zwar ganz laut, wenn ihr nicht sofort alle verschwindet!»
Alle drei sahen mich erstaunt an.
«Ähm, also Liz natürlich nicht. Und Kornelius nicht. Und Karl nicht. Bloß Konstantin!», korrigierte ich.
Der große Konny schüttelte den Kopf. «Du bist ganz schön durch den Wind, Sanny, ich glaube nicht, dass dir Verliebtsein gut bekommt!»
«Kümmere dich um deinen Kram und lass mich in Ruhe!»
Konstantin hob beschwichtigend die Hände in die Höhe: «Ist ja gut! Ich will nur deine Liste.»
«Was für eine Liste?»
«Na, deine Liste mit den 1000 Gründen, sich nicht zu verlieben.»
«So etwas hast du?» Liz sah mich groß an.
Ich zuckte ertappt die Schultern. «War ein Experiment.»
«Und ausgerechnet du willst sie haben?» Liz sah ungläubig meinen Bruder an.
«Tja, ich bin ein anderer Mensch geworden», erklärte Konny großspurig und nahm lässig auf der Couch Platz, um einen langen, salbungsvollen Vortrag zu halten. «Ich habe der Liebe und den Frauen abgeschworen.» Er hob abwehrend die Hände und meinte: «Nein, jammert jetzt nicht, bestürmt mich nicht, mein Entschluss steht fest: Den alten Konny, den Schwarm aller Mädchen, den Herzensbrecher, gibt’s nicht mehr. Tut mir Leid.»
«Genau genommen gab es den noch nie. Es gab immer nur Konny, den Idioten, und den gibt’s leider auch weiterhin!», mischte ich mich ein, zerrte Konstantin von der Couch und schob ihn Richtung Tür.
Liz war fassungslos. «Du willst nix mehr mit Mädchen zu tun haben?! Wer soll denn das glauben!?»
«Das glauben wir alle!», fauchte ich Liz an. «Und zwar sehr gerne!» Auf gar keinen Fall durfte eine Diskussion über Konnys Liebesleben beginnen. Es gab schließlich Wichtigeres: Ich war mit Theo verabredet.
Ich schob Konstantin zur Tür raus. «Die Liste liegt oben auf meinem Schreibtisch. Du kannst sie haben. Und Liz, hör zu, ich bin im Stress: Ich brauche schnellstens eine Leine, einen Hund und genügend Mut, hier aus dieser Haustür rauszumarschieren. Hilf mir!»
Bevor Liz antworten konnte, brüllte Konstantin von oben: «Ach übrigens, da draußen in unserem Vorgarten steht ein Typ mit Hund. Sagt euch das irgendwas?»
«Theo!»
Es durchzuckte mich ganz heiß, meine Knie gaben nach. Ich krallte mich an Liz’ Arm. «Hat er irgendwas gesehen?», fragte ich hektisch in Konnys Richtung.
«Ein paar Stiefmütterchen, Rasen und möglicherweise unsere Himbeerhecke. Aber ich denke, er wird darüber hinwegkommen.»
«Ich meine von dem Chaos hier drin.» Nun wurde ich panisch. Ich wollte mich auf keinen Fall vor Theo blamieren.
«Wohl kaum, es sei denn, er kann durch Beton gucken», rief Konny von oben.
Mein Hirn füllte sich mit Pudding, und ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen.
«Oh Gott, was mache ich denn nur? Am besten, du gehst raus zu ihm, Liz. Ach nein, ich gehe raus. Wie sehe ich aus? Nein, ich kann ja ohne Hund nicht rausgehen.»
Liz stoppte mich, indem sie mich beruhigend in den Arm nahm.
Der kleine Konny schaute mich besorgt an. «Hat sie Tollwut?», erkundigte er sich bei Liz. «Dann kann sie Puschel aber nicht haben, sonst steckt sie ihn womöglich an!» Er schlang beide Arme um seinen Hund und zog ihn weg.
Reizend, wirklich reizend. Ach, ich liebe diese Familie.
«Nein», schüttelte Liz den Kopf. «Sie ist bloß verliebt.»
«Auweia», sagte Kornelius betroffen. «Das ist schlimmer als Tollwut, stimmt’s?»
«Äh, nicht wirklich!», meinte Liz.
«Oh doch!», widersprach ich.
Kornelius war ein Kind der Tat, er stand auf und rannte zur Tür. «Am besten warne ich den Jungen!»
«Das tust du nicht!», kreischte ich panisch.
Liz ließ mich los, rannte hinter dem kleinen Konny her, überholte ihn und stellte sich schützend vor die Haustür. «Keiner geht im Moment raus.»
«Doch, ich! Ich muss raus, und zwar dringend!», widersprach ich.
«Du beruhigst dich jetzt erst mal, Sanny. Meinst du, du kriegst das hin?»
Ich konnte kaum ein Nicken zustande bringen. Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich mich je wieder beruhigen könnte. Keine Chance! Seit ich mich in Theo verliebt hatte, war ich ein anderer Mensch.
Also, fürs erste Mal Verliebtsein machte ich das ganz hervorragend. Ich hatte alle erforderlichen Anzeichen für Liebe, und zwar so heftig, dass es sich hier meiner Meinung nach nur um die «große» Liebe handeln konnte. Wir hatten uns im Park getroffen, wo Theo seinen Hund ausführte und ich nach unserm Hund suchte. Es war perfekt. Wir hatten dieselben Interessen: Hunde. Für mich war das Interessengebiet Hund allerdings eher neu. Ich mochte bislang keine Hunde. Auch Karl war mir immer suspekt, und ich fand ihn ziemlich nervig. Nun sah ich ihn mit anderen Augen. Also, da sieht man mal, was Liebe so alles bewirken kann: Plötzlich war ich ein Hundefreund. Nur Karl hatte das leider noch nicht so ganz verstanden, er flüchtete vor mir. Aber ich brauchte Karl ganz dringend, weil Theo vorgeschlagen hatte, dass wir unsere Hunde gemeinsam ausführten.
«Liz, tu was!», flehte ich.
Liz wandte sich an den kleinen Konny. «Du holst jetzt die Leine und machst Karl ausgehfertig, okay?»
Der kleine Konny schüttelte den Kopf. «Hier gibt’s keinen Karl!»
Liz schaute mich Hilfe suchend an.
Ich formte möglichst lautlos mit den Lippen den Namen «Puschel».
Liz verstand. «Und wie wär’s mit Puschel? Hat Puschel wohl Lust, ein bisschen spazieren zu gehen?»
Konny strahlte: «Klar. Ich hol die Leine.»
Zwei Sekunden später stand Konny mit Karl neben mir, und beide schauten mich erwartungsvoll an.
«Was ist?», fragte ich verunsichert.
«Ich komm mit», entschied der kleine Konny, «falls du doch die Tollwut hast, kann ich alle warnen.»
Ich atmetet tief ein und schaute Liz an.
Liz atmete ebenfalls tief ein und schaute Konny an. Dann zwinkerte sie mir kurz zu und beugte sich zu Konny hinab: «Hab ich dir eigentlich schon von meinem Onkel, dem Piraten, erzählt?»
Konnys Augen leuchteten.
Liz nahm ihm sanft die Leine aus der Hand, gab sie mir und schob mich zur Tür.
«Ich kann da unmöglich rausgehen. Bestimmt rede ich jede Menge Blödsinn und blamiere mich nur.»
Liz nickte: «Das glaube ich auch. Aber du solltest es trotzdem tun.»
Sie öffnete die Tür und schubste mich raus. Hinter mir knallte die Tür wieder zu.
Ich stand draußen und starrte wie hypnotisiert auf den Jungen im Vorgarten. Theo.
Er lächelte mich an. «Hallo, Sanny! Wo ist dein Hund?»
Was ist denn das für eine Frage!? Ich sah auf die Leine in meiner Hand und verfolgte sie mit den Augen. Das andere Ende mit – hoffentlich – Hund dran befand sich offenbar hinter der Haustür. Ich ging zurück, klopfte, die Tür wurde wieder geöffnet, und Karl wurde herausgeschoben. Er sah sich verwundert um, blieb aber neben mir sitzen.
Theo lachte. «Na, dann können wir ja los.»
Da ich immer noch kein Wort durch meinen zugeschnürten Hals brachte, nickte ich nur. Das war aber jetzt wirklich blöd. Ich blieb wie angewurzelt vor der Tür stehen.
«Also, falls du den Mut hast, euren Vorgarten zu verlassen und dich der freien Wildnis zu stellen, könnten wir ein wenig im Park spazieren gehen», meinte Theo.
Ich schluckte, der Kloß im Hals löste sich.
«Wir können die Sache ja ganz langsam angehen. Heute bleibe ich noch hier oben stehen. Morgen gehe ich dann die erste Stufe runter. Und bis zum Ende der Woche schaffe ich es womöglich sogar bis zum Gartentor.»
Theo lachte, dann schaute er plötzlich ernst und meinte: «Hast du vielleicht gar keine Lust, mit mir spazieren zu gehen?»
Ein Ruck ging durch meinen Körper.
«Sicher!», rief ich, sprang zwei Stufen auf einmal nehmend die Treppe runter und lief auf Theo zu.
Karl war auf diesen abrupten Aufbruch nicht gefasst, er stolperte über seine eigenen Beine, und die Hälfte des Weges schleifte ich den armen Hund hinter mir her. Dann kapierte plötzlich auch Karl, worum es ging, entwirrte sich und rannte los. Und wie er rannte! Er flitzte an mir vorbei. Ich hielt krampfhaft die Leine fest und versuchte mit ihm Schritt zu halten. Doch ich hatte keine Chance. Karl zerrte nun mich hinter sich her. An Theo vorbei. Schade eigentlich. So hatte ich mir meine erste Verabredung nicht vorgestellt.
Der Hund galoppierte mit mir im Schlepptau die Straße entlang, während ich versuchte, mich damit abzufinden, dass ich Theo nie wieder sehen würde. Womöglich meine gesamte Familie nicht, denn es sah nicht so aus, als ob Karl je wieder stehen bleiben würde. Ich versuchte abzuschätzen, in welche Himmelsrichtung wir liefen und wann wir an der Grenze wären, vor allem an welcher, und ob ich die Sprache sprechen würde.
Kurz darauf holte Theo mich ein, griff sich Karls Leine und brachte ihn zum Stehen.
Meine Zwillingsschwester Sanny ist ein hoffnungsloser Fall. Durch das Fenster sah ich, wie sie mit Karl an dem Mann ihrer Träume vorbeisauste. So wird das doch nie was!
«Ich glaube, du bist im falschen Zimmer», tönte es hinter mir.
«Ich weiß.»
«Aha. Suchst du was?»
«Ja!»
«Soll ich dir helfen? Ich bin ein guter Sucher», bot mir mein kleiner Bruder an. «Hast du gewusst, dass Liz einen Onkel hat, der Pirat ist?»
«Hat sie dir das erzählt?»
«Ja. Ich werde jetzt auch Pirat.»
«Ach, und wie wird man Pirat?»
«Man muss Schätze finden.»
«Na, dann viel Spaß!» Ich grub Berge von Papier auf Sannys Schreibtisch um, aber die Liste konnte ich nicht finden.
Seit meine Schwester verliebt ist, wird sie immer unordentlicher. Wenn das so weitergeht, kann man in einer Woche ihr Zimmer vermutlich gar nicht mehr betreten.
«Suchst du auch einen Schatz?», erkundigte sich der kleine Konny.
«Ja.»
«Du suchst falsch. Schätze sind immer in der Erde vergraben!»
Ich stöhnte. «Okay, was hältst du davon, wenn ich hier suche und du draußen im Garten?»
Kornelius sprang begeistert auf und rannte raus.
Ich hatte inzwischen Sannys Liste gefunden und ging in mein Zimmer. Ich überprüfte Sannys Aufzählung, wieso man sich nicht verlieben sollte, strich hier und da etwas weg, fügte was hinzu und wartete auf meine Freunde Felix und Kai. Wir hatten uns verabredet, und die beiden waren längst überfällig.
Kurz darauf polterten sie in mein Zimmer. Kai hielt eine Hand voll Erde mit schmutzigen Blumenzwiebeln hoch. «Das soll ich dir von deinem Bruder geben. Er meinte, das hättest du gesucht.»
Erstaunt nahm ich ihm den Erdklumpen aus der Hand und legte ihn auf meinen Schreibtisch.
Felix ließ sich auf mein Bett fallen. «Also, was gibt’s so Dringendes?»
«Wir gründen einen Club», teilte ich ihnen mit.
«Club find ich klasse!», rief Kai sofort begeistert. «Wir sollten Abzeichen tragen, wir brauchen eine Hymne und einen geheimen Schwur.»
«Was auch immer», winkte ich ab. «Jeder zahlt einen Euro in die Clubkasse und dann kann’s losgehen. Es wird ein Club für …»
«Wir brauchen ein Clubhaus», fiel mir Kai wieder ins Wort. «Und feste Öffnungszeiten. Vielleicht auch eine Clubzeitung …»
«Club ist blöd! Außerdem will ich erst mal wissen, was für eine Art von Club das überhaupt sein soll», schaltete sich Felix ein.
«Ja, genau», rief Kai. «Du hast uns noch gar nicht gesagt, worum es in dem Club geht.» Dann wandte er sich an Felix. «Ist aber eigentlich auch egal. Hauptsache Club. Club find ich echt gut.»
Ich nickte. «Also, was ist, seid ihr dabei?»
«Nein! Ich will erst mal wissen, was für ein Club das sein soll!», beharrte Felix.
«Wie wär’s mit einem Hundeclub?», fragte Kai.
«Nein, kein Hundeclub», schüttelte ich den Kopf, «einen Club für …»
«Ich hab noch einen Schatz gefunden!» Kornelius stand plötzlich in der Tür und hielt triumphierend einen lehmigen Gummistiefel hoch. «Du musst aber jetzt nicht denken, dass ich alle meine Schätze mit dir teile, Konny. Das ist heute eine Ausnahme!»
Ich stöhnte. «Toll, danke, klasse!» Den schmutzigen Gummistiefel legte ich neben die Blumenzwiebeln.
Der Kleine wandte sich an Kai: «Ich bin nämlich Pirat geworden!»
Kai strahlte: «Gründen wir einen Piratenclub?»
«Au ja!», jubelte Kornelius.
«Nein!», jaulte ich.
«Ist das hier ein Kindergarten?», stöhnte Felix.
«Was ist denn jetzt?», fragte Kai.
«Ich will aber einen Piratenclub!», beharrte Kornelius.
«Also gut, Konny, hör zu: Du bist der Oberpirat und hast die Aufgabe, ganz viele Schätze zu finden.»