Sven I. Hüsken

Papa 3

Serial Teil 3

Knaur e-books

Inhaltsübersicht

Über Sven I. Hüsken

Sven I. Hüsken wurde 1976 in Westfalen geboren, wo er auch zusammen mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern lebt und arbeitet. Er ist sowohl im Erwachsenen- als auch im Jugendbuch zuhause und wechselt zwischen realistischen und phantastischen Stoffen. Beruflich hat er vor allem mit Kleinstlebewesen zu tun, die er zum Wohle der Menschheit zum Arbeiten zwingt.

Über dieses Buch

Sorgender Ehemann, liebender Vater, eiskalter Killer!

Zwei Jahre ist es nun her, dass Thomas Ried wegen mehrfachen Mordes verhaftet wurde. Niemand – und am allerwenigsten seine Frau Michelle – ahnte etwas von der bestialischen Seite des Mannes, der ein vollkommen normales Leben zu führen schien, bis eines seiner Opfer entkommen konnte. Michelle und ihre Tochter Lillian sind gerade dabei, sich ein neues Leben aufzubauen, als sie eine erschreckende Nachricht erreicht: Thomas ist aus der Psychiatrie ausgebrochen. Kurz darauf verschwindet Lillian bei einem Einkauf – zurück bleibt lediglich ein Polaroidfoto, auf dem zwei Zeichnungen zu sehen sind: ein Schaf und ein Wolf …

Sven I. Hüsken: Eine neue, großartige Stimme unter den deutschen Thriller-Autoren!

Impressum

© 2013 Knaur eBook.
Ein Unternehmen der Droemerschen Verlagsanstalt
Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG München.
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise –
nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.
Covergestaltung: ZERO Werbeagentur, München
Covermotiv: © FinePic®, München
Redaktion: Franz Leipold
www.droemer-knaur.com

ISBN 978-3-426-43180-1

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Kapitel 15

Und der Donut hat dir das gesagt?« Maik starrte Robert fassungslos an, während er das letzte Stück an seinen Mund führte und hineinbiss.

»Es ist eigentlich ganz einfach«, Robert riss einen Zettel aus einem Block, nahm einen Bleistift und kritzelte das Zahlenrätsel darauf.

1659 = 2; 1555 = 0; 1556 = 1; 9999 = 4; 0000 = 4; 1111 = 0; 1029 = ?.

Er war aufgeregt wie ein kleines Kind. »Egal, was ich probiert habe, die Zahlen stehen in keinem rechnerischen Zusammenhang. Es gibt keine sinnvolle Reihenfolge, egal was man versucht.« Er malte einen Kringel auf das Blatt. »So. Das ist jetzt ein Donut, nicht?«

Maik grunzte. »Ein bissl dünn für einen Donut.«

Robert ging darüber hinweg. »Also ein Donut hat was? Genau, ein Loch. Zwei Donuts ergeben eine Acht.« Er malte zwei Kringel übereinander. »Und eine Acht hat zwei Löcher. Verstehst du?«

»Kein Stück. Heißt das, du willst zwei Donuts? Ich habe keine mehr.«

Robert hasste es, wenn Maik ihn verarschen wollte, aber er ließ sich den Triumph nicht nehmen. »Wie viel Löcher hat die Zahl 9999?«

»Vier.« Maik schluckte den zerkauten Donutbrei hinunter und pulte mit der Zunge in seinen Zähnen herum.

Robert nickte. »Genau. Und die 1111?«

»Hat keinen Kringel. So einfach soll das sein?« Maik starrte auf die Zahlen. »Dann ist die gesuchte Zahl also eine Zwei mit einem Punkt.«

Robert nickte. »Ja. Der Zweite.« Aber das war noch nicht alles. Er grinste breit. »Jetzt brauchen wir noch den Monat.«

»Jeder Monat hat einen Vollmond. Was für ein Rätsel soll das sein?«

»Richtig, jeder Monat hat einen Vollmond. Der August hat sogar zwei. Aber nur in einem bestimmten Monat in diesem Jahr fällt der Vollmond auf einen Zweiten.« Robert zog ein Bild aus der Schreibtischschublade und legte es seinem Kollegen vor die Nase. »Schau her, ich habe ein wenig im Internet recherchiert. Das hier ist ein Mondkalender.« Auf dem Bild waren Mondphasen zu sehen. Jedem Tag im Jahr war eine Phase zugeordnet.

Maik blickte ihn stur an, was Roberts Begeisterung nicht bremste. »Okay, das Tolle daran ist, der Vollmondtag fällt selten auf den gleichen Tag.«

Maik schob eine Augenbraue nach oben, sagte aber noch immer nichts.

»Gut, wie gesagt, ich habe recherchiert, und der einzige Zweite in diesem Jahr, an dem wir einen Vollmond haben, ist der zweite August.«

»Und was ist mit der Blume?«

Roberts Laune sank dramatisch. Er hatte sich etwas mehr Begeisterung erhofft. Doch Angst hatte oft die unangenehme Nebenwirkung, jegliche Zuversicht schrumpfen zu lassen. Maik hatte jetzt andere Dinge im Kopf. »Da bin ich noch nicht weiter«, sagte Robert deshalb schlicht.

Sein Partner nickte vor sich hin. »Ehrlich gesagt ist mir wurscht, an welchem Tag dieser Wichser mein Kind töten will. Ich werde ihn vorher schnappen. Und danach wird man mich für den Rest meines Lebens einbuchten.«

»Glaubst du, es geht gegen dich? Dass er dir mit Lilly eins auswischen will?«

Maik hob die Schultern. »Weil ich ihn bei seiner letzten Serie erheblich gestört habe? Ich habe keinen Schimmer. Ich will auch gar nicht wissen, was er beabsichtigt. Ich will ihn nur kriegen. Du solltest der Kramme einen Besuch abstatten. Sie hat die letzten Jahre mit Ried verbracht. Vielleicht kann sie uns weiterhelfen. Dir weiterhelfen«, verbesserte er sich. »Ich bleibe hier und schreibe irgendwas.«

 

Eine Dreiviertelstunde später hallten Roberts Schritte klagend von den Flurwänden der psychiatrischen Klinik wider, wo sich Zimmertür an Zimmertür reihte. Er fühlte sich wie in einer riesigen Leichenhalle. Alles war still.

Gut, so hatte er etwas Luft, um in Ruhe nachzudenken. Im Kopf ging er die Fragen durch, die er Claudia Kramme stellen wollte. Die Anstaltsleiterin wusste nichts von seinem Kommen, und das sollte auch so sein. Allerdings glaubte Robert nicht daran, dass der Pförtner stillhalten würde. So wie er geguckt hatte, hatte er wahrscheinlich bereits dem Sicherheitspersonal Bescheid gegeben, das nun auf ihn im Büro der Anstaltsleiterin wartete. Doch das war egal. Robert war nur wichtig, dass sie sich nicht auf das Gespräch vorbereiten konnte. Etwas stimmte nicht mit ihr. Vielleicht war es nur seine Abneigung, die ihn das glauben ließ, doch wenn da noch mehr war, musste er das herausfinden.

 

Das Büro von Frau Dr. Kramme lag im zweiten Obergeschoss. Hier gab es keine Wohneinheiten, dafür Therapiezimmer, Behandlungsräume und eine zum Gang offene Küche. Es roch nach Kaffee und Waffeln, zwei Düfte, die Robert nie mit einer Klinik in Verbindung gebracht hätte.

Frau Kramme hatte kein Vorzimmer, daher klopfte er und trat direkt ein. Sie saß an ihrem Schreibtisch und blickte auf. Ihr Gesicht war ausdruckslos. Der Pförtner hatte ihn offenbar angekündigt. Natürlich. Wachpersonal war dennoch nicht zu sehen. Zumindest noch nicht.

»Guten Tag, Frau Dr. Kramme. Ich hoffe, ich störe nicht«, Robert ging direkt auf sie zu und schüttelte ihr die Hand, während sie sich erhob. »Bitte entschuldigen Sie mein plötzliches Eindringen, aber die Ereignisse überschlagen sich.«

Ihr Mund verzog sich zu einem Lächeln. »Entschuldigung, ich habe ein schlechtes Namensgedächtnis. Sie hießen?«

Robert ignorierte das Stechen im Magen. Er griff ihre Hand und drückte ein wenig fester zu als nötig. »Robert Bendlin.«

Sie hob den Kopf. »Ah ja. Der Kommissar, nicht wahr? Was ist mit Ihrem Chef? Kriminalhauptkommissar Wegener, wenn ich mich recht erinnere? Oh, nehmen Sie doch auch Platz.«

Da kein Stuhl zur Verfügung stand, zog Robert einen Hocker aus der Ecke und setzte sich darauf. Er war sicher, dass man sehen konnte, wie seine Halsschlagader pulsierte.

Das Büro glich einem Tropenhaus. Auf den Wandregalen rechts standen mehrere Töpfe mit Farnen, auf dem Schreibtisch bunte Schnittblumen. Vor den Fenstern, die von der Decke bis zum Boden reichten, breitete sich ein Spalier aus Palmen aus. Fremdartige Masken und auf Papyrus gemalte Bilder schmückten die Wände, zusammen mit einem dekorativen Tropenhelm. Alles wirkte zusammengewürfelt und recht exotisch.

Robert war ein wenig enttäuscht. Er hätte zumindest eine Hühnerstange erwartet. Der Gedanke daran ließ ihn ein wenig aufrechter auf seinem Schemel sitzen.

Das Huhn legte die Fingerspitzen zusammen und blickte ihn offen an. »Wie kann ich Ihnen nun behilflich sein?«

Robert sagte nichts, und eine angespannte Ruhe machte sich breit. Er wusste genau, wie man Leute durch Schweigen nervös machen konnte.

Dr. Kramme spreizte auffordernd die Finger nach außen. »Nun?«

»Frau Dr. Kramme, uns liegen inzwischen ein paar Ermittlungsergebnisse vor.«

Sie lehnte sich zurück. »Und Sie möchten jetzt von mir gelobt werden? Hören Sie, meine Zeit wächst nicht auf den Bäumen, kommen Sie zur Sache.«

Robert zog sein Notizbuch aus der Hosentasche, blätterte darin herum und tat, als studierte er die weißen Seiten. »Ich habe mir hier eine Besonderheit notiert, die herausstechend ist. Können Sie sich vorstellen, was ich meine?« Er sah auf.

Unbeeindruckt starrte sie ihn an und schüttelte langsam den Kopf. »Nein, nein, ich habe mich noch nie für Polizeiarbeit interessiert.«

»Tatsächlich nicht? Dabei müsste gerade Sie das im Speziellen interessieren. Sie leiten doch eine forensische Psychiatrie, oder irre ich mich?«

Ihre Miene verfinsterte sich. Ihr Körper schien ein wenig zu schrumpfen, so sehr verkrampfte sie.

Gut! Das war die richtige Atmosphäre für eine gezielte Gesprächsführung. Sie durfte nicht die Gelegenheit bekommen, über ihre Antworten nachzudenken. Dann würde sich schon herauskristallisieren, ob sie so untadelig war, wie sie sich gab. Die Lippen aufeinandergepresst, zischten die Wörter aus ihrem Mund. Gallig grün. »Wenn Sie etwas zu sagen haben, Herr Bendlin, dann sollten Sie das langsam tun. Ich habe wenig Zeit. Oder wollen Sie lieber Ihren Vorgesetzten reden lassen? Vielleicht gelingt es ihm ja, sich zielführend zu äußern? Was steht da Besonderes in Ihrem Notizbüchlein?«

Robert spürte eine Hitzewelle über sich hinwegschwappen. Am liebsten wäre er aufgesprungen. Stattdessen blätterte er eine Seite. »Die Spurensicherung hat Thomas Rieds Zimmer auf den Kopf gestellt, und wissen Sie, was sie gefunden haben?«

Claudia Kramme zeigte ihre Zähne, ohne zu lachen. »Ich sage Ihnen was, Herr Bendlin, ich arbeite nicht bei der Spurensicherung. Daher habe ich keinen blassen Schimmer, was sie gefunden haben könnten. Aber ich bin mir sicher, Sie werden mich sogleich informieren.«