Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
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© 2022 Gerald Majer, Stefan Hasenbichler
Umschlagdesign, Satz, Herstellung und Verlag:
BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN 978-3-7557-9415-8
Mit diesem Buch halten Sie nun den dritten Band unserer Reihe über autofreie Urlaubsorte in Händen. Nach dem ersten Band »Italien« und dem zweiten Band »Kroatien« ist nun Deutschland an der Reihe. Wir Autoren haben jedes beschriebene Gebiet bereist und haben bisher tatsächlich in Summe etwas mehr als 40 autofreie Gebiete vor Ort erkundet. Wir können mit ruhigem Gewissen behaupten, dass ein Aufenthalt in einem autofreien Gebiet eine Urlaubsqualität verspricht, die mit nichts zu vergleichen ist.
Bedauerlicherweise wuchs die Anzahl der autofreien Gebiete in den letzten Jahrzehnten nicht, aber diese Regionen erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Das bewusste Genießen der Lärmfreiheit, der erhöhten Sicherheit und der besseren Luft spricht eindeutig gegen die traditionellen Urlaubsorte mit Autoverkehr. Diese Erkenntnis hat sich erfreulicherweise in den letzten Jahren bei immer mehr Tourismusverantwortlichen durchgesetzt. In den autofreien Gebieten hat man erkannt, dass man sprichwörtlich einen Schatz in Händen hält, und man bewirbt nun ganz offensiv Autofreiheit als die Einzigartigkeit der Region.
Auch ist festzustellen, dass in vielen anderen Urlaubsregionen seither starke Bemühungen zur Eindämmung des motorisierten Individualverkehrs unternommen worden sind und auch weiterhin unternommen werden. Die Gestaltung autofreier Dorfplätze und die Schaffung von Fußgängerzonen werden forciert, aber das Auto ist ein beharrlicher Gegner: Es ganz wegzubekommen, ist schwierig.
Hoffen wir alle, dass eines Tages die autofreien Gebiete starken Zuwachs bekommen. Bis dahin genießen wir diejenigen Gebiete, die wir haben. Immerhin sind das Urlaubsregionen von höchster Qualität und Schönheit. Und seien Sie unbesorgt: Wir recherchieren weiter und hoffen Ihnen bald weitere autofreie Gebiete in einem vierten Band vorstellen zu können.
Schönen und erholsamen autofreien Urlaub wünschen die Autoren Stefan Hasenbichler und Gerald Majer
Die längste der Ostfriesischen Inseln lockt nicht nur mit vollkommener Autofreiheit, sondern – man glaubt es kaum – mit Sonnenschein. Juist war zumindest 2010 der sonnenreichste Ort Deutschlands.
Allgemein
Juist ist die Insel mit dem Doppelnamen. Juist, das Töwerland, ist überall zu lesen. Der Name Juist leitet sich vom altfriesischen »güst« ab, dem Wort für unfruchtbar und trocken. »Töwer« bedeutet im Gegensatz dazu »Zauber«. Juist, das Töwerland, ist also das Zauberland. Die Herkunft der Bezeichnung güst für Juist als trockenes und unfruchtbares Land mag der heutige Besucher kaum für möglich halten, da die Insel in einem üppigen grünen Farbenkleid erscheint. In früheren Zeiten aber war die Insel viel stärker den Kräften der Natur ausgesetzt: Der starke Wind blies den Sand und das Salz vom Meer über die Wiesen, sodass diese trocken und nur kärglich mit Pflanzen bewachsen waren. Sogar die Pferdezucht musste im 17. Jahrhundert wieder aufgegeben werden, da die Weiden zu wenig Ertrag brachten. Die erste Erwähnung in alten Urkunden findet sich 1398, bewohnt war die Insel wahrscheinlich schon früher. Das Leben für die Bewohner war aber alles andere als einfach. Nicht nur die schlechte Nahrungsmittelversorgung machte zu schaffen, sondern vor allem die regelmäßigen Sturmfluten, die große Teile der Insel immer wieder stark in Mitleidenschaft zogen. Immer wieder mussten auch Kirchen neu aufgebaut werden, da sie ein Opfer der Wellen wurden. Die heutige Kirche ist bereits die sechste ihrer Art auf Juist. Die Sturmfluten führten zu vielen Schiffsunglücken vor Juist, die Insel war demnach bei Seeleuten gefürchtet. Für die Bewohner waren diese regelmäßigen Unglücke aber auch positiv: Sie konnten das Treibgut sammeln und ihr karges Dasein ein wenig aufbessern. Die Wetter- und Tidenabhängigkeit der Insel führte in alten Zeiten zu einer weitgehenden Abgeschiedenheit der Insel vom Festland. Die Bewohner kamen nur höchst selten, wenn überhaupt, von der Insel weg. Diese Abgeschiedenheit führte auf Seiten der Bewohner zu manch schrulligem Verhalten – zumindest aus Sicht der Menschen am Festland. So erklärt eine der Theorien über den Ursprung des Namens »Töwerland« die Entstehung des Begriffs: Man muss versuchen sich in die Festlandmenschen vor Jahrhunderten hineinzuversetzen, die die Geschehnisse auf der Insel mitverfolgen oder erzählt bekommen: Kirchen, die immer wieder von Sturmfluten zerstört werden, regelmäßige Schiffsstrandungen, schrullige, in sich gekehrte Menschen, aufgrund der Abwesenheit ärztlicher Versorgung viele Anhänger von Aberglauben und Zauberei.
Alles in allem Zutaten für »Zauberei« oder wie man es auch nannte: »Hexerei«. Drei Frauen aus Juist wurden 1590 auch tatsächlich wegen angeblicher Hexerei verbrannt.
In späteren Jahrhunderten sah man den Namen »Töwerland« eher romantisch. Nachdem die Insel grüner und fruchtbarer geworden war, sahen sich Poeten mit dem Begriff »Zauberland« von der wunderbaren Natur inspiriert. Heute ist es allein schon wegen der vollkommenen Autofreiheit ein »Zauberland«, wie es solche leider nur mehr zu selten auf diesem Planeten gibt.
Juist und Autos
»Hufgetrappel statt Motorengeräusche«, »100 Pferde, aber fast keine Autos«, das sind die Slogans, mit denen die Autofreiheit der Insel Juist beworben wird. Juist ist tatsächlich ein Vorbild für Autofreiheit. Konsequent wurde diese Eigenschaft beibehalten und genauso konsequent auf die Kutsche gesetzt. Selbst auf die sonst in manch autofreiem Gebiet üblichen Hilfsfahrzeuge wird verzichtet. Alles erledigen die rund 50 Fuhrwerke: egal ob Taxidienst, Bus, Waren- oder Baustofflieferant. Durch einen eigenen Fahrzeugumbau schafften die Verantwortlichen, dass sogar die Müllabfuhr ganz »innovativ« zu Pferd ist. Es ist kaum vorstellbar, dass es irgendwo in Europa noch ein Fleckchen Erde mit einer besseren Luft geben soll: Ständig strömt die frische Seeluft der Nordsee und kein Verbrennungsmotor weit und breit.
Was gibt’s zu tun?
Neben Familien sind generell Senioren die Hauptzielgruppe auf den Nordseeinseln, natürlich auch auf Juist. Senioren werden über das Angebot an Kur- und Wellnessangeboten sehr erfreut sein. Das TöwerVital ist das Zentrum für alle Arten von Behandlungen. Der Aufenthalt dort lässt sich auch gut mit dem im selben Gebäude befindlichen Meerwas-ser-Erlebnisbad kombinieren, das in schöner Lage auf einem der höchsten Punkte auf der Düne liegt und eine schöne Aussicht bietet.
Infos zu Behandlungen: TöwerVital, Tel. +49( 0 )4935 809865, wellness@ juist.de
Unterkunft und Essen
Einen Mangel an Restaurants gibt es nicht. In allen Winkeln der Insel finden sich Gasthäuser, Teehäuser und Cafés zum Einkehren. Ein Tipp für gemütliche Stunden: Das erhöht auf der Düne liegende Restaurant, Bar und Café Hohe Düne. Hier bietet sich ein toller Ausblick auf Strand und Meer. Das Lokal liegt sehr zentral, gleich angrenzend an das Meerwasser-Erlebnisbad im TöwerVital.
Das Angebot an Unterkünften ist breit gefächert. Von der Jugendherberge über die kleine Pension bis zum Wellnessluxushotel ist alles dabei. Für die Hauptsaison empfiehlt es sich, Monate im Voraus zu buchen. Sehr häufig wird ein Mindestaufenthalt von einer Woche verlangt. Sehr beliebt und weit verbreitet sind auch Ferienwohnungen und Ferienhäuser. Selbstversorger können sich in einem der Supermärkte eindecken.
Hilfe bei der Zimmersuche bietet die Kurverwaltung: Tel. +49( 0 )4935 809810, zv@juist.de.
Juist und Kinder
Dass Juist ein Familienreiseziel ist, sieht man an den umfassenden Angeboten für Kinder aller Altersstufen. Für die Kleinsten im Alter von 4 bis 7 Jahren gibt es den Wattwurm-Club. Dessen Aktivitäten reichen von Wattwandern, Stockbrotbraten am Strand, Themenprogramme bis zu Strandfesten. Für 7- bis 11-Jährige gibt es den Youngster-Club mit Turnieren und Sportolympiaden. Jugendliche können im Friends-Club mehr Strandaction, z.B. beim Beachvolleyball, erleben. Weiter gibt es zwei Spielplätze: einen am Ortseingang in der Nähe des Hafens und einen zweiten im Ortsteil Loog im Westen. Besonders beliebt ist neben der großen Fußballwiese beim Hafen der Teich beim Pavillon am Ortsanfang. Hier liefern sich Kinder mit ihren ferngesteuerten Booten so manches Rennen. Die Hauptattraktionen für Kinder sind aber natürlich der breite Sandstrand und die unzähligen Radwege, die selbst für die Kleinsten gefahrlos befahren werden können.
Anreise
Zielbahnhof am Festland ist der Bahnhof Norddeich-Mole, der an das überregionale IC-Netz angeschlossen ist. Praktischer geht es kaum, denn der Bahnhof und der Hafen mit seinem modernen Terminal inklusive Ticketschalter sind direkt angrenzend. Am Hafen wird das Gepäck aufgegeben und am Hafen in Juist kann es aus dem Koffercontainer wieder in Empfang genommen werden. Juist hat von allen Nordseeinseln die tideabhängigsten Fährzeiten. Dies führt dazu, dass der Juister Hafen nur zwei Stunden vor und nach dem höchsten Wasserstand angelaufen werden kann. Es ergeben sich daher nur sehr wenige und unregelmäßige Verbindungen, weshalb es unbedingt notwendig ist, die Fährzeiten schon vorher abzuklären. Dieser Nachteil der wenigen Verbindungen bringt aber auch den Vorteil der größeren Ruhe für die Urlauber, da Juist dadurch nur einen sehr geringen Anteil an Tagesbesuchern hat. Zur Wahl für die Überfahrt stehen schnellere ( 45 Minuten ) und langsamere ( 90 Minuten ) Fahrten. Zur Info: www. reederei-frisia.de.
In Juist angekommen, marschiert man entweder zu Fuß in seine Unterkunft oder man mietet nahe am Hafen bereits ein Fahrrad für den Aufenthalt. Der Kern der Ortschaft ist sehr kompakt, jedoch ist die Insel 17 km lang, da kann es bis zur Unterkunft doch ein Stückchen weit sein. Ein ebenfalls übliches Fortbewegungsmittel auf der Insel sind Pferdekutschen ( Anruf und Reservierung bei Fuhrbetrieb Schwips, Tel. +49( 0 )4935 8171 ).
Das Dornröschen der Nordsee
Allgemein
Baltrum ist die kleinste ( 6 km2 ) und eine der ruhigeren der Ostfriesischen Inseln. Touristische Attraktionen sucht man auf der Insel vergebens, es sind die unspektakulären Dinge, die es zu entdecken gibt. Die Anreise ist etwas komplizierter als zu den anderen Inseln. Das Schiff fährt nicht im Stundentakt wie zur Nachbarinsel Norderney, sondern tideabhängig nur zwei- bis dreimal täglich. Aber diese Abhängigkeit von den Gezeiten macht diese kleine, naturverbundene Insel nur noch reizvoller.