Was wäre das Leben, hätten wir nicht den Mut,
etwas zu riskieren?
(Vincent van Gogh)
Was wäre das Leben, hätten wir nicht den Mut,
etwas zu riskieren?
(Vincent van Gogh)
Wenn ich erwartet habe, dass Jazman mich alleine nach New York fliegen lässt, dann kenne ich meine Frau wohl nicht richtig. Natürlich hat sie darauf bestanden, dass sie mitkommt.
Eigentlich will ich sie da heraushalten, doch das kann ich mir abschminken.
»Ich werde dich nicht allein gehenlassen. Wir gehören zusammen und stehen das gemeinsam durch, so wie alles andere auch«, erklärt sie mir breit, während sie sich im Flieger anschnallt. Ihre anfängliche Flugangst hat sie abgelegt, nachdem klar ist, dass sie nicht mit einem Flugzeug abgestürzt ist, so wie zu Anfang gedacht. Klar ist, dass uns jemand schaden will und nun wissen wir auch, aus welcher Richtung der Wind weht. Er trägt den Namen Burke. Nur wer genau hinter diesem Namen steckt, ist noch unbekannt.
Ich habe einen Privatjet gemietet, der uns schnellstens nach New York bringt. John haben wir auf Hawaii zurückgelassen, damit er weiter Malea Kamalei im Auge behält. Ich bin mir sicher, dass das Kindermädchen mehr weiß, als sie bereit ist, zuzugeben. Wir sind auf dem richtigen Weg, die Kinder zu finden, doch jetzt muss ich erst einmal dafür sorgen, dass Janice freikommt.
»Willst du mir erzählen, was passiert ist?« Jazman sieht mich neugierig an. Ich kann verstehen, dass sie es wissen will, dass sie es wissen muss. Dennoch fällt es mir schwer, über die Zeit meines Absturzes zu sprechen. Das ist nichts, worauf ich stolz sein kann. Ich kann mich selbst kaum daran erinnern und will es eigentlich auch nicht.
»Troy Sanford und Seymour Potts sind beide Polizisten, der ganz üblen Sorte. Sie handeln mit Drogen, halten bei Schutzgelderpressung die Hände auf und veranstalten Käfigkämpfe mit illegalen Wetten. Sie haben Janice in ihrer Gewalt und werden sie nicht eher gehenlassen, bis ich meinen Kampf absolviert habe.«
Jazman blickt mich erschrocken an. »Aber sie hat doch mit all dem nichts zu tun.«
»Das ist den Kerlen egal. Sie werden erst nachgeben, bis ich meinen Kampf abgeliefert habe.«
Nachdenklich blickt Jazman aus dem Fenster. »Glaubst du, diese Kerle haben etwas mit dem verschwinden unserer Kinder zutun?«
Ich schüttele den Kopf. »Das glaube ich nicht. Ich habe diese beiden erst kennengelernt, als ihr schon verschwunden wart. Die beiden und ihre Organisation sind nur an einem interessiert und das hat mit Geld zu tun. Wir hätten schon längst eine Lösegeldforderung erhalten, wenn sie daran beteiligt wären. Was wollen sie mit drei Kindern, die ihnen nur zur Last fallen würden. Nein, hier geht es um etwas anderes, um etwas sehr Persönliches.«
Jaz nickt zustimmend. »Es hängt mit Burke zusammen. Auch wenn der Mistkerl tot ist, so greift sein langer Arm nach uns. Egal wer dahintersteckt, ich werde ihm lebendig die Haut abziehen.« Sie sieht so entschlossen aus, dass ich ihr jedes Wort glaube. »Erkläre mir, warum du überhaupt damit begonnen hast, für diese Kerle zu kämpfen.«
Ich wusste, dass sie mir diese Fragen stellen würde und dennoch habe ich nicht sofort eine Antwort darauf. Ich muss einen Augenblick überlegen, atme tief aus. »Ich weiß es nicht genau. Ich war so wütend. Wütend auf die ganze Welt, weil ich dich verloren glaubte und auch wieder nicht. Ich wusste, dass du noch am Leben warst, aber nicht, wie ich dich finden konnte. Ich musste meinen Frust abbauen. Es ist nicht nachzuvollziehen, wie ich zu der Zeit gedacht und gehandelt habe. Selbst für mich nicht. Ich wollte, ich hätte es nicht getan, doch nun muss ich dadurch, um diese Kerle loszuwerden.«
»Gibt es wirklich keinen anderen Weg, um denen das Handwerk zu legen?«
»Vielleicht, aber im Moment haben wir keine Zeit um uns darum zu kümmern. Die Kinder haben Vorrang und endlich haben wir eine Spur, auch wenn sie noch so dürftig ist.«
»Für mich steht dein Leben an erster Stelle. Du bist das Wichtigste in meinem Leben, Rhys. Ohne dich werde ich sterben.« Sie blickt mich so intensiv an, dass ich nicht anders kann, als sie innig zu küssen.
`~
Die Katakomben der stillgelegten Tiefgarage sind schlecht beleuchtet. Es riecht nach Urin und Erbrochenem. Ich habe die Aufforderung aufs Handy bekommen, nachdem ich eine Kurzmitteilung an Troy gesandt hatte.
Wir hatten gerade mal so viel Zeit, uns im Appartement umzuziehen. Jazman trägt Sneakers zu einer Skinnyjeans und ein schwarzes enges T-Shirt. Ich habe mich ebenfalls für eine schwarze Jeans und Shirt entschieden, dazu eine abgewetzte Lederjacke. Dies ist kein Ort für eine Frau, doch Jazman war unter keinen Umständen dazu zu bringen, in unserem Appartement auf mich zu warten. Alles andere, hätte mich auch gewundert. Ihr Haar hat sie zu einem Pferdeschwanz gebunden. Sie sieht so kampfeslustig aus, als müsste sie an meiner statt kämpfen.
»Da ist ja unser Held!«, höre ich und sehe am Ende des Gangs einen Mann stehen. In dem fahlen Licht sind nur seine Umrisse zu erkennen, doch der Statur nach zu urteilen, ist es Troy Sanford.
»Troy! Wo ist Janice? Ich bestehe darauf, dass Sie sie sofort freilassen. Sie hat nichts mit unserer Abmachung zu schaffen.«
Er kommt langsam näher. »Warum hast du nicht gesagt, wer du wirklich bist? Rhys Cunningham ist ein großer Name, nicht nur hier in der Stadt. Was uns noch besser gefällt, dieser Name bürgt für eine Menge Geld.«
»Wusste ich doch, dass es denen nur um die Kohle geht«, murmele ich leise und sehe Jazman an, die bestätigend nickt.
»Können wir diesen Kampf nicht mit etwas Geld aus der Welt schaffen?«, fragt sie hoffnungsvoll.
Troy lacht auf. »Wer ist denn diese hübsche Blume?« Er mustert Jazman neugierig.
»Jazman Cunningham, ich bin die Ehefrau von Rhys und werde meinen Mann begleiten.« Ihr Ton ist unerbittlich. Ich kenne ihn, wenn sie in dieser Verfassung ist, ist nicht mit ihr zu spaßen.
»Hier sind keine Frauen erlaubt«, erklärt Troy knapp und bleibt einen Meter vor uns stehen.
»So, dann können Sie Janice ja freilassen. Wir sind hier.« Jazman mustert ihn feindselig.
Troy schüttelt den Kopf. »Erst nach dem Kampf.«
»Dann nehme ich ihren Platz ein«, erklärte Jazman und ich will einschreiten, doch sie hebt die Hand. »Nehmen Sie mich als Pfand und lassen Janice gehen. Sie ist nur eine Angestellte der CuDa Holding, sie hat nichts mit Rhys Privatleben zu tun. Ich schon. Also denken Sie nach, ein besseres Angebot werden Sie nicht bekommen.«