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Die Siegelmarke, Teil 1: Geschichte, Gestaltung und Einordnung
© 2022 Christian Juch
1. Auflage
Herstellung und Verlag: BoD - Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 9783755722786

Kontakt: christian.juch (at) googlemail.com

Einband: Christian Juch / Abbildungen und fototechnische Reproduktion von
Christian Juch
Lektorat: Mirella Juch

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Inhaltsverzeichnis

Eine kurze Geschichte der papierenen Siegelmarke

Wahrscheinlich nicht lange nach der Erfindung der Schrift fingen Menschen an, sich gegenseitig Nachrichten zu senden. Da diese Nachrichten auf den langen Wegen vor fremdes Mitlesen geschützt bleiben sollten, wurden diese bereits seit der Antike mit einem Siegel versehen. In Mesopotamien waren bereits 3500 Jahre v. Chr. Siegelzylinder oder Rollsiegel bekannt, die zum Versiegeln von Behältern für den Warentransport oder die Lagerung gedacht waren. Diese Siegel gaben dem kundigen Leser Informationen über den Inhalt und den Absender. Bei Schriftstücken dienten sie bereits zur Verifizierung, wie die heutige Unterschrift unter einem Dokument.1 Auch in der Bibel finden sich Hinweise zur Verwendung von Siegeln zur Bestätigung der Gültigkeit von Büchern, Kaufverträgen und Prophezeiungen2. Dazu wurde das Dokument gefaltet oder gerollt, mit einer Schnur umwickelt und mit einem Tonklumpen verschlossen, auf den das Siegel des Absenders gedrückt wurde.3

Auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands ist das Siegeln für die fränkischen Könige seit dem 5. Jahrhundert überliefert. Im 10. Jh. folgten die weltlichen und kirchlichen Fürsten, bis zum 13. Jahrhundert kamen Klöster, der niedere Adel und das städtische Bürgertum hinzu. Zum Siegeln wurde farbloses oder rotes Wachs gebraucht. Könige und Kaiser verwendeten für wichtige Dokumente Gold („Goldene Bulle“, 1356), Päpste Blei als Siegelmaterial. Im 14. Jh. kamen mit Wachs unterlegte Papiersiegel auf. Ende des 16. Jahrhunderts wurden Siegeloblaten aus ungesäuertem Weizenmehlteig eingeführt. Die Oblaten wurden angefeuchtet unter die Verschlusskanten des zusammengefalteten Schreibens gelegt und der Siegelstempel aufgedrückt. Etwa Mitte des 16. Jh. wurde der in China erfundene Siegellack in Europa eingeführt, der über die Mitte des 19. Jh. hinaus flächendeckend im Briefverkehr verwendet wurde. Die Herstellung des Lackes erfolgte durch eine Mischung von Schellack, Kolophonium und Terpentin. Für die verschiedenen Farben wurden z.B. Zinnober (Rot), Ultramarin (Blau) oder Chromgelb beigemischt. Im Laufe des 17. Jahrhunderts nahm der private Briefverkehr stetig zu und somit auch die Verwendung von Siegellack zum Verschließen der zusammengefalteten Briefbögen.4 Die ständige Zunahme des Siegelwesens ergab sich zwangsläufig, da selbst die gewöhnlichen Briefe und Pakete versiegelt ausgeliefert werden mussten.

Der Siegelzwang wurde in Preußen am 02. März 1849 durch die Amtsblattverfügung Nr. 46 abgeschafft. Nur zwei Jahre später wurden Briefumschläge5 auch in den preußischen Behörden eingeführt (Amtsblatt-Verfügung Nr. 220/1851). Mit dem Aufkommen des gummierten Briefumschlages wurde das Versiegeln von Postsendungen für die meisten Briefsendungen auch praktisch unnötig.6 Trotzdem wurden Postsendungen zur Wahrung des Briefgeheimnisses weiterhin mit Siegellack verschlossen. Dies erwies sich in der Praxis durchaus als ein umständliches Verfahren. Es gab bis zum Anbruch des 20. Jahrhunderts Lehrbücher und amtliche Anweisungen über die richtige Erstellung eines Briefes und das Aufbringen von Siegellack. Hermann Lorenz gibt in seinem Lehrbuch „Der Büreau-, Registratur- und Kanzleidienst“ folgende Anweisung zur Erstellung und Verschluss einer Korrespondenz:

„Jeder Brief muß ein längliches Viereck bilden, das weder zu lang gestreckt sein, noch sich zu sehr dem eigentlichen Viereck nähern darf. Das Schreiben (der Brief) kann durch das zweite Bogenblatt geschlossen werden, (…) jetzt werden jedoch fast überall Briefumschläge (…) verwendet. (…) Der Verschluß wird mit Oblaten (Mundlack) und farbigem Stempel, mit Siegelmarken oder mit gutem rothen Siegellack hergestellt. Der schwarze Lack ist ein Zeichen der Trauer. (…) Beim Siegeln vermeide man alle Verunreinigungen oder Betröpfelung des Briefes durch das Lack oder Hervorstehen der Oblaten.“ 7

Auch für die Zustellung der mit Siegellack verschlossenen Sendungen gab es genaue Anweisungen. In der „Sammlung der Ausschreiben der landesherrlichen Behörden im Herzogtum Sachsen-Meiningen“ (5. Band, 1870-1873) gibt es zum Verschluss von Briefen nachfolgende Merksätze für den Postbeamten8:

„I. Der Verschluß einer jeden Postsendung muß haltbar und so eingerichtet sein, daß ohne Beschädigung oder Eröffnung desselben dem Inhalte nicht beizukommen ist.

II. Bei Briefen nach Gegenden unter heißen Himmelsstrichen darf zum Verschluß Siegellack oder ein anderes, durch Wärme sich auflösendes Material nicht benutzt werden.“

Wie aus diesen Anweisungen ersichtlich ist, ergaben sich aus der Verwendung von Siegellack in der Praxis, insbesondere auf dem Transportweg, besondere Schwierigkeiten. Die Gefahr von Siegelbruch und der Beeinträchtigung des Inhaltes eines Briefes oder Paketes war allgegenwärtig. Bereits in der preußischen Postordnung vom 10. August 1712 wurde das Postpersonal angewiesen, bei jeder Übergabe die Unversehrtheit des Siegels zu prüfen und wenn notwendig, eine Neuversiegelung vorzunehmen.9