WIE GHT NLIC
DEMOKRATI?
LeFloid mit Jonas LgFischer Taschenbuch#Fragloid
Florian Mundt wurde 1987 in Berlin geboren und studiert Psychologie an der Berliner Humboldt-Universität. Sein YouTube-Kanal ›LeFloid‹ ist einerder meistabonnierten YouTube-Kanäle Deutschlands. Dort kommentiert er aktuelle Themen, Schlagzeilen und Nachrichtenaus den Medien. Er wurdebereits mit dem Deutschen Webvideopreis, der1Live Krone und dem Publikumspreis des Grimme Online Awards ausgezeich-net. Originalausgabe Erschienen bei FISCHER E-Books © 2017 S. Fischer Verlag GmbH, Hedderichstr. 114. D-60596 Frankfurt am Main Covergestaltung: www.buerosued.de Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschied-lichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen. Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt. ISBN: 978-3-7336-5067-4
LeFloid mit Jonas LanigWie gehteigentlich Demokratie?
INHALT1. WAS DU NBEIGT VORH WISENOLT 1DEMOKRATI N DEUSCHLA 12DAS GRUNETZ 16DER CHTSA 19DER SOZIALT 23DER BUNSTA 30 2. WIE FUNKTOR JEZT IGNLCH POLITK N DEUSCHLA? 35DER BUNSTAG36DIE BUNSRG 45DER BUNSAT 54
3. WER MACHTIGNL DEGSTZ UND WER HATC?6DIE GSTZBUN 67REGIUNSHADEL 72DIE RCHTSPUNG 7 4. DEUTSCHLAN DER LÄN 83POLITK NERAIOL 84DIE UROPÄSCH NI 93 5.WARUM D ÄHLEN G SOLTE 9WAHLEN 10DER WAHLKMPF 17POLITKER DN G 13DIREKT MOAIE 139
6. PARTEIN UD POLTIKER 15POLITK AS BERUF 152DIE PARTN 16DIE MN 18 7.WAS IRTUN KÖE, M TWAS ZU VERÄND 192DIE ZVLGSCHAFT193 8.INTERVWS203SUANE BR,undesvrfageicht 204DORTHE BÄ,CSU 21KATRIN BLEY, SPD 219 GREO YSI,Die Lnk 29WINFRED KTSCHMAN, Bündis 90/De Grün 234
ALEXNDRGF LAMBSDOR,FP239CHRISTAN LDER, FP246THOMAS DE IZÈR,CDU251 FRAUKE PTY, fD256PETR AUB, CD259SAHR WGENKCHT,Die Lnk265
1. WAS DU NBEIGT VORHE WISN OLTE
#DEMOKRATI N DEUSCHLAB 1989 gingen viele Bürger der DDR auf die Straße, weil sie für ihr Land demokratische Verhältnisse forderten. Dabei war die DDR der Form nach ein demokratisches Land. Sie nannte sich ja auch »Deutsche Demokratische Republik«. Die DDR gab sich einen demokratischen Anstrich, war aber ein diktatorisches System. So tagte hier regelmäßig das Parlament, alle vier Jahre fanden Wahlen statt, und die Bürger konnten sogar zwischen verschiedenen Parteien wählen. In Wirklichkeit aber vollstreckte das Parlament nur die Beschlüsse der Parteiführung, die Ergebnisse der Wahlen standen vorher schon fest, und die anderen Parteien wurden durch die SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands) ferngesteuert. Miteinerfunktionierenden Demokratie hatte das alles nichts zu tun.Die Demokratie ist einwichtiger Grundpfeiler unserer Verfassung. Sie ist an ganz bestimmteInhalte gebunden. DasGrundgesetz schreibt vor,welche Bedingungen für ein demokratisches Zusammenleben erfülltsein müssen. AIn einer Demokratie geht alle Macht vom Volk aus. Die Bürger sind also die eigentlichen »Bestimmer«. AIn einer Demokratie herrscht Gewaltenteilung. Die gesetzgebende Gewalt(Legislative), dievollziehende
Gewalt(Exe kutive)und die rechtsprechende Gewalt (Judikative)teilen sich die Macht und kontrollieren sich gegenseitig. AIn einer Demokratie werden die Regierendenkontrolliert. Die Regierung kann nicht schalten und walten, wie es ihr gefällt. Ihr steht das Parlament gegenüber – die gewählten Volksvertreter, die nichtalles durchgehen lassen. AEine Demokratie braucht Parteienpluralismus. Keine Partei darf die ganze Macht für sich beanspruchen. Es ist wichtig, dass es verschiedene Parteien mit unterschiedlichen Meinungen gibt. Nur so kann es an der Spitze des Staates auch immer wieder zu einem Wechsel kommen. AIn einer Demokratie gilt der Schutz politischer Minderhei-ten. Vor allem die Opposition innerhalb des Parlaments – also die Parteien, die nicht die Regierung bilden – sollte öffentlich wahrgenommen werden. So wird den Bürgern bewusst, dass es zur Arbeit der Regierung jeweils auch eine Alternative gibt. AIn einer Demokratie haben die Bürger bestimmte Men-schenrechte. Sie sind der Willkür der politischen Führung nicht schutzlos ausgeliefert. Ihre Rechte sind durch die drei Gewalten (Exekutive, Legislative, Judikative)geschützt.Die Bevölkerung kann ihren Willen auf unterschiedliche Weise durchsetzen. Wenn die Bürger zu einzelnen Themen direkt befragtwerden, kommtes zu einer Volksabstimmung (direkte Demokratie). Sie können aber auch Politikerihres Vertrauens in die Parlamente wählen, die dann in ihremSinne entschei13
den (repräsentative Demokratie). In den meisten Demokratien werden beide Möglichkeiten der Bürgerbeteiligunggenutzt– so wenigstens im Ansatz auch bei uns.Es gibt auch Gruppen und Parteien, die unsere demokratische Ordnung lieber abschaffenwürden und sie deshalb aktiv bekämpfen. Das darf sich eine Demokratie natürlich nicht gefallen lassen. Daspolitische System inDeutschland geht als wehr-hafte Demokratiemitallen legalenMittelngegen ihre Feinde vor.Das Bundesverfassungsgericht kann demokratiefeindliche Parteien verbieten lassen. Die Regierung kann Vereine auflösen, wenn diese gegen die Verfassung handeln.Verfassungsfeinden können sogar einzelne Grundrechte entzogen werden.BDas unterscheidet die Bundesrepublik von der Weimarer Republik. Die NSDAP konnte zur größten Partei aufsteigen, obwohl sie die Demokratie abschaffen wollte. In der Bundesrepublik wäre so eine Partei vom Bundesverfassungsgerichtverboten worden.Niemand darfdemokratische Rechte nutzen, um der Demokratie zu schaden. Feinde der Demokratie haben null Toleranz verdient.In der Politiksind die demokratischen Prinzipien genaufestgelegt. Wie demokratisch geht es aber in unseren Schulen, unseren Betrieben oder unseren Kasernen zu? Hier gibt es noch großen Handlungsbedarf, dennein Land ist nur dann wirklich demokratisch, wenn das für allegesellschaftlichen Bereiche gilt. Eine umfassende Demokratisierungunserer Gesellschaft ist nochlängst nicht erreicht. Immerhin gibt es viele positive Beispiele: AIn einigen Städten werden die Interessen eines Stadtteils in Bezirksausschüssenverhandelt.14# Was du unbedingt vorher wissen solltest
AIn vielen Städten und Gemeinden gründen unter 18Jährige eigene Jugendparlamente. AVielerorts kümmern sichBehinderten, Seniorenoder Ausländerbeiräte um die Anliegen dieser Minderheiten. AIn vielen Unternehmenwählen die Mitarbeiter einen Betriebsrat, der ihre Interessen gegebenenfalls auch vor dem Arbeitsgericht vertritt. ADiözesanräteoder Synodender beiden christlichen Kirchensorgen dafür, dass auch die Interessen der Laien gewahrt werden. AIn der Bundeswehr gilt das Leitbild des Staatsbürgersin Uniform, der nicht nur zu gehorchen hat. Ihm stehen auch demokratische Rechte zu. AIn den Aufsichtsgremien der weiterführenden Schulen sind immer Schüler vertreten – auch wenn solche Schulkonferenzen unterschiedlich viel zu sagen haben.Wersich politisch engagieren möchte, ist also nicht aufeineParteikarriere angewiesen. Ineinerdemokratischen Gesellschaft kann jeder mitmischen. Jugendliche können für die Schülervertretung ihrer Schule oder für einen Sitz imJugendparlament kandidieren. Manmuss nicht18 Jahre alt sein,um den Kirchengemeinderat zu wählen. Und schon 15Jährigekönnen in die Jugend und Auszubildendenvertretung ihres Betriebs gewählt werden. Wer nicht biszu seinem 18. Geburtstag warten möchte, kann auf diese Weise erste Erfahrungen miteinergelebten Demokratie sammeln.15
#DAS GRUNETZDas Grundgesetz ist die Verfassung unseres Landes –ein Vertrag, den dasVolk geschlossen hat. Darin sind Form und AufbausowieRechte und Pflichten des Staates und seiner Bürger festgelegt. Das Grundgesetz ist das wichtigste Dokumentunserer Demokratie – wichtiger als jedes Gesetz und jede Regierungserklärung.KeinGesetz, das neu beschlossenwird, darf das Grundgesetz verletzen.Das Grundgesetz wurde vom ParlamentarischenRat beschlossen, der am 1.September 1948 seine Arbeit aufnahm. Die 65 gewählten Mitglieder des Parlamentarischen Rats gehörten verschiedenen Parteien an. Sie hatten das Ende der Weimarer Republik und die Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten miterlebt. Und sie waren sich einig, dass sich so etwas nicht wiederholen durfte.Die Väter und Mütter des Grundgesetzes waren bemüht, einige Konstruktionsfehler der Weimarer Reichverfassung zuvermeiden. So wurde das Prinzip der repräsentativen Demokratie konsequentumgesetzt, der Präsident zugunsten des Kanzlers entmachtet und die Stellung der Länder aufgewertet. Damit will das Grundgesetz vielen Konflikten vorbeugen, die die Weimarer Republik belastet hatten.Werzumersten Mal imGrundgesetz blättert, findetsich inder Vielzahl der Artikel – es sind insgesamt 146 – vielleicht nicht gleichzurecht. Da hilft ein Blick auf die Gliederung unserer Verfassung:16# Was du unbedingt vorher wissen solltest
ARTIKELINHALTERKLÄUNGPräambelDie Präambel ist eine Art Vorwort.1-9Die Grund- rechteHier sind die Schutz- und Freiheitsrechte zusammengefasst, auf die alle Bürger des Landes oderMenschen,die sich hier auf-halten, Anspruch haben.20-15Institutionelle RegelungenHier wird erklärt, wie das politische System funktioniert.16-4Übergangs- und Schluss-bestimmungenHier ist zum Beispiel geregelt, wann das Grundgesetz seine Gültigkeit verliert. Das Grundgesetz lässt sich nichtnach Belieben umschreiben. Für eine Änderung der Verfassung hatder Parlamentarische Rathohe Hürden eingebaut. Eine Änderung kann nur beschlossen werden,wennmindestens zwei Drittel der Mitglieder des Bundestages und des Bundesrates zustimmen. In der Regelbe deutet das, dass einer Änderung des Grundgesetzes auch die Opposition zustimmen, und dass ein breiter Konsens vorliegen muss.EinigeArtikel des Grundgesetzes sind sogarso wichtig, dass sie garnicht geändert werden können, auch nicht mit einer Zweidrittelmehrheit. Diese Artikel bilden die Grundlage unseres de mo kratischen Systems. Fachleutespre chen vom Verfassungskerndes Grundgesetzes.ZumVerfassungskern gehören:Föderalismusist einPrinzip der Staatsorganisation, beidem die einzelnen Glieder eines Bun-desstaates in gewissen Dingen eigenstän dig entscheiden dürfen.?!17
Artikel 1: Die Würde des Menschen ist unantastbar.Artikel 20: Die Verfassung definiert die Grundsätze der Demokratie, des Sozialstaats, des Rechtsstaats und des Föderalismus.Artikel 79 Absatz 3: Erklärt die Artikel 1 und 20 für unveränderbarvEwigkeitsklausel. Das Grundgesetz enthält also die Grundpfeiler unserer politischen Ordnung und lässt nicht zu, dass diese Grundpfeiler abgeschafft oder verändert werden.MENSCHWÜRDDEMOKRATIRECHTSASOZIALTVERFASUNG-KERNBUNDESTA/FÖDERALISMU18# Was du unbedingt vorher wissen solltest
#DER CHTSAJeder Bürger möchte, dass es inseinem Land gerecht zugeht. Niemand will zu Unrechtverurteilt werden oder ohne Gesetze leben. Regeln, auf die sich jeder verlassen kann, und eine funktionierende Rechtsprechung geben der Bevölkerung ein Gefühl der Sicherheit.Das nutzen auch Diktaturenoder autoritäre Systeme aus. Sie tun so, als würden sie sich an die Grundsätze des Rechtsstaates halten, versuchen damitaber nurvon ihrer menschenverachtenden Politikabzulenken.B Die Führung des Dritten Reichs wollte jeden, der sich am 20. Juli 1944 am Attentat auf Adolf Hitler beteiligt hatte, so schnell wie möglich hinrichten. Natürlich nicht als Mordkommando, sondernunter dem Deckmantel des Rechtsstaates. Während Graf von Stauffenberg und seine engsten Vertrauten noch am Tag des Attentats erschossen wurden, mussten sich ihre Mitstreiter vor dem Volksgerichtshof rechtfertigen.Dieses Gerichtsverfahren diente jedoch nicht der Wahrheitsfindung.Die Angeklagten waren längst verurteilt und wurden durch den Vorsitzenden Richter beschimpft undbeleidigt.Aber was macht einen Rechtsstaat eigentlich aus?Und wer sorgtdafür, dass die Regeln eingehalten werden? ARechtsbindung Das Recht ist kein frei schwebender Zustand. Es ist immer an Gesetze, Verordnungen und Erlasse gebunden. Alle 19
geltenden Regeln werden schriftlich festgehalten. Die Rechtsbindung ist den Bürgern sehr wichtig. Sie verspricht Verlässlichkeit und Berechenbarkeit.B Bis zum Jahr 2007 hatten es Stalker ziemlich leicht. Sie konnten ihren Opfern nachstellen und sie belästigen, ohne rechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen. Erst durch ein neues Gesetz wurde im Strafgesetzbuch verbindlich festgelegt, dass Stalker sich strafbar machen. Damit sollen Stalkingopfer besser geschützt werden. AUnabhängigkeitder Justiz Die Regierung darf sich nicht in die Arbeit der Richter einmischen. Sie darf einem Richter keine Anweisungen erteilen, ihm sein Amt wegnehmen oder ein laufendes Verfahren entziehen. Denn nur ein wirklich unabhängiges Gericht dient dem Recht.B Zu Beginn des Jahres 2017 wurde der Journalist Deniz Yücel in der Türkei verhaftet, weil er gegen geltende Gesetze verstoßen haben soll. Obwohl das Verfahren gegen ihn noch nicht eröffnet war, behauptete der türkische Staatspräsident auf einer Kundgebung, Yücel sei ein Terrorist und deutscher Spion. Ein solches Urteil hätte nur ein Richter fällen dürfen – und das auch erst nach Abschluss der Beweisaufnahme. In einer Demokratie hätte der Staatspräsident dem Urteil des Gerichts nicht vorgreifen dürfen. AGleichheit vor dem Gesetz In einem Rechtsstaat müssen alle Bürger gleich behandelt werden. Niemandem steht eine Sonderbehandlung zu – ganz egal, wie bekannt er ist, wie viel er verdient oder welches Amt er bekleidet.20# Was du unbedingt vorher wissen solltest
B In einem Dekret hatte der amerikanische Präsident Anfang 2017 Bürgern aus muslimisch geprägten Ländern die Einreise in die USA untersagt. Mehrere amerikanische Staaten klagten gegen diese Entscheidung – und konnten sich damit zunächst vor den zuständigen Gerichten durchsetzen. Der Bundesanwalt von Washington, D. C., fühlte sich durch diesen Richterspruch in seiner Meinung bestätigt: »Niemand steht über dem Gesetz – auch nicht der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika.« ARechtswegegarantie Wenn sich ein Bürger ungerecht behandelt fühlt, hat er die Möglichkeit, eine bestimmte Entscheidung durch ein unabhängiges Gericht überprüfen zu lassen. Daraus dürfen ihm keine negativenFolgen entstehen.B Das Land NordrheinWestfalen untersagte zwei Lehrerinnen, im Unterricht ein Kopftuch zu tragen. Das Land sah dadurch den Schulfrieden gefährdet. Die Pädagoginnen zogen vor die Arbeitsgerichte, doch diese bestätigten die Entscheidung der Landesregierung. Schließlich schöpften sie die Rechtswegegarantie aus und legten ihren Fall dem Bundesverfassungsgericht vor. Die Richter des höchsten deutschen Gerichts hobendie Rechtsprechung der anderen Gerichte auf. Die Lehrerinnen hatten in letzter Instanz doch noch Recht bekommen und durften das Kopftuch wieder in der Schule tragen.Der Rechtsstaat gerät anseine Grenzen, wenn sich immer mehrMenschen an die Gerichtewenden, weil sie anderen Formen der Konfliktlösung nichttrauen. Meinungsverschiedenheiten unter Nachbarn, die früherbei einem Bier geklärt wurden, landenheute oftvor Gericht. Väter müssen sich häufigdurch 21
sämt liche Instanzen klagen, damitsie die von ihnen getrennt lebenden Kinder wenigstens ab und zu sehen dürfen. Der Gang zum Gericht erscheint immer mehr Menschen als einziger Ausweg.2# Was du unbedingt vorher wissen solltest
#DER SOZIALTNur wer den Kopf dafür frei hat, nimmtauch am politischen Leben teil. Menschen in sozialenNotlagen haben oftandere Sorgen, als sich mit Fragen der Demokratie oder des Rechtsstaats zu beschäftigen.Fürsie gilt, was der Dichter Bertolt Brecht einmal sehr drastisch formuliert hat: »Erst kommt dasFressen,dann kommtdie Moral.«Eine funktionierende Demokratie verspricht soziale Sicherheit. Niemand soll Angst davor haben, nicht mehrfürseinen Lebensunterhalt aufkommen zu können. In schwierigen Lebenslagen haben die Menschen inunserem Land deshalb Anspruch auf öffentliche Unterstützung. Das Sozialstaatsgebotdes Grundgesetzes verpflichtet den Staat, entsprechende Hilfen zurVerfügung zu stellen.Dem Sozialstaatstehen dabei zwei Möglichkeiten offen: ADie öffentlicheFürsorge Der Staat kümmert sich um Menschen, die aus eigener Kraft nicht mehr aus ihrer Notlage herausfinden und auf direkte Unterstützung angewiesen sind. In diesem Fall greift die Fürsorge staatlicher Stellen ein. Arme, Kranke, Behinderte, Alte oder Flüchtlinge haben Anspruch auf Hilfe – egal ob sie vorgesorgt haben oder nicht. ADie Daseinsvorsorge Gleichzeitig muss der Staat dafür sorgen, dass seine Bürger im Falle einer Notsituation abgesichert sind. Dazu gehören alle vorbeugenden Maßnahmen. So kann eine gute Schulbildung verhindern, dass man später arbeitslos wird. Und wer sich regelmäßig fit hält, beugt möglichen Krankheiten 23
vor. Jeder Mensch soll in die Lage versetzt werden, sich durch vorbeugende Maßnahmen gegen soziale Risiken wie Arbeitslosigkeit, Krankheit, Berufsunfähigkeit oder Pflegebedürftigkeit abzusichern.Um eine soziale Sicherheit zu gewährleisten, stehen dem Staat verschiedene Mittel zur Verfügung.Dazu zählen alle direkten Hilfen,die an die Betroffenen ausgezahltwerden,sowie dieindi-rekten Hilfenin Form steuerlicherVergünstigungen.Beispiele für direkte Hilfen: AKindergeld, das allen Familien zusteht ALeistungen nach dem Bundesausbildungsförderungs gesetz (BAföG) AWohngeld als Zuschuss zur Miete Adie Grundsicherung für Arbeitslose und Kleinrentner (auchHartz IVgenannt)Beispiele für indirekte Hilfen: AEhegattensplittingfür Verheiratete (das zuversteuernde Einkommen wird zu gleichen Teilen auf beide Ehepartner verteilt). Abesondere Freibeträge für die im Haushalt lebenden Kinder AEntlastungen für Vorsorge- und Versicherungsaufwendun-gen24# Was du unbedingt vorher wissen solltest
AAbzugsfähigkeit von Spendenfürsoziale ZweckeDer Staat investiert aber auch insoziale Einrichtungen. Städteund Gemeinden engagieren sich imBereich der sozialen Infra-strukturund stellen dafür Geld zurVerfügung. Vielen Menschen wirdin solchen Einrichtungen mehrgeholfen als durch Hilfen,die ihnen direkt ausgezahlt werden. Zur sozialenInfrastruktur gehören AEinrichtungen für Kinder – von der Krippe bis zur Ganztagsschule Abesondere Orte für Jugendliche – vom Bolzplatz bis zum Jugendzentrum AAngebote der Gesundheitsversorgung– vom Krankenhaus bis zur Suchtberatung Aeigene Einrichtungen für Flüchtlinge – von der Sammelunterkunft bis zum IntegrationsunterrichtDie eigentlicheBasisdes Sozialstaats bildet jedoch das Systemder Sozialversicherung. Alle Arbeitnehmer zahlen regelmäßig ihre Beiträge ein– und bekommen entsprechende Leistungen zurück,wennsie ineine Notlage geraten sind. Nach diesem Prinzipfunktionierteigentlich jede Versicherung. Der Unterschiedist, dass für die wichtigsten fünf Sozialversicherungen eine Versicherungspflichtbesteht. Den Arbeitnehmern wird ein Teil ihres Lohns abgezogen, der als Versicherungsbeitrag indieSozialkasse fließt.Das System der sozialen Sicherungssystemehat eine langeTradition. Diegesetzliche Krankenversicherung füralle Arbeit25
nehmerwurde bereits imJahr 1883 eingeführt.Als jüngste Versicherung kam 1995 die Pflegeversicherung dazu. Nach dem klassischen Modell der Sozialversicherung müssen sichauch die Arbeitgeberan der Finanzierung der Sozialkassen beteiligen. Der Arbeitgeberanteil ist inder Regel genauso groß wie der Betrag, den dieArbeitnehmerin die Sozialkassen einzahlen müssen.BDerBeitragssatz fürdie Rentenversicherung wurde von der Bundesregierung auf 18,7 % des Einkommens festgesetzt. Die eine Hälfte wird dem Arbeitnehmer von seinem monatlichen Einkommen abgezogen. Die andere Hälfte übernimmt jeweils derArbeitgeber.In der Krankenversicherung liegt der Anteil des Arbeitgebers bei 7,3 %, während der Arbeitnehmer im Durchschnitt 8,4 % zahlen muss. In diesem Punkt hat die Politik offenbar dem Druck der Unternehmen nachgegeben, die ständig über die angeblich zu hohen Lohnnebenkosten klagen.KRANEVSICHRUNGUNFALVERSICHUNGRENTVSICHRUNGARBEITSLONVRCHEUGPFLEGVRSICHUNG26# Was du unbedingt vorher wissen solltest
Aber kann der Sozialstaatauf diese Weise weiter funktionieren? Immer mehr alteMenschen leben inunserem Land. Dieser demographische Wandel, also dieBevölkerungsentwicklung, bedrohtvor allem die Zukunft der Rentenkassen. Immer weniger Arbeitskräftemüssen die Renten von immer mehr Seniorenerwirtschaften. Daskann auf Dauer nichtgutgehen. DiePolitik hat bereits erste Gegenmaßnahmen ergriffen.Die Rente beginntkünftig erst mit 67,und die Höhe der ausgezahlten Beträge wirddeutlich abgesenkt.Schon jetzt zeichnet sich ab, dass dadurch die Altersarmutzunehmen wird. Außerdem müssen die Rentenkassen in Zukunft durch zusätzliche Steuermittel gestützt werden.Wenn der Sozialstaaterhalten bleiben soll, gibt es für die Politik also viel zu tun. Leider fehlt den Politikern oftder Mut, umbahnbrechende Entscheidungen zu treffen. Dieses Zögern geht vor allem zu Lasten der jungen Generation. Sie muss eines Tages die Zeche zahlen, wenn nicht rechtzeitig gegengesteuert wird.27
Rund 35,3 MillionenGäste hatder Besucherdienst des Deutschen Bundestages inden Jahren 2002 bis2016 betreut. Im Jahr 2016 warenes allein1.106.177Besucher.(Stand1.4.2017) Damit landet das Reichstagsgebäude aber nur auf Platz 17 der beliebtesten deutschen Sehenswürdigkeiten(weiter oben imRanking stehen z.B. Schloss Neuschwan- stein, der Kölner Dom und das Oktoberfest.)Es wirdgemunkelt,dass neben dem täglich wech-selnden Angebot die Currywurst einesder beliebtesten Gerichte inder Kantine des Deutschen Bundestages ist. #welove #currywurstFUNACTS #12
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Die gläserne Reichstagskuppel wurdevon dem britischen Architekten Sir NormanForster entworfen.(Unter vielen anderen bekannten Gebäuden hat er dieHauptverwaltungder Swiss Re inLondon – auch »Gherkin«(Gurke)genannt– und den Commerzbank-Tower inFrankfurt am Main entworfen)Rund 2500
Angestellte arbeiten imBundestag. Das ist etwa viermal so viel wie diedurchschnitt-liche Schüleranzahl an deutschen Schulen.3
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#DER BUNSTAIn einer Demokratie darf niemand die Macht für sich allein beanspruchen.Es gilt das Prinzipder Gewaltenteilung. Unterschiedliche Persönlichkeiten und Einrichtungen teilen sich die Macht, tragen die gemeinsame Verantwortung und kontrollieren sich gegenseitig. Es gibt verschiedene Arten der Gewaltenteilung. In derhorizontalenGewaltenteilungnehmen dieRegierung,das Parlament und die Justiz die Macht ein. In der vertikalen Gewaltenteilungmüssen sich der Bund, die Länder und die Kommunen miteinander verständigen. Einföderalisti-scherStaat besteht aus mehrerenGliedern, die politische Entscheidungen eigenständig treffen.Diese werden immerauf diesen drei Ebenen getroffen: Es gibt sehr unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie viel Föderalismusein Land zulassen will und welchen Einfluss die vertikale Gewaltenteilung haben soll. AIn Frankreichhat man sich für einen zentralistischen Einheitsstaat entschieden. Es gibt zwar auch einzelne BUNDLÄNDERSTÄDE, GMIN UD KREIS30# Was du unbedingt vorher wissen solltest
Regionen oder Departements, die eigentliche Macht geht jedoch von der Hauptstadt aus. ADie Vereinigten Staaten von Amerika setzen dagegen ganz auf das Prinzip des Bundesstaates. Die 50 Bundesstaaten sind zwar zu einem übergeordneten Staat zusammengeschlossen, ohne jedoch auf ihre Eigenständigkeit zu verzichten.Die Bundesrepublik versteht sich als föderalistischer Staat, der eher dem Modelldes Bundesstaatsentspricht als einem zentral gesteuerten Einheitsstaat.Damit der Föderalismusauch wirklichfunktioniert, istjede Ebene staatlichen Handelns für bestimmte Aufgaben zuständig. ADer Bund kümmert sich um die Außen- und Sicherheits-politik. ADie Länder entscheiden über Fragen zu Bildung und Schule. AStädte und Gemeinden regeln die örtliche Bau- und Ver-kehrsplanung.Manchmal bringt die Aufteilung der Kompetenzen auch Nachteilemitsich. Jedes Bundesland stellt zumBeispiel seine eigenen Lehrpläne auf,weil die SchulpolitikLändersache ist. Zieht eine Familiein ein anderes Bundesland um, müssen sichdie Kinder in der Schule oft auf andere Bedingungen einstellen.B Die Bildungsstatistik beweist, dass es zwischen den Bundesländernerhebliche Unterschiede gibt. Darunter haben vor allem die Schüler zu leiden. In Hamburg legen durchschnittlich 62,5 % eines Jahrgangs das Abitur ab, 31
in SachsenAnhalt schaffen das nur 38,1 %. In Bayern bleiben 4,8 % der Schüler in den Klassen 7 bis 9 sitzen, in Sachsen betrifft das nur 1,6 %. In Hamburg haben 88,3 % aller Schüler Anspruch auf einen Ganztagsplatz, in Bayern nur 15 %. Der Bildungsföderalismus produziert also jede Menge Ungleichheit und Ungerechtigkeit. (Quelle: Chancenspiegel)Die Diskussion um die unterschiedlichen Bildungschancen zeigtdeutlich, dass der Föderalismushierzulande nicht nur Freundehat. VieleMenschen sind der Meinung, dass die Befugnisseder Länder in Sachen Bildungund Schule auf den Bund übertragen werden sollten. Sie sind für ein zentrales Schulministeriumundbundeseinheitliche Prüfungen. Solte dr Biungsföderalimu wkch abgeschft wrden? ARGUMENT FÜ D BILDUNGSFÖERAIMUARGUMENT D BILDUNGSFÖERAIMU ND FÜR EIN BUDSHEITLCS SCHULYTEMZwischen den einzelnen Ländern gibt es große kulturelle Unterschiede, die sich auch im pädagogischen Angebot der Schulen niederschlagen sollten.Es ist kaum möglich, in ein anderes Bundesland zu wechseln, weil die Ansprüche sehr unterschiedlich sind.Interviw mMnsterpäidn Winfred Ktschman zu Te Föderalismu f Set 23432# Was du unbedingt vorher wissen solltest
Die Länder können voneinander lernen und sich vonden Erfolgen deranderen anspornen lassen.Manche Länder verlangen vonden Schülern weniger, andere verlangen mehr. Dadurch sind Zeugnisse und Noten nicht miteinander vergleichbar.Es ist leichter, pädagogische Refor-men aufLandesebenedurchzuset-zen, als dafür alle 16 Bundesländer zu gewinnen. Der Bund ist ein schwer-fälligerTanker.Besonders konservative Länder können bestimmte Reformen ver-hindern. Denn inder Konferenzder Kultusminister werden nureinstim-mige Beschlüsse gefasst.Konkurrenz belebt das Geschäft. Die Länder befindensich in einemspan-nenden Wettbewerb umdie besten Ideen und die attraktivsten Projekte.Die europäischen Länder, die beim internationalen PISA-Test besondersgut abgeschnitten haben,verfügen alle über einzentral gesteuertes Schulwesen.Ein zentrales System wäre bald überfordert und ließe sich nicht steuern. Kleinere Einheiten lassen sich leichter managen als riesige Beamtenapparate.Es ist viel effektiver, wenn nicht jedes Land für sich alleine arbeitet, sondern die Entscheidungen an zen-traler Stelle fallen. Dadurch lassen sich viele Beamtenstellen einsparen. In den Ländern geltenmanchmalauch andere Gesetze als aufBundesebene. Solche Widersprüche belasten die Rechtssicherheit. Die Bürger wollen wissen, welches Rechtfürsie gilt, und sich nicht von gegensätzlichen Vorschriften irritieren lassen.B Die Verfassung der Freistaats Bayern ging bis 1998 davon aus, dass in besonders schweren Fällen auch die Todesstrafe verhängt werden könnte. Diese Aussage steht in direktem Widerspruch zum Artikel 102 des Grundgesetzes: »Die Todesstrafe ist abgeschafft.« Das hat bei den Menschen in Bayern für viel Verwirrung gesorgt.In solchen Fällen giltder Grundsatz: »Bundesrecht bricht Lan-desrecht!«Im Zweifelsfallgelten also die Gesetze, Verordnungen 3
und Vorschriften, die auf Bundesebene beschlossenoder erlassen wurden. Sie haben immer Vorrang.Insofern sind der Bund und die Länder doch nicht gleichberechtigt.Föderalismusbedeutet aber nicht, dass jede Ebene staatlichenHandelns für sich bleibt. Das Grundgesetz sieht vor, dass die Länder an der Gesetzgebung des Bundes mitwirken. Bei vielen Gesetzen ist eine Zustimmung des Bundesrates– also der Vertretung der Länder –notwendig. Seine Mitglieder können Gesetze stoppen, die vorherim Bundestagbeschlossen wurden. Sie können aber auch eigene Gesetze einbringen und den Bundestag damit zum Handeln veranlassen. Der Bund und die Länder bewegen nur dann etwas,wenn sie wirklich zusammenarbeiten. Ohne Teamwork geht eben nichts.?
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34# Was du unbedingt vorher wissen solltest
2. WIE FUNKTOR JETZ IGNLCH POITK IN DEUTSCHLA?
#DER BUNSTAGDer Bundestag ist dieoberste gewählte Volksvertretung – dasParlament – unseres Landes. Das Parlament wird allevier Jahre neu gewählt. Diese vierjährige Regierungszeit nennt man Legislaturperiode. Seinen Sitz hat der Deutsche Bundestag im Gebäude des Berliner Reichstags. Jeder kennt bestimmtdas Bild der gläsernen Kuppel.Der Parlamentarische Rat, der auch das deutsche Grundgesetz beschlossen hatte, entschied sich für ein parlamentarisches Regierungssystem. In Deutschlandist also die Regierung auf das Parlamentangewiesen und von diesem abhängig. Der deutsche Regierungschef wird nichtvom Staatsoberhaupt ernannt, sondern vom Parlamentgewählt. Die Regierung kann auch keine Gesetze erlassen,denn die müssen imParlament beschlossen werden. Der Bundestag nimmt im politischen System unseres Landes also eine zentrale Rolle ein.Der Bundestag hat mehrere wichtige Funktionen: ADie Wahlfunktion Der Bundestag wählt die Bundeskanzlerin bzw. den Bundeskanzler und ist an der Wahl der Verfassungsrichter und des Bundespräsidenten beteiligt.
ADie Kontrollfunktion Der Bundestag passt auf, dass die Regierung ihre Arbeit ordnungsgemäß erledigt und sich dabei an die geltenden Gesetze hält. Da die Regierung im Bundestag meist über eine Mehrheit verfügt, bleibt diese wichtige Aufgabe vor allemden Oppositionsparteien überlassen. ADie Diskussionsfunktion Der Bundestag tagt nicht im stillen Kämmerlein, sondern in aller Öffentlichkeit. Es finden Diskussionen statt, die die Bevölkerung bewegen und zu denen jeder Bürger eine Meinung haben sollte. ADie Gesetzgebungsfunktion Der Bundestag bereitet Gesetze vor und beschließt sie auch. Viele Gesetze sind nicht mehr zeitgemäß und müssen überarbeitet und angepasst werden. Neue Gesetze sollen Gesetzeslücken schließen. So gab es lange Zeit kein Gesetz, das den Betrieb von Drohnen regelte. Zurzeit berät der Bundestag über eine Flugverkehrsordnung, mit der diese Gesetzeslücke geschlossen werden soll. ABudgetfunktion Der Bundestag verabschiedet den Haushalt der Bundesregierung, also alle Einnahmen und Ausgaben des Bundes. Jeder einzelne Posten wird überprüft. Denn beim Geld hört die Freundschaft bekanntlich auf – auch in der Politik.Die Parlamente anderer Länder arbeiten zum Teil ganz anders als der deutsche Bundestag. ADas britische Unterhaus ist ein typisches Redeparlament. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt auf den Debatten, 37
die hier regelmäßig stattfinden und an denen sich die Abgeordneten engagiert beteiligen. ADer amerikanische Kongress ist dagegen eher ein Arbeitsparlament. Die Abgeordneten arbeiten in verschiedenen Ausschüssen an einzelnen Gesetzen. Der DeutscheBundestag stellt eher eine Mischformdar. Die Arbeit inden Ausschüssenspielt eine große Rolle, dasöffentliche Interesse ist jedoch aufdie Debatten im Plenumgerichtet. An der Spitze des Deutschen Bundestages steht der Präsident. Er bildet zusammen mitseinen Stellvertretern das Präsidium. Der Präsident wirdimmer von der größten Fraktion gestellt. Die Stellvertreter werden von den einzelnen Fraktionen des Bundestages entsandt. In der ersten Sitzung des Bundestages übernimmtder älteste Abgeordnete als Alterspräsident die Leitung der Geschäfte. Außerdem stehtdem Präsidium der Ältestenratdes Bundestages zur Seite. Dort sind alle Fraktionen des Par laments vertreten.Der Ältestenrat bereitet die Bundestagssitzungen vor und beschäftigt sich mit Fragen der Geschäftsordnung. Jeder Abgeordnete gehörteinem oder mehreren Ausschüssen an. In der Regel istjedem Bundesministeriumein Ausschuss zugeordnet.In diesen ständigen Ausschüssenwerden die einzelnen Gesetze beraten. Wenn es zu irgendwelchenUngereimtheiten kommt, muss aber auchdie Regierung Rede und Antwort stehen. So musste dieBundesregierung dem Innenausschuss des Bundestages berichten, warum das Attentat aufden Berliner Weihnachtsmarkt im Dezember 2016 nichtverhindertwerden konnte.38# Wie funktioniert jetzt eigentlich Politik in Deutschland?
Neben den ständigen Ausschüssen kann der Bundestag auch Untersuchungsausschüsseeinrichten, um einzelne Maßnahmen und Verhaltensweisen der Regierung genauer unter die Lupe zunehmen. BDieAbgeordneten des Deutschen Bundestages wollten prüfen, ob der amerikanische Auslandsgeheimdienst NSA auch deutsche Bürger und sogar einzelne Mitglieder der Bundesregierung ausspioniert hatte – und ob er dabei von deutschen Nachrichtendienstenunterstützt wurde. Deshalb wurde ein Untersuchungsausschuss einberufen, der diesen Fragennachgehensollte. Der Bundestag kann bei Bedarf auch eine Enquetekommission einberufen. So eine Arbeitsgruppe besteht ausAbgeordneten aller Fraktionen. Sie beschäftigt sich mit langfristigen Fragestellungen, die sich umdie Zukunft unserer Gesellschaft drehen und über die Anforderungen der Tagespolitik hinausgehen. Oft arbeiten auch externe Sachverständige in der Kommissionmit. Ihr Fachwissen solldabei helfen, die meist umfassenden und komplizierten Themen zu durchleuchten.B Eine Enquetekommission beschäftigte sich mit der Bevölkerungsentwicklung, dem »demographischen Wandel« in Deutschland. Die Kommission ging den sozialen und wirtschaftlichen Folgen nach, die eine immer älter werdende Gesellschaftmit sich bringt. Seitdem beschäftigt sich die Politik mit der Frage, wie die negativen Folgen des demographischen Wandels aufgefangen werden können.Daneben überprüft ein Parlamentarisches Kontrollgremium regelmäßig die Arbeit deutscher Geheimdienste.Die Abgeordne39