Ulf Blanck
Rick Nautilus
Geisterschiff am Meeresgrund
Band 4
Mit Bildern von Timo Grubing
FISCHER E-Books
© privat
Ulf Blanck, 1962 in Hamburg geboren, schrieb Theaterstücke und arbeitete als Radioredakteur, bevor 1999 sein erstes Kinderbuch der Serie Die drei ??? Kids erschien. Bis heute hat er über 120 Bücher veröffentlicht. Mit Rick Nautilus geht für den leidenschaftlichen Segler ein Traum in Erfüllung: eine phantastische Abenteuerserie zu schreiben, die in den unentdeckten Weiten der Meere spielt.
Geisterschiff am Meeresgrund ist der vierte Band der Reihe Rick Nautilus. Informationen zu weiteren Bänden finden sich am Ende dieses Buches.
© privat
Timo Grubing, 1981 in Bochum geboren, ist nach seinem Design-Studium in Münster in seine Geburtsstadt zurückgekehrt. Dort lebt und arbeitet er als freier Illustrator für Kinder- und Jugendbücher, Familienspiele und Comics. Er fände es super, wenn ein Hauskrake in seiner Badewanne leben würde, der ihm mit seinen acht Armen bei der Arbeit hilft!
Weitere Informationen zum Kinder- und Jugendbuchprogramm der S. Fischer Verlage finden Sie unter www.fischerverlage.de
Leinen los! Rick Nautilus ist der größte Abenteurer der Weltmeere!
Mit ihrem phantastischen U-Boot sind Rick und seine Freunde den unglaublichsten Geheimnissen der Ozeane auf der Spur.
Rätselhafte Zeichen führen Ava, Rick und Emilio an Bord der Nautilus tief hinab ins Meer. Ob ein sagenhafter Piratenschatz auf sie wartet? Tatsächlich stoßen die drei Freunde auf ein uraltes Geisterschiff! Doch als sie es erkunden wollen, werden sie in einen gefährlichen Strudel gerissen. Und was sie dann entdecken, hätten sie nie für möglich gehalten!
Originalausgabe
Erschienen bei FISCHER E-Books
© 2021 Fischer Kinder- und Jugenbuchverlag GmbH, Hedderichstr. 114, D-60596 Frankfurt m Main
Covergestaltung: Johannes Wiebel│punchdesign,
unter Verwendung einer Illustration von Timo Grubing
Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.
Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.
ISBN 978-3-7336-0383-0
»Ich besorge uns noch etwas Feuerholz«, sagte Rick Nautilus und stapfte durch den weichen warmen Sand. »Denn bald wird es dunkel, und dann sieht man am Strand nichts mehr.«
Glutrot stand die Sonne flach über dem Horizont und spiegelte sich glitzernd auf dem weiten Meer wider. Schnell hatte Rick eine Ladung trockenes Treibholz zusammengesammelt und schichtete es an der Feuerstelle auf. Flammen loderten grell empor, Funken schossen in die Höhe und tanzten in der Luft.
Ava hockte im Schneidersitz neben dem Feuer und hielt sich die Hand vors Gesicht. »Rick, willst du uns alle ankokeln? Das wird ja heißer als bei einem Vulkanausbruch«, sagte sie lachend und rückte dann doch lieber einen Meter ab.
In diesem Moment kam Emilio vom Wasser zurück. Er hatte sich eine Angel lässig über die Schulter geworfen und hielt seinen Freunden freudestrahlend mehrere kleine Fische entgegen. »Seht euch das an! Das nenne ich Anglerglück. Das Abendbrot ist gesichert.«
Rick griff sich einige Stöcke und spitzte sie mit einem Messer an. »Sehr gut. Mir knurrt schon der Magen.«
Kurz darauf brutzelten die Fische wie Stockbrote über dem Feuer. Ava hatte sich mit Emilios Säbel eine Kokosnuss geöffnet und zerschnitt das harte Fruchtfleisch in Scheiben. »Bei mir gibt es heute gegrillte Kokosnuss. Leckerer geht’s nicht. Ich würde nicht im Traum daran denken, einen Fisch zu essen.« Sie war Ozeanerin, und das Meer mit seinen Bewohnern war ihr Zuhause.
Es war an diesem Abend fast windstill, und nur leise plätscherten kleine Wellen sanft an den weißen Sandstrand. Rick warf einen Blick auf den langen Holzsteg, der weit hinaus ins Wasser ragte. Dort lag gut vertäut die Nautilus, das phantastische Unterwassergefährt der drei Freunde. Hiermit hatten sie mehrere Tage die Gesänge von Buckelwalen erforscht. Zum Abschluss der Forschungsreise machten sie gerade halt auf ihrer Lieblingsinsel Vulcania.
Die kleine Vulkaninsel lag inmitten des Südmeeres und war fast unbewohnt. Fast, denn es gab einen einzigen Bewohner und guten Bekannten der drei: Jenkins.
Der bärtige alte Mann war sein ganzes Leben zur See gefahren. Dann hatte er sich auf die winzige Insel zurückgezogen, wo er seinen Ruhestand genoss. Angelockt vom Duft der gebratenen Fische kam Jenkins nun aus seinem selbstgebauten Leuchtturmhaus auf die drei Freunde zu. »Beim Klabautermann!«, rief er mit rauer Stimme. »Das riecht ja besser als in jeder Schiffskombüse. Darf ich mich zum Essen einladen?«
Rick hielt dem ehemaligen Steuermann einen Fisch am Stock entgegen. »Na, klar. Emilio hat genug für alle gefangen. Ich wollte sowieso gerade Bescheid geben, dass es bei uns Abendessen gibt.«
Jenkins grinste ihn an. »Hast du aber nicht, mein Junge. Aber in deinem Alter habe ich auch eher ans nächste Abenteuer gedacht als an die alten Leute. Siehst du, das habt ihr nun davon. Jetzt müsst ihr euer Essen mit mir teilen.«
Rick schüttelte heftig den Kopf. »Nein, ich wollte ganz sicher Bescheid sagen. Und außerdem sind wir froh, dass wir über Nacht auf Vulcania anlegen können.«
»Lass mal gut sein, Rick. Du kommst ganz nach deinen Eltern. Für die ist bis heute das Leben auch ein großes Abenteuer. Kein Tag, an dem man nichts Neues entdecken oder erforschen könnte. Das ist ihr Motto. Und ich muss das wissen, denn ich bin schließlich jahrelang mit den beiden auf der Nautilus zur See gefahren. Dich kenne ich, seit du in den Windeln lagst.«
Emilio knabberte vergnügt an seinem Fisch und musste grinsen. »Der kleine Rick in Windeln. Das Bild würde ich gern einmal sehen. Wahrscheinlich hast du da schon deine Kapitänsmütze aufgehabt.«
Auch Ava musste jetzt lachen. »Genau: Mütze, Windel und Schnuller. Kapitän Rick auf großer Fahrt.«
Rick konnte nicht mitlachen. »Ha ha ha! Wie witzig. Ihr wart auch alle mal Babys.«
Der alte Jenkins legte ihm die Hand auf die Schulter. »Lass dich nicht ärgern, Rick. Selbst Präsidenten hatten einmal Windeln an. Ich freue mich auf jeden Fall, dass ihr mich regelmäßig besucht. Viel ist ja nicht los auf Vulcania. Und deine Eltern habe ich seit Ewigkeiten nicht gesehen.«
Ricks Eltern erforschten seit vielen Jahren mit dem U-Boot die Weltmeere und machten abenteuerliche Entdeckungen. Doch vor einiger Zeit waren sie mit anderen Wissenschaftlern zu einem geheimen Ort aufgebrochen, um Lösungen für die großen Probleme der Menschheit zu entwickeln. Dabei ging es unter anderem um die drohende Klimaveränderung und die Vermüllung der Meere. Aber es war klar, dass sie eines Tages zurückkehren würden. Seitdem war Rick der Kapitän und hatte die Verantwortung auf der Nautilus.
»Heiliger Kaventsmann!«, schmatzte Jenkins. »Eure Bratfische könnte ich jeden Tag essen. Wollt ihr auf Vulcania nicht ein Restaurant aufmachen? Ich verkaufe nach wie vor Proviant an vorbeikommende kleine Schiffe, und ihr eröffnet eine Bratfischbude. Das wär doch was, oder?«
Emilio verzog sein Gesicht. »Ja, das wäre schön langweilig. Da kommt nur jede Woche ein Gast, und wir vergammeln in der Sonne.«
»Hast’ auch wieder recht«, lachte Jenkins. »Ihr braucht Abenteuer und keinen Bratfisch.«
Es war schon recht spät am Abend, und die ersten Sterne leuchteten am wolkenlosen Himmel.
Nach dem Essen stand Rick satt und müde auf. »Freunde, ich denke, wir gehen ins Bett. Morgen früh müssen wir die Nautilus mit frischem Proviant beladen.«
Auch Emilio rieb sich die Augen. »Ja, machen wir Schluss für heute. Das Feuer schütte ich zur Sicherheit mit Sand zu. Wir wollen ja nicht, dass Vulcania noch abbrennt.« Mit beiden Händen schaufelte Emilio Sand auf die Glut. Als er dabei ein kleines Loch gegraben hatte, musste er plötzlich grinsen. »Was wäre eigentlich, wenn ich hier plötzlich auf eine Schatzkiste stoße? So ein richtiger Piratenschatz von richtigen Piraten.«
Der alte Jenkins grinste auch. »Ja, das wäre was. Aber warum nicht. Diese Insel hat schon einiges erlebt.«
Jetzt wurde Rick hellhörig. »Wie meinen Sie das, Jenkins? Ich dachte, Vulcania war immer unbewohnt.«
»Ganz früher nicht, Rick. Immer mal wieder haben sich Schiffbrüchige auf die Insel hier gerettet. Dort wo jetzt mein selbstgebauter Leuchtturm steht, gab es sogar noch eine alte Hütte. Doch ich habe keine Ahnung, wer da gewohnt hat. Das bleibt ein Geheimnis.«
Auch Ava hatte nun die Neugier gepackt. »Und das erzählen Sie uns erst jetzt? Ich liebe geheimnisvolle Geschichten. Haben die Schiffbrüchigen denn irgendetwas in der Hütte hinterlassen?«