Tanya Stewner
Hummelbi – Eine Fee ist keine Elfe
Mit Bildern von Nadine Jessler
FISCHER E-Books
Tanya Stewner wurde 1974 im Bergischen Land geboren und begann bereits mit zehn Jahren, Geschichten zu schreiben. Sie studierte Literaturübersetzen, Englisch und Literaturwissenschaften in Düsseldorf, Wuppertal und London und arbeitete mehrere Jahre als Übersetzerin und Lektorin. Inzwischen widmet sie sich ganz der Schriftstellerei. Die Autorin lebt und arbeitet in Wuppertal. Im Programm der Fischer Schatzinsel sind bereits ihr erstes Abenteuer um die Zwillinge Florentine und Pauline, ›Wie weckt man eine Elfe?‹, sowie ihre Geschichten um die Tier-Dolmetscherin Liliane Susewind, ›Liliane Susewind – Mit Elefanten spricht man nicht!‹, ›Liliane Susewind – Tiger küssen keine Löwen‹, ›Liliane Susewind – Delphine in Seenot‹, ›Liliane Susewind – Schimpansen macht man nicht zum Affen‹, ›Liliane Susewind – So springt man nicht mit Pferden um‹ und ›Liliane Susewind – Ein Panda ist kein Känguru‹, erschienen, mit denen Tanya Stewner auf Anhieb einen riesigen Erfolg erzielte.
Zu ›Liliane Susewind‹ gibt es auch eine Website mit vielen Informationen, Spielen und Rätseln: www.liliane-susewind.de. Weitere Bände sind in Vorbereitung.
Covergestaltung: Birgit Gitschier, Augsburg
Coverabbildung: Florentine Prechtel
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2011
Nach den Regeln der neuen Rechtschreibung
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Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.
ISBN 978-3-10-400880-6
Die kleine Elfe schaute vorsichtig durch die Fensterscheibe und presste ihre winzigen Hände gegen das Glas. Mit ihren blitzenden, braungrünen Augen spähte sie hinein in den Spatzenwinkel – das alte, etwas windschiefe Fachwerkhaus am Waldrand. Die Flügel der Elfe surrten leise, wie kleine Propeller, während ihr pummeliger Körper leicht im Wind vor dem Dachbodenfenster schaukelte.
Mit vorgestreckter Nase lugte die Elfe ins Innere. Hatte sie nicht soeben jemanden zwischen den alten Kisten und Kartons auf dem Dachboden rumoren gehört? Die Mitglieder der Familie Buchmacher, die im Spatzenwinkel lebten, gingen so gut wie nie auf den Dachboden. Deshalb hatte das leise Rumpeln und Knarren unter dem Dach die Elfe so neugierig gemacht, dass sie mit schnellen Flügelschlägen zum Dachfenster hinaufgeflattert war. Und tatsächlich, da war jemand! Auf allen vieren kroch ein Mädchen mit einem langen, dunkelbraunen Zopf zwischen den Kisten herum. Florentine! Das Herz der Elfe machte einen Sprung, denn Florentine war eine ganz besondere Freundin von ihr.
Florentine war zehn Jahre alt und eine der beiden Zwillingstöchter der Familie Buchmacher. Es war erst wenige Wochen her, da hatte Florentine herausgefunden, dass es Elfen wirklich gab, dass sie nicht nur in Büchern und Geschichten existierten. Trotzdem waren nur sehr wenige Menschen in der Lage, sie zu sehen. Denn um die Anwesenheit einer Elfe wahrnehmen zu können, musste man zu allererst einmal an Elfen glauben. Und das tat kaum ein Mensch. Florentine jedoch glaubte an Elfen. Durch ein Buch hatte sie herausgefunden, dass dies aber noch nicht genügte – man musste noch etwas anderes tun, um Elfen sehen und hören zu können: Man musste ein Elfenritual vollziehen. Das hatte Florentine getan, obwohl es gar nicht so leicht gewesen war. Doch sie hatte das Ritual geschafft und gleich darauf eine wahrhaftige Elfe kennengelernt.
Die kleine Elfe, die Florentine nun durch das gekippte Dachbodenfenster beobachtete, erinnerte sich sehr gerne an den Beginn ihrer Freundschaft mit dem Menschenmädchen zurück. Die Elfe hieß Hummelbi. Hummelbi war eine Waldelfe, zuständig für Hummeln. Aber sie mochte Florentine so gern, dass sie auch mehrere Male am Tag bei der Familie Buchmacher vorbeischaute, um nach dem Rechten zu sehen.
Es schien der Elfe nun, als suche Florentine auf dem Dachboden nach irgendetwas. Das Mädchen öffnete einen Karton nach dem anderen und blickte erwartungsvoll hinein – nur um ihn gleich darauf mit enttäuschtem Gesichtsausdruck wieder zu schließen.
Hummelbi runzelte die Stirn. Sollte sie gegen die Scheibe klopfen und Florentine auf sich aufmerksam machen? Vielleicht konnte sie ihr bei der Suche behilflich sein.
Da öffnete Florentine einen alten, schäbigen Koffer, in dem ein ganzer Haufen halb zerfledderter Bücher lag. Ihre Miene hellte sich schlagartig auf. Offenbar hatte sie gefunden, wonach sie gesucht hatte. Rasch nahm sie ein Buch nach dem anderen heraus und betrachtete jedes genau. Die Bücher schienen allesamt sehr alt zu sein. Als Florentine ein besonders abgegriffenes Exemplar hervorholte, hörte Hummelbi sie einen kleinen Freudenjauchzer ausstoßen. »Na also!«, rief das Mädchen erfreut.
Die Elfe drückte neugierig ihr Näschen gegen die Scheibe, um das Bild auf dem Buch, das Florentine in der Hand hielt, erkennen zu können. Es zeigte ein bildschönes, zartgliedriges Wesen mit fedrig wallendem Traumhaar und funkelndem Zauberstab – eine Fee.
Die Augen der Elfe verengten sich besorgt. Was wollte Florentine denn mit einem alten Feenbuch?
Florentine begann, konzentriert in dem Buch zu blättern. Plötzlich rief sie »Hier!«, und ihr Zeigefinger tippte auf eine Stelle im Buch. »Ein Feenritual!«
Hummelbi schnappte nach Luft. Danach hatte Florentine also gesucht! Sie wollte ein Feenritual machen! Sie wollte nicht nur Elfen, sondern auch Feen sehen können!
»O nein!«, stieß die kleine Hummelelfe erschüttert hervor. Florentine wusste ja gar nicht, worauf sie sich da einließ! Sobald sie das Feenritual erfolgreich durchgeführt hatte – und das würde sie bestimmt ohne Probleme schaffen, denn bei magischen Dingen war sie sehr begabt –, würde Florentine echte Feen kennenlernen! Und das war etwas, das die Elfe ihrer Menschenfreundin ganz und gar nicht wünschte …
Da hörte Hummelbi plötzlich eine glöckchenhaft zarte und gleichzeitig geradezu eisig klingende Stimme hinter sich. »Elfe! Was machst du da?«
Hummelbi drehte sich erschrocken um. Hinter ihr schwebte ein makellos schönes Wesen in der Luft. Eine Fee! Sie war umgeben von einer kleinen Glitzerwolke, die im Licht der Sonne wie tausend Diamanten strahlte und funkelte.
»Marasamsara!«, ächzte die Elfe entsetzt.
»Genau.« Die Fee warf eine perfekte Strähne ihres hüftlangen, schimmernden Silberhaars über die Schulter zurück und verschränkte die schlanken Arme. Dann musterte sie Hummelbi abfällig mit ihren goldenen Sternenfunkelaugen. »Ich habe dich gefragt, was du da machst!«, verlangte sie in herrischem Tonfall zu wissen.
»Ich … gucke nur …«, stammelte Hummelbi und sah sich hektisch nach einer Fluchtmöglichkeit um, obwohl sie wusste, dass es zwecklos war. Marasamsara war doppelt so schnell wie sie. Feen hatten große, wuchtig zarte Schmetterlingsflügel, mit denen sie blitzschnell in der Luft manövrieren konnten. Die Flügel waren von silbrig glänzendem Staub überzogen, der wie eine kleine Glitzerwolke um sie herumtanzte, sobald eine Fee sie ausbreitete und sich in die Luft erhob.
»Habt ihr Elfen schon getan, was wir von euch verlangt haben?«, wollte Marasamsara nun wissen.
Unter dem strengen Blick der Fee duckte Hummelbi sich. »Nein, bis jetzt noch nicht«, presste sie hervor.
Marasamsaras schönes Gesicht verdunkelte sich. Langsam kam sie näher, und Hummelbi lief ein kalter Schauer über den Rücken. Auf bezaubernde Weise duftete die Fee nach Veilchen und Rosen, doch Hummelbi hielt vor Angst die Luft an.
»Ihr Elfen scheint uns nicht ernst zu nehmen«, zischte Marasamsara, und ihre goldenen Augen wurden schmal. »Ich glaube, es ist Zeit, euch eine Lehre zu erteilen.«
»Wie meinst du das?«, hauchte Hummelbi kaum hörbar.
Anstatt zu antworten, zückte die Fee ihren Zauberstab und schnippte damit zweimal in die Luft. Kaum hatte sie das getan, spürte Hummelbi einen starken Sog am Rücken. Im nächsten Augenblick wurde sie wie von Zauberhand rückwärts durch das gekippte Fenster in den Dachboden hineingezogen. Hilflos purzelte Hummelbi durch die Luft, bis sie unsanft in dem alten, schäbigen Koffer landete, der unter dem Fenster stand.
Einen Moment lang blieb Hummelbi verdattert liegen, dann rappelte sie sich auf. Vor dem Fenster hörte sie Marasamsara lachen, hell wie ein Glöckchen. Der Wohlklang ihrer Stimme konnte jedoch nicht über ihre Schadenfreude hinwegtäuschen.
Marasamsaras Gesicht erschien auf der anderen Seite des Fensters. Grinsend betrachtete sie Hummelbi, die verwirrt in dem Koffer hockte, und schnippte noch einmal mit dem Zauberstab in die Luft.
Daraufhin schloss sich das Fenster mit einem Knall.
Hummelbi sah die Fee höhnisch lachen, bevor sie mit ihren glitzernden Schmetterlingsflügeln und dem wallenden Märchenhaar davonschwirrte. Danach war alles still.
Hummelbi stand mühsam auf, rieb sich den Kopf und blickte sich suchend um. Wo war Florentine? Hatte sie etwas von der Auseinandersetzung mitbekommen? Mit zittrigen Gliedern kletterte Hummelbi aus dem Koffer und rief: »Florentine? Hallo?«
Da erbleichte die kleine Elfe. Die Falltür zum Dachboden war verschlossen! Florentine musste schon wieder fort sein und die Tür hinter sich zugemacht haben. Hummelbi war eingeschlossen! Und die Buchmachers gingen so gut wie nie auf den Dachboden …
Die Elfe schüttelte entsetzt den Kopf und griff mit bebenden Fingerchen nach der Trillerpfeife, die an einem Band um ihren Hals hing. Jede Elfe hatte ein Elfenwerkzeug – einen magischen Gegenstand, der ihr half, ihre Elfenaufgaben zu erledigen –, und Hummelbi besaß eine Trillerpfeife. In diese blies sie nun so kräftig hinein, wie sie konnte. Keine Minute verging, da erschienen auf der anderen Seite des Fensters ein paar dicke, schwere Hummeln.
»Hilfe!«, gellte Hummelbi, flatterte zum Fenster und ruderte hektisch mit den Armen. Daraufhin prallten einige der Hummeln mit einem dumpfen Bumpf gegen die Scheibe.
»Nein! Tut euch nicht weh!«, rief die Elfe. Was hatte sie sich nur gedacht? Die Hummeln konnten ihr natürlich nicht helfen. Normalerweise holte Hummelbi die Hummeln mit ihrer Trillerpfeife herbei, um ihnen die schönsten Blüten zum Nektarsammeln zu zeigen. Die ungewöhnliche Situation schien die Hummeln nun völlig durcheinanderzubringen. Hummelbi hob die Ärmchen und rief ihnen so laut sie konnte zu: »Fliegt weg!«
Die Hummeln starrten Hummelbi verstört an und summten unschlüssig auf der Stelle, aber schließlich flogen sie eine nach der anderen davon.
Hummelbi raufte sich verzweifelt das braungrüne, erdverklumpte Borstenhaar. Dann fiel ihr plötzlich etwas ein, das sie erstarren ließ. »Florentine!«, stieß sie hervor. Florentine durfte auf keinen Fall das Feenritual durchführen! Jemand musste sie warnen!
»Ich muss hier raus! Hiiilfeee!«, schrie Hummelbi und begann verzweifelt, mit ihren winzigen Fäusten gegen die Fensterscheibe zu trommeln.
Florentine Buchmacher lag unter dem uralten Kastanienbaum auf der Lichtung in ihrem Wald. Der Wald gehörte ihr natürlich nicht persönlich, er grenzte nur an ihr Zuhause, den Spatzenwinkel. Aber sie verbrachte so viel Zeit dort, dass es sich für Florentine fast so anfühlte, als gehöre er ihr. Es war ein ausgesprochen schöner Wald, mit vielen verschlungenen Trampelpfaden, knorrigen Bäumen und zahllosen Lieblingsorten, zwischen denen sie stundenlang herumwandern und sich dabei wie eine Abenteurerin fühlen konnte. Doch die schönste Stelle im Wald war die Lichtung mit der uralten Kastanie.
Florentine lag auf dem Rücken im Gras und hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Es waren noch immer Sommerferien, und Florentine fand, dass dies die besten Ferien aller Zeiten waren. Schließlich hatte sie vor kurzem echte Elfen kennengelernt und würde womöglich bald auch Feen kennenlernen! Bei diesem Gedanken huschte ein aufgeregtes Lächeln über Florentines Gesicht. Verborgen in ihrer Tasche, gleich neben ihr, lag das alte Feenbuch, das sie an diesem Morgen auf dem Dachboden gefunden hatte …
Ein Stückchen entfernt neben Florentine saß ihre Zwillingsschwester Pauline auf einer großen Plastiktüte, die sie extra mitgebracht hatte, um sich ihre helle Capri-Jeans mit den pfirsichfarbenen Strass-Steinchen nicht schmutzig zu machen. Paulines ausgeprägtes Modebewusstsein ging Florentine manchmal ein bisschen auf die Nerven. Außerdem stand Pauline immer überall im Mittelpunkt und wurde von allen gemocht und bewundert, während Florentine still und eher zurückhaltend war. Auf Paulines Talent zum Geschichtenschreiben war Florentine ebenfalls ein bisschen neidisch. Denn um Paulines Geschichten war innerhalb der Familie Buchmacher immer viel Aufhebens gemacht worden, während von Florentines großem Talent zum Bildermalen lange niemand etwas geahnt hatte. Doch seit Florentine herausgefunden hatte, dass es Elfen gab, hatte sich einiges geändert, und ihre Eltern wussten nun von Florentines Zeichenkünsten. Außerdem war Pauline zu Florentines engster Vertrauten geworden, und die Zwillinge verstanden sich besser denn je – wenn sie auch hin und wieder immer noch eifersüchtig aufeinander waren.
Pauline und Florentine sahen sich sehr ähnlich, obwohl sie zweieiige Zwillinge waren. Sie hatten beide große, blitzblaue Augen und Lachgrübchen in den Wangen. Paulines Haar war allerdings blond, nicht dunkelbraun wie Florentines, und sie experimentierte gern mit ausgefallenen Frisuren herum. Florentine band ihr Haar meistens einfach zu einem Pferdeschwanz zusammen und machte sich auch ansonsten wenige Gedanken um ihr Äußeres. Pauline hingegen interessierte sich sehr für außergewöhnliches Styling. Heute hatte sie sich zum Beispiel anstatt eines Gürtels ein langes weißes Tuch um die Hüften geschlungen, was zugegebenermaßen ziemlich gut aussah.
Grinsend blickte Pauline nun zu Florentine herüber. »Du siehst langsam selbst schon wie eine Elfe aus!«, bemerkte sie. »Guck dir mal deine Haare an!«
Florentine richtete sich auf und betrachtete ihren langen Pferdeschwanz. In ihrem dunklen Haar hatten sich ein paar Wiesenblüten und ein bisschen Dreck verfangen. Florentine lachte. Ihr Haar sah nun tatsächlich elfenartig zottelig und erdig aus. »Aber mein Po ist viel zu schmal für eine Elfe!«, gluckste sie, und Pauline kicherte ebenfalls.
Dann wurde Pauline plötzlich nachdenklich. »Sag mal, bist du Hummelbi heute schon begegnet?«
Florentine überlegte. »Nein, ich hab sie den ganzen Tag noch nicht gesehen. Wieso?«
»Heute Morgen waren ein paar Hummeln bei uns im Garten, die sich total eigenartig verhalten haben.«
»Was haben sie denn gemacht?«
»Sie sind um mich rumgeschwirrt und dann schräg nach oben geflogen, so als ob …«
»Als ob … was?«
»Als wollten sie, dass ich mit nach oben komme.«
»Nach oben? In die Luft?«
Pauline lachte. »Keine Ahnung. Aber mit Mama haben sie das später auch gemacht!« Sie kratzte sich am Kopf. »Irgendwie waren die Hummeln komisch. Hummelbi sollte sich unbedingt mal darum kümmern. Siehst du sie hier irgendwo?«, fragte Pauline, denn sie selbst konnte die Anwesenheit von Elfen nicht wahrnehmen. Sie hatte das Elfenritual zwar ebenfalls versucht, aber bei ihr hatte es nicht funktioniert – wahrscheinlich, weil Elfen Naturgeister waren und Pauline keinen besonders guten Draht zur Natur hatte. Sie war eher ein Stadtmädchen.
Florentine hingegen war ein richtiges Naturkind. Aufmerksam schaute sie sich nun um. »Hummelbi sehe ich nirgendwo, aber da drüben ist Brommibu«, sagte sie und deutete auf den Rand der Lichtung. Dort war die Brombeerelfe gerade damit beschäftigt, mit ihrem magischen Pinsel die Beeren an ein paar Sträuchern anzupinseln. Wo das Elfenwerkzeug sie berührte, verfärbten sich die noch grünlichen Beeren binnen weniger Sekunden zu einem saftigen Schwarzblau. Die Flügel der Elfe waren ebenfalls schwarzblau, denn wenn Elfen sich um etwas kümmerten, nahmen ihre Flügel immer genau die Farbe ihres Schützlings an.
Brommibu war bis über die spitzen Elfenohren in ihre Arbeit vertieft und schien gar nicht zu bemerken, dass der Kater der Buchmachers, Krümel, in der Nähe war. Krümel wiederum hatte offensichtlich einen Spatz ins Visier genommen, der auf einem Zweig des Brombeerstrauchs saß und in den höchsten Tönen vor sich hin trällerte. Der weiße Kater, der nur um das linke Auge herum einen schwarzen Fleck hatte, nahm eine geduckte Jagdhaltung ein und schlich sich im Schutze des Strauchs an den Vogel heran. Weder der Spatz noch die emsig arbeitende Brombeerelfe bemerkten ihn.
Brommibu bepinselte gewissenhaft eine Beere nach der anderen und kam dem Kater, dessen Kopf zwischen den Blättern des Strauchs kaum noch zu sehen war, immer näher. Als sie die nächste Beere anpinselte, merkte Brommibu zu spät, dass es gar keine Beere war, sondern Krümels Nase! Der Kater zuckte überrascht zurück und schnupfte mehrere Male – während sich seine Nase von Weißrosa zu einem satten Brombeerschwarzblau verfärbte.
»Upps!«, hörte Florentine Brommibu entschuldigend rufen. »Tut mir leid, war nicht so gemeint!«