Harald Welzer

Selbst denken

Eine Anleitung zum Widerstand

FISCHER E-Books

Inhalt

Über Harald Welzer

Harald Welzer, geboren 1958, ist Direktor von Futurzwei – Stiftung Zukunftsfähigkeit und Professor für Transformationsdesign an der Universität Flensburg. Daneben lehrt er an der Universität Sankt Gallen. In den S. Fischer Verlagen sind von ihm erschienen: »›Opa war kein Nazi‹. Nationalsozialismus und Holocaust im Familiengedächtnis« (zus. mit S. Moller und K. Tschuggnall, 2002), »Täter. Wie aus ganz normalen Menschen Massenmörder werden« (2005), »Klimakriege. Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird.« (2008), »Soldaten. Protokolle vom Kämpfen, Töten und Sterben« (zus. mit Sönke Neitzel, 2011), »Futurzwei-Zukunftsalmanach 2015/16« (zus. mit Dana Giesecke und Luise Tremel, 2014), »Die smarte Diktatur. Ein Angriff auf unsere Freiheit« (2016), »Wir sind die Mehrheit. Für eine offene Gesellschaft« (2017) und zuletzt »Alles könnte anders sein. Eine Gesellschaftsutopie für freie Menschen« (2019). Seine Bücher sind in 21 Ländern erschienen.

 

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Impressum

Erschienen bei FISCHER E-Books

 

© 2013 S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main

 

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ISBN 978-3-10-402299-4

Endnoten

Micky Maus Nr. 27, 1271958, S. 26.

Fukuyama, Francis: Das Ende der Geschichte: wo stehen wir?, München 1992.

Meadows, Dennis/Meadows, Donella H./Randers, Jørgen: Limits to Growth. The 30-Year Update, London/New York 2004.

Elias, Norbert: Studien über die Deutschen. Machtkämpfe und Habitusentwicklung im 19. und 20. Jahrhundert, Frankfurt am Main 1989, S. 281.

So schreiben Peter Bofinger, Jürgen Habermas und Julian Nida-Rümelin am 482012 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung einen schwer verständlichen Artikel, in dem die Forderung nach einem Europäischen Bundesstaat artikuliert wird, der nötig sei, wenn man »überhaupt noch auf die Agenda der Weltpolitik und die Lösung globaler Probleme Einfluss nehmen« wolle (FAZ, 482012, S. 33). Der Wert solcher Einflussnahme scheint nicht weiter erklärungsbedürftig, und was sie mit den längst verschobenen geopolitischen Realitäten zu tun haben soll, wird nicht mitgeteilt. Es genügt offenbar die gefühlte Bedeutsamkeit, um einen Wunsch als Argument erscheinen zu lassen.

Diamond, Jared: Kollaps: Warum Gesellschaften überleben oder untergehen, Frankfurt am Main 2005.

Koschorke, Albrecht: Spiel mit Zukunft. In: Süddeutsche Zeitung, 30102008.

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 1982012, S. 27.

Kuckartz, Udo: Nicht hier, nicht jetzt, nicht ich – Über die symbolische Bearbeitung eines ernsten Problems, in: Welzer, Harald/Soeffner, Hans-Georg/Giesecke, Dana (Hg.): KlimaKulturen. Soziale Wirklichkeiten im Klimawandel, Frankfurt am Main/New York 2010, S. 143160.

Reemtsma, Jan Philipp: Vertrauen und Gewalt: Versuch über eine besondere Konstellation der Moderne, Hamburg 2008.

Schor, Juliet: Plenitude: The new economics of true wealth, London 2010.

McNeill, John R.: Blue Planet. Die Geschichte der Umwelt im 20. Jahrhundert, Bonn 2005, S. 9, S. 29.

Schor, Plenitude (wie Anm. 11).

Süddeutsche Zeitung vom 2582012, S V2/1.

ZDF heute Nachrichten, 2982012.

Nicolai, Birger: Starbucks und Krüger attackieren Nespresso. In: Welt am Sonntag, 2752012, S. 31.

Sáenz-Arojo, Andrea, u.a.: Rapidly shifting environmental baselines among fishers of the Gulf of California. In: Proceedings of the Royal Society, 272/2005, S. 19571962.

Turvey, S. T., u.a.: Rapidly Shifting Baselines in Yangtze Fishing Communities and Local Memory of Extinct Species. In: Conservation Biology, 24(3), 2010, S. 778787.

Massing, Michel: Bahrain GP – Schumacher kritisiert Reifen, Ecclestone wird makaber. In: STERNonline, 2342012, siehe: http://www.stern.de/sport/formel1/bahrain-gp-schumacher-kritisiert-reifen-ecclestone-wird-makaber-1817409.html

Perthes, Volker: Der Aufstand. Die arabische Revolution und ihre Folgen, München 2011, S. 32.

Massing, Bahrain GP (wie Anm. 19).

http://www.redbull.de/cs/Satellite/de_DE/Unternehmenszahlen/001243044071188?pcs_c=PCS_Article&pcs_cid=1243041553189

Der Chefdenker von Occupy, der Kulturanthropologe David Graeber, hatte in einem Interview vom 1852012 mit SPIEGEL-online über die Reaktionen auf Occupy Wall Street das Folgende zu sagen: »Manche haben uns angepöbelt, manche waren nett. In der US-Notenbank Fed hatten wir sogar Fans. Einer sagte mir: ›Wir haben zwei Monate versucht, herauszufinden, was ihr Typen eigentlich genau wollt. Als wir merkten, dass ihr nichts Bestimmtes verlangt, fanden wir das brillant.‹ http://www.spiegel.de/wirtschaft/interview-mit-david-graeber-von-occupy-a-833789.html.

Das Pamphlet »Empört Euch!« des ehemaligen Résistance-Kämpfers Stéphane Hessel ist wohlfeil, weil es nicht konkret benennt, worüber man sich genau empören solle und was man dabei in die Waagschale zu werfen hätte. Unter Marketinggesichtspunkten war das Büchlein, das für drei Euro an den Kassen der Buchhandlungen wie Postkarten oder Kalendersprüche feilgeboten wurde, ein genialer Coup: Von dem Ding wurden weltweit 4 Millionen Exemplare verkauft; entsprechend gab es kurzzeitig eine Kaskade von Nachahmungen durch alle möglichen Verlage.

Vitali, Stefania/Glattfelder, James B./Battiston, Stefano: The Network of Global Corporate Control, PLOS ONE, 6(10) e25995 (2011) doi:10.1371/journal.pone.0025995.

Marx, Karl: Deutsche Ideologie. In: Marx-Engels-Werke, Bd. 3, Berlin (Ost) 1969, S. 33.

McNeill, Blue Planet (wie Anm. 12), S. 354.

Worldwatch Institute, Washington, D. C. (Hg.): State of the World 2010, Transforming Cultures, New York, London. Dt. Ausgabe: Zur Lage der Welt 2010, hg. v. der Heinrich-Böll-Stiftung, München 2010, S. 49.

brand eins und Statista: Die Welt in Zahlen 2012, Hamburg 2012, S. 25 bzw. 77.

Hoffman, Bruce: Terrorismus. Der unerklärte Krieg, Neue Gefahren politischer Gewalt, Frankfurt am Main 1999, S. 215.

Die DDR hatte seit 1971 ein Umweltministerium, aber es ist bis heute ziemlich unklar geblieben, was dort eigentlich gemacht wurde. (Radkau, Joachim: Die Ära der Ökologie – Eine Weltgeschichte, München 2011, S. 130.)

McNeill, Blue Planet (wie Anm. 12), S. 355.

Markowitsch, Hans-J./Welzer, Harald: Das autobiographische Gedächtnis, Stuttgart 2005.

Frankfurter Allgemeine Zeitung: Deutsche arbeiten häufiger nachts und am Wochenende, http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/arbeitszeiten-deutsche-arbeiten-haeufiger-nachts-und-am-wochenende-11861812.html vom 2082012.

Osterhammel, Jürgen: Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts, München 2009, S. 936.

Ebd., S. 937.

Laplanche, Jean/Pontalis, Jean B.: Das Vokabular der Psychoanalyse, Frankfurt am Main 1973.

Hagner, Michael: Der Hauslehrer: Die Geschichte eines Kriminalfalls. Erziehung, Sexualität und Medien um 1900, Frankfurt am Main 2010.

Osterhammel, Die Verwandlung der Welt, (wie Anm. 35), S. 1131.

Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU): Welt im Wandel: Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation. Hauptgutachten 2011, Berlin 2011.

Diese Überlegung stammt von Uwe Schneidewind.

Zit. nach Wolfgang Schivelbusch: Geschichte der Eisenbahnreise. Zur Industrialisierung von Raum und Zeit im 19. Jahrhundert, Frankfurt am Main 2004, S. 9.

Anders, Günther: Die Antiquiertheit des Menschen. Über die Seele im Zeitalter der zweiten industriellen Revolution, München 2002, S. 273.

Die Argumentation von Nico Stehr ist erheblich komplizierter: Er geht davon aus, dass die Moralisierung von Produkten und ihren Verkehrsformen dem Markt inhärent ist, nur seit einiger Zeit offensichtlicher wird. Die Märkte, so seine Gesellschaftstheorie, hängen den Produkten aber nicht nur ein »korrektes« Mäntelchen um, sondern werden ihrerseits zu Arenen politischer und moralischer Aushandlung. Vgl. Stehr, Nico: Die Moralisierung der Märkte. Eine Gesellschaftstheorie, Frankfurt am Main 2007.

Radkau, Die Ära (wie Anm. 31), S. 358.

Ebd.

Glickman, Lawrence B.: Buying Power: A History of Consumer Activism in America, Chicago 2009.

Heidbrink, Ludger/Schmidt, Imke: Das Prinzip der Konsumentenverantwortung – Grundlagen, Bedingungen und Umsetzungen verantwortlichen Konsums. In: Heidbrink, Ludger/Schmidt, Imke/Ahaus, Björn (Hg.): Die Verantwortung der Konsumenten. Über das Verhältnis von Markt, Moral und Konsum, Frankfurt am Main/New York 2011, S. 2556.

Ebd., S. 32ff.

Adolf, Marian/Stehr, Nico: Die Moralisierung der Märkte und ihre Kritik. In: Heidbrink, Ludger/Schmidt, Imke/Ahaus, Björn (Hg.): Die Verantwortung der Konsumenten. Über das Verhältnis von Markt, Moral und Konsum, Frankfurt am Main/New York 2011, S. 250.

The Economist. Change we can profit from, http://www.economist.com/node/13031214?story_id=13031214.

Wie mit beträchtlichem Erfolg von der Internetplattform utopia.de praktiziert.

Kathrin Hartmann hat in einem wohltuend polemischen Buch mit den praktischen Illusionen des strategischen Konsums aufgeräumt (Kathrin Hartmann: Das Ende der Märchenstunde. Wie die Industrie die Lohas und die Lifestyle-Ökos vereinnahmt, München 2009).

Rosa, Hartmut: Über die Verwechslung von Kauf und Konsum: Paradoxien der spätmodernen Konsumkultur. In: Heidbrink, Ludger/Schmidt, Imke/Ahaus, Björn (Hg.): Die Verantwortung der Konsumenten. Über das Verhältnis von Markt, Moral und Konsum, Frankfurt am Main/New York 2011, S. 115132, hier S. 119.

Ebd., S. 127.

Ebd., S. 129f.

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 562012, S. T2, Testbericht über ein neues Smartphone.

Ebd.

Anders, Die Antiquiertheit (wie Anm. 43), S. 21ff.

Harald Welzer: Wissenschaftsläden. Ein Kapitel aus der Geschichte reflexiver Verwissenschaftlichung. In: Gamm, Gerhard/Kimmerle, Gerd (Hg.): Wissenschaft und Gesellschaft, Tübingen 1991, S. 181201.

Liberti, Stefano: Landraub. Reisen ins Reich des neuen Kolonialismus, Berlin 2012.

Rockström, Johan, u.a.: Planetary Boundaries: Exploring the Safe Operating Space for Humanity. In: Ecology and Society 2009, 14 (2), 32.

Huismann, Wilfried: Schwarzbuch WWF. Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda, Gütersloh 2012.

Liberti, Landraub (wie Anm. 61), S. 138ff.

McNeill, Blue Planet (wie Anm. 12), S. 80ff.

Radkau, Die Ära (wie Anm. 31), S. 177.

Jungk, Robert: Der Atomstaat. Vom Fortschritt in die Unmenschlichkeit, München 1991.

Selbst die nationalsozialistische Gesellschaft hatte soziale Räume und Teilöffentlichkeiten, in denen man unter seinesgleichen über das Für und Wider von Maßnahmen und Aktionen sprechen konnte. Man verkennt den sozialen Funktionsmodus moderner Diktaturen, wenn man glaubt, sie integrierten ihre Bevölkerungen über Homogenisierung. Das Gegenteil ist der Fall: Der Nationalsozialismus zum Beispiel integriert über das Aufrechterhalten von Differenz, so dass auch noch diejenigen, die gegen das Regime, kritisch gegenüber der Judenpolitik, im Herzen sozialdemokratisch oder was auch immer sind, ihren sozialen Ort finden, an dem sie sich austauschen können und Gleichdenkende finden. Dieser Integrationsmodus findet sich bis hinein in die Einsatzgruppen und Reservepolizeibataillone, die keineswegs aus gleichgeschalteten, dumpfen Vollstreckern, sondern aus denkenden Menschen bestehen, die sich untereinander darüber verständigen, was sie tun und ob sie zu den Guten oder den Schlechten gehören.

Radkau, Die Ära, (Anm. 31), S. 14.

McNeill, Blue Planet (wie Anm. 12), S. 328.

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 462012, S. 1.

Paech, Niko: Befreiung vom Überfluss: Auf dem Weg in die Postwachstumsökonomie, München 2011.

Ebd., S. 91.

Das einzige Unternehmen, das eine solche Bilanz vorgelegt hat, ist Puma. Hier zeigt sich, dass sich der Unternehmensgewinn von rund 300 Millionen Euro unter Einrechnung der externalisierten Kosten um 145 Millionen Euro vermindern würde. Eine interne »echte« Bilanzierung bei der Otto-Group kommt zu einem vergleichbaren Ergebnis.

Ebd., S. 97.

Süddeutsche Zeitung: Das Meer im Jahr 2300, 2662012, S. 18.

Horkheimer, Max/Adorno, Theodor W.: Dialektik der Aufklärung, Frankfurt am Main 1988.

Radkau, Die Ära (wie Anm. 31), S. 583.

Welzer, Harald: Klimakriege. Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird, Frankfurt am Main 2008.

»Sekundäre Anpassung« nennt Erving Goffman, wenn institutionellen Vorgaben scheinbar korrekt gefolgt wird, man das aber nur tut, um dabei eigene Interessen zu realisieren: Beispiele wären Ratingagenturen, professionelle Abmahner, Dopingärzte, Spione, Denunzianten.

Unmüssig, Barbara/Sachs, Wolfgang/Fatheuer, Thomas: Kritik der grünen Ökonomie: Impulse für eine sozial und ökologisch gerechte Zukunft, Berlin 2012, S. 25.

Francois Truffaut: Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?, München 2003, S. 116ff.

McKibben, Bill: Global Warming’s Terrifying New Math. http://www.rollingstone/politics/news/global-warmings-terrifying-new-math-201

Ebd.

Menasse, Robert: Die Zerstörung der Welt als Wille und Vorstellung, Frankfurt am Main 2006, S. 26ff.

Die wissenschaftlichen Wurzeln von Sowjetkommunismus und Nationalsozialismus werden oft übersehen. Aber gerade die Behauptung, klassen- bzw. rassentheoretisch gefundenen Gesetzmäßigkeiten zu ihrem Recht zu verhelfen, hat zu jener tödlichen Folgerichtigkeit geführt, die totalitäre Gesellschaften auszeichnet. Wenn, so hat Hannah Arendt formuliert, die Gesetze des gesellschaftlichen Fortschritts festlegen, dass nur Moskau eine U-Bahn habe, weil der Kommunismus das überlegene System sei, dann bleibt diese Überlegung nur so lange unwahr, als es noch nicht gelungen ist, alle anderen Untergrundbahnen zu zerstören. Wenn die Gesetze der Biologie festlegen, dass es »Herrenmenschen« und »Untermenschen« gibt, dann bleibt diese Behauptung nur so lange unwahr, als die eine Gruppe alle anderen noch nicht versklavt oder getötet hat. Totalitäre Systeme setzen ihre leitenden Theorien immer sofort in Praxis um, deshalb hinterlassen sie so viele Tote.

Schütz, Alfred: Teiresias, oder unser Wissen von zukünftigen Ereignissen. In: ders., Gesammelte Aufsätze, Bd. 2., Den Haag 1972, S. 259278.

Thompson, Edward P.: Die Entstehung der englischen Arbeiterklasse, Frankfurt am Main 1997.

Altvater, Elmar: Das Ende des Kapitalismus, wie wir ihn kannten, Münster 2011, S. 177.

Weick, Karl/Sutcliffe, Kathleen: Das Unerwartete managen: Wie Unternehmen aus Extremsituationen lernen, Stuttgart 2003.

Ebd., S. 29.

Ebd., S. 86.

Ebd., S. 57.

Die Idee für die folgende Geschichte stammt von der Wiesbadener Agentur Scholz & Volkmer (www.s-v.de). Ich danke Christian Daul, Peter Post und Michael Volkmer.

Giveboxen gibt es in unterschiedlicher Machart und Funktion: für Bücher, die man einstellt und entnimmt (»book crossing«), aber auch für alle möglichen Gebrauchsgegenstände, die abgegeben und kostenlos entnommen werden können.

http://www.backhausen.com/returnity.php

Paech, Befreiung vom Überfluss (wie Anm. 72), S. 133ff.

Ebd., S. 119.

Rammler, Stephan: Die Geschichte der Zukunft unserer Mobilität. In: Harald Welzer/Klaus Wiegandt (Hg.): Perspektiven einer nachhaltigen Entwicklung. Wie sieht die Welt 2050 aus?, Frankfurt am Main 2011, S. 1439.

Kegler, Ulrike: In Zukunft lernen wir anders. Wenn Schule schön wird, Weinheim 2009.

Grubenhofer, Elisabeth: Eine Kita im Seniorenheim, Kiliansroda 2009.

www.stiftung-intact.ch

Eine längere und auf einen Prognosezeitraum von 100 Jahren datierte Variante dieser Zukunftsvision ist bereits veröffentlicht in Heinemann, Paul & Grandits, Ernst, A. (Hg.): 2112. Hildesheim u.a. 2012.

Der »Holocaust« war die planmäßige Ermordung von ca. 6 Millionen Juden durch das nationalsozialistische Regime, das in Deutschland eine wissenschaftlich begründete biologistische Politik zur Staatsräson erhoben hatte. Neben den europäischen Juden fielen dieser Biopolitik Behinderte, Sinti und Roma, Homosexuelle und andere sogenannte Gemeinschaftsfremde zum Opfer.

Pinker, Steven: Gewalt. Eine neue Geschichte der Menschheit, Frankfurt am Main 2011, S. 90ff.

Jared Diamond hat den Niedergang der Osterinsel-Kultur auf die nicht nachhaltige Holznutzung und die damit zusammenhängende Bodenerosion zurückgeführt, die sukzessive dazu führte, dass die Ernährung der Bewohner irgendwann nicht mehr sichergestellt werden konnte. Die Sozialstruktur entdifferenzierte sich, die verbliebenen Clans begannen, sich in einem absoluten Krieg zu bekämpfen. Das insulare Experiment, das keinen Einflüssen von außen unterlag, fand sein Ende darin, dass sich die Menschen als letzte Ressourcen selbst verbrauchten. Der Großteil der wenigen, die nach dem Krieg übrig waren, wurde im 18. Jahrhundert durch peruanische Händler in die Sklaverei verkauft (Diamond, Kollaps (wie Anm. 6), S. 62ff.).

Rockström, Planetary Boundaries (wie Anm. 62).

Clausen, Lars: Wohin mit den Klimakatastrophen? In: Harald Welzer et al. (Hg.): Klimakulturen. Soziale Wirklichkeiten im Klimawandel, Frankfurt am Main 2010, S. 97110.

Welzer, Klimakriege (wie Anm. 79).

Bude, Heinz: Die Überflüssigen. In: Bude, Heinz/Willisch, Andreas (Hg.): Exklusion – Die Debatte über die »Überflüssigen«, Frankfurt am Main 2007.

Radermacher, Franz Josef/Beyers, Bert: Welt mit Zukunft: Überleben im 21. Jahrhundert, Hamburg 2007.

Musil, Robert: Der Mann ohne Eigenschaften, Bd. 1, Reinbek 1981.

Ebd., S. 17.

Ebd., S. 250.

Ebd., S. 246.

Ullrich, Wolfgang: Haben wollen. Wie funktioniert die Konsumkultur?, Frankfurt am Main 2006, S. 53f.

Edward P. Thompson, der diesen Begriff in seinen historischen Untersuchungen zur Geschichte der britischen Arbeiterklasse geprägt hat, bezieht sich damit auf subkulturspezifische Moralitäten, die zu Vorstellungen über Recht und Unrecht führen. Sie bilden Anlass für Protest und Rebellion, obwohl sie nicht direkt auf unmittelbare Not oder Repression zurückzuführen sind. (Thompson, Eward P.: Die Entstehung der englischen Arbeiterklasse, Frankfurt am Main 1997.)

Tajfel, Henri: Social identity and intergroup relations, Cambridge 1982.

Milinski, Manfred: Egoismus schafft Gemeinsinn. Das Problem des Altruismus. In: Ernst Peter Fischer/Klaus Wiegandt (Hg.): Evolution und Kultur des Menschen, Frankfurt am Main 2010, S. 270291.

Welzer, Harald: Täter. Wie aus ganz normalen Menschen Massenmörder werden, Frankfurt am Main 2005, S. 14ff.

Precht, Richard David: Die Kunst, kein Egoist zu sein, München 2012, S. 315.

Königseder, Angelika: Solidarität und Hilfe – Rettung von Juden vor nationalsozialistischer Verfolgung. In: Haus der Geschichte Baden-Württemberg (Hg.): Helfer im Verborgenen. Retter jüdischer Menschen in Südwestdeutschland (S. 2134), Heidelberg 2012, S. 25.

Christ, Michaela: Die Dynamik des Tötens: Die Ermordung der Juden von Berditschew. Ukraine 19411944, Frankfurt am Main 2011.

Wenger, Etienne (2006): Communities of Practice. A Brief Introduction, online: http://www.ewenger.com/theory/index.htm (Stand: 31082012), eigene Übersetzung.

Wenger, Etienne (1998): Communities of Practice. Learning, Meaning, and Identity, Reprint, Cambridge, S. 77, eigene Übersetzung.

Ebd., S. 72. eigene Übersetzung.

Bankoff, Greg: Cultures of Coping: Adaptation to Hazard and Living with Disaster in the Philippines. In: Philippine Sociological Review, 51, 1/4, 2003 [veröffentlicht 2006], S. 116.

Sanchez, Adriana: Der Code ist das Saatgut der Software. In: Helfrich, Silke/Heinrich Böll Stiftung (Hg.): Commons. Für eine neue Politik jenseits von Markt und Staat, Bielefeld 2012, S. 344347, hier S. 346.

Siefkes, Christian: Peer-Produktion – der unerwartete Aufstieg einer commonsbasierten Produktionsweise. In: Helfrich, Silke/Heinrich Böll Stiftung (Hg.): Commons. Für eine neue Politik jenseits von Markt und Staat, Bielefeld 2012, S. 348353, hier S. 350f.

Boese, Daniel: Wir sind jung und brauchen die Welt, München 2012; Hunter, Emily: Ökokrieger. Eine neue Generation kämpft für unseren Planeten, Frankfurt am Main 2012.

16. Shell Jugendstudie: Jugend 2010, Frankfurt am Main 2011, S. 156.

Ebd., S. 202.

Welzer, Harald/Wessels, Sebastian: Wie gut, dass auch die Nonkonformisten konform sind. In: Merkur 9/10, 2011, S. 970979.

Shell, Jugend 2010 (wie Anm. 130), S. 214.

Ebd., S. 215 und 217.

Ebd., S. 225.

Jonas, Hans: Das Prinzip Verantwortung. Versuch einer Ethik für die technologische Zivilisation, Frankfurt am Main 1984, S. 185.

Begemann, Verena: Hospiz – Lehr- und Lernort des Lebens, Stuttgart 2006, S. 15.

Nassehi, Armin/Weber, Georg: Tod, Modernität und Gesellschaft. Entwurf einer Theorie der Todesverdrängung, Opladen 1989, S. 198.

Begemann, Hospiz, (wie Anm. 137), S. 19.

Filipp, Sigrun Heide (Hg.): Kritische Lebensereignisse, München 1981.

www.lisad.com/bisesmirvomleibefaellt/

www.schmidttakahashi.de

www.recyclingdesignpreis.org

Maak, Niklas: Stehen lassen! In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 2682012, S. 23.

Ahlert, Moritz, et al. (Hg.): Berliner Atlas paradoxaler Mobilität, Berlin 2011.

Müller, Christa: Urban Gardening. Über die Rückkehr der Gärten in die Stadt, München 2011.

www.regionalwert-ag.de

www.zeitraum-architektur.info

Ostrom, Elinor/Helfrich, Silke (Hg.): Was mehr wird, wenn wir teilen. Vom gesellschaftlichen Wert der Gemeingüter, München 2011.

Helfrich, Silke/Heinrich Böll Stiftung (Hg.): Commons. Für eine Politik jenseits von Markt und Staat, Bielefeld 2012.

Frankfurter Allgemeine Zeitung: Deutsche arbeiten häufiger nachts und am Wochenende, http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/arbeitszeiten-deutsche-arbeiten-haeufiger-nachts-und-am-wochenende-11861812.html vom 20082012.

Marzahn, Christian: Das Zucht- und Arbeitshaus. Die Kerninstitution frühbürgerlicher Sozialpolitik, in: Marzahn, Christian/Ritz, Hans-Günther (Hg.): Zähmen und Bewahren. Die Anfänge bürgerlicher Sozialpolitik, Bielefeld 1984, S. 768.

Crouch, Colin: Postdemokratie, Frankfurt am Main 2008.

Diese Studie wurde unter dem Titel »Prosoziales Verhalten unter restriktiven Bedingungen« großzügig von der Volkswagenstiftung gefördert.

Beer, Susanne: Helene Jacobs und die »anderen Deutschen«. Zur Rekonstruktion von Hilfeverhalten für Juden im Nationalsozialismus. In: Schmidt-Lauber, Brigitta; Schwibbe, Gudrun (Hg.): Alterität. Erzählen vom Anderssein, Göttingen (Göttinger kulturwissenschaftliche Studien, 4) 2010, S. 85110.

Düring, Marten: Verdeckte soziale Netzwerke im Nationalsozialismus, unver. Dissertation, Mainz 2012.

Man muss hier hinzufügen, dass der jüdische Anteil an der deutschen Bevölkerung zum Zeitpunkt, als die Deportationen begannen und ein geringer Teil der Verfolgten untertauchte und dabei der Hilfe bedurfte, schon sehr gering war. In Berlin lebten 1941 noch 73000 Juden, von denen schätzungsweise 7000 als sogenannte U-Boote versuchten, im Untergrund zu überleben. Die soziale Nähe zu Verfolgten ist bei einer Gesamtbevölkerung von fast vier Millionen Menschen in Berlin eher gering; die soziale Sichtbarkeit aus naheliegenden Gründen verschwindend. Deshalb ist es schon für die wenigsten per se wahrnehmbar, dass ihre Hilfe erforderlich ist, ganz unabhängig von der politischen Einstellung, der Denunziations- oder der Hilfebereitschaft, die jeweils der Wahrnehmung natürlich nachgeordnet sind.

Giesecke, Dana/Welzer, Harald: Das Menschenmögliche. Zur Renovierung der deutschen Erinnerungskultur, Hamburg 2012, S. 38ff.

Welzer, Täter (wie Anm. 119).

Neitzel, Sönke/Welzer, Harald: Soldaten. Protokolle vom Kämpfen, Töten und Sterben, Frankfurt am Main 2011.

Anders, Die Antiquiertheit, (wie Anm. 43), S. 273.

Heute bezeichnet man den später identifizierten Virus tatsächlich als Seehundstaupevirus und nimmt an, dass er vor allem dann krankheitserregend wird, wenn die Tiere aufgrund von Vorschädigungen durch Umweltgifte Schwächen im Immunsystem aufweisen.

Davis, Mike: Die große Mauer des Kapitals. In: Die ZEIT, 12. Oktober 2006 (Nr. 42/2006), http://www.zeit.de/2006/42/Mauern

U. S. Customs and Border Protection: National Border Patrol Strategy, Washington 2004.

Welzer, Klimakriege (wie Anm. 79), S. 181ff.

Süß, Christoph: Morgen letzter Tag! Ich und Du und der Weltuntergang, München 2012, S. 135.

Hartmann, Kathrin: Wir müssen leider draußen bleiben – Die neue Armut in der Konsumgesellschaft, München 2012, S. 331.

Ebd., S. 335.

Ebd., S. 332.

Ebd., S. 335.

Marcuse, Herbert/Moore, Barrington/Wolff, Robert Paul: Kritik der reinen Toleranz, Frankfurt am Main 1995, S. 138.

Markowitsch/Welzer, Das autobiographische Gedächtnis (wie Anm. 33).

Luria, Alexander: Der Mann, dessen Welt in Scherben ging. Zwei neurologische Geschichten, Reinbek 1992.

Marker, Chris: Sans Soleil, Filmessay, Frankreich 1983.

Engelsing, Rolf: Analphabetentum und Lektüre: zur Sozialgeschichte des Lesens in Deutschland zwischen feudaler und industrieller Gesellschaft. Stuttgart 1973.

Musil, Der Mann (wie Anm. 112), S. 257.

Ebd., S. 131.

Elias, Studien über die Deutschen (wie Anm. 4), S. 27ff.

Bloch, Ernst: Erbschaft dieser Zeit, Frankfurt am Main 1976, S. 117.

Rolf Disch ist der Erfinder des Plus-Energiehauses (www.rolfdisch.de).

Allein im Jahr 2012 hat beispielsweise Porsche 7,6 Millionen Euro für die Erforschung von »Schlüsseltechnologien der nächsten Generation von Elektrofahrzeugen« vom Forschungsministerium bekommen (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2082012, S. 13).

www.adz-netzwerk.de

Marquard, Odo: Skepsis in der Moderne, Stuttgart 2007, S. 63f.

Andreas Friedrich, Ruth: Der Schattenmann. Tagebuchaufzeichnungen 1938 – 1945, Frankfurt am Main 1986. Der große Psychologe Hans Keilson hat unter dem Titel »Komödie in Moll« exakt darüber einen kleinen Roman geschrieben.

Düring, Verdeckte soziale Netzwerke (wie Anm. 156), S. 256.

Schönhaus, Cioma: Der Passfälscher. Die unglaubliche Geschichte eines jungen Grafikers, der im Untergrund gegen die Nazis kämpfte, Frankfurt am Main 2004.

Felber, Christian: Gemeinwohlökonomie. Das Wirtschaftsmodell der Zukunft, Wien 2012.

Weiguny, Sabine: Bionade. Eine Limo verändert die Welt, Frankfurt am Main 2009.

www.murks-nein-danke.de

Brecht, Bertolt: Arbeitsjournal, 12. Mai 1942.

Es ist nicht ganz klar, wie viele Personen tatsächlich von der Panik erfasst wurden. Die New York Times titelte am 31101938 »Radio Listeners in Panic, Taking War Drama as Fact« und berichtete über verschiedene punktuelle Ereignisse, etwa die Flucht der Bewohner eines ganzen Blocks, nicht aber über eine Massenpanik. Gleichwohl wurde hier für eine beträchtliche Anzahl von Menschen die gelegentlich dünne Grenze zwischen Fiktion und Wirklichkeit durchbrochen.

GATT ist das Akronym für »General Agreement on Tarifs and Trade«, also das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen, das 1947 verabschiedet wurde. Die 1994 gegründete WTO ist die institutionalisierte Form des GATT-Abkommens.

http://www.futurzwei.org/green-music-initiative

http://www.futurzwei.org/beeta

Viele Beispiele finden sich auf der Seite des von Reinhard Kahl initiierten »Archivs der Zukunft« www.archiv-der-zukunft.de.

Den Hinweis auf diesen Cartoon verdanke ich Johannes Meier von der European Climate Foundation.

Für Hanna und Dieter Paulmann

Bei uns zu Hause hatten wir alte Mickymaus-Hefte aus den 1950er Jahren, die ich als Kind wieder und wieder gelesen habe. Nicht nur der großartigen Geschichten aus Entenhausen wegen; im Mittelteil, zwischen den Comics, gab es noch die »MMK-Nachrichten«. Da fand sich zum Beispiel die Serie »Unser Freund – das Atom«. Sie erzählte von der Atomphysik und den Segnungen der friedlichen Nutzung der Kernenergie. »Unser Freund – das Atom« war eine von Heft zu Heft weitererzählte Fortsetzungsgeschichte von Verheißungen; wie man mit Atomenergie zum Beispiel Äcker heizen und ungeheure Ertragssteigerungen erzielen könne, wie man mit atomgetriebenen Raketen das Weltall erschließen und überhaupt alle Fragen der Energieversorgung ein für alle Mal hinter sich lassen könne.

»Unser Freund – das Atom«, das es übrigens – von Disney übernommen und leicht modifiziert – auch als Serie im deutschen Fernsehen gab, war weniger die Beschreibung einer neuartigen Technologie als eine Geschichte über die Machbarkeit von Zukunft, einer guten Zukunft. »Es liegt in unserer eigenen Hand«, heißt es in der 27. Folge, »die Schätze des Atoms mit Weisheit zu nutzen. Dann wird die zauberhafte Energie des Atoms bald für die ganze Welt zu wirken beginnen. Sie wird die Gaben der Technik bis in die entferntesten Winkel der Erde tragen. Jeder wird seinen Teil an Energie, Nahrung und Gesundheit erhalten.«[1]

Was hier entworfen wurde, war nichts weniger als ein Versprechen auf die Gestaltbarkeit einer Welt, die besser sein würde als die, die man gerade hatte. Und Zukunft war für mich ein Versprechen, das sich unablässig einlöste. In den

Dass man zum Fliegen und Fahren Treibstoff brauchte, war klar. Wir spielten »Öl für uns alle« und bekamen an den Tankstellen Sammelbilder von Oldtimern (bei Shell) oder Münzen mit aufgeprägten Autos und später Raumfahrzeugen (bei Aral), jedes Mal, wenn mein Vater tanken fuhr.

Schönes Spiel: »Öl für uns alle«. (Das Brettspiel war zunächst ein Werbegeschenk von BP, wurde aber ab 1960 wegen seines großen Erfolgs von »Ravensburger« vertrieben.)

Ihre mentale Durchschlagskraft bezogen diese Berichte, die irgendwo im Zwischenraum zwischen einer gerade vergehenden Gegenwart und einer just begonnenen Zukunft spielten, nicht nur durch die tollen Bilder, mit denen »hobby« illustriert war, sondern wieder vor allem dadurch, dass die Versprechen, die hier gegeben wurden, auch tatsächlich eingelöst wurden.

Schließlich waren wir die ersten Menschen, die Zeugen einer Mondlandung sein durften. Wir erzählten uns morgens in der Schule aufgeregt und fiebrig von den zittrigen Bildern im Fernsehen, die wir nachts zuvor gesehen hatten. Die Zukunft, dafür stand der erste Mensch ja leibhaftig auf dem Mond, fand tatsächlich statt, und wenn die Apollo-Mission möglich war, dann war wirklich alles möglich.

20. Juli 1969. »Buzz« Aldrin auf dem Mond. Ich war zehn und dabei.

Noch heute kann ich mich gut erinnern, dass Zukunft, technische Zukunft, die Eroberung höchster Höhen und tiefster Tiefen, etwas ungeheuer Aufregendes hatte, und das Tollste bei alldem war, dass man sogar als Schüler irgendwie Teil davon sein konnte. Apollo, das war nichts Vorgesetztes, Gelerntes, Anonymes und Fernes, sondern eine Geschichte vom Aufbruch, vom Entdecken neuer Welten. Von Macht. Von der Unbegrenztheit des Möglichen. Von uns.

Bei Jungen meiner Generation ist damals eine mentale Prägung entstanden, die die Phantasie technisch aufrüstete und die Entdeckungen von Christoph Columbus und die Eroberung des Wilden Westens in Gestalt von Apollo 11 und den Astronauten Armstrong, Aldrin und Collins in der Gegenwart so

Eine solche Prägung erzeugt Zukunftsgewissheit: Wir betrachteten die Welt als Labor künftiger Möglichkeiten. So eine Prägung macht die Gegenwart durchlässig und immer nur momentan zur einen Version von vielen möglichen Wirklichkeiten und zu einem Noch-Nicht, das schon auf das jeweils nächste Stadium vorausweist. Diese Form der Zukunftsgewissheit hat

Die Zukunft als Vergangenheit

Ich erzähle das deswegen, weil Gesellschaften unseres Typs einstweilen ihre Zukunft verloren zu haben scheinen. Als Francis Fukuyama nach dem Zusammenbruch des Ostblocks »Das Ende der Geschichte«[2] ausrief, war das zwar voreilig, traf aber unabsichtlich doch einen richtigen Punkt: Mit dem Ende der Systemkonkurrenz begann nämlich auch das Ende der west-östlichen Hegemonie über die Welt. Die kapitalistische Wachstumswirtschaft breitete sich als fundierendes Prinzip über immer mehr Länder aus und zog sie, ganz unabhängig von ihrer politischen Verfasstheit, in eine bis heute anhaltende und sich noch beschleunigende Kurve von Modernisierung und Wohlstandserhöhung. Diese Kurve ähnelt der, die sich für die 1950er und 1960er Jahre für die westeuropäischen Nachkriegsgesellschaften zeichnen lässt; leider wuchs schon mit ihr nicht nur der Wohlstand, sondern auch die Zerstörung der Umwelt. Dasselbe geschieht heute global, und in den Wirkungen ist alles entsprechend maßstabsgerecht vergrößert. Bei den geopolitischen Umsortierungen, die der Aufstieg oder die Rückkehr von Ländern wie China oder Indien mit sich brachte, geraten die frühindustrialisierten Länder, also die des Westens, immer mehr unter Stress, zwar aus anderen Gründen, als es die »Grenzen des Wachstums«[3] 1972 prognostiziert hatten, aber mit denselben

Da Geschichte immer aus einer Gegenwart heraus verstanden wird und dieses Verständnis seinerseits abhängig davon ist, auf welche Zukunft man sich zubewegen möchte, befinden wir uns mit dem radikalen Zukunftsverlust tatsächlich am Ende der Geschichte, genauer: unserer Geschichte. So hatte sich Fukuyama das natürlich nicht gedacht: Für ihn stellte 1989 den finalen Triumph des einen und künftig einzigen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems dar. De facto begann 1989 aber der Abstieg des Westens, und er ist immer noch in vollem Gange. So ein Fehler kann schon mal passieren, wenn der Wunsch der Vater des Gedankens ist und, vor allem, wenn man meint, gesellschaftliche Transformationen mit dem Blick auf ein oder zwei Dekaden verstehen zu können. Was wirklich alles in den Strudel grundstürzender Veränderungen gezogen wird und was die entscheidenden Wegmarken historischer Transformationen sind, das erschließt sich ja erst in Betrachtungen, die ihre Optik auf längere Zeiträume einstellen, und dann sieht das Ganze anders aus, ernüchternder, aber klarer.

Wieder zurück. Der Aufstieg der Schwellenländer.

So sieht man, dass China bis etwa 1820 bereits genau den Anteil an der Weltwirtschaft hatte, den es in einigen Jahren wieder haben wird. Europa dagegen befindet sich in einer Abstiegsbewegung. Es handelt sich also nur aus europäischer Sicht um eine neue Entwicklung; was China erlebt, ist eine Renaissance. Immer wenn sich Gesellschaften im Abstieg von ihrer ehemaligen Bedeutung befinden, kommt das Bewusstsein nicht hinterher. Man kann nur schwer verkraften, nicht mehr so bestimmend und mächtig zu sein wie einst, und zieht es daher vor, sich wenigstens noch bestimmend und mächtig zu fühlen. Der

Der Abstieg in die verringerte Bedeutsamkeit ist natürlich auch ein Verlust an Zukunft, jedenfalls an einer Zukunft, die man sich als eine immer bessere, weitere, schönere vorzustellen angewöhnt hatte. Und auch deshalb gilt alles politische Interesse in Europa heute der Wiederherstellung des Status quo ante: als das Wünschen noch von der Wirklichkeit bestätigt wurde. Der Übergang der Politik in einen restaurativen Illusionismus ist verhängnisvoll, weil sie kein Projekt mehr kennt, das über sich selbst hinausweist: Daher die Rede von der »Alternativlosigkeit«, daher die Missachtung der Eigenlogik demokratischer Verfahren, daher die Verachtung gegenüber all dem, was im 20. Jahrhundert mühsam erkämpft worden ist – zugunsten eines rein tagespolitischen Aktionismus, der Entscheidungen von ungeheurer Tragweite an den Öffnungszeiten der Börse ausrichtet. Die Politik ist gerade auf diese Weise, da sie so schnell und aktuell sein will, chronisch von gestern. Handlungsfähig wäre sie nur, wenn sie noch etwas zu gestalten vorhätte, aber dafür müsste sie eine Vorstellung von einer wünschbaren Zukunft haben. Eine wünschbare Vergangenheit reicht nicht.

Jared Diamond hat in seinem Buch »Kollaps«[6] gezeigt, woran Gesellschaften wie die der Mayas, der grönländischen Wikinger oder der Osterinsulaner historisch gescheitert sind. Ein gemeinsames Merkmal solchen Scheiterns lag darin, dass man in dem Augenblick, wo sich die Einsicht durchsetzte, dass die Überlebensbedingungen prekär wurden, alle Strategien zu intensivieren begann, mit denen man bislang erfolgreich gewesen war. Wenn die Böden schlechter wurden, baute man intensiver an und beschleunigte die Erosion. Man schlug mehr Holz, als nachwachsen konnte, um Boote für den Fischfang zu bauen. Man operierte im Modus der Erfahrung, aber die hilft nicht, wenn die Überlebensbedingungen sich verändert haben. Erfahrung wird dann zur Falle. Neue Überlebensbedingungen fordern neue Überlebensstrategien.

Wo geht’s zurück zur Zukunft?

In diesem Buch geht es darum, unseren Tunnelblick zu therapieren. Sein Titel »Selbst denken« ist natürlich ein Verweis auf das kantische Programm des »Ausgangs des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit«; dafür muss er denken, der Mensch, selbst denken. In einer Zeit, in der die gesellschaftliche Entwicklungsrichtung dem zuwiderläuft, was zukunftsfähig wäre, reicht Denken allein aber nicht aus: Es muss auch etwas getan werden, um die Richtung zu ändern. Nach mehr als zwei Jahrhunderten Aufklärung, Emanzipation und Freiheit steht Selbstaufklärung heute unter anderen Voraussetzungen als bei Kant: Sie muss sich gegen materielle, institutionelle und

Und die Selbstaufklärung muss sich gegen eine mediale Benutzeroberfläche durchsetzen, die so dicht gewoben ist wie nie zuvor – was bedeutet, dass es noch nie so leicht war, sich mit Wissen zu versorgen, wie heute und noch nie so schwer, sich in der scheinbaren Unterschiedslosigkeit unendlich verfügbarer Informationen zurechtzufinden. Aufklärung bedeutet heute: Gewinnung von Unterscheidungsvermögen. Und vor allem: Selbstaufklärung muss sich gegen die allgegenwärtigen konsumistischen Verführungen durchsetzen, indem sie darauf beharrt, dass es nicht schon automatisch Sinn macht, alles haben zu wollen, nur weil man alles haben kann. Konsumismus ist heute totalitär geworden und treibt die Selbstentmündigung dadurch voran, dass er die Verbraucher, also Sie, zu ihren eigentlichen Produkten macht, indem er Sie mit immer neuen Wünschen ausstattet, Wünsche, von denen Sie vor kurzem nicht einmal ahnten, dass Sie sie jemals hegen würden.

Das Buch erzählt, wie man Exits aus dem Tunnel finden kann, Notausgänge, aber eben auch schmale Ritzen, Löcher und Durchblicke, die sich zu Ausgängen erweitern und ausbauen lassen: vom Suchen also nach den Stellen, an denen man die feste Wirklichkeit perforieren kann, die uns in der vermeintlichen Massivität ihres So-Seins im Griff zu haben scheint. Wobei das nicht richtig formuliert ist: Die Signatur unserer Gegenwart ist vielmehr, dass wir uns freiwillig in den Griff dieses hochmodernen Gehäuses der Hörigkeit begeben – niemand zwingt einen dazu, obwohl alles danach aussieht, als ob jede Menge Zwänge am Werk sind: der Wettbewerb, der Zeitdruck, der Markt, das Wachstum und noch ziemlich viel mehr.

Aber es herrscht kein Krieg in Deutschland, keine Gewaltherrschaft. Es gibt kein Erdbeben, keine Überschwemmung. Kein Hurrikan bedroht unsere Existenz, und trotzdem

Augenblick: Denken Sie nach, was Sie gedacht haben, wenn Sie jetzt gerade »Gutmensch« gedacht haben. Sie haben es schon für eine Zumutung gehalten, dass jemand ernsthaft davon ausgeht, dass es Möglichkeiten und Verpflichtungen geben könnte, in seinem eigenen Einfluss- und Verantwortungsbereich dafür zu sorgen, dass die Zukunft nicht schlechter wird als die Gegenwart. Das dumpfe Einverstandensein mit aller Verschlechterung der Zukunftsaussichten zeigt sich vor allem darin, dass wir widerspruchslos in einer Kultur leben, in der »Gutmensch« genauso als Beleidigung gilt wie »Wutbürger«. Dabei sind das doch nur die Invektiven der mit allem Einverstandenen gegen die, die ihnen am eigenen Beispiel demonstrieren, dass es keinen, aber auch nicht den geringsten Grund gibt, stolz noch auf die eigene soziale Impotenz zu sein. Schließlich sind die so Apostrophierten ja Menschen, die für etwas eintreten, und dagegen kann man ja nur sein, weil das die eigene Lethargie in Frage stellt. Anders gefragt: Sind »Schlechtmenschen« das Rollenmodell, das Sie favorisieren? Wollen Sie selber einer sein?