Jörg Schindler
Rüpel-Republik
Warum sind wir so unsozial?
Fischer e-books
Jörg Schindler, geboren 1968 in Darmstadt, studierte Germanistik, Anglistik und Soziologie in Frankfurt am Main und Edinburgh. Seit 1997 ist er bei der Frankfurter Rundschau tätig, zunächst als Nachrichtenredakteur, dann als Korrespondent im Berliner Büro, nach dem Zusammenschluss mit der Berliner Zeitung als Autor und Mitglied der Berliner Redaktion und seit 2010 als Mitglied der DuMont Redaktionsgemeinschaft GmbH. Jörg Schindler wurde 2009 zusammen mit seinem Kollegen Matthias Thieme mit dem Wächterpreis für investigativen Journalismus ausgezeichnet.
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Covergestaltung: R.M.E., Roland Eschlbeck und Rosemarie Kreuzer
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2012
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ISBN 978-3-10-402109-6
Aufgrund massiver öffentlicher Kritik veränderte der VW-Aufsichtsrat 2012 die Vergütungsregeln, Winterkorns Gehalt sank damit auf »nur« noch gut 14 Millionen Euro.
Frankreich, Schweiz, Finnland, Italien, Großbritannien, Russland, Belgien und Ungarn.
Nach Angaben von Sosan Azad, Sprecherin des Bundesverbandes Mediation e.V., gibt es mittlerweile rund 50000 professionelle Streitschlichter in Deutschland – etwa drei Mal mehr als noch vor zehn Jahren. Im neuen Jahrtausend sei der Bedarf an Mediation sprunghaft in die Höhe geschnellt.
Die Online-Befragung »Perspektive Deutschland« unter 600000 Teilnehmern ergab im Jahr 2006, dass in der Region Bodensee-Oberschwaben die glücklichsten Menschen leben.
Funktionaler Analphabetismus bedeutet, dass Betroffene die gesellschaftlichen Mindestanforderungen an die Beherrschung der Schriftsprache, die eine Teilhabe an schriftlicher Kommunikation in allen Lebens- und Arbeitsbereichen ermöglicht, unterschreitet.
Einer der ersten kommerziell erfolgreichen SUVs war der von AM General im Jahr 1992 auf den Markt geworfene »Hummer«. Bei diesem handelte es sich um eine zivile Version des Mehrzweck-Armeefahrzeugs »High Mobility Multipurpose Wheeled Vehicle (HMMWV)«, genannt »Humvee«. Dieses wurde entwickelt, um in felsigem Gelände, in bis zu eineinhalb Meter tiefem Wasser und in Wüstensand manövrierfähig zu bleiben.
Der Autoclub ADAC kritisierte in einer Crash-Studie im Jahr 2007, dass die Hersteller der SUVs viel zu wenig unternähmen, um Fußgänger vor gefährlichen, oft sogar tödlichen Kollisionen zu schützen. »Becken und auch die Köpfe der Kinder prallen bei diesen hohen Fahrzeugen mit voller Wucht gegen die vordere Haubenkante«, heißt es in der Studie. Die Härte des Aufschlags sei mit einer fahrenden Mauer zu vergleichen.
Im Jahr 2011 rutschten sowohl CDU als auch SPD unter die Mitgliederzahl von 500000. Für die SPD war es das erste Mal seit 1906, dass sie weniger als eine halbe Million Parteigänger zählte. Auch die FDP und die Partei Die Linke verzeichneten einen zum Teil herben Mitgliederschwund. Einzig Die Grünen und die Piratenpartei konnten erheblich zulegen.
Zudem steigt bei Menschen, die über wenige oder keine Sozialkontakte verfügen, das Risiko, früher zu sterben, signifikant.
Die Begriffe Twitter- oder Facebook-Revolution halten manche Wissenschaftler in diesem Zusammenhang allerdings für irreführend. Die Annahme, Twitter, Facebook und YouTube hätten die – gescheiterte – Revolution im Iran 2009 erst ermöglicht, sei eine gefährlich naive Fehleinschätzung, sagt etwa Evgeny Morozov von der Stanford University. Tatsächlich hätten die Internetdienste zwar geholfen, die Nachrichten von der grünen Erhebung in die Welt zu tragen. Umgekehrt hätten die zahllosen Text-Messages und Videos von den Protesten dem iranischen Regime anschließend die Suche nach vermeintlichen »Verbrechern« mehr als erleichtert. Ein zwölfköpfiges Cybercrime-Team der Regierung habe auf diese Weise mindestens vierzig Demonstranten identifizieren und verhaften lassen können. »Unbeirrter Cyber-Utopismus«, schreibt Morozov, »kann sich als kostspielige Ideologie erweisen, denn autoritäre Regime sind nicht untätig. Es gibt absolut keine Garantie, dass sie keinen Weg finden, um das Internet in ein machtvolles Unterdrückungsinstrument zu verwandeln.«
Alleine bei Facebook sollen pro Monat etwa 2,5 Milliarden Bilder hochgeladen werden.
Auf dem alten Kontinent leben nirgendwo mehr Millionäre und Milliardäre als in Deutschland – weltweit liegen in dieser Statistik nur die USA und Japan vor der Bundesrepublik.
Die von der Weltbank festgelegte Grenze für absolute Armut liegt bei 1,25 Dollar am Tag – im Frühjahr 2011, als dieses Buch geschrieben wurde, entsprach das etwa 95 Eurocent.
Nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ist es grundsätzlich verboten, Leiharbeiter anders als Stammbeschäftigte zu bezahlen oder zu behandeln. Eine sogenannte Tarifklausel ermöglicht es jedoch der Zeitarbeitsbranche, Leiharbeiter zu abweichenden Tarifverträgen zu beschäftigen. Mehr als 90 Prozent aller Zeitarbeitsfirmen machen davon Gebrauch. Das Bundesarbeitsministerium forderte Arbeitgeber und Gewerkschaften Anfang 2012 dazu auf, diesen Zustand zu beenden und ein allgemeines Gleichbezahlungsmodell zu entwickeln. Andernfalls werde die Regierung dies auf dem Gesetzesweg regeln.
Wobei Pickett im Gespräch mit dem Autor einräumte, dass über die wenigen Superreichen der jeweiligen Gesellschaften keine Aussagen zu treffen waren. Über diese Personengruppe liegen schlicht keine oder kaum statistische Daten vor.
Am Leipziger Clara-Zetkin-Park wurde 2009 mit den Bauarbeiten an der »Central Park Residence« begonnen. Es handelt sich um zwei luxuriöse Stadtvillen mit Penthouse, Dachgärten und Jacuzzi. Auf der Website des Bauherrn heißt es: »Damit Sie sorglos in Ihren wohlverdienten Urlaub reisen können, bietet Ihnen unser Sicherheitssystem einen Rundumschutz Ihrer Residence. Moderne Sicherheitskonzepte machen dies möglich. Service, Luxus und Sicherheit sind für uns oberstes Gebot, um das Wohnen in unserer Central-Park-Residence für Sie so angenehm wie möglich zu machen.«
Als Bezieher mittlerer Einkommen gelten Menschen, die mindestens 70 und höchstens 150 Prozent des mittleren oder Median-Einkommens beziehen. Das mittlere Nettoeinkommen in Deutschland lag laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2008 bei 1772 Euro.
Nach einer Studie des Bundesamtes für Integration aus dem Jahr 2009 lebten zu diesem Zeitpunkt zwischen 3,8 und 4,3 Millionen Menschen muslimischen Glaubens in Deutschland.
So stimmten etwa 18,5 Prozent der Befragten der These zu: »Frauen sollen sich wieder mehr auf die Rolle der Ehefrau und Mutter besinnen.« 2009 vertraten noch 20,7 Prozent diese Ansicht. »Juden haben in Deutschland zuviel Einfluss« fanden 13 Prozent der Befragten – gegenüber 16,5 Prozent im Jahr 2009.
Im Frühjahr 2010 fragte der Autor dieses Buches Gauck, ob er angesichts von Finanzkrise und wachsender Kapitalismuskritik je Zweifel am westlichen Wirtschafts- und Regierungssystem gehabt habe. Seine Antwort: »Nein! Nie!«
Eine Liste mit mehr als sechzig »Seitenwechslern« der vergangenen Jahre findet sich auf der Internetseite von Lobby Control.
Übersetzung durch den Autor.
Neben Ostrom erhielt im selben Jahr auch der Wirtschaftswissenschaftler Oliver Eaton Williamson den Preis.
In Deutschland nutzten im Jahr 2011 rund 200000 Menschen das Angebot, sich mit anderen ein Auto zu teilen. Das waren 20 Prozent mehr als im Jahr davor und viermal so viele wie im Jahr 2000.
Siehe Tagesspiegel (www.tagesspiegel.de/berlin/kinderlaerm-anwohner-verpruegeln-erzieher/4318456.html).
Siehe Spiegel Online (www.spiegel.de/spiegel/print/d-80818287.html).
Rainer Erlinger, »Moral«, S. 122.
Richard David Precht, »Die Kunst, kein Egoist zu sein«, S. 120.
Meinhard Miegel, »Exit«, S. 141f.
Siehe Stiftung für Zukunftsfragen (www.stiftungfuerzukunftsfragen.de/forschung/archiv/2007/forschung-aktuell-202_28-jg-27122007.html).
Rainer Erlinger, »Moral«, S. 296.
Sherry Turkle, »Alone Together«, S. 19.
Siehe Stiftung für Zukunftsfragen (www.stiftungfuerzukunftsfragen.de/forschung/archiv/2007/forschung-aktuell-202_28-jg-27122007.html).
Oskar Negt, in: »Manieren. Geschichten von Anstand und Sitte aus sieben Jahrhunderte«, S. 36.
Siehe Vero Labs (https://www.verolabs.com/Default.asp).
Siehe z.B. Süddeutsche Zeitung, 3./4. 3. 2012, »Aufwärmen am Krisenherd« von Alex Rühle.
Siehe brand eins (www.brandeins.de/magazin/anstand-und-kapitalismus/innerste-sicherheit.html).
Ebenda.
Siehe DAK, (www.presse.dak.de/ps.nsf/sbl/4340521A694FFFCCC125791A0026DAD0).
Siehe Kölner Stadtanzeiger, (www.ksta.de/html/artikel/1320495974094.shtml).
Siehe Berliner Fußball-Verband e.V. (berliner-fussball.de/spielbetrieb/schiedsrichter/news/datum/2011/10/21/spiel-faellt-aus-kein-schiedsrichter/).
FairPlayLiga im Kinderfußball (www.fairplayliga.de).
Siehe Berliner Zeitung (www.berliner-zeitung.de/archiv/ein-autofahrer-muss-700-euro-zahlen--weil-er-mit-einem-radfahrer-auf-der-motorhaube-durch-treptow-fuhr-stunts-im-strassenverkehr,10810590,10707628.html).
Siehe Statistisches Bundesamt (www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2012/02/PD12_065_46241.html).
Siehe Frankfurter Rundschau (www.fr-online.de/politik/erstmals-seit-20-jahren-mehr-verkehrstote-,1472596,11699226.html).
Frankfurter Rundschau, 10. 2. 2012, S. 2/3.
Siehe GDV (www.gdv.de/2011/12/verkehrsklima-in-deutschland-wird-rauer-unsichere-strassen-werden-als-sicher-empfunden-fussgaenger-und-radler-missachten-oefters-rote-ampeln/).
Siehe Kraftfahrt-Bundesamt (www.kba.de/nn_124384/DE/Presse/PressemitteilungenStatistiken/2012/Fahrzeugbestand/fz__bestand__pm__text.html).
Der Spiegel, 37/2011, »Der Straßenkampf«.
Frankfurter Rundschau, 10. 2. 2012, S. 2/3.
Siehe Spiegel Online (www.spiegel.de/auto/fahrkultur/0,1518,793622,00.html).
Ebenda.
Siehe Frankfurter Rundschau (www.fr-online.de/die-neue-rechte/-politically-incorrect--im-netz-der-islamfeinde,10834438,10835026.html).
Siehe Volksfreund.de (www.volksfreund.de/nachrichten/region/mosel/aktuell/Heute-in-der-Mosel-Zeitung-Nacktfotos-im-Internet-Angeklagter-zieht-Berufung-zurueck;art671,3031076).
Wikipedia-Netiquette (de.wikipedia.org/wiki/Netiquette).
Siehe RFC 1855 (tools.ietf.org/html/rfc1855)
Siehe Deutscher Knigge-Rat (www.knigge-rat.de/pressemitteilung_2010_07_31.html).
Siehe Focus (www.focus.de/schule/schule/psychologie/praevention-rote-karte-fuer-mobbing_aid_683454.html).
Siehe Bild-Zeitung (www.bild.de/news/2011/freitod/toedliche-facebook-botschaft-computer-nachricht-selbstmord-15954694.bild.html).
Thomas Wanhoff, »Wa(h)re Freunde. Wie sich unsere Beziehungen in sozialen Online-Netzwerken verändern«, S. 58.
Siehe Techniker Krankenkasse (www.tk.de/tk/nordrhein-westfalen/aktionen-in-der-region/cybermobbing/348506).
Siehe Bravo (www.bravo.de/specials/klick-nicht-weg-bravo-und-familienministerin-schroeder-gegen-cybermobbing).
Siehe BBC (www.bbc.co.uk/news/technology-16164222).
Siehe Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, Leipzig: Warneken, F. & Tomasello, M. (www.eva.mpg.de/psycho/study-videos_de.php#video_1).
Siehe Süddeutsche Zeitung (www.sueddeutsche.de/wissen/sozialverhalten-hilfsbereiter-als-andere-affen-11224487).
Michael Tomasello, »Warum wir kooperieren«, S. 13.
Siehe Tagesspiegel (www.tagesspiegel.de/zeitung/sonntagsinterview-kapuzineraeffchen-wissen-was-gerecht-ist/4067168.html).
Ebenda.
Stefan Klein, »Die Kunst des Gebens«, S. 267.
Ebenda, S. 156.
Siehe Süddeutsche Zeitung (www.sueddeutsche.de/wissen/sozialverhalten-hilfsbereiter-als-andere-affen-1.1224487).
Robert Putnam, »Bowling Alone«, S. 247.
Siehe Manager Magazin (www.manager-magazin.de/magazin/artikel/0,2828,197238,00.html).
Robert Putnam, »Bowling Alone«, S. 137.
Ebenda, S. 289.
Wilkinson/Pickett, »Gleichheit ist Glück«, S. 276.
Siehe Stiftung für Zukunftsfragen (www.stiftungfuerzukunftsfragen.de/de/newsletter-forschung-aktuell/226.html).
Julia Friedrichs, »Ideale«, S. 21.
Siehe Stiftung für Zukunftsfragen (www.stiftungfuerzukunftsfragen.de/de/newsletter-forschung-aktuell/226.html).
Siehe Stiftung für Zukunftsfragen (www.stiftungfuerzukunftsfragen.de/de/forschung/archiv/2009/forschung-aktuell-213-30-jg-02042009.html).
Siehe Statistisches Bundesamt (www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/Ehescheidungen/Tabellen/EhescheidungenKinder.html?nn=50734).
Siehe Statistisches Bundesamt (www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/HaushalteFamilien/Tabellen/Familienformen.html?nn=50740).
Siehe Stiftung für Zukunftsfragen (www.stiftungfuerzukunftsfragen.de/forschung/archiv/2010/forschung-aktuell-223-31-jg-28052010.html).
Siehe Apotheken-Umschau / Presseportal (www.presseportal.de/print/1577723-steigende-angst-vor-einsamkeit-umfragefuer-jeden-vierten-waere-es-mit-das.html).
Richard David Precht, »Die Kunst, kein Egoist zu sein«, S. 352.
Meinhard Miegel, »Das Ende des Individualismus«, S. 30.
Ulrich Beck, »Risikogesellschaft«, S. 116.
Kiener/Weise, »Die Individualismus-Falle«, S. 36.
Miegel, »Das Ende des Individualismus«, S. 53f.
Ebenda.
Ebenda, S. 54.
Siehe Spiegel Online (www.spiegel.de/spiegel/print/d-65872355.html).
Wilkinson/Pickett, »Gleichheit ist Glück«, S. 70.
Siehe Stiftung für Zukunftsfragen (www.stiftungfuerzukunftsfragen.de/forschung/archiv/2010/forschung-aktuell-223-31-jg-28052010.html).
Robert Putnam, »Bowling Alone«, S. 221.
Ebenda, S. 222f.
Ebenda, S. 240.
Süddeutsche Zeitung, 17./18. 12. 2011, S. 23.
Robert Putnam, »Bowling Alone«, S. 237.
Renate Köcher / Bernd Raffelhüschen, »Glücksatlas Deutschland 2011«, S. 122.
Richard David Precht, »Die Kunst, kein Egoist zu sein«, S. 477.
Siehe Focus (www.focus.de/digital/internet/studie-soziale-netzwerke-boomen_aid_299612.html).
Siehe Mainpost (www.mainpost.de/ueberregional/multimedia/Lieber-Smartphone-als-Sex;art18199,6689747).
Robert Putnam, »Bowling Alone«, S. 175.
Ebenda, S. 176.
Süddeutsche Zeitung, 17./18. 12. 2011, S. V2/1, »Wir sind die Klicks« von Alexandra Borchardt.
Thomas Wanhoff, »Wa(h)re Freunde«, S. 10.
Ebenda, S. 133f.
Süddeutsche Zeitung, 17./18. 12. 2011, S. V2/1, »Wir sind die Klicks« von Alexandra Borchardt.
Siehe Suicide Machine (www.suicidemachine.org).
Siehe Tagesspiegel (www.tagesspiegel.de/zeitung/sonntagsinterview-kapuzineraeffchen-wissen-was-gerecht-ist/4067168.html).
Ebenda.
Joachim Bauer, »Schmerzgrenze«, S. 142.
Ebenda, S. 147.
Siehe Frankfurter Rundschau (www.fr-online.de/panorama/fr-interview-mit-gesundheitsforscherin--ich-waere-gluecklich--koennte-ich-mehr-steuern-zahlen-,1472782,7130994.html).
Siehe Spiegel Online (www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,801730,00.html).
Umfrage des Pew Research Center (siehe: www.heise.de/tp/artikel/36/36241/1.html).
Studie von Capgemini und Merrill Lynch (siehe: wirtschaft.t-online.de/immer-mehr-millionaere-in-deutschland/id_47414428/index).
Siehe Manager Magazin (www.manager-magazin.de/finanzen/artikel/0,2828,815440,00.html).
Siehe Bundeszentrale für politische Bildung (www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/61785/armutsgefaehrdung).
Siehe Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (www.bagw.de/fakten/1.phtml).
Kathrin Hartmann, »Wir müssen leider draußen bleiben«, S. 22.
Siehe Süddeutsche Zeitung (www.sueddeutsche.de/leben/lebenserwartung-von-geringverdienern-sinkt-dramatische-zuspitzung-der-einkommenskluft-1.1232605).
Siehe Paritätischer Wohlfahrtsverband (www.der-paritaetische.de/startseite/artikel/news/verhaertete-armut-paritaetischer-legt-armutsbericht-2011-vor/).
Joachim Bauer, »Schmerzgrenze«, S. 37.
Siehe Focus (www.focus.de/wissen/wissenschaft/neurowissenschaft/tid-23317/jugendrandale-ausgrenzung-schafft-aggression_aid_655989.html).
Statistik der Bundesagentur für Arbeit »Analyse des Arbeitsmarktes für Ältere ab 50 Jahren, Januar 2012« (statistik.arbeitsagentur.de/Statischer-Content/Statistische-Analysen/Analytikreports/Zentrale-Analytikreports/Monatliche-Analytikreports/Generische-Publik ationen/Analyse-Arbeitsmarkt-Aeltere/Analyse-Arbeitsmarkt-Aeltere-201201.pdf), S. 42.
Siehe Frankfurter Rundschau (www.fr-online.de/wirtschaft/erwerbslosigkeit-armutsrisiko-ist-in-deutschland-besonders-hoch,1472780,11412280.html).
Siehe Deutscher Gewerkschaftsbund (www.dgb.de/themen/++co++17f2321c-d301-11e0-4902-00188b4dc422).
Siehe Spiegel Online (http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,806175,00.html).
Siehe Frankfurt Rundschau (www.fr-online.de/arbeit---soziales/mit-zweitjob-ueberleben-immer-mehr-beschaeftigte-brauchen-einen-zweitjob,1473632,11550772.html).
Siehe Spiegel Online (www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,810307,00.html).
Kathrin Hartmann, »Wir müssen leider draußen bleiben«, S. 239.
Siehe Frankfurter Rundschau (www.fr-online.de/arbeit---soziales/unternehmer-nutzen-werkvertraege-manager-lernen-lohndumping,1473632,11621040.html).
Ebenda.
Siehe taz (www.taz.de/Streit-ueber-Leiharbeiter-bei-BMW/!87708/).
Siehe Frankfurter Rundschau (www.fr-online.de/arbeit---soziales/unternehmer-nutzen-werkvertraege-manager-lernen-lohndumping,1473632,11621040.html).
Siehe Frankfurter Rundschau (www.fr-online.de/wirtschaft/gesundheit-krankes-deutschland,1472780,11363996.html).
Siehe DAK (www.presse.dak.de/ps.nsf/sbl/7BDD14663C6ABDEAC125799D00476AB3?open).
Renate Köcher / Bernd Raffelhüschen, »Glücksatlas Deutschland 2011«, S. 100.
Siehe Süddeutsche Zeitung, 31.3./1. 4. 2012, S. 22.
Joachim Bauer, »Schmerzgrenze«, S. 160.
Ebenda, S. 49.
Siehe YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=N0tp7heHx5s).
Siehe Süddeutsche Zeitung, 22./23. 10. 2011, S. V2/4, »Da hinten wird’s hell« von Alex Rühle.
Siehe Appell für eine Vermögensabgabe (www.appell-vermoegensabgabe.de).
Robert H. Frank, »Luxury Fever«, S. 129.
Ebenda, S. 53, Übersetzung durch den Autor.
Wilhelm Heitmeyer, »Deutsche Zustände«, S. 34.
Ebenda, S. 35.
Siehe Daily Mail (http://www.dailymail.co.uk/sciencetech/article-2108704/In-face-loserScientists-winners-tend-act-MORE-aggressively-people-theyve-defeated.html?ito=feeds-newsxml).
Siehe DIW (www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.357505.de/10-24-1.pdf).
Siehe hierzu auch die Längsschnittanalyse »Die Angst der Mittelschicht vor dem sozialen Abstieg« von Holger Lengfeld und Jochen Hirschle (http://www.zfs-online.org/index.php/zfs/article/viewFile/1309/846).
Meinhard Miegel, »Exit«, S. 90.
Ebenda, S. 183f.
Richard David Precht, »Die Kunst, kein Egoist zu sein«, S. 325.
Meinhard Miegel, »Exit«, S. 148.
Siehe rp-online (http://www.rp-online.de/gesundheit/familie/mit-medikamenten-gegen-leistungsdruck-1.2528222).
Siehe Süddeutsche Zeitung, 5./6. 11. 2011, S. 3.
Stéphane Hessel, »Empört euch!«, S. 21.
Wilhelm Heitmeyer, »Deutsche Zustände«, S. 34.
Siehe DIE ZEIT (www.zeit.de/2005/51/Verst_9arungen).
Joachim Bauer, »Schmerzgrenze«, S. 190.
Siehe Spiegel Online (www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,813975,00.html).
Financial Times Deutschland, 17. 2. 2012.
Siehe Spiegel Online (www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,679130,00.html).
Siehe Spiegel Online (www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,680675,00.html).
Siehe Stern (www.stern.de/politik/deutschland/sponsoring-des-sommerfestes-bp-das-oel-und-der-bundespraesident-1577336.html).
Frankfurter Rundschau, 7./8. 1. 2012, S. 20, »Der Duft der Provinz«.
Siehe Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10. 2. 2012, S. 29, »Öffentlicher Dienst«.
Ebenda.
Siehe Frankfurter Rundschau (www.fr-online.de/gauck-folgt-wulff/polit-sponsoring-sponsoren-gehen-auf-distanz,11460760,11890538.html).
Siehe Spiegel Online (www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,815041,00.html).
Ebenda.
Stefan Klein, »Der Sinn des Gebens«, S. 176.
Siehe Spiegel Online (www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,816993,00.html).
Siehe Spiegel Online (www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,711668,00.html).
Siehe Spiegel Online (www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,813421,00.html).
Siehe FAZ (www.faz.net/aktuell/politik/ungehaltene-rede-poullain-banker-gefaehrden-soziale-marktwirtschaft-1179144.html).
Heribert Prantl, »Wir sind viele«, S. 12.
Die Zeit, 29. 12. 2011, S. 35, »Gegen alle Regeln«, von Mark Schieritz.
Siehe Süddeutsche Zeitung, 2. 12. 2011, S. 18.
Happy Planet Index (www.happyplanetindex.org/).
Siehe UN news centre (www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=28299&Cr=General+Assembly&Cr1=Debate&Kw1=bhutan&Kw2=&Kw3=). Übersetzung durch den Autor.
Siehe UN news centre (www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=39084&Cr=general+assembly&Cr1=&Kw1=happiness&Kw2=&Kw3=).
Siehe BBC (www.bbc.co.uk/news/world-14243512).
Siehe Süddeutsche Zeitung (www.sueddeutsche.de/wissen/wohlstand-und-glueck-irgendwann-ist-es-genug-1.1035910).
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Siehe Die Welt (www.welt.de/print/die_welt/debatte/article13672571/Auch-das-Glueck-zaehlt.html).
Renate Köcher/Bernd Raffelhüschen: Glücksatlas Deutschland 2011, S. 34f.
Siehe Frankfurter Rundschau (www.fr-online.de/wirtschaft/arbeitnehmer-jeder-zweite-klagt-ueber-stress,1472780,12003412.html).
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Silke Helfrich, in: Ostrom, »Was mehr wird, wenn wir teilen«, S. 17.
Siehe Stiftung für Zukunftsfragen (www.stiftungfuerzukunftsfragen.de/de/forschung/archiv/2009/forschung-aktuell-213-30-jg-02042009.html).
Siehe Stiftung für Zukunftsfragen (www.stiftungfuerzukunftsfragen.de/forschung/archiv/2008/forschung-aktuell-208-29-jg-26082008.html).
Siehe Institut für Demoskopie Allensbach (www.ernst-freiberger-stiftung.de/de/engagement/files/10046_bericht_denkwerk_zukunft1.pdf), S. 55.
Siehe Frankfurter Rundschau, 29. 12. 2011, S. 16, »Wir kennen den Preis der Angst nicht«.
Für Paulina, Emilia und Ole
Macht’s besser!
»Smokey, this is not ’Nam. This is Bowling. There are rules!«
(Walter Sobchak, in: The Big Lebowski)
Unheimlich wichtig ist es ja auch, im Zug zu sitzen und aller Welt mitzuteilen, dass man im Zug sitzt. »Ich sitze im Zug« – »Was?« – »Im Zuhug!« – »Du, die Verbindung ist gerade wahnsinnig schlecht, soll ich später noch mal … – was?« – »Ich versteh’ dich nur total abgehackt.« – »Hmm?« – »Nein, im Zug, im Zuhuug!« – »Du, das hat keinen Sinn, die Verbindung ist schlecht, ich versuche es gleich noch mal.«
Wer öfter Zug fährt, kennt das. Es ist der Normalfall. Ob in Ruhezonen oder nicht, alles muss raus: dass die Geranien noch zu gießen sind, dass die Bemerkung gestern Abend voll fies war, dass die Sandra mit ihrer neuen Frisur bekloppt aussieht, dass das Blut im Stuhl noch nichts Schlimmes heißen muss, dass Mandant XY noch immer nicht gezahlt hat und wir dann jetzt mal eine Mahnung rausschicken. Wobei Mandant XY immer mit vollem Namen genannt wird. Ruf. Mich. An. Wofür hat man sonst all die schönen Klingeltöne und Flatrates?
Im Sommer 2010 saß ich in einem Regionalexpress von Hannover nach Hamburg, als plötzlich ein dumpfer Schlag ertönte, gefolgt von einem metallischen Schleifen. Der Zug bremste abrupt ab, kurz darauf meldete sich der offenbar geschockte Zugchef stammelnd: »Wir haben gerade jemanden überfahren.« Danach herrschte Stille. Aber nicht lange. Während zwei Mädchen vorne im Wagen anfingen zu schluchzen, saß schräg gegenüber eine Frau, die sich die Wartezeit vertrieb, indem sie ihrem Mann Kochanweisungen übermittelte: »Du musst zuerst das Fleisch anbraten …« Die Verbindung in diesem Fall war exzellent.
Es war nicht zum ersten Mal, dass ich mich über meine Mitmenschen wunderte. Um ehrlich zu sein: Ich wundere mich täglich. Ich wundere mich über die junge Frau, die einmal vor unserer Haustür stand, als wir – vollbepackt mit Brettern und Leisten aus dem Baumarkt – heimkamen. Toll, dachte ich, die kann uns die Tür aufhalten. Konnte sie auch, wollte sie nur nicht. Obwohl sie uns gesehen hatte, quetschte sie sich durch die Tür und warf sie uns dann vor der Nase zu. Ich wundere mich über den Lieferwagenfahrer, der mich einmal frühmorgens in der Darmstädter Fußgängerzone beinahe über den Haufen fuhr. Als ich zur Seite sprang und eine Geste machte, die andeuten sollte, er müsse die Augen öffnen, antwortete er seinerseits mit einer Geste, beziehungsweise mit zweien: Er zeigte mir beide Mittelfinger. Ich wundere mich über die vielleicht fünfzigjährige Saunagängerin in der Fontane-Therme Neuruppin, neben der ich mich einmal zur Ruhe betten wollte. Weil alle Liegen zwar ausnahmslos mit Handtüchern, nicht aber mit Menschen besetzt waren, erdreistete ich mich, ein Handtuch vorsichtig zur Seite zu legen. Die Frau blaffte daraufhin: »Die Liege gehört meinem Mann!« Auf meine Frage »Hat er sie gekauft?«, wurde sie noch lauter und nannte mich schließlich »asozialer Arsch«. Ich wundere mich über Autofahrer, die Radfahrer zu Vollbremsungen zwingen und diesen, wenn sie sich beschweren, »eins auf die Fresse« geben wollen. Über Radfahrer, die auf Gehwegen heizen und dabei Kinderwagenfahrer aus dem Weg bellen. Über Kinderwagenfahrer, die zu dritt nebeneinander laufen und es als Zumutung empfinden, wenn ein Fußgänger vorbei möchte. Und neulich habe ich mich wieder mal im Kino gewundert.
Wir waren in »The Artist«. Ein schöner Film. Er hatte bereits begonnen, als drei junge Frauen laut plaudernd in den Saal kamen. Sie setzten sich in die Reihe vor uns. Und plauderten weiter. Dann stand die eine auf, zog ihren Mantel aus und setzte sich wieder. Dann stand die nächste auf, zog ihren Mantel aus und setzte sich wieder. Die Dritte hatte keinen Mantel an. Sie hatten sich viel zu sagen. Als wir freundlich fragten, ob sie vielleicht allmählich zur Ruhe kommen könnten, drehte sich eine um und sagte: »Setz’ dich doch woanders hin.« Allgemeines Gekicher, dann ging die Unterhaltung weiter. »The Artist« ist übrigens ein Stummfilm.
Darf man sich über so etwas aufregen? Ist das nicht entsetzlich spießig? Und intolerant? Und vorgestrig? Bin ich womöglich jetzt schon auf dem Weg, ein zänkischer Alter zu werden? Einer, der bald schon jeden Falschparker anzeigt und davon faselt, wie schön früher alles war? Ich bin vierundvierzig, aber man weiß ja nie.
Ich habe dann sicherheitshalber damit begonnen, mich umzuhören. Und egal, mit wem ich sprach, jeder – bis auf einen einzigen lieben Kollegen, der ein kurzes Stegreif-Referat über Sokrates, Norbert Elias und die Zivilisation hielt – bestätigte meinen Eindruck: Es geht da draußen fast jeden Tag ein Stückchen ruppiger, rücksichtsloser, aggressiver zu. Und wenn man die Zeitung liest und die Augen öffnet, wird man feststellen, dass es mit den Dauertelefonierern, den Liegenbesetzern und den Anblaffern nicht getan ist.
Die Zahl erbittert geführter Nachbarschaftsstreitigkeiten zum Beispiel sprengt jedes Maß. Jahr für Jahr landen 9000 bis 10000 Fälle vor deutschen Amtsgerichten – das macht rund 27 Verfahren. Pro Tag. Um jeden Zentimeter Boden, über jeden überhängenden Ast, über jeden Mucks nach Anbruch der Nachtruhe führen Menschen zum Teil jahrelange Prozesse. Oder sie machen kurzen Prozess, wie die beiden Männer, die im Juni 2011 auf dem »Elefantenspielplatz« in Berlin-Kreuzberg einen Erzieher ins Krankenhaus prügelten. Der 32-Jährige hatte mit seiner Kindergruppe gemacht, was man auf einem Spielplatz eben tut: gespielt. Den beiden Anwohnern war das zu laut. Das riefen sie erst, und als sich nichts änderte, bläuten sie es dem Erzieher mit den Fäusten ein.[1] Nicht nur deutsche Gerichte haben alle Hände voll mit solchen Streithanseln zu tun, auch andernorts setzen Bürger das, was sie für ihr gutes Recht halten, zunehmend mit dem Faustrecht durch.
So geht es auch auf den Fußballplätzen dieser Republik jedes Wochenende ein bisschen weniger friedlich zu. Verbände im ganzen Land schlagen inzwischen Alarm. Gerade bei Kinder- und Jugendturnieren rasten regelmäßig Spieler, Trainer und vor allem Eltern aus. Und immer häufiger bekommen es auch Schiedsrichter knüppeldick, nur weil sie einmal zu viel Abseits gepfiffen haben sollen.
Im Straßenverkehr führt der alltägliche Bürgerkrieg zu immer mehr Blechschäden und lässt auch friedlich gesinnte Gesellen mitunter nur noch Rot sehen. Stoppschilder, Zebrastreifen, Tempolimits, ja Verkehrsregeln überhaupt betrachten offenbar viele als unerträglichen Eingriff in ihr Recht auf Selbstverwirklichung. Jeder rüstet daher auf, alles wächst – der Hubraum, die Geschwindigkeit, der Aggressionspegel. »Die Wenigsten bringen noch den Nerv und die Einsicht auf, dass es nur mit Regeln funktionieren kann«, sagt Bernd Irrgang vom Bund deutscher Fußgänger.
Eine erkleckliche und zunehmende Zahl von Menschen klagt zudem über Unmenschlichkeit am Arbeitsplatz. Zum Zeit- und Leistungsdruck gesellen sich übellaunige und übelwollende Kollegen. Aber nicht nur im Büro wird fröhlich drauflos gemobbt. Vor allem im Internet dreschen die Menschen lustvoll aufeinander ein, verbreiten Gerüchte, Lügen oder auch Nacktfotos von der Ex. Cyber-Mobbing ist eine Art Volksvergnügen geworden, jeder dritte Schüler hatte schon mindestens einmal damit zu tun. Mit zum Teil fatalen Folgen, wie die jüngsten Suizidfälle nach Mobbingattacken zeigen.
Kurzum: Es gibt überall Anzeichen für Rücksichtslosigkeit, Ignoranz, mangelnde Hilfsbereitschaft, Alltagsaggression. Immer weniger Menschen scheinen sich an Grundregeln menschlichen Zusammenlebens zu halten. Im Gegenteil: Der Regelbruch ist zum Regelfall geworden – und Querulanten sind diejenigen, die auf ein Mindestmaß an Anstand pochen. Wenn der Eindruck nicht täuscht, sind Menschen aller Schichten, jeden Alters, jeden Bildungsgrads und jeder Herkunft von dieser merkwürdigen anti-sozialen Seuche befallen. »Es sind Millionen. Alte und Junge, Frauen und Männer, Westler wie Ostler haben sich im ›Verein zur Verwahrlosung der Sitten und Gebräuche e.V.‹ (VzVdSuG) in die Mitte der Gesellschaft gepöbelt«[2], schreibt der Journalist Michael Jürgs. »Vereinszweck: Kante statt Kant.«
Statistisch nachweisen lässt sich das mitunter nur schwer. Niemand bekommt einen Strafzettel fürs Rumrüpeln, Vordrängeln, Anraunzen. Egoismus ist kein Straftatbestand. Verbale Aggression wird nicht im polizeilichen Führungszeugnis vermerkt. Aber allein die Fülle an Anti-Mobbing-Projekten, an Kampagnen gegen Verkehrsrowdytum und für Fair Play, an Benimmkursen für Schüler und Erwachsene lässt ahnen: Irgendetwas liegt da im Argen. »Mein Eindruck ist, dass unser Umgang miteinander schon einmal besser war«, sagt Bärbel Meschkutat, die Co-Autorin des ersten deutschen Mobbing-Reports. Und weil den Eindruck die Allermeisten teilen, entstand die Idee, ein Buch über die Rüpel-Republik Deutschland zu schreiben.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Dies ist keine Benimmfibel und kein Regelkatalog. Es geht hier nicht um die Frage »Frau Doktor« oder »Frau Doktorin«, nicht um das korrekte Umfassen eines Weinglases, nicht um Vorstellungsrituale, nicht um die Fingerschalen- oder die Sechzehnuhrzwanzig-Regel, wie sie in den seit Jahren boomenden Knigge-Seminaren gelehrt werden. Es geht um kein Zurück in eine aus höfischen Regeln und Zwängen bestehende Vorzeit. Es geht um Grundsätzlicheres. Es geht darum, dass wir offenbar mehr gegen- als miteinander leben; dass wir der Maxime eines Baumarkts folgen – »Mach dein Ding!« – und uns nicht darum scheren, wem wir dabei auf die Füße treten. Es geht, anders gesagt, um die Frage: Was hat uns so unsozial werden lassen? Und wie wollen wir künftig miteinander auskommen?
Nun ist es zugegebenermaßen kein Weltuntergang, wenn Menschen im Kino so frohgemut tratschen, als säßen sie in ihrem eigenen Wohnzimmer. Jemandem die Tür vor der Nase zuzuschlagen ist für sich genommen noch kein Beweis für den Niedergang der Zivilisation. Und wenn ein Autofahrer nicht blinkt, nicht nach anderen schaut und trotzdem mit vierzig Sachen um die Kurve brettert, mag das nicht mehr sein als ein Zeichen momentaner Unachtsamkeit. Was aber, wenn alle ständig vor der Leinwand plappern? Wenn keiner mehr anderen einen Gefallen tut? Wenn jeder auf der Straße fährt, wie er es für richtig hält? Oder mal so gefragt: Was wäre, wenn man beim Skat spontan beschließen würde, dass die Damen nun die Buben sind, weil man mehr davon auf der Hand hat? Wenn man beim Fußball nach 75 Minuten vom Feld ginge, weil man gerade führt? Wenn man sein Auto mitten auf einer vielbefahrenen Kreuzung abstellte, weil man keine Lust mehr hat, einen Parkplatz zu suchen?
Es gibt, mit anderen Worten, Regeln des Zusammenlebens, glücklicherweise sind die wenigsten davon in Stein gemeißelt, die allermeisten haben wir verinnerlicht als soziale Normen, als das, was sich gehört – oder auch nicht. Ohne diese unausgesprochenen Regeln kann das Zusammenspiel von Menschen nicht funktionieren. Insofern ist es durchaus bedenklich, wenn immer mehr von uns dort, wo es nicht strafbar ist, nach ihren ganz eigenen Regeln spielen.
»Man muss ganz einfach beim Aufhalten der Türe – was hier als Beispiel für viele Kleinigkeiten des Alltags gilt – daran denken, dass es noch andere Menschen gibt. Und allein das halte ich für einen entscheidenden Schritt, wenn nicht sogar den entscheidenden Schritt in der Regelung des Zusammenlebens«[3], schreibt der Jurist Rainer Erlinger in seinem Buch »Moral«. Viele von uns aber denken, wenn überhaupt, vor allem an eines: an sich. Und halten das für normal. Die anderen machen es ja genauso. »Wer spielt schon als Einziger richtig, wenn die anderen falschspielen?«[4], fragt der Allzweck-Philosoph Richard David Precht.
Aber muss man wirklich gleich ein ganzes Buch darüber schreiben? Ginge es nur um ein bisschen Pöbeln hier, ein paar Rüpel da, sicher nicht. Was aber, wenn die genannten Beispiele nur alltägliche Indizien für eine um sich greifende gesellschaftliche Verwahrlosung sind? Eine, die ganz oben beginnt, beim Bundesschnäppchenjäger Christian Wulff zum Beispiel oder bei VW-Chef Martin Winterkorn, der sein Gehalt 2011 um schlappe 63 Prozent nach oben schraubte und damit 17,4 Millionen Euro verdiente?[1] Und die unten so ankommt, dass sich Anstand, Skrupel und Rücksichtnahme einfach nicht auszahlen – Egoismus und Ignoranz aber sehr wohl?
Es wird gerade viel geredet und noch mehr geschrieben über die moralische Verlotterung der sogenannten Eliten. Gehalts- und Boni-Exzesse im Angesicht der Finanzkrise, das muntere Geben und Nehmen in der Politik – das sind Themen, die wie wenige andere für kollektive Empörung sorgen. Es ist aber eben nicht so, dass da ein paar skrupellose Schurken oder Egomanen versehentlich an wirtschaftliche und politische Schaltstellen gelangt sind. Die da oben gehören zu uns. Wie sie scheren wir uns immer seltener um lächerlichen Klimbim wie Rücksichtnahme. Wie sie zucken wir mit den Schultern, wenn uns einer mit vorgestrigen Begriffen wie Mitmenschlichkeit kommt. Wie sie holen wir stets das Beste für uns und unsere Kinder heraus, und zwar überall dort, wo es geht: auf der Straße, beim Einkauf, auf dem Fußballplatz … Und wer uns dabei in die Quere kommt, der kann aber was erleben.
Dass das auf Dauer nicht folgenlos bleiben kann, liegt auf der Hand. »Immer mehr Menschen können nicht mehr miteinander um- und aufeinander eingehen. Diese Erfahrung haben sie nicht gemacht. Vielleicht haben sie in einem frühkindlichen Förderkurs als Dreijährige eine erste und als Vierjährige eine zweite Fremdsprache nahegebracht bekommen. Aber miteinander spielen, lachen, Spaß haben oder traurig sein – das blieb ihnen nicht selten fremd. Kinder- und Jugendeinrichtungen schlagen Alarm. Sie halten mittlerweile jedes fünfte Kind für psychisch auffällig und die Hälfte davon für längerfristig behandlungsbedürftig«[5], schreibt der Sozialwissenschaftler Meinhard Miegel.
Die Stiftung für Zukunftsfragen, die regelmäßig das Freizeitverhalten der Deutschen untersucht, spricht von einer hilflosen Gesellschaft, »in der soziale Schichten und ganze Stadtteile auseinanderzudriften drohen und immer mehr neben- als miteinander wohnen und leben«[6]. Und das hat offenbar nicht nur damit zu tun, dass die Kommunen unter brutalem Sparzwang in den vergangenen Jahrzehnten vor allem solche Einrichtungen dichtgemacht haben, in denen Menschen Menschen begegnen – also etwa Jugendclubs, Schwimmbäder, Theater, Bibliotheken oder Stadtteiltreffs. Auch dort, wo sie noch aufeinandertreffen, zeichnen sich viele durch eine bemerkenswerte Unfähigkeit aus, miteinander auszukommen. »Wir alle müssen uns den Platz teilen«, schreibt Erlinger. »Das klingt ziemlich banal, ist aber auch die Grunderkenntnis, die man braucht, um zum richtigen Verhalten zu gelangen. (…) Und es funktioniert besser, wenn man die Größe des Teils, den man sich nimmt, dabei mit vorausschauender Rücksicht bestimmt.«[7] Nur: Wieso teilen? Mit wem? Was hab ich davon? Sind wir nicht alle Konkurrenten – um Jobs, Geld, Zeit, Platz? Im Frühjahr 2012 wurde Erlinger, der im Magazin der Süddeutschen Zeitung seit Jahren eine Art Moralorakel gibt, eine Gewissensfrage gestellt: Carsten H. aus Mainz wollte mal nachhören, ob es legitim sei, zwei Reservierungen für den Zug zu kaufen und den leeren Platz trotz Überfüllung standhaft zu verteidigen. Er selbst, so H. vorab, fühle sich jedenfalls »absolut im Recht«. Man kann davon ausgehen, dass etliche Mitmenschen 4 Euro fürs Alleinsein als lohnende Investition betrachten. Denn merke: Die Idioten sind immer die anderen.
Dabei stehen wir mit diesen anderen doch eigentlich in so dauerhaftem und engem Kontakt wie nie zuvor – nur eben nicht persönlich. Stattdessen mailen und simsen und twittern und posten wir, was das Zeug und die Daumen halten. Überall und jederzeit. Wirr vor sich hin brabbelnde Zeitgenossen, früher eher eine Seltenheit, dominieren inzwischen die öffentliche Bühne der Innenstädte. Nur tragen sie heute Headsets und Minimikrofone und lassen uns ungeniert an ihrem Intimleben teilhaben. Ob wir wollen oder nicht. »Wir sind immer intensiver miteinander verbunden, aber dabei seltsamerweise immer häufiger alleine«[8], schreibt die Sozialwissenschaftlerin Sherry Turkle in ihrem Buch »Alone Together«, das einen bezeichnenden Untertitel trägt: »Warum wir mehr von Technologie erwarten als von uns selbst.« Und da uns Smartphones die Tür zur weiten Welt öffnen, ist es wahrscheinlich wirklich zu viel verlangt, während der Nutzung auch noch die nächste Umgebung im Blick zu haben. Vielleicht sollte mal einer ein Anstands-App erfinden. Oder ist das zu old school?
Andererseits scheint den Deutschen selbst allmählich aufzufallen, dass da irgendetwas nicht stimmt. In Umfragen klagen immer mehr von uns über »soziale Kälte«. Glaubten im Jahr 1999 nur 42 Prozent der Befragten, dass das Klima im Land immer eisiger wird, waren es 2003 bereits 52, vier Jahre später sogar 58 Prozent. Im Vergleich zu acht anderen europäischen Ländern[2] war das der mit Abstand höchste Wert.[9]
Es ist schon erstaunlich: Deutschland ist das reichste Land Europas und eines der reichsten der Welt. Die Wirtschaft wächst scheinbar unaufhörlich. Die Finanzkrisen der letzten Jahre scheinen allen, nur nicht den Deutschen, zugesetzt zu haben. Die Arbeitslosenrate sinkt und sinkt, der materielle Wohlstand wächst und wächst. Aber zufrieden sind die Wenigsten. Die Miesmuffeligkeit ist alltäglich und überall zu beobachten und sogar statistisch zu messen. Mit großer Leidenschaft machen wir uns gegenseitig das Leben schwer. Besonders überraschend sei das allerdings nicht, sagt der Sozialphilosoph Oskar Negt. »Werden Konkurrenz, Wettbewerbslust und Rücksichtslosigkeit im Umgang mit Menschen untereinander zu Tugenden deklariert (…), dann verändert sich unversehens das vorherrschende Menschenbild einer Gesellschaft.«[10]
Die Sache hat halt nur eine unübersehbare Kehrseite: den Verlust von Gemeinschaft. Ganze Dienstleistungsbranchen boomen aufgrund unserer wachsenden Unfähigkeit, Menschen unter Menschen zu sein: das Sicherheitsgewerbe, private Kinder- und Bildungseinrichtungen, die Wellnessindustrie und das Metier der professionellen Streitschlichter, das seit Jahren so krisensicher ist wie kaum ein anderes.[3] Gleichzeitig stapeln sich in den Buchhandlungen Ratgeber zum Thema Glück – weil es sich von allein offenbar nicht mehr einstellt.
Im Jahr 1893 beschrieb der Soziologe Émile Durkheim in seinem Werk »Über die Teilung der sozialen Arbeit« einen gesellschaftlichen Zustand, in dem gemeinschaftliche Normen verschwinden, die Gruppenmoral ins Wanken gerät und soziale Kontrolle kaum noch stattfindet. Durkheim nannte diesen Zustand »Anomie« (abgeleitet von »a nomos« – ohne Regeln). Typische Merkmale seien unter anderem wachsende Selbstmord- und Scheidungsraten, Kirchenaustritte, Bindungslosigkeit, zunehmende psychische Erkrankungen, ausufernde Vereinzelung und die Zunahme von Gewalt. Die Folgen: andauernde Unzufriedenheit und Angst.
Zufall oder nicht: In der Rüpel-Republik sind all diese Merkmale zu beobachten.
[11]