Slavoj Žižek
Die bösen Geister des himmlischen Bereichs
Der linke Kampf um das 21. Jahrhundert
Aus dem Englischen von Frank Born
Fischer e-books
Slavoj Žižek, geboren 1949, ist Philosoph, Psychoanalytiker und Kulturkritiker. Er lehrt an der Universität von Ljubljana in Slowenien und ist derzeit International Director am Birkbeck Institute for the Humanities in London. Seine zahlreichen Bücher sind in über 20 Sprachen übersetzt.
Weitere Informationen, auch zu E-Book-Ausgaben, finden Sie bei www.fischerverlage.de
© Slavoj Žižek 2011
Für die deutsche Ausgabe:
© 2011 S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main
Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.
Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.
ISBN 978-3-10-401400-5
Karl Marx, »Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung«, in: Karl Marx und Friedrich Engels, Werke, Band 1 , Berlin: Dietz 1976, S.381f.
… wenn auch in die falsche Richtung.
G. K. Chesterton, Father Browns Einfalt. Zwölf Geschichten, Zürich: Haffmans 1991.
Ebd., S.234.
Ebd., S.239–246.
Ebd., S.246f.
Ebd., S.249.
Ebd., S.252.
G. W. F. Hegel, Werke in 20 Bänden. Band 3 , Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1970, S.489.
Peter Sloterdijk, Zorn und Zeit. Politisch-psychologischer Versuch, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2006, S.260.
G. K. Chesterton, Der Mann, der Donnerstag war. Eine Nachtmahr, Stuttgart: Klett-Cotta 1982, S.56.
Denselben Gedanken formulierte schon Heinrich Heine in seiner Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland von 1834, wenn auch als positiven, bewunderungswürdigen Umstand: »Dieses merkt euch, ihr stolzen Männer der Tat. Ihr seid nichts als unbewußte Handlanger der Gedankenmänner, die oft in demütigster Stille euch all eu’r Tun aufs bestimmteste vorgezeichnet haben.« (Heinrich Heine, Werke und Briefe in 10 Bänden, hg. v. Hans Kaufmann, Band 5 , Berlin: Aufbau 1961, S.258)
Terry Eagleton, Holy Terror, Oxford: Oxford University Press 2005.
Ebd., S.50f.
Jacques-Alain Miller, Le Neveu de Lacan, Lagrasse: Verdier 2003, S.146f.
Die Seitenzahlen in Klammern in diesem Abschnitt beziehen sich auf Wendy Brown, Politics Out of History, Princeton: Princeton University Press 2001.
Nietzsche wird seltsamerweise regelmäßig von den gleichen Autoren dekontextualisiert/enthistorisiert, die ansonsten so eifrig bemüht sind, Lacan und andere zu kontextualisieren/historisieren, um deren metaphysische und repressive Voreingenommenheit aufzuzeigen. In Deleuzes paradigmatischer Nietzsche-Interpretation verschwindet diese Dimension völlig. (Während sich dieselben Autoren typischerweise ausführlich mit dem Antisemitismus von Nietzsches großem Widersacher Wagner befassen und ihn in seinen historischen Kontext einordnen …).
Diese Parallele hat natürlich ihre Grenzen, vor allem weil Foucaults Iran-Engagement als idiosynkratische Geste eines Einzelnen wahrgenommen wurde, die nicht im Einklang mit dem hegemonialen liberaldemokratischen Konsens stand, während Heideggers Beteiligung am Nationalsozialismus dem vorherrschenden Trend unter radikalkonservativen deutschen Intellektuellen folgte.
Janet Afary und Kevin B. Anderson, Foucault and the Iranian Revolution. Gender and the Seductions of Islamism, Chicago: University of Chicago Press 2005, S.3f.
Michel Foucault, »Nutzlos, sich zu erheben«, in: Ders., Schriften in vier Bänden. Dits et Ecrits. Band III1976–1979 , Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2003, S.987–992, S.987f.
Gilles Deleuze, Unterhandlungen. 1972–1990 , Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1993, S.245.
Foucault, »Nutzlos, sich zu erheben«, a.a.O., S.990.
Ist dieser magische Augenblick des Enthusiasmus, der Einheit und des gemeinschaftlichen Willens aber nicht ein exemplarischer Fall dessen, was Lacan die imaginäre Identifikation nennt? Man kann an diesem Beispiel sehr schön den Wechsel in Lacans Lehre ablesen: Vor 1950 hätte er diese enthusiastische Einheit zweifellos als imaginäre Verkennung einer symbolischen Überdeterminierung zurückgewiesen, während der späte Lacan darin die Eruption des Realen erkannt hätte.
Michel Foucault, »Der Geist geistloser Zustände (Gespräch)«, in: Ders., Schriften in vier Bänden. Dits et Ecrits. Band III1976–1979 , Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2003, S.929–943, S.938.
Ebd., S.933f.
Foucault, »Nutzlos, sich zu erheben«, a.a.O., S.988.
Ebd., S.990.
Foucault, »Der Geist geistloser Zustände (Gespräch)«, a.a.O., S.943.
Fethi Benslama, La psychanalyse à l’épreuve de l’Islam, Paris: Aubier 2002, S.320.
Ebd.
Ernst Nolte, Martin Heidegger. Politik und Geschichte im Leben und Denken, Berlin, Frankfurt a.M.: Propyläen 1992, S.296. Die gleiche Verteidigungsstrategie für Heideggers NS-Engagement verfolgt übrigens schon Jean Beaufret in einem Brief von 1963 (vgl. Emmanuel Faye, Heidegger. Die Einführung des Nationalsozialismus in die Philosophie; im Umkreis der unveröffentlichten Seminare zwischen 1933 und 1935 , Berlin: Matthes & Seitz 2009, S.415ff.).
Mark Wrathall, How to Read Heidegger, London: Granta Books 2005, S.87.
Ebd., S.86.
Steve Fuller, Kuhn vs. Popper. The Struggle for the Soul of Science, Cambridge: Icon Books 2006, S.191.
Miguel de Beistegui, The New Heidegger, London: Continuum 2005, S.7.
Ebd., S.175f.
Hannah Arendt, Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. Antisemitismus, Imperialismus, totale Herrschaft, München, Zürich: Piper 1986, S.705f.
Vgl. Hannah Arendt, Über die Revolution, München: Piper 1963, S.275f.
Robert Pippin, The Persistence of Subjectivity. On the Kantian Aftermath, Cambridge: Cambridge University Press 2005, S.165.
Ebd., S.22.
De Beistegui, The New Heidegger, a.a.O., S.182.
Ebd.
Wrathall, How to Read Heidegger, a.a.O., S.82.
Ebd., S.79f.
Ebd., S.81f.
Alle Verweise und Zitate aus den beiden genannten Seminaren entstammen Faye, Heidegger, a.a.O. Seitenangaben im Folgenden in Klammern im Text.
Martin Heidegger, Gesamtausgabe, Band 40: Einführung in die Metaphysik , Frankfurt a.M.: Klostermann 1983, S.38.
Jean-François Kervégan, »›La vie éthique perdue dans ses extrêmes …‹ Scission et réconciliation dans la théorie hégélienne de la Sittlichkeit«, in: Olivier Tinland (Hg.), Lectures de Hegel. Ouvrage collectif, Paris: Livre de Poche 2005, S.283.
Ebd., S.291.
Die Frage ist natürlich, ob die Marktdynamik wirklich hält, was sie verspricht. Sorgt sie nicht für eine ständige Destabilisierung des Sozialkörpers, insbesondere indem sie Klassenunterschiede vergrößert und die Entstehung eines »Pöbels« verursacht, dem die Lebensgrundlage entzogen wird? Hegel hatte hier eine sehr pragmatische Lösung – er entschied sich für sekundäre Palliativmaßnahmen wie die koloniale Expansion und besonders die Vermittlerrolle der Stände. Und heute, 200 Jahre später, stehen wir immer noch vor diesem Dilemma Hegels. Das deutlichste Anzeichen für die historische Beschränkung Hegels ist sein doppelter Gebrauch des Wortes Sitten: Es steht einmal für die unmittelbare organische Einheit, die man hinter sich lassen muss (das Ideal der griechischen Antike) und zum anderen für die höhere organische Einheit, die in einem modernen Staat erreicht werden soll.
G. W. F. Hegel, Werke in 20 Bänden. Band 7 , Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1970, S.445.
Ebd., S.446.
Ebd., S.449f.
Ebd., S.450.
Zahlten die Marxisten, die Hegel nachäfften, nicht den Preis für ihre Nachlässigkeit mit einem Führer, der die rationale Totalität nicht nur unmittelbar, sondern, als allwissende Gestalt, vollkommen verkörperte, nicht nur als idiotisches i-Tüpfelchen? Ein stalinistischer Führer ist, anders gesagt, kein Monarch, und das macht ihn viel schlimmer …
Ebd., S.451.
Heidegger, Einführung in die Metaphysik, a.a.O., S.141f.
Martin Heidegger, Gesamtausgabe, Band 43: Nietzsche: Der Wille zur Macht als Kunst , Frankfurt a.M.: Klostermann 1985, S.193.
Im Internet auf Englisch abrufbar unter www.slate.com/id/2107100.
Im Internet auf Englisch abrufbar unter http://www.nybooks.com/articles/archives/1975/feb/06/fascinating-fascism.
Martin Heidegger, Gesamtausgabe, Band 45: Grundfragen der Philosophie , Frankfurt a.M.: Klostermann 1984, S.41.
Obwohl Heidegger sein Deutschtum und die einzigartige Rolle der deutschen Sprache stets betonte, musste er seine ethnischen Wurzeln doch in gewisser Weise verraten: Sein gesamtes Denken ist von der Spannung zwischen dem Griechischen und dem Deutschen geprägt. Die deutschen Wurzeln mussten auf die griechischen bezogen werden; sie ließen sich nicht einfach in einer linearen Geschichte der Entwicklung der abendländischen Metaphysik vereinen. Die deutschen Wurzeln haben ihren eigenen Inhalt, der sich nicht auf griechische Wurzeln reduzieren lässt (so analysiert er etwa in Unterwegs zur Sprache den Geist als eine »Flamme, die sich selbst entzündet« und den Weg für die Idee der sich selbst setzenden Subjektivität des deutschen Idealismus ebnet – Heidegger stellt heraus, dass sich dieser Geistesbegriff im Griechischen nicht finden lässt); das Griechische bleibt eine Fremdsprache, die es zu entziffern gilt.
Persönliche Mitteilung von Prof. Wolfgang Schirmacher, New York/Saas-Fee.
Martin Heidegger, Gesamtausgabe Band 34: Vom Wesen der Wahrheit. Zu Platons Höhlengleichnis und Theätet , Frankfurt a.M.: Klostermann 1988, S.106.
Vgl. Jacques Derrida, Vom Geist. Heidegger und die Frage, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1988.
Bret W. Davis, Heidegger and the Will. On the Way to Gelassenheit, Evanston: Northwestern University Press 2007 (die Seitenzahlen in Klammern im folgenden Abschnitt verweisen auf dieses Buch).
Siehe Kapitel 1 in Slavoj Žižek, Die Tücke des Subjekts, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2001, S.15ff.
Um den Eindruck zu vermeiden, wir würden nicht genügend berücksichtigen, dass der Begriff des Willens nicht nur dem technischen Schub in Richtung Kontrolle und Herrschaft, sondern auch der militaristischen Gesinnung von Kampf und Opfer zugrunde liegt, möchten wir daran erinnern, dass Gelassenheit uns in keiner Weise vor den verheerendsten technischen und militärischen Beteiligungen schützen kann – das Schicksal des Zen-Buddhismus in Japan macht dies überdeutlich.
Martin Heidegger, Gesamtausgabe Band 5: Holzwege , Frankfurt a.M.: Klostermann 1977, S.355.
Hannah Arendt, Vom Leben des Geistes. Band II: Das Wollen , München, Zürich: Piper 1979, S.185.
Wrathall, How to Read Heidegger, a.a.O., S.87.
Vgl. Gregory Fried, Heidegger’s Polemos: From Being to Politics, New Haven: Yale University Press 2000.
Im griechischen Original steht das Verb, wie im Griechischen üblich, am Satzende, und so erinnert der Anfang des Fragments auf merkwürdige Weise an die jedem Freund der Popkultur vertraute Sprechweise des heraklitischen Gnoms Yoda aus Krieg der Sterne, dessen tiefsinnige Äußerungen ebenfalls diese Satzstellung aufweisen; wir sollten den Anfang des Zitats (polemos panton men pater esti) daher in Yoda-Sprache übersetzen: »Der Krieg aller Dinge Vater ist …«.
Heidegger, Einführung in die Metaphysik, a.a.O., S.66.
Josef Stalin, »Über dialektischen und historischen Materialismus«, im Internet abrufbar unter http://www.stalinwerke.de/geschichte/geschichte-021.html.
Heidegger, Einführung in die Metaphysik, a.a.O., S.159–177.
Vgl. das »Vorwort« in Alain Badiou, Logiken der Welten. Das Sein und das Ereignis 2 , Zürich: diaphanes 2010, S.17ff.
Der Haken an der Sache ist natürlich die Doppeldeutigkeit des Wortes »Volk«: Sind damit die »empirischen« Menschen gemeint, oder das Volk, in dessen Namen man den Terror im Namen des Volkes gegen die Feinde des Volkes in den Terror gegen einzelne Menschen verwandeln kann? Bietet die ökologische Herausforderung nicht die einzigartige Gelegenheit, diese »ewige Idee« neu zu erfinden?
Ansätze waren natürlich auch schon bei den früheren »millenaristischen« Revolutionären (von den tschechischen Hussiten bis zu Thomas Müntzer) sowie in Cromwells Commonwealth erkennbar.
Für eine ausgewogene Beschreibung des Schreckens siehe David Andress, The Terror. Civil War in the French Revolution, London: Little, Brown 2005.
Daniel Bensaïd und Alain Krivine, »La haine de 68«, in: Liberation vom 3. Mai 2007, im Internet abrufbar unter http://www.liberation.fr/tribune/0101101085-la-haine-de-68.
Maximilien Robespierre, Ausgewählte Texte, Hamburg: Merlin 1971, S.594f. (Seitenzahlen im Folgenden in Klammern im Text.)
Ruth Scurr, Fatal Purity. Robespierre and the French Revolution, London: Chatto & Windus 2006.
Antonia Fraser, »Head of the revolution«, in: The Times, 22. April 2006, Books, S.9.
Badiou, Logiken der Welten, a.a.O., S.108.
Louis Antoine de Saint-Just, Œuvres choisies, Paris: Gallimard 1968, S.330.
Und er sollte recht behalten: Wie wir heute wissen, stand König Ludwig XVI. in den letzten Tagen seiner Freiheit in Verhandlungen mit ausländischen Mächten über den Beginn eines Krieges Frankreichs gegen das europäische Ausland, in dem sich der König als Patriot hätte hinstellen können, der die französische Armee anführt, um dann mit den europäischen Mächten einen ehrenhaften Frieden für sein Land auszuhandeln und so seine volle Autorität wiederzugewinnen – kurz: Der »sanfte« Ludwig XVI. war bereit, Europa in den Krieg zu stürzen, um seinen Thron zu retten …
Vgl. Walter Benjamin, »Zur Kritik der Gewalt«, in: Ders., Gesammelte Schriften, hg. v. Rolf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser, Band II/1, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1991, S.179–204.
Friedrich Engels, »Einleitung zur Ausgabe von 1891« von Karl Marx, Der Bürgerkrieg in Frankreich, in Karl Marx, Friedrich Engels, Werke. Band 17 , Berlin (Ost): Dietz 1962, S.625.
Maximilien Robespierre, Virtue and Terror, London: Verso 2007, S.130.
Vgl. Alain Badiou, Das Jahrhundert, Zürich: diaphanes 2006.
Vgl. die ausführliche Analyse in Claude Lefort, »The Revolutionary Terror«, in: Ders., Democracy and Political Theory, Minneapolis: University of Minnesota Press 1988, S.50–88.
Zitiert nach Lefort, »The Revolutionary Terror«, a.a.O., S.63.
Zitiert nach ebd., S.65.
Zitiert nach ebd., S.64.
Mao Tse-tung: »Worte des Vorsitzenden Mao Tse-tung«, http://www.infopartisan.net/archive/maowerke/Mao_Worte_des_Vorsitzenden.htm#link5.
Mao Zedong, On Practice and Contradiction, London: Verso 2007, S.87.
Zitiert nach Brian Daizen Victoria, Zen War Stories, London: Routledge 2003, S.132.
Ebd., S.106f.
»quaeratur via qua nec sepultis mixtus et vivis tamen exemptus erres« (Seneca, Oedipus, in: Ders., Sämtliche Tragödien. Lateinisch und Deutsch. Band II , Zürich, Stuttgart: Artemis 1969, S.29–103, Z. 949–951).
Margaret Washington, »Brown’s egalitarianism«, http://www.pbs.org/wgbh/amex/brown/filmmore/reference/interview/washington05.html.
Ebd.
Vgl. Henry David Thoreau, Civil Disobedience and Other Essays, New York: Dover Publications 1993.
Wendy Brown, States of Injury. Power and Freedom in Late Modernity, Princeton: Princeton University Press 1995, S.14.
Wie steht es mit Robespierres ziemlich lächerlichem Versuch, eine neue Staatsreligion durchzusetzen, die ein Höchstes Wesen verehrte? Er selbst hat den Hauptgrund für seine Ablehnung des Atheismus kurz und bündig benannt: »Der Atheismus ist aristokratisch.« (Maximilien Robespierre, Œuvres Complètes, Paris: Leroux 1910–1967, Band 10, S.195.) Atheismus war für ihn die Ideologie der zynisch-hedonistischen Aristokraten, die jeden Sinn für die historische Mission verloren hatten.
So führten etwa einige westliche Marxisten den Stalinismus darauf zurück, dass Russland der Sphäre der »asiatischen Produktionsweise« angehört habe und sahen darin eine neue Form von »orientalischer Despotie« – die Ironie daran ist, dass für traditionelle Russen das genaue Gegenteil gilt: »Es war immer eine Grille des Westens, Lenin und Stalin als ›orientalische‹ Despoten zu sehen. Die großen russischen Tyrannen des 18. und des 20. Jahrhunderts waren Westler.« (Lesley Chamberlain, The Philosophy Steamer. Lenin and the Exile of the Intelligentsia, London: Atlantic Books 2006, S.270)
Emmanuel Lévinas, Die Unvorhersehbarkeiten der Geschichte, Freiburg, München: Alber 2006, S.146.
Martin Heidegger, Gesamtausgabe, Band 42: Schelling: Vom Wesen der menschlichen Freiheit (1809) , Frankfurt a.M.: Klostermann 1988, S.175.
G. W. F. Hegel, Werke in 20 Bänden. Band 3 , a.a.O., S.352f.
F. W. J. Schelling, Die Weltalter. Fragmente. In den Urfassungen von 1811 und 1813 , hg. v. Manfred Schröter, München: Biederstein & Leibniz 1946, S.13.
Georgi M. Derluguian, Bourdieu’s Secret Admirer in the Caucasus. A World-System Biography, Chicago: University of Chicago Press 2005.
Mao Zedong, »Über den Widerspruch«, www.marxists.org/deutsch/referenz/mao/1937/wider/04-teil4.htm.
Ebd.
Mao, On Practice and Contradiction, a.a.O., S.117f.
Alain Badiou, »Prefazione all’edizione italiana«, in: Ders., Metapolitica, Napoli: Cronopio 2002, S.14.
Und sind nicht die jüngsten Äußerungen von Toni Negri und Michael Hardt eine Art unerwartete Bestätigung dieses Badiou’schen Gedankens? Einer paradoxen Notwendigkeit folgend hat ausgerechnet ihr (Fokussieren des) Antikapitalismus sie dazu gebracht, die revolutionäre Kraft des Kapitalismus anzuerkennen, so dass man, wie sie es jüngst ausdrückten, den Kapitalismus nicht mehr bekämpfen müsse, weil er schon aus sich heraus kommunistische Potentiale erzeuge – ein »Kommunistisch-Werden des Kapitalismus«, um mit Deleuze zu sprechen …
Mao, On Practice and Contradiction, a.a.O., S.131 u. 137.
Mao Tse-tung, »Rede über Fragen der Philosophie«, www.infopartisan.net/archive/maowerke/maosonst3.htm.
Ebd.
Ebd.
Ebd.
Jung Chang und Jon Halliday, Mao. Das Leben eines Mannes, das Schicksal eines Volkes, München: Pantheon 2007.
Auch mit seinem Brief an Herbert Marcuse hat Heidegger unrecht, wenn er den Holocaust mit der Vertreibung von Deutschen aus Osteuropa 1946–47 vergleicht. Marcuses Antwort trifft es genau: Der Unterschied zwischen dem Schicksal der Juden und dem der deutschen Vertriebenen war zu jenem Zeitpunkt der schmale Grat zwischen Barbarei und Zivilisation.
Mao, »Rede über Fragen der Philosophie«, a.a.O.
Ebd.
Mao, »Worte des Vorsitzenden Mao Tse-tung«, a.a.O.
Vgl. Samuel Beckett, Werke, Band III: Romane , Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1976, S.566.
Eduard Bernstein, Die Voraussetzungen des Sozialismus und die Aufgaben der Sozialdemokratie, Berlin: Dietz 1991, S.201.
So ist es auch kein Wunder, dass Mao bei der Beschreibung der »demokratischen Methode der Lösung von Widersprüchen im Volke« seine eigene Version der »Negation der Negation« liefern muss, die sich in der Formel »Einheit – Kritik – Einheit« verbirgt: »Von dem Wunsch nach Einheit ausgehen, durch Kritik oder Kampf die Widersprüche lösen, um damit eine neue Einheit auf neuer Grundlage zu erreichen. Unsere Erfahrung zeigt, daß das eine richtige Methode zur Lösung der Widersprüche im Volke ist.« (Mao, »Worte des Vorsitzenden Mao Tse-tung«, a.a.O.)
Mao, »Rede über Fragen der Philosophie«, a.a.O.
Percy Bysshe Shelley, Poetische Werke in einem Bande, Leipzig: Engelmann 1844, S.288.
Es gibt einen kurzen Hinweis in diese Richtung in der Mitte des Films, der aber nicht weiterverfolgt wird.
Jonathan Spence, Mao, München: Claassen 2003, S.13f.
Badiou, Logiken der Welten, a.a.O., S.72–81.
Ebd., S.549.
Fredric Jameson, The Seeds of Time, New York: Columbia University Press 1994, S.89.
Ebd., S.90.
Als Che Guevara 1965 alle öffentlichen Ämter und sogar die kubanische Staatsbürgerschaft ablegte, um sich ganz der Weltrevolution zu widmen – war diese suizidale Geste des Abschneidens sämtlicher Verbindungen zur institutionellen Welt wirklich ein Akt? Oder war es eine Flucht vor der unmöglichen Aufgabe des positiven Aufbaus des Sozialismus, davor, den Konsequenzen der Revolution treu zu bleiben und somit ein implizites Eingeständnis des Scheiterns?
Brian Massumi, »Navigating Movements«, in: Mary Zournazi (Hg.), Hope. New Philosophies for Change, New York: Routledge 2002, S.210–242, hier S.224.
Vgl. den Artikel »Renewed Faith«, in: Time, 8. Mai 2006, S.34f.
Immanuel Kant, »Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?«, in: Werke in zwölf Bänden, Bd. 11 , hg. v. Wilhelm Weischedel, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1977, S.55.
»Even what’s secret is a secret in China«, in: The Japan Times, 16. Juni 2007, S.17.
Eyal Weizman, »The Art of War«, www.frieze.com/issue/article/the_art_of_war/.
Gordon G. Chang, »China in Revolt«, in: Commentary, Dezember 2006, im Internet unter www.commentarymagazine.com/article/china-in-revolt/.
Robespierre, Virtue and Terror, a.a.O., S.129.
G. W. F. Hegel, Werke in 20 Bänden. Band 12 , Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1970, S.527–529.
Samuel Beckett, Worstward Ho. Aufs Schlimmste zu, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1989, S.7.
Zitiert nach Orlando Figes, Nataschas Tanz. Eine Kulturgeschichte Russlands, Berlin: Berlin Verlag 2003, S.466.
Ebd., S.483f.
Ebd., S.499f.
Ebd., S.501.
Ian MacDonald, The New Shostakovich, London: Pimlico 2006, S.299.
Vgl. James G. Blight und Philip Brenner, Sad and Luminous Days. Cuba’s Struggle with the Superpowers after the Missile Crisis, New York: Rowman & Littlefield 2002.
Zitiert nach ebd., S.23.
Ignacio Ramonet, Fidel Castro. Mein Leben, Berlin: Rotbuch 2008, S.307.
Ebd., S.310. Der letzte Satz ist dort nicht übersetzt. Der vollständige Briefwechsel in englischer Sprache ist online unter www.cubanet.org/ref/dis/10110201.htm zugänglich.
Ebd., S.312f.
Man könnte Castros Forderung dennoch als »rationale« strategische Überlegung sehen, wenn man von einer grausamen und zynischen Kalkulation ausgeht und sich folgendes Szenario vorstellt: Die US-Armee marschiert mit konventionellen Waffen in Kuba ein, dann vernichten sich die USA und die UdSSR gegenseitig (und vielleicht auch Europa), so dass die Besetzung Kubas durch die USA bedeutungslos wird und Kuba (zusammen mit dem Großteil der Dritten Welt) als Sieger überlebt …
Stephen Kotkin, »A Conspiracy So Immense«, in: The New Republic Online, 13. 02. 2006.
Simon Sebag Montefiore, Stalin. Am Hof des roten Zaren, Frankfurt a.M.: Fischer 2005, S.217.
Siehe Alexei Yurchaks wundervolles Buch Everything Was Forever, Until It Was No More. The Last Soviet Generation, Princeton: Princeton University Press 2006, S.52.
Zitiert nach Victor Sebestyen, Twelve Days. The Story of the 1956 Hungarian Revolution , New York: Pantheon 2006, S.92.
Siehe Josif V. Stalin, Über dialektischen und historischen Materialismus, Frankfurt a.M. u.a.: Diesterweg 1956.
Bis vor kurzem existierten noch Spuren eines solchen semantisch vollkommen gesättigten Raums im offiziellen Diskurs Chinas; auch die Philosophie unterlag der strengen Organisation und Planung, was einige komische Effekte zur Folge hatte. Ein Freund berichtete mir nach dem Besuch des philosophischen Instituts in einer der (für uns Europäer) anonymen chinesischen Millionenstädte, in der Eingangshalle habe zu seiner Überraschung eine große Anzeigetafel gehangen, auf der die Errungenschaften des letzten Fünfjahresplans der philosophischen Forschung nachzulesen waren – welche ontologischen, epistemologischen, ästhetischen und sonstigen Fragen geklärt worden waren. Man kann sich also ein Gespräch mit einem Mitglied dieses Instituts vorstellen, der auf die Frage, ob der Tisch vor ihm außerhalb seines Geistes existiere, schlagfertig erwidert: »Tut mir leid, ich kann Ihnen darauf noch keine endgültige Antwort geben; gemäß unserem Fünfjahresplan wird dieses Thema erst 2012 behandelt.«
Das ist so nicht ganz richtig: Anfang der 1930er Jahre wurde Die Maßnahme häufig als Teil der Propaganda und des Kulturprogramms der Deutschen Kommunistischen Partei vor großen Massen von Arbeitern aufgeführt; Hanns Eisler hatte dazu eine Musik für großes Orchester und großen Chor komponiert. Wahr ist, dass das Stück viele kritische Reaktionen in der offiziellen Parteipresse hervorrief. Man war zwar vorsichtig darauf bedacht, Brecht nicht vor den Kopf zu stoßen – schließlich war er ein sehr populärer und renommierter Autor, der erst kürzlich begonnen hatte, die Kommunisten zu unterstützen –, äußerte aber dennoch ein gewisses Unbehagen über die »falsche politische Linie« des Stücks. Das Stück verschwand dann quasi für über ein halbes Jahrhundert von der Bühne; abgesehen von einer kurzen Wiederaufnahme am Berliner Ensemble Anfang der 1950er Jahre fand seine erste öffentliche Aufführung (ebenfalls am Berliner Ensemble) erst Ende der 1990er Jahre statt – Brecht selbst und seine Rechtsnachfolger (seine Ehefrau Helene Weigel und seine Tochter Barbara) lehnten sämtliche Aufführungsanfragen ab.
David Caute, The Dancer Defects. The Struggle for Cultural Supremacy During the Cold War, Oxford: Oxford University Press 2003, S.295.
Die beste psychoanalytische Erwiderung auf diese moralische Maxime ist daher, sich vorzustellen, was es wohl für einen Masochisten bedeuten mag, diesen Grundsatz zu befolgen.
Die Notiz erschien erstmals in russischer Sprache in der Prawda vom 21. Dezember 1994. Darunter hatte Stalin noch mit blauem Stift geschrieben: »Ach herrje, was sehen wir, was sehen wir?« Die Übersetzung ist zitiert nach Donald Rayfield, Stalin und seine Henker, München: Blessing 2004, S.45.
Dasselbe gilt auch für einen radikalen hedonistischen Atheisten wie Marquis de Sade. Aufmerksame Leser seiner Schriften (wie Pierre Klossowski) haben schon seit langem den Verdacht, dass der Genusszwang, welcher den Sade’schen Libertin antreibt, einen versteckten Verweis auf eine verborgene Gottheit enthält, die Lacan als »höchstes Wesen des Bösen« bezeichnet: ein obskurer Gott, der mit dem Leid Unschuldiger gefüttert werden will.
Siehe die vorzügliche Einleitung von Lars T. Lih in: Ders.u.a. (Hg.), Stalin’s Letters to Molotov. 1925–1936 , New Haven: Yale University Press 1995, S.60–64.
Ebd., S.48.
Ebd.
W. I. Lenin, Briefe. Band III. November 1910–Juli 1914 , Berlin (Ost): Dietz 1967.
Ebd., S.231ff.
Ebd., S.234.
Ebd., S.235.
Leo Trotzki, Tagebuch im Exil, Köln: Kiepenheuer & Witsch 1979, S.189.
Im Internet abrufbar unter www.stalinwerke.de/band06/b06–006.html.
Siehe Jonathan Brent und Vladimir P. Naumov, Stalin’s Last Crime. The Plot Against the Jewish Doctors, 1948–1953 , New York: HarperCollins 2003.
Ian Buchanan, Deleuzism. A Metacommentary, Durham: Duke University Press 2000, S.5.
Gemeint ist George Leggett, The Cheka: Lenin’s Political Police, Oxford: Oxford University Press 1981.
Lesley Chamberlain, The Philosophy Steamer. Lenin and the Exile of the Intelligentsia, London: Atlantic 2006, S.315f.
Bekanntlich fand man nach Stalins Tod in seiner Bibliothek ein Exemplar von Trotzkis Terrorismus und Kommunismus, voll mit Notizen, die Stalins Zustimmung zu erkennen geben.
Siehe Igal Halfin, »The Bolsheviks’ Gallows Laughter«, in: Journal of Political Ideologies, Oktober 2006, S.247–268.
Ebd., S.247.
Theodor W. Adorno, Briefe und Briefwechsel. Band 1: Theodor W. Adorno/Walter Benjamin. Briefwechsel 1928–1940 , Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1994, S.328.
Stephen Johnson, »The Eighth Wonder«, in: The Grammophone, Juli 2006, S.28.
Zitiert nach MacDonald, The New Shostakovich, a.a.O., S.1.
Iljenkow war übrigens auch ein leidenschaftlicher Wagnerianer, für den »Der Ring des Nibelungen eine Vertonung von Karl Marx’ Das Kapital« darstellte.
MacDonald, The New Shostakovich, a.a.O., S.300.
Ebd., S.304.
Ronald Woodley im CD-Begleitheft der Aufnahme der Violinsonaten mit Martha Argerich und Gidon Kremer (Deutsche Grammophon 431 803–2).
Schostakowitsch ist hier traditioneller als Prokofjew. Das beste Beispiel für die »Explosion des Dings« in seinem Werk ist zweifellos der zweite Satz seiner Zehnten Sinfonie, ein kurzes, aber heftiges und energisches Scherzo mit peitschenden Akkorden, welches meist als »Stalin-Porträt« bezeichnet wird (man fragt sich allerdings warum – warum spricht man nicht einfach von einem Ausbruch überbordender Lebenskraft?). Es ist interessant, dass dieser mit gut vier Minuten kürzeste der vier Sätze (der erste dauert 23, der dritte und vierte jeweils zwölf Minuten) dennoch das energetische Zentrum der gesamten Sinfonie bildet; sein wildes Motiv klingt in den anderen Sätzen wider, seine überschäumende Energie breitet sich aus – so als würden wir hier in diesem zweiten Satz mit der Gefahr spielen, »von der Sonne verbrannt« zu werden …
Ian MacDonald, »Prokofiev, Prisoner of the State«, im Internet abrufbar unter www.siue.edu/~aho/musov/proko/prokofiev2.html.
Michael Tanner, »A dissenting view«, in: The Grammophone, Juli 2006, S.23.
Vgl. Richard Maltby, »›A Brief Romantic Interlude‹: Dick and Jane go to 3½ Seconds of the Classic Hollywood Cinema«, in: David Bordwell und Noel Carroll (Hg.), Post-Theory. Reconstructing Film Studies, Madison: University of Wisconsin Press 1996, S.434–459.
Ebd., S.443.
Ebd., S.441.
Vgl.ebd., S.445.
Figes, Nataschas Tanz, a.a.O., S.511f.
Ebd., S.595.
Karl Marx, »Die Klassenkämpfe in Frankreich 1848 bis 1850«, in: Karl Marx und Friedrich Engels, Werke, Band 7 , Berlin: Dietz 1969, S.59.
Vgl. Bernd Feuchtner, »Und Kunst geknebelt von der groben Macht« – Dimitri Schostakowitsch. Künstlerische Identität und staatliche Repression, Frankfurt a.M.: Sendler 1986, S.149f.
Primo Levi, Ist das ein Mensch? Die Atempause, München, Wien: Hanser 1991, S.123.
In englischer Sprache im Internet abrufbar unter www.siue.edu/~aho/musov/basner/basner.html.
Vgl. Boris Groys, »Totalitarizm karnavala«, in: Vitalij Machlin (Hg.), Bachtinskij sbornik III , Moskau: Labirint 1997, S.76–80.
Richard Overy, Die Diktatoren. Hitlers Deutschland, Stalins Rußland, München: Deutsche Verlags-Anstalt 2005, S.274.
Andrzej Walicki, Marxism and the Leap to the Kingdom of Freedom. The Rise and Fall of the Communist Utopia, Stanford: Stanford University Press 1995, S.522.
Die andere atemraubende Ironie ist, dass das Studio, als die erste Version des Films abgelehnt wurde, weil sie das sowjetische Dorfleben nicht im richtigen optimistischen sozialistisch-realistischen Geist zeigte, ausgerechnet Isaak Babel engagierte, um das Drehbuch umzuschreiben.
Sergei Eisenstein, Ivan the Terrible, London: Faber & Faber 1989, S.240f.
Ebd., S.237.
In englischer Sprache im Internet abrufbar unter revolutionarydemocracy.org/rdv3n2/ivant.htm.
Eisenstein, Ivan the Terrible, a.a.O., S.249–253.
Siehe Choe Sang-Hun, »Born and raised in a North Korean gulag«, in: International Herald Tribune, 9. Juli 2007, im Internet abrufbar unter www.iht.com/articles/2007/07/09/news/korea.php.
Ein Negativ jener Ablehnung, den Nationalsozialismus als politisches Projekt zu betrachten, finden wir gewissermaßen im entscheidenden theoretischen Skandal Adornos (und der Frankfurter Schule insgesamt), in deren Werk (wie auch in dem von Habermas und anderen) eine Analyse des Stalinismus vollkommen fehlt.
Ernst Nolte, »Die Vergangenheit, die nicht vergehen will. Eine Rede, die geschrieben, aber nicht gehalten werden konnte«, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 6. Juni 1986; online unter www.hdg.de/lemo/html/dokumente/NeueHerausforderungen_redeNolte1986/index.html.
Zitiert nach Massimo L. Salvadori, Sozialismus und Demokratie. Karl Kautsky 1880–1938 , Stuttgart: Klett-Cotta 1982, S.421.
Antikommunistische Autoren wie Nolte, die auf der Parallelität von Nationalsozialismus und Kommunismus bestehen, betonen gerne, dass Ersterer sich ja auch als eine Art von Sozialismus gesehen (und bezeichnet) und nur die Klasse durch die Rasse ersetzt habe. An diesem Punkt ist es wichtig, den Unterschied zwischen Sozialismus und Kommunismus zu betonen: Man kann sich zwar einen »National-Sozialismus« vorstellen, doch hat es (ungeachtet historischer Absonderlichkeiten wie Ceausescus Rumänien oder Kambodscha unter den Roten Khmer) nie einen »National-Kommunismus« gegeben.
Martin Heidegger, Gesamtausgabe, Band 16: Reden und andere Zeugnisse eines Lebensweges , Frankfurt a.M.: Klostermann 2000, S.430f.
Jonathan Littell, Die Wohlgesinnten, Berlin: Berlin Verlag 2008.
Nicholas Spice, »Up from the Cellar«, in: London Review of Books, 5. Juni 2008, S.6.
Janet Maslin, »Tsahal; Lanzmann’s Meditation On Israel’s Defense«, in: New York Times, 27. Januar 1995.
Lillian Glass, Mit mir nie wieder! 10 Methoden, mit Menschen umzugehen, die Ihnen das Leben schwermachen , Zürich: Oesch 1996.
Albert J. Bernstein, Emotionale Vampire. So werden Sie mit Menschen fertig, die Ihnen den letzten Nerv rauben, Landsberg: mvg 2002.
Vgl. den Bericht von Peter Pophamin, »Tunisian fishermen face 15 years’ jail in Italy for saving migrants from rough seas«, in: The Independent, 20. September 2007, S.30.
Auf Englisch nachzulesen unter www.europa-landofheroes.com/print.php?type=A&item_id=74.
Vgl. die detaillierte Darstellung in Luc Boltanski und Ève Chiapello, Der neue Geist des Kapitalismus, Konstanz: UVK2003.
Zu Deutsch etwa: »Es geht nicht nur darum, was man kauft, sondern auch darum, in was man sich einkauft.« Damit ist allerdings nur ein Teil der Bedeutung erfasst, denn »to buy into something« bedeutet außerdem auch noch »sich auf etwas einlassen«, »von etwas überzeugt sein«, »sich einer Sache anschließen« [Anm.d.Übers.].
Zitiert nach einer ganzseitigen Anzeige in US Today , 4. Mai 2009, S.A9.
Zitiert nach www.starbucks.com/responsibility/community/ethos-water-fund.
Vgl. »Bhutan tries to measure happiness«, ABC News 24. März 2008, im Internet abrufbar unter www.abc.net.au/news/stories/2008/03/24/2197797.htm.
Catherine Malabou, Was tun mit unserem Gehirn?, Zürich: diaphanes 2006.
Vgl. Michael Hardt und Antonio Negri, Multitude. Krieg und Demokratie im Empire, Frankfurt a.M.: Campus 2004.
Vgl. Michael Glover, »The marketing of a Marxist«, in: The Times6. Juni 2006, online unter entertainment.timesonline.co.uk/tol/arts_and_entertainment/article671878.ece.
Jean-Claude Milner, L’arrogance du présent. Regards sur une décennie: 1965–1975 , Paris: Grasset 2009. Seitenzahlen im Folgenden in Klammern im Text.
»Getöse und Getümmel herrscht im Tal der Entscheidung; denn der Tag des Herrn ist nahe im Tal der Entscheidung« (Joel 4:14).
Jacques-Alain Miller, »From an Other to the Other«, in: lacanian ink30, S.43.
Die jüngsten Forschungsergebnisse gehen schon weit über Benjamin Libets klassische Experimente aus den 1980er Jahren hinaus, in denen er zeigen konnte, dass das Gehirn eine Entscheidung schon circa eine drittel Sekunde eher trifft, als es dem Besitzer des Gehirns bewusst ist. Durch Messung der Hirnaktivität während komplexer Problemlösungsvorgänge kann man bis zu acht Sekunden im Voraus feststellen, ob ein Proband einen Geistesblitz zur Lösung der Aufgabe haben wird. Vgl. den Artikel »Incognito. Evidence mounts that brains decide before their owners know about it«, in: The Economist, 18. April 2009, S.78f.
Leonardo Padura, Havana Gold, London: Bitter Lemon Press 2008, S.233f.
John Gray, Von Menschen und anderen Tieren. Abschied vom Humanismus, Stuttgart: Klett-Cotta 2010, S.125.
Siehe Claude Lefort, The Political Forms of Modern Society: Bureaucracy, Democracy, Totalitarianism, Cambridge: MIT Press 1986.
Siehe Jacques Rancière, Der Hass der Demokratie, Berlin: August 2010.
Filippo Del Lucchese und Jason Smith, »›We Need a Popular Discipline‹: Contemporary Politics and the Crisis of the Negative. Interview with Alain Badiou [2. 7. 2007]«, in: Critical Inquiry Vol. 34, 4 (Summer 2008), S.645–659, hier S.659.
Jane Perlez und Pir Zubair Shah, »Taliban Exploit Class Rifts to Gain Ground in Pakistan«, in: New York Times, 16. April 2009.
Thomas Altizer, persönliche Mitteilung.
Siehe Thomas Frank, Was ist mit Kansas los? Wie die Konservativen das Herz von Amerika eroberten, Berlin: Berlin Verlag 2005.
Joseph Brodsky, Less Than One. Selected Essays, New York: Farrar, Straus and Giroux 1986, S.157.
Siehe Vivienne Walt, »The Breadbasket of South Korea: Madagascar«, in: Time, 23. November 2008.
Ebd.
W. I. Lenin, Werke. Band 33 , Berlin: Dietz 1966, S.191.
Alain Badiou, Wofür steht der Name Sarkozy?, Zürich, Berlin: diaphanes 2008, S.122.
Im Nachrichtenmagazin Time vom 24. Dezember 2007, S.2.
Ebd.
Ed Ayres, »Why Are We Not Astonished?«, in: World Watch Magazine, Mai/Juni 1999, Bd.12, Nr.3, S.25–29, hier S.26.
Eric Hobsbawm, »Socialism has failed. Now capitalism is bankrupt. So what comes next?«, in: The Guardian, 10. April 2009, S.33.
Immanuel Kant, Der Streit der Fakultäten, in: Ders.: Kant’s Werke, Band 7 , Berlin: Reimer 1917, S.1–116, hier S.85.
Badiou selbst war schon auf der richtigen Spur, als er vor Jahren schrieb: »Die Verwirklichung der Welt als globaler Markt, die ungeteilte Herrschaft großer Finanzkonglomerate usw. – all dies ist unbestreitbare Wirklichkeit und stimmt im Wesentlichen mit Marx’ Analysen überein. Die Frage ist, wie die Politik mit all dem vereinbar ist. Welche Art von Politik ist wirklich heterogen gegenüber den Forderungen des Kapitals? – Das ist heute die Frage.« Folgt man diesem Gedanken, dann muss sich eine wahrhaft emanzipatorische Politik heute über ihre aktive Opposition zur Welt des Kapitals definieren – sie muss »antikapitalistisch« sein.
Bülent Somay in einem persönlichen Brief vom 28. 1. 2007 an mich. Ich zitiere diese Passage umso lieber, als er mich in seinem Brief stark kritisiert.
Nina Power, »Review of Axel Honneth’s Reification and Disrespect«, in: Radical Philosophy154, März/April 2009, S.55.
Karl Marx, Ökonomische Manuskripte 1857/58 (= Karl Marx und Friedrich Engels, Gesamtausgabe (MEGA), Zweite Abteilung, Band 1 ), Berlin: Dietz 1981, S.582.
Ebd., S.589.
Antonio Negri, Goodbye Mister Socialism, Paris: Seuil 2007, S.234.
Ebd., S.204.
Ebd., S.235.
Antonio Negri, »On Rem Koolhaas«, in: Radical Philosophy154, März/April 2009, S.49.
Ayn Rand, Wer ist John Galt?, Hamburg: GEWIS1997, S.232.
Vgl. Daniel Cohen, Trois leçons sur la société post-industrielle, Paris: Seuil 2006.
Vgl. Carlo Vercellone (Hg.), Capitalismo cognitivo. Conoscenza e finanza nell’epoca postfordista, Rom: Manifestolibri 2006.
Marx, Ökonomische Manuskripte 1857/58 , a.a.O., S.581.
»A Conversation with Alain Badiou«, in: lacanian ink23 (New York 2004), S.100f.
Jean-Pierre Dupuy, Petite métaphysique des tsunamis, Paris: Seuil 2005, S.19.
Kojin Karatani, Transcritique. On Kant and Marx, Cambridge (Ma): MIT Press 2003, S.183.
Vgl. Jean-Claude Milner, L’arrogance du présent. Regards sur une décennie: 1965–1975 , Paris: Grasset 2009.
W. I. Lenin, Werke, Band 33: August 1921–März 1923 , Berlin: Dietz 1971, S.464.
Siehe Mark Jonathan Harris’ herausragenden Dokumentarfilm über Krawtschenko mit dem Titel The Defector (2008).
Die rhetorische Figur »das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce« beschäftigte Marx seit Beginn seiner kritischen Arbeit. Schon in seiner Schrift »Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie« diagnostiziert er den Verfall des deutschen Ancien Régime in den 1830er und 40er Jahren als farcehafte Wiederholung des tragischen Sturzes des Ancien Régime in Frankreich:
»Es ist lehrreich für sie [die modernen Völker], das ancien régime, das bei ihnen seine Tragödie erlebte, als deutschen Revenant seine Komödie spielen zu sehen. Tragisch war seine Geschichte, solange es die präexistierende Gewalt der Welt, die Freiheit dagegen ein persönlicher Einfall war, mit einem Wort, solange es selbst an seine Berechtigung glaubte und glauben mußte. Solange das ancien régime als vorhandene Weltordnung mit einer erst werdenden Welt kämpfte, stand auf seiner Seite ein weltgeschichtlicher Irrtum, aber kein persönlicher. Sein Untergang war daher tragisch.
Das jetzige deutsche Regime dagegen, ein Anachronismus, ein flagranter Widerspruch gegen allgemein anerkannte Axiome, die zur Weltschau ausgestellte Nichtigkeit des ancien régime, bildet sich nur noch ein, an sich selbst zu glauben, und verlangt von der Welt dieselbe Einbildung. Wenn es an sein eignes Wesen glaubte, würde es dasselbe unter dem Schein eines fremden Wesens zu verstecken und seine Rettung in der Heuchelei und dem Sophisma suchen? Das moderne ancien régime ist nur mehr der Komödiant einer Weltordnung, deren wirkliche Helden gestorben sind. Die Geschichte ist gründlich und macht viele Phasen durch, wenn sie eine alte Gestalt zu Grabe trägt. Die letzte Phase einer weltgeschichtlichen Gestalt ist ihre Komödie. Die Götter Griechenlands, die schon einmal tragisch zu Tode verwundet waren im gefesselten Prometheus des Äschylus, mußten noch einmal komisch sterben in den Gesprächen Lucians. Warum dieser Gang der Geschichte? Damit die Menschheit heiter von ihrer Vergangenheit scheide. Diese heitere geschichtliche Bestimmung vindizieren wir den politischen Mächten Deutschlands.«[1]
Man beachte die präzise Charakterisierung des deutschen Ancien Régime: Es »bildet sich nur noch ein, an sich selbst zu glauben« – man kann sich an dieser Stelle sogar Gedanken über die Bedeutung der Tatsache machen, dass Kierkegaard etwa zur selben Zeit die These aufstellte, wir Menschen könnten niemals sicher sein, dass wir wirklich glauben: Letztlich »glauben wir nur, dass wir glauben« … Die Formel des Regimes, das »sich nur noch ein[bildet], an sich selbst zu glauben« gibt sehr treffend die Auflösung der performativen Kraft (der »symbolischen Wirksamkeit«) der herrschenden Ideologie wieder: Diese hat aufgehört, als Grundstruktur der bestehenden Sozialität zu fungieren. Sind wir heute in der gleichen Situation? Bilden sich unsere Prediger und Praktiker der liberalen Demokratie ebenfalls nur noch ein, an sich selbst und an ihre eigenen Worte zu glauben? Treffender erscheint mir, den aktuell vorherrschenden Zynismus als exakte Umkehrung der Marx’schen Formel zu beschreiben: Wir bilden uns nur ein, nicht mehr »wirklich« an unsere Ideologie zu glauben – trotz dieser imaginären Distanz üben wir sie weiterhin aus. Wir glauben nicht weniger, sondern viel stärker als wir uns zu glauben einbilden. Insofern war Benjamin mit seiner Bemerkung, alles hänge davon ab, wie man an seinen Glauben glaubt, sehr vorausschauend.
Dieses ideologische Dilemma bildet den Ausgangspunkt für das vorliegende Buch. Es liefert keine nüchterne Analyse, sondern eine äußerst »parteiische«, engagierte Beurteilung – die Wahrheit ist parteiisch und nur zugänglich, wenn man einen Standpunkt einnimmt, doch wird sie dadurch nicht weniger universell. Der hier vertretene Standpunkt ist natürlich der des Kommunismus. Adorno beginnt seine Drei Studien zu Hegel mit einer Zurückweisung der traditionellen Frage nach der aktuellen Bedeutung von Hegels Werk, wie sie exemplarisch im Titel von Benedetto Croces Buch Lebendiges und Totes in Hegels Philosophie zum Ausdruck kommt. Wer so fragt, maßt sich die arrogante Position eines Richters über die Vergangenheit an. Wenn wir uns mit einem wahrhaft großen Philosophen beschäftigen, muss die Frage nicht lauten, was dieser Philosoph uns heute noch zu sagen hat, was er für uns bedeutet, sondern umgekehrt was wir und unsere gegenwärtige Situation für ihn bedeuten, wie unser Zeitalter seinem Denken erschienen wäre. Und ebenso sollten wir auch mit dem Kommunismus verfahren: Anstatt die offensichtliche Frage zu stellen: »Ist die Idee des Kommunismus noch relevant, taugt er heute noch als Analyseinstrument und als politische Praxis?«, sollten wir umgekehrt fragen: »Wie stellt sich unser aktuelles Dilemma aus der Perspektive der kommunistischen Idee dar?« Dahinter steckt die Dialektik von Alt und Neu: Wer ständig neue Begriffe einführt, um zu erfassen, was heute vor sich geht (»postmoderne Gesellschaft«, »Risikogesellschaft«, »Informationsgesellschaft«, »postindustrielle Gesellschaft« usw.), der übersieht die Umrisse des eigentlich Neuen. Die Neuartigkeit des Neuen lässt sich nur begreifen, wenn man das, was vor sich geht, durch die Linse dessen analysiert, was am Alten »ewig« war. Wenn der Kommunismus wirklich eine »ewige« Idee ist, dann wirkt er im Sinne der Hegel’schen »konkreten Allgemeinheit«: Er ist ewig nicht im Sinne einer Reihe abstrakt-allgemeiner Eigenschaften, die auf jede Situation angewendet werden können, sondern in dem Sinne, dass er in jeder neuen historischen Situation jeweils neu erfunden werden muss.
In der guten alten Zeit des real existierenden Sozialismus kursierte in Dissidentenkreisen ein Witz, der die Nutzlosigkeit ihres Protests verdeutlichen sollte: Im von den Mongolen besetzten Russland des 15. Jahrhunderts geht ein Bauer mit seiner Frau eine staubige Landstraße entlang; plötzlich kommt ein mongolischer Krieger angeritten, hält neben ihnen und teilt dem Bauern mit, er werde jetzt seine Frau vergewaltigen; außerdem verlangt er: »Weil der Boden so staubig ist, sollst du meine Hoden hochhalten, während ich deine Frau vergewaltige, damit sie nicht schmutzig werden!« Als der Mongole fertig ist und wieder wegreitet, fängt der Bauer auf einmal an zu lachen und Freudensprünge zu machen; die überraschte Ehefrau fragt ihn: »Wie kannst du Freudensprünge machen, wo ich gerade in deiner Gegenwart brutal vergewaltigt worden bin?« Der Bauer antwortet: »Ich hab ihn drangekriegt! Seine Eier sind voller Staub!« Dieser traurige Witz spiegelt das Dilemma der Dissidenten wider: Sie dachten, sie würden der Parteinomenklatura schwere Schläge versetzen, dabei streuten sie ihr in Wirklichkeit nur ein bisschen Staub auf die Weichteile, während die Nomenklatura weiter das Volk vergewaltigte … Befindet sich die kritische Linke heute nicht in einer ähnlichen Lage? (Zu den aktuellen Bezeichnungen für das vorsichtige Beschmieren der Eier der Machthabenden mit Staub gehören definitiv »Dekonstruktion« und »Schutz individueller Freiheiten«.) In einem berühmten Wortwechsel an der Universität von Salamanca 1936 entgegnet Miguel de Unamuno den Frankisten: »Venceréis, pero no convenceréis« (Ihr werdet siegen, aber nicht überzeugen) – ist das alles, was die heutige Linke dem triumphierenden globalen Kapitalismus entgegenzusetzen hat? Ist es das Schicksal der Linken, weiterhin die Rolle derer zu spielen, die – umgekehrt – überzeugen, aber nicht siegen (und dann ganz besonders überzeugend darin sind, nachträglich die Gründe für ihr Scheitern zu erklären)? Unsere Aufgabe ist es, herauszufinden, wie wir einen Schritt weiter gehen können – unsere elfte These sollte lauten: Die kritische Linke hat die Eier der Mächtigen in unseren Gesellschaften nur mit Staub beschmutzt, es kommt aber darauf an, sie abzuschneiden.
Aber wie? Hier gilt es, aus den Fehlern der linken Politik des 20. Jahrhunderts zu lernen. Die Aufgabe ist nicht, den Mächtigen in einer direkten sich zuspitzenden Konfrontation die Eier abzuschneiden, sondern ihre Position durch geduldige Ideologiekritik zu unterminieren, so dass wir, noch während sie an der Macht sind, plötzlich merken, dass sie, auch wenn sie uns wild attackieren, schon mit einer höheren Stimme sprechen … In den 1960er Jahren gründete Lacan eine Zeitschrift seiner Schule, die unregelmäßig und nur für kurze Zeit erschien, und gab ihr den Namen Scilicet – die Botschaft dahinter lag nicht in der heute vorherrschenden Bedeutung des Wortes (»nämlich«, »das heißt«, »und zwar«), sondern in dem eigentlichen Wortsinn »man darf wissen« (Was darf man wissen? Was die École Freudienne de Paris über das Unbewusste denkt …). Unsere Botschaft heute sollte dieselbe sein: Man darf wissen, was Kommunismus ist und sich ganz dafür einsetzen, man darf wieder ganz getreu der kommunistischen Idee handeln. Die liberale Permissivität gehört in den Bereich des videlicet – man darf sehen – und unsere Faszination für die Obszönität, die wir sehen dürfen, verhindert, dass wir wissen, was wir sehen.
Das vorliegende Buch ist daher ein Buch des Kampfes in Anlehnung an Paulus’ überraschend aktuelle Definition des emanzipatorischen Kampfes: »Denn wir haben nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern gegen die Fürsten und Gewalten, gegen die Beherrscher dieser finsteren Welt, gegen die bösen Geister des himmlischen Bereichs.« (Eph 6,12